4a O 281/08 – Multi-Link Stent

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1444

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. März 2010, Az. 4a O 281/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 59/10

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die bei den Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) an ihren jeweiligen Geschäftsführern vollstreckt wird, zu unterlassen,

Stents, welche als eine Röhre ausgebildet sind und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar sind, in welchen sie ausdehnbar sind, mit folgenden Merkmalen:

a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung (9) erstrecken;

b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken;

c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf;

d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist,

im Geltungsbereich des deutschen Patents 195 49 XXX B4 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 29.08.2004 begangen haben, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses sowie unter Beleg gestützter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten (einschließlich Bezugspreisen) und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger enthalten ist,

wobei die folgenden Belege in Ablichtung vorzulegen sind: Aufträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Liefer- und Zollpapiere.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. bezeichneten, seit dem 29.08.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

IV. Die Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) werden verurteilt, die in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Stents gemäß Ziffer I. zu vernichten.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 5 Prozent und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 95 Prozent auferlegt.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.250.000,- EUR und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem deutschen Patent DE 195 49 XXX B4 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Vernichtung in Anspruch. Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Einräumung einer Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils.

Das Klagepatent wurde am 26.07.1995 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier US-Patentschriften vom 28.07.1994 sowie vom 31.05.1995 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 29.07.2004 veröffentlicht. Mit Schriftsatz vom 18.06.2009 haben die Beklagten zu 1) und zu 4) Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Ein flexibler ausdehnbarer Stent“. Sein hier allein maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet:

„Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:

a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung (9) erstrecken,

b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken,

c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf,

d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindestens eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindestens eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist.“

Zur Veranschaulichung werden nachfolgend die Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift in verkleinerter Form wiedergegeben, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel darstellen. Figur 1 zeigt nach der Patentbeschreibung einen gemusterten Stent, dessen Muster Figur 2 veranschaulicht. In Figur 3 ist der Stent gemäß Figur 1 in einer gebogenen Stellung dargestellt.
Bei den Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) handelt es sich um deutsche Tochter-Unternehmen der A-Gruppe. Der Beklagte zu 2) ist der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

Im Jahr 2006 erwarb der A-Konzern von der Unternehmensgruppe B deren gesamtes Stent-Geschäft, wobei der A-Konzern im Zuge der Transaktion sämtliche Verbindlichkeiten in Bezug auf das streitgegenständliche Stent-Geschäft von B übernahm. Seit 2006 befinden sich daher auch diejenigen Stents und Stent-Systeme, die bis zu diesem Zeitpunkt von B entwickelt, hergestellt und vertrieben worden waren, im Produktsortiment von A.

B brachte im Jahr 2001 einen „Multi-Link I-Stent“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform I) in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt, der folgendes Design aufweist:

Ferner wurde im Jahr 2002 unter der Bezeichnung „Multi-Link C“ die angegriffene Ausführungsform I mit einem neuen Zuführsystem in der Bundesrepu-blik Deutschland angeboten und in Verkehr gebracht, während das Stent-Design beibehalten wurde (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform II).

Im Jahr 2003 brachte B unter dem Namen „Multi-Link D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform III) ein Stent-System in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt, dessen Design wie im Folgenden dargestellt gestaltet ist:
Etwas später folgte eine weitere Version des D für besonders kleine Blutgefäße, der „Multi-Link MINI D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform IV), dessen Stentstruktur folgende Gestaltung aufweist:
Der „Multi-Link MINI D“ unterscheidet sich vom „Multi Link D“ dadurch, dass bei Ersterem jeweils weniger Schlaufen in Umfangsrichtung zwischen den Verbindern vorgesehen sind.

Des Weiteren ist seit dem Jahr 2006 unter dem Namen „E“ (E V EVEROLIMUS ELUTING CoSystem mit einem medikamentbeschichteten Stent auf dem deutschen Markt (im Folgenden: angegriffene Ausführungsforronary Stent-System) ein auf den angegriffenen Ausführungsformen III und IV aufbauendes Stent- m V).

Schließlich haben die Beklagten unter der Bezeichung „F“ in der Bundesrepublik Deutschland mit der Markteinführung eines leicht abgewandelten Stent-Designs begonnen, welches folgende Gestaltung aufweist (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform VI):
Der „E PRIME“ – Stent der Beklagten ist die medikamentenbeschichtete Variante des F (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform VII), wobei die Beklagten diesen Stent europaweit auf dem Markt anbieten.

Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, zumindest aber mit äquivalenten Mitteln Gebrauch. Darüber hinaus müsse der Klägerin bereits deshalb die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils zugesprochen werden, weil der Auseinandersetzung vor dem Landgericht Düsseldorf ein Verletzungsstreit in den USA vorangegangen sei, welcher ein aus derselben Patentfamilie wie das Klagepatent stammendes US-Patent zum Gegenstand gehabt habe. Obwohl die jetzige Beklagte zu 1) mit der dortigen Beklagten zu 2) identisch sei, sei eine Einigung für Europa nicht zustande gekommen. Bereits dies zeige, dass die Beklagte zu 1) das in dem US-Verfahren ergangene Urteil nicht akzeptiere. Im Übrigen gebiete auch eine TRIPS-konforme Auslegung von § 140 e PatG, der Klägerin die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils zuzusprechen.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen,

wobei der Beklagte zu 2) zusätzlich verurteilt werden soll, die in seinem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Stents gemäß Ziffer I. zu vernichten,

und der Klägerin darüber hinaus die Befugnis zugesprochen werden soll, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen,

a) mit folgenden Angaben, wobei die Auswahl der Angaben und deren optische Gestaltung der Klägerin überlassen bleibt:

– Überschrift,
– Bezeichnung des erkennenden Gerichts,
– Aktenzeichen,
– Datum des Verkündungstermins,
– Parteien des Rechtsstreits unter Angabe ihres Sitzes,
– Zusammenfassung des Urteilstenors,
– namentliche Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsformen;

b) innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils bis zu drei Mal in folgenden Printmedien:

– Financial Times Deutschland,
– Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
– Handelsblatt;

c) und zwar insbesondere mit folgender Überschrift:

„G erwirkt Patentverletzungsurteil gegen A H u. a. in Bezug auf Stent Systeme I, C, D, MINI D, E, F Coronary Stent System und E PRIME Everolimus Eluting Coronary Stent System“

d) und insbesondere mit nachfolgendem Text, im Umfang nicht mehr als eine halbe Zeitungsseite, wobei die optische Gestaltung (Fettdruck, Hervorhebungen, Gliederungsebenen etc. der Klägerin überlassen bleibt:

„Mit Urteil vom [Datum] hat die 4a. Zivilkammer (Patentstreitkammer) des Landgerichts Düsseldorf [bzw. der 2. Zivilsenat (Patentsenat) des Oberlandesgerichts Düsseldorf] entschieden, dass die nachfolgenden Stents des Unternehmens A

– Multi-Link I Coronary Stent System
– Multi-Link C Coronary Stent System
– Multi-Link D Coronary Stent System
– Multi-Link MINI D Coronary Stent System
– E V EVEROLIMUS ELUTING Coronary Stent Systems
– F Coronary Stent System
– E PRIME Everolimus Eluting Coronary Stent System

das deutsche Patent DE 195 49 XXX B4 der G Ltd. verletzen.

Das Aktenzeichen lautet 4a O XXX/XX [bzw. Aktenzeichen der Berufungsinstanz]. Klägerin des Rechtsstreits war die G Ltd. mit Sitz in J, Israel. Beklagte waren u. a.:

– A H Instruments Deutschland GmbH, K-Straße 29, XXXXX L, vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn Daniel M,

– A H Deutschland GmbH, N-Ring 2, XXXXX O, vertreten durch ihre Geschäftsführer Herrn Erik P und Herrn Frank S,

– A GmbH & Co. KG, N-Ring 2, XXXXX O, vertreten durch ihre Komplementärin, die A Management GmbH, N-Ring 2, XXXXX O, diese vertreten durch ihre Geschäftsführer Herrn Nils T, Herrn Rainer U, Herrn Friedrich V, Herrn Luc W und Herrn Erik P.

Nach dem Urteilsausspruch sind die Beklagten verpflichtet, es zu unterlassen, die vorgenannten Stents in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Die Beklagten wurden ferner verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorgenannten Benutzungshandlungen seit dem 29.08.2004 in Deutschland begangen haben. Außerdem hat das Landgericht Düsseldorf [bzw. das Oberlandesgericht Düsseldorf] festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den seit diesem Zeitpunkt bereits entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schaden der Klägerin zu ersetzen.“

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise: das Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent (DE 195 49 XXX) anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Sie meinen, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Zunächst handele es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um Stents mit einem phasengleichen Aufbau, das heißt die aufweitbaren Elemente der vertikal umlaufenden Struktur würden in etwa parallel zueinander verlaufen. Durch diese Konstruktionsweise werde die Verhinderung der Längsschrumpfung – anders als bei außer Phase stehenden Mustern – bei der Expansion des Stents ohne zusätzliche Maßnahmen gewährleistet:

Des Weiteren fehle es bei den angegriffenen Ausführungsformen an einem ersten Mäandermuster, da das von der Klägerin identifizierte Muster nicht periodisch um eine gedachte Mittellinie angeordnet sei. Darüber hinaus seien bei den angegriffenen Ausführungsformen auch keine zweiten Mäandermuster vorhanden. Zum Einen sei das von der Klägerin identifizierte Muster ebenfalls nicht periodisch um eine gedachte Mittellinie angeordnet. Zum Anderen erstrecke sich dieses auch nicht in eine zweite Richtung, die sich von der Richtung des angeblichen ersten Mäandermusters unterscheide, da es ganz überwiegend in derselben Richtung verlaufe wie das behauptete erste Mäandermuster. Schließlich sei bei den angegriffenen Ausführungsformen keine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen jedem der benachbarten ersten Mäandermuster angeordnet, da die von der Klägerin identifizierten Auswölbungen der Verbindungselemente entweder vollständig (I) oder zumindest überwiegend (D bzw. MINI-D) in einem Überschneidungsbereich mit dem angeblichen ersten Mäandermuster eingebettet seien. Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren auch als nicht rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg. Der Klägerin stehen insoweit gegen die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Vernichtung aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu, da die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Demgegenüber kann die Klägerin von den Beklagten mangels eines berechtigten Interesses nicht mit Erfolg die Einräumung einer Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils verlangen, § 140e PatG. Im Übrigen steht der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen zu.

