4a O 16/10 – Blasenkatheterset (2)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1437

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Juli 2010, Az. 4a O 16/10

Rechtsmittelinstanz: 2 U 95/10

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 3.098,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 22.03.2010 zu zahlen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland in englischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents 1 642 XXX (Klagepatent, Anlage PBP III 1 / 1a), das am 18.09.1997 unter Inanspruchnahme zweier dänischer Prioritäten vom 18.09.1996 und 01.11.1996 angemeldet wurde. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 05.04.2006, die Bekanntmachung der Patenterteilung am 18.11.2009. Das Klagepatent beruht auf einer Teilanmeldung aus der EP 1 145 XXX, die ihrerseits wiederum eine Teilanmeldung aus der EP 0 923 XXX der Klägerin ist. Beide genannten Schutzrechte – das EP 1 145 XXX und das EP 0 923 XXX – sind vom Europäischen Patentamt erstinstanzlich widerrufen worden. Über die Einspruchsbeschwerden der Klägerin ist derzeit ebenso wenig entschieden wie über den Einspruch der Beklagten vom 15.06.2010 gegen die Erteilung des Klagepatents.

Das Klagepatent betrifft ein gebrauchsfertiges Blasenkatheterset. Sein Anspruch 1 lautet in der veröffentlichten deutschen Übersetzung wie folgt:

Gebrauchsfertige Harnkathetereinheit, die einen Katheter (1) aufweist, der aus seiner Verpackung (7, 16) entnommen werden kann und zur direkten Einführung in die Harnröhre und in einem im Wesentlichen sterilen Zustand hergerichtet ist, wobei der Katheter (1) ein Harnkatheter ist, der auf mindestens einem Teil seiner Oberfläche (2) eine hydrophile Oberflächenschicht aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Verpackung (7, 16) als Ganzes aus einem gasundurchlässigen Material besteht, das ein Compartment (12, 19, 23) und einen Hohlraum (11, 18) zur Aufnahme des Katheters (1) vorgibt, wobei in dem Compartment (12, 19, 23) ein flüssiges Quellungsmedium vorgesehen ist und das Quellungsmedium in einem Speicherkörper (14) aus einem schwammartigen oder gelartigen Material eingegrenzt ist, das sich in dem Compartment (12, 19, 23) befindet.

Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird in der nachstehend (verkleinert) wiedergegebenen Figur 1 der Klagepatentschrift dargestellt:

Die Beklagte bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Frühjahr 2009 unter der Bezeichnung „A“ Blasenkatheter-Sets (Angegriffene Ausführungsform). Nachfolgend wird eine von der Klägerin als Anlage PBP IIII 6 zur Akte gereichte Abbildung der angegriffenen Ausführungsform mit einer Beschreibung der einzelnen Teile wiedergegeben. Außerdem befinden sich als Anlagen PBP III 4 und PBP III 5 Muster der angegriffenen Ausführungsform bei der Akte.

Die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform lässt sich anhand der nachfolgend wiedergegebenen schematischen Darstellung der Beklagten erkennen (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 16.03.2010, S. 17, Bl. 114 d.A.):

Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einer wasser- und gasundurchlässigen äußeren Verpackung (312“), die neben einem Katheter mit hydrophiler Beschichtung (314“) einen mit Wasser getränkten Gewebekörper (330“; auch als „Aktive Vapor Strip“ oder „Aktivierungsstreifen“ bezeichnet) enthält. Der Gewebekörper ist mittels einer Membran von dem Hohlraum für den Katheter abgegrenzt. Das Katheterrohr ist zudem von einer Schutzfolie (320“) umgeben. Sowohl die Membran als auch die Schutzfolie sind gasdurchlässig, so dass Wasserdampf von der Kammer mit dem Gewebekörper in den Hohlraum mit dem Katheter gelangen und dort die hydrophile Oberflächenbeschichtung des Katheters befeuchten kann.

