4c O 27/15 – Druckmaschinenantrieb

Düsseldorfer Entscheidungs Nr.: 2501

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 3. März 2016, Az. 4c O 27/15

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 700.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht, Vernichtung und Rückruf aus dem deutschen Teil des Europäischen Patents EP 0 812 XXX B1 geltend (Anlage PBP 2, im Folgenden: Klagepatent), als dessen Inhaberin sie im seit dem 5. Juli 2012 im Patentregister eingetragen ist (vgl. Anlage PBP 3) und dessen materiell berechtigte Inhaberin zu sein sie behauptet. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 11. Juni 1996 (DE 19 623 223) am 12. April 1997 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 17. Dezember 1997 veröffentlicht, der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 29. September 1999. Das Klagepatent betrifft einen Antrieb für eine Druckmaschine. Auf einen Einspruch der A AG hin hat die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Klagepatent durch Entscheidung vom 16. September 2004 (Anlage PBP 4) uneingeschränkt aufrecht erhalten. Die Beklagte hat das Klagepatent durch Schriftsatz vom 21. September 2015 (Anlage B 6) angegriffen durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage, über die noch nicht entschieden ist.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Antrieb für eine Druckmaschine, insbesondere Bogenoffsetdruckmaschine, bei welcher ein oder mehrere Zylinder einzeln und/oder gruppenweise durch jeweils einen Motor mit zugeordnetem Antriebsregler in Verbindung mit Signalen eines Winkellagegebers entsprechend vorgegebenen Soll-Lagewerten antreibbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen Winkellagegeber (6) und Antriebsregler (3) eine die Lage-Istwerte (Ll) des Winkellagegebers (6) in modifizierte Lage-Istwerte (Ll‘) wandelnde Korrektureinrichtung (7) geschaltet ist, und dass über den Antriebsregler (3) eine Lageregelung des Zylinders (1) in Verbindung mit den modifizierten Lage-Istwerten (Ll‘) erfolgt.“

Die nachstehend verkleinert wiedergegebene Zeichnung ist dem Klagepatent ent-nommen und illustriert dessen technische Lehre anhand einer schematischen Dar-stellung einer bevorzugten Ausführungsform.

Diese Figur 1 ist die schematische Darstellung einer Antriebseinheit für einen Druckwerkszylinder mit einer klagepatentgemäß vorgesehenen Korrektureinrichtung.

Die Beklagte stellt her und vertreibt eine Druckmaschine unter der Bezeichnung „B“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die Beklagte bewirbt die angegriffene Ausführungsform mit einer Broschüre (Anlage PBP 11) und gibt ihr eine Betriebsanleitung (auszugsweise als Anlage PBP 13 vorgelegt) bei.

Die Klägerin behauptet, zur Geltendmachung der Ansprüche auch mit Wirkung für die Vergangenheit materiell berechtigt zu sein. Durch den Insolvenzverwalter über das Vermögen der früheren Inhaberin, der C AG, seien ihr durch Kauf- und Übertragungsvertrag vom 1. Februar 2012 (Anlage PBP 17) sowohl das Klagepatent übertragen als auch alle zu diesem Zeitpunkt durch Verletzung des Klagepatents entstandenen Ansprüche abgetreten worden. Durch den notariellen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 28. August 2013 (Anlage PBP 18) habe sie, die Klägerin, auf die C D Deutschland GmbH lediglich ihre auf die Bundesrepublik bezogene Geschäftstätigkeit mit allen Aktiva und Passiva übertragen, nicht aber solche Vermögensgüter, die nicht ausschließlich dem Teilbetrieb „Deutschlandgeschäft“ zuzuordnen sind, insbesondere also nicht das Klagepatent und die aus seiner Verletzung entstandenen Ansprüche.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber mit gleichwir-kenden Mitteln Gebrauch. Die wortsinngemäße Verwirklichung folge daraus, dass ausweislich der Betriebsanleitung (Anlage PBP 13) die angegriffene Ausführungs-form – unstreitig – so betrieben werden kann, dass in ihrem Betrieb die bei Druck-vorgang auftretende Papierdehnung ausgeglichen werden kann, welche auf der or-ganischen Zusammensetzung des Papiers und seiner dadurch eintretenden mecha-nischen Veränderung unter dem Einfluss der aufgetragenen Druckfarbe und des mechanischen Drucks beruht. Ein solcher Ausgleich der Papierdehnung könne nur in der Weise geschehen, dass die Eigenschaften der verschiedenen Druckwerke an-gepasst und korrigiert würden und zwar in der Weise, dass der Antriebsregler Position und Geschwindigkeit des Motors in Verbindung sowohl mit dem Winkellagegeber als auch mit vorgegebenen Soll-Lagewerten bestimme. Das setze zugleich das Vorsehen einer Korrektureinrichtung zwischen dem Winkellagegeber und dem Antriebsregler voraus, welche die Korrekturwerte, die ausweislich der Betriebsanleitung (Anlage PBP 13) im Betrieb der angegriffenen Ausführungsform eingegeben werden können, zur Modifikation der Lage-Istwerte in modifizierte Lage-Istwerte nutzt. Diese modifizierten Lage-Istwerte würden sodann genutzt, um über den Antriebsregler die Lage des Zylinders zu regeln.

