4a O 375/06 – Wasserbehandlung II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 645

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. August 2007, Az. 4a O 375/06

Rechtsmittelinstanz: 2 U 82/07

I. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren – die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) und 2) zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen – zu unterlassen,
ein Ionenaustauschermaterial in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern zur Durchführung eines Verfahrens zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, bei dem die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, bei dem weiter ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird.

II. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt,
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) bis 3) die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2005 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Inhalten, Leistungsentgelten sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der einzelnen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinnes,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist oder nicht.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2005 entstanden ist oder noch entstehen wird.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 90 %, die Klägerin zu 10 %.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 220.000,- €. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:
Die Klägerin ist seit dem 17. März 2005 im Patent- und Gebrauchsmusterregister des DPMA eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 0 957 xxx (nachfolgend: Klagepatent), das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde. Das in deutscher Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent wurde am 24. März 1998 angemeldet, die Anmeldung am 17. November 1999 veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 20. April 2005. Das Klagepatent steht in Kraft, die Klagepatentschrift liegt als Anlage K14 vor.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Fällen oder Ausflocken von Inhaltsstoffen aus Lösungen. Der mit der vorliegenden Klage in erster Linie geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der eingetragenen Fassung:
Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird.

Hinsichtlich des Wortlauts der im Wege von Insbesondere-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 4, 5, 11, 12 und 14 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K14) verwiesen.
Gegen das Klagepatent ist eine Nichtigkeitsklage der Beklagten bei dem Bundespatentgericht zu dem Aktenzeichen 3 Ni 30/06 (EU) anhängig (Anlage II Bo 2), über die bislang nicht entschieden wurde. Im Nichtigkeitsverfahren verteidigt die Klägerin Anspruch 1 des Klagepatents nur in dem nachfolgend wiedergegebenen eingeschränkten Umfang (vgl. Anlage II Bo 5):
Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird.

Die weiteren mit der Klage gleichzeitig geltend gemachten Schutzrechte, das europäische Patent 1 098 706 (betreffend ein Verfahren zum Überführen eines vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form) und das deutsche Gebrauchsmuster 299 23 331.6, das eine Wasserbehandlungseinrichtung zur Durchführung des klagepatentgemäßen Verfahrens betrifft, sind Gegenstand der parallelen Verfahren 4a O 263/06 und 4a O 381/06. Alle mit der Klage geltend gemachten Schutzrechte stehen in Zusammenhang mit dem Fällen und Ausflocken von Inhaltsstoffen (insbesondere Kalk) aus Lösungen. Während das Verfahren hierzu durch das Klagepatent und die dabei verwendete Wasserbehandlungseinrichtung durch das Gebrauchsmuster DE 299 23 331.6 (Rechtsstreit 4a O 381/06) geschützt werden, befasst sich das EP 1 098 706 (Rechtsstreit 4a O 263/06) mit einem Verfahren zur Herstellung des hierbei verwendeten Ionenaustauschermaterials.

Eingetragene Erfinder des Klagepatents sowie des europäischen Patents 1 098 xxx sind die Herren A und B, die zum damaligen Zeitpunkt bei der C GmbH im Bereich Technik und Forschung beschäftigt waren. A ist heute Mitgeschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin. Die C GmbH hatte ihren Sitz in Innsbruck (Österreich) und fiel am 15. Februar 1999 in Konkurs. Sie befasste sich mit der Entwicklung von Produkten und Verfahren zur chemiefreien Behandlung von Flüssigkeiten, insbesondere Trinkwasser, sowie mit der Entwicklung und Anwendung von Verfahren und Vorrichtungen zur Fertigung dieser Produkte. In Vereinbarungen der Herren Dr. A und Dr. B mit der C GmbH vom Dezember 1997 war vereinbart, dass diese die Schutzrechte gegen Vergütung nutzen konnte, wobei ihr Übertragungen der Schutzrechte gestattet waren. Die Vereinbarung stand unter der auflösenden Bedingung, dass die übertragenen Rechte im Konkursfall der C GmbH an die Herren Dr. A und Dr. B als Erfinder zurückfallen sollten. Als diese mit Eröffnung des Konkursverfahrens die Übertragung vom Masseverwalter begehrten, geschah dies mit Ausnahme des Klagepatents. Der seinerzeitige Geschäftsführer der C GmbH,D sen., hatte dieses im November 1998 und damit vor Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Wissen der Herren Dr. A und Dr. B auf seinen Sohn,D jun, übertragen. Nachdem die eingetragenen Erfinder die Übertragung gerichtlich angefochten hatten, wurde D (jun.) zur Einwilligung in die Rückübertragung der Anmeldung des Klagepatents verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck liegt als Anlage K1 (wie auch die Anlagen K2 und K3: zum Ausgangsverfahren 4a O 263/06) vor. Es ist nach Bestätigung in der Berufungs- (Anlage K2) und Revisionsinstanz (Anlage K3) rechtskräftig. Die eingetragenen Erfinder des Klagepatents und des EP 1 098 706 brachten beide Schutzrechte in die von ihnen gegründete Klägerin ein. Vor der seit dem 17. März 2005 als Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents eingetragenen Klägerin war die „C GmbH i.K.“ eingetragene Inhaberin der Klagepatentanmeldung.

Herr D gründete mit Gesellschaftsvertrag vom 01. März 1999 die Beklagte zu 1) und mit Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1999 die Beklagte zu 2). Nachdem er im Januar 2003 als Geschäftsführer beider Gesellschaften ausgeschieden war, ist die Beklagte zu 3) – seine Tante – Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) und 2).
Die Beklagte zu 2) vertreibt Geräte zur Wasserbehandlung, die in Verbindung mit einem mitgelieferten Granulat dazu dienen, Kalk aus Wasser auszufällen. Die Beklagte zu 2) bietet unter anderem über das Internet so genannte C-Geräte an, deren Arbeitsweise ausweislich der als Anlagen K17 und K18 in Kopie zur Akte gereichten Informationen nach dem dort so genannten „C-Effekt“ wie folgt beschrieben wird:
„Beim Durchfließen des C-Gerätes überströmen die im Wasser gelösten Kalkmoleküle die Oberflächen eines ganz neu entwickelten Granulates, das positiv als Catalysator wirkt: Die Granulat-Oberflächen sind so gestaltet, dass die Kalkmoleküle bei Berührung dieser Matrix in kristalliner Form ausfällen und sehr schnell zu Calcitkristallen auswachsen.
Nach Abschluss dieses immer gleichen Wachstums im C Catalysator haften diese Kristalle nicht mehr an anderen Oberflächen und werden schwebend im Wasser mitgeführt.“ (Anlage K17)

In der über das Internet abrufbaren und den Geräten in gedruckter Form beigelegten „Montage- und Betriebsanleitung mit technischen Daten“ (auszugsweise als Anlage K18 vorgelegt) werden Aufbau und Funktion des C-Gerätes wie folgt beschrieben:
„Der C X CATALYSATOR® besteht aus einem Polyglastank mit einem Anschlusskopf.
Der Behälter ist mit kugelförmigem CATALYSATOR® Material gefüllt. In dieses Bett aus Granulat strömt das Wasser durch den Anschlusskopf und das Zulaufrohr ein.
(…)
Durch Kontakt der im Wasser gelösten Kalkbestandteile mit der Oberfläche des CATALYSATOR® Granulates im Schwebebett erfolgt ein optimales Wachstum von speziellen Antikalk-Kristallen (Impfkristalle). Diese Kristalle bleiben schwebend im Wasser und verhindern so den Kalkansatz.“
Dies stimmt mit der Beschreibung des „Catalysator®-Y“ in der Montage- und Betriebsanleitung gemäß Anlage K21 (mit der Ausnahme, dass dort ein Edelstahltank anstelle eines Polyglastanks erwähnt wird) überein.

