4a O 202/08 – ECMA-Standard

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1338

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. März 2010, Az. 4a O 202/08

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Wiedergabe originaler Informationssignale durch Entschlüsselung verschlüsselter Informationssignale einer binären digitalen Signalstrecke, die aus einem Informationssignalaufnahmemedium gelesen ist, das aus kreisförmigen Informationssignalspuren gebildet ist, eingeteilt in eine Vielzahl von Sektoren mit Sektoradressen, wobei die Vorrichtung aufweist:

Mittel zur Erzeugung eines ersten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der erste Anfangswert für erste aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Anzahl von Sektoren verwendet wird;

Mittel zur Erzeugung eines zweiten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der zweite Anfangswert für zweite aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Zahl von Sektoren verwendet wird;

Mittel zur Erzeugung eines ersten Verschlüsselungssignals basierend auf einem ersten Anfangswert;

Mittel zur Erzeugung eines zweiten Verschlüsselungssignals basierend auf einem zweiten Anfangswert;

Mittel zur Entschlüsselung der Informationssignale pro Sektor durch wiederholte Verwendung des ersten Verschlüsselungssignals, das an dem ersten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der ersten aufeinanderfolgenden Sektoren und unter wiederholter Verwendung des zweiten Verschlüsselungssignals, das an dem zweiten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der zweiten aufeinanderfolgenden Sektoren,

wobei ein Startpunkt des zweiten Verschlüsselungssignals, das dem zweiten Anfangswert entspricht, durch einen vorbestimmten Offset-Wert von einem anderen Startpunkt des ersten Verschlüsselungssignals, das dem ersten Anfangswert entspricht, verschoben ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.03.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Liefer- und Zollpapiere vorzulegen haben,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten zu 2) an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 06.03.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 033 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 29.11.1994 in englischer Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme der Priorität der JP 32590XXX vom 30.11.1993 angemeldet, die Anmeldung wurde am 06.09.2000 offengelegt. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 06.02.2002. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 694 29 XXX T2) steht in Kraft. Mit Schriftsatz vom 16.09.2009 hat die Beklagte zu 1) gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage erhoben, über die bisher nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Information signal recording method“ („Verfahren zur Aufzeichnung von Informationssignalen“). Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 10 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung:

„Vorrichtung zur Wiedergabe originaler Informationssignale durch Entschlüsselung verschlüsselter Informationssignale einer binären digitalen Signalstrecke, die aus einem Informationssignalaufnahmemedium gelesen ist, das aus kreisförmigen Informationssignalspuren gebildet ist, eingeteilt in eine Vielzahl von Sektoren mit Sektoradressen, wobei die Vorrichtung aufweist:

Mittel zur Erzeugung eines ersten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der erste Anfangswert für erste aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Anzahl von Sektoren verwendet wird;

Mittel zur Erzeugung eines zweiten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der zweite Anfangswert für zweite aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Zahl von Sektoren verwendet wird;

Mittel zur Erzeugung eines ersten Verschlüsselungssignals basierend auf einem ersten Anfangswert;

Mittel zur Erzeugung eines zweiten Verschlüsselungssignals basierend auf einem zweiten Anfangswert;

Mittel zur Entschlüsselung der Informationssignale pro Sektor durch wiederholte Verwendung des ersten Verschlüsselungssignals, das an dem ersten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der ersten aufeinanderfolgenden Sektoren und unter wiederholter Verwendung des zweiten Verschlüsselungssignals, das an dem zweiten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der zweiten aufeinanderfolgenden Sektoren,

wobei ein Startpunkt des zweiten Verschlüsselungssignals, das dem zweiten Anfangswert entspricht, durch einen vorbestimmten Offset-Wert von einem anderen Startpunkt des ersten Verschlüsselungssignals, das dem ersten Anfangswert entspricht, verschoben ist.“

Nachfolgend werden einige Figuren der Klagepatentschrift wiedergegeben, welche ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen. In Figur 4A ist nach der Patentbeschreibung ein Blockdiagramm, welches das Verschlüsselungsmittel einer zweiten Informationssignalaufnahmemethode entsprechend der Erfindung darstellt, die im Ursprungsfall beansprucht wurde, wiedergegeben. Figur 4B ist eine Darstellung zur Unterstützung in der Erklärung der M periodischen Folge, erzeugt durch das in Figur 4A gezeigte Verschlüsselungsmittel.

Die Beklagten stellten auf der Messe IFA, die vom 29.08.2008 bis zum 03.09.2008 in Berlin stattfand, elektronische Unterhaltungsgeräte aus, welche zur Wiedergabe handelsüblicher DVDs geeignet sind. Zu diesen Geräten zählt beispielsweise das Gerät „A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), welches nach dem ECMA-Standard (ECMA-349, 3rd Edition – December 2005, Anlage rop 6 und in auszugsweiser deutscher Übersetzung Anlage rop 8, nachfolgend „ECMA-Standard“) arbeitet.

Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform damit auch wortsinngemäß von der technischen Lehre von Patentanspruch 10 des Klagepatents Gebrauch.

Die Klägerin beantragt daher,

zu erkennen wie geschehen, wobei die Beklagte zu 1) zusätzlich verurteilt werden soll, die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter Ziffer I 1 beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagen an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise: Aussetzung des Verfahrens.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag in der Sache entgegen.

