4a O 213/09 – Kreissäge

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1340

Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 23. Februar 2010, Az. 4a O 213/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte

Vorschubeinrichtungen zum intermittierenden Drehen eines Werkstücks mit Schneidzähnen, insbesondere eines Kreissägeblattes, an einer Maschine zum Bearbeiten der Schneidzähne mit einem Werkstückschlitten zum drehbaren Lagern des Werkstücks in einem einstellbaren Abstand seiner Drehachse von einer Bezugsachse, einer Vorschubführung, die um eine zu der Drehachse parallele Schwenkachse schwenkbar ist, einem Vorschubschlitten, der in Vor- und Rückwärtshüben längs der Vorschubführung bewegbar ist und ein Kurvenfolgeglied sowie einen Vorschubfinger trägt, einem Kurventräger, der um eine zur Schwenkachse der Vorschubführung parallele Einstellachse schwenkeinstellbar ist, und einer Vorschubkurve, die am Kurventräger gegen mindestens eine andere Vorschubkurve austauschbar befestigt ist und den Vorschubschlitten über dessen Kurvenfolgeglied derart abstützt, dass der Vorschubfinger bei jedem Vorwärtshub annähernd einen Kreisbogen beschreibt, dessen Mittelpunkt auf der Drehachse des Werkstücks liegt, wobei die Vorschubkurven an einem gemeinsamen Kurvenkörper ausgebildet sind, der am Kurventräger wahlweise in mehreren Stellungen festsetzbar ist, in denen je eine Vorschubkurve den Vorschubschlitten abstützt und jede andere Vorschubkurve eine Wartestellung einnimmt

seit dem 29.05.1999 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, und zwar unter Angabe

a) der Mengen der importierten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Internetadressen und der Zugriffszahlen,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 30.10.1999 zu machen sind,

die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu a) und b) Bestellscheine, Lieferscheine oder Rechnungen vorzulegen hat

und wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

2. die vorstehend zu I. 1. bezeichneten und von der Beklagten nach dem 29.04.2006 in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen, in Verkehr gebrachten oder gebrauchten oder zu den genannten Zwecken eingeführten oder in Besitz gehaltenen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich in Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 197 46 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises beziehungsweise eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- beziehungsweise Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse entweder wieder an sich nimmt oder deren Vernichtung bei dem jeweiligen Besitzer veranlasst.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin für die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 29.05.1999 bis zum 29.10.1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 30.10.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.396,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2009 zu zahlen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 Prozent und der Beklagten zu 90 Prozent auferlegt.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- EUR. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des für die Beklagte aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 197 46 XXX C2 (nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 20.10.1997 angemeldet, die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 29.04.1999. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 30.09.1999 veröffentlicht.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Vorschubeinrichtung zum intermittierenden Drehen eines Werkstücks mit Schneidzähnen“. Sein Patentanspruch 1 lautet:

„Vorschubeinrichtung zum intermittierenden Drehen eines Werkstücks (10) mit Schneidzähnen (12), insbesondere eines Kreissägeblattes, an einer Maschine zum Bearbeiten der Schneidzähne (12), mit

– einem Werkstückschlitten (36) zum drehbaren Lagern des Werkstücks (10) in einstellbarem Abstand seiner Drehachse (D) von einer Bezugsachse (A),
– einer Vorschubführung (40), die um eine zu der Drehachse (D) parallele Schwenkachse (E) schwenkbar ist,
– einem Vorschubschlitten (42), der in Vor- und Rückwärtshüben längs der Vorschubführung (40) bewegbar ist und ein Kurvenfolgeglied (46) sowie einen Vorschubfinger (48) trägt,
– einem Kurventräger (50), der um eine zur Schwenkachse (E) der Vorschubführung (40) parallele Einstellachse (F) schwenkeinstellbar ist, und
– einer Vorschubkurve (62), die am Kurventräger (50) gegen mindestens eine andere Vorschubkurve (64, 66, 68) austauschbar befestigt ist und den Vorschubschlitten (42) über dessen Kurvenfolgeglied (46) derart abstützt, dass der Vorschubfinger (48) bei jedem Vorwärtshub annähernd einen Kreisbogen beschreibt, dessen Mittelpunkt auf der Drehachse (D) des Werkstücks (10) liegt,

dadurch gekennzeichnet, dass

– die Vorschubkurven (62, 64, 66, 68) an einem gemeinsamen Kurvenkörper (60) ausgebildet sind, der am Kurventräger (50) wahlweise in mehreren Stellungen festsetzbar ist, in denen je eine Vorschubkurve (62) den Vorschubschlitten (42) abstützt und jede andere Vorschubkurve (64, 66, 68) eine Wartestellung einnimmt.“

Nachfolgend werden einige Figuren aus der Klagepatentschrift wiedergegeben, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung betreffen. Bei Figur 1 handelt es sich um die Vorderansicht einer Vorschubeinrichtung an einer nur teilweise dargestellten Werkzeugschärfmaschine. Figur 2 stellt einen vergrößerten Ausschnitt aus Figur 1 dar.

