4a O 92/16 – Luftreinigeranordnung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2595

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 24. Januar 2017, Az. 4a O 92/16

Leitsätze (nichtamtlich):

1. Ein einstweiliger Unterlassungsantrag wegen Patentverletzung ist dann veranlasst, wenn Tatsachen vorliegen, die im Antragsteller vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, er werde ohne Klage bzw. Antragstellung nicht zu seinem Recht kommen. Dabei kommt es auf das Verhalten des Antragsgegners vor dem Prozess an (BGH, NJW 1979, 2040, 2041).

2. Der Antragsteller entgeht der Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO grundsätzlich nur dann und der Antragsgegner veranlasst die Antragstellung regelmäßig nur dann, wenn er dem Begehren des Antragstellers auf dessen vorgerichtliche Abmahnung hin keine Folge leistet, das heißt, keine ausreichende Unterwerfungserklärung abgibt.

3. Dabei bedarf es grundsätzlich einer insgesamt ordnungsgemäßen, fehlerfreien Abmahnung. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Fristsetzung ist zu berücksichtigen, dass dem Verwarnten ausreichend Zeit eingeräumt werden muss, den Verletzungsvorwurf zu prüfen sowie unter Umständen die beanstandete Handlung einzustellen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Bei eilbedürftigen Angelegenheiten, wie beispielsweise Messeauftritten, kann sich die bei Patentverletzungsangelegenheiten grundsätzlich angemessene Frist von drei bis vier Wochen verkürzen. Denn demjenigen, der sein Schutzrecht verletzt sieht, muss die Möglichkeit gegeben werden, noch während der Messe ein gerichtliches Verfahren gegen den als Verletzer in Anspruch zu Nehmenden einzuleiten und die Klage und/ oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch auf der Messe zustellen zu können (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2004, Az.: I-2 W 39/03, Rn. 2).

4. Sofern eine in der Abmahnung angesetzte Frist zu kurz bemessen ist, führt dies zwar nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung, wohl aber wird eine angemessene Frist in Gang gesetzt (Kühnen, a. a. O.). Dies berücksichtigend, kann der Antragsteller aus dem erfolglosen Ablauf einer zu kurz bemessenen Frist grundsätzlich noch nicht auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe schließen.

5. Von demjenigen, der auf einer großen und international bedeutsamen Messe ausstellt, kann erwartet werden, dass er einen gegen ihn erhobenen Vorwurf einer Patentverletzung wegen eines ausgestellten Gegenstandes auf seine Berechtigung hin überprüft, und hierzu auch qualifizierte Mitarbeiter in ausreichender Zahl zur Verfügung hat (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2004, I-2 W 39/03, Rn. 2).

Die einstweilige Verfügung vom 14.09.2016 wird im Hinblick auf den Kostenausspruch (Ziff. IV.) bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt auch die Kosten des Widerspruchverfahrens.

T a t b e s t a n d

Die Parteien streiten allein noch über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Die Verfügungsklägerin ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 175 XXX (im Folgenden: Verfügungspatent) mit dem Schutzgegenstand „Luftreinigeranordnung mit Endstütze für eine Patrone“.

Die Verfügungsbeklagte nahm in der Zeit vom 13.09. (Dienstag) – 17.09. (Samstag) 2016 an der Messe „A“ in B als Aussteller teil, und präsentierte dort am ersten Messetag unter anderem eine Luftfilterpatrone (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.09.2016 (Anlage ASt 5a), der Verfügungsbeklagten an ihrem Messestand am selben Tag um 11:30 Uhr übergeben, forderte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte dazu auf, bis 14:00 Uhr unter Abgabe eines Vertragsstrafeversprechens zu erklären, etwaige Benutzungshandlungen im Zusammenhang mit Luftfilterpatronen, die dem Schutzbereich des Verfügungspatent unterfallen, zu unterlassen. Wegen des genauen Inhalts der vorformulierten Erklärung und des Schreibens wird auf diese Bezug genommen.