Die Beklagten tragen im Wesentlichen vor, eine Auslegung von Patentanspruch 10 des Klagepatents anhand der Beschreibung und der Figuren zeige, dass zum Einen die Merkmale von Patentanspruch 10 des Klagepatents nicht im Standard aufzufinden seien und dass zum Anderen die angegriffene Ausführungsform die Merkmale von Patentanspruch 10 nicht erfülle. Insbesondere beträfen die Merkmale 4 und 5 des Klagepatents die Aufzeichnung eines digitalen Signals, nicht jedoch das Abspielen. Des Weiteren ergäben sich anhand der Patentbeschreibung nebst der Figuren hinsichtlich des in Patentanspruch 10 vorgesehenen vorbestimmten Offsetwertes im Hinblick auf den Startpunkt eines ersten bzw. zweiten Verschlüsselungssignals verschiedene, nicht eindeutige Interpretationsmöglichkeiten. Der Fachmann werde Patentanspruch 10 daher so auslegen, dass danach zwei Mittel zur Erzeugung von Verschlüsselungssignalen bereitgestellt werden müssten, wobei es sich bei derartigen Mitteln beispielsweise um Schieberegister handeln könne. Das nach Merkmal 5 des Patentanspruchs 10 vorgesehene Mittel zur Erzeugung eines Verschlüsselungssignals müsse sich von demjenigen nach Merkmal 4 unterscheiden, so dass zwei Schieberegister zur Anwendung kommen müssten. Darüber hinaus werde klagepatentgemäß das Verschlüsselungssignal über alle Sektoren fortgeführt, während das Verschlüsselungssignal nach dem ECMA-Standard an jedem Sektoranfang mit dem Anfangswert über 16 Sektoren hinweg jeweils neu beginne. Ferner würden durch den ECMA-Standard die erfindungsgemäßen Vorteile nicht erreicht, da dort die Korrelation zwischen der ersten und dritten Sektorstrecke nach wie vor hoch sei. Im Übrigen werde sich das Klagepatent in dem durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren auch als nicht rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen mit Ausnahme des neuen tatsächlichen Vorbringens der Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.02.2010 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten insoweit Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatz zu, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Soweit die Klägerin demgegenüber auch von der Beklagten zu 1) die Vernichtung der angegriffenen Ausführungsform verlangt, hat sie trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, dass die in der Türkei ansässige Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform tatsächlich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Bundesrepublik Deutschland noch im Besitz hatte.

I.
Das Klagepatent betrifft unter anderem Vorrichtungen zur Wiedergabe originaler Informationssignale durch Entschlüsselung verschlüsselter Informationssignale einer binären digitalen Signalstrecke.

Nach der Patentbeschreibung werden üblicherweise in einer optischen Datenträgerscheibe, wie beispielsweise einer CD, digitale Signale durch die Bildung von konkaven und konvexen Stellen („Vertiefungen“ und „Erhöhungen“) entlang von Spuren aufgenommen, die auf der Datenträgerscheibe gebildet werden. Das von den Vertiefungen und Erhöhungen reflektierte Licht wird von einem optischen Quadrantensensor, untergebracht in einem optischen Kopf, empfangen und weiter in elektrische Signale verwandelt, um Informationssignale von der optischen Datenträgerscheibe zu lesen.

Um das Detektionslicht auf die optische Datenträgerscheibe zu fokussieren, wird eine optische Linse des in dem Abnehmer untergebrachten optischen Systems derartig gesteuert, dass sie der Oberflächenabstrahlung der Datenträgerscheibe folgt. Ein von dem Abnehmer emittierter Laserstrahl erzeugt eine Phasendifferenz zwischen dem von der Vertiefung reflektierten Strahl und dem Strahl, der von der Erhöhung reflektiert wird. Dadurch ist es möglich, reproduzierte Signale auf der Basis der auf die Interferenz zurückgehenden Differenz in der Intensität zwischen dem reflektierten Licht und des dann auf den optischen Sensor einfallenden Lichts zu erhalten. Im Fall einer CD werden die Daten durch die Bildung von Vertiefungen und Erhebungen auf der Basis von EFM-Signalen aufgenommen. Deshalb können die gespeicherten Daten durch die Binarisierung des wiedergegebenen Signals, das auf der Basis des Lichtintensitätswechsels entlang der Vertiefungen und Erhebungen moduliert ist, wiedergegeben und weiter in digitale Signale demoduliert werden.

Als Vorrichtungen zur Signalaufzeichnung sind bisher zwei Systeme bekannt. Während bei einem CAV-System die Winkelgeschwindigkeit des Datenträgers konstant gehalten wird, wird bei einem CLV-System die lineare Geschwindigkeit konstant gehalten.

Im Fall eines CAV-Systems ist die Anzahl der Sektoren jeder Spur zueinander gleich und alle Spuren sind so ausgebildet, dass die Sektoranfänge aller Spuren perfekt auf den sich ausgehend von dem Datenträgerzentrum erstreckenden radialen Linien angeordnet sind. Da die lineare Spurgeschwindigkeit bei einem CLV-System konstant ist, gibt es dort, obwohl die Sektoranfänge der Spuren nicht zu den anderen auf dem Datenträger passen, Fälle, bei denen die Sektoranfänge eines Teils der benachbarten Spuren entlang derselben radialen Linie, ausgehend vom Zentrum des Datenträgers, angeordnet sind.

