2 U 39/11 – Fahrradkurbel

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1980

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. Oktober 2012, Az. 2 U 39/11

Vorinstanz: 4b O 75/10

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. April 2011 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 387.500,– Euro festgesetzt.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 1 342 XXX (Klagepatent, Anlage bL 1; deutsche Übersetzung Anlage bL 2) betreffend eine Fahrradkurbeleinheit und Montagewerkzeug. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Das Klagepatent ist am 7. März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität der US-amerikanischen Voranmeldung 95 XXY vom 8. März 2002 angemeldet, die Klagepatentschrift und der Hinweis auf die Patenterteilung sind am 29. Juni 2005 im Patentblatt veröffentlicht bzw. bekannt gemacht worden.

Der in diesem Rechtsstreit interessierende Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

A bicycle crank arm apparatus comprising:

an axle (59) being adapted tob e rotatably supported within a bottom bracket (33) of a bicycle frame, said axle having an axle body (348) with a first end portion (350) and a second end portion (354), werein the second end portion has an outer peripheral surface and a threaded inner peripheral surface;
an axle bolt (380) having a threaded outer peripheral surface screwed into the threaded inner peripheral surface of the second end portion of the axle (59); a crank arm (60B) having an axle mounting boss (332) defining an opening for receiving the second end portion (354) of the axle therein, wherein the axle mounting boss (332) includes a first fastener for tightening the crank arm mounting boss around the second end portion of the axle (59); and

wherein the axle mounting boss (332) is positioned axially inwardly of the axle bolt (380)

characterized in that

said axle (59) further comprises a projection extending radially outwardly from one of the first and second end portions (350, 354) of the axle body (348), wherein the projection is demensioned and positioned to be located externally of the bottom bracket (33) so as to abut against a laterally outer side surface of a bicycle crank arm (60A) to prevent the crank arm (60A) form moving axially outwardly.

Die in der Klagepatentschrift mitgeteilte deutsche Übersetzung des erteilten Anspruches lautet wie folgt:

Fahrradkurbelarmvorrichtung aufweisend:

eine Achse (59), die ausgebildet ist, um in einer Tretlageraufnahme (33) eines Fahrradrahmenes drehbar gelagert zu werden, wobei die Achse einen Achsenkörper (348) mit einem ersten Endabschnitt (350) und einem zweiten Endabschnitt (354) aufweist, und der zweite Endabschnitt eine Außenumfangsfläche und eine mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche aufweist;

einen Achsbolzen (380), der eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist, die in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche des zweiten Endabschnitts der Achse (59) eingeschraubt ist;

einen Kurbelarm (60b), welcher ein Achsenbefestigungsauge (354) der Achse begrenzt, wobei das Achsenbefestigungsauge (332) eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des Kurbelarm-Befestigungsauges um den zweiten Endabschnitt der Achse (59) beinhaltet; und wobei das Achsenbefestigungsauge (332) axial innerhalb des Achsenbolzens (380) positioniert ist;

dadurch gekennzeichnet, dass

die Achse (59) weiter einen Vorsprung aufweist, der sich radial außerhalb entweder vom ersten oder vom zweiten Endabschnitt (350, 354) des Achsenkörpers (348) in radialer Richtung nach außen erstreckt, wobei der Vorsprung so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme (33) befindet, so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes (60A) zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm (60A) in axialer Richtung nach außen bewegt.

In einem von der Beklagten eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren hat das Bundespatentgericht den deutschen Teil des Klagepatentes mit Urteil vom 9. November 2011 (5 Ni 36/10 (EP), Anlage TW 8) eingeschränkt und das Anspruchskennzeichen bei unverändertem Oberbegriff wie folgt gefasst (Änderungen vom Senat durch Fettdruck hervorgehoben):

(…dadurch gekennzeichnet, dass)
die Achse (59) weiter einen Flansch (366) aufweist, der sich radial außerhalb vom ersten Endabschnitt (350) des Achsenkörpers (348) in radialer Richtung nach außen erstreckt, wobei der Flansch (366) so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme (33) befindet, so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes (60A) zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm (60A) in axialer Richtung nach außen bewegt.

Über die Berufung der Beklagten und Nichtigkeitsklägerin hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden.

Die nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellungen aus der Klagepatentschrift zeigen bevorzugte Ausführungsformen der unter Schutz gestellten technischen Lehre. Figur 2 zeigt eine Schnittdarstellung einer erfindungsgemäßen Kurbelbaugruppe in axialer Schnittrichtung, Figur 3 eine Explosionszeichnung der in Figur 2 dargestellten Baugruppe, Figur 4 die Adapterbaugruppe der erfindungsgemäßen Vorrichtung, Figur 6 den linken Kurbelarm in perspektivischer Darstellung und Figur 7 den in Figur 6 dargestellten Kurbelarm in Draufsicht von draußen.

Die Beklagte ist die europäische Zentrale des US-amerikanischen Fahrradkomponenten-Herstellers „Full Speed Ahead“ (F.S.A.). Sie bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Fahrradkurbeleinheiten unter folgenden Bezeichnungen:

FSA Afterburner (Anlage bL 5.1.01 bis 5.1.14) – Ausführungsform 1
FSA Gossamer (Anlage bL 5.2.1 bis 5.2.14) – Ausführungsform 2
FSA V-Drive (Anlage bL 5.3.01 bis 5.3.14) – Ausführungsform 3
GRAVITY GAP (Anlage bL 5.4.01 bis 5.4.14) – Ausführungsform 4
GRAVITY Gravity (Anlage bL 5.5.01 bis 5.5.13) – Ausführungsform 5
GRAVITY Gravity light (Anlage bL 5.6.01 bis 5.6.15) – Ausführungsform 6
GRAVITY Moto Triple X (Anlage bL 5.7.01 bis 5.7.13) – Ausführungsform 7
GRAVITY Moto X Bash (Anlage bL 5.8.01 bis 5.8.12) – Ausführungsform 8
FSA Afterburner 386 MegaExo (Anlage HL 15.1.01. bis 15.1.14) – Ausführungsform 9
FSA GRAVITY Quad MegaExo (Anlage HL 15.2.01 bis 15.2.14) – Ausführungsform 10
FSA Comet MegaExo (Anlage HL 15.3.01. bis 15.3.14) – Ausführungsform 11
FSA Gossamer Pro Road MegaExo (Anlage HL 15.4.01 bis 15.4.12) – Ausführungsform 12
FSA Gossamer Pro Compact MegaExo (Anlage HL 15.5.01 bis 15.5.09) – Ausführungsform 13

Die Ausgestaltung ergibt sich aus den nachstehend stellvertretend für sämtliche Ausführungsformen eingeblendeten Explosionszeichnungen gemäß Anlagen bL 5_5.13 (Ausführungsform 5) und HL 15.4.12 (Ausführungsform 12).

Um die Verhältnisse am ersten Endabschnitt des Achsenkörpers zu verdeutlichen, hat die Klägerin die nachstehend verkleinert wiedergegebene Abbildung Anlage HL 10

und die Beklagte die nachfolgende Abbildung Anlage TW 1 zu den Akten gereicht,

die beide ein teilweise aufgeschnittenes Muster zeigen.

Die Klägerin meint, die vorbezeichneten Kurbeleinrichtungen stimmten wortsinngemäß mit der unter Schutz gestellten technischen Lehre überein, und hat geltend gemacht, das Achsenbefestigungsauge sei Teil des Kurbelarms und befinde sich dort, wo es nach Befestigung des Kurbelarms am Achsenendabschnitt mit Letzterem in Kontakt komme; nur dieser Teil müsse sich in axialer Richtung innerhalb des Achsbolzens befinden. Um dessen Funktion, nämlich die axiale Fixierung der Vorrichtung bei der Montage zu erfüllen, müsse lediglich der Bolzen axial außerhalb des Auges zum Anschlag kommen. Bezugsgröße für den klagepatentgemäß vorausgesetzten Flansch sei der Achsenkörper und nicht an seinem Endabschnitt ggfs. angebrachte Keilzähne. Die Funktion des Flansches, zu verhindern, dass der Kurbelarm sich axial nach außen bewege, verlange nur, dass der Flansch gegen eine beliebige axial außen liegende Seitenfläche des Kurbelarms anliege, die auch eine Seiten- bzw. Stirnfläche am Kurbelarm vorgesehener Keilzähne sein könne. Die bei den angegriffenen Gegenständen am äußeren Ende zwischen den Keilzähnen vorhandenen Rampen seien Teil des patentgemäßen Flansches.