Auf das Abmahnschreiben erklärte die Verfügungsbeklagte mit Email vom 13.09.2016 (Anlage W4), versandt um 14:25 Uhr, man hoffe, mit der der Email beigefügten Stellungnahme „einen ersten Schritt zur Lösung des Problems getan zu haben.“ In dem Stellungnahmeschreiben (vorgelegt als Anlagen ASt 5b bzw. W5; deutsche Übersetzung: Anlage ASt 5c bzw. Anlage W5) äußerte die Verfügungsbeklagte, dass sie die angegriffene Ausführungsform „vorübergehend und als reine Vorsichtsmaßnahme“ vom Markt genommen habe. In dem Schreiben, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es außerdem auszugsweise wie folgt:

„Die vorliegende Entscheidung bedeutet in keiner Weise die Annahme oder Anerkennung des Bestehens eines Plagiats, […].

[…] Auf Grundlage des Vorstehenden lehnen wir aktuell die Anerkennung jedweder Entschädigung zugunsten des Inhabers des vermeintlichen Patentes ab, solange wir die Tatsachen, die uns zur Last gelegt werden, nicht überprüft und untersucht haben.“

Daraufhin hat die Verfügungsklägerin noch am 13.09.2016 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, und die Kammer am 14.09.2016 eine Beschlussverfügung mit folgendem Inhalt erlassen:

I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen der besonderen Dringlichkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung – untersagt,

Luftfilterpatronen, umfassend:

(a) ein Medien-Pack, ein offenes Inneres umgebend, und erste und zweite gegenüberliegende Enden aufweisend;
(b) eine erste Abschlusskappe, positioniert auf dem ersten Ende des Medien-Packs; (i) wobei die erste Abschlusskappe eine zentrale Luftströmungsöffnung in dieser aufweist;
(c) eine Gehäuseabdichtung auf der ersten Abschlusskappe; und
(d) eine zweite Abschlusskappe, positioniert auf einem zweiten Ende des Media-Packs; (i) wobei die zweite Abschlusskappe eine geschlossene Abschlusskappe ist; und (ii) die zweite Abschlusskappe eine zentrale Vorsprung-Anordnung auf dieser umfasst, die sich in einer sich von der ersten Abschlusskappe entfernenden Richtung erstreckt;

(A) die Vorsprung-Anordnung einen nicht kreisförmigen Zustand aufweist und zumindest einen bogenförmigen Abschnitt umfasst;
(B) der zumindest eine bogenförmige Abschnitt eine Krümmung definiert, die nicht einem Segment eines Kreises

entspricht, der einen Mittelpunkt des Vorsprungs umgibt;

(e) die zweite Abschlusskappe beinhaltet eine Mehrzahl an beabstandeten Adaptervorsprüngen darauf, angrenzend positioniert einem äußeren Umkreis; wobei die Adaptervorsprünge jeweils um einen Abstand von mindestens 10 mm entfernt von einem angrenzenden Teil der zweiten Abschlusskappe in einer Richtung weg von der ersten Abschlusskappe vorstehen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern.

II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahme ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht, wobei die Ordnungshaft jeweils an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist.

III. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, sämtliche innerhalb der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Verfügungsgewalt befindlichen unter Ziffer I. genannten Erzeugnisse an einen von der Antragstellerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung herauszugeben, die solange andauert, bis über das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden oder eine einvernehmliche Regelung herbeigeführt worden ist.

IV. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

V. Bei Zustellung sollen diesem Beschluss beglaubigte Abschriften der Antragsschrift nebst Anlagen beigefügt werden.

VI. Der Streitwert wird auf 500.000,– EUR festgesetzt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.09.2016 hat die Verfügungsbeklagte gegen die ihr am 15.09.2016 zugestellte einstweilige Verfügung Kostenwiderspruch eingelegt. Im Übrigen hat sie die Beschlussverfügung mit Schreiben vom 21.09.2016 (Anlage W1) als eine nach Bestandskraft und Wirkung einem rechtskräftigen Hauptsachetitel entsprechende Regelung anerkannt und auf den Widerspruch sowie auf die Rechte aus §§ 926, 936 ZPO verzichtet.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Verfügungsbeklagte habe die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen. Insbesondere habe sie Veranlassung zur Antragstellung gegeben. Die Antwortfrist in dem Abmahnschreiben vom 13.09.2016 sei nicht unangemessen kurz bemessen gewesen.

