2 U 71/08 – Beckenliftmaschine

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1154

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. September 2009, Az. 2 U 71/08

Vorinstanz: 4a O 166/07

I.
Die Berufung gegen das am 01.07.2008 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich der Urteilsausspruch nur auf solche Trainingsgeräte bezieht, deren Halteelement bewegbar geführt ist.

II.
Auf die Anschlussberufung wird die Beklagte darüber hinaus verurteilt,

1.
die im landgerichtlichen Urteilsausspruch zu I.1. bezeichneten Trainingsgeräte, deren Halteelement bewegbar geführt ist, gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts vom 01.07.2008, Urteil des Senats vom 17.09.2009) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen;

2.
an den Kläger 3.762,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2009 zu zahlen.

III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von 420.000,– Euro abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.
Die Revision wird nicht zugelassen.

VI.
Der Streitwert wird auf 525.000,– Euro festgesetzt.

G r ü n d e

I.

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 992 xxx, das auf einer am 04.2000 veröffentlichten Anmeldung vom 09.1999 beruht und dessen Erteilung am 04.2003 bekannt gemacht worden ist. Das Klagepatent, für das eine Priorität vom 10.1998 gilt, betrifft ein Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur. Die Patentansprüche 1 und 4 haben in deutscher Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:

1.
Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur mit einem Gestell (1), einer ein Kopfende (3a) und ein Fußende (3b) aufweisenden Liegefläche (3) für eine trainierende Person (E) und wenigstens einem oberhalb der Liegefläche (3) vorgesehenen und am Gestell (1) gehaltenen Druckelement (7, 10), das unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement (7, 10) gekoppelten Widerstandseinrichtung (8) anhebbar ist, wobei sich das Druckelement (7, 10) quer über die Liegefläche (3) erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf (E, 1) einer auf der Liegefläche (3) ruhenden Person (E) positionierbar ist und durch Rumpfbewegungen im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche (3) angehoben werden kann,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass ein Druckelement (10) an einem auf einer Seite von der Liegefläche (3) angeordneten Halteelement (9) angebracht und in einer im wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche (3) erstreckenden Ebene verschwenkbar ist.

4.
Gerät nach einem der Ansprüche 1. bis 3.,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass als Halteelemente eines weiteren Druckelementes (7) zwei an einer Seite der Liegefläche (3) angeordnete Führungsstangen (6) vorgesehen sind.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte gegen den deutschen Teil des Klagepatents Nichtigkeitsklage erhoben, über die derzeit noch nicht entschieden ist. Der Kläger verteidigt Anspruch 1 im anhängigen Nichtigkeitsverfahren mit der Maßgabe, dass das im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs erwähnte Halteelement „bewegbar geführt ist“.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland eine „Beckenliftmaschine (Artikel Nr. a)“, deren konstruktive Einzelheiten sich aus der nachstehend eingeblendeten Abbildung erschließen.

Durch die angegriffene Ausführungsform sieht der Kläger das Klagepatent wortsinngemäß verletzt. Vor dem Landgericht hat er die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben und wie folgt gegen die Beklagte erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Geräte zum Trainieren der Körpermuskulatur mit einem Gestell, einer am Kopfende und Fußende aufweisenden Liegefläche für eine trainierende Person und wenigstens einem oberhalb der Liegefläche vorgesehenen und am Gestell gehaltenen Druckelement, das unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement gekoppelten Widerstandseinrichtung anhebbar ist, wobei sich das Druckelement quer über die Liegefläche erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf einer auf der Liegefläche ruhenden Person positionierbar ist und durch Rumpfbewegungen im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche angehoben werden kann,

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken anzuführen oder zu besitzen,

bei denen ein Druckelement an einem auf einer Seite von der Liegefläche angeordneten Halteelement angebracht und in einer im wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkbar ist;

