I-15 U 69/15 – Vergleichsvertrag

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2549

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 17. Juni 2016, Az. I-15 U 69/15

Vorinstanz: 4a O 66/15

Leitsätze:

1. Die Berichtigung einer ungenauen oder unrichtigen Parteibezeichnung ist jederzeit von Amts wegen möglich, wenn die Identität der Partei gewahrt bleibt. Bei einer mehrdeutigen oder unrichtigen äu- ßeren Parteibezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (BGH, NJW 1987, 1947). (nichtamtl.)

2. Die Bezeichnung ist auslegungsfähig und es können zur Auslegung sowohl die gesamte Klageschrift und ihr beigefügte Unterlagen als auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden, weil maßgeblich die Verhältnisse bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung sind. Inhaltlich ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH, NJW-RR 2006, 1569). (nichtamtl.)

3. Es stellt sich als im Nachhinein unschädliche Falschbezeichnung dar, wenn im Verfügungsantrag „die Erben“ in Pluralform angegeben sind, während es sich tatsächlich nur um einen Erben handelt und dieser fälschlich nicht als Alleinerbe, sondern als gesetzlicher Vertreter einer Erbengemeinschaft aufgeführt wird. (red.)

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17.11.2015, Az. 4a O 66/15, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziffer I. der aufrecht erhaltenen einstweiligen Verfügung vom 12.06.2015 das Wort „insbesondere“ gestrichen wird.

Die Kosten des Verfahrens haben die Verfügungskläger jeweils zu 10 % und die Verfügungsbeklagte zu 80 % zu tragen.
G r ü n d e:
I.
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Der Verfügungsantrag ist zulässig.

Die ursprüngliche Bezeichnung des Verfügungsklägers zu 2) im Verfügungsantrag als „die Erben von B“ war zwar nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Aus ihr ergibt sich, dass mehrere Erben vorhanden sind. Eine Erbengemeinschaft ist jedoch weder rechts- noch parteifähig (BGH, NJW 2006, 3715). Partei sind vielmehr die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft, die konkret namentlich zu benennen sind (Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 253 Rn. 60). Das ist im Verfügungsantrag nicht geschehen.

Die unrichtige Parteibezeichnung ist jedoch im Ergebnis zu Recht durch das angefochtene Urteil des Landgerichts wirksam dahingehend berichtigt worden, dass es sich beim Verfügungskläger zu 2) um „C“ handelt. Die Berichtigung einer ungenauen oder unrichtigen Parteibezeichnung ist jederzeit von Amts wegen möglich, wenn die Identität der Partei gewahrt bleibt. Bei einer mehrdeutigen oder unrichtigen äußeren Parteibezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (BGH, NJW 1987, 1947; Zöller/Vollkommer, aaO, Vor § 50 Rn. 7 m. w. N.). Die Bezeichnung ist auslegungsfähig und es können zur Auslegung sowohl die gesamte Klageschrift und ihr beigefügte Unterlagen als auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden, weil maßgeblich die Verhältnisse bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung sind. Inhaltlich ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH, NJW-RR 2006, 1569 m. w. N.; Zöller/ Vollkommer, aaO, Vor § 50 Rn. 6 m. w. N.). Der Verfügungsbeklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass zunächst auch unter Zuhilfenahme der Antragsschrift nebst Anlagen nicht deutlich geworden ist, wer „die Erben von B“ sind. Die Verfügungskläger haben allerdings in der mündlichen Verhandlung erster Instanz klargestellt, dass C dessen Alleinerbe ist und ihr Vorbringen durch Vorlage eines notariellen Testaments des Erblassers D vom 29.01.2007 (Anlage AST 15) untermauert. Ihr abweichendes Vorbringen im Schriftsatz vom 06.10.2015, die Erben von B seien E und B beruht offenkundig auf einem Versehen, wie im gleichen Absatz anhand der Behauptung, C sei aufgrund eines Pflichtteilsverzichts von E Alleinerbe von B, deutlich wird.

Hinzu kommt, dass die Verfügungskläger diese Tatsache in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durch Vorlage des Erbscheins des Amtsgerichts Bünde (Az. 3 VI 113/16), der C als Alleinerben von D ausweist und dessen Echtheit die Verfügungsbeklagte ausdrücklich nicht in Abrede gestellt hat, glaubhaft gemacht haben. Unschädlich ist, dass der Vorname des Erblassers von dem in der Vergleichsvereinbarung vom 21./25.11.2014 (Anlage AST 4) und ursprünglich im Patentregister genannten B (Anlage AST 19) abweicht. Aus der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsklägers zu 2) vom 22.04.2016 ergibt sich glaubhaft, dass es sich dabei um dieselbe Person – seinen Vater – handelt, zumal ohnehin sehr fernliegend erscheint, dass innerhalb kurzer Zeit zwei verschiedene Personen mit ähnlichen Namen gestorben sind, die in so enger Beziehung zu C gestanden haben, dass er einerseits Alleinerbe und andererseits Vertreter der Erben geworden ist. Demzufolge stellt es sich im Nachhinein als unschädliche Falschbezeichnung dar, dass im Verfügungsantrag „die Erben“ in Pluralform angegeben sind, während es sich tatsächlich nur um einen Erben handelt und zudem C fälschlich nicht als Alleinerbe, sondern als gesetzlicher Vertreter einer Erbengemeinschaft aufgeführt wird.
II.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung – soweit die Verfügungskläger ihren Antrag nicht teilweise im Hinblick auf den „insbesondere“-Zusatz zurückgenommen haben – zu Recht erlassen und nach Widerspruch der Verfügungsbeklagten aufrechterhalten. Die Verfügungskläger haben gegen die Verfügungsbeklagte Anspruch auf Unterlassung aus der Vergleichsvereinbarung vom 21./25.11.2014, das Reinigungsfluid I (nachfolgend auch „angegriffene Ausführungsform“) durch Veranschaulichung des Einsatzortes vor den Kantenbandfräsern anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn dies durch den Einsatz auf einer Kantenanleimmaschine auf einem Messestand geschieht.