Jedenfalls verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die klagepatentgemäße Lehre mit gleichwertigen Mitteln. Eine Korrektureinrichtung, die statt des Ist-Wertes den Soll-Wert modifiziert, sei aus fachmännischer Sicht mit Blick auf die technische Wirkung gleichwertig und in Anbetracht der Offenbarung des Klagepatents auch na-heliegend. Das Klagepatent enthalte überdies keinen Hinweis auf eine abgewandelte Form, so dass es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, die Grundsätze der Äquivalenz nicht anzuwenden.

Mit Blick auf die parallele Nichtigkeitsklage ist die Klägerin der Auffassung, das Kla-gepatent werde sich insoweit als rechtbeständig erweisen. Die drei als neuheits-schädlich eingewandten Druckschriften offenbarten jeweils keine klagepatentgemäße Korrektureinrichtung, weil die Offenbarung dieser Entgegenhaltung sich auf einen Vergleich von Ist- und Sollwerten beschränke, aber nicht auf die Korrektur oder Modifikation solcher Werte erstrecke.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2016 ihren ursprünglichen Haupt- und Hilfsantrag durch einen einzigen neuen Hauptantrag ersetzt hat,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzu-setzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wie-derholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ord-nungshaft an Herrn E zu voll ziehen ist, zu unterlassen

einen Antrieb für eine Druckmaschine, insbesondere Bogenoffsetdruckma-schine, bei welcher ein oder mehrere Zylinder einzeln und/oder gruppen-weise durch jeweils einen Motor mit zugeordnetem Antriebsregler in Ver-bindung mit Signalen eines Winkellagegebers und mit entsprechend vorge-gebenen Soll-Lagewerten antreibbar ist [sind],

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wobei eine im Antriebsregler enthaltene Korrektureinrichtung die Lage-Sollwerte (LS) in modifizierte Lage-Sollwerte (LS‘) wandelt, und wobei über den Antriebsregler eine Lageregelung des Zylinders in Verbindung mit den modifizierten Lage-Sollwerten (LS‘) erfolgt;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 29. September 1999 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufs-stellen für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;

wobei die Angaben zu den Verkaufsstellen, Einkaufs- und Verkaufspreisen nur für die Zeit seit dem 30. April 2006 zu machen sind und zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1 bezeichneten Hand-lungen seit dem 17. Januar 1998 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebots-empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-kosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Angaben zu lit. e) erst ab dem 29.10.1999 zu machen sind;

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klä-gerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwie-genheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundes-republik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mit-zuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebots-empfänger in der Rechnung enthalten ist;

II. die Beklagte weiter zu verurteilen,

1. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 29.10.1999 entstanden ist und noch entstehen wird;

2. der Klägerin für die Zeit vom 17.01.1998 bis zum 28.10.1999 eine angemessene Entschädigung wegen der zu I.1. bezeichneten Handlungen zu zahlen;

III. die Beklagte zu verurteilen, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, oben unter I.1. fallenden Vorrichtungen zum Antrieb von Druckmaschinen auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

IV. die Beklagte zu verurteilen, die oben unter I.1. fallenden, im Besitz Dritter be-findlichen Vorrichtungen zum Antrieb von Druckmaschinen aus den Ver-triebswegen zu- rückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den unter I.1. fallenden Vor-richtungen eingeräumt wurde, ernsthaft aufgefordert werden, die Vorrich-tungen an sie zurückzugeben und für den Fall der Rückgabe der Vorrich-tungen eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises und die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des EP 0 812 XXX erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte meint, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die klagepatent-gemäße Lehre weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln. Bei der ange-griffenen Ausführungsform würden nicht die Lage-Istwerte modifiziert und sodann dem Soll-Ist-Vergleich zugeführt, sondern vielmehr die Soll-Lagewerte. Das sei das Gegenteil der klagepatentgemäßen Lehre, die auf eine Modifizierung der Lage-Istwerte ausdrücklich beschränkt sei.

Ferner ist die Beklagte der Auffassung, das Klagepatent werde sich im parallelen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Seine technische Lehre sei mindestens durch drei voneinander unabhängige Druckschriften neuheitsschädlich vorweggenommen.

Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht aus Art. 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b PatG, Art. II § 1 IntPatÜbkG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln.
I.
Allerdings ist die Klägerin für die Geltendmachung von derlei Verletzungsansprüchen aus dem Klagepatent aktiv legitimiert. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass zwi-schen der vorherigen Inhaberin des Klagepatents, der durch ihren Insolvenzverwalter wirksam vertretenen C AG, und der Klägerin der Kauf- und Übertragungsvertrag vom 1. Februar 2012 (Anlage PBP 17) wirksam zustande gekommen ist. Sofern die Beklagte bestreitet, dass durch diesen Vertrag sowohl das Klagepatent als auch die aus seiner Verletzung bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche übertragen wurden, greift dies im Ergebnis nicht durch. Der Vertrag vom 1. Februar 2012 dient ersichtlich dazu, das Vermögen der C AG, über das ausweislich der Vorbemerkung (Ziffer A.1.1 des Vertrages) am selben Tage das Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Augsburg eröffnet wurde, in kaufmännisch sinnvoller, eine Betriebsfortführung ermöglichenden Weise auf insgesamt drei Einzelrechtsnachfolger zu übertragen, soweit dieses Vermögen die betriebliche Grundlage des Geschäftsbereichs „Bogen“ (nämlich: Bogenoffsetdruckmaschinen, siehe Ziffer A.1.2 des Vertrags) bildet: Wie aus Ziffer A.1.3 des Vertrages folgt wurden auf die CVPA GmbH die zum Geschäftsbereich Bogen gehörenden Immobilien der Insolvenzschuldnerin (Grundstücke und Erbbaurecht) übertragen, auf die Klägerin, seinerzeit firmierend als Piller Reserve II GmbH das immaterielle Vermögen der Schuldnerin und auf die Schneider & Geiwitz Beteiligungsgesellschaft 49 mbH das Anlage- und das Umlaufvermögen der Insolvenzschuldnerin einschließlich der Arbeits- und Dauerschuldverhältnisse sowie der Kunden- und Lieferantenverträge. Zu dem auf die Klägerin übertragenen immateriellen Vermögen stellt § 4.1 des Vertrages klar, dass dieses die gewerblichen Schutzrechte der Insolvenzschuldnerin umfasst, wobei in der zugehörigen, dem Vertrag anhängenden Liste die übertragenen Patentfamilien umfasst sind, zu denen – unstreitig – auch das Klagepatent gehört.