Die Klägerin hat die Beklagte durch rechts- und patentanwaltliches Schreiben vom 30.11.2009 (Anlage PBP III 8) abgemahnt. Die Beklagte ist dem Vorwurf der Patentverletzung durch rechts- und patentanwaltliches Schreiben vom 14.12.2009 (Anlage PBP III 9) entgegengetreten. Beide Parteien verlangen von der Gegenseite die Erstattung der ihnen vorprozessual entstandenen Rechts- und Patentanwaltskosten. Diese beziffern sie jeweils auf einen Betrag von 6.196,00 €, der sich aus einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert in Höhe von 250.000,00 € zuzüglich Auslagenpauschale zusammensetzt. Während die Klägerin mit ihrer Klage den gesamten Betrag als Schaden geltend macht, begehrt die Beklagte im Rahmen ihrer am 22.03.2010 zugestellten Widerklage lediglich die Zahlung von 3.098,00 €.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere sei ein flüssiges Quellungsmedium gegeben. Insofern reiche es aus, dass der Aktivierungsstreifen mit Wasser getränkt sei. Ob die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters mittels Wasser oder mittels Wasserdampf erfolge, sei nach dem Anspruchswortlaut ohne Belang. Ungeachtet dessen erfolge bei der angegriffenen Ausführungsform die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters zumindest auch mittels Wasser. Hierzu behauptet die Klägerin – gestützt auf einen externen Versuchsbericht (Anlage PBP III 12 / 12a) -, die um den Gewebekörper angeordnete Membran und die den Katheter umgebende Schutzfolie seien nicht nur gas-, sondern – in gewissem Maße – auch flüssigkeitsdurchlässig. Sie habe sowohl in dem Compartment mit dem Gewebekörper als auch in dem Hohlraum mit dem Katheter Wasser und Glycerol aufgefunden. Das Glycerol könne nur aus der Oberflächenbeschichtung des Katheters stammen, da der Gewebekörper – insoweit unstreitig – mit reinem Wasser befüllt werde. Wenn aber das Glycerol die Membran und die Schutzfolie durchdringen könne, müsse dies mit Rücksicht auf das geringere Molekulargewicht und den niedrigeren Siedepunkt von Glycerol sowie die praktisch gleiche Oberflächenspannung von Glycerol und Wasser erst recht (in umgekehrter Richtung) für Wasser gelten. Zudem habe sie festgestellt, dass die das Katheterrohr umgebende Schutzfolie an diesem nicht dichtend angebracht sei. Vielmehr sei sie an dem distalen Ende des Katheters nur lose befestigt und offen, so dass auch auf diesem Weg Flüssigkeit aus dem Gewebekörper zu dem Katheter gelangen könne. Außerdem ändere der Wasserdampf augenblicklich mit dem Kontakt mit der Oberflächenbeschichtung des Katheters seinen Aggregatzustand und werde flüssig, so dass auch aus diesem Grund ein flüssiges Quellungsmedium gegeben sei. Schließlich werde die Aktivierung der Oberflächenbeschichtung des Katheters durch das in dem Hohlraum kondensierte Wasser stetig aufrechterhalten und fortgeführt.

Das flüssige Quellungsmedium sei in erfindungsgemäßer Weise in den Speicherkörper eingegrenzt. Dieses Anspruchsmerkmal erfordere keine dauerhafte Eingrenzung dergestalt, dass ausschließlich der Anwender diese aufheben und die Befeuchtung in Gang setzen könne. Vielmehr sei es ausreichend, dass das flüssige Quellungsmedium für eine gewisse Zeit in dem Speicherkörper gehalten werde, bis es zur Befeuchtung des Katheters gebraucht werde. Genau dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Denn der Aktivierungsstreifen nehme das Wasser auf, um es anschließend kontinuierlich wieder abzugeben und solchermaßen den Katheter zu befeuchten.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

eine gebrauchsfertige Harnkathetereinheit, die einen Katheter aufweist, der aus seiner Verpackung entnommen werden kann und zur direkten Einführung in die Harnröhre und in einem im Wesentlichen sterilen Zustand hergerichtet ist, wobei der Katheter ein Harnkatheter ist, der auf mindestens einem Teil seiner Oberfläche eine hydrophile Oberflächenschicht aufweist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei die Verpackung als Ganzes aus einem gasundurchlässigen Material besteht, das ein Compartment und einen Hohlraum zur Aufnahme des Katheters vorgibt, wobei in dem Compartment ein flüssiges Quellungsmedium vorgesehen ist und wobei das Quellungsmedium in einem Speicherkörper aus einem schwammartigen oder gelartigen Material eingegrenzt ist, das sich in dem Compartment befindet;

2. der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 05.05.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Webeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege (Lieferscheine oder Rechnungen) mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 18.12.2009 zu machen sind,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

