4b O 145/14 – Fahrzeugrahmen

Düsseldorfer Entscheidungs Nr.: 2498

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 24. März 2016, Az. 4b O 145/14

Leitsätze:

1. Die Bestimmung als P anzgut wird entweder von der Natur geschaffen, wie etwa bei Rübensamen, Saatgut von Klee und Gräsern, die sich grundsätzlich nur für Saatzwecke eignen (geborenes Saatgut), oder sie beruht auf menschlicher Entschließung (Widmung), wie bei Getreide, Bohnen, Erbsen und Kartoffeln (gekorenes Saatgut). Gekorenes Saatgut kann also sowohl zu Vermehrungszwecken als auch als Konsumgut dienen (BGH, GRUR 1988, 370, 371/372 – Achat) (nichtamtl.)

2. Die Ausnahmeregelung des Art. 14 Abs. 1 GemSortVO, die unter bestimmten Umständen Landwirten die Nutzung von Ernetgut zu Vermehrungszwecken gestattet (sog. Landwirteprivileg), gilt nicht für den Verkauf von selbst nachgebautem P anzgut zu Vermehrungszwecken an Dritte. (red.)


I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Fahrzeugrahmen und/oder Querträger für Fahrzeugrahmen für Lastkraftwagen und Fahrzeuganhänger mit Längs- und Querträgern, wobei Querträger vorgesehen sind, welche nach oben offene Ausnehmungen aufweisen, und wobei Sicherungselemente vorgesehen sind, welche zur Ladungssicherung dienen, wobei über die Länge des Querträgers eine Vielzahl von Ausnehmungen vorgesehen ist, derart, dass die Sicherungselemente an die Ladung grenzend von oben in eine Ausnehmung eines Querträgers einsteckbar sind, und wobei ein Ladeboden zur Aufnahme von Ladung vorgesehen ist, welcher auf gleicher Höhe oder höher angeordnet ist als die Querträger,
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken zu besitzen,
bei denen der Fahrzeugrahmen selbst zur Aufnahme der Sicherungselemente ausgestaltet ist, wobei die Sicherungselemente pfostenartig ausgestaltet sind, in ihrer aufrechten Sicherungsstellung in den Ausnehmungen des Querträgers angeordnet sind, und wahlweise vor, hinter und/oder seitlich neben der Ladung anbringbar sind;

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2014 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Lieferempfänger,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Fahrzeugtypen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum, Verbreitungsgebiet und Messeteilnahmen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der erteilten Rechnung enthalten ist;

3. an die Klägerin in gesamtschuldnerischer Haftung 7.519,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19.01.2015 zu zahlen;

II. die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben,
2. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 01.01.2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1) oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Landgericht Düsseldorf mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Patentes EP 1 927 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe und die Annahme der zurückgegebenen Erzeugnisse zugesagt wird;

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der der Klägerin und/oder dem Inhaber des Klagepatents durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 01.01.2014 jeweils begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem europäischen Patent EP 1 927 XXX (Klagepatent, Anlage K1) auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadensersatz, Vernichtung und Rückruf in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 14.08.2007 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 102006056XXX vom 30.11.2006 eingereicht. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 04.06.2008. Am 17.11.2010 wurde der Hinweis auf die Patenterteilung veröffentlicht. Eingetragener Inhaber des Klagepatents ist Herr A A. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.

Die Beklagten erhoben gegen das Klagepatent am 18.02.2015 Nichtigkeitsklage, die unter dem Aktenzeichen 1 Ni 48/14 geführt wurde (Anlage B7). Mangels Einzahlung der Gerichtsgebühren wurde diese Nichtigkeitsklage vom Bundespatentgericht nicht zugelassen. Am 30.07.2015 machten die Beklagten unter dem Aktenzeichen 1 Ni 11/15 erneut eine Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent anhängig, die inhaltlich vollständig der ersten Nichtigkeitsklage entspricht und der Klägerin am 17.09.2015 zugestellt wurde. Eine Entscheidung über die Nichtigkeitsklage ist noch nicht ergangen.

Die in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche 1 und 14 des Klagepatents lauten wie folgt:
1. Fahrzeugrahmen mit Längs- und Querträgern (4, 5), wobei Querträger vorgesehen sind, welche nach oben offene Ausnehmungen aufweisen, und wobei Sicherungselemente (8) vorgesehen sind, welche zur Ladungssicherung dienen, wobei über die Länge des Querträgers (5) eine Vielzahl von Ausnehmungen vorgesehen ist, derart, dass die Sicherungselemente (8) an die Ladung (9) grenzend von oben in eine Ausnehmung eines Querträgers (5) einsteckbar sind, und wobei ein Ladeboden (6) zur Aufnahme von Ladung (9) vorgesehen ist, welcher auf gleicher Höhe oder höher angeordnet ist als die Querträger (5),
dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrzeugrahmen (1) selbst zur Aufnahme der Sicherungselemente (8) ausgestaltet ist, wobei die Sicherungselemente (8) pfostenartig ausgestaltet sind, in ihrer aufrechten Sicherungsstellung in den Ausnehmungen des Querträgers (5) angeordnet sind, und wahlweise vor, hinter und/oder seitlich neben der Ladung (9) anbringbar sind.
14. Querträger (5) für einen Fahrzeugrahmen (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche.