Die Beklagte stellte auf der Messe „A“, die stattfand, unter anderem Maschinen des Typs „B“ und „C“ aus. Darüber hinaus findet sich auf der Internetseite der Beklagten D unter anderem die Maschine „E“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen). Hinsichtlich der Gestaltung der angegriffenen Ausführungsformen wird auf den durch die Klägerin als Anlage K 5 auszugsweise vorgelegten Katalog „F“ sowie auf die als Anlage K 6 vorgelegte eidesstattliche Versicherung von Herrn G Bezug genommen. Beispielhaft ist nachfolgend eine Abbildung des „E3“ eingefügt:

Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen – was die Beklagte auch nicht bestreitet – von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

Die Klägerin erwirkte gegen die Beklagte daher am 18.05.2009 eine einstweilige Verfügung, mit welcher es der Beklagten wegen der besonderen Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde, die angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Die Beschlussverfügung wurde der Beklagten auf der Messe „A“ zugestellt. Gegen die Beschlussverfügung legte die Beklagte keinen Widerspruch ein. Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.07.2009 unter Fristsetzung bis zum 06.08.2009 unter anderem erfolglos zur Abgabe einer Abschlusserklärung und zur Übernahme der Anwaltskosten aufgefordert hatte, hat die Klägerin gegen die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.10.2009 Klage erhoben.

Im frühen ersten Termin vom 01.12.2009 hat die Beklagte den durch die Klägerin unter Ziffer I. 1. ihrer Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt, woraufhin die Kammer die Beklagte mit einem am gleichen Tag verkündeten Teil-Anerkenntnisurteil verurteilt hat,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Vorschubeinrichtungen zum intermittierenden Drehen eines Werkstücks mit Schneidzähnen, insbesondere eines Kreissägeblattes, an einer Maschine zum Bearbeiten der Schneidzähne mit einem Werkstückschlitten zum drehbaren Lagern des Werkstücks in einem einstellbaren Abstand seiner Drehachse von einer Bezugsachse, einer Vorschubführung, die um eine zu der Drehachse parallele Schwenkachse schwenkbar ist, einem Vorschubschlitten, der in Vor- und Rückwärtshüben längs der Vorschubführung bewegbar ist und ein Kurvenfolgeglied sowie einen Vorschubfinger trägt, einem Kurventräger, der um eine zur Schwenkachse der Vorschubführung parallele Einstellachse schwenkeinstellbar ist, und einer Vorschubkurve, die am Kurventräger gegen mindestens eine andere Vorschubkurve austauschbar befestigt ist und den Vorschubschlitten über dessen Kurvenfolgeglied derart abstützt, dass der Vorschubfinger bei jedem Vorwärtshub annähernd einen Kreisbogen beschreibt, dessen Mittelpunkt auf der Drehachse des Werkstücks liegt, wobei die Vorschubkurven an einem gemeinsamen Kurvenkörper ausgebildet sind, der am Kurventräger wahlweise in mehreren Stellungen festsetzbar ist, in denen je eine Vorschubkurve den Vorschubschlitten abstützt und jede andere Vorschubkurve eine Wartestellung einnimmt (Anspruch 1),

insbesondere wenn

der Kurvenkörper am Kurventräger zum Austauschen der Vorschubkurven um eine Austauschachse drehbar gelagert ist (Anspruch 2),

und/oder

die Austauschachse die Einstellachse in einem Abstand rechtwinklig kreuzt (Anspruch 3),

und/oder

die Austauschachse durch einen Sockel definiert ist, der am Kurventräger befestigt ist, in den Kurvenkörper eingreift und eine zentrale Spannschraube trägt, mit der sich der Kurvenkörper am Sockel festspannen lässt (Anspruch 4),

und/oder

am Sockel und am Kurvenkörper eine Rastenanordnung ausgebildet ist, die ein Festsetzen des Kurvenkörpers nur in vorbestimmten, je einer der Vorschubkurven zugeordneten Winkelstellungen zulässt (Anspruch 5),