Die Reaktion der Verfügungsbeklagten mit Email vom 13.09.2016 auf das Abmahnschreiben lasse zudem erkennen, dass diese die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung während der Messe nicht beabsichtigt habe, worin zugleich ein Anlass für die Antragstellung zu erblicken sei.

Des Weiteren hätte eine Abmahnung auch unterbleiben können, weil mit dem Unterlassungsantrag auch eine Sequestration zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs verbunden war, und eine vorherige Abmahnung die Durchsetzung dieses Anspruchs vereitelt hätte. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die Luftfilter aufgrund ihrer geringen Größe und Mobilität ohne weiteres hätten beiseite geschafft werden können.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 14.09.2016 im Kostenausspruch (Ziff. IV.) aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt:

der Verfügungsklägerin unter teilweiser Abänderung der einstweiligen Verfügung vom 14.09.2016 die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die Kostentragungspflicht der Verfügungsklägerin folge aus § 93 ZPO. Sie, die Verfügungsbeklagte, habe vor dem Hintergrund der in dem Schreiben vom 13.09.2016 lediglich mit 2 ½ Stunden bemessenen Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Eine Frist habe mindestens mit 48 Stunden angesetzt werden müssen, die im Zeitpunkt der Antragstellung für die einstweilige Verfügung noch nicht abgelaufen waren.

Die Kammer hat zur Entscheidung über die Kosten mit Beschluss vom 25.11.2016 das schriftliche Verfahren angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 16.12.2016 festgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.
Der zulässige, auf die Kosten beschränkte Widerspruch der Verfügungsbeklagten ist in der Sache ohne Erfolg. Es verbleibt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verfügungsbeklagten bei der in der einstweiligen Verfügung vom 14.09.2016 ausgesprochenen Kostentragungspflicht.

Diese Kostenregelung entspricht der sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergebenden Kostenfolge. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 93 ZPO, wonach die Verfügungsklägerin die Kosten zu tragen hat, liegen hingegen nicht vor.

Ein – gesetzlich nicht geregelter, aber anerkannter – Kostenwiderspruch gibt dem Antragsgegner die Möglichkeit, nur gegen die im Beschluss des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgesehene Kostenentscheidung vorzugehen. Der Kostenwiderspruch wirkt vor diesem Hintergrund wie ein förmliches Anerkenntnis in der Sache, weil die Beschlussverfügung durch diesen zu einer endgültigen Regelung in der Hauptsache erstarkt (LG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.2014, Az.: 12 O 321/14, Seite 6). Es ist zwar nicht durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden (vgl. BGH, NJW 2013, 3104 (3105)). In Anbetracht der gleichen Wirkungen eines Kostenwiderspruchs ist es gleichwohl folgerichtig, wie beim Anerkenntnisurteil für die Kostentragung von dem in § 91 ZPO geregelten Grundsatz auszugehen, es sei denn die Ausnahmeregelung des § 93 ZPO greift ein (Spätgens, in: Gloy/ Loschelder/ Erdmann, Wettbewerbsrecht, 4. Auflage, 2012, § 105, Rn. 11). Nach § 93 ZPO fallen dem Antragsteller die Prozess- bzw. Verfahrenskosten zur Last, wenn der Antragsgegner den geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten zur Stellung des Verfügungsantrags Veranlassung gegeben hat (vgl. LG Hamburg, NJOZ 2009, 4786 (4787)).

Vorliegend hat jedoch die Verfügungsbeklagte durch ihr Verhalten Anlass zur Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben.