Nachfolgend wird die Figur 1 der Klagepatentschrift wiedergegeben, die die schematische Seitenansicht auf einen LKW-Anhänger mit darauf befindlicher, erfindungsgemäß gesicherter Ladung zeigt:
Der Inhaber des Klagepatents, Herr A A, ist neben seinem Sohn, Herrn B A, Gesellschafter der Klägerin und geschäftsführender Gesellschafter der Komplementärgesellschaft der Klägerin, der A C Verwaltungs GmbH. Sämtliche Gebühren und Kosten für das Klagepatent wurden von Anfang an von der Klägerin gezahlt, die das Klagepatent in der Folgezeit ausschließlich genutzt hat. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde zwischen Herrn A A und der Klägerin eine schriftliche Vereinbarung getroffen, die als „Patentlizenzvertrag“ überschrieben ist und die Lizensierung des deutschen Patents 102006056XXX zum Gegenstand hat (Anlage K21). Am Tag der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2016 verfasste Herr A A handschriftlich eine „Zusatzvereinbarung“ zu dem „Patentlizenzvertrag“, wonach dieser sich auch auf das Klagepatent erstrecken sollte (vgl. Anlage K21‘). Desweiteren legt die Klägerin zum Beleg ihrer Aktivlegitimation zwei mit „Lizenzbestätigung und Abtretung“ überschriebene Erklärungen vom 10.03.2015 und 29.02.2016 vor (Anlagen K14 und K14‘).

Die Beklagte zu 2) bewirbt in ihrem Prospekt (Anlage K9) unter der Bezeichnung „D“ einen Querträger mit Steckrungensystem (angegriffene Ausführungsform 1). Hierauf nimmt die Beklagte zu 1) in ihrer Werbung Bezug (vgl. Anlage K10). Auf der IAA Nutzfahrzeugmesse Hannover im September 2014 stellten die Beklagten ein Nutzfahrzeug vor, dessen Fahrzeugrahmen mit dem vorgenannten Querträger nebst Steckrungensystem ausgestattet war (angegriffene Ausführungsform 2). Die Klägerin fertigte auf der Messe Fotografien der angegriffenen Ausführungsform 2 an und skizzierte deren Aufbau (vgl. Anlagenkonvolut K8). Die Beklagten arbeiten geschäftlich eng zusammen, die Beklagte zu 1) bezeichnet die Beklagte zu 2) auch als ihre „Auslandsvertretung“ (vgl. Anlage K11).

Bis zum 31.12.2013 bezog die Beklagte zu 1) erfindungsgemäße Querträger von der Klägerin. Zum Ende des Jahres 2013 wurde die Geschäftsbeziehung beendet. Nunmehr beziehen die Beklagten das „D System“ bzw. die hierfür erforderlichen Bauteile von einem Drittanbieter.

Die Klägerin ist der Auffassung, nach der Beendigung ihrer Geschäftsbeziehung mit den Beklagten seien diese zur Nutzung der erfindungsgemäßen Lehre nicht mehr berechtigt. Aus diesem Grund mahnte sie die Beklagten vorprozessual mit rechts- und patentanwaltlichem Schreiben vom 01.11.2014 (Anlage K12) ab. Für dieses Schreiben macht die Klägerin Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von jeweils einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 300.000 EUR zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von jeweils 20,00 EUR geltend. Hieraus errechnet sich der mit der Klage geforderte Betrag in Höhe von 7.519,00 EUR.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe seit der Erteilung des Klagepatents eine ausschließliche Lizenz hieran zu. Im Übrigen habe der Patentinhaber, Herr A A, etwaige Schadensersatzansprüche wirksam an sie abgetreten.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagten sind der Auffassung, der Klägerin stehe eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent nicht zu. Eine entsprechende mündliche Vereinbarung zwischen Herrn A A und Herrn B A bestreiten sie mit Nichtwissen. Das unter dem „Patentlizenzvertrag“ aufgeführte Datum, der 02.01.2012, sei nicht authentisch. Im Übrigen beziehe sich diese Vereinbarung nicht auf das Klagepatent. Die von der Klägerin als Anlagen K14 und K14‘ vorgelegten Erklärungen stünden im Widerspruch zu dem klägerischen Vortrag in diesem Rechtsstreit und könnten weder die wirksame Lizenzerteilung noch eine wirksame Abtretung begründen.

Die Beklagten behaupten weiter, die klagepatentgemäße Erfindung sei vor dem Anmeldetag des Klagepatents im Hause der Firma E in F bekannt gewesen. Lange vor dem Prioritätstag, nämlich am 07.11.2006, sei ein erfindungsgemäß ausgestatteter Sattelanhänger bei der Firma E in Auftrag gegeben worden (vgl. Anlage B2). Die Firma E habe die Konstruktionszeichnungen für diesen Sattelanhänger gefertigt. Die Klägerin habe diese Konstruktionszeichnungen, ohne die Firma E hiervon in Kenntnis zu setzen, für die Patentanmeldung verwendet. Zwischen der Firma E und der Klägerin sei keine Geheimhaltungsvereinbarung getroffen worden, jeder interessierte Dritte hätte hiervon Kenntnis erlangen können.