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt im Hinblick auf den durch sie nicht anerkannten Teil der Klage,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die angegriffenen Ausführungsformen seien in der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der Ausstellung auf der Messe „A“, die nach Zustellung der in dem Verfahren 4a O XXX/09 gegen die Beklagte ergangenen einstweiligen Verfügung auch sofort wieder beendet worden sei, zu keinem Zeitpunkt nach Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland beworben, angeboten oder in Verkehr gebracht worden. Darüber hinaus habe der Geschäftsführer der Beklagten zwischenzeitlich auch bereits mit folgendem, verkleinert wiedegegebenen Schreiben Rechnung gelegt:

Dieses Schreiben habe er am 04.02.2010 wie nachfolgend verkleinert wiedergegeben ergänzt:

Schließlich habe die Beklagte bereits vorprozessual zu erkennen gegeben, dass sie zur Abgabe einer Abschlusserklärung bereit sei. Jedoch habe die Klägerin die erbetene Abschlusserklärung unter anderem mit einer Gebührenforderung für die aus Sicht der Klägerin durch das Abschlussschreiben entstandenen Anwaltsgebühren verknüpft, weshalb die Beklagte die geforderte Abschlusserklärung nicht habe abgeben können.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, die angegriffenen Ausführungsformen zu vernichten, hat sie die Klage im frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Klage hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform „G“ im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.02.2010 zurückgenommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat, soweit über sie noch nicht mit Teil-Anerkenntnisurteil entschieden wurde, in der Sache Erfolg. Da die angegriffenen Ausführungsformen unstreitig von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, rechtfertigen sich über den bereits den Gegenstand des Teil-Anerkenntnisurteils vom 01.12.2009 bildenden Unterlassungsanspruch aus § 139 Abs. 1 PatG hinaus die folgenden Rechtsfolgen:

1.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr dem Grunde nach zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im beantragten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die begehrten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen,
§ 140 b PatG. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, sie habe durch die Erklärungen ihres Geschäftsführers vom 08.01.2010 sowie vom 04.02.2010 den Rechnungslegungsanspruch der Klägerin bereits erfüllt.

a)
Erfüllt ist der Rechnungslegungsanspruch dann, wenn die Beklagte über ihre Benutzungshandlungen unter Darlegung sämtlicher im Antrag aufgelisteter Einzeldaten, auf deren Mitteilung die Klägerin einen Anspruch hat, Auskunft gegeben hat. Auf die inhaltliche Richtigkeit der erteilten Auskunft kommt es nicht an (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 1335). Allerdings besteht gleichwohl ein die Erfüllung des Rechnungslegungsanspruchs hindernder Anspruch auf Ergänzung der Rechnungslegung, wenn bei der gelegten Rechnung Lücken zutage treten, sie weitgehend auf Schätzungen beruht oder Widersprüche und Unvollständigkeiten auftreten (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 4. Auflage, Rz. 153). Die Beweislast für die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht trägt die Beklagte. Dabei kann sich die Beklagte zunächst auf die pauschale Behauptung beschränken, dass es über die mitgeteilten Vorfälle hinaus keine auskunftspflichtigen Sachverhalte gegeben hat. Es ist alsdann Sache der Klägerin, im Wege qualifizierten Bestreitens Umstände vorzutragen, die einen Ergänzungsbedarf begründen. Ist solches geschehen, muss die Beklagte sodann diese Umstände ausräumen (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 1337).

b)
Ausgehend von diesen Überlegungen hat die Beklagte den der Klägerin zustehenden Rechnungslegungsanspruch mit den Erklärungen ihres Geschäftsführers vom 08.01.2010 sowie vom 04.02.2010, die formell eine Rechnungslegung darstellen, bisher nicht erfüllt, § 362 BGB.

Im Hinblick auf die begehrte Rechnungslegung zur Menge der importierten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse führt der Geschäftsführer der Beklagten zwar in seiner Erklärung vom 08.01.2010 aus, es seien zur Messe 14 Geräte ein- und wieder ausgeführt worden, wobei er diese Erklärung nunmehr dahingehend ergänzt hat, dass Hersteller, Lieferant und anderer Vorbesitzer die Firma H sei. Angaben zu deren Anschrift fehlen jedoch. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass das durch den Geschäftsführer genannte Unternehmen mit der Klägerin, der Firma I aus J, identisch ist.

