2 U 52/08 – Kalibrierstation II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1280

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. August 2009, Az. 2 U 52/08

Vorinstanz: 4b O 43/07

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Mai 2008 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zum 1. Juli 2009 2.000.000,– Euro und danach 400.000,– Euro.

G r ü n d e :

I.
Die Klägerin ist Mitinhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 1 115 xxx (Anlage K 1; Klagepatent), dessen weitere Inhaberin die A Werner B GmbH & Co. KG ist. Aufgrund einer zwischen den Inhabern getroffenen Aufteilungsvereinbarung steht der deutsche Teil des Klagepatents, aus welchem die Klägerin die Beklagte in Anspruch nimmt, allein der A Werner B GmbH & Co.KG (nachfolgend: Patentinhaberin) zu.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 24. August 1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 22. September 1998 eingereicht. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung im Patentblatt erfolgte am 16. April 2003. Das Klagepatent steht in Kraft.

Die Patentinhaberin und die Klägerin schlossen am
23. November 2001 einen „Entwicklungs- sowie Lizenz- und Know-How-Vertrag“, mit welchem der Klägerin nach dem Vertragswortlaut (§ 3 Lizenz) eine „ausschließliche Lizenz“ u. a. an dem Gegenstand der dem Klagepatent zugrundeliegenden Anmeldung erteilt wurde. Dieser Vertrag wurde zuletzt durch eine Vereinbarung vom
11. März 2006 („Vierte Ergänzung und Änderung des Entwicklungs-, Lizenz- und Know-how-Vertrag“) ergänzt bzw. geändert. Wegen des genauen Inhalts der beiden Verträge wird auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Vertragsablichtungen verwiesen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich bei der der Klägerin erteilten Lizenz tatsächlich um eine ausschließliche oder nur um eine einfache Lizenz handelt.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

„Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder, einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf (1) und einer Kalibrierstation (3), die Kalibrierwerkzeuge (40) aufweist, die der Außenwandung des Rohres (10) anliegen, dadurch gekennzeichnet, dass als Kalibrierwerkzeuge eine Vielzahl von Lamellen (40) über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres (10) aufeinanderfolgend im Abstand voneinander verteilt angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres (10) gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze (42, 43) vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen (40) auf Lücke zu den Lamellen (40) des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind.“

Wegen des Wortlauts der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2 und 4 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14. Mai 2007 (Anlage B & B 2) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhoben. Dieser hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 21. August 2007 (Anlage B & B 2) zum Teil widersprochen und beantragt, das Patent im Umfang geänderter Ansprüche beschränkt aufrecht zu erhalten. Außerdem hat die Patentinhaberin erklärt, „dass sie auf das Patent sowie auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche aus dem Patent betreffend sowohl die Zukunft als auch die Vergangenheit verzichtet, soweit das Patent über den mit diesem Teilwiderspruch verteidigten Umfang hinausgeht“.

Der von der Patentinhaberin im Nichtigkeitsverfahren verteidigte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

„Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder, einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf und einer Kalibrierstation, die Kalibrierwerkzeuge aufweist, die der Außenwandung des Rohres anliegen, wobei als Kalibrierwerkzeuge eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind, wobei ein sich in Produktionsrichtung gesehen an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad vorgesehen ist, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres erfolgt, und eine Vakuumabdichtung vorgesehen ist, durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad verlässt, die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation und/oder im Vakuum-Kalibrierbad eingestellt wird.“

Vor der Verhandlung über die Nichtigkeitsklage – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils – hat die Patentinhaberin mit der Beklagten einen Vergleich geschlossen, in dessen Vollzug die Beklagte ihre Nichtigkeitsklage zurückgenommen hat. Im Gegenzug ist der Beklagten eine einfache Lizenz an dem Gegenstand des Klagepatents erteilt worden.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren stammen aus der Klagepatentschrift und erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 1 zeigt die Gesamtansicht einer Produktionseinrichtung gemäß dem Klagepatent, Figur 2 zeigt einen Schnitt durch einen erfindungsgemäßen Kalibrierkopf, wobei die Schnittfläche senkrecht zur Rohrachse verläuft, und Figur 3 zeigt im Schnitt gemäß der Linie 3 – 3 in Figur 2 die hintereinander angeordneten Lamellenkränze.

Die Beklagte stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung „Advantage“ ein System für Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren, welches in dem von der Klägerin als Anlage K 4 überreichten Auszug aus der Internetwerbung der Beklagten, der als Anlage K 8 vorgelegten Pressemitteilung der Beklagten und der ferner als Anlage K 9 zu den Akten gereichten Präsentation der Beklagten beschrieben wird. Mit diesem System können bestehende Extrusionsanlagen umgerüstet werden. Die Durchführung einer solchen Umrüstung bietet die Beklagte ebenfalls an.

Bestandteil des Systems „Advantage“ ist eine so genannte Kalibrierhülse (angegriffene Ausführungsform), mit der Rohre verschiedenen Durchmessers produziert werden können. Die Kalibrierhülse umfasst einen Einlauf und einen Kalibrierkorb. Der Kalibrierkorb wird von zwei flexiblen Bänderlagen gebildet, die sich nach Art eines Scherengitters kreuzen und an den Kreuzpunkten gelenkig miteinander verbunden sind. Die Bänderlagen bilden zusammen einen perforierten Hohlzylinder, der auf den gewünschten Durchmesser des Rohres einstellbar ist. Dem Kalibrierkorb vorgeschaltet ist der Einlauf. In diesem sind mehrere radial verstellbare Segmente vorgesehen, die gleichmäßig auf dem Umfang des zu kalibrierenden Rohres verteilt sind. Diese Segmente weisen Schlitze und Stege auf, wobei die Schlitze und Stege benachbarter Segmente im eingebauten Zustand verzahnend ineinander greifen. Dabei weist ein Segment immer sechs Stege auf, und zwar fünf dünne Stege und einen breiten Steg. Der Durchmesser der Öffnung im Einlauf ist kleiner als der Durchmesser des sich anschließenden Kalibrierkorbes. Der „Durchmessersprung“ ist – wie die Beklagte im Berufungsrechtszug unwidersprochen vorgetragen hat (Schriftsatz vom 11.12.2008, S. 16 f. [Bl. 222 f. GA] und Untersuchungsbericht Reißmann vom 20.06.2008, Anlage B & B 17 – in Abhängigkeit von dem zu kalibrierenden Außendurchmesser des Rohres veränderlich groß und liegt relativ (zum jeweils eingestellten Außendurchmesser) zwischen 1,82 % und 5,56 %. Die absolute Größe des Durchmessersprungs beträgt – je nach Typ der angegriffenen Ausführungsform – 4,17 mm bzw. 4,54 mm. Die Segmente des Einlaufbereichs und die Bänderlagen des Kalibrierkorbs sind fest miteinander verbunden und können koordiniert und gleichzeitig verstellt werden.