Im Übrigen werde sich das Klagepatent als nicht rechtsbeständig erweisen. Die DE 20 2004 004 481 (D1 zur Nichtigkeitsklage, hier vorgelegt als Anlage B3) nehme die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatentanspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg. Nach diesem Gebrauchsmuster angefertigte Schienen hätten bereits im Jahr 2004 im Handel erworben werden können (vgl. Anlage D2 zur Nichtigkeitsklage, hier vorgelegt als Anlage B4). Die Anlage B5 (D3) zeige ein Ausführungsbeispiel, bei dem derartige gerasterte Schienen erkennbar mit dem Fahrzeugrahmen verbunden seien. Aus den Anlagen B6 und B7 (D4, D5) ergebe sich, dass bereits am 07.11.2005 ein Fahrzeug mit allen Merkmalen des geltend gemachten Patentanspruchs durch den Hersteller der Firma G aus H geliefert worden sei. Auch ein im Jahr 2003 auf die J GmbH & Co. KG zugelassenes Fahrzeug offenbare sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 (vgl. Anlagenkonvolut B8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2016).

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen. Die D1 betreffe – ebenso wie die im Rahmen des Erteilungsverfahrens bereits berücksichtigten Entgegenhaltungen in den Anlagen K3 bis K7 – eine Möglichkeit zur Sicherung von Transportgütern auf der Ladefläche eines LKWs mittels einer Vorrichtung, die zusätzlich zur Ladefläche vorgesehen sei, also auf die Ladefläche oder in diese eingebracht werde. Das entscheidende Merkmal der klagepatentgemäßen Lehre, dass nämlich der Querträger des Fahrzeugrahmens selbst zur Ladungssicherung ausgestaltet sei, werde gerade nicht offenbart. Eine offenkundige Vorbenutzung bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Die Anlagen B4 bis B7 seien von so schlechter Qualität, dass deren zeitliche Einordnung und Inhalt nicht sicher festgestellt werden könnten. Vorsorglich werde bestritten, dass Fahrzeuge wie aus den Anlagen D2, D3 und D5 ersichtlich der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Klagepatents zugänglich waren und dass der Gegenstand der Ladungssicherung und ihr konstruktiver Aufbau erkennbar waren. Hinsichtlich der Anlage B8 bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die von den Beklagten vorgelegten Fotografien den Aufbau des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Zulassung wiedergeben. Im Übrigen sei zu erkennen, dass der zur Ladungssicherung dienende Querträger zusätzlich zum bereits bestehenden Fahrzeugrahmen eingebaut werde. Es handele sich damit nicht um einen erfindungsgemäßen Querträger.

Hinsichtlich des Zustandekommens der Erfindung behauptet die Klägerin, die Klägerin habe von der Firma E aus F einen Prototypen eines LKWs mit erfindungsgemäßer Ladungssicherung herstellen lassen. Im Sommer 2006 habe sich Herr A A mit einer CAD-Zeichnung seines Sohnes B A vom 27.01.2006 (Anlage K15), die nach seinen Vorgaben erstellt worden war, zu Herrn E Senior begeben. Die Firma E habe ihm einen Auflieger mit einem Fahrzeugrahmen unter Verwendung der aus der Zeichnung ersichtlichen Querträger herstellen sollen. Herr E senior habe zunächst auf die Gefahr eines Schweißverzugs am Fahrzeugrahmen hingewiesen und eingewandt, dass die Herstellung recht aufwändig sei. Schließlich habe er aber den Auftrag für den Bau eines Prototypen angenommen (vgl. Auftragsbestätigung vom 02.08.2006, Anlage K16). Wie aus der Auftragsbestätigung ersichtlich seien die Ladungssicherungstraversen bzw. Querträger dabei von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Die Firma E habe sodann die Reinzeichnungen erstellt, die auf den 14.09.2006 datieren (Anlage B1), und den Prototypen gebaut. Die Auslieferung und Inbetriebnahme des Fahrzeugs sei nach der prioritätsbegründenden Anmeldung vom 30.11.2006 erfolgt. Das Fahrzeug sei nach der DEKRA-Zertifizierung vom 12.03.2007 (Anlage K17) erstmals am 06.08.2007 für den Straßenverkehr zugelassen worden (Anlage K18).

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung aus Art. 64 EPÜ i.V.m. den §§ 9, 139 Abs. 1 und 2, 140 a Abs. 1 u. 3, 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB zu.

I.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der mit der Klage verfolgten Ansprüche aktiv legitimiert. Sie ist ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent und daneben aus abgetretenem Recht berechtigt, Schadensersatzansprüche des Patentinhabers wegen einer Verletzung des Klagepatents geltend zu machen.