II. festzustellen, dass

1. die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 05.05.2006 bis zum 17.06.2009 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 18.12.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter I. 1. fallenden gebrauchsfähigen Kathetereinheiten auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

IV. die Beklagte zu verurteilen, die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen gebrauchsfähigen Kathetereinheiten aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den gebrauchsfähigen Kathetereinheiten eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 642 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die gebrauchsfähigen Kathetereinheiten an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der gebrauchsfähigen Kathetereinheiten eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird

und

endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese gebrauchsfähigen Kathetereinheiten wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;

V. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.196,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent auszusetzen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 3.098,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen und beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es sei schon kein erfindungsgemäßes flüssiges Quellungsmedium vorgesehen, da die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters ausschließlich durch Wasserdampf erfolge. Das in dem Gewebekörper befindliche Wasser könne nicht als Quellungsmedium begriffen werden, da es mit der Oberfläche des Katheters nicht in Berührung komme. Die den Aktivierungsstreifen umgebende Membran und die den Katheter umgebende Schutzfolie seien wasserundurchlässig, so dass allein der Wasserdampf durch die Folien diffundieren könne. Die Produktspezifikation der verwendeten Membran belege, dass diese einen Wassersäulenwiderstand von 2000 mm aufweise (vgl. Anlage L16). Es sei daher offensichtlich, dass das in dem Aktivierungsstreifen befindliche Wasser die Membran nicht in flüssigem Aggregatzustand durchdringen könne. Soweit die Klägerin in dem Hohlraum mit dem Katheter Wassertropfen aufgefunden habe, handele es sich um kondensiertes Wasser, das sich in dem Hohlraum absetze, wenn die Oberflächenbeschichtung des Katheters gesättigt sei.

Selbst wenn man dieses Wasser aber als erfindungsgemäßes Quellungsmedium ansehen wollte, sei dieses jedenfalls nicht in dem schwammartigen oder gelartigen Speicherkörper eingegrenzt. Die Lehre des Klagepatents sehe insofern eine Eingrenzung des Quellungsmediums im Speicherkörper dergestalt vor, dass das Quellungsmedium nicht von selbst entweichen könne, sondern allein der Anwender entscheide, wann er das Quellungsmedium zur Anwendung bringe, und die Befeuchtung des Katheters sodann in kürzester Zeit erfolge. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht gegeben, da der Wasserdampf kontinuierlich durch die Folien trete und die Oberflächenbeschichtung des Katheters dabei unabhängig von einer Einwirkung des Benutzers nach und nach aktiviere.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Sowohl die Klage als auch die Widerklage sind zulässig, allein die Widerklage hat aber auch in der Sache Erfolg.

I.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung, Schadensersatz, Vernichtung sowie Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 a Abs. 1 u. 3, 140 b, 9 S. 2 Nr. 1 PatG, 242, 259 BGB, Art. II § 1 IntPatÜG).

1.
Das Klagepatent betrifft einen Harnkatheter, der gebrauchsfertig aus seiner Verpackung entnommen wird. Katheter der Art, auf die sich die Erfindung bezieht, weisen eine hydrophile Beschichtung auf, die dem Katheter nach der Behandlung mit einem flüssigen Quellungsmedium eine reibungsarme Oberfläche verleiht, so dass er von dem Patienten einfach und unter Vermeidung von Reibungsschmerz und Verletzungen in die Harnröhre eingeführt werden kann. (Klagepatentschrift Abs. [0004])

Im Stand der Technik wurde als flüssiges Quellungsmedium häufig normales Leitungswasser verwandt, mit dem der Patient den Katheter unmittelbar vor der Verwendung befeuchtet hat (Klagepatentschrift Abs. [0006]). Ebenfalls bekannt war die Verwendung von Gleitmitteln, die zusammen mit dem Katheter verpackt wurden, so dass der Patient vor der Anwendung nur noch den Beutel mit dem Gleitmittel aufreißen und den Katheter damit behandeln musste (Klagepatentschrift Abs. [0003]).

Die Klagepatentschrift erläutert, dass zur Verringerung des Infektionsrisikos sowohl das tatsächlich verwendete Quellungsmedium als auch die Umgebung, in der die Katheterisierung vorgenommen wird, so sauber und antiseptisch wie möglich sein sollen (Klagepatentschrift Abs. [0007]). Vor diesem Hintergrund benennt es die Klagepatentschrift als Aufgabe, die Durchführung der intermittierenden Blasenkatheterisierung in jeglicher Art von Umgebung dadurch zu verbessern und zu vereinfachen, dass eine gebrauchsfertige Harnkathetereinheit bereitgestellt wird, bei der der Katheter aus seiner Verpackung entnommen und in einem im Wesentlichen sterilen Zustand unmittelbar in die Harnröhre eingeführt werden kann (Klagepatentschrift Abs. [0008]).