Des Weiteren hat der Geschäftsführer der Beklagten in Bezug auf die einzelnen Angebote (Antrag I. 2. lit. c)) eine Nullauskunft erteilt. Jedoch hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.01.2010 vorgetragen, dass die angegriffenen Ausführungsformen nicht nur auf der Messe ausgestellt, sondern auch im Internet angeboten wurden. Da der Begriff des Anbietens im Patentrecht nicht nur ein Anbieten zum Verkauf erfasst, sondern jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (vgl. BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; Schulte/Kühnen, PatG, 4. Auflage, Rz. 51), hat die Klägerin damit konkrete Tatsachen angeführt, die einen Ergänzungsbedarf begründen. Somit wäre es nunmehr an der Beklagten gewesen, diese Umstände auszuräumen. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf das Angebot im Internet. Wie sich bereits der Startseite des als Anlage K 4 auszugsweise vorgelegten Internetauftritts der Beklagten entnehmen lässt, richtet sich deren Internetseite D auch an deutsche Abnehmer, da dort insbesondere auch die deutsche Flagge aufgeführt ist. Dass dann einzelne Angaben lediglich in englischer Sprache vorgehalten werden, steht dem nicht entgegen.

Da die Klägerin damit zugleich konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass die Beklagte im Internet für die angegriffenen Ausführungsformen wirbt, ist es nunmehr auch in Bezug auf die unter Ziffer I. 2. lit. d) begehrten Angaben zur betriebenen Werbung an der Beklagten, diese Anhaltspunkte auszuräumen oder ihre Nullauskunft zu ergänzen.

Schließlich lässt sich aufgrund der vorgenannten Unvollständigkeit der Rechnungslegung auch nicht die Vollständigkeit der Angaben zu den mit den Ziffern I. 2. lit. b) und I. 2. lit. e) begehrten Angaben feststellen.

2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten
(§ 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO. Darüber hinaus hat die Beklagte der Klägerin gemäß § 33 Abs. 1 PatG im zuerkannten Umfang eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

3.
Ferner hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen. Während sich dieser Anspruch für die Zeit ab Umsetzung der Enforcement-Richtlinie am 01.09.2008 unmittelbar aus § 140 a Abs. 3 PatG ergibt, steht der Klägerin ein solcher Anspruch für die Zeit vor dem 01.09.2008 aus §§ 139 Abs. 1 PatG, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie zu, wobei der Anspruch auf die Zeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Enforcement-Richtlinie beschränkt ist. Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, welche bis zum 29.04.2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus
§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen (vgl. dazu auch Hoge Raad, GRUR-Int. 2008, 955, 958 – De Endstra-Tapes). Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware und ihre endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen subsumieren. Entsprechend sieht § 140 a Abs. 3 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs sowie der endgültigen Entfernung aus den Vertriebswegen im Sinne von § 140 a Abs. 4 PatG.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, ein Rückrufanspruch der Klägerin bestehe bereits deshalb nicht, weil die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland an gewerbliche Abnehmer geliefert habe. Da die Beklagte bisher nicht vollständig Rechnung gelegt hat, ist nicht auszuschließen, dass entgegen der bisherigen Auskunft der Beklagten doch angegriffene Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht wurden, welche sich noch im Besitz gewerblicher Abnehmer befinden. Entsprechend steht der Klägerin gegen die Beklagte weiterhin aus § 140 a Abs. 1 PatG ein Anspruch auf Rückruf und endgültige Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen zu, der jedoch zeitlich auf die Zeit nach dem 29.04.2006 (Inkrafttreten der Enforcement-Richtlinie) beschränkt ist.

4.
Schließlich hat die Beklagte der Klägerin auch die hier geltend gemachten Kosten des Anwaltsschreibens vom 23.07.2009 zu erstatten, § 139 Abs. 2 PatG bzw. §§ 683 S. 1, 670 BGB. In diesem Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.08.2009 auf, die gegen die Beklagte bereits ergangene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen, so dass die Beklagte die Kosten der Aufforderung zur Abgabe des Abschlussschreibens zu erstatten hat (vgl. Schulte/Kühnen, § 139 Rz. 415; Palandt/Heinrichs, BGB, § 249 Rz. 39).

Dass die Klägerin in dem Abschlussschreiben die Abgabe der Abschlusserklärung von der Erstattung ihrer Anwaltskosten abhängig gemacht hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Durch das Schreiben vom 23.07.2009 hat die Klägerin unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie auf einer Abschlusserklärung und damit einer rechtsverbindlichen Anerkennung der einstweiligen Verfügung als endgültiger Regelung besteht. Die Beklagte konnte somit ohne Weiteres erkennen, dass sie eine entsprechende Abschlusserklärung abgeben muss, um einen Hauptsacheprozess und die damit verbundenen Kosten zu vermeiden, so dass das Schreiben der Klägerin vom 23.07.2009 auch dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach. Zwar hat die Klägerin in dem diesem Schreiben beigefügten Entwurf einer Abschlusserklärung zugleich die Erklärung einer Übernahme der ihr entstandenen Kosten verlangt. Der Beklagten war es aber unbenommen, zur Vermeidung eines Hauptsacheprozesses selbst eine entsprechende, eine derartige Kostenübernahmeerklärung nicht enthaltende Abschlusserklärung abzugeben und dadurch den Gegenstand eines möglichen Hauptsacheverfahrens zumindest auf durch die Klägerin für das Abschlussschreiben verlangten Kosten zu beschränken.