1.
Die von der Klägerin vorgetragenen und von den Beklagten nicht bestrittenen Umstände, nämlich dass die Klägerin von Anfang an sämtliche Gebühren und Kosten für das Klagepatent gezahlt und dieses ausschließlich genutzt hat, reichen aus, um von einer stillschweigenden Lizenzerteilung auszugehen. Ob die Herren A und B A hierüber ausdrücklich gesprochen haben, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Der als Anlage K21 vorgelegte „Patentlizenzvertrag“ bestätigt, dass der Patentinhaber den Willen hatte, der Klägerin eine ausschließliche Lizenz (auch) am Klagepatent zu erteilen. Dass sich der Vertrag ausdrücklich nur auf das Prioritätsdokument, nämlich die DE 10 2006 056 XXX bezieht, ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn die DE 10 2006 056 XXX betrifft dieselbe Erfindung wie das Klagepatent. Der Lizenzvertrag ist nach dem objektiven Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass eine ausschließliche Lizenz an der Patentfamilie, betreffend die Erfindung „Fahrzeugrahmen mit Querträgern zur Ladungssicherung und Querträger hierfür“ erteilt werden sollte. Diese sich schon aus dem Vertragstext ergebende Annahme wird bestätigt durch die Erklärung des Herrn A A vom 03.03.2016, wonach eben dies von ihm mit dem „Patentlizenzvertrag“ bezweckt war (vgl. Anlage K21‘). Dass hierbei in § 3 des Patentlizenzvertrages von einer „alleinigen Lizenz“ die Rede ist, bedeutet im Ergebnis nichts anderes als die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz. Insofern kann der „Patentlizenzvertrag“ als schriftliche Bestätigung der bereits zuvor (stillschweigend) erteilten ausschließlichen Lizenz verstanden werden. Infolgedessen kommt es für diesen Rechtsstreit nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der „Patentlizenzvertrag“ unterzeichnet wurde.

Seinen Vertragsbindungswillen im Hinblick auf die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz am Klagepatent hat Herr A A nochmals in den Erklärungen vom 10.03.2015 und 29.02.2016 (Anlagen K14, K14‘) bestätigt. Die darin enthaltenen juristischen Ungenauigkeiten, wie etwa die Erklärung der „Rückwirkung“ der Lizenzerteilung in Anlage K14‘, ändern nichts an dem Umstand, dass diese Erklärungen den fortbestehenden Willen des Patentinhabers zum Ausdruck bringen, der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent einzuräumen. Insofern bestätigen auch sie die Annahme einer stillschweigenden Lizenz bereits zum Zeitpunkt der Erteilung des Klagepatents. Soweit in der Bestätigung davon die Rede ist, die ausschließliche Lizenz umfasse das Recht, „Gegenstände nach dem Patent herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen und zu bewerben“, vermag dies eine Beschränkung der Lizenz auf einzelne Benutzungsarten nicht zu begründen. Insbesondere umfasst die erteilte Lizenz auch die Benutzungsarten des Gebrauchens und Besitzens, denn diese werden notwendigerweise mit verwirklicht, wenn Gegenstände nach dem Patent hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht und/oder beworben werden. Auch eine räumliche Beschränkung der Lizenz ist der vorgelegten Bestätigung nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass in der Bestätigung darauf hingewiesen wird, dass die Lizenz zeitlich nicht beschränkt ist, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass eine räumliche Beschränkung gewollt war. Entsprechend heißt es in der Lizenzbestätigung weiter, dass die Klägerin berechtigt ist, „alle Ansprüche aus dem Patent gegen Verletzer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen“. Auch dies spricht gegen die Annahme einer irgendwie gearteten Beschränkung der ausschließlichen Lizenz.

2.
Neben der Bestätigung der ausschließlichen Lizenzerteilung enthalten die Erklärungen vom 10.03.2015 und 29.02.2016 (Anlagen K14, K14‘) außerdem die Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche des Patentinhabers an die Klägerin. Es kann dahinstehen, ob der Patentinhaber seine Schadensersatzansprüche ggf. zu einem früheren Zeitpunkt mündlich an die Klägerin abgetreten hat, wie dies der Vortrag der Klägerin in der Klageschrift vermuten lässt. In diesem Fall wäre auch die mündlich erfolgte Abtretung wirksam, da bestimmte Formerfordernisse nicht bestehen. Andernfalls läge jedenfalls in der Erklärung vom 10.03.2015, hilfsweise in der Erklärung vom vom 29.02.2016 die wirksame Abtretung dieser Ansprüche an die Klägerin. Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit der Abtretung bestehen keine Bedenken. Mangels Kenntnis der konkreten Benutzung der Erfindung durch einen etwaigen Verletzer ist es dem Patentinhaber nicht möglich, die Schadensersatzansprüche genauer zu bezeichnen, insbesondere zu beziffern. Es genügt die Abtretung sämtlicher Schadensersatzansprüche, „soweit“ sie dem Patentinhaber entstanden sind. Die abgetretenen Ansprüche sind hierdurch hinreichend genau bezeichnet.