1.
Die Verfügungskläger sind anspruchsberechtigt. Aufgrund der Vorlage des Erbscheins vom 29.03.2016 ist glaubhaft, dass C der Alleinerbe von B ist (siehe I.). Infolgedessen ist er nach § 1922 BGB Gesamtrechtsnachfolger und geht aus eigenem Recht aus der Vereinbarung vom 21./25.11.2014 gegen die Verfügungsbeklagte vor. Auf den Umfang einer Vertretungsbefugnis kommt es somit nicht an.

Im Streitfall kann dahinstehen, ob in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei neuem Vorbringen § 531 ZPO anwendbar ist (bejahend Zöller/Heßler, aaO, § 531 Rn. 1 m. w. N.; verneinend Zöller/Vollkommer, aaO, § 92 Rn. 17 m. w. N.). Jedenfalls ist der in der Berufungsinstanz vorgelegte Erbschein als neues Glaubhaftmachungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Nachlässigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich zu verneinen, wenn neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, zu denen auch Beweismittel gehören, erst nach dem Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstanden sind (BGH, GRUR 2011, 853 – Treppenlift m. w. N.; Zöller / Heßler, aaO, § 531 Rn. 29 f. m. w. N.; Cassardt in: Cepl/Voß, Prozesskommentar zum gewerblichen Rechtsschutz, 2015, § 531 Rn. 35). Deswegen ist der Erbschein, der erst am 29.03.2016 ausgestellt worden ist, bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

2.
Die Verfügungsbeklagte hat die angegriffene Ausführungsform auf der Messe F 2015 in G im Sinne der Vergleichsvereinbarung angeboten.

a)
Der Begriff des Anbietens ist im Patentrecht rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG – bei einem Erzeugnis – jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; Senat, BeckRS 2014, 16067 – Sterilcontainer; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014 – 2 U 42/13; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte; Benkard/Scharen, Patentgesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 41 m. w. N.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Kap. A. Rn. 208; Rinken/Kühnen in: Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 9 Rn. 52).

Daher ist das Ausstellen von Waren auf einer inländischen Fachmesse ein Anbieten im Sinne dieser Vorschrift (Senat, BeckRS 2014, 16067 – Sterilcontainer m. w. N. auch zur Gegenauffassung; Rinken/Kühnen in: aaO, § 9 Rn. 54; Kühnen, aaO, Rn. 215). Zweck des § 9 PatG ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Daher ist nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebotes im Sinne von § 145 BGB erfüllt. Ferner kommt es nicht darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse bezweckt und ob er bei einem Angebot zugunsten eines Dritten überhaupt von diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Maßgeblich ist vielmehr allein, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach einem schutzrechtsverletzenden Gegenstand geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014 – 2 U 42/13). Davon ausgehend werden von einem „Anbieten“ im Sinne von § 9 PatG insbesondere auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Dies kann in dessen Ausbieten derart geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können (BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte). Genau dies geschieht regelmäßig auf einer Fachmesse: Die Aussteller verfolgen mit ihren Präsentationen den Zweck, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie präsentieren ihre Produkte in der Erwartung, dass sie von den Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen ist bestimmt und dazu geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogene Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen, was für ein Anbieten gemäß § 9 PatG ausreicht (Senat, BeckRS 2014, 16067 – Sterilcontainer m. w. N.).

Die vorstehenden  Grundsätze sind auf das „Anbieten“ im Rahmen einer mittelbaren Patentverletzung entsprechend anwendbar (OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte; Kühnen, aaO, Kap. A. Rn. 313). Darüber hinaus gelten sie ebenso für die Vergleichsvereinbarung vom 21./25.11.2014, weil die Parteien – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat und was die Verfügungsbeklagte mit der Berufung nicht in Abrede stellt – den dort verwendeten Begriff „anbieten“ ebenso wie in §§ 9 S. 2 Nr. 1, 10 PatG verstanden und ihm keinen davon abweichenden Inhalt beigemessen haben.

b)
Davon ausgehend hat das Landgericht zu Recht eine eigene Angebotshandlung der Verfügungsbeklagten auf der Fachmesse F 2015 in G bejaht.

Die angegriffene Ausführungsform ist auf dieser Messe ausgestellt und angeboten worden, indem eine Kantenanleimmaschine auf dem Messestand der H GmbH für die Messeteilnehmer sichtbar mit zwei Flaschen des Reinigungsfluids I ausgestattet war. Diese Präsentation war aufgrund des Aufstellers, der auf dem als Anlage AST 6 vorgelegten Lichtbild zu sehen ist, ein eigenes Anbieten der Verfügungsbeklagten, weil sie sich auf diese Weise das Ausstellen durch die H GmbH zu eigen machte, so dass es – insoweit sind die Ausführungen des Landgerichts missverständlich – auf die Zurechnung einer fremden Angebotshandlung nicht ankommt.