2.
dem Kläger in einem vollständigen, nach Kalenderjahren geordneten und jeweils Zwischenergebnisse aufweisenden Verzeichnis Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.05.2000 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen-, zeiten und -preisen unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer unter Vorlage von Lieferscheinen und Rechnungen,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen-, zeiten und -preisen unter Zuordnung zu Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung unter Aufschlüsselung der Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Domains, Schaltungszeiträume und Zugriffszahlen,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 16.05.2003 zu machen sind, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, auf ihre Kosten die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der angebotenen Empfänger nur eine von dem Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber dem Kläger verpflichtenden Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.
dem Kläger für die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 12.05.2000 bis zum 15.05.2003 begangene Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2.
dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 16.05.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter. Sie hält daran fest, dass die angegriffene Beckenliftmaschine keinen Gebrauch von der technischen Lehre des Klagepatents macht. Erstmals im Berufungsrechtszug beruft sie sich außerdem darauf, dass das Klagepatent gegenüber der Ursprungsanmeldung unzulässig erweitert sei, dass ihr mit Rücksicht auf die Bewerbung und den Vertrieb der „B-Maschine Rückenlage“ (Anlage B 6, S. 21 Nr. 01114) ein privates Vorbenutzungsrecht zustehe und dass sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.

Die Beklagte beantragt,

1.
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen;

2.
den Rechtsstreit im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich der erstinstanzliche Urteilsausspruch – entsprechend der im Nichtigkeitsverfahren verteidigten Anspruchsfassung – auf Trainingsgeräte mit bewegbar geführtem Halteelement bezieht.

Mit seiner fristgerecht eingereichten Berufungserwiderung macht der Kläger klageerweiternd einen Rückrufanspruch sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Abmahnkosten geltend und beantragt,

wie zu II. erkannt.

Der Kläger hält am Vorwurf der Patentverletzung fest, bestreitet das von der Beklagten geltend gemachte Vorbenutzungsrecht und ist der Auffassung, dass die Nichtigkeitsklage keine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Beklagte beantragt,

die (klageerweiternde) Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das diesbezügliche Klagevorbringen für verspätet und die geltend gemachten Abmahnkosten für überhöht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung bleibt ohne Erfolg, während sich die Anschlussberufung als begründet erweist.

1.
Das Klagepatent betrifft eine Kraftmaschine zum gezielten Training bzw. Aufbau bestimmter Muskelgruppen.

Nach den einleitenden Bemerkungen der Verfügungspatentschrift ist aus dem deutschen Gebrauchsmuster 86 09 061 ein Trainingsgerät dieser Art bekannt, wie es exemplarisch aus den nachfolgend eingeblendeten Figuren 1 und 2 der Gebrauchsmusterschrift ersichtlich ist.

Das Gerät besitzt eine Liegefläche (30) für eine trainierende Person und oberhalb der Liegefläche (30) ein Druckelement (20), das sich quer über die Liegefläche (30) erstreckt und derart angeordnet ist, dass es auf dem Rumpf einer auf der Liegefläche (30) ruhenden Person (40) positioniert werden kann. Zum Trainieren der Körpermuskulatur kann das Druckelement (20) entgegen der Rückstellkraft einer Federanordnung (10) in Pfeilrichtung (24) angehoben werden.

Ausgehend von diesem vorbekannten Stand der Technik bezeichnet es die Verfügungspatentschrift als Aufgabe der Erfindung, ein Trainingsgerät der beschriebenen Gattung dahingehend zu optimieren, dass die Trainingsbewegungen exakt ausgeführt werden können.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 in seiner vom Kläger verteidigten Fassung folgende Merkmalskombination vor:

1. Gerät zum Trainieren der Körpermuskulatur mit

a) einem Gestell (1),

b) einer Liegefläche (3) für eine trainierende Person (E), wobei die Liegefläche (3) ein Kopfende (3a) und ein Fußende (3b) aufweist,

c) wenigstens einem Druckelement (7, 10).

2. Das Druckelement (7, 10)

a) ist oberhalb der Liegefläche (3) vorgesehen,

b) wird am Gestell (1) gehalten,

c) erstreckt sich quer über die Liegefläche (3),

d) ist unter Aufwendung einer Druckkraft entgegen der vorgebbaren Widerstandskraft einer mit dem Druckelement (7, 10) gekoppelten Widerstandseinrichtung (8) anhebbar,

e) ist derart angeordnet,

aa) dass es auf dem Rumpf (E1) einer auf der Liegefläche (3) ruhenden Person (E) positionierbar ist und

bb) durch Rumpfbewegungen im Wesentlichen senkrecht zur Liegefläche (3) angehoben werden kann.

3. Ein Druckelement (10) ist

a) an einem Halteelement (9) angebracht, das

aa) bewegbar geführt und

bb) auf einer Seite von der Liegefläche (3) angeordnet ist;

b) in einer Ebene verschwenkbar, die

aa) im Wesentlichen vertikal ist und
bb) sich in Längsrichtung der Liegefläche (3) erstreckt.