In der im Internet unter der Adresse „www.C.de“ (Inhaberin dieser Domain ist die Beklagte zu 2)) abrufbaren „C-Fibel“ wird auf Blatt 2 einem „chemischen Enthärter“ der „Vorteil von C“ wie folgt gegenübergestellt (vgl. Anlage K20):
„Das C®-Gerät arbeitet mit einer katalytischen Oberfläche, die auf einem kleinen Keramikgranulat hinterlegt ist. Bei Kontakt des Trinkwassers mit dieser Keramikoberfläche bilden sich auf natürliche Weise zunächst in der Stufe 1 sogenannte „Impfkristalle“, die mit dem Wasser weiter in die Hauswasserinstallation getragen werden.
Sofort nach Bildung der C®-Impfkristalle binden diese Impfkristalle weiter den im Wasser gelösten Kalk auf ihren Oberflächen. Dabei bilden sich kleine Kalkkristalle, die nicht größer als 30 µm werden (1/1000 mm = 0,001 mm, zum Vergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 180 µm). Diese Kristalle werden mit dem Wasser mitgetragen und haften nicht mehr an Oberflächen an.
Durch diese neue Struktur werden Kalkablagerungen verhindert, ohne dass sich die Zusammensetzung des Wassers in seiner Natürlichkeit geändert hat. Das Wasser bleibt frei von Chemikalien. Das Gerät bedarf keiner besonderen Wartung.“

Das in den Zitaten aus Anlagen K17, K18 und K21 so genannte „kugelförmige CATALYSATOR® Material“ (Granulat) wird von der Beklagten zu 1) hergestellt und teils direkt an die Abnehmer, teils an die Beklagte zu 2) vertrieben, die es an dritte Abnehmer weiterliefert. Es wird nachfolgend auch als angegriffene Ausführungsform bezeichnet.

Die Klägerin behauptet, die Beklagten böten ungeachtet der Rückübertragung der Schutzrechte auf die Herren Dr. A und Dr. B weiterhin ein Ionenaustauschermaterial zur Durchführung des vom Klagepatent geschützten Verfahrens an und vertrieben dieses: In dem C-Gerät, für welches das angegriffene Ionenaustauschermaterial angeboten und vertrieben werde, komme das Verfahren nach Anspruch 1 des Klagepatents zur Anwendung. Insbesondere handele es sich um eine katalytische Fällung im Sinne des Klagepatents, weil sich das Ionenaustauschermaterial nicht verbrauche.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu 1) bis 3) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
ein Ionenaustauschermaterial in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern zur Durchführung eines Verfahrens zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, bei dem die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, bei dem weiter ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird, insbesondere das Ionenaustauschermaterial anzubieten oder zu liefern in Verbindung mit den zu der Anwendung dieses Verfahrens geeigneten Geräten und den zugehörigen Gebrauchsanleitungen;

II. die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) bis 3) die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 18. Dezember 1999 (Veröffentlichung der Patentanmeldung: 17. November 1999) begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Inhalten, Leistungsentgelten sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der einzelnen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinnes,
wobei diese Verpflichtung die Beklagte zu 3) erst für die Zeit ab dem 20. Mai 2005 trifft,
wobei die Angaben zu d) erst für die Zeit ab dem 20. Mai 2005 verlangt werden und
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist oder nicht;

III. festzustellen,
1. dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, der Klägerin für die in Ziffer I. bezeichneten und in der Zeit vom 18. Dezember 1999 bis zu 20. Mai 2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu bezahlen;
2. dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2005 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,

hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage, die die Beklagten gegen das Klagepatent EP 0 957 066 bei dem Bundespatentgericht eingereicht haben und die dort unter dem Aktenzeichen 3 Ni 30/06 (EU) anhängig ist, auszusetzen.