Im Ausgangsverfahren 4b O 432/06 LG Düsseldorf hat die Klägerin die Beklagte zunächst aus drei anderen Schutzrechten, nämlich den deutschen Gebrauchsmustern 203 21 XXZ und 203 21 XYX und dem europäischen Patent 1 426 XYY in Anspruch genommen und u.a. die Ausführungsformen 1 bis 3 angegriffen. Mit Beschluss vom 7. Februar 2008 (Bl. 115 d.A.) hat das Landgericht dieses Verfahren nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung der diese Schutzrechte betreffenden Löschungs- und Einspruchsverfahren ausgesetzt. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2009 hat die Klägerin ihre Klage zum ersten Mal erweitert und macht nunmehr auch Ansprüche aus dem Klagepatent geltend, wobei sie die Klage insoweit vor dem Landgericht über die bisher streitgegenständlichen Ausführungsformen 1 bis 3 hinaus auch auf die Ausführungsformen 4 bis 8 erstreckt hat. Das Landgericht hat dieses die Klageerweiterung auf das vorliegende Klagepatent betreffende Verfahren mit Beschluss vom 17. März 2010 (Bl. 176 d.A.) abgetrennt.

Die Beklagte hat sowohl der Klageerweiterung als auch der Abtrennung mit Blick auf die Aussetzung des Ursprungsverfahrens widersprochen.

Darüber hinaus, meint sie, verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 8 die unter Schutz gestellte technische Lehre nicht; es fehlten die Merkmale 5, 6.1 und 6.3 der nachstehenden Merkmalsgliederung. Das Achsenbefestigungsauge befinde sich nicht axial innerhalb des Achsbolzens. Es umfasse die gesamte Aussparung des Kurbelarms. Da der Bolzen im montierten Zustand bündig mit der Seitenfläche des Kurbelarms fluchte, sei er komplett in das Achsenbefestigungsauge eingeschraubt. Der erfindungsgemäße Flansch, unter dem der angesprochene Durchschnittsfachmann einen umlaufenden Rand verstehe, müsse etwa am Endabschnitt der Achse vorhandene Keilzähne radial nach außen überragen. Über die in den angegriffenen Gegenständen vorhandenen Keilzähne reiche ein etwaiger Flansch aber nicht so weit radial nach außen, dass er die technische Funktion des klagepatentgemäßen Flansches erfüllen könne, zu verhindern, dass der Kurbelarm sich axial nach außen bewege. Die bei den angegriffenen Gegenständen am äußeren Ende vorhandenen „Rampen“ bildeten keinen patentgemäßen Flansch, weil sie nicht durchgehend umlaufend seien. Der weiter außen vorhandene umlaufende Ring verhindere nicht das axiale Auswandern des Kurbelarms, da die Keilzähne nicht mit diesem Ring in Berührung kämen, sondern ausschließlich an den „Rampen“ anlägen. Bei den angegriffenen Gegenständen werde eine axiale Auswärtsbewegung des Kurbelarms nur durch Verkanten der am Endabschnitt der Achse liegenden Keilzahnanordnung mit dem Keilzahnprofil im Aufnahmeelement des Kurbelarms verhindert. Unter der äußeren Seitenfläche des Kurbelarms sei nur eine Fläche zu verstehen, die die äußere Peripherie des Kurbelarms bilde. Die bei den angegriffenen Vorrichtungen vorhandenen Seitenflächen der Keilzähne befänden sich aber innerhalb des Achsenbefestigungsauges und seien daher keine äußeren Seitenfläche, sondern eine Innenfläche des Kurbelarms.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. April 2011 im Wesentlichen entsprochen und wie folgt erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

eine Fahrradkurbelvorrichtung aufweisend:

eine Achse, die ausgebildet ist, um in einer Tretlageraufnahme eines Fahrradrahmens drehbar gelagert zu werden, wobei die Achse einen Achsenkörper mit einem ersten Endabschnitt und einem zweiten Endabschnitt aufweist, und der zweite Endabschnitt eine Außenumfangsfläche und eine mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche aufweist;

einen Achsbolzen, der eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist, die in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche des zweiten Endabschnitts der Achse eingeschraubt ist;

einen Kurbelarm, welcher ein Achsenbefestigungsauge aufweist, das eine Öffnung zur Aufnahme des zweiten Endabschnittes der Achse begrenzt, wobei das Achsenbefestigungsauge eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des Kurbelarm-Befestigungsauges um den zweiten Endabschnitt der Achse beinhaltet; und

wobei das Achsenbefestigungsauge axial innerhalb des Achsenbolzens positioniert ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn die Fahrradkurbelvorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die Achse weiter einen Flansch aufweist, der sich radial außerhalb entweder vom ersten oder vom zweiten Endabschnitt des Achsenkörpers in radialer Richtung nach außen erstreckt, wobei der Flansch so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme befindet, so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm in axialer Richtung nach außen bewegt;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Rechnungen vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 29. Juli 2005 begangen hat, unter Angabe

a. der Anzahl der von der Beklagten erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, unter Angabe der Namen und Adressen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach den Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den Typenbezeichnungen sowie den Anschriften der Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

f. der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer, Angebotsempfänger oder Lieferungen in der Aufstellung enthalten sind,

g. Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1. September 2008 zu machen sind;

3. die Erzeugnisse entsprechend Ziffer I.1, die seit dem 30. April 2006 in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht wurden, gegenüber gewerblichen Abnehmern unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des europäischen Patentes 1 342 656 erkannt hat, mit der verbindlichen Zusage, etwaige Entgelte oder sonstige Äquivalente zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen, zurückzurufen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 29. Juli 2005 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Es hält die Klage auch im Umfang ihrer (ersten) Erweiterung für zulässig; die Zustellung der Klageerweiterungsschrift sei wirksam und habe die Klage auch insoweit rechtshängig werden lassen. Weder diese Zustellung noch der Abtrennungsbeschluss noch die Ladungen zum Termin im vorliegenden Verfahren seien Prozesshandlungen in Ansehung der Hauptsache, die nur die Benutzung der ursprünglich geltend gemachten Klageschutzrechte betreffe. Im Ursprungsverfahren erwüchsen der Beklagten auch keine Nachteile; dieses bleibe ausgesetzt, und die im vorliegenden Verfahren ergehende Entscheidung sei im dortigen Verfahren nicht bindend. § 145 PatG habe die Klägerin gezwungen, die mit der Klageerweiterung angegriffenen Handlungen ebenfalls im vorliegenden Verfahren geltend zu machen; letztere seien den ursprünglich verfolgten Verletzungshandlungen gleichartig. Das neu eingeführte Klagepatent sei das Mutterpatent der mit der Ausgangsklage verfolgten Schutzrechte, und die konkrete Ausgestaltung aller mit der Klageerweiterung hinzu gekommenen Ausführungsformen stimme in den streitigen Punkten mit derjenigen der ursprünglich angegriffenen Ausführungsformen überein. Das mache die Klageerweiterung auch sachdienlich.