Zur Lösung sieht das Klagepatent nach Anspruch 1 eine gebrauchsfertige Harnkathetereinheit vor, die sich durch folgende Ausstattungsmerkmale auszeichnet:

1. Die Einheit weist auf
a. einen Katheter (1) und
b. eine Verpackung (7, 16).

2. Der Katheter (1)
a. ist ein Harnkatheter,
b. ist zur direkten Einführung in die Harnröhre hergerichtet,
c. hat auf mindestens einem Teil seiner Oberfläche (2) eine hydrophile Oberflächenschicht,
d. ist in einem im Wesentlichen sterilen Zustand,
e. kann aus seiner Verpackung (7, 16) entnommen werden.

3. Die Verpackung (7, 16)
a. besteht als Ganzes aus einem gasundurchlässigen Material und
b. gibt ein Compartment (12, 9, 23) und einen Hohlraum (11, 18) vor.

4. Der Hohlraum (11, 18) dient zur Aufnahme des Katheters (1).

5. In dem Compartment (12, 19, 23)
a. ist ein flüssiges Quellungsmedium vorgesehen,
b. befindet sich ein Speicherkörper (14).

6. Der Speicherkörper (14)
a. besteht aus einem schwammartigen oder gelartigen Material;
b. in dem Speicherkörper (14) ist das Quellungsmedium eingegrenzt.

2.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da es an einer Verwirklichung des Merkmals 5.a. fehlt. Insoweit schließt sich die Kammer ausdrücklich der in dem Beschluss vom 12.05.2010 im Rahmen des vorangegangenen Verfügungsverfahrens geäußerten Rechtsaufassung des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Düsseldorf an (vgl. Anlage L15). Die weiteren Ausführungen der Beklagten im Hauptsacheverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a)
Wie der Senat ausgeführt hat, erkennt der Durchschnittsfachmann, dass das Erfordernis eines „flüssigen Quellungsmediums“ im Sinne von Merkmal 5.a. sich auf den Zeitpunkt der Aktivierung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters bezieht. Dies ergibt sich nicht nur aus einem Vergleich mit dem Unteranspruch 2, sondern wird auch aus der Patentbeschreibung deutlich.

Unteranspruch 2 beschreibt es als eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung, dass der Speicherkörper das Quellungsmedium in einem flüssigen Zustand hält (englisch: „maintain“). Dies ist dahingehend zu verstehen, dass sich das Quellungsmedium im Speicherkörper in einem flüssigen Aggregatzustand befindet. Soweit die Beklagte demgegenüber eine Auslegung des Unteranspruchs 2 dergestalt vertritt, dass das flüssige Quellungsmedium in dem Speicherkörper in einem flüssigen Zustand erhalten wird, dem Unteranspruch 2 also eine zeitliche Komponente beimisst, überzeugt dies deshalb nicht, weil das Verbleiben des Quellungsmediums im Speicherkörper über eine bestimmte Zeit bereits durch den Begriff des „Eingrenzens“ in Anspruch 1 beschrieben wird. Dort heißt es nämlich, das Quellungsmedium sei in dem Speicherkörper eingegrenzt (englisch: „confined“). Der Begriff des „Eingrenzens“ im Sinne von Anspruch 1 wird in der Klagepatentschrift dahingehend definiert, dass ein selbständiges Entweichen des Quellungsmediums aus dem Speicherkörper vor dem Zeitpunkt der vom Patienten beabsichtigten Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters verhindert wird (Klagepatentschrift Abs. [0015], [0016], [0022], [0031] und [0038]). Diese dem Begriff des „Eingrenzens“ zugemessene Bedeutung ist bei der Auslegung zu beachten, da die Klagepatentschrift insofern ihr eigenes Lexikon darstellt (vgl. BGH, GRUR 1991, 909 – Spannschraube). Nachdem hiernach bereits im Hauptanspruch vorausgesetzt wird, dass das Quellungsmedium – jedenfalls über einen gewissen Zeitraum – im Speicherkörper verbleibt (in diesem eingegrenzt ist), lässt sich der Unteranspruch 2 nur dahingehend verstehen, dass grundsätzlich der Aggregatzustand des Quellungsmediums im Speicherkörper beschrieben wird. Dem steht die Verwendung des englischen Begriffs „maintain“ in der Verfahrenssprache des Klagepatents nicht entgegen. Dieser ist keineswegs zwingend mit „aufrechterhalten“ oder „erhalten“ zu übersetzen, sondern lässt sich ebenso – wie die eingetragene deutsche Übersetzung zeigt – auch als reines „Halten“ ohne jede zeitliche Komponente verstehen. Nur diese Auslegung wird dem Zusammenspiel von Anspruch 1 und Anspruch 2 gerecht. Nachdem Unteranspruch 2 es damit als bevorzugt beschreibt, dass das Quellungsmediums sich im Speicherkörper in flüssigem Aggregatzustand befindet, folgt im Umkehrschluss zugleich, dass der Hauptanspruch dies nicht zwingend voraussetzt. Vielmehr bezieht sich die Angabe des Aggregatzustandes „flüssig“ im Hauptanspruch allein auf den Zeitpunkt, in dem die Oberflächenbeschichtung des Katheters aktiviert wird.