Sie meinen, dem Unterlassungsantrag fehle es derzeit – vor rechtskräftiger Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage und die Berechtigung der eingeschränkten Verteidigung des Klagepatents – an einem entsprechenden Patentanspruch. Die Einschränkung sei insoweit in unzulässiger Weise erfolgt, als das eingefügte Merkmal, nach dem die funktionellen Gruppen an der Oberfläche des Ionenaustauschermaterials „vor dem Kontakt mit der Lösung“ mit Gegenionen beladen sind, in der Patentschrift keine Offenbarungsgrundlage finde. Unabhängig davon sei Patentanspruch 1 neuheitsschädlich vorweggenommen.
Die Beklagten bestreiten eine Eignung und Bestimmung des angegriffenen Ionenaustauschermaterials, bei dem vom Klagepatent geschützten Verfahren benutzt zu werden. Bei dem angegriffenen Ionenaustauschermaterial und den von der Beklagten zu 2) angebotenen und vertriebenen Geräten werde die Fällung nicht katalytisch, das heißt ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt. Stattdessen erfolge die Ausfällung von gelöstem Kalk unter Bildung kleiner Kalkkristallkeime unter ständigem Ionenaustausch von an den funktionellen Gruppen angelagerten Gegenionen durch Kalziumionen aus der Lösung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen (das heißt mit Ausnahme des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs) begründet.
Der Klägerin stehen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 2 Satz 1; 10 Abs. 1 PatG; §§ 242; 259 BGB zu. Nicht begründet ist die Klage jedoch, soweit die Klägerin Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten zu 1) und 2) für patentverletzende Handlungen seit dem 18. Dezember 1999 sowie vorbereitende Auskunft und Rechnungslegung geltend macht.
Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO ist schließlich nicht veranlasst.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Fällen oder Ausflocken von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird.
Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt, lassen sich störende ionische Inhaltsstoffe aus einer Flüssigkeit entfernen, indem man sie in die Form eines schwerlöslichen Salzes bzw. Minerals überführt und damit fällt. Im Stand der Technik bekannt waren Ionenaustauscher, bei denen beispielsweise anlagernde Na-Ionen im Wasser durch Ca-Ionen ausgetauscht wurden. Ca2+-Ionen in Wasser würden – so die Beschreibung des Klagepatents weiter – großtechnisch entfernt, indem man sie im Rahmen einer so genannten Entkarbonisierung als CaCO3 (Kalk) fällt, wobei diese Reaktion durch den pH-Wert gesteuert werde (Anlage K14, Abschnitte [0002] und [0003], Spalte 1, Zeilen 7-16).
Das Klagepatent kritisiert die herkömmlichen Verfahrenstechniken, weil es bei ihnen schwierig sei, bei der Einbringung des Fällungsmittels lokale Überdosierungen zu vermeiden. Diese könnten in unerwünschter Weise zu einer Fällung von an sich weniger löslichen Wasserinhaltsstoffen führen (Anlage K14, Abschnitt [0005], Spalte 1, Zeilen 27-35). Bei der Wasseraufbereitung verwendete Ionenaustauschermaterialien, die es ermöglichten, unerwünschte Ionen gegen erwünschte oder für den jeweiligen Verwendungszweck weniger störende Ionen auszutauschen (Enthärtungsanlagen), hätten alle gemeinsam, dass die aus dem Wasser entfernten Ionen an das Harz (das Ionenaustauschermaterial) gebunden werden. Dies habe zur Folge, dass das Harz, wenn seine Kapazität erschöpft ist, für den Enthärtungsprozess „verbraucht“ ist und regeneriert werden muss. Bei dem erforderlichen Regenerationsprozess ließen sich beispielsweise die aufkonzentrierten Schwermetallionen aus dem Regenerat entfernen (Anlage K14, Abschnitt [0008], Spalte 1, Zeile 44 bis Spalte 2, Zeile 5).
Ausgehend von diesem Stand der Technik hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, ein verbessertes Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, insbesondere Wasser, anzugeben (vgl. Anlage K14, Abschnitt [0007], Spalte 1, Zeilen 40-42).
Diese Aufgabe soll durch die Kombination folgender Merkmale gelöst werden, wobei die dem Patentanspruch 1 im Nichtigkeitsverfahren von der Klägerin neu hinzugefügten Merkmale bereits berücksichtigt sind:
Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen;
(1) die Lösung wird mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht;
(2) das Ionenaustauschermaterial ist schwachsauer;
(3) das Ionenaustauschermaterial weist an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen auf;
(4) die funktionellen Gruppen sind vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen;
(5) die Fällung wird katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt.

Die dem Klagepatent entsprechende Lehre sieht mithin in Abgrenzung zum kritisierten Stand der Technik vor, das Ionenaustauschermaterial für einen von ihr als „katalytisch“ bezeichneten Fällungsprozess zu verwenden (Anlage K14, Abschnitt [0009], Spalte 2 Zeilen 6-9). Darunter versteht das Klagepatent eine Bindung beispielsweise der in der Lösung (etwa dem kalkhaltigen Wasser) enthaltenen Ionen an die entsprechenden Gegenionen (etwa Ca-Ionen) des Ionenaustauschers, mit der Folge, dass sich entsprechende Kristallkeime (etwa Kalkkristallkeime) bilden (vgl. Anlage K14, Abschnitte [0010], Spalte 2, Zeilen 9-24, und [0028], Spalte 5, Zeilen 21-25). Dies setzt nach der Beschreibung in Abschnitt [0010] die Verwendung eines speziell konditionierten Ionenaustauschermaterials voraus, das geeignete Wachstumsstellen zur Verfügung stellt, an denen der Ausfall stattfinden kann. Als geeignete Wachstumsstellen nennt das Klagepatent Kristallkeime der zu fällenden Phase oder spezielle heterogene Oberflächen, die „die Keimbildungsarbeit deutlich erniedrigen“ und so die Bildung heterogener Keime im Bereich niedriger Übersättigungen ermöglichen. Ein Beispiel für eine solche Lösung sei Wasser, das bezüglich Kalk übersättigt ist. Für die katalytische Fällung von Kalk eigne sich daher ein mit Ca2+-Ionen vorzugsweise vollständig beladenes schwachsaures Ionenaustauschermaterial, das in kalkhaltigen Lösungen auf katalytischem Wege Kalkkristallkeimbildung auslöse (vgl. Anlage K14, Abschnitt [0028], Spalte 5, Zeilen 21-25).
Indem Merkmal 5 von einer „katalytisch“ bewirkten Fällung spricht und diese dahin erläutert, dass sie ohne einen Ionenaustausch der Gegenions mit Ionen aus der Lösung stattfinde, mag die Terminologie des Klagepatents nicht der herkömmlichen Bedeutung des Begriffes „katalytisch“ entsprechen, worunter in der Chemie allgemein verstanden wird, dass eine chemische Reaktion durch die bloße Anwesenheit eines Stoffes (des Katalysators) veranlasst oder begünstigt wird. Dieses abweichende Begriffsverständnis ist aber unschädlich, zumal es sich im Falle des Klagepatents nicht um chemische, sondern rein physikalische Vorgänge handelt. Entscheidend ist, dass das Klagepatent den Begriff der „katalytischen“ Fällung ohne weiteres autonom mit einem Bedeutungsgehalt belegen kann, der von dem allgemein üblichen Verständnis abweicht; insofern stellt die Patentschrift „ihr eigenes Lexikon“ dar (BGH, GRUR 1999, 929, 912 – Spannschraube). Unter Berücksichtigung des in der Patentbeschreibung gewürdigten Standes der Technik geht es der Lehre des Klagepatents darum, die Nachteile einer bekannten Einbringung des Fällungsmittels, die Gefahr einer lokalen Überdosierung und die Erforderlichkeit einer regelmäßigen Regeneration des Ionenaustauschermaterials, zu vermeiden. Insbesondere im Zusammenhang mit der Regeneration bei erschöpfter Kapazität des Ionenaustauschermittels hebt die Beschreibung die Neuartigkeit der Idee des Klagepatents hervor, ein Ionenaustauschermaterial zum Induzieren eines katalytischen Fällungsprozesses zu verwenden (Anlage K14, Abschnitt [0009], Spalte 2, Zeilen 6-8).
Daran wird deutlich, dass der Prozess deshalb als „katalytisch“ beschrieben wird, weil im Gegensatz zu bekannten Ionenaustauschern primär kein Ionenaustausch stattfindet, so dass das Ionenaustauschermaterial einschließlich seiner funktionellen Gruppen (eben wie ein Katalysator in der Chemie) nicht verbraucht wird, sondern einen Prozess (hier die Kalkkristallkeimbildung in der Lösung) begünstigt. Dass insbesondere in Zusammenhang mit der katalytischen Fällung von Kalk nicht jede Art von Ionenaustausch der im Sinne des Klagepatents „katalytischen“ Wirkung entgegen stehen kann, belegt auch die Beschreibung eines Anwendungsbeispiels im Klagepatent. So heißt es unter der Überschrift „Katalytische Fällung von Kalk“ (Anlage K14, Spalte 5 Zeile 19) zunächst, dass ein mit Ca2+-Ionen vorzugsweise vollständig beladenes schwachsaures Ionenaustauschermaterial in kalkhaltigen Lösungen auf katalytischem Wege eine Kalkkristallbildung auslöse (Anlage K14, Abschnitt [0028], Spalte 5 Zeilen 21-25). Nach Beschreibung des Entkarbonisierungsprozesses in den beiden folgenden Abschnitten stellt Abschnitt [0031] (Anlage K14, Spalte 5 Zeilen 54-58) klar, dass die Erfindung keineswegs auf bekannte Ionenaustauschermaterialien beschränkt sei; wesentlich sei vielmehr nur, dass das verwendete Material aktive Gruppen tragen könne, die in der Lage seien, „Ionen aus der Lösung aufzunehmen und dafür andere abzugeben“. Nicht jede Art von Ionenaustausch führt mithin bereits aus dem Klagepatent hinaus, sondern nur ein solcher, der im Ergebnis zu einem „Verbrauch“ der Gegenionen auf den funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials führt und damit eine regelmäßige Regeneration des Materials erforderlich macht. Dies deckt sich mit der Aufgabenstellung des Klagepatents, die bekannten Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, die eine solche Regeneration jeweils erfordern, zu verbessern.