Der objektive Erklärungsgehalt dieses Aufstellers beschränkte sich aus der maßgeblichen Sicht des informierten Fachpublikums auf der Messe nicht auf die Information, dass die H GmbH und die Verfügungsbeklagte miteinander kooperieren. Vielmehr lenkte er mit dem Satz „For more information about the J Products visit us in Hall…“ die Aufmerksamkeit besonders auf die Produkte der Verfügungsbeklagten, die auf dem H-Messestand eingesetzt wurden. Da dem Fachpublikum bekannt war, dass die Verfügungsbeklagte chemische Mittel, die von der Holzbearbeitungsindustrie bei der Oberflächen- und Kantenbearbeitung von Holzplatten eingesetzt werden sowie Sprühsysteme zum Auftragen dieser Mittel vertreibt, verstand es den Aufsteller als konkreten Hinweis darauf, derartige Erzeugnisse auf dem H-Messestand zu finden. Auf diese Weise wurden sie gezielt zur angegriffenen Ausführungsform und zur J-Sprüheinrichtung geführt, die bei einer der präsentierten H-Kantenanleimmaschinen verwendet wurden. Deswegen greift der Einwand der Verfügungsbeklagten nicht, dass die Präsentation der angegriffenen Ausführungsform für sich betrachtet unauffällig gewesen sei. Vielmehr wurden die Messeteilnehmer gerade durch den Aufsteller dazu angeregt, sich näher mit Produkten der Verfügungsbeklagten auf dem H-Messestand zu beschäftigen und darüber hinaus weitere Informationen über diese Produkte bei dem Messestand der Verfügungsbeklagten zu erfragen. Auf diese Weise hat die Verfügungsbeklagte, die den Aufsteller selbst platzierte, bei den Messeteilnehmern gezielt eine Nachfrage nach ihren Erzeugnissen geweckt und durch den Verweis auf ihren Messestand eine Befriedigung dieser Nachfrage in Aussicht gestellt. Diese Angebotshandlung bezog sich überdies konkret auf den Einsatz der angegriffenen Ausführungsform auf einer H-Kantenanleimmaschine, so wie er auf dem H-Messestand gezeigt wurde. Die Verfügungsbeklagte hat selbst dargelegt, dass die Abnehmer einer solchen Maschine die werkseitig eingesetzten Flüssigkeiten regelmäßig bei dem Anbieter beziehen, dessen Sprühsysteme auf der Maschine angebracht sind. Dem Fachpublikum auf der Messe wurde deshalb durch die Präsentation auf dem H-Messestand in Verbindung mit dem Aufsteller nahegelegt, für eine H-Kantenanleimmaschine mit einer J-Sprüheinrichtung die angegriffene Ausführungsform wie dort gezeigt zu verwenden. Damit liegt wegen des Aufstellers eine vom Begriff des „Anbietens“ (siehe oben) umfasste eigene Handlung der Verfügungsbeklagten vor, die das Zustandekommen eines Geschäfts über das Reinigungsfluid I ermöglichen oder befördern soll, das dessen Benutzung am auf dem H-Messestand gezeigten Einsatzort auf einer Kantenanleimmaschine einschließt.

3.
Diese Angebotshandlung stellt ferner einen Verstoß gegen die Vergleichsvereinbarung vom 21./25.11.2014 zwischen den Parteien dar.

Im Wege einer ergänzenden Auslegung dieser Vereinbarung ergibt sich, dass nach dem hypothetischen Willen der Parteien auch weitere, dort nicht geregelte Darstellungen des Einsatzortes der angegriffenen Ausführungsform untersagt sein sollen, die typischerweise von einer unbestimmten Anzahl von Adressaten wahrgenommen werden können und deshalb aufgrund ihres Potentials zu einer allgemeinen Verbreitung dieses Wissens in der Branche holzbearbeitender Unternehmen besonders dazu geeignet sind, die Verwendung des Reinigungsfluids I zu fördern. Deswegen darf eine tatsächliche Veranschaulichung seines Einsatzortes auf einer Kantenanleimmaschine vor den Kantenbandfräsern auf einer inländischen Fachmesse nicht erfolgen.

a)
Eine tatsächliche Veranschaulichung des Einsatzortes im Rahmen einer Messepräsentation ist in der Vereinbarung nicht geregelt. Es besteht insoweit eine Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist.

aa)
Für eine Regelungslücke spricht zunächst, dass die Vereinbarung zwar in Ziffern 2 und 3 mehrere Bestimmungen enthält, die Angaben zum Einsatzort und Einsatzzweck der angegriffenen Ausführungsform betreffen, sie sich hingegen zu einer tatsächlichen Veranschaulichung des Einsatzortes, insbesondere auf Messen nicht ausdrücklich verhält. Im Einklang damit hat die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst ausgeführt, dass die Parteien seinerzeit an eine dreidimensionale Umsetzung der zweidimensionalen grafischen Darstellung nicht gedacht haben.

Eine vollständige Regelung lässt sich ferner nicht mit der Begründung bejahen, dass ein Regel-/Ausnahmeverhältnis bestehe, welches implizit sämtliche Angebots- und Vertriebsformen oder zumindest eine tatsächliche Veranschaulichung auf einer Messe abdecke. Tatsächlich ist dies der Vereinbarung im Wege der Auslegung nicht zu entnehmen. Weder ergibt sich aus ihr eine allgemeine Angebots- und Vertriebsfreiheit für das Reinigungsfluid I, die nur in den ausdrücklich genannten Fällen eingeschränkt wird, noch ist – wie das Landgericht indes angenommen hat – Absatz 2 von Ziffer 2 der Vereinbarung eine Rückausnahme von einer Ausnahmeregelung in Absatz 1 Satz 2, die auf ein grundsätzliches Angebots- und Vertriebsverbot in Satz 1 Bezug nimmt. Vielmehr enthält die Vereinbarung – wie die Verfügungsbeklagte selbst zutreffend vorgetragen hat – lediglich mehrere punktuelle Einzelregelungen, die nicht in einem klaren, aufeinander aufbauenden Verhältnis zueinander stehen, und die auch keinen unmittelbaren inhaltlichen Bezug zueinander aufweisen. Zudem bestimmt sie weder ausdrücklich noch ergeben sich aus ihr sonstige konkrete Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Willen der Parteien, dass beim Reinigungsfluid I nur bestimmte Angebots- und Vertriebshandlungen verboten und alle anderen – auch soweit dies nicht ausdrücklich geregelt ist – erlaubt sein sollen oder umgekehrt.