Vor diesem Hintergrund ist dieser Vertrag in der Weise auszulegen, dass neben den gewerblichen Schutzrechte zugleich die aus diesen Schutzrechten gehörenden An-sprüche, namentlich solche, die aus Verletzungshandlungen bis zum Übertragungs-zeitpunkt entstanden waren, übertragen werden sollten. Das Vermögen der Insol-venzschuldnerin sollte zwar auf drei verschiedene Rechtsträger aufgeteilt, dabei aber in einer Form strukturiert bleiben, die eine betriebliche Fortführung unter den besten möglichen kaufmännischen Bedingungen gewährleistet. Eine andere Vertragsge-staltung zu wählen, wäre eine Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters gewesen. Dementsprechend mussten in kaufmännisch sinnvoller Weise zusammen mit den insgesamt auf die Klägerin übertragenen gewerblichen Schutzrechten auch die bis dahin aus diesen entstandenen Ansprüche übertragen werden, um eine einheitliche Durchsetzung dieser Schutzrechte, einschließlich des Klagepatents, durch den neuen Inhaber zu gestatten.

Dass die Klägerin identisch ist mit der im genannten Vertrag aufgeführten „Käuferin II“, an welche die immateriellen Vermögensgüter im genannten Umfange übertragen wurden, folgt daraus, dass die „Käuferin II“ beim Vertragsschluss noch als „Piller Reserve II GmbH“ firmierte, also ein Gesellschaftsmantel war, der als gesellschafts-rechtliches Vehikel für die Übertragung genutzt wurde, und dass bereits im Vertrag angekündigt wurde, dass diese Mantelgesellschaft ihre Firma in diejenige ändern werde, welche die Klägerin heute trägt.

Dass das Klagepatent samt den daraus entstandenen Ansprüchen sodann durch den Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 28. August 2013 (Anlage PBP 18) auf die C D Deutschland GmbH übertragen worden sei, ist eine bloße Vermutung der Beklagten, die, namentlich in dem genannten Vertrag, ohne Beleg bleibt. Der Vertrag vom 28. August 2013 ist schon ausweislich der Ziffer 3. seiner Präambel alleine darauf gerichtet, den Betrieb der Klägerin nur teilweise, nämlich für den Bereich des Deutschlandgeschäfts mit allen Aktiva und Passiva auf die C D Deutschland GmbH zu übertragen. Zu einer solchen Übertragung eines national begrenzten Teilbetriebs auf einen neuen Rechtsträger, der zugleich Konzerntochter des Einzelrechtsvorgängers ist, ist die Übertragung von Schutzrechten nicht notwendig, weil die Schutzrechte in Lizenz der Konzernmutter genutzt und von der Konzernmutter zentral verwaltet und verwertet werden können. Dementsprechend ist in § 1 Ziffer 3. dieses Vertrages ausdrücklich geregelt, dass Wirtschaftsgüter, die sich wirtschaftlich nicht ausschließlich dem Teilbetrieb „Deutschlandgeschäft“ zuordnen lassen, nicht übertragen werden sollen, und dass zu den demnach nicht zu übertragenen Wirtschaftsgüter insbesondere Patente und zugehörige Forderungen und Verbindlichkeiten gehören sollen. Demnach belegt dieser Vertrag keine weitere Übertragung des Klagepatents, sondern im Gegenteil vielmehr seinen Verbleib im Vermögen der Klägerin.
II.
Das Klagepatent betrifft einen Antrieb für eine Druckmaschine

Aus dem Stand der Technik sind, wie das Klagepatent einleitend darstellt, Bogenoff-setdruckmaschinen, bei denen alle Druckwerkzylinder sowie weitere, den Bogen-transport bewirkende Zylinder über einen durchgehenden Räderzug von einem oder mehreren Motoren angetrieben werden. Zur Gewährleistung einer hohen Druckqua-lität müssen dann die Zahnräder hochgenau bei sehr geringen Be- und Verarbei-tungstoleranzen gefertigt sind. Werden mehrere Antriebsmotoren verwendet, müssen zusätzliche Maßnahme wie beispielsweise ein Umfangs- und Seitenregister sowie Stellvorrichtungen zur Korrektur vorgesehen werden. Dabei muss regelmäßig der Plattenzylinder in Umfangs- und/oder Seitenregisterrichtung verstellbar gegenüber den Gestellwänden und dem ihm tragenden Zahnrad gelagert sein. Ferner muss die durch die Verwendung schrägverzahnter Zahnräder bewirkte Verdrehung des Plat-tenzylinderzahnrades korrigiert werden.