II.
Die Klägerin ist entgegen der von den Beklagten geäußerten Ansicht nicht daran gehindert, ihren Unterlassungsantrag im vorliegenden Verletzungsprozess auf die im Nichtigkeitsverfahren durch zusätzliche Merkmale eingeschränkte Fassung des Hauptanspruchs 1 zu stützen. Die Beklagten sind der Auffassung, das Klagepatent habe gegenwärtig keinen der eingeschränkten Verteidigung entsprechenden Hauptanspruch, weil es mit ihm erst nach einem rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens oder nach Durchführung eines Patentbeschränkungsverfahrens Gültigkeit hätte. Dennoch steht es der Klägerin frei, das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren nur in einer eingeschränkten Fassung, die vom Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist, zu verteidigen und ihren Unterlassungsantrag im Verletzungsprozess daran anzupassen, wenn sie meint, nur auf diese Weise einer Aussetzung desselben entgehen zu können. In Zusammenhang mit der Aussetzung mag sodann berücksichtigt werden, dass der eingeschränkte Antrag noch nicht Gegenstand eines Erteilungsbeschlusses war; auch wird dort der Frage nachzugehen sein, ob in der Aufnahme der beschränkenden Merkmale nicht eine unzulässige Erweiterung liegt, ob sie mithin bereits in der veröffentlichten Klagepatentanmeldung als zur Erfindung gehörig offenbart wurden. Im vorliegenden Fall betrifft dies die von den Parteien kontrovers diskutierte Frage, ob derjenige Teil des Merkmals 4, wonach die funktionellen Gruppen vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen worden sind, der Anmeldung als zur Erfindung gehörig zu entnehmen ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Verletzungsklägerin ihren Unterlassungsantrag gegenüber den erteilten Ansprüchen durch weitere Merkmale einschränken kann, weil sie auch damit den Anwendungsbereich nicht erweitert.

III.
Die mit dem geltend gemachten Unterlassungsantrag angegriffenen Ionenaustauschermaterialien, die von der Beklagten zu 1) hergestellt, angeboten und vertrieben, von der Beklagten zu 2) nur angeboten und vertrieben werden (in beiden Fällen handelnd durch die Beklagte zu 3) als ihre gesetzliche Vertreterin), sind Mittel, die sich im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG auf ein wesentliches Element der Erfindung nach dem Klagepatent beziehen und dazu geeignet und bestimmt sind, für die Ausübung des von Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens verwendet zu werden.

1.
Die gesetzliche Vorschrift des § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG, auf welche die Klägerin ihren Unterlassungsantrag vorrangig stützt, ist zur Begründung dieses Antrags, der auf das Anbieten und Liefern eines Ionenaustauschermaterials gerichtet ist, in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG nicht geeignet. Nach § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, zur Anwendung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, wenn der Dritte weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist. Bereits diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG für einen Antrag, der beklagten Partei das Anbieten und Liefern eines Erzeugnisses zur Durchführung eines im Antrag näher beschriebenen und vom Klagepatent geschützten Verfahrens zu untersagen, keine geeignete Grundlage bietet. Das Klagepatent schützt ein Verfahren, welches ein mit bestimmten Eigenschaften versehenes Ionenaustauschermaterial zwingend voraussetzt. Das Anbieten von Mitteln (seien es Hilfsmittel oder Vorrichtungen) zur Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist gegenüber § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG in § 10 PatG gesondert geregelt (vgl. Benkard/Scharen, PatG, GebrMG, 10. Auflage 2006, § 9 Rn. 52 a.E.). Es besteht daher nicht einmal ein Bedürfnis, zum wirksamen Schutz eines patentgemäßen Verfahrens den Verbotstatbestand des § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG auch auf hierfür benötigte Hilfsmittel zu erstrecken. Dass die Klägerin offenbar (auch) ein Anbieten des Verfahrens vor Augen hatte, wie sich nicht nur der Klagebegründung, sondern auch dem Zusatz am Ende ihres Unterlassungsantrags entnehmen lässt („insbesondere … in Verbindung mit den zu der Anwendung dieses Verfahrens geeigneten Geräten und den zugehörigen Gebrauchsanweisungen“), der angibt, worin ein „Anbieten des Verfahrens“ hier im Tatsächlichen gesehen werden könnte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Unterlassungsantrag nun einmal auf ein Anbieten (und Liefern) der Ionenaustauschermaterialien gerichtet ist, die zur Durchführung des geschützten Verfahrens benötigt werden. Richtiger Ansatzpunkt hierfür ist allein § 10 Abs. 1 PatG, nicht § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG. Des Zusatzes „insbesondere das Ionenaustauschermaterial anzubieten oder zu liefern in Verbindung mit den zu der Anwendung dieses Verfahrens geeigneten Geräte und den zugehörigen Gebrauchsanleitungen“ bedarf es auf der Grundlage einer Verurteilung nach §§ 139 Abs. 1; 10 Abs. 1 PatG nicht; er ist nicht nur als „Insbesondere-Antrag“ im Rahmen der Verurteilung entbehrlich, sondern auch auf ein Anbieten des Verfahrens nach § 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG zugeschnitten.