Unter diesen Umständen werden im Fall der Aufzeichnung einer großen Anzahl von Informationssignalen desselben Inhalts, z.B. bei Abschnitten ohne Musik, die aufgezeichneten Informationssignale mittels Verschlüsselungssignalen verschlüsselt. Dies soll verhindern, dass die Signale mit demselben Muster von Vertiefungen und Erhebungen in benachbarten Spuren aufgezeichnet werden.

Das Verschlüsselungsverfahren wird somit angewandt, um zu verhindern, dass das Signal zur Synchronisierung der Sektoranfänge der Informationssignale in den aufzuzeichnenden Daten als ein Pseudo-Synchronisierungssignal erzeugt wird. Dabei werden die Informationssignale und die Verschlüsselungssignale, M (maximal) periodische Folgen genannt, miteinander verschlüsselt und sodann die verschlüsselten Signale als Informationssignale aufgenommen. In diesem Fall entsprechen die M periodischen Folgen, die für das Verschlüsselungsverfahren verwendet werden, periodischen Codes, dargestellt durch (2x -1) Einheiten von 0 und 1.

Als Stand der Technik nennt die Klagepatentschrift die US-A-5,014,XXX, welche eine Vorrichtung zur Aufnahme von digitaler Information mit einem Aufnahmemedium sowie die Wiedergabe der aufgenommenen Information offenbart. Insbesondere zeigt das Dokument eine Korrekturvorrichtung für Codefehler, die einen Schaltkreis zur Erzeugung einer pseudozufälligen oder quasizufälligen Funktion enthält, und welche die ausschließlichen ODER der digitalen Information berechnet und eine Ausgabe des Schaltkreises zur Erzeugung der pseudozufälligen Funktion enthält. Der berechnete ODER-Wert wird als Eingabe an einen digitalen Modulator geliefert. In dieser Anordnung ist die Adressinformation oder Datenblockinformation, bezogen auf die Adressinformation der digitalen Information, ein Anfangswert zur Erzeugung der pseudozufälligen Funktion. Des Weiteren beschreibt die US-Schrift eine weitere Korrekturvorrichtung für Codefehler, die einem Schaltkreis zur Erzeugung derselben pseudozufälligen Funktion enthält, der das ausschließliche ODER der digitalen Demodulationsinformation berechnet und eine Ausgabe des Schaltkreises, der die pseudozufällige Funktion erzeugt, um die Originaldaten zu erhalten. In dieser Anordnung ist die Entschlüsselung des verschlüsselten Signals wirksam, wenn die pseudozufällige Funktion bei der Demodulation dieselbe Folge erzeugt wie bei der Modulation. Der beschriebene Demodulator umfasst einen M-Folgen-Generator, der derselbe M-Folgen-Generator ist wie in dem beschriebenen Modulator, wobei beide mit denselben Anfangswerten versorgt werden.

Des Weiteren erwähnt das Klagepatent die JP-A-62/95XXX, welche nach der Beschreibung des Klagepatents eine Signalaufnahme- und Wiedergabevorrichtung offenbart, bei der ein Hauptsignal mit einem M-Seriesignal moduliert wird, um ein Aufnahmesignal zu bilden, wobei eine reproduzierte Version davon unter Verwendung des M-Seriesignals demoduliert wird.

Im Zuge der gegenwärtigen Entwicklung der optischen Datenträger werden die Kapazität und die Dichte immer weiter erhöht. Bei den im Stand der Technik bekannten Verschlüsselungsmitteln steigt allerdings, wenn die Informationssignale desselben Inhalts an Stellen aufgenommen werden, an denen die Sektoranfänge in radialen Linien ausgehend vom CD-Zentrum angeordnet werden, die Korrelation zwischen beiden Teilen, weil die Form an den Vertiefungen der Form an den Erhebungen entspricht. Dies führt dazu, dass eine Amplitude des Spurfehlersignals reduziert wird und dabei das S/N (Signal/Rausch) Verhältnis abnimmt, wodurch nach der Klagepatentbeschreibung dahingehend ein Problem entsteht, dass die Spursteuerung nicht stabil ausgeführt werden kann.

Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die im Stand der Technik bestehenden Nachteile zu beseitigen und die bekannten Lösungen zu verbessern.

Zu diesem Zweck beansprucht der hier allein streitgegenständliche Patentanspruch 10 eine Vorrichtung zur Wiedergabe originaler Informationssignale mit folgenden Merkmalen:

1. Vorrichtung zur Wiedergabe originaler Informationssignale durch Entschlüsselung verschlüsselter Informationssignale einer binären digitalen Signalstrecke, die aus einem Informationssignalaufnahmemedium gelesen ist, das aus kreisförmigen Informationssignalspuren gebildet ist, eingeteilt in eine Vielzahl von Sektoren mit Sektoradressen, wobei die Vorrichtung aufweist:

2. Mittel zur Erzeugung eines ersten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der erste Anfangswert für erste aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Anzahl von Sektoren verwendet wird;

3. Mittel zur Erzeugung eines zweiten Anfangswerts basierend auf der Sektoradresse, wobei der zweite Anfangswert für zweite aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Zahl von Sektoren verwendet wird;

4. Mittel zur Erzeugung eines ersten Verschlüsselungssignals basierend auf einem ersten Anfangswert;

5. Mittel zur Erzeugung eines zweiten Verschlüsselungssignals basierend auf einem zweiten Anfangswert;

6. Mittel zur Entschlüsselung der Informationssignale pro Sektor durch wiederholte Verwendung des ersten Verschlüsselungssignals, das an dem ersten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der ersten aufeinanderfolgenden Sektoren und

7. unter wiederholter Verwendung des zweiten Verschlüsselungssignals, das an dem zweiten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der zweiten aufeinanderfolgenden Sektoren,

8. wobei ein Startpunkt des zweiten Verschlüsselungssignals, das dem zweiten Anfangswert entspricht, durch einen vorbestimmten Offset-Wert von einem anderen Startpunkt des ersten Verschlüsselungssignals, das dem ersten Anfangswert entspricht, verschoben ist.