Zu den Vorteilen einer derartigen Konstruktion führt die Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 47 bis 58) aus, dass das Druckelement vorzugweise an einem Schwenkarm gehalten sei, der in einer im wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenkt werden kann. Die Schwenkbewegung habe gegenüber einer aus dem Stand der Technik bekannten reinen Hubbewegung den Vorteil, dass sie besser der ausgeführten Trainingsbewegung entspreche.

2.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die streitbefangene Beckenliftmaschine der Beklagten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Hinsichtlich der Merkmale 1 bis 2e), aa) sowie 3a), bb) zieht die Beklagte dies selbst – zu Recht – nicht in Zweifel. Hinsichtlich der übrigen Merkmale (2e), bb), 3a), aa) und 3b)) leugnet die Beklagte den Verletzungstatbestand ohne Erfolg.

a)
Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht angenommen, dass Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht mindestens zwei Druckelemente verlangt (welche bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden wären), sondern ein einziges Druckelement (über das die Beckenliftmaschine der Beklagten unstreitig verfügt) genügen lässt. Letzteres ergibt sich mit aller Deutlichkeit nicht nur aus dem Anspruchswortlaut, der vorsieht, dass das beanspruchte Trainingsgerät ausweislich des Merkmals (1c) „wenigstens ein Druckelement“ besitzen soll, sondern erschließt sich dem Fachmann darüber hinaus zweifelsfrei aus der Tatsache, dass das Vorhandensein eines weiteren (zweiten) Druckelements ausweislich des Unteranspruchs 4 als bloß fakultative, besonders bevorzugte Ausstattungsvariante ausgewiesen ist.

Aus den Unteransprüchen 5 und 6 folgt nichts gegenteiliges. Sie setzen nicht voraus, dass alle zusammen verwirklicht werden; auch sie schränken die weiter gefasste Lehre des Anspruchs 1 nicht ein.

Dass in der Merkmalsgruppe (3) von „einem“ Druckelement – und nicht von „dem“ (wenigstens einen, in der Merkmalsgruppe (2) erwähnten) Druckelement die Rede ist, führt – wie bereits das Landgericht richtig dargelegt hat – zu keiner anderen Beurteilung. Der dem Wort „Druckelement“ beigegebene unbestimmte Artikel „ein“ stellt lediglich klar, dass, sofern – was der Patentanspruch 1 zulässt – mehrere Druckelemente vorgesehen werden, eines dieser Druckelemente den besonderen Anforderungen der die Erfindung kennzeichnenden Merkmalsgruppe (3) entsprechen muss. Der Anspruchswortlaut verdeutlicht dies selbst hinreichend dadurch, dass das in den zum Oberbegriff gehörenden Merkmalen (1 c) und (2) erwähnte Druckelement noch auf die Bezugszeichen (7) und (10) verweist, während sich im Zusammenhang mit dem in der Merkmalsgruppe (3) angesprochenen „einen“ Druckelement lediglich noch die Bezugsziffer (10) findet. Darin kommt für den angesprochenen Durchschnittsfachmann zum Ausdruck, dass ein patentgemäßes Trainingsgerät mit mehreren Druckelementen (7, 10) versehen sein kann, das in jedem Fall aber „ein“ Druckelement (10) vorhanden sein muss, das in der von der Erfindung vorgeschlagenen Weise ausgestaltet ist.

b)
Fehl geht die Einlassung der Beklagten, das Klagepatent verlange, dass das Druckelement zwei voneinander unabhängige, durch Rumpfbewegungen der trainierenden Person veranlasste Betätigungen zulassen müsse, nämlich zum einen eine Bewegung, die im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche verläuft (Merkmal 2e), bb)) sowie eine weitere Verschwenkbewegung, die im wesentlichen vertikal und in Längsrichtung der Liegefläche verläuft (Merkmal 3b)).