Weiterhin ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, sämtliche erstinstanzlich streitgegenständlichen acht Ausführungsformen stimmten wortsinngemäß mit der unter Schutz gestellten technischen Lehre überein. Das Achsenbefestigungsauge eines Kurbelarms sei innerhalb des Achsbolzens positioniert; von dem den Endabschnitt des Achsenkörpers umschließenden Teil der Öffnung des Kurbelarms aus gesehen sei der Achsbolzen unstreitig in axialer Richtung außen angeordnet. Darüber hinaus erstrecke sich auch bei dem angegriffenen Kurbelarm in Gestalt der „Rampen“ ein Flansch radial außerhalb von einem der Endabschnitte des Achsenkörpers nach außen. Patentgemäß habe der Flansch zu verhindern, dass der Kurbelarm sich in radialer Richtung nach außen bewege. Diese Funktion erfüllten bei den angegriffenen Gegenständen die Rampen zwischen den Keilzähnen. Das Anliegen der äußeren Seitenfläche der Keilzähne des Kurbelarms an den zwischen den Keilzähnen am Endabschnitt der Achse vorhandenen Rampen sei dazu geeignet, ein axiales Auswandern des Kurbelarms zu verhindern. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages aus, das Landgericht habe die erstinstanzliche Klageerweiterung zu Unrecht zugelassen. Da aus dem neu hinzugekommenen Klagepatent des vorliegenden Verfahrens auch die ursprünglich schon streitgegenständlichen Ausführungsformen 1 bis 3 angegriffen würden, sei insoweit derselbe Lebenssachverhalt betroffen wie im Ausgangsverfahren. Die Einführung des Klagepatents als eines neuen Schutzrechtes habe daran nichts geändert. Jedenfalls nach der erfolgten Aussetzung des Ausgangsverfahrens sei die Klageerweiterung nicht mehr sachdienlich. Sie erfordere einen separaten Verhandlungstermin, der hätte vermieden werden können, wenn die ursprüngliche Klage sofort auch auf das hiesige Klagepatent gestützt gewesen wäre. Der Konzentrationsmaxime nach § 145 PatG könne auch dadurch entsprochen werden, dass über das neu hinzu gekommene Schutzrecht erst nach der Wiedereröffnung des Ursprungsverfahrens verhandelt werde. Im Umfang der mit der erstinstanzlichen Klageerwiderung erstmals angegriffenen Ausführungsformen 4 bis 8 sei § 145 PatG – auch mangels Gleichartigkeit der zusätzlich mit den ursprünglich angegriffenen Handlungen – ohnehin nicht einschlägig; die Klägerin habe insoweit eine selbständige Klage erheben können und müssen.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Übereinstimmung der angegriffenen Gegenstände mit der schutzbeanspruchten technischen Lehre bejaht. Rechtsfehlerhaft sei seine Bewertung, die angegriffenen Vorrichtungen besäßen radial außerhalb des Achskörpers einen sich radial nach außen erstreckenden Flansch. Nach allgemeinem fachmännischem Verständnis und im Lichte der Ausführungen des Bundespatentgerichts im Nichtigkeitsurteil müsse ein Flansch sich radial über den gesamten Außenumfang des Endabschnitts nach außen erstrecken, also etwa vorhandene Keilzähne radial nach außen überragen; anderenfalls seien nur punktuelle Vorsprünge vorhanden, die nach der Einschränkung des Klagepatentanspruches 1 im Nichtigkeitsverfahren nicht mehr genügten. Ein Flansch sei eine spezielle Ausführungsform des in der erteilten Fassung angegebenen Vorsprungs. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht über das zugrunde liegende Verständnis des angesprochenen Durchschnittsfachmanns nicht Beweis erhoben und sich über das aus den von beiden Parteien vorgelegten Publikationen ersichtliche fachkundige Verständnis des Begriffs „Flansch“ hinweggesetzt. Die Abbildung gemäß Anlage TW 1 zeige, dass der angebliche Flansch der angegriffenen Gegenstände nicht mit seinem über die Keilzähne hinausragenden Ansatz zur Befestigung oder Abdichtung gegen eine andere Fläche zur Anlage kommt. Die „Rampen“ zwischen den Keilzähnen böten wegen ihres schrägen Verlaufs nur punktuelle Kontakte zwischen den Keilzähnen des Kurbelarms und keine umlaufende Gegenfläche eines Flansches.

An den angegriffenen Garnituren komme auch kein Flansch gegen die äußere Seitenfläche des Fahrradkurbelarms zur Anlage. Der Durchmesser des angeblichen Flansches am ersten Endabschnitt sei kleiner als der Innendurchmesser des Befestigungsauges (vgl. Anlage TW 1). Er fluchte mit dem Keil des Endabschnitts und gelange in das Achsenbefestigungsauge; statt außen liege er an einer Innenfläche des Kurbelarms an. Die Keilzähne am Endabschnitt verkanteten mit dem Keilzahnprofil innerhalb des Achsenbefestigungsauges. Der Endabschnitt werde bei werkseitiger Montage fest im Achsbefestigungsauge verpresst. Allenfalls die Rampen gelangten in Kontakt mit den Spitzen des Keilzahnprofils im Achsbefestigungsauge. Abgesehen davon sei auch das Achsbefestigungsauge nicht innerhalb des Achsbolzens positioniert. Das Klagepatent beziehe auch einen Teil der äußeren Seitenfläche des Fahrradkurbelarms ein. Der Achsbolzen werde bei den angegriffenen Gegenständen vollständig in das Achsenbefestigungsauge eingeschraubt und fluchte in montiertem Zustand mit Letzterem.

In jedem Fall sei die Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die Nichtigkeitsberufung. Eine Aussetzung sei insbesondere angezeigt, falls der Senat beabsichtige, die aus Sicht der Beklagten fehlerhafte Auslegung des Klagepatentes durch das Landgericht zu bestätigen, um so eine gegenüber der Entscheidung des Bundespatentgerichts widersprüchliche Auslegung des Klagepatentes zu vermeiden. Das Bundespatentgericht habe im Übrigen rechtsfehlerhaft eine unzulässige Erweiterung des geltend gemachten Klagepatentanspruches 1 verneint und ebenso unzutreffend dessen Erfindungshöhe anerkannt. Jedenfalls weiterer Stand der Technik, der erst nachträglich im Rahmen der Vorbereitung eines Angriffes auf ein anderes Schutzrecht bekannt geworden sei, stehe dem Klagepatentschutz entgegen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,

hilfsweise,
das Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbestand des Klagepatentes auszusetzen.

die Klägerin beantragt,

die gegnerische Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst wird:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

eine Fahrradkurbelvorrichtung aufweisend:

eine Achse, die ausgebildet ist, um in einer Tretlageraufnahme eines Fahrradrahmens drehbar gelagert zu werden, wobei die Achse einen Achsenkörper mit einem ersten Endabschnitt und einem zweiten Endabschnitt aufweist, und der zweite Endabschnitt eine Außenumfangsfläche und eine mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche aufweist;

einen Achsbolzen, der eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist, die in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche des zweiten Endabschnitts der Achse eingeschraubt ist;

einen Kurbelarm, welcher einen Achsenbefestigungsauge aufweist, das eine Öffnung zur Aufnahme des zweiten Endabschnittes der Achse begrenzt, wobei das Achsenbefestigungsauge eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des Kurbelarm-Befestigungsauges um den zweiten Endabschnitt der Achse beinhaltet; und

wobei das Achsenbefestigungsauge axial innerhalb des Achsenbolzens positioniert ist;

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn die Fahrradkurbelvorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass die Achse weiter einen Flansch aufweist, der sich radial außerhalb vom ersten Endabschnitt des Achsenkörpers in radialer Richtung nach außen erstreckt, wobei der Flansch so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme befindet, so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm in axialer Richtung nach außen bewegt;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Rechnungen vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 29. Juli 2005 begangen hat, unter Angabe

a.
der Anzahl der von der Beklagten erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, unter Angabe der Namen und Adressen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b.
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c.
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach den Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und den Typenbezeichnungen sowie den Anschriften der Angebotsempfänger,

d.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e.
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

f.
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer, Angebotsempfänger oder Lieferungen in der Aufstellung enthalten sind,

g.
Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1. September 2008 zu machen sind;

3.
die Erzeugnisse entsprechend Ziffer I.1., die seit dem 30. April 2006 in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht wurden, gegenüber gewerblichen Abnehmern unter Hinweis darauf, dass das Gericht auf eine Verletzung des europäischen Patentes 1 342 656 erkannt hat, mit der verbindlichen Zusage, etwaige Entgelte oder sonstige Äquivalente zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen, zurückzurufen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 29. Juli 2009 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

und tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen.

In der Berufungsinstanz greift sie zusätzlich auch die Ausführungsformen 9 bis 13 aus dem Klagepatent an, die ihr nach ihrem Vorbringen erst nach Erlass des angefochtenen Urteils zur Kenntnis gelangt sind und die nach ihrer Auffassung in gleicher Weise wortsinngemäß mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre übereinstimmen wie die bisher streitgegenständlichen Ausführungsformen 1 bis 8. Sie meint, nachdem die Beklagte auf ihre – der Klägerin – Berechtigungsanfrage vom 11. August 2011 (Anlage HL 18/18a) erklärt habe, die neuen Ausführungsformen seien nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils (vgl. Anlage HL 19/19a), sei ihre Einbeziehung in das vorliegende Verfahren zur Vermeidung eines weiteren Erkenntnisverfahrens prozesswirtschaftlich und sachdienlich.

Die Beklagte widerspricht der Einbeziehung der Ausführungsformen 9 bis 13.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die erstinstanzliche Klageerweiterung zugelassen und eine wortsinngemäße Übereinstimmung sämtlicher Ausführungsformen 1 bis 8 mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre bejaht. Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für die erst im Berufungsverfahren aktenkundig gemachten Ausführungsformen 9 bis 13.

A.

Die erstinstanzliche Klageerweiterung ist zulässig im Sinne des § 263 ZPO.