II.
Patentanspruch 10 beansprucht somit eine Vorrichtung zur Wiedergabe von Informationssignalen einer binären digitalen Signalstrecke unter Verwendung eines aus kreisförmigen Informationssignalen bestehenden Aufnahmemediums.

1.
Entgegen der Auffassung der Beklagten betrifft die Erzeugung des ersten und zweiten Verschlüsselungssignals demnach nicht lediglich die Verschlüsselung. Vielmehr sollen diese Verschlüsselungssignale bereits nach dem Anspruchswortlaut gerade durch die Wiedergabevorrichtung und damit im Rahmen der Entschlüsselung erzeugt werden.

Dass eine Erzeugung von Verschlüsselungssignalen nicht lediglich bei der Aufnahme von verschlüsselten Informationssignalen, sondern auch bei deren Wiedergabe erforderlich ist, bestätigt dem Fachmann die Patentbeschreibung. Dort findet sich bereits im Rahmen der Darstellung des Standes der Technik, dass die Entschlüsselung des verschlüsselten Signals wirksam ist, wenn die pseudozufällige Funktion bei der Demodulation dieselbe Folge erzeugt wie bei der Modulation. Somit muss der der Entschlüsselung dienende Demodulator denselben M-Folgen-Generator enthalten wie der Modulator, wobei beide mit den gleichen Anfangswerten versorgt werden (vgl. Anlage rop 2, S. 5, 2. und 3. Absatz). Auch dies verdeutlicht dem Fachmann, dass eine Entschlüsselung der verschlüsselten Informationssignale nur dann möglich ist, wenn nicht nur bei der Aufnahme, sondern auch bei der Wiedergabe im Verlauf der Entschlüsselung entsprechende Verschlüsselungssignale erzeugt werden („pseudozufällige Funktion“). Im Übrigen bestätigt dies auch mittelbar die Beklagte zu 1), die im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage auf Seite 4 ihrer Klageschrift bei der Schilderung des Standes der Technik auf die entsprechenden Abschnitte des Klagepatents abstellt.

2.
Wie der Fachmann weiterhin aus der Formulierung des Patentanspruchs erkennt, muss die patentgemäße Wiedergabevorrichtung erste und zweite Mittel zur Erzeugung eines ersten bzw. zweiten Anfangswertes (Merkmale 2 und 3) aufweisen. Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung dieses Mittels sind weder Patentanspruch 10, noch der Patentbeschreibung zu entnehmen. Somit kann es sich bei diesem Mittel insbesondere auch – worauf die Beklagten zurecht hinweisen – um eine Tabelle handeln, in der eine bestimmte Sektoradresse auf einen bestimmten Anfangswert zeigt.

3.
Patentgemäß soll aus den ersten und zweiten Anfangswerten ein erstes und ein zweites Verschlüsselungssignal erzeugt werden (Merkmale 4 und 5).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Patentanspruch 10 nicht zu entnehmen, dass als Mittel zur Erzeugung eines ersten und zweiten Verschlüsselungssignals zwingend zwei Schieberegister verwendet werden müssen, welche zwei verschiedene Verschlüsselungssignale erzeugen. Patentanspruch 10 verlangt vielmehr lediglich die Erzeugung zweier Verschlüsselungssignale, die auf einem ersten (Merkmal 4) und einem zweiten (Merkmal 5) Anfangswert beruhen. Es mag sein, dass die Verwendung eines jeden beliebigen Anfangswertes in einem Schieberegister wie von den Beklagten behauptet immer zu exakt dem gleichen Verschlüsselungssignal führt. Jedoch unterscheiden sich patentgemäß das erste und zweite Verschlüsselungssignal gerade dadurch, dass diese auf ersten und zweiten und damit unterschiedlichen Anfangswerten beruhen, wobei sich nach Merkmal 8 die Startpunkte der ersten und zweiten Verschlüsselungssignale durch einen vorbestimmten Offset-Wert unterscheiden. Der zusätzlichen zwingenden Verwendung zweier verschiedener Schieberegister bedarf es zur Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents damit nicht.

Die durch die Beklagten zur Begründung ihrer Auffassung herangezogenen Stellen der Patentbeschreibung rechtfertigen keine andere Bewertung. Insoweit handelt es sich ebenso wie bei Figur 6 um bevorzugte Ausführungsbeispiele (vgl. Anlage rop 2, S. 12, letzter Absatz – S. 13, erster Absatz sowie S. 16, letzter Absatz unten), auf welche die technische Lehre des Klagepatents nicht reduziert werden darf (vgl. BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).