Die technische Lehre der Erfindung besteht nicht in einer Reduzierung von Bauteilen, sondern darin, die aus dem gattungsbildenden Stand der Technik nach der Gebrauchsmusterschrift 86 09 061 bekannte im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche verlaufende Hub-Bewegung des Druckelementes durch eine Verschwenkbewegung zu ersetzen, bei der sich eine vertikal aufwärts gerichtete und eine parallel zur Liegefläche orientierte Bewegungskomponente überlagern. Der allgemeine Beschreibungstext (Spalte 1, Zeilen 55 bis 58) erläutert dem Fachmann hierzu, dass die (neuerungsgemäße) Schwenkbewegung gegenüber einer (aus dem Stand der Technik geläufigen) reinen Aufwärtsbewegung den Vorteil bietet, dass sie (scil.: die Schwenkbewegung) besser der ausgeführten Trainingsbewegung entspricht. Dem Fachmann ist dies ohne weiteres dahingehend verständlich, dass sich der gegen den Widerstand des Druckelements aufrichtende Rumpf (z.B. Oberkörper) der trainierenden Person, die z.B. sogenannte Sit-up-Übungen ausführt (vgl. Spalte 5, Zeilen 46-49 sowie Figur 4), nicht senkrecht zur Liegefläche bewegt, sondern vielmehr eine aus vertikalen und horizontalen Bewegungskomponenten zusammengesetzte Schwenkbewegung vollzieht. Das Trainingsgerät soll sich patentgemäß dieser naturgegebenen Bewegungsrichtung anpassen, damit das (z.B. bloß vertikal abhebbare) Druckelement eine exakte Ausführung der anatomisch i.S. einer Schwenkbewegung vorgegebenen Trainingsübung nicht behindert. Dass die im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche verlaufende Aufwärtsbewegung des Druckelementes im Patentanspruch an zwei Stellen (Merkmal 2e), bb) und Merkmal 3b), aa) aufscheint, findet seine Erklärung in der schlichten Tatsache, dass Patentanspruch 1 des Klagepatents zweiteilig abgefasst ist. Im Oberbegriff findet das im wesentlichen senkrechte Abheben des Druckelementes deshalb Erwähnung, weil der gattungsbildende Stand der Technik nach der Gebrauchsmusterschrift 86 09 061 exakt so beschaffen und die Aufwärtsbewegung als solche deshalb bekannt war. In den kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs ist die im wesentlichen vertikale Bewegung des Druckelementes deshalb aufgenommen, weil sie notwendiger Teil der von der Erfindung vorgesehenen Schwenkbewegung ist, die sich – wie bereits ausgeführt – aus vertikal und horizontal zur Liegefläche verlaufenden Bewegungskomponenten zusammensetzt.

c)
Damit das Druckelement die geforderte Verschwenkbewegung ausführen kann, ist es notwendig, dass es an einem bewegbar geführten Halteelement angeordnet ist, das an einer Seite der Liegefläche angeordnet ist, wobei eine mittelbare Befestigung ausreicht, weil es erfindungsgemäß nicht um eine Verringerung oder Verkleinerung von Bauteilen geht. Wie die Schwenkbarkeit des Druck- und die Bewegbarkeit des Haltelements konstruktiv verwirklicht werden, überlässt Patentanspruch 1 dem Fachmann. Bei der angegriffenen Ausführungsform liegen die Verhältnisse auch insoweit nicht anders, weil der die Druckrolle tragende an dem seitlich von der Liegefläche aufragenden vertikalen Rahmen befestigte Arm um die Achse (A) schwenkbar ist, wobei die Druckrolle sich beim verschwenken des Arms in der in Merkmalen 3 b aa) und bb) definierten Ebene bewegt.

3.
Dem Verletzungstatbestand kann die Beklagte nicht einwendungsweise entgegenhalten, das Klagepatent sei gegenüber der Ursprungsanmeldung unzulässig erweitert. Nachdem das IntPatÜG die Erweiterung der Anmeldung im Erteilungsverfahren als eigenständigen Nichtigkeitsgrund ausgestaltet hat (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), kann das betreffende Vorbringen nicht mehr als rechtshindernder Umstand im Verletzungsrechtsstreit geltend gemacht werden (BGH, GRUR 2005, 41, 43 – Staub¬sauger¬rohr).

4.
Soweit sich die Beklagte im Berufungsrechtszug auf ein privates Vorbenutzungsrecht beruft, bleibt dies bereits aus prozessualen Gründen ohne Erfolg. Es handelt sich um ein streitiges neues Verteidigungsmittel, das gemäß § 531 ZPO nur zuzulassen ist, wenn einer der im Absatz 2. abschließend aufgeführten Gründe vorliegt. Dafür ist nichts ersichtlich. Insbesondere trägt die Beklagte nichts dazu vor, dass und weshalb sie in erster Instanz gehindert gewesen sein könnte, die betreffenden Behauptungen bereits dem Landgericht zu unterbreiten.