I.
Das Klagepatent betrifft Stents zum Implantieren in einen lebenden Körper.

Nach der Beschreibung des Klagepatents ist unter einem „Stent“ eine aus einem körper-kompatiblen Material bestehende Vorrichtung zu verstehen, die zum Aufweiten eines Blutgefäßes oder einer anderen Öffnung in dem Körper und zum Aufrechterhalten der resultierenden Größe des Lumens verwendet wird. Dabei wird der Stent üblicherweise an den gewünschten Ort in dem Körper mittels eines aufblasbaren Ballons zugeführt. Wird der Ballon aufgeblasen, dehnt sich der Stent aus, wodurch sich die Öffnung erweitert.

Als Stand der Technik nennt das Klagepatent zunächst die US 5,102,417 (Palmaz/Schatz). Die dort beschriebenen Stents stellen ausdehnbare röhrenförmige Implantate dar, welche mittels eines flexiblen, schraubenförmigen Verbinders miteinander verbunden sind. Die Implantate sind aus einer Vielzahl von Schlitzen gebildet, welche parallel zur Längsachse der Röhre angeordnet sind. Da die röhrenförmigen Implantate relativ steif sind, sind die flexiblen Verbinder erforderlich, um die Stents biegen zu können, wenn sie durch ein gekrümmtes Blutgefäß hindurchgeführt werden.
Werden diese Stents ausgedehnt, schrumpfen sie in Längsrichtung aufgrund der mit der Ausdehnung verbundenen radialen Erweiterung. Da sich gleichzeitig die schraubenförmigen Verbinder verdrehen, bezeichnet es das Klagepatent an dieser Lösung als nachteilig, dass durch die Verdrehbewegung das Blutgefäß geschädigt werden kann.

Des Weiteren erwähnt das Klagepatent die US 5,195,984 (Schatz), in welcher nach der Klagepatentbeschreibung ein ähnlicher Stent offenbart ist, jedoch mit einem geraden Verbinder, der parallel zur Längsachse der röhrenförmigen Implantate und zwischen den röhrenförmigen Implantaten angeordnet ist.
Zwar wird durch das gerade Element die Verdrehbewegung beseitigt. Jedoch ist diese Lösung nach der Beschreibung des Klagepatents mit dem Nachteil verbunden, dass kein fester Verbinder vorhanden ist.

Darüber hinaus erwähnt das Klagepatent die EP 0 540 290 A2 (Lau et al.). In dieser ist ein Stent mit einer Vielzahl von radial ausdehnbaren zylindrischen Elementen beschrieben, die aus einem bandartigen Material in gewelltem Muster bestehen, auf einer gemeinsamen Achse ausgerichtet und durch einen oder mehrere gerade Verbindungsstege miteinander verbunden sind.

Schließlich geht das Klagepatent auf die US 4,994,071 (MacGregor) ein. In dieser ist nach der Beschreibung des Klagepatents ein gabelförmiger Stent mit einer Vielzahl von radial ausdehnbaren zylindrischen Elementen aus gewelltem Draht beschrieben, die auf einer gemeinsamen Achse ausgerichtet und untereinander durch jeweils mindestens einen geraden Drahtabschnitt mit einem Knoten mit halbem Schlag verbunden sind.

Dem Klagepatent liegt nach der Patentbeschreibung die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen flexiblen Stent bereitzustellen, welcher während der Ausdehnung minimal in Längsrichtung schrumpft.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent einen Stent vor, welcher nach Patentanspruch 1 durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:

Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:

A. eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung (9) erstrecken,

B. eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken,

C. die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf,

D die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass

D.1 zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und

D.2 zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist.

II.
Das Klagepatent beansprucht somit einen aus einer Vielzahl von ersten und zweiten Mäandermustern (11, 12) gebildeten röhrenförmigen Stent, wobei die Mäandermuster wie in den Merkmalsgruppen A – D beschrieben angeordnet sind.

1.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klagepatentschrift zunächst nicht zu entnehmen, dass sich die technische Lehre auf Stents beschränken soll, bei denen die Schlaufen der Mäander außer Phase stehen. Vielmehr sind auch Stents mit phasengleicher Ausrichtung der Schlaufen erfasst („In-Phase-Stents“).