4.
Nach der technischen Lehre des Klagepatents weist die erfindungsgemäße Vorrichtung Mittel zur Entschlüsselung der Informationssignale pro Sektor durch wiederholte Verwendung des ersten, an dem ersten Anfangswert startenden Verschlüsselungssignals, bezogen auf jeden Sektor der ersten aufeinanderfolgenden Sektoren und unter wiederholter Verwendung des zweiten Verschlüsselungssignals, das an dem zweiten Anfangswert startet, bezogen auf jeden Sektor der zweiten aufeinanderfolgenden Sektoren, auf (Merkmale 6 und 7).

Der Fachmann entnimmt somit bereits dem Anspruchswortlaut, dass zur Entschlüsselung der Informationssignale pro Sektor der ersten aufeinanderfolgenden Sektoren das erste Verschlüsselungssignal, das an dem ersten Anfangswert startet (vgl. Merkmal 4), verwendet werden soll. Entsprechend findet für die zweiten aufeinanderfolgenden Sektoren, bezogen auf jeden Sektor, das zweite Verschlüsselungssignal, das an dem zweiten Anfangswert startet (vgl. Merkmal 5), wiederholt Verwendung. Für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents kommt es demnach maßgeblich darauf an, dass jeweils ein Verschlüsselungssignal für mehrere aufeinanderfolgende Sektoren Verwendung findet, und zwar bezogen auf jeden Sektor. Soweit der durch die Beklagten beauftragte Privatsachverständige demgegenüber in dem als Anlagen B 2 / B 2a vorgelegten Privatgutachten ausführt, die aus einer Vielzahl von Sektoren bestehende Sektorstrecke müsse voreingestellt werden, indem der Anfangswert lediglich einmal an den Köpfen der Sektorstrecken verwendet und die Informationssignale in den Sektorstrecken durch aufeinanderfolgende M-Seriensignale verschlüsselt werden (Anlage B 2, S. 7, zweiter Absatz), finden sich hierfür in Patentanspruch 10 keine Anhaltspunkte.

5.
Um den erfindungsgemäßen Vorteil zu erreichen, eine Korrelation zwischen benachbarten Spuren zu vermeiden (vgl. Anlage rop 2, S. 20 unten), ist es erforderlich, dass sich das erste von dem zweiten Verschlüsselungssignal unterscheidet. Entsprechend bestimmt Merkmal 8, dass der Startpunkt des zweiten Verschlüsselungssignals durch einen vorbestimmten Offset-Wert von einem anderen Startpunkt des ersten Verschlüsselungssignals verschoben ist. Über die Tatsache, dass die Verschiebung durch einen vorbestimmten Offset-Wert erfolgen soll, hinausgehende Anforderungen enthält Merkmal 8 demgegenüber nicht. Insbesondere ist Patentanspruch 10 keine Vorgabe zu entnehmen, wie dieser Offset-Wert ermittelt werden soll. Soweit die Beklagten insoweit in ihrer Klageerwiderung auf die Figuren und den dort dargestellten Offset-Wert Dw einschließlich der in der Patentbeschreibung enthaltenen Formeln abstellen, handelt es sich hierbei lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele, welche den Schutzbereich des Klagepatents nicht einzuschränken vermögen.

III.
Ausgehend von der im vorherigen Abschnitt vorgenommenen Auslegung von Anspruch 10 des Klagepatents handelt es sich bei dem Klagepatent um ein für den ECMA-Standard wesentliches Patent. Da die Beklagten nicht erheblich in Abrede gestellt haben, dass die mit der Klage angegriffene Unterhaltungselektronik so ausgestaltet ist, dass sie mit dem ECMA-Standard codierte DVDs lesen kann, machen damit auch die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.
Die Wiedergabe verschlüsselter Daten erfordert nach dem ECMA-Standard in Übereinstimmung mit Merkmal 1 die Entschlüsselung verschlüsselter Informationssignale einer binären digitalen Signalstrecke, die aus einem Informationssignalaufnahmemedium gelesen ist, das aus kreisförmigen Informationssignalspuren gebildet ist, eingeteilt in eine Vielzahl von Sektoren mit Sektoradressen. Der ECMA-Standard befasst sich nicht nur mit der Aufnahme, sondern auch mit der Wiedergabe originaler Informationssignale (vgl. Anlage rop 6, S. 1, Punkt 1 „Scope“, letzter Spiegelstrich „… thus enabling data processing systems to read the data from the disk“). Dies haben die Beklagten in ihrer Klageerwiderung auch eingeräumt (vgl. Klageerwiderung, S. 13, Punkt 34). Des Weiteren wird im ECMA-Standard unter Punkt 13.2. („Verwürfelte Rahmen“) die Verschlüsselung von originalen Informationssignalen Dk mit Hilfe von Verschlüsselungssignalen Sk in verschlüsselte Informationssignale D‘k erläutert, wobei eine entsprechende Entschlüsselung, wie bereits im Rahmen der Auslegung des Klagepatents dargestellt wurde, dasselbe Verschlüsselungssignal wie die originäre Verschlüsselung voraussetzt („pseudozufällige Funktion“). Dies haben die Beklagten nicht wirksam bestritten, vielmehr entspricht dies auch dem Vortrag der Beklagten zu 1) im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens.