2.
Das angegriffene Ionenaustauschermaterial ist ein Mittel, das dazu geeignet und bestimmt ist, für die Benutzung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Klagepatents in der eingeschränkt verteidigten Fassung verwendet zu werden. Dem Vorbringen der Klägerin, dass das im Einbauzustand der „C-Geräte“ durch das „Catalysator®-Material“ (Granulat) strömende Leitungswasser als die zu behandelnde Lösung bestimmungsgemäß mit dem angegriffenen Ionenaustauschermaterial in Kontakt zu bringen ist (Merkmal 1), sind die Beklagten ebenso wenig entgegengetreten wie der Eignung der angegriffenen Ausführungsform zur Verwirklichung der Merkmale 2 bis 4. Es kann daher als unstreitig zugrunde gelegt werden, dass das angegriffene Ionenaustauschermaterial schwachsauer ist und an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen wurden.
Die Beklagten bestreiten lediglich, dass es bei den angegriffenen Ionenaustauschermaterialien zu einer „katalytischen Fällung“ im Sinne des Merkmals 5 komme, die Fällung also – wie der Anspruchswortlaut selbst erläutert – ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung bewirkt wird. Bei dem Einsatz des Ionenaustauschermaterials der Beklagten erfolge die Ausfällung von im Wasser gelöstem Kalk unter Bildung kleiner Kalkkristallkeime vielmehr unter ständigem Austausch von an den funktionellen Gruppen angelagerten Gegenionen durch Kalziumionen aus der Lösung. Darüber hinaus ziehen die Beklagten in Zweifel, dass es physikalisch überhaupt möglich sein sollte, eine Fällung ohne ständigen Ionenaustausch von am Ionenaustauschermaterial angelagerten Gegenionen durch Ionen aus der Lösung zu bewirken.
Mit ihrem Vortrag zu den physikalischen Vorgängen bei Kontakt des angegriffenen Ionenaustauschermaterials mit Wasser haben die Beklagten die Eignung ihres „Catalysator® Materials“ zur Ausführung des Verfahrensschrittes nach Merkmal 5 nicht in rechtlich erheblicher Weise (§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO) in Abrede gestellt. Nach den von der Beklagten zu 2) zu verantwortenden Werbeaussagen (wie sie etwa in den Anlagen K17 und K20 dokumentiert sind) bilden sich auf dem Granulat bei Kontakt mit Wasser so genannte „Impfkristalle“. Dabei handelt es sich um Kalkkristallkeime, die mit dem Wasser weiter in die Hauswasserinstallation getragen werden. Im Wasser binden sie weiter den dort gelösten Kalk auf ihren Oberflächen, so dass sich schließlich kleine Kalkkristalle ausbilden, die mit dem Wasser mitgetragen werden und nicht mehr an Oberflächen anhaften, was zur Verhinderung von Kalkablagerungen führt, „ohne dass sich die Zusammensetzung des Wassers in seiner Natürlichkeit geändert hat“ (Anlage K20, Seite 2 letzter Absatz). In der Montage- und Betriebsanleitung nach Anlage K18 (Seite 4 des Prospekts, rechte Spalte unter a)) wird dies so beschrieben, dass durch den Kontakt der im Wasser gelösten Kalkbestandteile mit der Oberfläche des „Catalysator® Granulates“ im Schwebebett ein optimales Wachstum von speziellen „Antikalk-Kristallen (Impfkristallen)“ erfolge, die schwebend im Wasser bleiben und so den Kalkansatz verhindern würden. Sieht man davon ab, dass es sich erkennbar nicht um „Antikalk-Kristalle“ (was auch immer dies sein sollte), sondern um das in Anlage K18 in tausendfacher Vergrößerung gezeigte „katalytisch gebildete Calcitkristall“ handelt, belegen die Werbeaussagen der Beklagten, dass der in der Beschreibung des Klagepatents (insbesondere in Abschnitt [0010], Anlage K14, Spalte 2, Zeilen 18-23) beschriebene Mechanismus zum Tragen kommt: Kristallkeime der zu fällenden Phase stehen als geeignete Wachstumsstellen zur Verfügung. Sie fördern die Keimbildung und ermöglichen die Bildung heterogener Keime (auch) im Bereich niedriger Übersättigungen.
Dass dies „katalytisch“ im Sinne des Klagepatents erfolgt, ergibt sich ebenfalls aus den vorliegenden Aussagen der Beklagten zu 2) zur Funktionsweise des angegriffenen Granulats in den von ihr angebotenen und vertriebenen C-Geräten: Denn diese werden ausdrücklich damit beworben, dass das Gerät keiner besonderen Wartung bedürfe (Anlage K20, Seite 2, letzter Absatz a.E.), während die in der „C-Fibel“ zum Vergleich beschriebenen „chemischen Enthärter“ unter anderem den Nachteil aufweisen sollen, dass sie regelmäßig technisch gewartet und alle ein bis zwei Wochen regeneriert werden müssten (Anlage K20, Seite 2, zweiter Absatz oben). Mit den beworbenen Geräten soll es unter Verwendung des angegriffenen Ionenaustauschermaterials mithin möglich sein, ein Ausfällen von Kalk aus Wasser zu bewirken, ohne dass eine regelmäßige Regeneration durchzuführen ist. Dies belegen auch die seitens des Klägervertreters im Termin vorgelegten Ausschnitte „C® – Chemiefreie Wasserbehandlung“, wo es auf Seite 23 unten heißt:
„Es wird nichts an das Wasser abgegeben und nichts aus dem Wasser aufgenommen.
Das Gerät bedarf keiner besonderen Wartung.“
In der Tabelle auf Seite 25 der vorgenannten Anlage wird der „C® Catalysator®“ in der Spalte „Wartungsfrei“ mit „ja“ gekennzeichnet.