So ist insbesondere Ziffer 2 Satz 2 nicht zu entnehmen, dass das Reinigungsfluid I stets weiterhin wie bisher angeboten und vertrieben werden darf, soweit sich aus den nachfolgenden Absätzen keine Beschränkungen ergeben. Die Erlaubnis zu Angebot und Vertrieb „in der gegenwärtig praktizierten“ (Form) beschränkt sich vielmehr ausdrücklich auf die „durch Anlage 1 verdeutlichte Form“. Diese Anlage betrifft jedoch ebenso wie die nachfolgenden Absätze unter Ziffer 2 ausschließlich die Aufmachung des Produkts, Prospektwerbung und (deutsch- oder fremdsprachige) Websites. Dass die Parteien auch andere Angebots- und Vertriebsformen, insbesondere eine tatsächliche Veranschaulichung des Einsatzortes auf einer Messe in Betracht gezogen haben und regeln wollten, ergibt sich aus diesen Bestimmungen in keiner Weise, womit sie das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit sogar untermauern. Die weitere Abrede, wonach es zulässig ist, durch Flaggen oder ähnliche Symbole auf fremdsprachige, nicht den vorgenannten Einschränkungen unterliegende Websites hinzuweisen, bezieht sich allein auf eine grafische Darstellung des Einsatzortes, so dass sich aus ihr ebenfalls nichts zugunsten einer allgemeinen Angebots- und Vertriebsfreiheit herleiten lässt. Auch aus der Formulierung in Absatz 5 der Präambel, hinsichtlich des Reinigungsfluids I die bestehende tatsächliche Lage in Deutschland auch für die Zukunft bis zum Ablauf des Patents zu akzeptieren, ergibt sich keine andere Beurteilung. Diese Erklärung hat keinen eigenen Regelungsgehalt, wie sich eindeutig aus der Formulierung „nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen“ ergibt. Soweit die Präambel zur Auslegung herangezogen werden kann, führt dies ebenfalls nicht weiter, weil der Erklärung lediglich entnommen werden kann, dass die Parteien die subjektive Vorstellung hatten, die Vergleichsregelungen seien umfassend. In Anbetracht der tatsächlich objektiv unvollständigen Regelung (siehe oben) steht sie damit indes der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke nicht entgegen.

Zusätzlich bestätigt wird der sachlich beschränkte Regelungsgehalt der Vereinbarung durch Ziffer 3. Dieser Abrede, die mündliche Erläuterungen des Einsatzzwecks und insbesondere des Einsatzes vor den Fräsaggregaten ausdrücklich gestattet, hätte es schließlich nicht bedurft, wenn Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform allein und abschließend den ausdrücklich in Ziffer 2 der Vereinbarung aufgeführten Einschränkungen unterliegen würden. Ziffer 3 der Vereinbarung bringt damit ebenfalls zum Ausdruck, dass nicht etwa alle übrigen Angebots- und Vertriebshandlungen einschließlich derjenigen, die nicht ausdrücklich geregelt sind, generell zulässig sind.

Zuletzt lässt sich aus Ziffer 2 Satz 1, wonach die Verfügungsbeklagte in Deutschland bis zum Ablauf des Patents kein fluides Mittel zur Verwendung bei Kantenanleimmaschinen als „antistatisch wirkend“ oder unter der Bezeichnung „Kühlmittel“ anbieten und vertreiben darf, nicht der Umkehrschluss auf eine allgemeine Angebots- und Vertriebsfreiheit für das Reinigungsfluid I ziehen. Soweit die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sinngemäß ausgeführt hat, diese Regelung betreffe nicht das ursprünglich von ihr angebotene und vertriebene „Kühlmittel“, ist dies nicht überzeugend und steht außerdem im Widerspruch zu ihrem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen. Wie sich aus Absatz 3 der Präambel ergibt, knüpft die Regelung daran an, dass die Verfügungsbeklagte zunächst ein anderes, als „Kühlmittel“ bezeichnetes Fluid angeboten und vertrieben hatte, bevor sie dessen Vertrieb nach der erstinstanzlichen Verurteilung im Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf mit dem Az. 4a O 142/08 einstellte. Satz 1 kommt darauf zurück und bestimmt, dass die genannten Angaben auch künftig bis zum Ablauf des Patents nicht verwendet werden dürfen, wobei sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut sämtliche fluide Mittel zur Verwendung bei Kantenanleimmaschinen umfasst. Deswegen hat die Verfügungsbeklagte selbst – zu Recht – in der Berufungsbegründung ausgeführt, Satz 1 beziehe sich „erkennbar“ (auch) auf dieses ursprüngliche, nicht mehr vertriebene Kühlmittel. Soweit er damit ebenso das Reinigungsfluid I einschließt, handelt es sich deshalb nicht um eine darauf beschränkte oder gar auf sie zugeschnittene Regelung, zumal dieses niemals als „antistatisch wirkend“ oder unter der Bezeichnung „Kühlmittel“ angeboten und vertrieben worden ist. Im vorliegenden Zusammenhang ist dieser Aspekt allerdings ohnehin nicht entscheidend, weil Satz 1 ungeachtet der Frage, welche(s) fluide(n) Mittel er umfasst, inhaltlich andere Angebots- und Vertriebshandlungen als die nachfolgenden Bestimmungen zum Gegenstand hat und aus den Regelungen auch in der Gesamtschau nicht auf ein Regel-/ Ausnahmeverhältnis geschlossen werden kann. Satz 2 und Absatz 2 betreffen abweichend von Satz 1 die damals „gegenwärtig praktizierte Form“ von Angebot und Vertrieb des Reinigungsfluids I und regeln, dass dessen Einsatzort auf einer Kantenanleimmaschine auf dem Produkt, in der Prospektwerbung und auf deutschsprachigen Websites nicht mehr grafisch veranschaulicht werden darf. Letzteres ergibt sich unmittelbar aus ihrem Wortlaut in Verbindung mit der Anlage 1, in welcher entsprechende grafische Darstellungen des Einsatzortes mit gestrichelten roten Linien umkreist sind. Diese sind erkennbar deswegen zu entfernen, weil Streit zwischen den Parteien darüber bestand, ob die dort gezeigte Verwendung der angegriffenen Ausführungsform vor den Kantenbandfräsern eine mittelbare Verletzung des durch das Verfügungspatent geschützten Verfahrens darstellt. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien im Wege gegenseitigen Nachgebens vereinbart, dass bestimmte Darstellungen des Einsatzortes unterbleiben sollen. Ein unmittelbarer Zusammenhang zum früheren Angebot und Vertrieb eines Fluids als „antistatisch wirkend“ oder unter der Bezeichnung als „Kühlmittel“ gemäß Satz 1 besteht somit nicht, wenn es auch jeweils um denselben Verwendungszweck des Reinigungsfluids gehen mag. Es handelt sich vielmehr um inhaltlich verschiedene, nebeneinander stehende Einzelregelungen, die keinen Ansatzpunkt für die Schlussfolgerung bieten, dass nicht ausdrücklich geregelte Angebots- und Vertriebsformen erlaubt seien. Aus demselben Grund lässt sich aber auch umgekehrt nicht zwischen ihnen eine enge Verbindung dergestalt herstellen, dass das Reinigungsfluid I „in der gegenwärtig praktizierten Form“ (konkludent) als antistatisch wirkend oder als Kühlmittel angeboten wird. Namentlich stellen grafische Darstellungen des Einsatzortes allein kein solches Angebot dar.