Zur Überwindung der damit verbundenen technischen Schwierigkeiten offenbart die JP-A-56-21860 (Anlage PBP 6) einen Antrieb, bei dem der Platten-, der Gummituch- und der Gegendruckzylinder jeweils von einem gesonderten Motor angetrieben und diese Motoren für den winkelsynchronen Gleichlauf über eine gemeinsame Signalvorgabe (elektronische Leitachse) gesteuert werden. Hieran kritisiert das Klagepatent indes, dass die genannten Druckwerkszylinder eines Offsetdruckwerks mit höchster Genauigkeit winkelsynchron zueinander angetrieben werden müssen. Namentlich müssen Gleichlaufabweichungen durch unterschiedliche Masseverteilungen der Zylinder, durch periodisch schwankende Lasten und durch etwaige axiale Fluchtungsfehler zwischen Motor und Zylinderachse unterdrückt oder kompensiert werden, was durch die genannte Offenbarung insgesamt nicht gewährleistet ist.

Ferner würdigt das Klagepatent die Offenbarung der DE 4 137 979 A1 (Anlage PBP 7), die den Antrieb einer Druckmaschine mit mehreren Druckwerken lehrt, bei dem die einzelnen Druckwerke und Druckwerksgruppen mechanisch voneinander entkoppelt, aber von einzelnen Motoren angetrieben sind, und wobei an jedem Druckwerk oder jeder Druckwerksgruppe eine Vorrichtung zur Ermittlung von Drehzahl und Drehwinkel angeordnet ist. Um einen winkelsynchronen Gleichlauf zu erreichen, sind Winkelregler vorgesehen, die eine zulässige Abweichung des Drehwinkels von einem vorgegebenen Sollwert bemessen, so dass die Abweichung bei der Bogenübergabe minimal ist. Dadurch sollen Unregelmäßigkeiten in der Bogenübergabe von einem Druckwerk zum nächsten vermieden werden. Demnach werden die Winkeldifferenzen nicht in jeder Winkelstellung und nicht in jedem Zeitpunkt ausgeregelt, sondern nur bei der Bogenübergabe. An dieser Lehre gemäß der DE 4 137 979 kritisiert das Klagepatent, dass der Geber zur Drehwinkelermittlung in Verbindung mit dem tragenden Teil höchst genau gefertigt und betrieben werden muss, weil schon geringste Fluchtungsfehler gegenüber dem gekoppelten Teil systematische Abwei-chungen vom tatsächlichen Winkelwert bewirken. Auch treten in Druckwerken von Bogenoffsetdruckmaschinen während der Umdrehung der Zylinder starke und sich periodisch wiederholende Lastenschwankungen auf, insbesondere durch das Ab-rollen der Kanäle der Zylinder. Zudem werden in Bogenoffsetdruckmaschinen unter-schiedlich kompressible Gummitücher verwendet, so dass die aufzubringenden An-triebsmomente sich stark unterscheiden. Schließlich erzeugt die Druckfarbe durch ihre Zügigkeit hohe Kräfte und Antriebsmomente, so dass die Antriebsleistung stark mit dem Anteil der Druckfläche korreliert. Alle diese Umstände sind bei einem Ein-zelantrieb von Zylindern und Zylindergruppen insbesondere in Offsetdruckwerken zu berücksichtigen, was die Lehre der DE 4 137 979 A1 indes nicht gewährleistet.

Die DE 4 214 394 A1 (Anlage PBP 8) schließlich offenbart eine Rotationsdruckmac-hine mit einer Anzahl einzeln angetriebener Zylinder und wenigstens einem separat angetriebenen Falzapparat. Die Druckstellengruppen werden durch ein übergeord-netes Leitsystem verwaltet (elektronische Längswelle). Allerdings handelt es sich um ein Antriebssystem für eine Rollenoffsetmaschine, so dass die für Bogenoffsetma-schinen spezifischen Probleme des Gleichlaufs durch diese Voroffenbarung nicht behandelt werden, ebenso wenig wie die in Bogenoffsetdruckmaschinen auftretenden Drehmomentschwankungen beim Abrollen der Druckwerkszylinder gegeneinander.

Das Klagepatent formuliert es vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik als technische Aufgabe (Absatz [0007]), die aus dem Stand der Technik bekannt gewor-denen Nachteile zu vermeiden und eine hohe und flexibel an die Druckbedingungen anpassbare Gleichlaufgenauigkeit einzeln angetriebener Zylinder und Zylindergrup-pen zu erzielen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Antrieb für eine Druckmaschine, insbesondere Bogenoffsetdruckmaschine.

2. Bei der Druckmaschine ist ein oder [sind] mehrere Zylinder (1) einzeln und/oder gruppenweise durch jeweils einen Motor (2) antreibbar.

3. Dem Motor (2) ist ein Antriebsregler (3) zugeordnet.

4. Der Motor (2) treibt den/die Zylinder (1) an
4.1 in Verbindung mit Signalen eines Winkellagegebers (6)
4.2 entsprechend vorgegebenen Soll-Lagewerten (LS).