Mit dem angegriffenen Ionenaustauschermaterial wird mithin exakt der vom Klagepatent erstrebte Zweck erreicht, von einer regelmäßigen Regeneration absehen zu können. Das Bestreiten einer Verwirklichung des Merkmals 5 durch die Beklagten ist demgegenüber nicht hinreichend qualifiziert im Sinne des § 138 Abs. 2 und 3 ZPO. Die Beklagten haben nicht aufgezeigt, auf welche alternative Art und Weise der von ihnen ausdrücklich beworbene Effekt erreicht werden sollte, wenn nicht mit dem der Lehre des Klagepatents entsprechenden Mittel nach Merkmal 5. Die Beklagten hätten für ein qualifiziertes Bestreiten positiv angeben müssen, in welcher Weise bei dem von ihnen angebotenen Material bei Kontakt mit der Lösung ein „ständiger Ionenaustausch“ stattfinden und dennoch eine Regeneration des Materials – anders als bei herkömmlichen Ionenaustauschern – nicht erforderlich sein soll. Sie sind auch dem ergänzenden Vortrag der Klägerin, in welcher Weise allenfalls ein Ionenaustausch in geringem Umfang stattfinden könnte, nicht substantiiert entgegengetreten. Die Klägerin ließ auf Seite 6 der Replik vom 26. März 2007 (Bl. 78 GA) vortragen, dass beispielsweise ein Austausch von H+-Ionen gegen Ca-Ionen aus der Lösung dann stattfinde, wenn das ursprünglich in der H-Form vorliegende Ionenaustauschermaterial vor dem Kontakt mit der Lösung nicht vollständig mit Ca-Ionen beladen wurde, dass dies aber nur in geringem Umfang geschehe und den von Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Gesamtprozess nicht beeinträchtige. Gleiches gelte für einen mit geringer Wahrscheinlichkeit denkbaren Austausch eines Ca-Ions aus dem Ionentauscher gegen ein Ca-Ion aus der Lösung, weil auch dies nicht zu einem „Verbrauch“ des Ionenaustauschermaterials führe. Dem sind die Beklagten in der Duplik (Seite 4; Bl. 86 GA) lediglich mit dem unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag entgegengetreten, bei ihrem Verfahren finde „ständig ein laufender Austausch der Gegenionen des Ionenaustauschermaterials mit Ionen aus der Lösung statt“. Ohne eine nähere Substantiierung, wie sich dies mit der beworbenen „Wartungsfreiheit“ des Gerätes vereinbaren lassen soll, war dem nicht nachzugehen. Denn entscheidend für die Verwirklichung des Merkmals 5 ist (vgl. oben unter I.), dass sich das mit Gegenionen beladene Ionenaustauschermaterial in der Anwendung nicht „verbraucht“, gerade weil es in diesem Sinne „katalytisch“ (kristallkeimbildend) eine Fällung des Inhaltsstoffes der Lösung bewirkt.
Für die Würdigung des Bestreitens der Beklagten als prozessual unbeachtlich ist ergänzend auf ihr vorprozessuales Verhalten sowie auf die das Klagepatent betreffenden Vindikationsklagen abzustellen. Die Beklagten führen die Tätigkeit der in Konkurs gefallenen C GmbH, die ihrerseits unstreitig Geräte mit Ionenaustauschermaterialien angeboten und vertrieben hat, die von dem Verfahren des Klagepatents Gebrauch machen, fort; sie benutzen dabei Markenrechte, die früher der C GmbH zustanden. Die eingetragenen Inhaber des Klagepatents mussten gegenüber Herrn. D (jun.) vor österreichischen Gerichten über drei Instanzen hinweg die Inhaberschaft am Klagepatent zurückerstreiten. Dies spricht dafür, dass auch die Beklagten zu 1) und 2), die nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin maßgeblich durch Herrn D (jun.) beeinflusst werden, Vorrichtungen anbieten und vertreiben, welche das Verfahren des Klagepatents benutzen. Dies bekräftigt ihr vorprozessuales Verhalten: In dem als Anlage K17 vorliegenden Internetauftritt der Beklagten zu 2) ist von einer „patentierten Catalysator-Technologie“ die Rede; die Patentberühmung ist Gegenstand des abgetrennten Verfahrens 4a O 382/06. Wie die Beklagte zu 2) in dem vorprozessualen Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 24. Februar 2006, das als Anlage K22 im Ausgangsverfahren 4a O 263/06 vorliegt, zugesteht, bezieht sich der Hinweis „patentiert“ inhaltlich auf das Klagepatent. Indem die Beklagte zu 2) den Hinweis schlicht mit einem Fehler der Werbeagentur erklären ließ, die nicht berücksichtigt habe, dass das Klagepatent nach den geführten Rechtsstreitigkeiten den eingetragenen Erfindern zusteht, gesteht sie implizit zu, dass sie das vom Klagepatent geschützte Verfahren zumindest zum damaligen Zeitpunkt benutzte bzw. C-Geräte und „Catalysator-Granulat“ anbot und vertrieb, welche in der Anwendung von dem geschützten Verfahren Gebrauch machen. Denn andernfalls wäre die Patentberühmung nicht nur in persönlicher (worauf das Schreiben vom 24. Februar 2006 allein hindeutet), sondern auch in sachlicher Hinsicht wettbewerbsrechtlich zu beanstanden gewesen. Die Beklagten haben nicht substantiiert vorgetragen, dass und in welcher Hinsicht sich dies in der Zwischenzeit geändert haben sollte. Ihre Verletzungsargumentation stellt vielmehr darauf ab, dass es generell technisch nicht möglich sei, eine Fällung von Inhaltsstoffen aus Lösungen „katalytisch“, das heißt ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, zu bewirken.
Demgegenüber irrelevant ist es, wenn die Beklagten die Wirkungsweise des „Catalysator-Materials“ als „katalytisch“ beschreiben (Anlage K17, Seite 1, linke Spalte: „als Catalysator wirkt“) oder hervorheben, dass dieses über eine „katalytische Oberfläche“ verfüge (Anlage K20, Seite 2, drittletzter Absatz). Denn es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dort mit einer „katalytischen“ Wirkung inhaltlich dasselbe beschrieben wird, wie im Sinne des Klagepatents. Der Sprachgebrauch des Werbeauftritts muss nicht an das spezifische Begriffsverständnis des Schutzrechts angepasst sein.