Die Beklagten begründen die durch sie vertretene Einschränkung im Wesentlichen damit, dem Klagepatent gehe es darum, einen Stent bereitzustellen, welcher während der Ausdehnung minimal in der Längsausrichtung schrumpft. Dieses Problem trete jedoch bei sog. „In-Phase-Stents“ nicht auf, da dort dadurch, dass jeweils Wellen und Täler der sich gegenüberliegenden Schlaufen miteinander verbunden seien, die Längsschrumpfung bei der Expansion des Stents ohne zusätzliche Maßnahmen ausgeglichen werde.

Für eine solche Einschränkung der patentgemäßen Lehre finden sich in der Klagepatentschrift jedoch keine Anhaltspunkte. Patentanspruch 1 spricht in seinem Oberbegriff lediglich von einem „Stent“, ohne den Begriff „Stent“ auf außer Phase stehende Stents zu beschränken. Auch die Patentbeschreibung bietet für die durch die Beklagten vertretene einschränkende Auslegung keinen Anhaltspunkt. Zwar beziehen sich die bevorzugten Ausführungsbeispiele ausschließlich auf Stents, bei denen die (vertikalen) Mäandermuster außer Phase zueinander angeordnet sind (vgl. Anlage L 8, Abschnitt [0022] und [0035] sowie die Figuren). Jedoch rechtfertigen diese bevorzugten Ausführungsbeispiele keine entsprechende Beschränkung des Patentanspruchs (vgl. BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe).

Die durch die Beklagten zitierte Entscheidung „Spannschraube“ rechtfertigt keine andere Bewertung. Zwar trifft es zu, dass danach der Fachmann dann, wenn bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten eine dazu führt, dass die Erfindung nicht ausführbar ist, diese Auslegungsmöglichkeit nicht in Betracht ziehen wird, auch wenn sie nach dem Wortlaut in Betracht käme, so dass bei einer solchen Sachlage die durch das Patent gekennzeichnete Lehre auf die verbleibende Ausführung beschränkt ist (vgl. BGH GRUR 1999, 909, 911 f. – Spannschraube). Jedoch liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor.

Aufgabe des Klagepatents ist es, einen flexiblen Stent bereitzustellen, welcher während der Ausdehnung minimal in der Längsrichtung schrumpft (vgl. Anlage L 8, Abschnitt [0008]). Neben der Verhinderung einer Längsschrumpfung im Rahmen der Ausdehnung soll somit auch die Flexibilität des Stents gewährleistet sein. Um diese Aufgabe zu lösen, sieht Patentanspruch 1 zwei Mäandermuster vor, welche wie in Patentanspruch 1 im Einzelnen vorgegeben gestaltet sind. In welcher Form diese Mäandermuster jeweils zur Lösung der Aufgabe beitragen, lässt Patentanspruch 1 – anders als Patentanspruch 3 – offen. Insbesondere fordert Patentanspruch 1 im Gegensatz zu Patentanspruch 3 nicht, dass bei einer radialen Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen dadurch gleich bleibt, dass einige Zellelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, während einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen (vgl. insbes. auch Anlage L 8, Abschnitt [0031]). Vielmehr genügt es für die Verwirklichung der technischen Lehre von Patentanspruch 1 auch, wenn beispielsweise bereits das erste Mäandermuster gewährleistet, dass der Stent bei der Ausdehnung minimal schrumpft, während durch das zweite Mäandermuster die Flexibilität des Stents gewährleistet wird.

2.
Wie der Fachmann Patentanspruch 1 weiter entnimmt, muss der erfindungsgemäße Stent eine Vielzahl von ersten und zweiten Mäandermustern (11, 12) aufweisen (Merkmale A und B, jeweils erster Teil).

Was nach der technischen Lehre des Klagepatents unter dem Begriff des „Mäandermusters“ zu verstehen ist, wird dem Fachmann in Abschnitt [0020] offenbart. Danach soll der Begriff „Mäandermuster“ ein periodisches Muster um eine Mittellinie beschreiben. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass dieses Muster auch symmetrisch um die Mittellinie angeordnet sein muss. Denn ein Muster kann periodisch sein und von einer (gedachten) Mittellinie geschnitten werden, ohne dass es entlang dieser Linie stets (exakt) symmetrisch verlaufen muss. Dass es für die technische Funktion des erfindungsgemäßen Stents von wesentlicher Bedeutung ist, dass eine (exakte) Symmetrie eingehalten wird, ist der Patentbeschreibung nicht zu entnehmen.

Bei den in der Patentschrift gezeigten Figuren (insbesondere Figur 2) mag entlang einer gedachten Mittellinie eine solche Symmetrie vorhanden sein. Allein dies rechtfertigt es jedoch nicht, wie es das niederländische Gericht in seinem Urteil gemäß Anlage TW 6b, S. 7 unternommen hat, den Schutzbereich des Klagepatents auf dieses Ausführungsbeispiel zu begrenzen. Dass es dem Klagepatent insoweit nicht entscheidend um die Symmetrie entlang einer Mittellinie geht, findet seine Bestätigung überdies darin, dass in dem in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiel die in Absatz [0022] explizit als horizontale Mittellinie bezeichnete Linie (13) gerade keine Linie darstellt, entlang derer sich eine solche (exakte) Symmetrie ausmachen ließe.

Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass es zur Lösung der Aufgabe des Klagepatents, einen flexiblen Stent bereitzustellen, welcher während der Ausdehnung minimal in Längsrichtung schrumpft, zwingend einer symmetrischen Anordnung des Mäandermusters bedarf. Vielmehr räumt auch der durch die Beklagten beauftragte Sachverständige in seinem Privatgutachten ein, dass sich die Aufgabe des Klagepatents nicht nur bei einer symmetrischen, sondern – wenn auch möglicherweise schwieriger – ebenfalls bei einer asymmetrischen Anordnung der Muster lösen lässt (vgl. Anlage TW 7, S. 15, zweiter Absatz).

3.
Nach der technischen Lehre des Klagepatents müssen sich die ersten und zweiten Mäandermuster jeweils in verschiedene Richtungen erstrecken (Merkmale A und B, jeweils zweiter Teil).

Wie der Fachmann bereits dem Wortlaut des Patentanspruchs entnimmt, kommt es für die Frage der Erstreckungsrichtung der Mäandermuster nicht darauf an, in welche Richtung sich einzelne Schlaufen des jeweiligen Musters erstrecken. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtorientierung des jeweiligen Mäandermusters („…Mäandermuster, welche sich in eine … Richtung erstrecken“), so dass es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents insbesondere auch unschädlich ist, wenn einzelne Schlaufen des Mäandermusters in eine andere, möglicherweise auch gegenüber der Gesamtorientierung des Mäandermusters entgegengesetzte Richtung verlaufen. Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann aus den Figuren. So weist das in Figur 2 dargestellte vertikale Mäandermuster (11) nicht nur vertikale, sondern auch horizontale Bereiche auf, welche zugleich auch einen Bereich des zweiten, horizontal verlaufenden Mäandermusters darstellen (vgl. Anlage L 8, Abschnitt [0022]). Dabei verlaufen die Schlaufen des ersten Musters anteilig sogar überwiegend vertikal und damit in die Richtung des zweiten Mäandermusters. Gleichwohl verläuft dieses Mäandermuster nach der Patentbeschreibung vertikal (vgl. Anlage L 8, Abschnitte [0021] und [0022]). Ein dahingehendes Erfordernis, dass bestimmte Abschnitte des Mäandermusters sich „über weite Teile in genau derselben Richtung bewegen müssten“, kennt das Klagepatent demgegenüber nicht.

4.
Schließlich müssen die Schlaufen (14, 16, 18, 20) aufweisenden ersten und zweiten Mäandermuster derart verbunden sein, dass zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist (Merkmalsgruppe D).

Soweit die Beklagten Patentanspruch 1 derart auslegen wollen, dass einzelne Schlaufen des zweiten Mäandermusters nicht „im Überschneidungsbereich“ mit benachbarten ersten Mäandermustern eingebettet sein dürfen, finden sich dafür im Klagepatent keine Anhaltspunkte. Merkmal D.2 verlangt lediglich, dass zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist. Konkrete Vorgaben, in welcher Entfernung sich die eine Schlaufe des zweiten Mäandermusters zum ersten Mäandermuster befinden muss, sind demgegenüber weder Patentanspruch 1, noch der Patentbeschreibung zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass sich zumindest eine Schlaufe des zweiten Mäandermusters zwischen benachbarten Schlaufen des ersten Mäandermusters befindet. Insbesondere kommt es auch nicht darauf an, ob sich die eine Schlaufe des zweiten Mäandermusters zwischen einer oder zwei Schlaufen der benachbarten ersten Mäandermuster befindet.

5.
Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es keiner Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, weil das in Patentsachen erfahrene Gericht selbst über eine hinreichende Sachkunde verfügt. Insbesondere haben die Parteien durch ihren umfassenden Vortrag einschließlich der vorgelegten Privatgutachten eine tragfähige Grundlage für die Auslegung des Klagepatents, welche grundsätzlich dem Gericht obliegt (vgl. BGH GRUR 2004 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH GRUR 2006, 131, 133 – Seitenspiegel; BGH GRUR 2006, 313, 315 – Stapeltrockner), geschaffen. Ein allgemeiner Grundsatz, dass immer dann, wenn durch die Parteien zwei unterschiedliche Auffassungen vertretende Gutachten vorgelegt werden, automatisch ein gerichtliches Gutachten einzuholen ist, existiert nicht.

III.
Ausgehend von diesen Überlegungen machen die angegriffenen Ausführungsformen, bei denen es sich unstreitig um röhrenförmige Stents handelt, die in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung in den Körper einführbar und in diesem ausdehnbar sind, von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

1.
Die angegriffenen Ausführungsformen verfügen über eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung erstrecken (Merkmal A).

