4a O 23/16 – Kaltfolienapplizierung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2551

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 13. Oktober 2016, Az. 4a O 23/16

Leitsätze (nichtamtlich):

1. Eine grundsätzlich mögliche Verwirkung des Widerspruchs gem. § 924 Abs. 1 ZPO setzt neben dem sehr langen Zuwarten des Schuldners (Zeitmoment) Verhältnisse voraus, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment).

2. Es ist fraglich, ob ein Abwarten von gut vier Monaten ein langes Zuwarten in dem dargestellten Sinne begründet. In diesem Zusammenhang ist die gesetzgeberische Wertung zu berücksichtigen, dass eine Frist für die Einlegung des Widerspruchs nicht vorgesehen ist. Jedenfalls aber fehlt es an dem erforderlichen Umstandsmoment. Insoweit ist anerkannt, dass der Gläubiger jedenfalls in der Zeit, in der – wie vorliegend – das Hauptsacheverfahren noch läuft, grundsätzlich mit einem Widerspruch des Schuldners rechnen muss (BGH, NJW 1992, 2297 (2298)).

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 09.03.2016 wird bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens. Die Kosten der Streithilfe trägt der Streithelfer.

T a t b e s t a n d

Der Verfügungskläger nimmt die Verfügungsbeklagte, einen Verlag, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung einer Äußerung in einem Printmedium der Verfügungsbeklagten in Anspruch.

Die Verfügungsbeklagte gibt heraus und verlegt das Printmedium „A“, bei dem es sich um eine im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und im deutschsprachigen Ausland vertriebene Fachzeitschrift für die Druckindustrie handelt.

In dem Heft 03/2016 der Zeitschrift, erschienen am 11.02.2016, veröffentlichte die Verfügungsbeklagte auf Seite 12 f. unter der Überschrift „B“ einen Artikel über Druckveredelung mittels Kaltfolie. In dem Artikel ist insbesondere auch die von dem Verfügungskläger angegriffene Äußerung,

„Tatsächlich war C D der Erste, der Ende der 1990er Jahre eine Offsetmaschine so modifiziert hatte, dass man damit Kaltfolie applizieren konnte.“,

enthalten. Wegen des Gesamtzusammenhangs, in dem die streitgegenständliche Äußerung steht, wird auf den Artikel (Anlage ASt 7) Bezug genommen.

Der Verfügungskläger nahm von dem Artikel am 13.02.2016 Kenntnis.

Bei dem in dem streitgegenständlichen Artikel bezeichneten Herrn D, dem Streithelfer des hiesigen Verfahrens, handelt es sich um einen ehemaligen Mitarbeiter des Verfügungsklägers, der ein Unternehmen für die Durchführung von Druckveredelung in der grafischen Industrie führte und das der Streithelfer übernahm.

Der Verfügungskläger meldete am 31.03.1992 ein Foliendruckverfahren sowie eine Folientransfermaschine zum Patent an, woraufhin am 02.11.1994 das europäische Patent 0 578 XXX B1 (im Folgenden: EP ‘XXX) erteilt wurde. In der Patentschrift (Anlage ASt 1), auf die wegen des Inhalts der technischen Lehre Bezug genommen wird, sind der Verfügungskläger sowie Herr E F als Erfinder und Patentinhaber benannt. Das Patent erlosch am 31.03.2012 wegen Zeitablaufs.

Im Jahre 1995 beauftragte der Verfügungskläger zusammen mit dem Miterfinder des Foliendruckverfahrens und der Folientransfermaschine ein französisches Unternehmen mit dem Bau einer Kaltfolientransfervorrichtung, sog. InlineFoiler Prindor. Außerdem stellte der Verfügungskläger in dieser Zeit die Grundzüge des Foliendruckverfahrens und der Transfermaschine auf einem Symposium des Arbeitskreises Prägefoliendruck in Süddeutschland vor.