1.
Ein einstweiliger Unterlassungsantrag wegen Patentverletzung ist dann veranlasst, wenn Tatsachen vorliegen, die im Antragsteller vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, er werde ohne Klage bzw. Antragstellung nicht zu seinem Recht kommen (Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 139, Rn. 163). Dabei kommt es auf das Verhalten des Antragsgegners vor dem Prozess an (BGH, NJW 1979, 2040 (2041)).

Der Antragsteller entgeht der Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO grundsätzlich nur dann und der Antragsgegner veranlasst die Antragstellung regelmäßig nur dann, wenn er dem Begehren des Antragstellers auf dessen vorgerichtliche Abmahnung hin keine Folge leistet, das heißt, keine ausreichende Unterwerfungserklärung abgibt (Kühnen, ebd., Kap. C., Rn. 144).

Dabei bedarf es grundsätzlich einer insgesamt ordnungsgemäßen, fehlerfreien Abmahnung (a. a. O.). Für die Beurteilung der Angemessenheit der Fristsetzung ist zu berücksichtigen, dass dem Verwarnten ausreichend Zeit eingeräumt werden muss, den Verletzungsvorwurf zu prüfen sowie unter Umständen die beanstandete Handlung einzustellen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Kühnen, ebd., Kap. C., Rn. 26). Bei eilbedürftigen Angelegenheiten, wie beispielsweise Messeauftritten, kann sich die bei Patentverletzungsangelegenheiten grundsätzlich angemessene Frist von drei bis vier Wochen verkürzen. Denn demjenigen, der sein Schutzrecht verletzt sieht, muss die Möglichkeit gegeben werden, noch während der Messe ein gerichtliches Verfahren gegen den als Verletzer in Anspruch zu Nehmenden einzuleiten und die Klage und/ oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch auf der Messe zustellen zu können (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2004, Az.: I-2 W 39/03, Rn. 2, zitiert nach juris). Sofern eine in der Abmahnung angesetzte Frist zu kurz bemessen ist, führt dies zwar nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung, wohl aber wird eine angemessene Frist in Gang gesetzt (Kühnen, a. a. O.). Dies berücksichtigend kann der Antragsteller aus dem erfolglosen Ablauf einer zu kurz bemessenen Frist grundsätzlich noch nicht auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe schließen.

2.
Vorliegend kann dahinstehen, ob die Abmahnung deshalb entbehrlich war, weil die Verfügungsklägerin mit dem Unterlassungsantrag auch einen Sequestrationsanspruch zur Sicherung eines Vernichtungsanspruchs geltend gemacht hat. Daran bestehen Zweifel insoweit, als die Verfügungsklägerin selbst – entgegen ihres Sicherungsbedürfnisses – eine Abmahnung ausgesprochen hat (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 9. Auflage, 2017, Kap. C., Rn. 154). Jedenfalls aber durfte die Verfügungsklägerin aufgrund der Reaktion der Verfügungsbeklagten auf ihr Abmahnschreiben annehmen, dass zur effektiven Durchsetzung ihrer Rechte die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erforderlich sein würde.

Nach den unter Ziff. 1. dargestellten Maßstäben war die in dem Abmahnschreiben vom 13.09.2016 angesetzte Frist zwar zu kurz bemessen, für die Verfügungsklägerin war jedoch auf der Grundlage der Email der Verfügungsbeklagten vom 13.09.2016 (Anlage W4) nicht zu erkennen, dass die Verfügungsbeklagte beabsichtigte, auf das Abmahnschreiben binnen einer an die Stelle der unangemessen kurzen Frist tretenden angemessenen Frist zu reagieren.