Unterzeichnet ist die Erklärung vom 10.03.2015 einerseits von Herrn A A als Patentinhaber, andererseits von Herrn B A für die Klägerin. Dass die Vertretungsverhältnisse dabei für die Klägerin in der Erklärung nicht ganz korrekt wiedergegeben sind, ändert nichts daran, dass Herr B A Einzelvertretungsmacht für die Komplementärgesellschaft der Klägerin besaß (vgl. den Handelsregisterauszug Anlage K20) und diese wiederum die Klägerin vertreten konnte. Insofern ist die erforderliche Vertretungsmacht gegeben.

Selbst wenn man hieran Zweifel haben wollte, wäre die wirksame Abtretung der Ansprüche dann jedenfalls durch die Erklärung vom 29.02.2016 erfolgt, die für die Klägerin von den Herren A und B A als Geschäftsführer der A C Verwaltungs GmbH unterzeichnet ist.

II.
Die dem Klagepatent zugrundeliegende Erfindung betrifft einen Fahrzeugrahmen mit Querträgern zur Ladungssicherung und Querträger hierfür.

Ausweislich der Klagepatentschrift waren im Stand der Technik Fahrzeugrahmen von Lastkraftwagen und von Fahrzeuganhängern bekannt, bei denen zur Ladungssicherung umfangreiches Zubehör in Form von entfernbaren Schottwänden, Spanngurten oder dergleichen verwendet werden kann. Dieses Zubehör reduziert aufgrund seines Eigengewichts die vom Fahrzeug transportierte Nutzlast (Anlage K1 Abs. [0002]). Diskutiert werden in der Klagepatentschrift beispielhaft verschiedene im Stand der Technik bekannte Ladungssicherungssysteme, die sämtlich dadurch gekennzeichnet sind, dass die zur Ladungssicherung verwendeten Transportunterlagen, Längsprofile, Querprofile, Rungen und dergleichen zusätzlich zum schon vorhandenen Fahrzeugrahmen auf oder im Ladeboden angeordnet werden (Anlage K1 Abs. [0003] bis [0011]). Die Klagepatentschrift weist auf den wirtschaftlichen Nachteil der mit solchen Ladungssicherungssystemen verbundenen Reduzierung der Nutzlast hin und formuliert die Aufgabe (das technische Problem), einen gattungsgemäßen Fahrzeugrahmen dahingehend zu verbessern, dass dieser mit möglichst geringem zusätzlichen Materialaufwand und mit dementsprechend möglichst geringem Gewicht die Sicherung von mit dem Fahrzeug transportierter Ladung unterschiedlicher Abmessungen zuverlässig ermöglicht (Anlage K1 Abs. [0014]).

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in Anspruch 1 einen Fahrzeugrahmen mit folgenden Merkmalen vor:

1. Der Fahrzeugrahmen weist Längs- und Querträger (4, 5) auf.
2. Die Querträger weisen über ihre Länge hinweg eine Vielzahl von nach oben offenen Ausnehmungen auf.
3. Es sind Sicherungselemente (8) vorgesehen, welche zur Ladungssicherung dienen.
4. Die Sicherungselemente (8) sind an die Ladung (9) grenzend von oben in eine Ausnehmung eines Querträgers (5) einsteckbar.
5. Es ist ein Ladeboden (6) zur Aufnahme von Ladung (9) vorgesehen, welcher auf gleicher Höhe oder höher angeordnet ist als die Querträger (5).
6. Der Fahrzeugrahmen (1) selbst ist zur Aufnahme der Sicherungselemente (8) ausgestaltet, wobei
a. die Sicherungselemente (8) pfostenartig ausgestaltet sind
b. in ihrer aufrechten Sicherungsstellung in den Ausnehmungen des Querträgers (5) angeordnet sind
c. und wahlweise vor, hinter und/oder seitlich neben der Ladung (9) anbringbar sind.

Daneben sieht das Klagepatent in Anspruch 14 einen Querträger mit folgenden Merkmalen vor:

1. Querträger für einen Fahrzeugrahmen mit Längs- und Querträgern (4, 5).
2. Der Querträger weist über seine Länge hinweg eine Vielzahl von nach oben offenen Ausnehmungen auf.
3. Es sind Sicherungselemente (8) vorgesehen, welche zur Ladungssicherung dienen.
4. Die Sicherungselemente (8) sind an die Ladung (9) grenzend von oben in eine Ausnehmung des Querträgers (5) einsteckbar.
5. Es ist ein Ladeboden (6) zur Aufnahme von Ladung (9) vorgesehen, welcher auf gleicher Höhe oder höher angeordnet ist als die Querträger (5).
6. Der Fahrzeugrahmen (1) selbst ist zur Aufnahme der Sicherungselemente (8) ausgestaltet, wobei
a. die Sicherungselemente (8) pfostenartig ausgestaltet sind
b. in ihrer aufrechten Sicherungsstellung in den Ausnehmungen des Querträgers (5) angeordnet sind
c. und wahlweise vor, hinter und/oder seitlich neben der Ladung (9) anbringbar sind.