Der Verfügungskläger ist zudem Inhaber des am 09.07.2014 erteilten europäischen Patents 1 682 XXX B1, das ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Kombinationsdruck schützt, und das der Verfügungskläger als Weiterentwicklung zu dem Foliendruckverfahren und der Folientransfermaschine, die Gegenstand des EP ‘XXX waren, erfunden hat. Derzeit stehen Verhandlungen über die Veräußerung des Patents an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2016 mahnte der Verfügungskläger, der die erfinderische Leistung einer Offsetmaschine, mit der man Kaltfolie applizieren kann, für sich in Anspruch nimmt, die Verfügungsbeklagte ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Auf das Schreiben vom 01.03.2016 (Anlage ASt 9) wird wegen seines genauen Inhalts Bezug genommen.

Auf Antrag des Verfügungsklägers vom 09.03.2016, der in der angegriffenen Äußerung eine Verletzung seiner Rechte aus dem EP ‘XXX sieht und sie weiter auch unter dem Aspekt der Kreditgefährdung für unzulässig erachtet, hat das Landgericht Düsseldorf der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 09.03.2016, welcher der Verfügungsbeklagten im Parteibetrieb am 15.03.2016 zugestellt worden ist, bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel

untersagt,

öffentlich und/oder in sonstiger Weise zu behaupten und/oder zu verbreiten, wie insbesondere in Printmedien, im Internet und/oder auf andere Weise, dass Herr C D, geschäftsansässig: G GmbH H, I-weg 10, 41XXX J, der Erste gewesen ist, der eine Offsetmaschine so modifiziert hatte, dass man damit Kaltfolie applizieren konnte, wie dies in der Ausgabe des Fachmagazins „A“ Nr. 03/2016 in dem Artikel „Kaltfolie für die Auflage“ geschehen ist.

Gegen den Beschluss hat die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.07.2016 Widerspruch eingelegt.

Der Verfügungskläger, der den Widerspruch wegen Verwirkung für unzulässig erachtet, beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 09.03.2016, Az.: 4a O 23/16, zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte und der Streithelfer beantragen,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 09.03.2016, Az.: 4a O 23/16, unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, die angegriffene Äußerung lasse einen Rückschluss auf das Patent EP ‘XXX nicht zu und verhalte sich auch zu einer etwaigen Inhaberschaft an dem Patent nicht.

Der Verfügungskläger könne aus dem Patent aber auch deshalb keine Rechte mehr geltend machen, weil dieses im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerung bereits abgelaufen war.

Auch fehle es an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr. Da sie, die Verfügungsbeklagte, aus der Veröffentlichung keinerlei Vorteile im geschäftlichen Verkehr erwirkt habe, sei eine Vermutung dafür, dass es zu einer erneuten Behauptung wie der streitgegenständlichen komme, nicht gerechtfertigt. Zudem sei die in dem Abmahnschreiben vom 01.03.2016 für die Abgabe der Unterlassungserklärung gesetzte Frist bis zum 08.03.2016 unangemessen kurz gewesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 27.09.2016 Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen.
Der Verfügungskläger hat auch bei Berücksichtigung des Vorbringens der Verfügungsbeklagten im Rahmen des zulässigen Widerspruchs und des Vorbringens des Streithelfers hinreichend glaubhaft gemacht, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO.

I.
Der gem. § 924 Abs. 1 ZPO statthafte Widerspruch ist auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere hat die Verfügungsbeklagte das Recht, Widerspruch einzulegen, nicht verwirkt.

Eine grundsätzlich mögliche Verwirkung des Widerspruchs setzt neben dem sehr langen Zuwarten des Schuldners (Zeitmoment) Verhältnisse voraus, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment) (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Kommentar, 31. Auflage, 2016, § 924, Rn. 10).

An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend.

Es ist bereits fraglich, ob ein Abwarten von gut vier Monaten ein langes Zuwarten in dem dargestellten Sinne begründet. In diesem Zusammenhang ist die gesetzgeberische Wertung zu berücksichtigen, dass eine Frist für die Einlegung des Widerspruchs nicht vorgesehen ist. Jedenfalls aber fehlt es an dem erforderlichen Umstandsmoment. Insoweit ist anerkannt, dass der Gläubiger jedenfalls in der Zeit, in der – wie vorliegend – das Hauptsacheverfahren noch läuft, grundsätzlich mit einem Widerspruch des Schuldners rechnen muss (BGH, NJW 1992, 2297 (2298)). Umstände, die ausnahmsweise eine andere Würdigung veranlassen, hat der Verfügungskläger nicht vorgetragen.