Die Verfügungsklägerin hat eine Stellungnahme noch am Tag der Übergabe des Abmahnschreibens, innerhalb des ersten Messetages der insgesamt auf fünf Tagen angesetzten Messe verlangt. Dabei ist nicht zu erkennen, dass das Interesse der Verfügungsklägerin an einer Zustellung der einstweiligen Verfügung noch auf der Messe diese kurze Fristsetzung erforderte. Wie der tatsächliche Geschehensablauf zeigt, konnte eine Zustellung binnen zwei Tagen nach Antragstellung bewirkt werden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch bei einer Fristsetzung bis zum Ablauf des 14.09.2016 eine Messezustellung hätte vorgenommen werden können. Weiter ist anzunehmen, dass die Frist ausreichend gewesen wäre, um der Verfügungsbeklagten eine Überprüfung des Verletzungsvorwurfs zu ermöglichen. Von demjenigen, der auf einer großen und international bedeutsamen Messe ausstellt, kann erwartet werden, dass er einen gegen ihn erhobenen Vorwurf einer Patentverletzung wegen eines ausgestellten Gegenstandes auf seine Berechtigung hin überprüft, und hierzu auch qualifizierte Mitarbeiter in ausreichender Zahl zur Verfügung hat (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2004, Az.: I-2 W 39/03, Rn. 2, zitiert nach juris).

Vorliegend löst jedoch die Tatsache, dass die Verfügungsklägerin vor Ablauf der angemessenen Frist einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellte, die Kostenfolge des § 93 ZPO nicht aus.

Die Verfügungsbeklagte hat ihrerseits mit Email vom 13.09.2016, 14:30 Uhr (Anlage W4), insbesondere mit dem der Email beigefügten Schreiben (Anlage W5), zu dem Abmahnschreiben der Verfügungsklägerin Stellung genommen. In dieser Erklärung der Verfügungsbeklagten kommt zum Ausdruck, dass diese – was nachvollziehbar ist – vor dem Hintergrund der ihr gesetzten kurzen Stellungnahmefrist eine Überprüfung des Verletzungsvorwurfs nicht vornehmen konnte. Dem Schreiben der Verfügungsbeklagten (Anlage W5) war jedoch nicht zu entnehmen, dass diese eine Überprüfung des Verletzungsvorwurfs innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens, insbesondere innerhalb einer angemessenen Frist, vornehmen würde. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) war vielmehr davon auszugehen, dass eine Überprüfung jedenfalls nicht mehr innerhalb der bis zum 17.09.2016 dauernden Messe erfolgen sollte. Dies ist insbesondere dem Passus zu entnehmen, mit dem die Verfügungsbeklagte ausführt, sie werde die angegriffene Ausführungsform vorläufig auch nicht mehr auf anderen Messen ausstellen. Denn damit bezog die Verfügungsbeklagte sich auf einen Zeitraum, der gerade nach der konkreten Messe, die Anlass für die Abmahnung war, liegt. Dies berücksichtigend entstand für die Verfügungsklägerin der Eindruck, dass die Durchsetzung ihrer Rechte noch während der Messedauer ohne die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nicht möglich sein würde.

Der Verfügungsklägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie ihrerseits auf den berechtigten Einwand der Verfügungsbeklagten, dass die Frist zu kurz bemessen war, keine weitere (angemessene) Frist setzte, und auf diese Weise deutlich machte, dass sie jedenfalls nach Ablauf dieser Frist gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde. Ein solches Verhalten des Abmahnenden mag für Fälle zu fordern sein, in denen der Abgemahnte zum Ausdruck bringt, dass er zwar die ihm gesetzte Frist nicht einhalten, wohl aber – unter dem Eindruck der ihm gesetzten Frist – eine möglichst zügige Überprüfung des Sachverhalts vornehmen werde. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch – wie bereits dargestellt – nicht vor.

II.
Die Kostenentscheidung für das Widerspruchsverfahren ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche Verfügung und ist daher mit der Verkündung, auch wegen der Kosten, sofort vollstreckbar (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Kommentar, 31. Auflage, 2016, § 925, Rn. 9).

III.
Der Streitwert des Widerspruchsverfahrens wird auf bis zu EUR 16.000,- festgesetzt.

Nach einem Kostenwiderspruch reduziert sich der Streitwert auf das Kosteninteresse, das heißt die Summe der angefallenen Kosten, um deren Tragung es geht (Kühnen, ebd., Kap. J., Rn. 136).