Abgesehen davon ist ein Vorbenutzungsrecht von der Beklagten auch nicht schlüssig dargelegt. Die in Bezug genommene „B-Maschine Rückenlage“ (Anlage B 6, S. 21 Nr. 01114) entspricht – wie der Kläger mit Recht einwendet – in mehrfacher Hinsicht nicht den Vorgaben von Patentanspruch 1 des Klagepatents. Die Liegefläche endet bereits im Gesäßbereich der trainierenden Person und verfügt deshalb nicht über ein Fußende (Merkmal 1b). Das Druckelement wird desweiteren von oben nach unten niedergedrückt und ist deshalb – entgegen dem Merkmal (2 e), bb)) – nicht im wesentlichen senkrecht zur Liegefläche anhebbar. Mit Rücksicht auf die vorgesehene Betätigung (Abwärtsdrücken des Druckelements mit den Rückseiten der Oberschenkel) ist schließlich nicht ersichtlich, inwiefern das Druckelement derart angeordnet sein soll, dass es auf dem Rumpf einer auf der Liegefläche ruhenden Person positionierbar ist (Merkmal 2 e), aa)).

5.
Unter Ziffer III. seiner Entscheidungsgründe hat das Landgericht im einzelnen ausgeführt, dass und weshalb die Beklagte bei dem festgestellten Verletzungstatbestand zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung, zur Entschädigung und zum Schadenersatz verpflichtet ist. Hierauf nimmt der Senat mit der Maßgabe Bezug, dass sich der Entschädigungsanspruch aus Art. II. § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG ergibt. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass es der ständigen Senatsrechtsprechung entspricht, dass der Patentverletzer im Rahmen der nach § 140b PatG geschuldeten Auskünfte auch die Vorlage von Belegen wie Rechnungen und Lieferscheinen schuldet (InstGE 5, 249 – Faltenbalg).

Soweit der Kläger im Berufungsrechtszug klageerweiternd einen Rückrufanspruch geltend macht, ist dies als sachdienlich zuzulassen (§ 533 ZPO). Es handelt sich um einen weiteren Anspruch, der unter denselben Tatbestandsvoraussetzungen – nämlich dem Vorliegen einer rechtswidrigen Patentbenutzung – zu gewähren ist, die bereits für das erstinstanzlich verfolgte Anspruchsbegehren maßgeblich sind. Es bedarf deshalb keiner neuen tatsächlichen Feststellungen, sondern lediglich der Berücksichtigung desjenigen Streitstoffes, der bereits dem Landgericht vorgelegen hat. In der Sache folgt der Rückrufanspruch aus § 140a Abs. 3 Satz 1 PatG.

Dasselbe gilt für die ebenfalls klageerweiternd geltend gemachten vorgerichtlichen Abmahnkosten. Auch sie ergeben sich aus der bereits erstinstanzlich streitgegenständlichen Berechtigung des Verletzungsvorwurfs sowie der als solcher unstreitigen (und deshalb keinesfalls verspäteten) Tatsache der vorgerichtlichen patentanwaltlichen Abmahnung. Der Erstattungsanspruch findet in der vom Kläger geltend gemachten Höhe seine rechtliche Grundlage in § 139 Abs. 2 PatG. Weder der angesetzte Gegenstandswert von 500.000 € (der dem unbeanstandet gebliebenen Streitwert des vorliegenden Verletzungsverfahrens entspricht) noch der in Ansatz gebrachte Gebührensatz (von 1,8) begegnen irgendwelchen Bedenken. Entsprechend den Berechnungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 27.02.2009 (S. 10 bis 11, GA 138-139) beläuft sich die nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbare Geschäftsgebühr auf 3.767,30 €. Der hierauf bezogene Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Es besteht keine Veranlassung, den Verletzungsrechtsstreit im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents auszusetzen (§ 148 ZPO). Die Rechtsbestandseinwände der Beklagten begründen keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Klagepatent über die vom Kläger selbst nur noch verteidigte Anspruchsfassung hinaus ganz oder teilweise vernichtet werden wird (vgl. Senat, InstGE 7, 139 – Thermocycler).

1.
Soweit sich die Beklagte darauf bezieht, Patentanspruch 1 sei unzulässig erweitert, weil die bewegbare Führung des Halteelements keinen Eingang in die Anspruchsfassung gefunden habe, ist dieser Einwand bereits dadurch hinfällig, dass der Kläger den Hauptanspruch des Klagepatents nur noch mit einer entsprechenden Ergänzung verteidigt.