II.
Dem Verfügungskläger steht ein Verfügungsanspruch in Form eines Unterlassungsanspruchs gem. analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG gegen die Verfügungsbeklagte zu.

1.
Die angegriffene Äußerung verletzt das Erfinderpersönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers als Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BGH, GRUR 1994, 104 (105)).

Durch die angegriffene Äußerung wird dem Verfügungskläger das Recht auf Anerkennung seiner Erfindereigenschaft streitig gemacht.

a)
Das Erfinderpersönlichkeitsrecht ist ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 1979, 269 (271)).

Das Erfinderpersönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Erfinders auf Anerkennung seiner Erfindereigenschaft in Bezug auf eine bestimmte Erfindung (BGH, NJW 1979, 269 (271); Schäfers/ Schwarz, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 63, Rn. 2).

Mit der Erfinderschaft wird nicht nur das Ergebnis eines tatsächlichen Vorgangs, nämlich des Auffindens einer neuen technischen Lehre, beschrieben (BGH, ebd., 269 (270 f.). Vielmehr ist damit auch die rechtliche Beziehung einer natürlichen Person zu dem Gegenstand der technischen Lehre verbunden (a. a. O.). So steht dem Erfinder gem. § 6 Satz 1 PatG das Recht an dem Patent zu. Auch das Erfinderpersönlichkeitsrecht ist Ausfluss der Erfinderschaft und findet eine einfachgesetzliche Absicherung in § 37 Abs. 1 PatG, wonach der Anmelder eines Patents den Erfinder zu benennen hat, und in § 63 Abs. 1 Satz 1 PatG, ausweislich dessen der Erfinder auf der Offenlegungsschrift sowie in der Veröffentlichung der Patenterteilung zu benennen ist.

b)
Bei Auslegung der angegriffenen Äußerung, die sich an dem durchschnittlichen Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers zu orientieren hat (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 297 (298)), ist ihr zu entnehmen, dass der Streithelfer („Herr C D“) Erfinder („der Erste, der Ende der 1990er Jahre“) einer Offsetmaschine war, mit der man Kaltfolie applizieren konnte. Der angesprochene Verkehrskreis wird dabei durch Fachleute auf dem Gebiet der Druck- und Verpackungstechnik gebildet. Zu diesem zählt die Kammer zwar nicht selbst, jedoch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständliche Behauptung vor dem Hintergrund des bei diesem Personenkreis vorhandenen Fachwissens anders zu verstehen ist (vgl. insoweit auch OLG Hamburg, Urt. v. 26.08.2010, Az.: 3 U 12/10, Seite 5, zitiert nach BeckRS 2010, 26121).

aa)
Vorliegend versteht der angesprochene Personenkreis die angegriffene Aussage derart, dass die Entwicklung einer technischen Lehre im Sinne einer erfinderischen Leistung beschrieben wird, und diese dem Streithelfer zuzuordnen ist.

(1)
Die in der Äußerung in Bezug genommene Offsetdruckmaschine unterfällt dem Schutzbereich des EP ‘XXX, das ein Foliendruckverfahren und eine Folientransfermaschine zum Gegenstand hatte.