Für die Stents I und C lassen sich die sich in eine vertikale Richtung erstreckenden ersten Mäandermuster wie folgt darstellen:

Bei den Stents D und MINI D sowie dem auf diesen Stents aufbauenden Stent „E“ stellen sich die ersten, ebenfalls in eine vertikale Richtung verlaufenden Mäandermuster wie folgt dar:

Schließlich verfügt auch der Stent F sowie der auf diesem aufbauende Stent E PRIME über ein erstes, horizontal verlaufendes Mäandermuster:
2.
Des Weiteren verfügen die angegriffenen Ausführungsformen über sich in eine zweite Richtung erstreckende zweite Mäandermuster (Merkmal B).

Bei den Stents I und C lassen sich die zweiten, sich horizontal erstreckenden Mäandermuster wie folgt darstellen:

Darüber hinaus sind bei den Stents D und MINI D sowie dem auf diesen Stents aufbauenden Stent E die vertikal verlaufenden zweiten Mäandermuster aus folgender Darstellung ersichtlich:

Schließlich findet sich auch bei dem Stent F sowie dem auf diesen aufbauenden Stent E PRIME ein zweites, vertikal verlaufendes Mäandermuster:

Der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents steht es auch nicht entgegen, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Verhinderung der Schrumpfung in Längsrichtung im Rahmen der Ausdehnung im Wesentlichen durch die In-Phase-Anordnung des ersten Mäandermusters erfolgt, da die zweiten Mäandermuster der Gewährleistung der Flexibilität des Stents dienen. Wie der durch die Klägerin beauftragte private Sachverständige Snyder in dem als Anlage L 41 vorgelegten privaten Sachverständigengutachten ausführt, dehnen sich die auf der Außenseite des Mäandermusters angeordneten Schlaufen dann, wenn der nicht expandierte Stent gekrümmt wird. Wird der Stent in der Krümmung expandiert, dehnen sich diese Schlaufen des zweiten Mäandermusters auf der Außenseite der Krümmung (vgl. Anlage L 41, S. 52 – 54). Dies haben die Beklagten auch nicht bestritten. Somit tragen beide Mäandermuster zur Verwirklichung der patentgemäßen Lehre bei. Während das erste Mäandermuster die Längsschrumpfung im Rahmen der Ausdehnung minimiert, gewährleistet das zweite Mäandermuster die Flexibilität des Stents.

3.
Darüber hinaus sind die unstreitig Schlaufen aufweisenden ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) (Merkmal C) derart verbunden, dass zumindest eine Schlaufe jedes ersten Mäandermusters zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) angeordnet ist (Merkmal D.1).

Im Hinblick auf die Stents C und I lässt sich dies anhand der folgenden Abbildung erkennen:
Die Schlaufen 14 und 16 des ersten Mäandermusters sind jeweils zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern angeordnet.

Für die Stents D und MINI D sowie den auf diesen Stents aufbauenden Stent E lässt sich dies entsprechend wie folgt darstellen:
In Bezug auf die im Wesentlichen mit den Stents D und MINI D baugleichen Stents F und E PRIME gilt Entsprechendes.

4.
Schließlich ist zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten Mäandermustern (11) angeordnet (Merkmal D.2).

Hinsichtlich der Stents C und Q ist dies aus der folgenden Abbildung erkennbar:

Die Schlaufen 18 und 20 des zweiten Mäandermusters sind jeweils zwischen den benachbarten, ersten Mäandermustern angeordnet. Der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre steht es dabei – wie bereits im Rahmen der Patentauslegung dargelegt – nicht entgegen, dass die Schlaufen 18 und 20 in die Schlaufen des ersten Mäandermusters eingebettet sind. Entscheidend ist vielmehr allein, dass sich die Schlaufen des zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern befinden. Dies ist jedoch auch dann der Fall, wenn – wie hier – die Schlaufen des zweiten Mäandermusters teilweise in die Schlaufen des ersten Mäandermusters eingebettet sind.

Darüber hinaus lässt sich dies für die Stents D und MINI D sowie den auf diesen aufbauenden Stent E wie folgt darstellen:
Dies gilt auch für die im Wesentlichen mit den Stents D und MINI D baugleichen Stents F und E PRIME.

IV.
Da die angegriffenen Ausführungsformen mithin Erzeugnisse darstellen, welche Gegenstand des Klagepatents sind, ohne dass die Beklagten zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt sind (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagten machen durch die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet sind (§ 139 Abs. 1 PatG). Der Beklagte zu 2) ist als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) ebenfalls persönlich zur Unterlassung verpflichtet, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Beklagten zu 1) im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat.

2.
Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin Schadenersatz zu leisten
(§ 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Diese Erwägungen gelten auch für den Beklagten zu 2), der als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) persönlich haftet, weil er aufgrund seiner Geschäftsführerstellung für die Beachtung absoluter Rechte Dritter durch die Beklagte zu 1) Sorge zu tragen hat und das Handeln der Beklagten zu 1) im Geschäftsverkehr entsprechend steuern kann. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen,
§ 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (§ 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht bezüglich ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Darüber hinaus steht der Klägerin gegen die Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4), nicht aber gegen den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1), ein Anspruch auf Vernichtung der in deren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, aus § 140a Abs. 1 S. 1 PatG zu. Bei juristischen Personen ist der gesetzliche Vertreter grundsätzlich kein Besitzer, sondern nur die Gesellschaft (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 10, 129 – Druckerpatrone; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 795).