3.
Auch die weiteren objektiven und subjektiven Voraussetzung einer mittelbaren Patentverletzung nach § 10 Abs. 1 PatG durch Anbieten und Liefern des Ionenaustauschermaterials liegen vor. Das angegriffenen Ionenaustauschermaterial bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, weil es dazu geeignet ist, sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 in der hier geltend gemachten Fassung auszufüllen. Es ist damit im denkbar stärksten Sinne geeignet, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (vgl. BGH, GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler). Hierfür ist es zugleich bestimmt, weil davon auszugehen ist, dass die Abnehmer es entsprechend der Betriebsanleitung in Verbindung mit einem hierfür geeigneten Gerät in die Hauswasserinstallation einbauen und es dort in Kontakt mit dem Trinkwasser kommen lassen. Die Angebotsempfänger und Belieferten sind zu einer solchen Benutzung nicht berechtigt, weil ihnen die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents dessen Benutzung nicht erlaubt hat und ihnen auch sonst kein Recht zur Benutzung zusteht. Die Beklagten wissen, dass das Ionenaustauschermaterial zu einer Benutzung der Erfindung geeignet und bestimmt ist, zumindest ist ihnen dies aufgrund der Umstände offensichtlich.

IV.
Aus der mittelbaren Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
Die Beklagten sind der Klägerin zur Unterlassung (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; §§ 139 Abs. 1; 10 Abs. 1 PatG) und zum Schadensersatz (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; §§ 139 Abs. 2 Satz 1; 10 Abs. 1 PatG) verpflichtet. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Den Beklagten zu 1) und 2) ist das patentverletzende Handeln der Beklagten zu 3) als ihrer gesetzlichen Vertreterin analog § 31 BGB zuzurechnen. Die Beklagten haften gemäß § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner, weil sie bei den Verletzungshandlungen zusammenarbeiten.
Nicht begründet ist die Klage jedoch hinsichtlich des erstmals mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 geltend gemachten Entschädigungsanspruchs aus Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG für die Benutzung der europäischen Klagepatentanmeldung. Da hier entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung keine unmittelbare (§ 9 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG), sondern ausschließlich eine mittelbare Patentverletzung vorliegt, steht der Klägerin für den Offenlegungszeitraum (einen Monat nach Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents bis einen Monat nach Veröffentlichung seiner Erteilung) kein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für die Benutzung des Anmeldungsgegenstandes zu. Denn ein Entschädigungsanspruch wegen Anbietens oder Lieferns zur Benutzung der angemeldeten Erfindung geeigneter Mittel, mithin im Falle einer mittelbaren Patentverletzung, ist generell nicht gegeben (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 10 Rn. 25 a.E. m.w.N.). Die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin für eine Entschädigung betreffend den Zeitraum, als noch nicht sie, sondern noch die C GmbH eingetragene Inhaberin der Klagepatentanmeldung war (bis zum 16. März 2005) stellt sich aus diesem Grunde nicht.
Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grund nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

V.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung bis zu einer rechtskräftigen oder zumindest erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen das Klagepatent besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 3 PatG, wonach der Patentschutz mit Veröffentlichung der Patenterteilung eintritt). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Ist dies nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist. Eine nur beschränkte Verteidigung im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren kann für eine Aussetzung sprechen, jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass auch die eingeschränkte Lehre in ihrer Schutzfähigkeit zumindest zweifelhaft ist (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 Rn. 107). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht hier keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits.

1.
Die Aufnahme des Merkmals 2, wonach das Ionenaustauschermaterial schwachsauer ist, stellt ebenso wenig eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs gemäß Art. 123 Abs. 2; 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG dar wie die Hinzufügung in Merkmal 4, dass die funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials bereits vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind. Für Merkmal 2 stellen die Beklagten zu Recht auch gar nicht in Abrede, dass es in den eingetragenen Unteransprüchen 5 und 6 als zwar nur fakultatives, aber doch zumindest zur Erfindung gehöriges Merkmal offenbart wird.
Auch die Einschränkung durch den Zusatz in Merkmal 4 (vor dem Kontakt mit der Lösung) findet jedoch eine hinreichende Grundlage in der Klagepatentschrift und in der veröffentlichten Anmeldung. Die Anweisung, die funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen zu beladen, kann zumindest der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend entnommen werden. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte, die von den Beklagten vorzutragen gewesen wären, geht die Kammer davon aus, dass die Beschreibung des Klagepatents nach Anlage K14 mit der eingereichten Anmeldung, die zur Erteilung des Klagepatents geführt hat, jedenfalls in der hier fraglichen Passage identisch ist. Sie gibt dem Fachmann in der Beschreibungsstelle der Abschnitte [0013] und [0014] (Anlage K14, Spalte 2, Zeilen 42-52) die hinreichend deutliche Anweisung, die Gegenionen bereits vor dem Kontakt mit der Lösung an den funktionellen Gruppen des Ionentauschers anzulagern, indem es dort heißt (Hervorhebungen nur hier):
„[0013] Belädt man die Carboxylatgruppe eines schwachsaueren Ionenaustauschermaterials über einen Beladungsprozess vorzugsweise vollständig mit Ca2+-Ionen, so ist dieses beladene Material dazu geeignet, um an seiner Oberfläche in wässrigen, kalkhaltigen Lösungen auf katalytischem Wege CaOH3-Kristallkeime zu bilden.
[0014] Ein solcherart konditioniertes schwachsaueres Ionenaustauschermaterial kann beispielsweise als Nukleator und Filter-Pellet in herkömmlichen Entkarbonisierungslagern verwendet werden; …“

Aus dem Gebrauch des Partizips Perfekt („beladene Material“) erschließt sich, dass zunächst ein Beladungsprozess durchgeführt werden soll, der zu einer Beladung des Ionenaustauschermaterials mit Ca2+-Ionen (zu dessen „Konditionierung“, wie es die Beschreibung nennt) führt. Erst dieses beladene („solcherart konditionierte“) Material soll anschließend zu einer Bildung von CaOH3-Kristallkeimen auf katalytischem Wege in der Lage sein. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich die nun ausdrücklich zum Gegenstand des Anspruchs gemachte Reihenfolge, nach der zunächst ein Beladungsprozess der funktionellen Gruppen durchgeführt und erst dann der Kontakt mit der Lösung hergestellt werden soll, so dass es dort zur Bildung von Kristallkeimen und zum Ausfällen von Inhaltsstoffen kommt.
In der Hinzufügung der einschränkenden Merkmale liegt daher keine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs gemäß Art. 123 Abs. 2; 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der Nichtigkeitsklage begründen könnte.