Der in der Druckschrift dargestellte Stand der Technik geht von dem sog. Prägefoliendruck als Druckverfahren aus (Anlage K 1, Sp. 1, Z. 20 – 22). Dabei wird eine Transferfolie mit der zu bedruckenden Unterlage derart zusammengebracht, dass eine Druckform hergestellt wird, bei der die zu bedruckenden Teile höher liegen als die sie umgebenden nichtdruckenden Teile (Anlage K 1, Sp. 1, Z. 24 – 27). Diese Druckform wird während des Druckvorgangs geheizt und auf gleichbleibender Temperatur gehalten (Anlage K 1, Sp. 1, Z. 27 – 29). Die aufzubringende Transferfolie, die aus einer Transferschicht mit Kunstharz-Schicht und einer mit dieser über eine Trennschicht verbundenen Trägerfolie besteht (Anlage K 1, Sp. 1, Z. 32 – 34), wird gemeinsam mit der zu bedruckenden Unterlage durch das Druckwerk hindurchgeführt. Durch den Anpressdruck der erhitzten Druckform wird die Transferschicht an den erhöhten Elementen von der Transferfolie gelöst und auf die Unterlage übertragen (Anlage K 1, Sp. 1, Z. 41 ff.). Die Kunstharz-Schicht der Transferschicht verwandelt sich durch die Wärmeeinwirkung vom trockenen in einen klebrigen Zustand und sorgt so für eine Haftung der Transferschicht an der Unterlage (Anlage K 1 Sp. 1, Z. 51 ff.).

Den Nachteil dieses Foliendruckverfahrens beschreibt die Druckschrift derart, dass die Herstellung der Druckform eine sehr lange Vorbereitungs- und Einrichtungszeit braucht, was das Verfahren zeit- und kostenaufwendig macht (Anlage K 1, Sp. 2, Z. 2 – 10).

Vor dem Hintergrund dieses Stands der Technik nimmt es sich die EP ‘XXX zur Aufgabe, ein Verfahren mit einer wesentlichen kürzeren Gesamtherstellungszeit zu schaffen und eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens zu konzipieren (Anlage K 1, Sp. 2, Z. 11 – 17).

Zur Lösung wird vorgeschlagen, an der Oberfläche der zu bedruckenden Unterlage an den für die Folienauflage vorgesehenen Stellen eine Haftschicht aufzutragen (Anlage K 1, Sp. 2, Z. 22, 23). Im Anschluss daran wird die Transferschicht mittels Druck mit der Unterlage zusammengebracht, und anschließend durch erneute Druckeinwirkung, die die Druckeinwirkung während der Folienauflage wesentlich übersteigt, fest an die Druckunterlage gebunden (Anlage K 1, Sp. 2, Z. 24 – 29). Bei einem solchen Verfahren sind weder die Herstellung einer Druckform noch die Beheizung der Druckfläche erforderlich (Anlage K 1, Sp. 2, Z. 30, 31 und Z. 48, 48).

(2)
Dass auch der Durchschnittsleser diesen offenbarten Stand der Technik und die durch die Kaltfolienveredelung bewirkte Verbesserung des Verfahrens jeweils in seinen Grundzügen kennt, lässt zum einen der Artikel „K“, den die Verfügungsbeklagte in der Ausgabe Nr. 14, 15 des streitgegenständlichen Printmediums vom 18.04.1996 (Anlage ASt 3) veröffentlicht hat, vermuten, in dem es unter anderem heißt:

„Mit Prindor wird eine neue Art der Folienprägung vorgestellt, […]. […] Diese Methode hat viele Vorteile gegenüber der traditionellen Weise, die auf einer modifizierten Hochdruckmaschine beruht und sehr teure, beheizbar Klischees […] benötigt.“

Des Weiteren hat die Verfügungsbeklagte im Jahre 1998 in der Ausgabe Nr. 43 des Deutschen Druckers (vgl. Anlage ASt 4) am 19.11.1998 unter Bezugnahme auf die Kaltfolienveredelung in dem Artikel „L“ geschrieben:

„Das patentierte und vom ehemaligen Firmeninhaber Kurt Lappe entwickelte Prindor-Verfahren […]. Das Verfahren nutzt anstelle konventioneller Prägewerkzeuge/ Klischees hier Offsetplatten für die Veredelung.“

Sofern die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass es in diesem Artikel um die Kaltfolienapplikation als Druckverfahren geht, ist dies nicht plausibel. Der hier in Bezug genommene Passus spricht namentlich von dem „Prindor-Verfahren“, welches von der Verfügungsbeklagten selbst in dem bereits genannten Artikel „K“ (Anlage ASt 3) mit der Kaltfolienapplikation in Verbindung gebracht worden ist. Die Verfügungsbeklagte trägt auch nicht dazu vor, welcher konkrete andere Aussagegehalt dem Passus beizumessen ist.