5.
Demgegenüber steht der Klägerin kein Anspruch auf Einräumung einer Befugnis zur öffentlichen Bekanntmachung des Urteils zu, da sie das hierfür nach
§ 140e S. 1 PatG erforderliche Veröffentlichungsinteresse nicht hinreichend dargelegt hat. Grundsätzlich geht es bei der Veröffentlichung des Urteils nicht um eine Bestrafung durch öffentliche Bloßstellung, sondern um die Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes durch Information. Das berechtigte Interesse an der Bekanntmachung des Urteils besteht daher nur dann, wenn die Veröffentlichung nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung objektiv geeignet und in Anbetracht des mit der Bekanntmachung verbundenen Eingriffs in den Rechtskreis des Anspruchsgegners und eines etwaigen Aufklärungsinteresses der Allgemeinheit erforderlich ist (vgl. Schulte/Kühnen, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, § 140e, Rz. 9).

Daran fehlt es hier. Die Klägerin stützt sich zur Begründung ihres Veröffentlichungsinteresses neben der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung der Auseinandersetzung maßgeblich darauf, die Beklagte zu 1) erkenne ein in den USA ergangenes Urteil nicht an, da es für Europa bisher nicht zu einer Einigung gekommen sei. Unabhängig davon, dass dies ein besonderes Veröffentlichungsinteresse mangels Personenidentität gegenüber den Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) ohnehin nicht zu begründen vermag, ist auch in Bezug auf die Beklagte zu 1) nicht erkennbar, dass ein entsprechendes Aufklärungsinteresse der Allgemeinheit besteht oder eine erhebliche, nachwirkende Beeinträchtigung der Klägerin vorliegt, die nicht bereits durch die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung und zum Schadenersatz beseitigt werden kann.

V.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung,
§ 148 ZPO.

1.
Ohne Erfolg erheben die Beklagten zunächst den Einwand der unzulässigen Erweiterung, § 21 Nr. 4 PatG.

a)
Ein Patent ist dann unzulässig erweitert, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht. Bei der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung ist somit der Gegenstand des Patents, der durch die Patentansprüche definiert wird, mit dem Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldung zu vergleichen. Der Inhalt der Patentanmeldung ist demnach nicht durch den Inhalt der Patentansprüche begrenzt. Vielmehr dürfen alle Gegenstände, die sich einem Fachmann aus der ursprünglichen Anmeldung ohne Weiteres erschließen, zum Gegenstand eines Patents gemacht werden (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 8. Auflage, § 21 Rz. 55 ff.).

b)
Dies vorausgeschickt ist es unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung nicht hinreichend wahrscheinlich, dass Anspruch 1 des Klagepatents im Nichtigkeitsverfahren tatsächlich für nichtig erklärt werden wird.

(1)
Soweit sich die Beklagten zur Begründung einer unzulässigen Erweiterung (bzw. in der Terminologie der Nichtigkeitsklage einer „unzulässigen Änderung“) darauf berufen, in der ursprünglichen Patentanmeldung sei nicht offenbart, dass diese auch sogenannte „In-Phase-Stents“ erfassen soll, überzeugt dies nicht. Auch wenn die Patentansprüche der ursprünglichen Patentanmeldung mit Ausnahme von Patentanspruch 14 ausschließlich Stents betreffen, bei welchen die Mäandermuster außer Phase angeordnet sind, zeigt die Beschreibung der ursprünglichen Patentanmeldung, dass sich die Erfindung nicht auf derartige Stents beschränken muss. Vielmehr wird dem Fachmann bereits im Rahmen der Zusammenfassung der Erfindung offenbart, dass gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung die ersten und zweiten Mäandermuster als gerade und ungerade erste Mäandermuster ausgebildet sein können. Gleiches gilt für die zweiten Mäandermuster (vgl. Anlage L 7, S. 3, Z. 5 – 10). Der Fachmann erkennt somit im Umkehrschluss, dass es sich dabei um kein zwingendes Erfordernis handelt. Entsprechend findet der Fachmann im Rahmen der Patentbeschreibung weiter, dass ein erfindungsgemäßer Stent eine Röhre sein soll, deren Seiten von einer Vielzahl von jeweils senkrechten Mäandermustern gebildet sein sollen (vgl. Anlage L 7, S. 5, Z. 11 – 13). Darüber hinaus wird in der ursprünglichen Patentanmeldung auch im Rahmen der Beschreibung der bevorzugten Ausführungsbeispiele nochmals klargestellt, dass die Erfindung alle Stents umfassen soll, welche mit einem Muster hergestellt sind, das aus zwei Mäandermustern ausgebildet ist, welche orthogonal oder anderweitig ausgerichtet sind (vgl. Anlage L 7, S. 9, Z. 17 – 19). Schließlich stellt auch die Zusammenfassung der Erfindung klar, dass die ersten und zweiten Mäandermuster als gerade und ungerade Mäandermuster ausgebildet sein können (vgl. Anlage L 7, S. 11, Z. 8 – 9 und 14 – 15), im Umkehrschluss somit aber nicht müssen.