2.
Nach dem ECMA-Standard wird zur Verschlüsselung, basierend auf den bits b7 bis b4 des ID-Fields (Sektoradresse) des „Data-Frames“ (Sektor), ein Anfangswert (initial preset value) erzeugt, der für 16 aufeinanderfolgende Sektoren bzw. Data Frames benutzt wird („Die voreingestellte Anfangszahl ist gleich jenem Wert, der von den Bits b7 (msb) bis b4 (Isb) des ID-Felds des Datenrahmens dargestellt wird. In Tabelle 1 ist der voreingestellte Anfangswert des Schieberegisters in Entsprechung zu den 16 voreingestellten Anfangszahlen aufgeführt“), so dass die Wiedergabevorrichtung ebenfalls Mittel zur Erzeugung eines ersten Anfangswerts, basierend auf der Sektoradresse, aufweisen muss (Merkmal 2). Hierfür genügt – wie bereits im Rahmen der Auslegung des Klagepatents dargelegt wurde – auch die Hinterlegung der Anfangswerte in einer Tabelle, wie sie unter Punkt 13.2. des ECMA-Standards wiedergegeben ist („Tabelle 1“).

3.
Des Weiteren wird nach dem ECMA-Standard nach 16 Data Frames, die unter Verwendung des ersten Anfangswertes (initial preset value) verschlüsselt wurden, auf Grundlage des ID-Fields des nächsten Data Frames ein nächster Anfangswert (initial preset value) erzeugt, wobei dieser zweite Anfangswert für zweite aufeinanderfolgende Sektoren einer vorbestimmten Anzahl von Sektoren verwendet wird, so dass auch ein Mittel zur Erzeugung eines zweiten Anfangswertes, basierend auf der Sektoradresse, vorhanden sein muss (Merkmal 3). Auch hier genügt – wie bei Merkmal 2 – die Hinterlegung der Anfangswerte in einer Tabelle, wie sie unter Ziffer 13.2. des ECMA-Standards („Tabelle 1“) dargestellt ist. Dieser zweite Anfangswert wird für zweite, aufeinanderfolgende Sektoren verwendet.

4.
Darüber hinaus werden nach dem ECMA-Standard mit Hilfe eines Schieberegisters, basierend auf dem ersten Anfangswert, erste Verschlüsselungssignale und basierend auf dem zweiten Anfangswert, zweite Verschlüsselungssignale erzeugt (Merkmale 4 und 5), da nach dem ECMA-Standard die Originalinformationssignale Dk durch eine Exklusiv-Oder-Verknüpfung mit den Verschlüsselungssignalen Sk verschlüsselt werden, wobei für 16 aufeinanderfolgende Sektoren (Data-Frames) das an dem ersten Anfangswert (initial preset value) startende erste Verschlüsselungssignal und für die 16 darauffolgenden Sektoren das an dem nächsten Anfangswert (initial preset value) startende zweite Verschlüsselungssignal verwendet wird. Dies verdeutlicht auch die auf Seite 5 des durch die Beklagten als Anlage B 2a vorgelegten Privatgutachtens zu findende Skizze:

5.
Zur Wiedergabe der originalen Informationssignale müssen damit Mittel zur Entschlüsselung der verschlüsselten Informationssignale D’k pro Sektor (Data Frame) durch wiederholte Verwendung des an dem ersten Anfangswert (initial preset value, vgl. Merkmal 4) startenden ersten Verschlüsselungssignals Sk, bezogen auf jeden Sektor der ersten 16 aufeinanderfolgenden Sektoren, vorhanden sein (Merkmal 6). Entsprechendes gilt für die Verwendung des zweiten, an dem zweiten Anfangswert (initial preset value) startenden Verschlüsselungssignals Sk, bezogen auf jeden Sektor der nächsten 16 aufeinanderfolgenden Sektoren (Merkmal 7).

6.
Bei der Verschlüsselung kommen schließlich die unter Punkt 13.2. in Tabelle 1 des Standards angegebenen und fest vorgegebenen Anfangswerte (initial preset value) zum Einsatz, so dass es sich dabei um feste „offset“-Werte handelt. Somit ist auch Merkmal 8 verwirklicht, da ein Startpunkt des zweiten Verschlüsselungssignals Sk, das dem zweiten Anfangswert (initial preset value) entspricht, durch einen vorbestimmten Offset-Wert (Differenzen zwischen den vorgegebenen initial preset values) von einem anderen Startpunkt (initial preset value) des ersten Verschlüsselungssignals (Sk), das dem ersten Anfangswert (initial preset value) entspricht, verschoben ist.

7.
Ohne Erfolg wenden die Beklagten unter Berufung auf das als Anlagen B 2 und B 2a vorgelegte private Sachverständigengutachten demgegenüber ein, nach dem ECMA-Standard könne die Korrelation zwischen benachbarten Spuren hoch sein, wenn die „Main Data“ diesselben Signale enthalten, weil die anfänglichen voreingestellten Werte einander fast entsprechen (nur ein Bit Unterschied). Grundsätzlich kommt es für die Verletzung eines Erzeugnisanspruchs allein darauf an, ob die angegriffene Ausführungsform die räumlich-gegenständlichen Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht. Ist dies – wie hier – der Fall, erübrigt es sich, Erwägungen darüber anzustellen, ob die bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten Merkmale demselben Zweck dienen und dieselbe Wirkung und Funktion haben wie diejenigen des Klagepatents (vgl. BGH GRUR 1991, 436, 441 – Befestigungsvorrichtung II; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 14 Rz. 69).