(3)
Mit der angegriffenen Aussage wird – orientiert an dem zu berücksichtigenden Gesamtkontext (vgl. insoweit m. w. Nachw. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 4, Rn. 4) – auch nicht lediglich ein handwerklicher Beitrag des Streithelfers beschrieben.

Der Artikel, in dessen Kontext die angegriffene Behauptung steht, befasst sich mit einer Druckmaschine zur Kaltfolienveredelung namens „M Foil“ aus dem Hause „M“. Es wird hervorgehoben, dass diese Maschine für Druckveredelung eine innovative Technologie verkörpert („Mit diesem System eröffnet sich dem Anwender der Zugang zu weiteren Marken und neuen Märkten.“), die es unter Anwendung und Weiterentwicklung von vorhandenem Fachwissen zu konzipieren galt („Bei der Entwicklung der Foil Station […]“). In diesem Zusammenhang wird auch Streithelfer als „Pionier der Kaltveredelung“ genannt, auf dessen „Expertise“ man bei der Entwicklung zugegriffen haben.

bb)
Bei der angegriffenen Aussage handelt es sich auch um eine Tatsachenbehauptung, das heißt um eine die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisierende Aussage (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03, Rn. 63, zitiert nach juris). Denn die Richtigkeit der Behauptung, jemand habe eine bestimmte technische Lehre entwickelt, ist einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich.

c)
Die so verstandene Aussage erweist sich vor dem Hintergrund, dass der Verfügungskläger jedenfalls Miterfinder einer Offsetmaschine, mit der Kaltfolie appliziert werden kann, ist, als unrichtig und spricht dem Verfügungskläger die Erfindereigenschaft ab.

Der Verfügungskläger hat hinreichend zur Erfindungshistorie der Offsetdruckmaschine für die Kaltveredelung, die in der angegriffenen Äußerung in Bezug genommen wird, vorgetragen, und diesen Vortrag durch eidesstattliche Versicherung vom 09.03.2016 (Anlage ASt 2) glaubhaft gemacht.

So hat er am 31.03.1992 das EP ‘XXX angemeldet, dessen Gegenstand unter anderem eine Offsetmaschine, mit der man Kaltfolien auftragen kann, ist. Der Verfügungskläger ist, was eine zusätzliche Indizwirkung entfaltet, in der Patentschrift zudem als Miterfinder genannt. Des Weiteren hat der Verfügungskläger im Frühjahr eine entsprechende Offsetmaschine auf einem Symposium vorgestellt und am 10.11.2004 ein Patent angemeldet, das eine Weiterentwicklung einer solchen Maschine darstellt, und als dessen Erfinder er erneut benannt ist.

Die Verfügungsbeklagte tritt diesem Vortrag des Verfügungsklägers nicht in entscheidungserheblicher Weise entgegen. Sie bringt weder Tatsachen vor, aus denen sich ergibt, dass der Streithelfer die Maschine am Ende der 1990er Jahren erfunden hat, noch stellt sie in Frage, dass Gegenstand der patentierten technischen Lehren eine modifizierte Offsetmaschine, wie in dem Artikel beschrieben, ist. Ein solches Bestreiten der Verfügungsbeklagten wäre vor dem Hintergrund, dass sie selbst in dem Artikel „L“, abgedruckt in dem Heft Nr. 43/98 der streitgegenständlichen Zeitschrift (Anlage ASt 4) dem Verfügungskläger die Erfindereigenschaft zugewiesen hat, auch erklärungsbedürftig.