5. Zwischen Winkellagegeber (6) und Antriebsregler (3) ist eine Korrekturein-richtung (7) geschaltet,
5.1 die die Lage-Istwerte (Ll) des Winkellagegebers (6)
5.2 in modifizierte Lage-Istwerte (LI‘) wandelt.

6. Über den Antriebsregler (3) erfolgt eine Lageregelung des Zylinders (1) in Verbindung mit den modifizierten Lage-Istwerten (Ll‘).
III.
Auf Grundlage des klägerischen Vorbringens lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform die klagepatentgemäße Lehre wortsinngemäß (wie im Hauptantrag geltend gemacht) oder mit gleichwertigen Mitteln (gemäß dem Hilfsantrag) verwirklicht.

1. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die klagepatentgemäße Lehre nicht wortsinngemäß. Zwar steht zwischen den Parteien – zu Recht – alleine die Verwirkli-chung der Merkmal 4.2, 5. und 6. im Streit. Diese streitigen Merkmale sind indes nicht verwirklicht.

a)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht nicht Merkmal 4.2, gemäß dem der Motor (2) den/die Zylinder (1) entsprechend vorgegebenen Soll-Lagewerten antreibt.

aa)
Dieses Merkmal ist in der Weise auszulegen, dass diejenigen Soll-Lagewerte, die beim Antrieb des Zylinders / der Zylinder (1) durch den Motor (2) Berücksichtigung finden, von vornherein und unabhängig von der Betriebssituation definiert sind und namentlich keiner Korrektur mit Blick auf die aktuelle Betriebssituation mehr offen-stehen. Klagepatentgemäß können die Soll-Lagewerte, anders als die Ist-Lagewerte, nicht mehr modifiziert werden, weswegen sie auch nicht aus einer diese Modifikation bewirkenden Korrektureinrichtung stammen müssen.

Dieses Verständnis vom Schutzbereich des Klagepatents folgt einerseits aus dem Gesamtzusammenhang des vorliegend geltend gemachten Hauptanspruchs 1, der gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ den Schutzbereich bestimmt. Bei der gebotenen Betrachtung des gesamten Anspruchs erkennt der Fachmann – mit der Beklagten zu bestimmen als Maschinenbau- oder Elektrotechnik-Ingenieur mit gefestigten Kennt-nissen der Steuer- und Regeltechnik und mehreren Jahren Berufserfahrungen auf dem Gebiet der Regelung von Druckmaschinenantrieben – die Ausrichtung der kla-gepatentgemäßen Lehre auf den herkömmlichen und vorbekannten Vergleich der Ist-Lagewerte mit Soll-Lagewerten, der grundsätzlich dazu geeignet ist, mehrere voneinander unabhängige Antriebe von Zylindern einer Druckmaschine so zu steu-ern, dass die Differenz von Ist- und Soll-Lagewerten auf ein Maß reduziert wird, das ein fehlerfreies Druckbild gewährleistet. Insoweit kann der Fachmann der Merkmals-gruppe 4 entnehmen, dass der durch den Motor bewirkte Antrieb des Zylinders im Sinne einer Steuerung von zwei Einflussfaktoren abhängen soll, nämlich von den Signalen des Winkellagegebers einerseits und von vorgegebenen Soll-Lagewerten andererseits. Die Signale des Winkellagegebers kann der Fachmann dabei mit Blick auf die Merkmalsgruppe identifizieren als Lage-Istwerte, die gemäß Merkmal 5.1 vom Winkellagegeber stammen und die gemäß Merkmal 5.2 zu modifizierten Lage-Istwerten gewandelt werden. Dabei bewirkt der vom Antriebsregler vorgenommene Soll-Ist-Vergleich der Lagewerte im Sinne der Merkmalsgruppe 4. die Steuerung der Lageregelung des Zylinders, wie der Fachmann mit Blick auf Merkmal 6. erkennt.

Zugleich erkennt der Fachmann, dass in der durch die Korrektureinrichtung bewirkten Wandlung der vom Winkellagegeber gelieferten Lage-Istwerte in modifizierte Lage-Istwerte der vom vorbekannten Soll-Ist-Vergleich abgrenzbare Gehalt der kla-gepatentgemäßen Lehre liegt. Denn diese Korrektur im Wege der Modifikation der Ist-Lagewerte erlaubt es, nicht nur einen bei der Steuerung des Motors zu berück-sichtigenden Aspekt in den gemäß Merkmalsgruppe 4 vorzunehmenden Soll-Ist-Ver-gleich der Lagewerte einfließen zu lassen. Vielmehr ist es durch Einsatz der Korrek-tureinrichtung klagepatentgemäß möglich, eine Korrektur mit Blick auf weitere Feh-lerquellen vorzunehmen, die von der bloßen Winkellage unterschieden sind, etwa die bei Würdigung des Standes der Technik im Klagepatent erwähnten (Absatz [0005], ab Spalte 2, Zeile 46) Fehler aufgrund periodischer Lastenschwankungen, Unter-schieden in den notwendigen Antriebsmomenten oder Abweichungen in der Zügigkeit des Druckmaterials. Die Korrektur solcher Fehlerquellen durch Modifikation des Lage-Istwerts erlaubt es zudem, wie der Fachmann weiter erkennt, diese Korrektur in einem einzigen Schritt zusammen mit dem ohnehin notwendigen und durchgeführten Soll-Ist-Vergleich des Lagewinkels vorzunehmen, weil in diesen Soll-Ist-Vergleich bereits die im Wege dieser Korrektur modifizierten Lage-Istwerte einfließen.