Diese Auslegung wird durch den Beschreibungstext des Klagepatents bestätigt. Soweit dort von einer Aktivierung der Oberflächenbeschichtung des Katheters die Rede ist, wird stets der Begriff des „flüssigen Quellungsmediums“ verwendet. So heißt es bereits zu Beginn in Abs. [0001] der Klagepatentschrift, dass die hydrophile Oberflächenschicht dazu vorgesehen sei, „vor der Verwendung des Katheters einen reibungsarmen Oberflächencharakter des Katheters durch Behandlung mit einem flüssigen Quellungsmedium zu erzeugen“. In Abs. [0004] der Klagepatentschrift wird beschrieben, dass die hydrophile Oberflächenschicht „mit einem flüssigen Quellungsmedium unmittelbar vor der Verwendung“ des Katheters in Kontakt gebracht werde. In Abs. [0006] führt die Klagepatentschrift zum Stand der Technik aus, dass „das üblichste flüssige Quellungsmedium, das zum Präparieren des Katheters unmittelbar vor der Verwendung verwendet wird, normales Leitungswasser“ sei. Auch die Abs. [0013], [0028], [0030], [0031] und [0033] sprechen, soweit sie die Aktivierung der Oberflächenbeschichtung des Katheters betreffen, sämtlich von der Behandlung mit einem flüssigen Quellungsmedium.

An keiner Stelle der Klagepatentschrift wird auch nur die Möglichkeit erwähnt, dass die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters mittels eines Quellungsmediums erfolgen könnte, das einen anderen Aggregatzustand als flüssig aufweist. Insbesondere erkennt der Fachmann diese Möglichkeit nicht allein anhand der Figur 1 der Klagepatentschrift. Zwar mag in der dort gezeigten Ausführungsform der Erfindung eine gewisse Verdampfung der in dem Speicherkörper enthaltenen Flüssigkeit erfolgen, ausweislich der Patentbeschreibung wird die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters aber dadurch erreicht, dass „ein externer Druck auf den Endabschnitt oder das Compartment 12 ausgeübt wird, um das flüssige Quellungsmedium aus dem schwammartigen Körper herauszudrücken und zu ermöglichen, dass es in den Hohlraum 11 fließt“ (Klagepatentschrift Abs. [0033]). Von einer etwaigen Verdampfung des flüssigen Quellungsmediums und einer dadurch erfolgenden Aktivierung der Oberflächenbeschichtung des Katheters ist hingegen nicht die Rede.

Dieser Beurteilung steht der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2010 vorgelegte Erstbescheid der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 13.07.2009 nicht entgegen. Soweit dort die Frage aufgeworfen wird, ob die in der US 2001/0001442 A1 (ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2010) abgebildete Figur, die identisch ist mit Figur 1 der Klagepatentschrift, eine Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters mittels Gas offenbart, liegt hierin – entgegen der Auffassung der Klägerin – keine abschließende sachverständige Äußerung, die den Schluss zulassen würde, dass der Durchschnittsfachmann die Möglichkeit der Aktivierung einer hydrophilen Oberflächenbeschichtung mittels Gas im Rahmen der klagepatentgemäßen Erfindung ohne weiteres erkennt.