bb)
Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet zwar regelmäßig aus, wenn eine Regelungslücke im Vertrag durch Heranziehung des dispositiven Rechts geschlossen werden kann (vgl. BGH, NJW 1982, 2190; BGH, MDR 1981, 45 m. w. N.). Das gilt jedoch nicht, wenn dies dem (mutmaßlichen) Parteiwillen widerspricht (BGH, MDR 1990, 1102; BGH, WM 1975, 419). So ist es hier. Dies folgt aus Ziffer 8 Satz 2 der Vereinbarung, wonach – wenn die Vereinbarung eine Lücke enthält – zur Ausfüllung dieser Lücke diejenige Bestimmung als vereinbart gilt, die rechtlich und wirtschaftlich dem am nächsten kommt, was die Parteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung gewollt hätten, wenn ihnen die Lücke beim Abschluss der Vereinbarung bekannt gewesen wäre. Die Bestimmung trägt auf diese Weise dem erkennbaren Willen der Parteien Rechnung, nicht nur die laufenden Rechtsstreitigkeiten über das Verfügungspatent zu beenden, sondern darüber hinaus die Zulässigkeit von Angebot und Vertrieb des Reinigungsfluids I abschließend durch die Vereinbarung zu regeln. Allein aus dieser soll sich – erforderlichenfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung – ergeben, ob und wie die angegriffene Ausführungsform angeboten und vertrieben werden darf. Dieses Ziel würde nicht erreicht, wenn bei nicht ausdrücklich geregelten Darstellungsformen dispositives Recht anwendbar wäre, zumal dann außerdem geklärt werden müsste, ob das in Rede stehende Verhalten – hier die tatsächliche Darstellung des Einsatzortes auf einer Kantenanleimmaschine im Rahmen einer Messepräsentation – eine mittelbare Verletzung des Verfügungspatents darstellt. Diesen Streit wollten die Parteien mit dem Abschluss der Vergleichsvereinbarung jedoch ebenfalls erkennbar endgültig beilegen, wie sich auch aus dem bereits genannten Absatz 5 der Präambel ergibt. Damit kann sich aber nach ihrem eindeutigen Willen ein Benutzungsverbot nicht (mehr) aus den gesetzlichen Vorschriften ergeben.

c)
Diese ergänzende Vertragsauslegung führt zu dem Ergebnis, dass die tatsächliche Veranschaulichung des Einsatzortes auf einer Kantenanleimmaschine vor den Kantenbandfräsern im Rahmen einer inländischen Fachmesse nicht zulässig ist.

aa)
Maßstab für die ergänzende Vertragsauslegung ist, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, NJW 1994, 3287; BGH, NJW 2004, 2449; BGH, NJW-RR 2008, 562 m. w. N.). Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens ist zunächst der Vertrag selbst. Die darin enthaltenen Regelungen und Wertungen sowie dessen Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung (vgl. BGH, NJW 1988, 2099; BGH, WM 2005, 1863), wobei Ziffer 8 Satz 2 der Vereinbarung mit dem rechtlichen und wirtschaftlichen Sinn und Zweck der Vereinbarung selbst die im vorliegenden Fall entscheidenden Kriterien vorgibt. Gleichzeitig sind mit dem Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte auch objektive Maßstäbe zu berücksichtigen (BGH, NJW 1984, 1177).

bb)
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt die ergänzende Vertragsauslegung im vorliegenden Fall, dass die tatsächliche Veranschaulichung des Reinigungsfluids I auf einer Kantenanleimmaschine im Rahmen einer Messepräsentation zu unterbleiben hat, weil sie grafischen Darstellungen des Einsatzortes auf dem Produkt, in der Produktwerbung sowie auf deutschsprachigen Websites gemäß Ziffer 2 Absatz 2 der Vergleichsvereinbarung nach dem hypothetischen Willen der Parteien wertungsmäßig gleichzusetzen ist.