Dieses Verständnis wird belegt durch die Beschreibung des Klagepatents, die gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ bei der Auslegung des für den Schutzbereich maßgeblichen Anspruchswortlauts heranzuziehen ist. Im Rahmen der allgemeinen Erfin-dungsbeschreibung heißt es in der Beschreibung (Absatz [0009]):
„Gemäß der Erfindung ist vorgesehen, dass dem Antriebsregler […] zur Erfas-sung der von einem Winkellagegeber gelieferten Lage-Istwerte eine Korrektur-vorrichtung zugeordnet ist, vermittels der die vom Winkellagegeber (Stellung des Zylinders) gelieferten Lage-Istwerte in vorgegebene, gespeicherte bzw. in Abhängigkeit der Lage-Istwerte errechenbare Werte geändert werden.“

Dem kann der Fachmann entnehmen, dass die modifizierten Ist-Lagewerte durch die vom Winkellagegeber gelieferten Ist-Lagewerte in eindeutiger Weise determiniert sind, aber mit diesen nicht übereinstimmen. Vielmehr sorgt die Korrekturvorrichtung dafür, dass der Eingang eines Lage-Istwerts vom Winkellagegeber dort für die Ausgabe eines entweder vorgegebenen und gespeicherten modifizierten Ist-Lagewerts sorgt, wie dies im Rahmen der anschließenden Darstellung eines Ausführungsbeispiels näher erläutert ist (Absatz [0009], Spalte 4, Zeile 5ff. des Klagepatents), oder aber zur Errechnung des modifizierten Lage-Istwerts in Abhängigkeit vom empfangenen Lage-Istwert führt, wie näher beschrieben in der Darstellung eines weiteren Ausfüh-rungsbeispiels (Absatz [0010]).

Damit unterscheidet der Fachmann zwischen der Eigenschaft der Soll-Lagewerte und derjenigen der Ist-Lagewerte: Während die Soll-Lagewerte, die in den Soll-Ist-Vergleich gemäß Merkmalsgruppe 4 eingehen, diejenigen sind, die unabhängig von der Betriebssituation vorgegeben sind, und die deshalb frei sein müssen von korri-gierenden (gespeicherten) Werten oder Berechnungen, fließen die Lage-Istwerte nur mittelbar ein, weil sie erst die Korrekturvorrichtung durchlaufen und dort entweder die Ausgabe eines gespeicherten Werts oder eine Berechnung nach Maßgabe eines von der Korrekturvorrichtung vorgegebenen Algorithmus‘ bewirken und erst dieses Ergebnis als in diesem Sinne modifizierter Lage-Istwert sodann in den Soll-Ist-Ver-gleich einfließt.

bb)
Auf dieser Grundlage lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausfüh-rungsform das Merkmal 4.2 verwirklicht. Die Klägerin bringt dazu, ob und wenn ja in welcher Weise beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform von einem Winkel-lagegeber gelieferte Lage-Istwerte vor der Durchführung eines Soll-Ist-Vergleichs der Lagewerte modifiziert werden, nichts Konkretes vor. Sie schlussfolgert lediglich aus dem Umstand, dass ein von der Winkellage unabhängiger Fehlerfaktor – nämlich die Papierdehnung – korrigiert werden kann, auf das Vorhandensein einer Korrektur-möglichkeit, welche durch die Modifikation des Lage-Istwerts geschehen könne. Demgegenüber hat die Beklagte hinreichend detailliert vorgebracht, dass im Betrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Modifikation der Lage-Istwerte nicht statt-findet, sondern stattdessen in Abhängigkeit von Korrekturvorgaben wie etwa der ein-zugebenden Korrektur der Papierdehnung durch eine Modifizierung der Soll-Lage-werte. Dem ist die für die Verwirklichung des Klagepatents darlegungs- und beweis-belastete Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten. Es obliegt ihr darzulegen und notfalls zu beweisen, dass in Verwirklichung des Merkmals 4.2 die Soll-Lagewerte, die in den Soll-Ist-Vergleich nach dieser Merkmalsgruppe einfließen, nicht modifiziert werden, sondern mit den vorgegebenen und damit von einer Korrektur unbeein-flussten freien Soll-Lagewerten übereinstimmen. Insbesondere genügt es nicht, dass die Klägerin insoweit das Verteidigungsvorbringen der Klägerin mit Nichtwissen be-streitet.

Auch die weitere Schlussfolgerung der Klägerin, die Beklagte nehme für die angegrif-fene Ausführungsform in Anspruch, die technische Lehre der EP 0 812 683 B1 (An-lage PBP 15) zu verwirklichen, woraus zugleich eine Verwirklichung des Merkmals 4.2 folge, gestattet eine solche Feststellung nicht. Die Verwirklichung der technischen Lehre der EP 0 812 683 B1 beschränkt sich – wie namentlich die von der Klägerin selbst angeführten Absätze [0010] und [0011] der Beschreibung dieses anderen Patents belegen – auf eine Ausgestaltung, bei der die einzelnen Zylinder des Druckwerks mechanisch voneinander entkoppelt und deshalb unabhängig voneinan-der angetrieben sind, wobei die Steuerung dieser Antriebe auf Grundlage von Sig-nalen von Lagegebern geschieht. Dass diese Signale, die von Lagegebern stammen und deshalb eine Information über die Winkellage transportieren, zur Vornahme einer Korrektur modifiziert werden, lehrt die EP 0 812 683 B1 nicht.