Eine entsprechende Möglichkeit erschließt sich dem Fachmann auch nicht aus der in der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2010 vorgelegten EP 0 166 XXX. Diese beschreibt zwar die Behandlung eines Katheters mit Dampf, dies aber im Zusammenhang mit der Aufbringung der Oberflächenbeschichtung auf den Katheter, nicht im Zusammenhang mit der Aktivierung der Oberflächenschicht. Nach der beschriebenen Dampfbehandlung ist vielmehr ein Trocknen des Katheters vorgesehen (vgl. EP 0 166 XXX, S. 6 Z. 47-51).

b)
Da Merkmal 5.a. nach den vorstehenden Ausführungen das Vorliegen eines flüssigen Quellungsmediums im Zeitpunkt der Aktivierung der hydrophilen Oberflächenbeschichtung des Katheters erfordert, wird das Merkmal von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht. Denn die Aktivierung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters erfolgt bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mittels Wasser, sondern mittels Wasserdampf. Insofern steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der mit Wasser getränkte Aktivierungsstreifen durch eine Membran und eine weitere, den Katheter umgebende Schutzschicht von dem Katheterrohr getrennt ist. Die Beklagte hat unter Vorlage einer Produktspezifikation (vgl. Anlage L16) vorgetragen, dass die verwendete Folie nicht wasserdurchlässig sei. Ausweislich der Produktspezifikation weist diese einen typischen Wassersäulenwiderstand von 2000 mm auf, der in dem streitgegenständlichen Katheterset der Beklagten offensichtlich nicht überwunden werden kann. Hiervon scheint im Übrigen selbst der von der Klägerin beauftragte A auszugehen, der in seiner Stellungnahme vom 11.06.2019 (Anlage PBP III 16 / 16a) die verwendete Membran als „flüssigkeitsundurchlässig“ bezeichnet. Demgegenüber fehlt es an substantiiertem Vortrag der Klägerin, aus welchen Gründen dennoch Wasser aus dem Aktivierungsstreifen in den Hohlraum mit dem Katheter gelangen sollte.

aa)
Der Vortrag der Klägerin, in dem Hohlraum mit dem Katheterrohr Wassertropfen aufgefunden zu haben, lässt sich – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – ohne weiteres damit erklären, dass der durch die Folien diffundierte Wasserdampf nach einer Sättigung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters an der Innenseite der Verpackung kondensiert. Dass es zu einer solchen Kondensation des Wasserdampfes kommt, bestreitet auch die Klägerin nicht (vgl. hierzu auch die Stellungnahme des A vom 04.05.2010, Anlage PBP III 11b).

bb)
Sie behauptet allerdings, der Umstand, dass in den Wassertropfen Anteile von Glycerol vorhanden seien, belege, dass es zu einem Austausch mit der Oberflächenbeschichtung des Katheters gekommen sei. Insofern stelle die Aktivierung der Oberflächenbeschichtung des Katheters einen dynamischen Prozess dar, in dem die Oberflächenbeschichtung des Katheters stetig Wasser an die Umgebung verliere und zugleich aus dem Hohlraum wieder absorbiere. Selbst wenn man dies als richtig unterstellen wollte, kann dieses Vorbringen eine Verwirklichung von Merkmal 5.a. jedenfalls deshalb nicht begründen, weil sich das Quellungsmedium nach der technischen Lehre des Klagepatents unmittelbar vor der Aktivierung der Oberflächenbeschichtung in einem flüssigen Aggregatzustand befinden muss. Unter der Aktivierung der Oberflächenbeschichtung versteht die Klagepatentschrift hierbei nur die Herbeiführung der Gleitfähigkeit des Katheterrohrs, nicht aber deren Aufrechterhaltung. So beschreibt die Klagepatentschrift in Abs. [0014], dass die gasundurchlässigen Wände der Verpackung die aktivierte Beschichtung vor dem Austrocknen schützen und solchermaßen ein lang andauernder Erhalt des Oberflächencharakters geringer Reibung des Katheters bis zur tatsächlichen Verwendung gewährleistet wird. In Abs. [0024] bezeichnet die Klagepatentschrift als Aktivierungszeitraum denjenigen Zeitraum, „während dessen das Medium dem mit der hydrophilen Schicht versehenen Oberflächenteil zugeführt wird“.