Kern der Erfindung ist die Überlegung, durch die besondere Ausgestaltung des Fahrzeugrahmens zusätzliche Profile oder ähnliches, die im oder auf dem Ladeboden angebracht werden, entbehrlich zu machen. Zu diesem Zweck soll der Fahrzeugrahmen selbst durch Querträger gebildet werden, die mit Ausnehmungen versehen sind, in denen die Sicherungselemente verankert werden können. Der erfindungsgemäße Querträger ist integraler Bestandteil des Fahrzeugrahmens und nimmt an dessen lasttragender Funktion teil. Durch das Vorsehen einer Vielzahl von Ausnehmungen über die Länge des Querträgers hinweg wird dabei die Möglichkeit eröffnet, das Ladungssicherungssystem unterschiedlichen Ladungen anzupassen, indem die passenden Ausnehmungen zur Anbringung der Sicherungselemente ausgewählt werden (Anlage K1 Abs. [0016]). Die Möglichkeit, die Sicherungselemente des Transportsicherungssystems unmittelbar im Fahrzeugrahmen selbst einzustecken, bietet gegenüber herkömmlichen Transportsicherungssystemen den Vorteil eines geringeren Gewichts, nämlich nur das der Sicherungselemente, nicht aber zusätzlicher Schienen oder dergleichen. Auf diese Weise ist die Nutzlast höher als bei der Verwendung der im Stand der Technik bekannten Transportsicherungssysteme.

III.
Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen stellen eine unmittelbare wortsinngemäße Verletzung von Anspruch 1 und 14 des Klagepatents im Sinne von § 9 PatG dar. Die Verwirklichung der klagepatentgemäßen Merkmale durch die angegriffenen Ausführungsformen steht zwischen den Parteien nicht im Streit und lässt sich anhand der Anlagen K8, K9 und K10 nachvollziehen. Soweit man anhand der Abbildungen Zweifel haben kann, ob die verwendeten Querträger integraler Bestandteil des Fahrzeugrahmens sind und an dessen Lasttragungsfunktion unmittelbar teilnehmen, ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin, der in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2016 nochmals vertieft wurde, unstreitig geblieben.

IV.
Ein Recht zur Benutzung steht den Beklagten nicht zu. Weder handeln sie (jedenfalls für die Zeit nach dem 01.01.2014) mit Einwilligung der Klägerin, noch können sie sich auf ein von der Firma E abgeleitetes privates Vorbenutzungsrecht berufen. Dem steht bereits entgegen, dass die Beklagten nicht substantiiert vorgetragen haben, die angegriffene Ausführungsform 1 oder 2 von der Firma E zu beziehen. Ungeachtet dessen steht nach dem Vortrag der Parteien auch der Firma E kein privates Vorbenutzungsrecht an der streitgegenständlichen Erfindung zu.

Ein solches Vorbenutzungsrecht setzt gem. § 12 PatG voraus, dass die Erfindung vor dem Prioritätstag bereits in Benutzung genommen wurde oder die dafür erforderlichen Veranstaltungen getroffen worden sind. Werden solche Handlungen ausschließlich im Interesse eines Dritten vorgenommen, erwirbt der Handelnde selbst kein Vorbenutzungsrecht (BGHZ 121, 194 – Wandabstreifer m.w.N.). Möglich ist auch die Ausübung sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse eines Dritten. Allerdings steht demjenigen kein Vorbenutzungsrecht zu, der den Erfindungsbesitz nicht redlich erworben hat. Redlich erworben ist der Erfindungsbesitz, wenn der Benutzer sich für befugt halten durfte, die erfindungsgemäße Lehre für eigene Zwecke anzuwenden (BGH, GRUR 1964, 673 – Kasten für Fußabtrittsroste). In Anwendung und Weiterentwicklung dieser Grundsätze ist ein Vorbenutzungsrecht in aller Regel ausgeschlossen, wenn der Benutzer und der Erfinder in vertraglicher Beziehung stehen und der Erfindungsbesitz im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses Vertrags erlangt wurde. In diesem Fall kann und muss jede Vertragspartei aus den vertraglichen Vereinbarungen entnehmen, ob und welche Rechte ihr in Bezug auf Erfindungen der anderen Seite zustehen (BGH, GRUR 2010, 47).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist ein privates Vorbenutzungsrecht der Firma E zu verneinen. Zwar befand sie sich vor dem Prioritätstag im Besitz der streitgegenständlichen Erfindung, dies beruhte aber auf dem zwischen ihr und der Klägerin abgeschlossenen Werkvertrag, der den Bau eines Prototypen mit erfindungsgemäßen Querträgern zum Gegenstand hatte. Dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin sind die Beklagten nicht mehr entgegen getreten. Die ursprünglichen Konstruktionszeichnungen stammten von Herrn B A. Die Ladungssicherungstraversen bzw. Querträger wurden der Firma E von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Vor diesem Hintergrund aber durfte die Firma E nicht davon ausgehen, dass sie befugt war, die streitgegenständliche Erfindung für eigene Zwecke zu verwenden. Vielmehr ließ das Vertragsverhältnis klar erkennen, dass die Firma E die Erfindung nur dazu nutzen sollte, einen ersten Prototypen herzustellen. Ein eigenes Vorbenutzungsrecht konnte sie hierdurch nicht erwerben.