b)
Aus dem unter a) zu Merkmal 4.2 Ausgeführten ergibt sich, dass sich auch eine Verwirklichung des gleichfalls streitigen Merkmals 5. nicht feststellen lässt, gemäß dem eine Korrektureinrichtung zwischen Winkellagegeber und dem Antriebsregler geschaltet sein muss.
aa)
Hinsichtlich dieses Merkmals ist der maßgebliche Anspruchswortlaut in der Weise auszulegen, dass klagepatentgemäß die vom Winkellagegeber gelieferten Lage-Ist-werte an die Korrektureinrichtung übermittelt werden müssen, wo sie in geeigneter und deterministischer Weise, beispielsweise durch Berechnung oder durch Aufruf eines gespeicherten Wertes, modifizierte Lage-Istwerte auslösen müssen, die sodann an den Antriebsregler übertragen werden, der auf dieser Grundlage gemäß Merkmal 6. die Lageregelung des Zylinders gewährleistet. Wie oben unter a)aa) ausgeführt, ermöglicht es die durch die Korrektureinrichtung bewirkte Wandlung der Lage-Istwerte in modifizierte Lage-Istwerte zusätzlich zu und außerdem gleichzeitig mit dem vorbekannten Soll-Ist-Vergleich der Lagewerte weitere Fehlerquellen zu korrigieren. Den vom Winkellagegeber gelieferten tatsächlichen Lage-Istwerten werden modifizierte Lage-Istwerte in einer Weise zugeordnet, dass die modifizierten Lage-Istwerte immer noch taugliche Grundlage des Soll-Ist-Vergleichs sind und zugleich eine oder mehrere weitere Fehlerquellen in geeigneter Weise ausgleichen. Dass die Korrektureinrichtung dabei gemäß Merkmal 5. zwischen Winkellagegeber und An-triebsregler geschaltet ist, ist offenbar Voraussetzung dafür, dass der Korrekturein-richtung die vom Winkellagegeber gelieferten Lage-Istwerte als Grundlage für die Ausgabe der modifizierten Lage-Istwerte zur Verfügung steht. Nur wenn sich die Kor-rektureinrichtung in diesem Signalweg befindet, kann sie die auf diesem Weg über-mittelten Signale in klagepatentgemäßer Weise modifizieren.

bb)
Demnach lässt sich eine Verwirklichung des Merkmals 5. nicht feststellen. Die Kläge-rin bringt keinen konkreten Beleg dafür vor, dass bei der angegriffenen Ausfüh-rungsform eine Korrektureinrichtung zwischen dem Winkellagegeber und dem An-triebsregler geschaltet ist. Vielmehr bestreitet sie das Gegenvorbringen der Beklagten, wonach bei der angegriffenen Ausführungsform nicht die Lage-Istwerte, sondern die Soll-Lagewerte korrigiert werden, lediglich mit Nichtwissen, was, worauf die Beklagte hinweist, den Schluss zulässt, dass die Klägerin ihren Vortrag zur Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform insoweit nicht auf eigene und verlässliche Kenntnis stützen kann.

c)
Aus den Erwägungen zu den streitigen Merkmalen 4.2 und 5. folgt zugleich die man-gelnde Verwirklichung des weiteren streitigen Merkmals 6. durch die angegriffene Ausführungsform. Folgerichtig ist dieses Merkmal, gemäß dem über den Antriebsregler eine Lageregelung des Zylinders in Verbindung mit den modifizierten Lage-Istwerten erfolgt, in der Weise auszulegen, dass es modifizierte Lage-Istwerte – und nicht etwa: modifizierte Soll-Lagewerte – sind, die in den Soll-Ist-Vergleich gemäß Merkmalsgruppe 6. einfließen und dabei die Tätigkeit des Antriebsreglers kontrollieren und auf diese Weise die Lageregelung des Zylinders beeinflussen.

Demgegenüber hat die Klägerin nicht darzulegen vermocht, dass bei der angegriffe-nen Ausführungsform nicht etwa modifizierte Soll-Lagewerte die Lageregelung be-einflussen, wie dies die Beklagte in hinreichend konkreter und außerdem plausibler Weise dargelegt hat. Indem die Klägerin auch dies nur mit Nichtwissen bestreitet, offenbart sie, dass sie insoweit nur Vermutungen zur Beschaffenheit und Funktions-weise der angegriffenen Ausführungsform äußert, und genügt sie außerdem ihrer Darlegungsobliegenheit nicht.

2.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die streitigen Merkmale durch die angegrif-fene Ausführungsform in äquivalenter Weise verwirklicht werden.

Unter dem Gesichtspunkt der patentrechtlichen Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesent-lichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart im Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abwei-chende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Vorausset-zungen: BGH GRUR 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil; BGH GRUR 2002, 515 (518) – Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519 (521) – Schneidmesser II; BGH GRUR 2002, 527 (529) – Custodiol II; BGH GRUR 2007, 410 (415 f.) – Kettenradanordnung; BGH GRUR 2004, 758 (760) – Flügelradzähler; BGH GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeinrichtung; BGH GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallszeitmessgerät; BGH GRUR 2012, 45 – Diglyceridverbindung).

a)
Der Annahme, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche Merkmal 4.2 mit äqui-valenten Austauschmitteln steht jedenfalls das Fehlen einer Gleichwertigkeit im en-geren Sinne entgegen.