cc)
Wenn man – wie vorstehend ausgeführt – davon ausgeht, dass sich das Quellungsmedium in dem Moment, in dem es der Oberflächenbeschichtung des Katheters zugeführt wird, in flüssigem Aggregatzustand befinden muss, ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – unerheblich, ob der Wasserdampf augenblicklich mit dem Kontakt mit der Oberflächenbeschichtung des Katheters seinen Aggregatzustand verändert und flüssig wird. Sobald die Wassermoleküle des Quellungsmediums von der Beschichtung absorbiert wurden, sind sie nicht länger Teil des Quellungsmediums, sondern vielmehr Bestandteil der Beschichtung.

dd)
Soweit die Klägerin weiter vorträgt, in dem Compartment mit dem Aktivierungsstreifen Anteile von Glycerol aufgefunden zu haben, führt auch dies nicht zu dem Schluss, dass Wasser aus dem Aktivierungsstreifen in flüssigem Aggregatzustand in den Hohlraum mit dem Katheter gelangt und dessen hydrophile Oberflächenbeschichtung aktiviert. Zunächst lässt sich dem von der Klägerin vorgelegten Versuchsbericht (Anlage PBP III 12a) schon nicht entnehmen, unter welchen Bedingungen die Messungen durchgeführt wurden. Die Kammer vermag deshalb – insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten aufgezeigten Abweichungen in Bezug auf die Menge des gemessenen Glycerins – nicht festzustellen, dass der angebliche Glycerolfund in dem Compartment mit dem Aktivierungsstreifen verlässlich ermittelt wurde. Zudem geht der Vergleich zwischen Glycerol und Wasser im Hinblick auf deren Fähigkeit zur Durchdringung der Schutzfolie und der Membran fehl. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass weder dem Siedepunkt noch dem Molekulargewicht in diesem Zusammenhang eine Bedeutung zukommt. Temperaturen auch nur in der Nähe des Siedepunktes von Wasser (100° C) oder Glycerol (290° C) werden sich bei einer üblichen Lagerung des Katheters nicht einstellen. Für die Verdunstungserscheinungen bei Raumtemperatur, die sich die angegriffene Ausführungsform zu Nutze macht, ist der Siedepunkt ersichtlich unerheblich. Weiter trägt die Beklagte vor, der vorgenommene Vergleich der Molekülgrößen von Wasser und Glycerin sei schon deshalb verfehlt, weil flüssiges Wasser stets in Tropfen auftrete, die aus Millionen von verbundenen Molekülen bestünden. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr hat sie sich auf den Vortrag zurückgezogen, die von der Beklagten anhand der Produktspezifikation belegte Wasserundurchlässigkeit der verwendeten Membran sage nichts darüber aus, wie sich diese im Laufe der Zeit entwickele. Allerdings fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die Wasserundurchlässigkeit der Membran mit der Zeit – d.h. während der üblichen Lagerzeit von ca. 36 Monaten – (wesentlich) abnehmen könnte.

ee)
Soweit die Klägerin sich darauf beruft, die Schutzfolie umgebe den Katheter nicht vollständig abdichtend, sondern sei an dessen distalem Ende nur lose befestigt und offen, vermag dies eine Aktivierung der hydrophilen Oberflächenschicht des Katheters mit Wasser aus dem Aktivierungsstreifen schon deshalb nicht zu begründen, weil sich zwischen dem Speicherkörper und dem Katheterrohr nicht nur die den Katheter umgebende Schutzfolie, sondern noch eine weitere Membran befindet, die den Aktivierungsstreifen umgibt. Dass diese wasserdurchlässig wäre, ist nicht schlüssig vorgetragen. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

II.
Die zulässige Widerklage der Beklagten ist begründet.

Die Klägerin ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Erstattung der rechts- und patentanwaltlichen Kosten für das Schreiben vom 14.12.2009 verpflichtet. Denn die gegenüber der Beklagten durch Schreiben vom 30.11.2009 ausgesprochene Abmahnung, die nach den vorstehenden Ausführungen unberechtigt war, stellt einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Durch eine gewissenhafte Prüfung hätte die Klägerin, die zudem selbst rechts- und patentanwaltlich beraten war, erkennen können, dass eine Patentverletzung nicht vorliegt. Gegen die Höhe der durch die Erwiderung auf die unberechtigte Abmahnung entstandenen Anwalts- und Patentanwaltsgebühren bestehen keine Bedenken.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 2 Millionen Euro festgesetzt.