V.
Der Geltendmachung der mit der Klage verfolgten Ansprüche steht § 242 BGB nicht entgegen. Insbesondere können sich die Beklagten auf eine etwaige widerrechtliche Entnahme im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG schon deshalb nicht berufen, weil die Vindikationsfrist abgelaufen ist. Im Übrigen liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor.

VI.
Da die angegriffenen Ausführungsformen mithin ein Erzeugnis darstellen, welches Gegenstand des Klagepatents ist, ohne dass die Beklagten zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt sind (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

a)
Die Beklagten sind gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG verpflichtet, es zu unterlassen, die angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen. Dass die Beklagten zu 1) und 2) die angegriffenen Ausführungsformen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben haben, steht zwischen den Parteien außer Streit und ergibt sich im Übrigen aus den von der Klägerin zur Akte gereichten Anlagen K8 bis K11. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Gefahr, dass sich in Zukunft weitere Rechtsverletzungen wiederholen werden, ergibt sich daraus, dass die Beklagten in der Vergangenheit die patentierte Erfindung benutzt haben. Da sie hierzu nach § 9 PatG nicht berechtigt waren, sind sie zur Unterlassung verpflichtet.

b)
Weiterhin haben die Beklagten dem Grunde nach für Benutzungshandlungen seit dem 01.01.2014 Schadensersatz zu leisten, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG.

Die Beklagten begingen die Patentverletzung schuldhaft, weil sie als Fachunternehmen die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest hätten erkennen können, § 276 BGB.

Im Hinblick auf die vorprozessualen Anwaltskosten für die Abmahnung vom 01.11.2014 (Anlage K12) ist der entstandene Schaden bezifferbar. Die geltend gemachte Erstattung in Höhe von 7.519,00 EUR begegnet keinen Bedenken. Dieser Betrag errechnet sich aus einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert in Höhe von 300.000, EUR (3.739,50 EUR) zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR, jeweils für den Rechtsanwalt und den Patentanwalt. Die Beklagten haben diesen Betrag ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 19.01.2015 gemäß § 291 Abs. 1 BGB mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

Im Übrigen ist die Klägerin derzeit nicht in der Lage, den konkreten Schaden zu beziffern. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin am Klagepatent und/oder dem Inhaber des Klagepatents durch die Patentverletzung ein weiterer Schaden entstanden ist. Im Hinblick auf einen etwaigen Schaden des Patentinhabers neben dem Schaden des ausschließlichen Lizenznehmers genügt jedes wirtschaftliche Interesse, das sich beispielweise auch aus der Stellung als Gesellschafter des ausschließlichen Lizenznehmers ergeben kann (BGHZ 189, 112 – Cinch-Stecker). Insofern erscheint ein eigener Schaden des Herrn A A als Gesellschafter der Klägerin durchaus möglich. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Ersatzansprüchen droht.

c)
Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die geltend gemachten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden demgegenüber durch die von ihnen verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet.

d)
Weiter hat die Klägerin gegen die in Deutschland ansässige Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse und Rückruf aus den Vertriebswegen gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG, da die Beklagte zu 1) mit den angegriffenen Ausführungsformen die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein. Dass der Rückruf oder die Vernichtung unverhältnismäßig wären, macht die Beklagte zu 1) nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.

VII.
Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage ist nicht veranlasst.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; BGH, WM 2014, 2058 ff.) in ständiger Rechtsprechung gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Monopolrecht verleiht und dass ein wesentlicher Teil dieses Rechtes, nämlich der Unterlassungsanspruch gegenüber einem Patentverletzer, durch eine Aussetzung der Verhandlung des Verletzungsrechtsstreits praktisch suspendiert würde, kommt eine Aussetzung wegen eines gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens nur dann in Betracht, wenn ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klageschutzrechtes nicht nur möglich, sondern mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Ist dies nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist.

Unter den vorgenannten Voraussetzungen besteht für eine Aussetzung des Rechtsstreits keine Veranlassung. Der Klagepatentanspruch 1 wird weder durch die D1 neuheitsschädlich offenbart, noch lag die Erfindung für den Fachmann, ausgehend von der D1, nahe. Auch eine offenkundige Vorbenutzung vermag die Kammer nicht festzustellen.