Die grundsätzliche Ausgestaltung der Kalibrierhülse der Beklagten ergibt sich aus der nachstehend eingeblendeten Figur 2 des der Beklagten zu 1. auf eine Anmeldung vom 20. Januar 2005 erteilten deutschen Patents 10 2005 002 820 (Anlage B & B 10).

Die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Kalibrierhülse ergibt sich aus den von der Klägerin als Anlage K 5 überreichten drei Fotografien, von denen nachfolgend zwei – verkleinert – wiedergegebenen werden,

sowie aus der nachstehend ferner eingeblendeten Abbildung (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 29.02.2008, S. 12 unten [Bl. 86 GA] und Urteil des Landgerichts vom 22.07.2008 – 4b 183/07, Anlage B & B 15, S. 21), die den Kantensprung zwischen Einlauf und Kalibrierkorb erkennen lässt.

Die nachfolgend ferner wiedergegebene schematische Darstellung (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 29.02.2008, S. 12 oben [Bl. 86 GA] und Urteil des Landgerichts vom 22.07.2008 – 4b 183/07, Anlage B & B 15, S. 6 unten) zeigt ein Segment, wie es im Einlaufbereich der angegriffenen Kalibrierhülse vorgesehen ist.

Die Klägerin sieht in Angebot und Lieferung dieser Kalibrierhülse eine mittelbare und in der Umrüstung bestehender Extrusionsanlagen mit dem System „Advantage“ durch die Beklagte eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents. Mit ihrer Klage hat sie die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass ihr von der Patentinhaberin eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent erteilt worden und sie deshalb aktivlegitimiert sei. Der Einlauf der angegriffenen Kalibrierhülse sei ein Kalibrierwerkzeug im Sinne des Klagepatents. Während der hintere Teil der Kalibrierhülse aus den zu einem rohrförmigen Gitter gewundenen Bändern bestehe, folge der vordere Teil mit dem verstellbaren Einlauf der Lehre des Klagepatents. In diesem Bereich seien eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander verteilt angeordnet, wobei – in Produktionsrichtung des Rohres gesehen – eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen seien. Eine Kalibrierung des Kunststoffrohres erfolge in diesem Bereich. Dass sich die Lamellenkränze nicht über die gesamte Länge der Kalibrierhülse fortsetzten, sei unerheblich; der Einlauf sei der sensibelste Bereich der Kalibrierstation und damit bereits als solcher ein Kalibrierwerkzeug. Der Rohrdurchmesser werde bereits in dem Einlaufbereich festgelegt und im nachfolgenden Kalibrierkorb nur aufrechterhalten. Ein geringfügiger Durchmessersprung stehe dem nicht entgegen.

Die Beklagte, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage gebeten hat, hat eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Sie hat geltend gemacht, dass es sich bei dem Einlauf der angegriffenen Kalibrierhülse um kein Kalibrierwerkzeug im Sinne des Klagepatents handele, weil der Außendurchmesser des Rohres im Einlauf der angegriffenen Ausführungsform nicht dauerhaft, maßgenau und endgültig festgelegt werde. Im Einlauf erfolge lediglich eine „Vordimensionierung“. Die endgültige Festlegung des Rohraußendurchmessers, welche entscheidend sei, erfolge erst anschließend in den Bänderlagen des Kalibrierkorbes. Eine Kalibrierung des Rohres könne im Einlauf auch deshalb nicht vorgenommen werden, weil im Einlauf noch kein Vakuum vorliege. Außerdem schließe sich bei ihrem System das Vakuum-Kalibrierbad in Produktionsrichtung gesehen nicht an die Kalibrierstation an, weil es sich nicht um zwei separate Bauteile, sondern um eine kombinierte Einheit handele.

Durch Urteil vom 29. Mai 2008 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es fehle jedenfalls an einer Verwirklichung des Merkmals, wonach als Kalibrierwerkzeuge der Vorrichtung eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres verteilt angeordnet seien, und zwar aufeinander folgend im Abstand voneinander. Mit „Kalibrierwerkzeugen“ seien solche Vorrichtungsteile gemeint, die der Kalibrierung des Rohrdurchmessers dienten. Nicht zur Kalibrierstation gehörten der sich in Produktionsrichtung an den Extruder anschließende Rohrkopf und das sich an die Kalibrierstation anschließende Vakuum-Kalibrierbad. Der Klagepatentbeschreibung entnehme der Fachmann, dass das Klagepatent unter der „Kalibrierstation“ den Bereich der Vorrichtung verstehe, welcher – in Produktionsrichtung gesehen – hinter dem Rohrkopf und einer etwaigen Vakuumglocke, aber vor dem Vakuum-Kalibrierbad liege, und in welchem der Außendurchmesser des Rohres und die Rohrwanddicke mittels Kalibrierwerkzeugen endgültig, maßgenau und dauerhaft festgelegt werde. Vor diesem Hintergrund könne die Kammer nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform über „Kalibrierwerkzeuge“ im Sinne des Klagepatents verfüge. Der in Rede stehende Einlauf gehöre noch nicht zur Kalibrierstation. Als „Kalibrierwerkzeuge“ fungierten bei der angegriffenen Ausführungsform vielmehr allein die flexiblen Bänderlagen, welche einen Hohlzylinder bildeten, der auf den gewünschten Rohrdurchmesser eingestellt werden könne. Entscheidend sei, dass zwischen dem Einlauf und dem Kalibrierkorb der angegriffenen Ausführungsform ein „Durchmessersprung“ bestehe. Nach dem Vorbringen der Beklagten weise der Enddurchmesser der von der angegriffenen Ausführungsform kalibrierten Rohre eine Abweichung von 3 % gegenüber dem zunächst im Einlauf festgelegten Durchmesser auf. Daraus ergebe sich, dass im Einlauf der angegriffenen Ausführungsform noch nicht die für die Annahme einer Kalibrierung erforderliche dauerhafte Festlegung des Rohrdurchmessers erfolge. Eine derartige Abweichung sei auch nicht etwa als bloße Fertigungstoleranz zu werten.

Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil verfolgt die Klägerin ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages macht sie geltend:

Der bei der angegriffenen Ausführungsform vorgesehene „Durchmessersprung“ erkläre sich zwanglos daraus, dass das die Kalibrierstation durchlaufende, im Übergangsbereich zur Bänderlage noch weiche Rohr davor geschützt werden solle, an den Enden des Scherengitters anzustoßen. Das ändere aber nichts daran, dass sich im Einlaufbereich ganz wesentliche Schritte des Kalibriervorgangs vollzögen. Der dynamische Prozess des Kalibrierens sei nicht mit dem Vorgang in der Kalibrierstation gleichzusetzen, weshalb von einem Kalibrierwerkzeug nicht nur dann gesprochen werden könne, wenn die Kalibrierwerkzeuge bereits dem genauen Nenndurchmesser des Rohres entsprächen. Eine endgültige und dauerhafte Festlegung des Rohrdurchmessers erfolge überhaupt erst in dem an die Kalibrierstation anschließenden Vakuum-Kalibrierbad. Bis zum vollständigen Aushärten des Rohres unterliege der Außendurchmesser noch Änderungen, die insbesondere auf ein Schrumpfen des Materials zurückgingen, und denen durch Einstellung der Kalibrierwerkzeuge auf ein Übermaß und Aufrechterhalten des Vakuums Rechnung getragen werden müsse. Das Rohr sei daher beim Austritt aus der Kalibrierstation weder dauerhaft noch maßgenau noch endgültig festgelegt.

Der Begriff „Kalibrieren“ umfasse die gesamte Ausbildung des angestrebten Rohres, also nicht nur die Festlegung des Durchmessers, sondern auch die Ausbildung einer konstanten und genauen Wandstärke und einer einwandfreien Oberfläche. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde bereits im Einlaufbereich die Oberflächenqualität des Rohres weitgehend stabil ausgebildet. „Kalibrieren“ bedeute für den Fachmann auch immer die Herstellung eines Rohres mit einer konstanten Wanddicke. Genau diese Funktion erfülle der Einlaufbereich der angegriffenen Ausführungsform. Dass auch der durch die Bänderlagen gebildete Teil der Kalibriereinrichtung eine Kalibrierfunktion erfülle, indem hier der Rohrdurchmesser noch geringfügig aufgeweitet und dabei auch die Rundheit verbessert werde, ändere nichts daran, dass auch der Einlaufbereich Bestandteil der Kalibrierstation sei und dort im Wesentlichen die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, dass am Ende der Kalibrierstation ein Rohr mit dem angestrebten Durchmesser, mit der angestrebten, konstanten Wanddicke und mit einer einwandfreien Oberfläche die Kalibrierstation verlasse.

Nachdem der Beklagten aufgrund des mit der Patentinhaberin abgeschlossenen Vergleichs eine einfache Lizenz an dem Klagepatent erteilt worden ist, haben die Parteien den Rechtsstreit betreffend den Unterlassungsantrag in der Berufungsinstanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1.
das angefochtene Urteil abzuändern und

2.
die Beklagte zu verurteilen

2.1
ihr – der Klägerin – Auskunft zu erteilen über alle in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 01.06.2003 bis zum 22.10.2008 erfolgten Angebote und Lieferungen nachfolgend beschriebener Kalibrierhülsen an zur Nutzung des deutschen Teils des EP 1 115 xxx B1 nicht berechtigte Personen: Verstellbare Kalibrierhülsen für Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder und einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf, bei denen im Einlaufbereich eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander verteilt angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen, eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind,

insbesondere wenn die Verstellung der Lamellen motorisch erfolgt und die Lamellen als Verstellsegmente ausgebildet sind, die einen in Längsrichtung des Rohres gesehen ringförmigen Körper schaffen, wobei die diesen Körper bildenden, einzelnen Segmentstreifen sich verzahnend ineinander greifen;

2.2
ihr – der Klägerin – Auskunft zu erteilen über alle in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 01.06.2003 bis zum 22.10.2008 angebotenen und ausgeführten Aufträge zur Herstellung von Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder, einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf und einer Kalibrierstation, die Kalibrierwerkzeuge aufweist, die der Außenwandung des Rohres anliegen, wobei als Kalibrierwerkzeuge eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind, wobei ein sich in Produktionsrichtung gesehen an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad vorgesehen ist, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres erfolgt, und eine Vakuumabdichtung vorgesehen ist, durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad verlässt, die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation und/oder im Vakuum-Kalibrierbad eingestellt wird,

insbesondere wenn die Verstellung der Lamellen motorisch erfolgt und die Lamellen als Verstellsegmente ausgebildet sind, die einen in Längsrichtung des Rohres gesehen ringförmigen Körper schaffen, wobei die diesen Körper bildenden, einzelnen Segmentstreifen sich verzahnend ineinander greifen;

und zwar durch Vorlage je eines chronologischen Verzeichnisses, dem zu entnehmen sind:

a) alle Angebote und Lieferungen von Kalibrierhülsen gemäß Ziffer 2.1, unter jeweiliger Angabe des Zeitpunktes der Angebote/Lieferungen, des Angebots-/Lieferpreises und der Empfänger der Angebote bzw. Lieferungen, sowie der jeweils erzielten Gewinne, unter exakter Aufschlüsselung aller der Verletzungshandlung zurechenbaren Gestehungskosten;

b) alle angebotenen und ausgeführten Aufträge zur Herstellung von Vorrichtungen gemäß Ziffer 2.2, wiederum unter jeweiliger Angabe des Zeitpunktes der Angebote bzw. Leistungen, des Angebots-/Leistungspreises und der Empfänger der Angebote bzw. Leistungen sowie des damit erzielten Gewinns unter exakter Aufschlüsselung der der Verletzungshandlung jeweils zurechenbaren Gestehungskosten;

3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr – der Klägerin – allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gemäß Ziffer 2., die in der Zeit vom 01.06.2003 bis zum 22.10.2008 begangen wurden, entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen, wobei sie geltend macht:

Dem Klagepatent lasse sich entnehmen, dass die Kalibrierung, d. h. die exakte Feineinstellung des Rohraußendurchmessers, ausschließlich durch die Kalibrierwerkzeuge in der Kalibrierstation bewirkt werde. Der Einlauf der angegriffenen Ausführungsform sei kein Kalibrierwerkzeug in diesem Sinne, da aufgrund des vorhandenen Durchmessersprungs dort keine Festlegung des gewünschten Rohraußendurchmessers erfolge, sondern allenfalls eine Vordimensionierung vorgenommen werde. Das Rohr werde erst in den sich in Produktionsrichtung an den Einlauf anschließenden Bänderlagen genau kalibriert. Darüber hinaus sei nach der Lehre des Klagepatents auch zwingend erforderlich, dass die Kalibrierung im Vakuum stattfinde. Diese Voraussetzung werde bei der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls nicht erfüllt, weil sich der Einlauf nicht im Vakuum befinde. Dieser diene im Gegenteil gerade der Abdichtung zu dem im Bereich der Bänderlagen vorhandenen Vakuum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die noch geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz nicht zu, weil die Beklagte das Klagepatent weder mittelbar durch Anbieten und/oder Lieferung der angegriffenen Kalibrierhülse noch unmittelbar durch die Umrüstung bestehender Extrusionsanlagen mit dem diese Kalibrierhülse umfassenden System „Advantage“ verletzt. Die Kalibrierhülse der Beklagten entspricht nicht den Vorgaben des Klagepatents. Hieraus folgt zugleich, dass der Klägerin auch der ursprünglich gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustand.

A.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt (Abs. [0002]), besteht bei solchen Vorrichtungen das Problem, dass Rohre unterschiedlicher Außendurchmesser mit gleichzeitig unterschiedlichen Wanddicken hergestellt werden müssen. Im Stand der Technik ist es dabei nach den Angaben in der Klagepatentschrift erforderlich, dass entsprechend dem Außendurchmesser des Rohres und der gewünschten, üblicherweise in Abhängigkeit des Außendurchmessers genormten Wanddicke des Rohres entsprechende Werkzeuge ausgewechselt werden müssen. Das bedingt ein Stillsetzen der Maschine, einen hohen Arbeitsaufwand für das Auswechseln der Werkzeuge und einen Verlust an Kunststoffmaterial, bis das neue Rohr wieder gezogen werden kann. Ein entsprechendes Ziehen des Rohres, um bei einem bestehenden Außendurchmesser ein Rohr geringerer Wandstärke herstellen zu können, verbietet sich nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift, weil die Molekülkette des Kunststoffes gereckt und damit orientiert wird, so dass dadurch die Festigkeit des Rohres negativ beeinflusst wird, der Schrumpf und die Faltenbildung aber gefördert werden.

Als gattungsbildende Druckschrift führt die Klagepatentschrift (Abs. [0003]) die DE 24 12 818 an, aus der eine Vorrichtung zum Kalibrieren eines aus einer Strangpresse austretenden Rohres aus thermoplastischem Kunststoff bekannt ist, bei welcher in Produktionsrichtung des Rohres gesehen Kalibrierlamellen aufeinanderfolgend angeordnet sind. Jede Kalibrierlamelle weist einen Kalibrierdurchlass auf, der für alle aufeinanderfolgenden Kalibrierlamellen gleich und unveränderbar ist. Jede Kalibrierlamelle arbeitet mit einem nach oben abhebbaren Lamellensegment zusammen, das während der Anlaufphase der Produktion abgehoben werden kann, so dass das Einlegen des den Extruder bzw. den Rohrkopf verlassenden Rohres in den Kalibrierdurchlass erleichtert wird. Die Klagepatentschrift beanstandet hieran als nachteilig, dass eine Variation des Rohrdurchmessers während des Produktionsverfahrens nicht möglich ist (Abs. [0003]).

Gemäß den weiteren Angaben in der Klagepatentschrift (Abs. [0004]) ist es aus der DE 3 521 321 bekannt, in einer Kalibrierstation Metallbälge vorzusehen, die durch Strecken oder Zusammendrücken in ihrem inneren Durchmesser verändert werden können. Hierdurch soll dem beim Abkühlen auftretenden Schwinden des Kunststoffmaterials und dem sich infolgedessen ändernden Außendurchmesser entsprochen werden, um dadurch auch während der Abkühlphase und dem ggf. sich verringernden Außendurchmesser des Rohres ein gutes Führen des Rohres in der Kalibrierstation zu ermöglichen.

Aus der WO 95/27 601 ist es nach den Angaben in der Klagepatentschrift bekannt, bei einem – von der Klagepatentschrift als gattungsfremd bezeichneten – Herstellungsverfahren für Kunststoffrohre im Inneren des zu bildenden Rohres Formwerkzeuge, die durch einzelne Rollen gebildet werden, vorzusehen, wobei durch ein mehr oder weniger großes Aufweiten des Außendurchmessers des von den Formwerkzeugen bedingten Umfangskreises der Rohrdurchmesser verändert werden kann. Hierbei soll aber das Rohr durch eine Platte gebildet werden, die um dieses Formwerkzeug herum gewunden wird, wobei die Endkanten der Platten miteinander verschweißt werden sollen. Besondere Druckrollen beaufschlagen die beim Verbinden der beiden Platten hergestellte Schweißnaht derart, dass nach außen hin diese Schweißnaht nicht mehr erkennbar sein soll (Abs. [0005]).

Ferner beschreibt die DE 40 02 884 A1 eine Einrichtung zum Extrudieren von Rohren, bei er eine nicht näher beschriebene Kalibriereinrichtung eingesetzt wird. Gegenstand der Lehre dieser Druckschrift ist eine Messeinrichtung zur Bestimmung der Wanddicke des extrudierten und kalibrierten Rohres, wobei in Umfangsrichtung des Rohrquerschnittes mehrere Messköpfe vorgesehen sind, die an einem an der Kalibriereinrichtung abgestützten Halter angeordnet sind. Hierdurch wird eine hohe Anzahl von Messsignalen ermöglicht, so dass dadurch eine sehr gute Überwachung der Dicke des extrudierten Rohrstranges erzielbar ist (Abs. [0006]).

Als weiteren Stand der Technik führt die Klagepatentschrift schließlich noch die WO 96/36 457 (Anlage K 15) an, aus der es nach ihren Angaben bekannt ist, geringfügige Kalibriereinstellungen in einer Kalibrierstation dadurch vorzunehmen, dass durch eine Keilwirkung einzelne Kalibrierringe geringfügig in ihrem Durchmesser verändert werden können. An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent, dass mit einer solchen Anordnung eine Variation der Rohraußendimension nicht möglich ist, sondern so lediglich dem Schrumpfverhalten entgegengewirkt werden kann (Abs. [0010]).