8.
Soweit die Beklagten die fehlende Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch den ECMA-Standard damit begründen, dass die in der Beschreibung des Klagepatents enthaltenen Formeln nicht erfüllt seien, führt dies ebenfalls nicht aus dem Schutzbereich von Patentanspruch 10 heraus. Bei den durch den durch die Beklagten beauftragen privaten Sachverständigen insoweit herangezogenen Formeln (9), (12), (16) und (19) handelt es sich lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele, die für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre erfüllt sein können, aber nicht zwingend müssen. Im Hinblick auf die Formel (12) (x > log2 { 8 x Bsec + (1 + Smax/Smin) + 1} erkennt der Fachmann dies insbesondere bereits daran, dass diese Formel Gegenstand der Patentansprüche 3 und 8, nicht aber von Patentanspruch 10 ist.

9.
Dass der ECMA-Standard neben dem Verfahren gemäß Punkt 13.2. des Standards nach dem Vortrag der Beklagten zur Gewährleistung einer stabilen Spursteuerung nach Punkt 13.8. des Standards auf eine „d.c. component supression control“ zurückgreift, steht nicht der Tatsache entgegen, dass bereits durch das Verfahren nach Punkt 13.2. des Standards alle Merkmale von Patentanspruch 10 des Klagepatents verwirklicht werden. Insbesondere kommt es angesichts der Verwirklichung aller Merkmale von Patentanspruch 10 durch das Verfahren nach Punkt 13.2. des Standards auch nicht darauf an, ob zusätzlich auch durch das Verfahren nach Punkt 13.8. Patentanspruch 10 des Klagepatents verwirklicht wird.

10.
Ohne Erfolg bestreiten die Beklagten demgegenüber die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch die unstreitig nach dem ECMA-Standard arbeitende angegriffene Ausführungsform. Soweit sich die Beklagten insoweit darauf berufen, die angegriffene Ausführungsform würde keine Mittel zur Erzeugung von Anfangswerten aufweisen, kann dies bereits deshalb nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausführen, weil die Beklagten insoweit nur geltend gemacht haben, diese Anfangswerte könnten nicht nur erzeugt, sondern ebenfalls, beispielsweise in einer Tabelle, hinterlegt sein. Auch bei einer solchen Hinterlegung der Anfangswerte handelt es sich jedoch – wie bereits im Rahmen der Patentauslegung dargelegt wurde – um ein Mittel zur Erzeugung erster und zweiter Anfangswerte im Sinne des Klagepatents. Darüber hinaus ist es nach der technischen Lehre des Klagepatents auch nicht erforderlich, dass die angegriffene Ausführungsform zwei unterschiedliche, auf verschiedenen Schieberegistern beruhende Verschlüsselungssignale verwendet. Es reicht somit für eine Verletzung des Klagepatents auch aus, wenn – wie durch die Beklagten im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform behauptet – sich lediglich die Abschnitte der für die Entschlüsselung verwendeten Verschlüsselungssignale unterscheiden.

IV.
Das neue tatsächliche Vorbringen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 18.02.2010 konnte gemäß § 296a ZPO keine Berücksichtigung finden. Gründe für eine Wiedereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO) sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Im Übrigen rechtfertigt dieses neue tatsächliche Vorbringen auch in der Sache keine andere Bewertung. Die Klägerin hat in ihrer Klage vorgetragen, durch die Beklagten würden auf der IFA in Berlin, die vom 29.08.2008 bis zum 03.09.2008 stattfand, elektronische Unterhaltungsgeräte ausgestellt werden, die bestimmungsgemäß die in einer DVD enthaltenen Informationen wiedergeben könnten, wobei der ECMA-Standard Verwendung finden müsse. Diesen Vortrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dahingehend präzisiert, dass zu diesen Geräten auch das Gerät „A“ gehört habe, so dass dieses Gerät somit auf dem Stand der Beklagten und damit auch durch die Beklagte zu 1) auf der Messe „IFA“ in Berlin ausgestellt wurde. Dies haben die Beklagten auch in ihrem Schriftsatz vom 18.02.2010 nicht bestritten.

V.
Da die angegriffene Ausführungsform mithin ein Erzeugnis darstellt, welches Gegenstand des Klagepatents ist, ohne dass die Beklagte zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt ist (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagten machen durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet sind (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG).

2.
Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Schließlich steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) ein Anspruch auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 2) befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m.
§ 140 a Abs. 1 S. 1 PatG zu. Demgegenüber hat die Klägerin insoweit in Bezug auf die Beklagte zu 1), die ihren Sitz in der Türkei hat, trotz eines entsprechenden Hinweises in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, dass die Beklagte zu 1) tatsächlich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verletzende Gegenstände im Inland im Eigentum oder Besitz hatte (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 797).

VI.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung, § 148 ZPO.

1.
Soweit sich die Beklagten auf eine unzulässige Erweiterung (Art. 100c EPÜ) berufen, erscheint es unter Berücksichtigung der als Anlagen rop 10 und rop 11 vorgelegten Eingaben im Erteilungsverfahren nicht in einem die Aussetzung der Verhandlung rechtfertigenden Maß wahrscheinlich, dass das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt wird.

a)
Ein Patent ist dann unzulässig erweitert, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht. Bei der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung ist somit der Gegenstand des Patents, der durch die Patentansprüche definiert wird, mit dem Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldung zu vergleichen. Der Inhalt der Patentanmeldung ist demnach nicht durch den Inhalt der Patentansprüche begrenzt. Vielmehr dürfen alle Gegenstände, die sich einem Fachmann aus der ursprünglichen Anmeldung ohne Weiteres erschließen, zum Gegenstand eines Patents gemacht werden (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 8. Auflage, § 21 Rz. 55 ff.).

b)
Dies vorausgeschickt erscheint es nicht in einem die Aussetzung der Verhandlung rechtfertigenden Maß wahrscheinlich, dass das Bundespatentgericht das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren tatsächlich unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung für nichtig erklären wird.