1.
Die D1 (DE 20 2004 004 481, Anlage B3) nimmt die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg. Sie betrifft eine Vorrichtung zur kraft- und/oder formschlüssigen Sicherung von Transportgütern und ein damit ausgerüstetes Transportmittel. Entgegen der streitgegenständlichen Erfindung erfolgt dabei die Sicherung der Ladung aber nicht am Fahrzeugrahmen selbst, sondern über eine zusätzlich zum Fahrzeugrahmen an dem Transportmittel anzubringende Schiene, die gerade nicht Bestandteil des Fahrzeugrahmens selbst ist (vgl. Abs. [0007], [0011], [0029] der D1). Insofern beschreibt die D1, dass die erfindungsgemäßen Schienen mit der Ladefläche des LKW verschweißt, verschraubt oder auf andere Weise verbunden sein können (Abs. [0053] der D1). In den Absätzen [0032] und [0033] der D1 heißt es, dass die erfindungsgemäßen Schienen auf der Ladefläche oder im Laderaum des Transportmittels angeordnet sein können. Dies setzt voraus, dass ein Transportmittel mit Fahrzeugrahmen zur Verfügung steht, an dem sodann das Ladungssicherungssystem der D1 angeordnet wird. Das wiederum führt zu der von der Klagepatentschrift nicht gewollten zusätzlichen Gewichtsbelastung. Der Gedanke des Klagepatents, den Fahrzeugrahmen selbst zur Vermeidung zusätzlichen Gewichts dergestalt auszubilden, dass er zur Ladungssicherung verwendet werden kann, offenbart die D1 gerade nicht (Merkmalsgruppe 7 der Klagepatentansprüche 1 und 14). Auch Figur 8 der D1, auf die die Beklagten vordringlich abstellen, zeigt dies gerade nicht. Vielmehr zeigt diese Figur lediglich ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung, bei der die Schienen in einem anderen Raster auf der Transportfläche des Transportmittels verlegt werden (Absatz [0055] der D1). Dass sich die Schienen dabei ggf. an den Stellen befinden, an denen üblicherweise auch die Querträger des Fahrzeugrahmens selbst angeordnet sind, reicht nicht aus, um eine hinreichende Offenbarung von Merkmal 7 des Klagepatentanspruchs 1 zu begründen.

2.
Die Lehre des Klagepatents liegt für den Fachmann, ausgehend von der D1, auch nicht nahe. Der Vorteil der im Stand der Technik bekannten Ladungssicherungssysteme besteht darin, dass sie in allen gängigen LKWs und Fahrzeuganhängern verwendet werden können. Die klagepatentgemäße Lehre hingegen erfordert die Neuherstellung eines LKWs oder Transporters unter Verwendung des erfindungsgemäßen Ladungssicherungssystems. Dies ist nicht nur mit erheblichem Aufwand verbunden, sondern wirft auch technische Probleme auf, wie beispielsweise den von Herrn E senior problematisierten Schweißverzug. Es war aufgrund des allgemeinen Fachwissens keineswegs naheliegend, dass diese Form der Ladungssicherung ohne weiteres umsetzbar sein und gegenüber dem Stand der Technik solche Vorteile im Hinblick auf die Nutzlast bieten würde, dass der hohe Aufwand in der Herstellung gerechtfertigt wäre.

3.
Schließlich ist auch eine offenkundige Vorbenutzung der klagepatentgemäßen Lehre nicht ersichtlich.

a)
Die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf die Dokumente D2 bis D5 im Nichtigkeitsverfahren, wobei es an substantiiertem Sachvortrag hierzu fehlt. Die vorgelegten Kopien sind von so schlechter Qualität, dass sie Einzelheiten kaum erkennen lassen. Auch ihre zeitliche Einordnung bleibt unklar. Der „Montagevorschlag“ der D3 (Anlage B4) scheint eher darauf hinzudeuten, dass das verwendete Ladungssicherungssystem nachträglich in einen bereits vorhandenen LKW eingebaut werden soll. Dies aber schließt es aus, dass der Fahrzeugrahmen selbst zur Ladungssicherung ausgebildet ist. Auch die D5 scheint eher Schienen zur Ladungssicherung zu zeigen, die nachträglich am LKW angebaut werden.

b)
Soweit die Beklagten die offenkundige Vorbenutzung anhand der Tätigkeit der Firma E zu begründen suchen, geht dies fehl. Das zwischen der Firma E und der Klägerin bestehende Vertragsverhältnis zur Herstellung eines Prototypen impliziert, dass die Firma E Stillschweigen über die ihr zur Verfügung gestellten Informationen und CAD-Zeichnungen bewahrt. Hierzu bedurfte es keiner ausdrücklichen Geheimhaltungsvereinbarung (vgl. hierzu: BGH, GRUR 1994, 449, 452). Tatsächlich ist auch nicht vorgetragen, dass die Firma E vor dem Prioritätstag des Klagepatents irgendwelche Informationen über die erfindungsgemäße Lehre an die Öffentlichkeit herausgegeben hätte.

c)
Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2016 weitere Unterlagen zur angeblich offenkundigen Vorbenutzung vorgelegt haben (Anlage B8), ist schon nicht ersichtlich, dass diese Eingang ins Nichtigkeitsverfahren gefunden hätten. Ungeachtet dessen ist anhand der vorgelegten Fotografien nicht zweifelsfrei erkennbar, dass der dort zu erkennende Querträger, der der Ladungssicherung dient, integraler Bestandteil des Fahrzeugrahmens ist und nicht lediglich nachträglich mit dem schon bestehenden Fahrzeugrahmen verbunden wurde.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 300.000,- EUR festgesetzt.