Ausgehend von diesem Stand der Technik hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, eine Vorrichtung zu schaffen, die während der Produktionsphase des Rohres ohne Unterbrechung des Produktionsganges eine vollautomatisch gesteuerte Umstellung zwischen mehreren Kunststoffrohrdimensionen im kontinuierlichen Extrusionsprozess ermöglicht, wobei der Außendurchmesser und die Rohrwanddicke entsprechend den Kundenwünschen bzw. der Normung aufeinander abgestimmt sind (Abs. [0007]).

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt der erteilte Anspruch 1 des Klagepatents eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren mit

(a) einem Extruder,
(b) einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf (1)
(c) und einer Kalibrierstation (3).

(2) Die Kalibrierstation (3) weist Kalibrierwerkzeuge auf, die an der Außenwandung des Rohres anliegen.

(3) Als Kalibrierwerkzeuge sind eine Vielzahl von Lamellen (40) vorgesehen, die

(a) über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres (10) verteilt angeordnet sind,
(b) und zwar aufeinanderfolgend im Abstand voneinander.

(4) In Produktionsrichtung des Rohres gesehen ist eine Vielzahl solcher Lamellenkränze (42, 43) vorgesehen.

(5) Die jeweilige Lamellen (40) der Lamellenkränze (42, 43) sind auf Lücke zu den Lamellen (40) des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet.

Der von der Patentinhaberin im zwischenzeitlich nicht mehr anhängigen Nichtigkeitsverfahren beschränkt verteidigte Patentanspruch 1 sieht ferner folgende weitere Merkmale vor:

(6) In Produktionsrichtung gesehen ist ein an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad (4) vorgesehen, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres (durch Sprühwasser) erfolgt.

(7) Es ist weiter eine Vakuumabdichtung (9) vorgesehen,

(a) durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad (4) verlässt,
(b) die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation (3) und/oder im Vakuum-Kalibrierbad (4) eingestellt wird.

In der Klagepatentbeschreibung wird erläutert, dass der ggf. schon vordimensionierte Massestrang erfindungsgemäß in eine Kalibrierstation eintreten kann, in der unterschiedliche Rohrdimensionen einstellbar sind (Abs. [0010]). Die erfindungsgemäße Kalibrierstation wird durch eine Vielzahl von Lamellen gebildet, die an der Außenseite des zu kalibrierenden Rohres über den Umfang verteilt und im Abstand zueinander angeordnet jeweils einen Lamellenkranz bildend vorgesehen sind. Hierbei sind in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze innerhalb der Kalibrierstation angeordnet, wobei die einzelnen Lamellen der einzelnen Lamellenkränze auf Lücke zueinander stehen, so dass eine problemlose Verstellung der einzelnen Lamellen des einzelnen Kranzes gegenüber den Lamellen des nachfolgenden Kranzes oder des vorhergehenden Kranzes möglich ist (Abs. [0011]). Die Verstellung der Lamellen kann – was Anspruch 1 offen lässt – motorisch oder von Hand erfolgen, wobei durch eine einzige Handsteuerung alle Lamellenkränze gleichzeitig verstellt werden können (Abs. [0012]).

B.
Mit der angegriffenen Kalibrierhülse ihres Systems „Advantage“ benutzt die Beklagte das Klagepatent nicht mittelbar, weil es sich bei dieser Kalibrierhülse nicht um ein Mittel im Sinne des § 9 Abs. 1 PatG handelt, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Die angegriffene Ausführungsform entspricht nicht den Vorgaben des Klagepatents. Deshalb verletzt die Beklagte das Klagepatent durch die Umrüstung bestehender Extrusionsanlagen mit dem System „Advantage“ auch nicht unmittelbar.

1.
Dahinstehen kann, in welchem Umfang die Klägerin das Klagepatent im vorliegenden Rechtsstreit geltend machen will.

Die A Werner B GmbH & Co. KG, die unstreitig alleinige Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents ist, hat im Rahmen des zwischenzeitlich durch Vergleich beendeten Nichtigkeitsverfahrens eine Selbstbeschränkung vorgenommen, indem sie dort mit Schriftsatz vom 21. August 2007 (Anlage B & B 2) erklärt hat, nur einen beschränkten Inhalt ihres Patents verteidigen zu wollen (vgl. zur Selbstbeschränkung Benkard/Rogge, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 22 PatG Rdnr. 50 ff; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 81 PatG Rdnr. 117 ff . jew. m. w. Nachw.).

Entsprechend dieser Selbstbeschränkung hat die Klägerin das Klagepatent im vorliegenden Rechtsstreit in erster Instanz zuletzt nur noch in der von der Patentinhaberin im Nichtigkeitsverfahren beschränkt verteidigten Fassung geltend gemacht (Schriftsatz vom 10.08.2007, S. 1 und 3 [Bl. 30 und 32 GA]), wobei sie allerdings nur den auf eine unmittelbare Patentverletzung gestützten Unterlassungsantrag – und die hierauf rückbezogenen weiteren Klageanträge – entsprechend angepasst hat. In zweiter Instanz hat die Klägerin beide mit der Berufung weiterverfolgten Unterlassungsanträge ausweislich der ursprünglichen Antragsformulierung (Berufungsbegründung vom 06.08.2008, S. 2 [Bl. 187 GA]) zunächst offenbar wieder auf den erteilten Patentanspruch 1 stützen wollen. Im Verhandlungstermin vor dem Senat hat sie allerdings neue Berufungsanträge verlesen (Bl. 247 GA), wobei von diesen zuletzt gestellten Berufungsanträgen (Bl. 249 – 251 GA) nunmehr wiederum die die geltend gemachte unmittelbare Patentverletzung betreffenden Anträge an den im vormaligen Nichtigkeitsverfahren beschränkt verteidigten Patentanspruch 1 angepasst sind, wohingegen die die ferner geltend gemachte mittelbare Patentverletzung betreffenden Anträge eine solche Einschränkung nicht vorsehen.

Ob die Klägerin das Klagepatent damit – obgleich eine der Selbstbeschränkung Rechnung tragende Nichtigkeitsentscheidung nicht ergangen ist – vorliegend nur in dem Umfange geltend machen will, in dem es von der Patentinhaberin im früheren Nichtigkeitsverfahren beschränkt verteidigt worden ist, kann jedoch dahinstehen. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, wie die von der Patentinhaberin im Nichtigkeitsverfahren mit Schriftsatz vom 21. August 2007 (Anlage B & B 2) abgegebene Erklärung, dass sie auf das Patent sowie auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche aus dem Patent betreffend sowohl die Zukunft als auch die Vergangenheit verzichtet, soweit das Patent über den mit diesem Teilwiderspruch verteidigten Umfang hinausgeht, rechtlich einzuordnen ist und ob die Klägerin als Lizenznehmerin an diese Erklärung der Patentinhaberin gebunden ist. Hierauf kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht an, weil die Beklagte mit der angegriffenen Ausführungsform schon von der weitergehenden technischen Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 keinen Gebrauch macht.