Diese Darstellungen zeichnen sich dadurch aus und haben gemeinsam, dass sie den Einsatzort der angegriffenen Ausführungsform gegenüber einer unbestimmten Anzahl von Empfängern veranschaulichen. Sowohl Angebot und Vertrieb des Produkts als auch Prospektwerbung und Internetseiten richten sich nicht bloß an bestimmte einzelne Personen, sondern an einen großen Adressatenkreis. Adressaten sind Unternehmen, die Holzbearbeitungsmaschinen erwerben oder unterhalten und dafür Verbrauchsmaterialien wie die angegriffene Ausführungsform benötigen. Grafische Darstellungen auf dem Produkt, in der Werbung und auf der Internetseite sind von zahlreichen potentiellen Abnehmern wahrnehmbar, die auf diese Weise Kenntnis über Einsatzort und Verwendungszweck des Reinigungsfluids I auf einer Kantenanleimmaschine vor den Kantenbandfräsern erlangen können. Aus dieser Gemeinsamkeit der aufgezählten Darstellungsformen folgt, dass mit der Regelung Handlungen unterbunden werden sollen, die eine allgemeine Verbreitung von Wissen über diese Verwendung in der Branche holzbearbeitender Unternehmen fördern. Diese „Gefahr“ besteht indes gleichermaßen bei einer tatsächlichen Veranschaulichung des Einsatzortes im Rahmen einer Messepräsentation. Eine Fachmesse richtet sich an die allgemeine Fachöffentlichkeit und damit an eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Wird das Reinigungsfluid I dort auf einer Kantenanleimmaschine vor den Kantenfräsbändern gezeigt, so können sämtliche Messebesucher Kenntnis von seinem Einsatzort erlangen. Dabei wird eine Fachmesse erfahrungsgemäß von zahlreichen Unternehmen aus der jeweiligen Branche besucht und sind deshalb potentielle Abnehmer in großer Zahl vertreten, um sich dort über neue Entwicklungen und Produkte auf dem Fachgebiet zu informieren und geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Die Reichweite einer Messepräsentation unterscheidet sich daher nicht wesentlich von grafischen Darstellungen auf dem Produkt, in der Prospektwerbung oder auf einer Internetseite.

Demgegenüber sind mündliche Erläuterungen, die nach Ziffer 3 der Vergleichsvereinbarung unbeschränkt zulässig sind, typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass sie nur gegenüber einer Person oder allenfalls wenigen Zuhörern gleichzeitig erfolgen. Allenfalls in Ausnahmesituationen werden sie gegenüber einem größeren Personenkreis erfolgen. Regelmäßig wird es sich jedoch um Erläuterungen gegenüber einzelnen (potentiellen) Kunden handeln, die mangels näherer Informationen auf dem Produkt, im Prospekt oder auf der Internetseite über dessen Einsatzort und Verwendungszweck dazu konkrete Nachfragen haben. Auf diese Weise wird dem berechtigten Interesse der Verfügungsbeklagten Rechnung getragen, ihren Kunden den Einsatzzweck und die Vorteile des Reinigungsfluids I zu erläutern und auf diese Weise Angebot und Vertrieb überhaupt erst in effektiver Weise zu ermöglichen. Andererseits findet auf diesem Wege regelmäßig keine allgemeine Verbreitung der Kenntnis über diese Verwendung der angegriffenen Ausführungsform in der Fachwelt statt. Deswegen sind mündliche Erläuterungen mit einer tatsächlichen Darstellung des Einsatzortes auf einer Fachmesse nicht vergleichbar.

cc)
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten kommt es demgegenüber nicht entscheidend darauf an, ob die Darstellung „flüchtig“ oder dauerhaft ist.

Ihr ist zwar darin Recht zu geben, dass sich die genannten grafischen Darstellungen von mündlichen Erläuterungen auch insoweit unterscheiden, als der Kunde auf erstere dauerhaft und wiederholt zugreifen kann, während letztere vergänglich und nur aus der Erinnerung abrufbar sind. Sowohl die Umverpackung des Produkts als auch Prospektwerbung und Internetseiten hat er stets zur Verfügung, wenn er dort befindliche Informationen zu Rate ziehen will. Der Messebesucher kann sich grundsätzlich jedoch ebenfalls eine solche dauerhafte Darstellung verschaffen, indem er Lichtbilder von der Messepräsentation anfertigt, welche die angegriffene Ausführungsform an ihrem Einsatzort auf der Kantenanleimmaschine zeigen und auf die er bei Bedarf stets zugreifen kann. Es ist ferner davon auszugehen, dass insbesondere mit Hilfe der Fotofunktionen auf Smartphones, Tablets etc. tatsächlich von dieser Möglichkeit in nicht unerheblichem Umfang Gebrauch gemacht wird. Hingegen ist es – sofern es überhaupt gestattet ist – vollkommen unüblich, mündliche Erläuterungen auf Tonträgern aufzunehmen, weshalb Messepräsentationen insoweit damit ebenfalls nicht vergleichbar sind.