Die Klägerin kann auch unmittelbar Zahlung an sich verlangen. Es kann dabei wegen § 250 Satz 2 BGB dahinstehen, ob – was die Beklagte bestreitet – die Klägerin die Kosten für das Aufforderungsschreiben zur Abgabe einer Abschlusserklärung gezahlt hat. Bereits vor der Zahlung hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von der Honorarforderung, mit der sie ihr Vermögen belastet hat, wodurch ein nach §§ 249, 250 BGB im Wege der Naturalrestitution zu ersetzender Schaden entstanden ist. Ein solcher Befreiungsanspruch wandelt sich nach allgemeiner Ansicht auch ohne Setzung einer Frist nach § 250 Satz 2 BGB durch Erhebung einer Zahlungsforderung in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schuldner die Freistellung als Ersatzleistung ernsthaft und endgültig verweigert, da die Fristsetzung dann nur noch eine überflüssige Förmelei wäre (BGH 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1999, 1542; BGH NJW-RR 1996, 700; Oetker, in: MünchKomm z. BGB, 5. Aufl., § 250 Rn. 7 m.w.N.). Eine solche Leistungsverweigerung kann in der Stellung eines Klageabweisungsantrages liegen (BGH NJW 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1984, 1460; LG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2004, Az. 4b O 360/04 – Irreführende Abmahnung). Demnach ist auch im vorliegenden Fall eine Fristsetzung durch die Klägerin entbehrlich gewesen: Die Beklagte bestreitet die Erforderlichkeit einer Abschlusserklärung und damit auch die Ersatzfähigkeit der für die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung entstandenen Kosten.

Darüber hinaus war die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung auch nicht rechtsmissbräuchlich. Auch wenn die Beklagte wie von ihr behauptet vorprozessual zu erkennen gegeben hätte, sie sei bereit, sich an die einstweilige Verfügung zu halten und eine Abschlusserklärung ohne Zahlung der Gebühren der Gegenseite zu unterzeichnen, hat sie eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben und damit die einstweilige Verfügung nicht als endgültige Regelung anerkannt. Ohne die Abgabe einer Abschlusserklärung war die Klägerin jedoch nicht so gestellt, als hätte sie einen endgültigen Titel, so dass sie bereits deshalb ein berechtigtes Interesse an der Abgabe einer solchen Abschlusserklärung hatte.

Schließlich steht der Kostenerstattungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das durch die Klägerin versandte Abschlussschreiben auch nicht entgegen, dass die Klägerin die Klage im Hinblick auf den „G“ zurückgenommen hat, da diese Maschine nicht Gegenstand des Verfügungsverfahrens und damit auch nicht des Abschlussschreibens war.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Der Beklagten sind die Kosten des Verfahrens auch insoweit aufzuerlegen, als sie die Klageforderung anerkannt hat. Die Voraussetzungen von § 93 ZPO liegen nicht vor, da die Beklagte unabhängig davon, ob sie unter Berücksichtigung des bereits vor dem frühen ersten Termin wiederholt angekündigten Klageabweisungsantrages überhaupt „sofort“ anerkannt hat, jedenfalls Veranlassung zur Klage gegeben hat.

Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn das Verhalten der Beklagten – wie hier – vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber der Klägerin so war, dass diese annehmen musste, sie werde ohne eine Klage nicht zu ihrem Recht kommen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 93 Rz. 3). Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.07.2009 hat die Klägerin die Beklagte unter anderem aufgefordert, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 18.05.2009 rechtsverbindlich als endgültige Regelung anzuerkennen. Da die Beklagte die von ihr somit geforderte Abschlusserklärung jedoch nicht abgegeben hat, konnte und musste die Klägerin davon ausgehen, dass sie ohne eine Klage nicht zu ihrem Recht kommt. Auf die Bitte des Beklagtenvertreters, ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, musste sich die Klägerin, deren Rechtsposition lediglich durch eine einstweilige Verfügung gesichert war, im Interesse einer effektiven Durchsetzung ihrer Rechte demgegenüber nicht einlassen.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO bzw. aus § 709 Satz 1 und 2 i.V.m. § 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.