2.
Die angegriffene Kalibrierhülse verwirklicht die Merkmale 3 und 4 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung nicht.

a)
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren aus folgenden Elementen:

• einem Extruder (Merkmal (1) (a)),
• einem Rohrkopf, der sich in Produktionsrichtung an den Extruder anschließt (Merkmal (1) (b) und
• einer Kalibrierstation (Merkmal (1) (c)), wiederum im Anschluss an den Rohrkopf.

Der Fachmann entnimmt dem, dass sich Extruder und Rohrkopf jeweils von der Kalibrierstation unterscheiden und insbesondere der Rohrkopf nicht zur Kalibrierstation gehört. Der Beginn der Kalibrierstation liegt – in Produktionsrichtung gesehen – hinter dem Rohrkopf, wobei sich an den Rohrkopf gegebenenfalls zunächst noch eine Vakuum-Saugglocke anschließen kann. Eine solche Einrichtung wird vom Patentanspruch 1 allerdings nicht verlangt. Sie ist lediglich bei dem in Figur 1 gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiel vorgesehen und wird in der zugehörigen Patentbeschreibung erwähnt (Abs. [0017] und [0018]). Bei diesem Ausführungsbeispiel schließt sich eine Vakuum-Saugglocke (2) in Produktionsrichtung an den in Figur 1 nicht dargestellten Extruder an (Abs. [0017]) und an die Vakuum-Saugglocke (2) schließt sich wiederum die Kalibrierstation (3) an. Auch die Vakuum-Saugglocke gehört damit noch nicht zur Kalibrierstation. Nach dem im früheren Nichtigkeitsverfahren beschränkt verteidigten Patentanspruch 1 (Merkmal (6)) schließt sich – wie bei dem in Figur 1 gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiel (vgl. Abs. [0018]) – in Produktionsrichtung gesehen an die Kalibrierstation (3) ein Vakuum-Kalibrierbad (4) an, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres (durch Sprühwasser) erfolgt. Auch dieses – vom erteilten Anspruch 1 nicht geforderte – Vakuum-Kalibrierbad ist damit kein Bestandteil der Kalibrierstation.

Wie sich bereits aus dem Begriff „Kalibrierstation“ als solchem ergibt, wird der extrudierte Kunststoff-Schmelzstrang, der aus dem Rohrkopf heraustritt, in diesem Abschnitt der Vorrichtung „kalibriert“.

Bei dem Begriff „kalibrieren“ handelt es sich um einen Ausdruck, der in dem hier in Rede stehenden Fachgebiet gebräuchlich und mit einem bestimmten Inhalt versehen ist. Den von den Parteien überreichten Auszügen aus einschlägigen Fachbüchern (Anlage K 12, Handbuch der Kunststoff-Extrusionstechnik, S. 475 ff.; Anlage K 15, Kunststoffextrudiertechnik, 2. Aufl., S. 335 ff.; Anlage BB 9, Kunststoff-Lexikon, 8. Aufl., S. 295 f.) ist insoweit zu entnehmen, dass „kalibrieren“ im Bereich der Kunststoff-Extrusionstechnik eine solche Einwirkung auf den Kunststoff-Schmelzstrang bezeichnet, dass die (äußeren/inneren) Abmessungen des zu produzierenden Rohres festgelegt werden, und zwar in einer solchen Weise, dass Form und Maße mit Hilfe einer kurz erstarrten Schmelze so weit „eingefroren“ sind, dass das (kalibrierte) Extrudat den notwendigen Abzugskräften standhält. Dem hat der im Verhandlungstermin vor dem Senat anwesende Leiter der Patentabteilung der Klägerin ausdrücklich zugestimmt. Das Klagepatent gebraucht den Begriff „kalibrieren“ mit eben diesem, auf dem hier in Rede stehenden Fachgebiet üblichen Inhalt. Dass es unter „kalibrieren“ etwas anderes versteht und diesen Begriff nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden Sinne verwendet, ist der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen. Dagegen spricht, dass die Klagepatentschrift den Begriff „kalibrieren“ nicht näher erläutert und damit offensichtlich als bekannt voraussetzt. Außerdem heißt es in der Klagepatentbeschreibung (Abs. [0018]), wenn auch nur in Bezug auf das in den Figuren 1 bis 3 gezeigte Ausführungsbeispiel, dass in der Kalibrierstation „durch eine mechanische Zentralverstellung das genaue Kalibrieren des Außendurchmessers des Schmelzstranges und des schon teilweise ausgehärteten Rohres“ erfolgt. Die Patentbeschreibung bringt damit zum Ausdruck, dass in der in Rede stehenden Kalibrierstation durch (aktive) Einwirkung auf den Schmelzstrang der gewünschte Außendurchmesser festgelegt wird, wobei das zu produzierende Rohr in der Kalibrierstation schon teilweise ausgehärtet ist, die Schmelze also bereits kurz erstarrt ist, was im Einklang mit der vorstehend wiedergegebenen Definition steht.

Damit die „Kalibrierstation“ (3) die ihr zugedachte technische Funktion erfüllen kann, weist sie gemäß Merkmal (2) „Kalibrierwerkzeuge“ auf, die an der Außenwandung des Rohres anliegen. Mittels dieser „Kalibrierwerkzeuge“ soll der Kunststoff-Schmelzstrang „kalibriert“ werden. Die Kalibrierwerkzeuge bilden zusammen die Kalibrierstation (vgl. Abs. [0011]). Dem Begriff „Kalibrierwerkzeug“ entnimmt der Fachmann, dass die Kalibrierwerkzeuge auf den zu kalibrierenden Kunststoff-Schmelzstrang einwirken sollen. Denn mit „Werkzeug“ wird gewöhnlich ein Hilfsmittel bezeichnet, mit dem auf Gegenstände (Werkstücke oder Materialien im weiteren Sinne) mechanisch eingewirkt wird. Das sollen auch die klagepatentgemäßen Kalibrierwerkzeuge, was sich auch aus der Angabe im Patentanspruch, dass die Kalibrierwerkzeuge an der Außenwandung des Rohres anliegen, ergibt. Bei den „Kalibrierwerkzeugen“ handelt es sich damit um diejenigen Mittel, die so auf den Kunststoff-Schmelzstrang einwirken sollen, dass die Abmessungen des Rohres festgelegt werden, und zwar in einer solchen Weise, dass Form und Maße mit Hilfe einer kurz erstarrten Schmelze so weit „eingefroren“ sind, dass das Extrudat den notwendigen Abzugskräften, die im Rahmen des weiteren Produktionsvorganges aufgebracht werden müssen, standhält.