2.
Es besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Bundespatentgericht die Neuheit oder Erfindungshöhe des nach Maßgabe der Klageerwiderung im Nichtigkeitsverfahren vom 25. August 2006 (Anlage II Bo 5) eingeschränkten Patentanspruchs 1 angesichts der Entgegenhaltung WO 95/26931 (Anlage II Bo 3) verneinen wird.
Den Beklagten kann soweit noch gefolgt werden, dass die WO 95/26931 ein Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen betrifft, bei dem die Lösung mit einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird (Merkmal 1) und bei dem dieses an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist (Merkmal 3). Die PCT-Anmeldung betrifft ausweislich ihrer Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur gezielten Bildung von Keimen und Kristallen“ und beschreibt als mögliche Anwendung die „Bildung von Kristallkeimen (Saatkristallen) mittels denen man Ausfäll- und Ausflockungsreaktionen insbesondere zur physikalischen Wasserbehandlung steuern kann“ (Anlage II Bo 3, Seite 11, Zeilen 10-16). Das ist ein Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen. Auf Seite 1, Zeilen 4-9 der WO 95/26931 wird beschrieben, dass die gezielte Bildung von Keimen oder Kristallen an der Oberfläche eines mit einer Lösung in Kontakt stehenden Dielektrikums, insbesondere an den funktionellen Gruppen eines Polymers, erfolge. Ein Polymer mit funktionellen Gruppen, beispielsweise Carboxylatgruppen (Anlage II Bo 3, Seite 2, Zeilen 20-24), stellt ein Ionenaustauschermaterial dar. Es soll gemäß Merkmal 1 mit der Lösung in Kontakt gebracht werden.
Durchgreifende Bedenken bestehen aber bereits hinsichtlich der Offenbarung des Merkmals 2, wonach es sich klagepatentgemäß um ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial handelt. Die Beklagten haben auch in der als Anlage II Bo 6 vorliegenden Replik des Nichtigkeitsverfahrens nicht aufgezeigt, in welcher Weise sich dieses Merkmal aus der WO 95/26931, die den Einsatz von Dielektrika als Ionenaustauschermaterialien betrifft, ergeben soll.
Zudem ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erkennbar, dass nach der WO 95/26931 funktionelle Gruppen des Dielektrikums vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind (Merkmal 4). Dies betrifft sowohl den aus der eingetragenen Anspruchsfassung herrührenden Teil dieses Merkmals (die Beladung funktioneller Gruppen mit Gegenionen) als auch den zeitlichen Aspekt, dass diese Beladung „vor dem Kontakt mit der Lösung“ zu erfolgen habe. Die Offenbarung einer Beladung funktioneller Gruppen mit Gegenionen leiten die Beklagten aus Anlage II Bo 3, Seite 3, Zeilen 1-4 ab, wo unter anderem Ca2+-Ionen genannt sind, die in den Unteransprüchen 2 und 3 des Klagepatents beschrieben werden. Nach der Entgegenhaltung (a.a.O.) soll sich beispielsweise mit Hilfe einer negativ geladenen Elektrode das Verhältnis der Konzentrationen von Ca2+- und CO32–Ionen „in der Doppelschicht“ zugunsten der Ca-Ionen verändern lassen. Es bestehen aber erhebliche Bedenken dagegen, dass sich diese Beschreibung auf die Beladung funktioneller Gruppen des Dielektrikums mit Gegenionen beziehen sollte. Der Kontext der Beschreibungsstelle spricht vielmehr dafür, dass die Ca2+-Ionen dort in Zusammenhang mit dem Zustand der Lösung, nicht mit der Beladung des dortigen Dielektrikums als des Ionenaustauschermaterials im Sinne des Klagepatents erwähnt werden. Die „Doppelschicht“, in der sich das Verhältnis der Konzentrationen von Ca2+- und CO32–Ionen zugunsten der Ca-Ionen verändern lassen soll, wird im vorangehenden Absatz (Anlage II Bo 3, Seite 2, Zeilen 18-34) beschrieben. Dort heißt es, durch das elektrische Feld werde eine Ausrichtung von funktionellen Gruppen wie der Carboxylatgruppe von der Grenzfläche des Dielektrikums weg „in die Lösung hinein“ erreicht, so dass es zur Ausbildung einer sogenannten elektrischen Doppelschicht komme (Zeilen 20-26). Dass sich die Doppelschicht auf Teilbereiche der Lösung bezieht, belegen Zeilen 33f., wo von dem Verhältnis der Konzentrationen der Ionen „in der Lösung innerhalb der Doppelschicht“ die Rede ist. Die von den Beklagten herangezogene Beschreibungsstelle betrifft mithin die Lösung, nicht das Ionenaustauschermaterial. Ein Hinweis darauf, dass bei der WO 95/26931 das Dielektrikum mit Gegenionen beladene funktionelle Gruppen aufweist, lässt sich daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit erkennen.
Dies gilt erst recht für das weiter hinzugenommene einschränkende Merkmal einer Beladung „vor dem Kontakt mit der Lösung“. Wo sich diese klagepatentgemäße Anweisung der WO 95/26931 entnehmen lassen soll, haben die Beklagten nicht nachvollziehbar aufgezeigt, obwohl die Klägerin dies in ihrer Erwiderung auf die Nichtigkeitsklage (Anlage II Bo 5, Seite 4 unten) ausdrücklich moniert hat. Die WO 95/26931 kann dem eingeschränkten Anspruch 1 des Klagepatents daher nicht als neuheitsschädlich entgegengehalten werden. Die Beklagten argumentieren insoweit lediglich damit, eine Beladung mit Gegenionen vor dem Kontakt mit der Lösung sei bei herkömmlichen Ionenaustauschern jedenfalls dann gegeben, wenn das Ionenaustauschermaterial „verbraucht“ sei, weil sich im Laufe der Anwendung an sämtlichen funktionellen Gruppen Ca-Ionen angelagert hätten. Da in der Anwendung ständig neues, noch nicht behandeltes Wasser nachfließe, sei es gerechtfertigt, jedenfalls bei Eintritt des Regenerationserfordernisses davon zu sprechen, dass die funktionellen Gruppen vor dem Kontakt mit der (ab diesem Zeitpunkt nachfließenden) Lösung mit Gegenionen beladen seien; Merkmal 4 sei auf diese Weise vorweggenommen.
Darin liegt keine geeignete Maßnahme, die Beladung „vor dem Kontakt mit der Lösung“ vorzunehmen. Auch die Erfindungshöhe des eingeschränkten Klagepatentanspruchs 1 lässt sich damit nicht in Frage stellen. Die Klägerin hat im Nichtigkeitsverfahren unwidersprochen vorgetragen, dass es bei schwachsauren Ionenaustauschermaterialien bei „herkömmlicher Benutzung“ nicht zu einer so vollständigen Beladung mit Ca2+-Ionen kommt, dass die Wirkung gemäß Merkmal 5 erzielt werden könnte. Bei schwachsauren Ionenaustauschermaterialien würde der natürliche Austauschprozess lange Zeit dauern und daher für die praktische Anwendung ausscheiden, zumal das starke Absinken des pH-Wertes in dieser Phase einen Einsatz im Trinkwasserbereich ausschlösse. Es wäre damit kein geeignetes Vorgehen, schwachsaure Ionenaustauschermaterialien ohne eine vorherige Beladung mit Gegenionen zur Beladung schlicht hinreichend lange dem kalkhaltigen Wasser auszusetzen. Hinzu kommt, dass es im typischen Trinkwasser gar nicht zu einer so weitgehenden Beladung mit Ca2+-Ionen (zu einer Überführung in die Ca-Form) käme, dass anschließend eine katalytische Wirkung erzielt werden könnte, weil im Wasser auch eine Vielzahl anderer Ionen enthalten sind, die sich neben den Ca-Ionen ebenfalls als Gegenionen an den funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials anlagern würden und einer hinreichend weitgehenden Überführung in die Ca-Form entgegenstünden. Schließlich handelt es sich bei dem von den Beklagten herangezogenen Verfahren lediglich um eine „theoretische Alternative“, die dem Fachmann nirgends als Lehre zum technischen Handeln offenbart ist, weil herkömmliche Ionenaustauschermaterialien vor, spätestens mit Erreichen des mit Gegenionen besetzten Zustands ausgetauscht bzw. regeneriert zu werden pflegen. Auch angesichts dieses Vorbringens der Beklagten stellt es mithin eine erfinderische Tätigkeit dar, die Beladung der funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials mit Gegenionen vor dem Kontakt mit der Lösung vorzunehmen.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11; 709 Satz 1 und 2; 711 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 200.000,- € festgesetzt.