4a O 257/09 – Sofortiges Anerkenntnis

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1410

Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 11. Mai 2010, Az. 4a O 257/09

I. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Mit Schriftsatz vom 10.12.2009 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage wegen Verletzung des deutschen Patents 197 58 XXX B4 in Bezug auf Fahrgastsitze für Busse erhoben. Hinsichtlich der Gestaltung dieser Sitze wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.

Nachdem die Klägerin ihre Anträge im frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.02.2010 an den Wortlaut der Patentansprüche angepasst und einen durch sie unter Ziffer 4. ihrer Klageschrift formulierten Antrag auf Vorlage von Unterlagen zurückgenommen hat, hat die Beklagte die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Das Landgericht Düsseldorf hat die Beklagte daraufhin mit einem Teil-Anerkenntnisurteil vom 09.02.2010 verurteilt,

1.
es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist, ab sofort zu unterlassen,

in Deutschland Fahrgastsitze für ein Personennahverkehrsmittel mit einem eine Rückenschale und eine Sitzschale aufweisendem Mittelabschnitt und jeweils an den Seiten des Mittelabschnitts angeordneten Tragholmen, wobei die Tragholme und der Mittelabschnitt einstückig gegossen sind, herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Tragholme in ihrem Querschnitt annähernd C-förmig ausgebildet und jeweils mit mehreren parallel in Längsrichtung des Tragholms angeordneten Rippen versehen sind, wobei sich in Richtung einer Polsterung Zwischenräume zwischen den Rippen befinden;

2.
der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer 1. genannten Fahrgastsitze zu erteilen, welche im September 2009 im Bus der Beklagten des Herstellers B Bus & Coach Valkenswaard, Typ Ambassador, Fahrgestellnummer XX9AA39R934003381, Baujahr 2009, amtliches Kennzeichen HSK TX 450 eingebaut waren, und dabei Auskunft insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Mengen der Erzeugnisse und deren Preise;

3.
der Klägerin für die Zeit seit dem 1. September 2009 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg weiterer unter Ziffer 1. genannten Fahrgastsitze zu erteilen, die die Beklagte bezogen oder weiterverkauft hat, und dabei Auskunft insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Mengen der Erzeugnisse und deren Preise.

Des Weiteren hat das Landgericht Düsseldorf in diesem Teil-Anerkenntnisurteil festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1. genannten und in der Zeit seit dem 01.09.2009 begangenen Handlungen bereits entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird.

Mit Beschluss vom 01.04.2010 hat das Landgericht Düsseldorf in Bezug auf die Kostenentscheidung gemäß § 128 Abs. 3 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet und den Verhandlungsschlusszeitpunkt auf den 28.04.2010 bestimmt.

Die Klägerin trägt vor, spätestens mit Schreiben vom 20.03.2009 sei die A, die wie die Beklagte zur B-Gruppe gehöre, von der Klägerin auf eine Patentverletzung durch von der C vertriebene Sitze hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 12.08.2009 habe die Klägerin die A darüber hinaus nochmals ausdrücklich und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Firma C D GmbH Kopien der Original Kiel-Centra-Sitze, deren patentrechtlicher Schutz hier in Rede stehe, vertreibe und damit das Patentrecht der Klägerin verletze. Hierauf habe die B Bus & Coach mit Schreiben vom 26.08.2009 geantwortet, dass sie sich nicht an einem Rechtsstreit zwischen zwei deutschen Unternehmen beteiligen wolle. Vielmehr würden sich in den Verträgen mit Zulieferunternehmen stets Vereinbarungen finden, wonach die Zulieferer der B Bus & Coach von möglichen Schadenersatzansprüchen wegen der Verletzung geistigen Eigentums freigestellt würden. Deshalb interessiere sie der Streit zwischen der Klägerin und der C nicht.

Ergänzend wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Beklagte hat die Klageforderung im frühen ersten Termin noch vor dem Stellen eines Klageabweisungsantrages und damit sofort anerkannt. Da die Beklagte auch keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, waren die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.

Anlass zur Klage ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei der Klägerin vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, sie werde ohne die Klage nicht zu ihrem Recht kommen. Der Verletzte muss daher in der Regel den Verletzer vor Erhebung der Unterlassungsklage abmahnen, wenn er für den Fall des sofortigen Anerkenntnisses der Kostenfolge des
§ 93 ZPO entgehen will. Dabei muss die Abmahnung neben der Beschreibung des Verletzungstatbestandes insbesondere die Aufforderung an den Verletzer, binnen einer in der Abmahnung gesetzten Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, enthalten (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139, Rz. 163).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Beklagte nicht ordnungsgemäß abgemahnt. Die als Anlagen K 7 und K 9 vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 20.03.2009 sowie vom 12.08.2009 stellen bereits deshalb keine hinreichende Abmahnung dar, weil sie sich nicht an die Beklagte, die B Bus & Coach Deutschland GmbH, sondern an die A bv richten. Dass beide Unternehmen wie aus der Anlage K 8 ersichtlich zur B-Gruppe gehören, rechtfertigt für sich allein keine andere Bewertung.

Im Übrigen stellen die als Anlagen K 7 und K 9 vorgelegten Schreiben auch in der Sache keine die Anwendung von § 93 ZPO ausschließende Abmahnung dar. Weder wird dort konkret dargelegt, welches Schutzrecht die Klägerin als verletzt ansieht, noch wird der Beklagten eine Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gesetzt. Darüber hinaus kündigt die Klägerin in diesen Schreiben auch keine rechtlichen Schritte gegen die Beklagte an, sondern verweist in ihrem Schreiben gemäß Anlage K 9 lediglich auf ein rechtliches Vorgehen gegen die „C ED GmbH“. In Bezug auf die A bv schlägt die Klägerin demgegenüber am Ende dieses Schreibens vor, in einem gemeinsamen Termin die weitere Vorgehensweise abzustimmen.

Die vorherige Abmahnung der Beklagten war auch nicht entbehrlich. Eine Abmahnung ist grundsätzlich nur dann entbehrlich, wenn die mit der vorherigen Mahnung notwendig verbundene Verzögerung unter Berücksichtigung der gerade im konkreten Fall gegebenen außergewöhnlichen Eilbedürftigkeit schlechthin nicht mehr hinnehmbar war, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte für die Klägerin feststand, dass eine Abmahnung der Beklagten erfolglos bliebe, oder sich der Klägerin bei objektiver Sicht der Eindruck geradezu aufdrängen musste, die Beklagte baue auf die grundsätzliche Abmahnpflicht und wolle sich diese zunutze machen. Anhaltspunkte hierfür sind jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird unter Berücksichtigung der durch die Beklagte zwischenzeitlich erteilten Auskunft auf 250.000,- EUR festgesetzt. Eine weitere Herabsetzung des Streitwertes kommt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin nicht nur Schadenersatz, sondern insbesondere auch Unterlassung begehrt hat, nicht in Betracht.