Auch der Vortrag des Streithelfers, im Hinblick auf welchen es an jeglicher Glaubhaftmachung fehlt, und wonach das patentierte Druckverfahren zu keiner Zeit praktisch funktioniert habe, weil sich die Kaltfolie unter Druck immer von der Vorlage abgelöst habe, steht der Annahme der Erfindereigenschaft des Verfügungsklägers nicht entgegen. Denn der Streithelfer selbst trägt vor, dass er auf der von dem Verfügungskläger entwickelten Verfahren aufbauend eine Optimierung des Kaltdruckverfahrens für dessen praktische Anwendung vorgenommen hat. Zu einer etwaigen Optimierung des Verfahrens bzw. der Druckmaschine für die Durchführung dieses Verfahrens verhält sich die angegriffene Aussage aber aus Sicht des Durchschnittslesers gerade nicht. Vielmehr geht es um die Entwicklung der Maschine und des Verfahrens als solche.
Vor dem Hintergrund, dass die Erfindereigenschaft als solche Inhalt der angegriffenen Aussage ist, ist schließlich nicht entscheidungserheblich, dass das EP ‘XXX bereits wegen Zeitablaufs erloschen ist. Die Erfindereigenschaft besteht unabhängig von der Existenz des Patents.

d)
Es fehlt auf Seiten der Verfügungsbeklagten auch an einem Interesse an der Behauptung/ Verbreitung der angegriffenen Aussage, welches das Interesse des Verfügungsklägers an der richtigen Darstellung der Erfindereigenschaft überwiegt.

Darauf, ob die Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststand und der Verfügungsbeklagten dies auch bewusst war, kommt es in diesem Zusammenhang – anders als bei einem auf Schadensersatz gerichteten Anspruch – nicht an. Denn auch wenn die Erstäußerung zulässig war, kann an der künftigen Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen ein schutzwürdiges Interesse auch unter dem Gesichtspunkt der nach Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Meinungs- und Pressefreiheit nicht bestehen (Sprau, in: Palandt, BGB, Kommentar, 74. Auflage, 2015, § 823, Rn. 102).

2.
Es ist auch eine für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben.

Die Gefahr einer erneuten Rechtsverletzung wird vermutet, wenn es bereits zu einer Rechtsverletzung gekommen ist (vgl. für den Fall einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, BGH, GRUR 1994, 394 (395) – Bilanzanalyse).

Diese tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr ist vorliegend nicht deshalb widerlegt, weil die Verfügungsbeklagte – wie sie behauptet – mit der Veröffentlichung des Artikels keine unmittelbaren Vorteile im geschäftlichen Verkehr angestrebt und im Übrigen erklärt hat, sie werde die angegriffene Behauptung nicht erneut äußern oder verbreiten.

An die Wiederlegung der Vermutung sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Für den Bereich des Wettbewerbsrechts, in dem die Verletzungshandlungen in der Regel dadurch geprägt sind, dass der Verletzer starke wirtschaftliche Interessen verfolgt, ist anerkannt, dass der Verletzer die Vermutung einer Wiederholungsgefahr regelmäßig nur dann ausräumen kann, wenn er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt (Bornkamm, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 34. Auflage, 2016, § 8, Rn. 1.38). Dieser Grundsatz gilt auch für einen deliktischen Unterlassungsanspruch, wenn auch nicht mit gleicher Strenge, denn die Motivation des Verletzers kann im deliktischen Bereich vielfältiger Art sein (BGH, ebd., 394 (396)). Diesem Umstand ist dadurch Rechnung zu tragen, dass der Schwere des Eingriffs, den Umständen der Verletzungshandlung, dem fallbezogenen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung und vor allem der Motivation des Verletzers für die Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr bei der Frage der Entkräftung der Wiederholungsgefahr erhebliches Gewicht zukommen kann (a. a. O.).

Dies berücksichtigend verbleibt es im vorliegenden Fall dabei, dass eine Wiederholungsgefahr besteht.

In diesem Zusammenhang weist der Verfügungskläger zunächst zu Recht darauf hin, dass sich die Verfügungsbeklagte bereits in mehreren Artikeln mit der streitgegenständlichen Erfindung (vgl. Artikel „K“ in der Ausgabe 14-15 vom 18.04.1996, Anlage ASt 3) und der Frage der Erfindereigenschaft (vgl. Artikel „L“ in der Ausgabe Nr. 43 v. 19.11.1998, Anlage ASt 4) befasst hat, dieses Thema mithin für sie von einigem Interesse ist. Die Verfügungsbeklagte ist bei der Veröffentlichung von Artikeln in der von ihr verlegten Zeitschrift, auch wenn sie mit der angegriffenen Äußerung keine unmittelbaren geschäftlichen Vorteile erwirkt hat, dennoch von einem gewissen eigenwirtschaftlichen Interesse geleitet.