Zu Unrecht bemängelt es die Beklagte als unzulässige Erweiterung, dass der Kläger im Erteilungsverfahren das Merkmal (3b) aus dem ursprünglichen Unteranspruch 7 der Anmeldeschrift in den Hauptanspruch aufgenommen hat, ohne gleichzeitig die Merkmale des ursprünglichen Unteranspruchs 6 zum Gegenstand des Hauptanspruchs zu machen, auf den Unteranspruch 7. der Anmeldeschrift allein zurückbezogen ist. Die Beanstandung erfolgt schon deshalb zu Unrecht, weil ein verschwenkbares Druckelement im Beschreibungstext der Anmeldeschrift auch für eine Ausführungsform beschrieben ist, die nicht über ein im Bereich der Kopfhälfte der Liegefläche angeordnetes und auf dem Brustbereich der Trainingsperson positionierbares Druckelement (= Unteranspruch 6) verfügt. Auf S. 4, 2. Abs. stellt die Anmeldeschrift in diesem Sinne klar, dass alternativ oder zusätzlich zu dem dem Hüftbereich einer trainierenden Person zugeordneten Druckelement ein weiteres Druckelement im Bereich der Kopfhälfte der Liegefläche vorgesehen werden kann. Für alle damit in Betracht kommenden Trainingsgeräte (d.h. auch solche, die kein zweites Druckelement nach Maßgabe des Unteranspruchs 6 besitzen) wird sodann auf S. 5, 2. Abs. dargelegt, dass das Druckelement an einem Schwenkarm gehalten wird, der sich in einer im wesentlichen vertikalen und sich in Längsrichtung der Liegefläche erstreckenden Ebene verschwenken lässt. Dieser über die im Unteranspruch 7 herausgegriffene Ausführungsvariante hinausgehende Offenbarungsgehalt rechtfertigt ohne jeden Zweifel die im Erteilungsverfahren vorgenommene Anspruchsfassung.

2.
Die Entgegenhaltungen der Beklagten vermögen nicht in Zweifel zu ziehen, dass die technische Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents neu ist. Im Zusammenhang mit der Erörterung des geltend gemachten privaten Vorbenutzungsrechts wurde bereits dargelegt, dass die „B-Maschine Rückenlage“ verschiedene Anspruchsmerkmale des Klagepatents nicht zeigt. Gleiches gilt für die im übrigen bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigte und in der Verfügungspatentschrift eingehend gewürdigte Gebrauchsmusterschrift 86 09 061, deren Druckelement weder verschwenkbar noch an einem seitlich der Liegefläche angeordneten Halteelement angebracht ist (Merkmale 3a), bb); 3b), bb)). Soweit sich die Beklagte schließlich auf die US-Patentschrift 5 603 681 als neuheitsschädlichen Stand der Technik beruft, steht einer Berücksichtigung im Rahmen des Aussetzungsantrages bereits entgegen, dass es die Beklagte entgegen der ausdrücklichen gerichtlichen Auflage in der Vorsitzendenverfügung vom 14.10.2008 (Ziffer 5.a) versäumt hat, eine deutsche Übersetzung vorzulegen. Die Abbildungen der Druckschrift bestätigen darüber hinaus die Auffassung des Klägers, dass es an einem Gestell und einer Liegefläche für die trainierende Person fehlt.

3.
Die mangelnde Erfindungshöhe will die Beklagte aus einer für den Fachmann angeblich naheliegenden Kombination des Gebrauchsmusters 298 00 xxy mit der US-Patentschrift 4 763 897 herleiten. Auch die zuletzt genannte fremdsprachige Druckschrift hat die Beklagte nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt, weswegen ihr diesbezügliches Vorbringen schon aus formalen Gründen keine Berücksichtigung finden kann. Darüber hinaus ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass die besagten Druckschriften völlig unterschiedliche Gattungen von Trainingsgeräten betreffen, nämlich einerseits großbauende und andererseits kleine, transportable Geräte. Allein mit Rücksicht darauf ist nicht ersichtlich, welche Veranlassung der Fachmann ohne rückschauende Betrachtung in Kenntnis der Erfindung haben sollte, technische Details, die aus dem einen, kleindimensionierten Trainingsgerät bekannt sind, auf die andere Gerätegattung zu übertragen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Da es sich um eine reine Einzelfallentscheidung handelt, besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.