Die Beklagten begründen den Einwand der unzulässigen Erweiterung im Wesentlichen damit, die Stammanmeldung, aus welcher das Klagepatent hervorging, sei lediglich auf ein Verfahren zur Verschlüsselung von Informationssignalen bezogen, enthalte jedoch keinen Hinweis auf eine Vorrichtung zur Entschlüsselung verschlüsselter Signale (vgl. etwa Anlage B 4, S. 3 Z. 3 – 12 und Z. 13 – 30 „method of recording information signals, the information signals are scrambled“).

Jedoch wurde diese Frage – wie die als Anlagen rop 10 und rop 11, wenn auch nur in englischer Sprache, vorgelegten Eingaben zeigen – bereits ausführlich im Erteilungsverfahren erörtert und das Klagepatent gleichwohl erteilt. Insoweit hat die Patentanmelderin in ihrem als Anlage rop 11 vorgelegten Schriftsatz nicht nur darauf hingewiesen, dass es bekannt sei, Daten auf eine CD oder DVD aufzunehmen, sondern diese damit korrespondierend auch wieder zu entschlüsseln. Vielmehr wies die Patentinhaberin insbesondere auf die nunmehr in der Klagepatentschrift ausdrücklich als Stand der Technik gewürdigte, in der ursprünglichen Patentanmeldung aber noch nicht enthaltene US 5,014,XXX hin, aus welcher die Decodierung verschlüsselter Signale, korrespondierend zur Verschlüsselung, bekannt sei. Das Europäische Patentamt hat sodann, unter Berücksichtigung dieses Vorbringens, das Klagepatent zeitnah erteilt, wobei aufgrund des ausführlichen Sachvortrages der Patentanmelderin zur Frage der hinreichenden Offenbarung einer Vorrichtung zur Entschlüsselung verschlüsselter Daten davon auszugehen ist, dass sich die Erteilungsbehörde mit dieser Frage befasst und das Klagepatent gleichwohl erteilt hat. Dies gilt in gleicher Weise für die Offenbarung einer Vorrichtung zur Entschlüsselung, welche in dem als Anlage rop 10 vorgelegten Schreiben an das Europäische Patentamt in das Erteilungsverfahren eingeführt wurde.

Die durch die Beklagten zitierte Entscheidung „Olanzapin“ (BGH GRUR 2009, 382 ff.) rechtfertigt keine andere Bewertung. Nach dieser Entscheidung, in welcher sich der Bundesgerichtshof ausführlich mit der Frage der „Neuheit“, nicht aber der unzulässigen Erweiterung auseinandergesetzt hat, kann in einer Patentschrift auch dasjenige offenbart sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird. Gleichwohl erlaubt nach dieser Entscheidung die Einbeziehung von Selbstverständlichem keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, das heißt derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt. Somit bedarf es danach noch immer einer wertenden Betrachtung, was der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt, so dass sich aus dieser Entscheidung für die Frage der unzulässigen Erweiterung keine Rückschlüsse ziehen lassen.

2.
Soweit sich die Beklagte zu 1) in ihrer Nichtigkeitsklage weiterhin auf eine mangelnde Erfindungshöhe beruft, rechtfertigt dies eine Aussetzung des Verfahrens bereits deshalb nicht, weil die Beklagten die Entgegenhaltungen lediglich in englischer Sprache und ohne nachvollziehbare Begründung vorgelegt haben (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 3, 231 – wasserloses Urinal).

Darüber hinaus lässt sich aus dem Vortrag der Beklagten zu 1) im Nichtigkeitsverfahren auch nicht erkennen, dass der Fachmann tatsächlich durch eine Kombination der JP 19861XXX (D2) mit der JP 198576XXX (D5) sowie durch eine Kombination der bereits im Klagepatent als Stand der Technik gewürdigten US 5,014,XXX (D1) mit der US 4,748,519 (D3) naheliegend zur technischen Lehre von Patentanspruch 10 des Klagepatents gelangt.

In Bezug auf eine Kombination der japanischen Schriften D2 und D5 gilt dies bereits deshalb, weil die Beklagte zu 1) nicht nur die Figuren der Entgegenhaltung D2 nicht einmal ins Englische übersetzt hat, obwohl es sich dabei um Blockdiagramme handelt, sondern sich darüber hinaus im Rahmen der Erläuterung der technischen Lehre der D2 maßgeblich auf Skizzen bezieht, die nicht in der Entgegenhaltung enthalten sind, ohne einen Bezug zu konkreten Textstellen der Beschreibung herzustellen.

Im Hinblick auf eine Kombination der D1 mit der D3 ist aus dem Vortrag der Beklagten zu 1) im Nichtigkeitsverfahren bereits nicht erkennbar, aus welchem Grund der Fachmann diese Schriften tatsächlich miteinander kombinieren sollte. Im Übrigen erschließt sich auch nicht, dass dort tatsächlich – wie nach der technischen Lehre des Klagepatents – ein an einem Anfangswert startendes Verschlüsselungssignal für mehrere aufeinanderfolgende Sektoren Verwendung findet.

VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.