1.
Die Klageerweiterung ist unter den hier gegebenen Umständen sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO. Grundsätzlich ist allerdings daran festzuhalten, dass der in der Einführung eines neuen Klageschutzrechtes liegenden Klageänderung die Sachdienlichkeit fehlt. Für die Sachdienlichkeit maßgeblich sind die objektiv zu bewertenden Interessen der Parteien und der Rechtspflege, denen dann gedient ist, wenn die Zulassung der Klageänderung den Streit zwischen den Parteien endgültig ausräumt und einen neuen Prozess entbehrlich macht. Der bisherige Prozessstoff muss auch für die Entscheidung über den neuen Anspruch verwertbar sein, wofür Kostenersparnis, Vertrautheit mit dem Prozessstoff oder die Verwendbarkeit der Ergebnisse der bisherigen Prozessführung ausreichen. Die Einführung eines neuen Schutzrechtes wird von diesen Kriterien regelmäßig nicht erfasst, sondern stellt einen vollkommen neuen Streitstoff dar, denn sowohl die Frage der Schutzrechtsverletzung als auch – gegebenenfalls – diejenige des Rechtsbestandes muss selbständig geprüft werden, wobei die für die Beurteilung der Verletzungsfrage unumgängliche Auslegung der unter Schutz gestellten technischen Lehre ausschließlich anhand der das neue Schutzrecht betreffenden Patentschrift zu erfolgen hat und die Ergebnisse zur Auslegung anderer Schutzrechte regelmäßig hierzu nicht herangezogen werden können.

2.
Im vorliegenden Fall greift jedoch die Ausnahmeregelung des § 145 PatG ein, der es in seinem Anwendungsbereich erfordert, die Einführung eines neuen Schutzrechtes in den Prozess zuzulassen, sofern die nachträgliche Klageerweiterung der einzige mögliche Weg ist, die Ansprüche aus einem weiteren Patent wegen derselben oder einer gleichartigen Verletzungshandlung geltend zu machen. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Klageerweiterung das Verfahren verzögert oder die Verteidigung der Beklagten erschwert. Es ist auch nicht entscheidend, ob die Voraussetzungen des § 145 PatG tatsächlich gegeben sind, denn es kann von einem Kläger nicht erwartet werden, dass er die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Rahmen der Gleichartigkeit aufgestellten und sehr schwierig zu handhabenden Kriterien zutreffend bewertet und bei der Vorbereitung der Klage bereits zum selben Ergebnis kommt wie die abschließende gerichtliche Entscheidung, die nicht selten erst im Revisionsverfahren ergeht, nachdem die Frage über mehrere Instanzen eingehend und möglicherweise auch mit wechselnden Ergebnissen erörtert worden ist. Es reicht daher aus, dass der Kläger im Fall einer selbständigen Klage in einem neuen Verfahren ernsthaft damit rechnen muss, dass ihm dort mit Erfolg ein Verstoß gegen § 145 PatG entgegen gehalten werden kann, auch wenn diese Einschätzung objektiv unzutreffend ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Auflage, Rdn. 1179 m.w.N.). Mit einer solchen Möglichkeit hätte die Klägerin auch im vorliegenden Fall hinsichtlich der Ausführungsformen 1 bis 3 zu rechnen gehabt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die angegriffene Verletzungshandlung. Verletzt diese oder eine gleichartige Handlung mehrere Patente, sind diese Verletzungen im selben Verfahren geltend zu machen. Verletzungshandlungen sind dann als gleichartig anzusehen, wenn sie im Vergleich zu der im ursprünglichen Verfahren angegriffenen Verletzungshandlung zusätzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen, bei denen es sich wegen des engen technischen Zusammenhangs aufdrängt, sie gemeinsam in einer Klage aus mehreren Patenten anzugreifen, damit dem Beklagten mehrere Prozesse darüber erspart bleiben (vgl. BGH, GRUR 2011, 411, 414, Tz. [27] – Raffvorhang; GRUR 1989, 187, 189 – Kreiselegge II). Maßgebend sind die in beiden Prozessen jeweils konkret verfolgten Handlungen. Die charakteristischen Merkmale der im Ausgangsrechtsstreit angegriffenen Verletzungshandlung müssen in abgewandelter Form oder zusammen mit zusätzlichen Merkmalen auch im Folgerechtsstreit verwirklicht sein (BGH, a.a.O. – Tz. [29] – Raffvorhang).

Die Klägerin müsste, wenn sie das Klagepatent in einem neuen selbständigen Verfahren geltende machte, ernsthaft damit rechnen, dass die dort zur Entscheidung berufenen Gerichte diese Voraussetzungen bejahen und die Klage wegen Verstoßes gegen § 145 PatG als unzulässig abweisen. Das Klagepatent weist zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem aus dem abgezweigten mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten europäischen Patent 1 426 XYY auf. Gegenstand des dortigen Patentanspruches 1 ist eine Fahrradkurbelachse, die in einem Tretlager drehbar gelagert wird und einen Kurbelarm trägt, einen Achskörper aufweist, der seinerseits an einem ersten Endabschnitt eine Mehrzahl erster Keilzähne zum Eingriff in eine Keilprofil-Innenumfangsfläche eines Fahrradkurbelarm-Befestigungsauges und an einem zweiten Endabschnitt einen Mehrzahl zweiter Keilzähne aufweist, die sich im Gegensatz zu den ersten Keilzähnen nicht radial nach außen relativ zur Außenumfangsfläche des Achskörpers erstrecken, wobei sich – wie auch beim Klagepatent des vorliegenden Rechtsstreits (vgl. Merkmalsgruppe 6 der nachstehenden Merkmalsgliederung) – vom ersten Endabschnitt ein Vorsprung radial nach außen erstreckt, der gegen einen seitliche Außenfläche des Fahrradkurbelarms anstoßen soll, um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm axial nach außen bewegt. Von diesem Gegenstand unterscheidet sich die in Anspruch 1 des hiesigen Klagepatentes unter Schutz gestellte Vorrichtung durch die zusätzlichen Merkmale betreffend die Ausgestaltung des zweiten Achskörper-Endabschnittes, des Achsbolzens und des dort angeordneten Kurbelarms (vgl. Merkmale 2., 2.4, 3, 3.1, 3.2, 4 – 4.2 und 5 der nachstehenden Merkmalsgliederung). Angesichts dieser Gemeinsamkeiten liegt die Einschätzung zumindest nahe, dass in einem Folgeverfahren in Bezug auf das Klagepatent die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Voraussetzung als erfüllt angesehen wird, dass die charakteristischen Merkmale der Verletzungshandlung aus dem Ausgangsverfahren mit zusätzlichen Merkmalen wiederkehren und es sich deshalb aufdrängt, sie in einer gemeinsamen Klage aus beiden Patenten geltend zu machen. In Übereinstimmung hiermit hat das Landgericht im vorliegenden Fall wegen dieser Gemeinsamkeiten die Gleichwertigkeit der in Rede stehenden Handlungen anerkannt.

Die Ausführungsformen 4 bis 8 unterscheiden sich von den Ausführungsformen 1 bis 3 allerdings darin, dass Erstere ursprünglich nicht mit angegriffen waren und die Merkmale der seinerzeit geltend gemachten Klageschutzrechte daher nicht erfüllen. Gleichwohl ist auch die gegen sie gerichtete Klage als sachdienlich zuzulassen. Die Sachdienlichkeit wäre ohne weiteres zu bejahen gewesen, wenn die Klägerin die Klage in zwei Schritten erweitert und im ersten Schritt nur die Ausführungsformen 1 bis 3 aus dem Klagepatent angegriffen und in einem zweiten Schritt auch die Ausführungsformen 4 bis 8 einbezogen hätte. Da sich in Bezug auf das Klagepatent sämtliche angegriffenen Ausführungsformen nicht voneinander unterscheiden, wären dann der Prozessstoff betreffend die Ausführungsformen 1 bis 3 in Bezug auf die Frage der Patentverletzung in vollem Umfang auch für die Beurteilung der Ausführungsformen 4 bis 8 verwertbar gewesen; die insoweit erzielten Ergebnisse hätten unverändert auch auf die Ausführungsformen 4 bis 8 übertragen werden können und müssen. Dann aber leuchtet nicht ein, aus welchem Grunde es der Klägerin verwehrt sein soll, sämtliche Ausführungsformen in einem einzigen Schritt neu in das Verfahren einzuführen.