(2)
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Patentanspruch 1 des Klagepatents auch insoweit nicht unzulässig erweitert, als nunmehr nach Merkmal D.2 zumindest eine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern angeordnet sein soll. Zwar zeigen die Figuren 1 bis 8 der ursprünglichen Patentanmeldung lediglich eine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen benachbarten ersten Mäandermustern, weshalb auch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in dem gegen das parallele europäische Patent 1 181 902 eingeleiteten Einspruchsverfahren von einer unzulässigen Erweiterung ausgegangen und den dortigen Patentanspruch dahingehend eingeschränkt hat, dass genau eine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern angeordnet sein müsse (vgl. Anlage TW 5b, S. 7). Jedoch gilt es zu berücksichtigen, dass keiner der ursprünglichen unabhängigen Patentansprüche 1, 6, 13 und 14 eine solche Beschränkung enthält. Vielmehr findet sich eine derartige Beschränkung erst in Patentanspruch 3, so dass es sich bei dieser Gestaltung – wie auch in der Beschreibung ausdrücklich klargestellt wird (vgl. Anlage L 7, S. 3, Z. 12 – 16) – lediglich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt.

2.
Der hier allein streitgegenständliche Patentanspruch 1 wird in dem von den Beklagten entgegengehaltenen Stand der Technik nicht in einer die Aussetzung der Verhandlung rechtfertigenden Art und Weise offenbart.

a)
Soweit sich die Beklagten zur Begründung der fehlenden Neuheit zunächst auf die EP 0 540 290 A2 („Lau“, vgl. Anlage TW 2) berufen, rechtfertigt diese eine Aussetzung bereits deshalb nicht, weil es sich dabei um bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigten und in der Klagepatentschrift ausdrücklich gewürdigten Stand der Technik handelt.

b)
Des Weiteren wird Patentanspruch 1 auch nicht durch die PCT/US/95/06228 („Burmeister“, vgl. Anlage TW 3) neuheitsschädlich vorweg genommen. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird in der Entgegenhaltung bereits keine Vielzahl erster Mäandermuster offenbart (Merkmal A). Zwar hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes – worauf die Beklagten in ihrer
Nichtigkeitsklage hinweisen (vgl. Anlage TW 11, S. 17 – 20) – in Bezug auf das EP 856 449 die Auffassung vertreten, auch bei der sich in Umfangsrichtung erstreckenden Folge R handele es sich um „erste Mäandermuster“ im Sinne des Klagepatents, da es sich dabei um ein Muster von zwei Mäandern und damit um ein Mäandermuster im Sinne des Klagepatents, nämlich ein periodisches Muster um eine Mittellinie, handele (vgl. Anlage TW 5b, S. 6f.). Jedoch wird das in Figur 11a gezeigte und nachfolgend wiedergegebene Muster des Stents an keiner Stelle der Entgegenhaltung näher beschrieben, so dass dem Fachmann bereits nicht offenbart wird, ein periodisches Muster um eine Mittellinie vorzusehen, um ein Mäandermuster zu erhalten.

Vielmehr bestünde die durch die Beklagten sowie die Einspruchsabteilung des EPA als erstes Mäandermuster angesehene Folge R, die im Übrigen bereits in dem durch das Klagepatent als nachteilig kritisierten Palmaz-Stent vorhanden war, aus zwei Mäandern, die gemeinsam ein erstes Mäandermuster bilden. Dass es sich bei einem derartigen, aus zwei Mäandern zusammengesetzten Muster um ein erstes Mäandermuster im Sinne des Klagepatents handelt, ist nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als in Figur 11a auch kein erstes und zweites Muster eingezeichnet ist, so dass der Fachmann auch nicht erkennt, dass – wie von Merkmal D.1 gefordert – zumindest eine Schlaufe des ersten Mäandermusters zwischen benachbarten zweiten Mäandermustern angeordnet sein soll. Gleiches gilt für die Offenbarung von Merkmal D.2. Ohne einen entsprechenden Hinweis in der Beschreibung der Entgegenhaltung wird der Fachmann Figur 11a vielmehr derart interpretieren, dass dort aus Romben bestehende Stentringe vorgesehen sind, welche durch hier schlaufenförmig ausgebildete Verbindungselemente verbunden sind.

c)
Schließlich wird Patentanspruch 1 des Klagepatents auch durch die PCT/US/95/04000 („Prograft“, vgl. Anlage TW 4) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Insoweit gilt es zu berücksichtigten, dass der dort offenbarte und ebenfalls auf Lau zurückgehende Stent in seiner konstruktiven Gestaltung im Wesentlichen dem in der EP 0 540 290 A2 offenbarten Stent entspricht, so dass bereits aus diesem Grund eine Aussetzung der Verhandlung nicht gerechtfertigt erscheint.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.250.000,- EUR festgesetzt.