Mit der näheren Ausgestaltung und Anordnung der Kalibrierwerkzeuge befassen sich die weiteren Merkmale des (erteilten) Patentanspruchs 1. Gemäß der Merkmalsgruppe (3) werden die Kalibrierwerkzeuge durch eine Vielzahl von Lamellen (40) gebildet, die an der Außenseite des zu kalibrierenden Rohres über den Umfang verteilt und im Abstand zueinander angeordnet jeweils einen Lamellenkranz bildend vorgesehen sind (Abs. [0011]). Hierbei sind gemäß Merkmal (4) in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze (42, 43) angeordnet, wobei die einzelnen Lamellen der einzelnen Lamellenkränze gemäß Merkmal (5) auf Lücke zueinander stehen, so dass eine problemlose Verstellung der einzelnen Lamellen des einzelnen Kranzes gegenüber den Lamellen des nachfolgenden Kranzes oder des vorhergehenden Kranzes möglich ist (Abs. [0011]).

Nach der Lehre des Klagepatents sind damit als „Kalibrierwerkzeuge“ hintereinander geschaltete Lamellenkränze bestimmter Ausgestaltung vorgesehen. Bei sinngemäßem Verständnis verlangt das Klagepatent, dass der Kalibriervorgang als solcher mittels eben dieser (Kalibrier-)Lamellen vonstatten geht. Denn die in den Merkmalen (3) bis (5) beschriebenen Lamellen sind die erfindungsgemäßen „Kalibrierwerkzeuge“; andere Kalibrierwerkzeuge sieht das Klagepatent nicht vor. Auch schützt das Klagepatent nicht ein einzelnes, flexibel einstellbares Kalibrierwerkzeug, sondern eine Vorrichtung zum Herstellen von Kunststoffrohren, die u. a. über eine „Kalibrierstation“ verfügt, welche „Kalibrierwerkzeuge“ aufweist, die von hintereinander geschalteten Lamellenkränzen bestimmter Ausgestaltung gebildet werden. Diese flexibel einstellbaren Kalibrierlamellen sollen die im Stand der Technik bekannten Kalibrierwerkzeuge ersetzen, welche jeweils entsprechend dem gewünschten Außendurchmesser des Rohres und der gewünschten Wanddicke des Rohres ausgewechselt werden mussten (Abs. [0002]). Anstelle dieser bekannten Kalibrierwerkzeuge, deren Auswechslung ein Stillsetzen der Maschine, einen hohen Arbeitsaufwand und einen Verlust an Kunststoffmaterial bedingte (Abs. [0002]), soll das Kalibrieren nunmehr durch die im Patentanspruch beschriebenen, speziellen Lamellenkränze erfolgen. Das Klagepatent vermittelt dem Fachmann die Botschaft, die im Stand der Technik bekannten, nicht oder nicht hinreichend verstellbaren Kalibrierwerkzeuge durch hintereinander geschaltete Lamellenkränze bestimmter Ausgestaltung, die auf unterschiedliche Kunststoffrohrdimensionen einstellbar sind, zu ersetzen und mit eben diesen Lamellen den Kalibriervorgang zu bewirken. Auf diese Weise wird die dem Klagepatent zugrunde liegende Aufgabe (Abs. [0007]) gelöst: Die erfindungsgemäß ausgestalteten Kalibrierlamellen, welche die Kalibrierstation bilden, ermöglichen während der Produktionsphase des Rohres ohne Unterbrechung des Produktionsganges eine Umstellung zwischen mehreren Kunststoffrohrdimensionen im kontinuierlichen Extrusionsprozess. Mit der klagepatentgemäßen Vorrichtung lassen sich so im laufenden Betrieb Rohre mit unterschiedlichen Außendurchmessern und Wanddicken produzieren, ohne dass hierfür ein Auswechseln der Kalibrierwerkzeuge erforderlich ist. Für den Fachmann ist vor diesem Hintergrund klar, dass am Ende der patentgemäßen Lamellen – wie bei Verwendung der aus der gattungsbildenden DE 24 12 818 bekannten, herkömmlichen „Kalibrierlamellen“ (Abs. [0003]) – ein kalibriertes Erzeugnis vorliegen soll. Das Rohr soll die erfindungsgemäßen Kalibrierlamellen als kalibriertes Rohr verlassen, um dann in dem sich an die Kalibrierstation anschließenden Vakuum-Kalibrierbad weiter abgekühlt und ausgehärtet zu werden. Nicht jede Vorrichtung, die in Produktionsrichtung gesehen mehr als einen verstellbaren Lamellenkranz aufweist, der zur Kalibrierung des Rohres beiträgt, ist deshalb eine klagepatentgemäße Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren mit Lamellen im Sinne der Merkmale (3) und (4). Um „Kalibrierwerkzeuge“ im Sinne des Klagepatents handelt es sich nur dann, wenn die Lamellen als „Kalibrierlamellen“ den Kalibriervorgang als solchen bewirken können, wenn also im Anschluss an die Lamellen ein Produkt vorliegt, das das Adjektiv „kalibriert“ verdient. Andernfalls fiele unter das Klagepatent nämlich auch eine Vorrichtung, die zwar auch mit z. B. zwei oder drei in Produktionsrichtung gesehen dicht hintereinander angeordneten Lamellenkränzen mit verhältnismäßig schmalen Lamellen arbeitet, die aber zum Kalibrieren zwingend auch herkömmliche Kalibrierwerkzeuge verwenden muss.