Der Sachdienlichkeit steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin das hiesige Klagepatent schon mit der Klage des Ursprungsverfahrens hätte geltend machen können. Wäre die Klägerin entsprechend verfahren, wäre der Streitstoff im vorliegenden Rechtsstreit kein anderer in Bezug auf das Klagepatent.

3.
Dass das Ausgangsverfahren im Zeitpunkt der ersten Klageerweiterung ausgesetzt war, steht nicht entgegen. § 249 Abs. 2 ZPO macht die Klageerweiterung nicht wirkungslos. Er bestimmt lediglich, dass die während der Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung sind. Die hier getätigte Einführung eines neuen Schutzrechtes und weiterer nur von diesem Schutzrecht erfasster Ausführungsformen war jedoch keine Prozesshandlung in Ansehung der Hauptsache. Mit der Einführung eines weiteren Klageschutzrechtes gelangt ein anderer Streitgegenstand in das Verfahren zusätzlich zu dem bereits anhängigen Streitgegenstand, der eine andere unabhängige Beurteilung der Verletzungsfrage und des Rechtsbestandes erfordert. Der Streitgegenstand setzt sich nach dem der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Grunde liegenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff zusammen aus den Anträgen und dem sie stützenden Lebenssachverhalt (vgl. BGH, GRUR 2012, 485, 486 – Rohrreinigungsdüse II, Tz. 11 m.w.N.). Die Verletzung eines jeden Schutzrechtes bildet einen jeweils neuen selbständigen Lebenssachverhalt, auch wenn ein und dieselbe Handlung gleichzeitig mehrere Schutzrechte verletzt. Demzufolge bildeten allein die mit der ursprünglichen Klage angegriffenen Schutzrechte die Hauptsache des Ausgangsverfahrens, deren Prüfung von derjenigen des hiesigen Klagepatentes unabhängig zu erfolgen hat und deren Verletzung auch von den aus dem jetzigen Klagepatent resultierenden Ansprüchen unabhängige Rechte begründet.

Die hier gegebene Prozesslage ist auch nicht vergleichbar mit derjenigen, vor der § 249 Abs. 2 ZPO die (beklagte) Partei schützen soll. § 249 ZPO schützt die Parteien in solchen besonderen Situationen, in denen ihr ein Fortführen des Prozesses nicht oder kaum möglich ist – hierzu mögen der Tod des Prozessvertreters oder die Insolvenz gehören – vor Prozesshandlungen des Klägers oder des Gerichts, welche eine prozessuale Reaktion verlangen. Eine solche Lage ist hier nicht gegeben. Das Ursprungsverfahren wurde vom Landgericht ausgesetzt, weil der Rechtsbestand der ursprünglich gemachten Schutzrechte zweifelhaft war. Nur in Bezug auf diese Schutzrechte bewahrte der durch die Aussetzung eingetretene Stillstand des Verletzungsverfahrens die Beklagte vor weiteren ihr nachteiligen Maßnahmen. Demgegenüber verursacht die Geltendmachung eines weiteren Schutzrechtes gegen die Beklagte keine Nachteile, die es rechtfertigten, der klagenden Partei eine Durchsetzung ihrer Rechte aus diesem weiteren Schutzrecht zu verwehren, bis das ursprüngliche Verfahren wiedereröffnet wird. Die Klageerweiterung hat für die beklagte Partei keine anderen Wirkungen als eine eigenständige Klage. Sie muss sich in beiden Fällen auf einen neuen Klageangriff einstellen, ohne insoweit durch die vom Landgericht angeordnete Aussetzung des ursprünglichen Verfahrens geschützt zu sein. Daher kann es für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit grundsätzlich auch keinen Unterschied machen, ob eine neue Klage in einem selbständigen Verfahren erhoben oder in einem bereits rechtshängigen Verfahren die Klage erweitert wird.

B.

Zutreffend ist das Landgericht ferner zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffenen Gegenstände in sämtlichen acht Ausführungsformen wortsinngemäß mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre übereinstimmen.

1.
Das Klagepatent betrifft mit seinem hier geltend gemachten Anspruch 1 eine Fahrradkurbelbaugruppe.

Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt, wird eine solche Fahrradkurbelbaugruppe drehbar in einer Fahrradtretlageraufnahme montiert, einem zylindrischen Rohrabschnitt eines Fahrradrahmens, der die Pedalbaugruppe aufnimmt. Diese Pedalbaugruppe weist für gewöhnlich einen rechten und einen linken Kurbelarm mit jeweils einem am lagerfernen Ende des Arms befestigten Pedal auf.

Das andere Ende jedes Kurbelarms ist an einer Achse befestigt, die sich durch die Tretlageraufnahme hindurch erstreckt. Eine Lagerbaugruppe ist zwischen der Achse und der Tretlageraufnahme an jeder Seite der Tretlageraufnahme angeordnet, um die Achse drehbar zu lagern. Am rechten Kurbelarm sind üblicherweise eines oder mehrere vordere Kettenräder befestigt, um die Fahrradkette anzutreiben (Klagepatentschrift, Übersetzung Abs. [0003]; soweit nicht ausdrücklich anders angegeben stammen sämtliche Zitate aus der deutschen Übersetzung, die insoweit sachlich mit der maßgeblichen englischsprachigen Fassung übereinstimmt). Da vordere und hintere (am Hinterrad angeordnete) Kettenräder exakt fluchten müssen, damit das Fahrrad korrekt funktioniert, muss die Achse in der Tretlageraufnahme seitlich korrekt positioniert sein.

Bei einem bekannten Verfahren zur Justierung der seitlichen Achsposition ist die Achse innerhalb eines rohrförmigen Elementes drehbar zentriert und in seitlicher Richtung durch Lagerbaugruppen befestigt, die an den gegenüberliegenden Enden des rohrförmigen Elementes installiert sind. Die Achse und das rohrförmige Element werden dann in die Tretlageraufnahme eingesetzt. Adapterelemente, welche mit einem Gewinde versehene Außenumfangsflächen aufweisen, werden in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche der Tretlageraufnahme auf gegenüberliegende Seiten des rohrförmigen Elementes eingeschraubt, so dass die seitliche Position der Achse dadurch bestimmt wird, wie weit jeder Adapter in die Tretlageraufnahme eingeschraubt wird (Abs. [0005] der Klagepatentbeschreibung). Die Klagepatentschrift nennt aus dem Stand der Technik die britische Patentschrift 549 XYZ (Anlagen TW 13/13A), aus der eine Fahrradkurbelarmvorrichtung mit den den Oberbegriff des Klagepatentanspruches 1 bildenden Merkmalen 1 bis 5 bekannt ist.

Am Stand der Technik wird in der Klagepatentbeschreibung bemängelt (vgl. Anlage bL 2 Abs. [0005]), bei Fahrradkurbelarmvorrichtungen liege für gewöhnlich ein Abschnitt der mit einem Gewinde versehenen Außenumfangsfläche eines jeden Adapterelementes frei, was die Gewinde häufig verrosten oder verschmutzen lasse; zudem müsse bei einem Austausch jeweils die gesamte Einheit aus Rohrelement, Achse und Lageranordnungen ausgewechselt werden.

Die Aufgabe (das technische Problem) des Klagepatentes ist vor diesem Hintergrund mit dem Bundespatentgericht (Anlage TW 8, S. 13, 1. Abs.) in der Bereitstellung eines Tretkurbelmechanismus für ein Fahrrad zu sehen, dessen Bauteile trotz Einstellbarkeit seiner Einbaulager auf unterschiedliche Querpositionen vor Rostansatz und Verschmutzung geschützt positioniert und weitgehend einzeln für sich austauschbar sind.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt das Klagepatent in seinem im Nichtigkeitsverfahren aufrechterhaltenen Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Fahrradkurbelvorrichtung aufweisend:

2. eine Achse (59),
2.1 die ausgebildet ist, um in einer Tretlageraufnahme (33 eines Fahrradrahmens drehbar gelagert zu werden;
2.2 wobei die Achse einen Achsenkörper (348) mit einem ersten Endabschnitt (350) und einem zweiten Endabschnitt (354) aufweist,
2.3 und der zweite Endabschnitt eine Außenumfangsfläche
2.4 und eine mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche aufweist.

3. einen Achsbolzen (380),
3.1 der eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist,
3.2 die in die mit einem Gewinde versehene Innenumfangsfläche des zweiten Endabschnitts der Achse (59) eingeschraubt ist.