Abgesehen davon lassen sich der Vergleichsvereinbarung keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass nach dem Willen der Parteien das maßgebliche Kriterium für die Zulässigkeit einer Darstellung sein soll, ob diese „flüchtig“ oder dauerhaft ist. Ein sachlicher Grund für eine solche Abgrenzung ist zudem nicht ersichtlich und wird von der Verfügungsbeklagten nicht überzeugend angeführt. Denkbar wäre insoweit allenfalls, dass eine „flüchtige“ Darstellung den Adressaten regelmäßig nicht in die Lage versetzt, die angegriffene Ausführungsform ordnungsgemäß auf einer Kantenanleimmaschine vor den Kantenbandfräsern einzusetzen oder sie dafür im Vergleich zu einer grafischen Darstellung des Einsatzortes zumindest deutlich weniger geeignet ist. Davon ist aber bei den potentiellen Abnehmern im Regelfall nicht auszugehen. Der Informationsgehalt ist vielmehr mit einer grafischen Darstellung vergleichbar, indem eine tatsächliche Veranschaulichung des Einsatzortes – wie etwa eine Messepräsentation – in Verbindung mit den zulässigen schriftlichen Angaben und mündlichen Erläuterungen genügt, um das Reinigungsfluid I selbst auf einer eigenen Maschine fachgerecht und dem Verwendungszweck entsprechend einzusetzen; eine zusätzliche grafische Darstellung, auf die sie dauerhaft zugreifen können, benötigen sie dafür nicht mehr. Eine Fachmesse wird von Fachpublikum, und zwar vorwiegend von Unternehmen aus derselben Branche besucht, die grundsätzlich mit der Verwendung von chemischen Mitteln für Holzbearbeitungsmaschinen vertraut sind. Sie verfügen daher über hinreichende Fachkenntnisse, um das Reinigungsfluid I anhand einer tatsächlichen Veranschaulichung am richtigen Ort auf der Maschine anzubringen und einzusetzen. Der auf dem H-Messestand gezeigte Einsatzort der angegriffenen Ausführungsform auf der H-Kantenanleimmaschine entspricht ferner im Wesentlichen der Anordnung auf Seite 2 unten der Anlage 1 der Vereinbarung. Ebenso wenig wie ein Fachunternehmen mehrfach auf die dortige grafische Darstellung zugreifen müsste, um das Reinigungsfluid I sachgerecht an der richtigen Stelle der Maschine anzuordnen, bedarf es aus seiner Sicht weiterer Informationen, die über die tatsächliche Veranschaulichung auf der Messe hinausgehen. Die zu entfernenden grafischen Darstellungen innerhalb der gestrichelten roten Linien gemäß Anlage 1 der Vereinbarung zeigen insbesondere nichts, was bei der Messepräsentation nicht erkennbar gewesen ist.

Des Weiteren trifft es nicht zu, dass grafische Darstellungen im Vergleich dazu besonders anschaulich wären, weil sie in schematischer Weise erfolgen sowie teilweise mit Beschriftungen und Farben versehen sind. Vielmehr besitzt eine Messepräsentation mindestens die gleiche Wirkung, weil sie dem Fachpublikum die Anordnung und den tatsächlichen Einsatz des Reinigungsfluids I auf einer Kantenanleimmaschine in der Praxis anschaulich vorführt. Dadurch besteht zudem Gelegenheit, Details dreidimensional näher in Augenschein zu nehmen, was regelmäßig sogar über die Möglichkeiten von Grafiken hinausgeht. Die Verfügungsbeklagte hebt selbst die erhebliche Bedeutung einer praktischen Demonstration anhand von Vorführmaschinen hervor. Der Grund hierfür ist aber gerade darin zu sehen, dass dem Kunden auf diese Weise der Einsatz des Mittels besonders gut veranschaulicht wird. Selbst wenn diese Darstellung ohne Anfertigung von Lichtbildern „flüchtig“ sein mag, ist sie aus Sicht des Kunden vorteilhaft, weil sie sehr einprägsam ist. Geschieht dies auf einer Messe gegenüber einem unbestimmten Personenkreis besteht daher kein sachlich begründeter Unterschied zu einer grafischen Darstellung auf dem Produkt, in der Prospektwerbung oder auf einer Internetseite.

Dem lässt sich konkret in Bezug auf den H-Messestand auf der Messe F 2015 in G auch nicht entgegenhalten, dass auf der H-Maschine lediglich zwei kleine Flaschen des Reinigungsfluids diskret in Bodennähe angebracht worden seien und Kunden dadurch dessen Einsatzort erheblich weniger anschaulich gezeigt werde als durch schematische und beschriftete grafische Darstellungen. Die Verfügungsbeklagte verweist selbst darauf, dass holzbearbeitende Unternehmen, die Holzbearbeitungsmaschinen erwerben, üblicherweise die beim Betrieb der Maschine verwendeten chemischen Mittel bei dem Anbieter erwerben, dessen Sprühsystem auf der Maschine verbaut ist. Daher ist der Fachwelt die Zusammenarbeit zwischen Maschinenherstellern und den Herstellern der Verbrauchsmaterialien geläufig. Infolgedessen wird das Fachpublikum auf einer Messe auch der J-Sprüheinrichtung und dem Reinigungsfluid I Aufmerksamkeit schenken. Genau dies beabsichtigte die Verfügungsbeklagte, indem sie mittels des Aufstellers gezielt Interesse für ihre auf dem H-Messestand befindlichen Produkte geweckt hat.

dd)
Die Verfügungsbeklagte kann sich zuletzt nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Betrieb einer Vorführmaschine zu ihrer gegenwärtig praktizierten Angebots– und Vertriebsform gehöre, die nach der Vergleichsvereinbarung weiterhin gestattet sei.

Die Präsentation auf einer Messe ist mit der von ihr in diesem Zusammenhang angeführten Vorführung des Einsatzes des Reinigungsfluids I auf einer Maschine in ihren eigenen Räumlichkeiten oder bei einem „befreundeten“ Unternehmen nicht gleichzusetzen. Bei diesen Gelegenheiten wird der Einsatz regelmäßig nur gegenüber einem oder auch mehrere bestimmten (potentiellen) Kunden, nicht aber einem unbestimmten Personenkreis vorgeführt. Die Vorführungen der Verfügungsbeklagten sind nicht öffentlich. Darin liegt indes nach den vorstehenden Ausführungen der entscheidende Unterschied zur Präsentation auf einer Messe.