Wie oben unter 1.a)aa) ausgeführt erkennt der Fachmann den in der Merkmalsgruppe 4. gelehrten Soll-Ist-Vergleich der Lagewerte als zentralen Baustein der Steuerung des den Motor antreibenden Zylinders. Die wesentliche Bedeutung dieses Soll-Ist-Vergleichs ist in der Beschreibung (Absatz [0018], Spalte 7, Zeilen 33ff.) ausdrücklich herausgestellt und in ihrem technischen Gehalt über das konkrete dort beschriebene Ausführungsbeispiel hinaus hervorgehoben. Daraus ist aus fachmännischer Weise der Schluss zu ziehen, dass die Soll-Werte einerseits und die Ist-Werte andererseits kategorisch unterschiedlich sind: Die Soll-Werte bilden eine ideale Betriebssituation durch vorgegebene Werte ab, während die Ist-Werte die tatsächliche Betriebssituation anhand tatsächlich – durch den Winkellagegeber – gemessener Werte darstellen. Demnach kann aus fachmännischer Sicht die Modifizierung der Soll-Werte anstelle der Ist-Werte nicht als gleichwertig und am Sinngehalt der klagepatentgemäßen Lehre orientiert in Betracht kommen. Offensichtlich muss die Modifizierung der Soll-Werte in einer ganz anderen Weise geschehen, um zum selben Ergebnis – wirksame Ausgleichung einer oder mehrerer Fehlerquellen – wie bei der Modifizierung der Ist-Werte zu gelangen. Der Fachmann muss sich also von der beanspruchten technischen Lehre der Klagepatents nicht nur lösen, sondern sie in einem entscheidenden Punkt in ihr Gegenteil verkehren, um zu einer Modifizierung der Soll-Werte anstatt der Ist-Werte als Austauschmittel zu gelangen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht es insoweit nicht aus, dass das Klagepatent die Beanspruchung einer Korrekturvorrichtung auf der Seite des Signalweges der Lage-Istwerte nicht näher begründet. Im Gegenteil müsste das Klagepatent nämlich Anhaltspunkte dafür bieten, dass auch eine Korrekturvorrichtung auf Seiten des Sig-nalweges der Soll-Werte zur Erzielung des technischen Erfolges in Betracht kommt, damit von einer Gleichwertigkeit im engeren Sinne ausgegangen werden könnte. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, eine Modifizierung der Soll-Werte könne zum gleichen Ergebnis führen, weil auch die Soll-Werte mit Blick auf eine aktuelle Lage des einen und eines weiteren, gegenläufigen Zylinders vorgegeben werden müssen, kann dies die Annahme einer Gleichwertigkeit nicht stützen. Der Fachmann unterscheidet aus den dargelegten Gründen kategorisch zwischen den Ist-Werten einerseits und den Soll-Werten andererseits. Diese Unterscheidung zu übergehen, liefe darauf hinaus, einen Schutz für den allgemeinen Erfindungsgedanken zu gewähren, der indes dem Schutz einer äquivalenten Verwirklichung fremd ist und insbesondere keine Gleichwertigkeit im engeren Sinne zu begründen vermag.

b)
Dementsprechend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Schal-tung der Korrektureinrichtung in den Signalweg der Sollwerte anstatt in den Signal-weg der Ist-Werte aus fachmännischer Sicht gleichwertig im engeren Sinne wäre. Aus fachmännischer Sicht hat sich das Klagepatent dafür entschieden, die vom Win-kellagegeber gelieferten Lage-Istwerte durch die Korrektureinrichtung modifizieren zu lassen, so dass erstens die Korrektureinrichtung in den Signalweg der Lage-Istwerte geschaltet sein und zweitens eine Modifizierung der Ist-Werte und nicht der Soll-Werte bewirken muss. Dafür, von dieser technischen Vorgabe abzuweichen und gleichwohl den vom Klagepatent angestrebten technischen Erfolg zu erreichen, kann der Fachmann dem Klagepatent keinen Anhaltspunkt entnehmen. Eine Gestaltung, bei der – wovon bei der angegriffen Ausführungsform auf Grundlage des unzureichend bestrittenen Vorbringens der Beklagten auszugehen ist – eine Korrektureinrichtung weder Ist-Werte vom Winkellagegeber empfängt noch auf andere Weise Ist-Werte beeinflusst, sondern vielmehr Soll-Werte modifiziert, erscheint daher aus fachmännischer Sicht nicht als gleichwertig im engeren Sinne.

c)
Schließlich lässt sich aus entsprechenden Erwägungen auch die Verwirklichung des Merkmals 6 mit äquivalenten Austauschmitteln nicht feststellen. Weil, wie oben unter b) ausgeführt, der Fachmann die Lehre von der Modifizierung der Ist-Werte statt der Soll-Werte als Festlegung des Klagepatents auf diese Art der Lösung versteht und dem Klagepatent nichts dafür entnehmen kann, dass auch die gegenteilige Lösung, also die Modifizierung der Soll- statt der Ist-Werte in Betracht zu ziehen ist, betrachtet er die Ausgestaltung, bei der die Lageregelung des Zylinders in Verbindung mit modifizierten Soll-Lagewerten geschieht, als nicht gleichwertig im engeren Sinne.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.