4. einen Kurbelarm (60B),
4.1 welcher ein Achsenbefestigungsauge (332) aufweist,
4.2 das einen Öffnung zur Aufnahme des zweiten Endabschnittes (354) der Achse begrenzt,
4.3 wobei das Achsenbefestigungsauge (332) eine erste Befestigungseinrichtung
4.4 zum Festziehen des Kurbelarm-Befestigungsauges um den zweiten Endabschnitt der Achse (59) beinhaltet.

5. Das Achsenbefestigungsauge (332) ist axial innerhalb des Achsenbolzens (380) positioniert.

6. Die Achse (59) weist weiter einen Flansch auf,
6.1 der sich radial außerhalb entweder vom ersten oder vom zweiten Endabschnitt (350, 354) des Achsenkörpers (348) in radialer Richtung nach außen erstreckt,
6.2 wobei der Flansch so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme (33) befindet,
6.3 so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes (60A) zur Anlage kommt,
6.4 um zu verhindern, dass sich der Kurbelarm (60A) in axialer Richtung nach außen bewegt.

Der Kern der in der vorstehenden Merkmalskombination umschriebenen Lösung besteht in der Kombination der Befestigung der unter Schutz gestellten Einheit mit Hilfe des Flansches an einem Ende mit der Befestigung des Kurbelarmbolzens am anderen Ende der Tretlageraufnahme. Die Anlage des am äußeren Ende der Achse befindlichen Flansches soll ausschließen, dass sich der Kurbelarm in axialer Richtung nach außen bewegt (vgl. Merkmal 6.4 und Beschreibung Abs. [0006] a.E.); die Vorrichtungen zum Festlegen des Kurbelarms legen die Pedalkurbel klemmend auf der Pedalwelle fest und gewährleisten damit das bereits vorher eingestellte Spiel während des Betriebes (vgl. Merkmale 4.3 und 4.4 und Beschreibung Abs. [0006] und [0032] a.E.).

a)
Nach Merkmal 5 soll das Achsenbefestigungsauge desjenigen Fahrradkurbelarms, der am zweiten Endabschnitt der Achse diesen aufnehmend angeordnet ist (vgl. Merkmale 4 bis 4.2 der vorstehenden Merkmalsgliederung), axial innerhalb des Achsenbolzens positioniert sein. Damit soll erreicht werden, dass das Achsenbefestigungsauge schon während der Montage am (axial außerhalb seiner liegenden) Flansch des Achsenbolzens anliegt, um die Endposition des Kurbelarms und dadurch das Spiel zwischen beiden Kurbelarmen einzustellen (Klagepatentbeschreibung Abs.[0032]); insoweit werden aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmanns – mit dem Bundespatentgericht (Anlage TW 8 S. 13 Abs. 4) ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der bei einem Fahrradhersteller oder Zulieferer mit der Konstruktion von Tretkurbelmechanismen befasst ist und auf diesem Gebiet mehrjährige Berufserfahrung besitzt – nicht nur Besonderheiten des Ausführungsbeispiels beschrieben, sondern wird mangels näherer Erläuterungen im allgemeinen Teil der Beschreibung auch verallgemeinert das Wesen der im Klagepatent unter Schutz gestellten Erfindung erläutert.

Entgegen der Ansicht der Beklagten meint das Landgericht zutreffend, zum Achsenbefestigungsauge gehöre nur die Fläche des Kurbelarms, die die Öffnung zur Aufnahme der Achse umgibt. Um die Innenflächen des Kurbelabschnittes, die parallel zur Achse verlaufen und auf denen deren zweiter Endabschnitt befestigt wird, kann es sich dabei – selbstverständlich – nicht handeln, weil diese Flächen nicht an dem Flansch des Achsenbolzens anliegen können. Da dies nur ein Teil der Außenfläche des Kurbelarms kann, muss das Achsenbefestigungsauge zumindest auch den die Öffnung umgehenden Bereich des Kurbelarms umfassen. Dieser Bereich kann wie im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 der Klagepatentschrift stufenförmig eingezogen sein, so dass der Achsbolzen gleichzeitig mit seinem Flansch an der nach außen weisenden Fläche der eingezogenen Stufe anliegt und mit der übrigen Außenfläche des Kurbelarms bündig abschließt und fluchtet. Auch dieser stufenförmige eingezogene Bereich gehört dann zum Achsenbefestigungsauge.

b)
Nach den Merkmalen 6, 6.1 und 6.3 soll die Achse am gegenüberliegenden ersten Endabschnitt einen Flansch aufweisen, der sich radial nach außen erstreckt und gegen eine äußere Seitenfläche des dortigen Kurbelarms zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich dieser Kurbelarm in axialer Richtung nach außen bewegt (vgl. Merkmal 6.4).

aa)
Mit der Vorgabe „Flansch“ beschränkt sich der im Nichtigkeitsverfahren aufrecht erhaltene Klagepatentanspruch 1 auf eine besondere Ausbildung des in der erteilten Fassung noch vorgesehenen Vorsprungs, der weitere Ausführungsmöglichkeiten umfasst hatte (vgl. BPatG Anl. TW 8, S. 17 unten). Wie ein solcher Flansch im Einzelnen ausgebildet sein soll, gibt Anspruch 1 ebenso wenig vor wie die Beschreibung. Die einschlägigen Figuren 2 und 3 der Klagepatentschrift lassen oberhalb der Keilzahnspitzen eine radial umlaufende ringförmige Konfiguration erkennen. Zwingend ist das aber nicht. Ein Flansch ist nach allgemeinem und in der Klagepatentschrift ersichtlich nicht abweichend praktizierten Sprachgebrauch lediglich ein aus einer Fläche herausragender Abschnitt (vgl. Wikipedia-Auszug Anlage HL 11a, Stichwort „Flansch“, Unterstichwort „Etymologie“; Brockhaus, Naturwissenschaft und Technik, Stichwort „Flansch“, Anlage HL 11b, S. 2); auch wenn die soeben genannten Fundstellen in erster Linie über den gesamten Kreisumfang sich erstreckende Rohrleitungsflansche zeigen. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, ein Flansch müsse über den gesamten Kreisumfang reichen, umfasst die Vorgabe „Flansch“ auch Konfigurationen, bei denen der abstehende Teil unterbrochen ist und so aus mehreren kreissegmentförmige auf dem Kreis nebeneinander angeordneten Abschnitten besteht. Wie groß die Segmente zwischen den Unterbrechungen bemessen werden oder wie viele Unterbrechungen vorgesehen sind, stellt das Klagepatent in das Belieben des Durchschnittsfachmanns.

bb)
Anspruch 1 gibt auch nicht vor, ob der Flansch etwa vorhandene Keilzähne auf dem ersten Endabschnitt der Achse überragen und ob er in mathematisch exaktem rechten Winkel von der Achse abstehen muss. Auf das in den genannten Figuren gezeigte Ausführungsbeispiel trifft das zwar – wie bereits erwähnt – ebenfalls zu, aber insoweit handelt es sich eindeutig um dessen Besonderheiten, auf die sich der Schutzumfang des Klagepatentes nicht beschränkt. Anspruch 1 gibt diese Gestaltung nicht vor und auch die Klagepatentbeschreibung enthält keinerlei Hinweise darauf, dass der Durchschnittsfachmann Anspruch 1 in diesem engeren Sinne verstünde. Insbesondere Unteranspruch 2, dessen Lehre sich nach der Einschränkung im Nichtigkeitsverfahren darauf beschränkt, Keilzähne auf den beiden Endabschnitten der Achse vorzusehen, spricht – ebenso – wie Unteranspruch 3 im Gegenteil dafür, dass die Keilzähne nicht überragt werden müssen. Nach Unteranspruch 2 werden nämlich die Keilzähne des Endabschnittes vom Flansch umfasst (…bei welcher der Flansch … weiter aufweist: eine Mehrzahl von ersten Keilzähnen, … und … eine Mehrzahl von zweiten Keilzähnen, …) und nach Unteranspruch 3 sollen jedenfalls die ersten Keilzähne axial innerhalb des Flansches angeordnet sein. In beiden Fällen sind sie Bestandteil des Flansches. Teil des Flansches bleiben sie auch, wenn außen nur die Zahnzwischenräume ausfüllende Abschnitte vorgesehen sind, die radial nicht weiter abstehen als die Keilzähne selbst. Auch die in Merkmal 6.4 beschriebene Funktion des Flansches, axiale Bewegungen des Kurbelarms nach außen zu verhindern, erfordert eine solche die Keilzähne überragende Ausbildung des Flansches nicht. Es genügt, dass am Ende des Endabschnittes die Zwischenräume zwischen den Keilzähnen ausgefüllt sind und diese Ausfüllungen bei der Montage an den Zahnspitzen der Keilzähne des Kurbelarms anliegen. Auch dann kann der Kurbelarm nicht mehr axial nach außen ausweichen. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, Merkmal 6.1 gebe mit seiner Formulierung „der sich radial außerhalb … in radialer Richtung nach außen erstreckt“ gewissermaßen ein doppeltes radiales Abstehen des Flansches nach außen vor, und dieser Anweisung entspreche nur ein Flansch, der nicht nur ebenso weit radial nach außen abstehe wie die Keilzähne, sondern diese in radialer Richtung noch überrage. Der maßgebliche englischsprachige Wortlaut dieses Merkmals enthält diese Verdoppelung nämlich nicht.