Letztlich bestehen auch keine nachvollziehbaren Gründe dafür, weshalb die Verfügungsbeklagte, wenn sie an der Äußerung der Behauptung kein Interesse mehr hat, vorprozessual nicht zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bereit war. Sofern die Verfügungsbeklagte die ihr mit Schreiben vom 01.03.2016 gesetzte Frist für zu kurz bemessen hält, wäre ihr die Abgabe einer Unterlassungserklärung auch nach Ablauf dieser Frist noch möglich gewesen. Sofern sie vorträgt, sie habe mit Email vom 11.03.2016 (Anlage AG 3) ein Vergleichsangebot unterbreitet, so ergibt sich auch aus der Email eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht. Zudem macht die Verfügungsbeklagte darin deutlich, dass sie sich für berechtigt hält, die angegriffene Aussage zu behaupten bzw. zu verbreiten („Wir haben die Sach- und Rechtslage geprüft und stellen fest, dass der von Ihnen verlangte Unterlassungsanspruch […] nicht besteht.“).

III.
Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor, §§ 935, 940 ZPO.

Der Verfügungskläger hat ein dringliches Interesse daran, dass die in sein Erfinderpersönlichkeitsrecht eingreifende unwahre Tatsachenbehauptung nicht weiter verbreitet wird. Sein Eilbedürfnis findet weiter auch darin einen Ausdruck, dass er sich in Verhandlungen über die Veräußerung des EP ‘XXX befindet, welche durch die Falschbehauptung gefährdet werden können. Ist die Erfindung – wofür aufgrund der angegriffenen Aussage Anhaltspunkte bestehen – von einem Nichtberechtigten angemeldet worden, kann dieser Umstand einen Vindikationsanspruch nach § 8 PatG auslösen. Die Gefahr der Geltendmachung eines solchen Anspruchs kann einen potenziellen Interessenten wiederum zu einer Abstandnahme von dem Erwerb des Patents veranlassen.

Demgegenüber hat die Verfügungsbeklagte kein berechtigtes Interesse an der Behauptung und Verbreitung einer unwahren Äußerung. Auch sie selbst hat vorgetragen, dass sie kein Interesse daran hat, die Äußerung ein weiteres Mal zu tätigen.

Das damit dargelegte Dringlichkeitsinteresse hat der Verfügungskläger auch nicht durch sein eigenes Verhalten widerlegt. Vielmehr hat er die Verfügungsbeklagte zeitnah nach Kenntnisnahme von der angegriffenen Behauptung (gut 2 Wochen) abgemahnt und unmittelbar nach Ablauf der der Verfügungsbeklagten zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gesetzten Frist bis zum 08.03.2016 am 09.03.2016 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

IV.
Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1, 2. Alt. ZPO.

Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche Verfügung und ist daher mit der Verkündung, auch wegen der Kosten, sofort vollstreckbar (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Kommentar, 31. Auflage, 2016, § 925, Rn. 9).

V.
Der nach der mündlichen Verhandlung eingehende, nicht nachgelassene Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 05.10.2016 gab zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass, § 156 Abs. 1 ZPO.

VI.
Der Streitwert des Verfügungsverfahrens wird gem. § 51 Abs. 1 GKG auf 30.000,00 € festgesetzt.

Zwar ist in dem Beschluss vom 09.03.2016 in Orientierung an der Streitwertangabe des Verfügungsklägers, welche ein gewichtiges Indiz für die Streitwertfestsetzung bildet (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Auflage, 2016, Kap. J., Rn. 119), der Streitwert zunächst mit 50.000,00 € angesetzt worden. Berücksichtigend dass der Verfügungskläger den Streitwert für den im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch ebenfalls mit 50.000,00 € angegeben hat, war jedoch eine Reduzierung des Streitwerts des einstweiligen Verfügungsverfahrens angezeigt. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Unterlassungsgläubiger im einstweiligen Rechtsschutz noch keinen endgültigen Titel erwirkt.