Es reicht daher für eine Verwirklichung der Merkmalsgruppe (3) nicht aus, dass die Vorrichtung mehr als einen verstellbaren Lamellenkranz aufweist, der einen Beitrag zur Kalibrierung des Rohres leistet. Um „Kalibrierwerkzeuge“ im Sinne des Klagepatents handelt es sich nur dann, wenn die Lamellen alleine dazu in der Lage sind, den Kunststoff-Schmelzstrang im vorbeschriebenen Sinne zu kalibrieren. Das setzt voraus, dass in Produktionsrichtung gesehen eine hinreichende Anzahl von Lamellenkränzen hintereinander angeordnet ist bzw. die Lamellen in diese Richtung eine ausreichende Erstreckung haben. Denn nur dann können Form und Maße des zu produzierenden Rohres mit Hilfe einer kurz erstarrten Schmelze bereits so weit verfestigt bzw. eingefroren sein, dass das Extrudat den notwendigen Abzugskräften standhält. Demgemäß verlangt Merkmal (4) auch, dass in Produktionsrichtung gesehen eine „Vielzahl“ von Lamellenkränzen vorgesehen ist. Bei dem in Figur 3 gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiel sind dies 45 in Produktionsrichtung gesehen hintereinander angeordnete Lamellenkränze (Abs. [0020]). Zwar rechtfertigt – was der Senat nicht verkennt – dieses Ausführungsbeispiel keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs. Es verdeutlicht dem Fachmann aber, dass die erfindungsgemäßen Lamellen in Produktionsrichtung gesehen eine ausreichende Erstreckung aufweisen müssen, um ihre Funktion als Kalibrierwerkzeuge erfüllen zu können.

b)
Hiervon ausgehend verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die Merkmale (3) und (4) nicht.

Dass der Kalibrierkorb der angegriffenen Ausführungsform, welcher von zwei flexiblen Bänderlagen gebildet wird, die sich nach Art eines Scherengitters kreuzen und an den Kreuzpunkten gelenkig miteinander verbunden sind, kein „Kalibrierwerkzeug“ ist, das wortsinngemäß den Vorgaben der Merkmale (3), (4) und (5) entspricht, steht zwischen den Parteien außer Streit. Dass in der Verwendung eines solchen Kalibrierkorbes eine äquivalente Patentbenutzung zu sehen sei, behauptet die Klägerin nicht. Sie macht allein geltend, dass die im Eingangsbereich der angegriffenen Kalibrierhülse vorgesehenen, radial verstellbaren Lamellen (Segmente) Kalibrierwerkzeuge im Sinne des Klagepatents seien und die Lamellen zusammen mit den Bänderlagen des Kalibrierkorbes eine Kalibriereinheit bildeten, was für eine wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmalsgruppe (3) ausreiche. Dem kann jedoch vor dem Hintergrund der vorstehenden Erläuterungen nicht beigetreten werden.

Zwar sind im Eingangsbereich der angegriffenen Ausführungsform sechs hintereinander geschaltete, zusammen mit dem Kalibrierkorb radial verstellbare Lamellenkränze vorgesehen. Diese sind aber für sich betrachtet nicht in der Lage, den Kunststoff-Schmelzstrang zu kalibrieren. Unabhängig davon, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das herzustellende Rohr aufgrund des unstreitig vorhandenen „Durchmessersprungs“ zwischen Einlauf und Kalibrierkorb nach Durchlaufen des Einlaufbereichs im Kalibrierkorb aufgeweitet wird, liegt nach dem Verlassen des Eingangsbereichs überhaupt noch kein Erzeugnis vor, das die Bezeichnung „kalibriert“ verdient. Denn es ist nach den Erörterungen mit den Parteien im Verhandlungstermin unstreitig, dass nach dem Verlassen des Eingangsbereichs der angegriffenen Ausführungsform Form und Maße des zu produzierenden Rohres noch nicht mit Hilfe einer bereits kurz erstarrten Schmelze so weit verfestigt bzw. eingefroren sind, dass das Extrudat irgendwelchen Abzugskräften standhalten könnte. Hierzu ist das Extrudat nach dem Verlassen des im Verhältnis zu dem sich anschließenden Kalibrierkorb ersichtlich sehr kurzen Eingangsbereichs nicht hinreichend stabil genug. Ohne den sich an den Eingangsbereich anschließenden Kalibrierkorb würde das Erzeugnis nach dem Verlassen des Eingangsbereichs vielmehr unstreitig zusammenfallen. Zum Kalibrieren benötigt die angegriffene Ausführungsform deshalb den sich – in Produktionsrichtung gesehen – an den Eingang anschließenden Kalibrierkorb, auf den sie nicht verzichten kann. Die im Eingangsbereich der angegriffenen Ausführungsform vorgesehenen Lamellen sind damit allein nicht in der Lage, den Kunststoff-Schmelzstrang im beschriebenen Sinne zu kalibrieren, weshalb es sich bei diesen Werkzeugen nicht um „Kalibrierwerkzeuge“ im Sinne des Klagepatents handelt.

Dass bei der angegriffenen Ausführungsform die im Eingangsbereich vorgesehenen Lamellen einen wesentlichen Beitrag zur Kalibrierung des herzustellenden Rohres leisten und die angegriffene Ausführungsform ohne diese Lamellen nicht einwandfrei funktionieren würde, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist, dass am Ende der Lamellen noch kein Produkt vorliegt, dass das Adjektiv „kalibriert“ verdient. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn – wie die Klägerin behauptet – im Eingangsbereich bereits die Konstanz der Wanddicke, die Oberflächengüte und „im Wesentlichen“ auch der Rohrdurchmesser festgelegt wird. Selbst wenn dies so sein sollte, sind die bei der angegriffenen Ausführungsform im Eingangsbereich vorgesehenen Lamellen – wie ausgeführt – nicht in der Lage, derart auf den Kunststoff-Schmelzstrang einzuwirken, dass bereits dort die Abmessungen des zu produzierenden Rohres in einer solchen Weise festgelegt werden, dass Form und Maße mit Hilfe einer bereits kurz erstarrten Schmelze so weit eingefroren sind, dass das Exdrudat weiteren Produktionsschritten, etwa der nachfolgenden Behandlung in einem Vakuum-Kalibrierbad zum weiteren Auskühlen und Aushärten, unterworfen werden könnte.

Scheidet eine Patentverletzung bzw. –benutzung schon aus dem vorstehenden Grund aus, kommt es auf die zwischen den Parteien ferner diskutierten Fragen nicht an.

III.
Als im Berufungsverfahren unterlegene Partei hat die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Soweit die Parteien den Rechtsstreit betreffend den Unterlassungsantrag in der Berufungsinstanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, sind die diesbezüglichen Kosten des Rechtsstreits der Klägerin nach § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aufzuerlegen, weil der Klägerin – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – ein Unterlassungsanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 9 Nr. 1 und/oder § 10 Abs. 1 PatG nicht zustand.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung trägt der im zweiten Rechtszug eingetretenen Teilerledigung Rechnung.