Die äußere Seitenfläche des Fahrradkurbelarms im Sinne des Merkmals 3 können vor diesem Hintergrund auch die Stirnseiten der Keilzähne im Achsenbefestigungsauge des Fahrradkurbelabschnittes bilden. Dass die Beschreibung die äußere Seitenfläche auch als seitliche Außenfläche des Kurbelarms bezeichnet (Übersetzung Abs. [0029]), ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass die Klagepatentschrift an anderer Stelle (Abs. [0027] und [0032] der Übersetzung) zwischen dem Kurbelarm und dessen Achsenbefestigungsauge unterscheidet und die Keilzähne des Kurbelarms als Teil des Achsenbefestigungsauges beschreibt, wo sie auch angeordnet sind. Unabhängig davon betrachtet das Klagepatent das Achsenbefestigungsauge nämlich als Teil des Fahrradkurbelarms; die entsprechende den Kurbelarm am ersten Achsendabschnitt betreffende Vorgabe in Merkmal 4 und 4.1 muss für den hier in Rede stehenden Kurbelarm am zweiten Endabschnitt gleichermaßen gelten; die Klagepatentbeschreibung bestätigt diese Sichtweise (Übersetzung Abs. [0027] Satz 1).

cc)
In welchem Bereich der seitlichen Außenfläche der Flansch anliegt, ist ins Belieben des Durchschnittsfachmanns gestellt, solange hierdurch eine axiale Bewegung des Kurbelarms nach außen verhindert wird. Innerhalb dieser Grenzen ist es deshalb auch beliebig, wie die äußere Seitenfläche des Kurbelarms gestaltet wird, ob sie glatt in einer Ebene verläuft oder ob sie gestuft ist. In seinem Randbereich überschneitet sich das Achsenbefestigungsauge mit der seitlichen Außenfläche des Kurbelarms, und auch gestuft zurückspringende Bereiche im Achsenbefestigungsauge sind gleichzeitig Teil der äußeren Seitenfläche, wenn sie nach außen zeigen und parallel zur Kurbelarmlängsrichtung verlaufen. Technische Gründe dafür, weshalb es erforderlich sein sollte, dass der Flansch an der äußersten seitlichen Außenfläche des Kurbelarms anschlägt und diese auch in axialer Richtung nach außen überragt, lässt die Klagepatentschrift nicht erkennen; auch die Beklagte zeigt solche nicht auf, so dass es auch hier – wie im Rahmen des Merkmals 5 in Bezug auf den Achsenbolzen – genügt, dass der Flansch an einer eingezogenen Stufe anschlägt und dennoch die Achse mit ihrem Endabschnitt bündig mit der Außenfläche des Fahrradkurbelarms abschließt.

Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, der Flansch diene klagepatentgemäß auch zum Schutz des ihm benachbarten Endabschnittes der Achse vor Verschmutzungen und Rostansatz, verhilft ihr auch das nicht zum Erfolg. Es kann dahin stehen, ob das Klagepatent den Flansch – der nicht derjenige des Achsbolzens ist, sondern am gegenüberliegenden Ende der Achse angeordnet ist – an dieser Aufgabe überhaupt beteiligt. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, so ist für den angesprochenen Durchschnittsfachmann klar, dass auch eine Ausbildung, bei der der Flansch an einer eingezogenen Stufe anschlägt, diese Aufgabe ebenso gut erfüllt wie ein über die gesamte Außenfläche des Kurbelarms axial vorstehender Flansch. Eine entsprechende Ausbildung zeigt das Klagepatent im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 für die Ausbildung des am anderen Ende der Achse befindlichen Flansches für den Achsbolzen; dass und aus welchen Gründen für das hier interessierende Ende der Achse andere technische Gegebenheiten gelten sollten, ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig erfordert der erfindungsgemäß angestrebte Schutz der Achse vor Rostansatz und Verschmutzungen eine Ausbildung des Flansches als vollkommen geschlossenes umlaufendes Funktionsteil. Es mag sein, dass bei einer unterbrochenen Ausbildung des Flansches Dichtigkeitslücken bestehen können, die dann durch andere Maßnahmen geschlossen werden müssen. Solche Maßnahmen schließt das Klagepatent jedoch nicht aus, weil die in Anspruch 1 gelehrten Maßnahmen nicht darauf gerichtet sind, eine maximale Dichtheit zu erzielen. Insbesondere lässt es zu, dass die Lücken zwischen den „Rampen“ durch die Körper der Keilzähne auf dem Endabschnitt der Achse geschlossen werden und auf diese Weise ein geschlossenes umlaufendes Gebilde entsteht; eine solche Konfiguration offenbart auch das Klagepatent im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 am Endabschnitt (350).

2.
Geht man hiervon aus, kann es keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass die angegriffenen Gegenstände nicht nur die unstreitig verwirklichten Merkmale 1 bis 4.4, 6.2 und 6.4 wortsinngemäß erfüllen, sondern auch die zwischen den Parteien umstrittenen Merkmale 5, 6, 6.1 und 6.3 der vorstehenden Merkmalsgliederung.

Merkmal 5 ist verwirklicht, weil das Achsenbefestigungsauge auch bei den angegriffenen Gegenständen axial innerhalb des Achsenbolzens positioniert ist, denn durch die gestufte Ausbildung weicht das Achsenbefestigungsauge im hier relevanten Umfang hinter die eigentliche Außenfläche des Kurbelarms zurück.

Die in den Merkmalen 6, 6.1 und 6.3 vorgegebenen Flansche werden durch die zwischen den Keilzähnen auf dem Endabschnitt der Achse vorhandenen „Rampen“ gebildet, die einen Flansch im Sinne der schutzbeanspruchten technischen Lehre darstellen, sich selbstverständlich ebenso wie die Keilzähne in radialer Richtung nach außen vom ersten Endabschnitt des Achsenkörpers erstrecken, gegen die äußere Seitenfläche des Fahrradkurbelarms in Gestalt der in dessen Achsenbefestigungsauge vorhandenen Stirnseiten der Keilzähne zur Anlage kommt und auch verhindern, dass der Kurbelarm sich in axialer Richtung nach außen bewegen kann. Dass die Zahnspitzen der Keilzähne des Kurbelarms mit diesen Rampen auch den Endabschnitt der Achse in Kontakt kommen, stellt die Beklagte – zu Recht – nicht in Abrede. Aus dem Schutzbereich des Klagepatentes führt es aber auch nicht hinaus, dass der Endabschnitt bei der werkseitigen Montage im Achsenbefestigungsauge fest verpresst wird und es vor diesem Hintergrund möglicherweise einer Sicherung durch die Anlage der Zahnspitzen der Keilzähne auf dem Endabschnitt der Achse an den Rampen nicht mehr bedarf. Auch wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass eine solche Anlage nicht verwirklicht ist, werden die vorbezeichneten Merkmale wortsinngemäß benutzt. Ist nämlich die in einem Patentanspruch beschriebene Ausgestaltung räumlich-körperlich verwirklicht, so genügt dies, und es erübrigt sich dann, Erwägungen darüber anzustellen, ob und inwieweit sie zur Verwirklichung der patentgemäß beabsichtigten Funktion beiträgt oder nicht; dass sie hierzu geeignet ist, genügt (vgl. BGH GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II).

C.

Die vorstehenden Erwägungen gelten sinngemäß auch für die in zweiter Instanz „hinzugekommenen“ Ausführungsformen 9 bis 13. Entgegen der Ansicht beider Parteien handelt es sich bei ihrer Aufnahme in die Diskussion um die Verletzung des Klagepatentes nicht um eine Klageerweiterung, denn auch diese weiteren Ausführungsformen 9 bis 13 sind schon Teil des bisherigen Streitgegenstandes und werden als solche ebenfalls bereits vom Tenor des landgerichtlichen Urteils erfasst. Dass sie bisher nicht ausdrücklich erörtert worden und aus diesem Grund auch ihre Produktbezeichnungen im angefochtenen Urteil nicht aufscheinen, steht dem nicht entgegen.