Des Weiteren behauptet die Verfügungsbeklagte selbst nicht, dass die im vorliegenden Verfahren allein noch in Rede stehende Präsentation auf einer Messe eine von ihr im Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichsvereinbarung „gegenwärtig praktizierte“ Angebots- oder Vertriebsform gewesen wäre. Auch im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie die angegriffene Ausführungsform damals bereits in der beanstandeten Art und Weise auf inländischen Fachmessen präsentiert und vorgeführt hat. Aus Ziffer 2 Satz 2 der Vergleichsvereinbarung, wonach die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform grundsätzlich in der „gegenwärtig praktizierten Form“ anbieten und vertreiben darf, kann sie daher in diesem Zusammenhang ebenfalls nichts zu ihren Gunsten herleiten.

ee)
Nach alledem hätten die Parteien nach dem Sinn und Zweck der Vereinbarung zur Ausfüllung der Lücke vereinbart, dass eine tatsächliche Veranschaulichung des Einsatzortes auf einer inländischen Fachmesse ebenso wie die genannten grafischen Darstellungen zu unterbleiben hat, weil die Interessenlage rechtlich und wirtschaftlich gleich zu bewerten ist, sich die Angebotsformen insbesondere jeweils an eine unbestimmte Anzahl von Adressaten richten und daher gleichermaßen die Gefahr einer allgemeinen Verbreitung der Kenntnis vom Einsatzort bei holzbearbeitenden Unternehmen besteht. Hätten sie diesen Fall bedacht, so hätten die Parteien daher bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart, dass die Verfügungsbeklagte im Rahmen einer Messepräsentation ebenfalls nicht den Einsatzort auf einer Kantenanleimmaschine veranschaulichen darf.

4.
Rechtsfolge ist, dass die Verfügungskläger von der Verfügungsbeklagten Unterlassung von Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform im tenorierten Umfang verlangen können.
III.
Das Landgericht hat des Weiteren zu Recht einen Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO bejaht, wobei zwecks Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen wird.

Insbesondere ist die erforderliche Dringlichkeit gegeben. Wann sie zu verneinen ist, lässt sich zwar nicht anhand fester Fristen, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles bestimmen (vgl. Voß in: Cepl/Voß, aaO, § 940 Rn. 62 m. w. N.). Allerdings ist dem Antragsteller, nachdem er über alle Kenntnisse und Glaubhaftmachungsmittel verfügt, die verlässlich eine aussichtsreiche Rechtsverfolgung ermöglichen, regelmäßig ein Zeitraum von einem Monat einzuräumen, um den Verfügungsantrag bei Gericht einzureichen (Kühnen, aaO, Kap. G Rn. 118). Dieser Zeitraum ist daher grundsätzlich auch bei einfach gelagerten Sachverhalten nicht dringlichkeitsschädlich, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die zu dem Schluss führen, dass eine Dringlichkeit schon vorher nicht mehr angenommen werden kann. Da solche Umstände nicht ersichtlich sind, ist im vorliegenden Fall der am letzten Tag der Monatsfrist eingereichte Verfügungsantrag noch rechtzeitig gewesen.

Nicht dringlichkeitsschädlich ist es ferner, dass der Verfügungsantrag des Verfügungsklägers zu 2) zunächst wegen unbestimmter Parteibezeichnung unzulässig gewesen ist. Die nachträgliche Heilung von Mängeln der Klageschrift wirkt zwar im Hinblick auf die Wahrung einer Klagefrist lediglich ex nunc (vgl. BGH, MDR 2016, 541; Zöller/Greger, aaO, § 253 Rn. 23, jeweils m. w. N.). Dieser Grundsatz lässt sich indes nicht auf die Dringlichkeit übertragen. Sie betrifft die Frage, ob die Sache für den Antragsteller eilbedürftig ist und er das ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um seine Rechte zügig durchzusetzen (vgl. Kühnen, aaO, Kap. G. Rn. 108 m. w. N.). Dafür ist nicht Voraussetzung, dass der Verfügungsantrag von vornherein zulässig gewesen ist. Vielmehr sind allein die Verhältnisse in der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend, so dass zu fragen ist, ob auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen ein Verfügungsgrund besteht (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl. § 12 UWG Rn. 3.12). Das ist hier zu bejahen, weil die Verfügungskläger die Sache als dringlich behandelt haben (siehe oben).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Verfügungskläger haben den Verfügungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilweise zurückgenommen. Ein „insbesondere-Zusatz“ erläutert und verdeutlicht im Rahmen eines weiter gehend formulierten Antrags am Beispiel der konkreten Verletzungsform das Charakteristische der Verletzung (vgl. zum UWG Köhler in: Köhler/ Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.46 m. w. N.). Dementsprechend war die im mit „insbesondere wenn“ eingeleiteten Halbsatz genannte Veranschaulichung durch den Einsatz auf einer Kantenanleimmaschine auf einem Messestand nur beispielhaft und umfasste der ursprüngliche Verfügungsantrag somit jegliche Veranschaulichung des Einsatzortes vor den Kantenbandfräsern einschließlich Vorführungen beim Kunden und auf Vorführmaschinen in den eigenen Geschäftsräumen der Verfügungsbeklagten oder bei „befreundeten“ Unternehmen. Diese Auslegung wird bestätigt durch das Vorbringen der Verfügungskläger in der Berufungserwiderung, es solle jegliche Veranschaulichung auf einer Kantenanleimmaschine unterbleiben. Davon ausgehend stellt sich die Streichung des „insbesondere-Zusatzes“ als Teilklagerücknahme dar, weil sich der Antrag damit erst nachträglich ausschließlich auf eine Veranschaulichung des Einsatzortes auf einer Kantenanleimmaschine auf einem Messestand beschränkt.

Da die Verfügungsbeklagte seit Jahren außerhalb von Messen „individuelle“ Vorführungen praktiziert und diese deshalb keine nur unerhebliche Bedeutung besitzen, ist es angemessen, den Verfügungsklägern wegen der Teilklagerücknahme insgesamt 20 % der Verfahrenskosten aufzuerlegen, wobei der Senat eine Aufteilung gemäß § 100 Abs. 1 ZPO vorgenommen hat.

Das Urteil wird unmittelbar mit seiner Verkündung rechtskräftig (§ 542 Abs. 2 ZPO), so dass es keiner Entscheidung über seine vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird im Einklang mit der nicht angegriffenen Festsetzung des Landgerichts auf 100.000,- Euro festgesetzt.