Die erstmals im Berufungsverfahren ausdrücklich erwähnten Ausführungsformen 9 – 13 haben keinen neuen Streitgegenstand begründet. Sie werden von dem Lebenssachverhalt mit umfasst, der schon dem Landgericht zur Entscheidung unterbreitet worden ist. Über welchen Lebenssachverhalt das Gericht nach dem Klagebegehren zu entschieden hat, kann nicht ohne Berücksichtigung der rechtlichen Grundlage entscheiden werden, auf die der Klageantrag gestützt wird. Diese rechtliche Grundlage bestimmt, welche Einzelheiten eines (behaupteten) tatsächlichen Geschehens in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht für das gerichtliche Erkenntnis (zumindest potenziell) von Bedeutung sind. Bei einer Patentverletzungsklage sind für die Eingrenzung des Streitgegenstandes, der der gerichtlichen Entscheidungsfindung unterworfen wird, vornehmlich diejenigen tatsächlichen Elemente von Bedeutung, aus denen sich Handlungen des Beklagten ergeben sollen, die einen der Tatbestände des § 9 PatG ausfüllen. Zur sachlichen Eingrenzung dieser vom Klagebegehren umfassten Handlungen kommt es wiederum typischerweise in erster Linie darauf an, aus welcher tatsächlichen Ausgestaltung eines angegriffenen Erzeugnisses (oder Verfahrens) sich nach dem Klagevortrag ergeben soll, dass es unter den mit der Klage geltend gemachten Patentanspruch subsumiert werden kann. Ort und/oder Zeit der angegriffenen Handlungen können für die Definition des Streitgegenstandes nur Bedeutung erlangen, soweit es entweder nach dem Gesetz (etwa vor oder nach Veröffentlichung der Patenterteilung oder innerhalb oder außerhalb des territorialen Geltungsbereiches des Patentgesetzes begangene Handlungen) oder auf Grund einer entsprechenden Beschränkung des Klageantrages (etwa bei einer auf Handlungen während eines Teils der Patentlaufzeit beschränkten Schadenersatzklage) insoweit auf den Ort oder den Zeitpunkt der Handlung ankommt. Der Streitgegenstand einer Patentverletzungsklage wird demgemäß regelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produktes im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruches bestimmt (BGH, a.a.O. – Rohrreinigungsdüse II, Tz. 18, 19, 22 m.w.N.). Auf etwaige Produktbezeichnungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; auch jede weitere Ausführungsform, deren technische Ausgestaltung in Bezug auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruches mit derjenigen des zunächst erörterten Ausführung übereinstimmt, gehört mit zum ursprünglichen Streitgegenstand, der sich auf sämtliche ebenso beschaffenen Ausführungsformen erstreckt. Die Identität des Klagegrundes wird erst aufgehoben, wenn dieser Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhaltes durch neue Tatsachen verändert wird (BGH, a.a.O. – Rohrreinigungsdüse II, Tz. 18 a.E.), etwa weil Merkmale des geltend gemachten Patentanspruches durch eine andere Ausgestaltung verwirklicht sein sollen als bei der ursprünglich angegriffenen Vorrichtung (BGH, a.a.O., Tz. 20). Eine Fallgestaltung der letztgenannten Art liegt hier jedoch zweifellos nicht vor.

Im Hinblick auf die hier in Rede stehende erfindungsgemäße Ausgestaltung unterscheiden sich die zusätzlichen Ausführungsformen 9 bis 13 unstreitig nicht von den schon von Anfang an streitbefangenen Vorrichtungen. Deshalb sind auch sie schon vom Urteil des Landgerichts erfasst, auch wenn sie im Erkenntnisverfahren nicht ausdrücklich erwähnt worden sind. Sie fallen infolgedessen auch unter eine bereits ausgesprochene Verurteilung zur Rechnungslegung und werden auch von einer Feststellung der Verpflichtung zum Schadenersatz erfasst (vgl. BGH, GRUR 2004, 755 – Taxameter). Über diese Übereinstimmung hätte auch nicht ernsthaft gestritten werden können, und die Beklagte hat dies vorgerichtlich auch nicht dadurch getan, dass sie in ihrer Antwort auf die Abmahnung der Klägerin ausgeführt hat, die Ausführungsformen 9 – 13 seien nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Denn sie hat diese Ansicht nicht näher begründet und insbesondere nicht behauptet, ihre Ausbildung weiche im Hinblick auf die klagepatentgemäßen Merkmale von derjenigen der bisher streitgegenständlichen Ausführungsformen 1 – 8 ab.

D.

Dass die Beklagte der Klägerin infolge der vorstehend dargelegten Schutzrechtsverletzung zur Unterlassung, zur Auskunft und Rechnungslegung, zum Rückruf der angegriffenen Erzeugnisse und zum Schadenersatz verpflichtet ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil (Abschnitt IV. der Entscheidungsgründe; Umdruck S. 27 – 30) ausgeführt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

E.

Eine Aussetzung bis zum Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens kommt nicht in Betracht. Das Bundespatentgericht hat sich mit den Einwänden der Nichtigkeitsklägerin gegen die Schutzfähigkeit ausführlich auseinander gesetzt. Über diese fachkundigen Ausführungen könnte sich der Senat auch nicht aus eigener Sachkunde hinwegsetzen; eine Beweisaufnahme im Rahmen der Prognose über die Erfolgsaussichten eines gegen ein erteiltes Patent ergriffenen Rechtsbehelfes im Rahmen einer Entscheidung über eine Aussetzung findet im Verletzungsrechtsstreit jedoch nicht statt. Sie wäre im Verfahren über den Rechtsbestand des Schutzrechtes nicht verbindlich und griffe letztlich auch in die Kompetenz der zur Entscheidung über den Rechtsbestand berufenen Stellen ein. Offensichtliche Fehler, die auch für die technisch nicht vorgebildeten Mitglieder des angerufenen Senates evident sind und bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie im Nichtigkeitsberufungsverfahren behoben werden, sind nicht erkennbar. Ergänzend nimmt der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug (Umdruck S. 30 – 34, Abschnitt V. der Entscheidungsgründe).

Soweit die Beklagte im Nichtigkeitsberufungsverfahren zusätzlichen Stand der Technik herangezogen hat, vermag dieser die notwendige Erfolgswahrscheinlichkeit schon deshalb nicht zu begründen, weil der Bundesgerichtshof in seinem Bescheid vom 14. Mai 2012 (Anlage TW 10) die verspätete und unentschuldigte Vorlage der betreffenden Druckschriften beanstandet hat und infolge dessen ungewiss ist, ob sie im Nichtigkeitsberufungsverfahren überhaupt Berücksichtigung finden werden. 5 der 10 dort neu vorgelegten Druckschriften, nämlich die britische Patentschrift 549 XYZ (D 8), die DE 61XZX (D 11) und die US-Patentschriften 4 728 XZY (D 12), 4 704 XZZ (D 13) und 5 010 YXX (D 14) hat das Europäische Patentamt darüber hinaus bereits im Erteilungsverfahren als nicht schutzhindernd bewertet, wie sich aus seinem Recherchebericht vom 25. April 2003 (Anlage HL 20) ergibt. Diese wie auch die im Erteilungsverfahren noch nicht berücksichtigten Druckschriften sollen im übrigen auch nicht die Neuheit des Klagepatentes, sondern nur in Kombination mit der vom Bundespatentgericht (Anlage TW 8, S. 23 f.) bereits gewürdigten deutschen Offenlegungsschrift 100 32 YXY (D 1) dessen Erfindungshöhe in Abrede stellen. Von diesen Druckschriften hat die Beklagte im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit nur die japanische Gebrauchsmusterschrift 63-133YXZ (D 7; Anlage TW 12), die japanische Patentschrift 8-258YYX (D 5, Anlage TW 15) und die US-Patentschrift 4 406 504 (D 4, Anlage TW 14) zu den Akten gereicht. Dass eine der im Nichtigkeitsberufungsverfahren geltend gemachten Druckschriftenkombinationen für den technisch nicht vorgebildeten Senat den Durchschnittsfachmann am Prioritätstag evident und zwingend zum Gegenstand des aufrecht erhaltenen Klagepatentanspruches 1 geführt hätte, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

III.

Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen; die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Als reine Einzelfallentscheidung wirft die Rechtssache keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts einer Entscheidung durch den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht bedürften.