4c O 17/16 – Alarmgesichertes Zaunfeld

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2624

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 16. Februar 2017, Az. 4c O 17/16

I. Es wird festgestellt, dass die Klage in der Hauptsache erledigt ist.

II. Auf die Widerklage werden die Klägerinnen verurteilt, es jeweils bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

ein alarmgesichertes Zaunfeld, mit wenigstens einer Gittermatte, die zumindest teilweise aus dünnen Röhren und/oder Füllstäben gebildet ist, wobei zumindest in einer Teilmenge der Röhren elektrische und/oder optische Signalkabel eingezogen sind, wobei die Gittermatte durch wellenartig geformte Röhren und/oder Füllstäbe gebildet ist, und wobei horizontal und vertikal angeordnete Röhren und/oder Füllstäbe miteinander verflochten sind, wobei die Gittermatte zumindest mit drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst ist, wobei mehrere Enden und/oder mehrere Kreuzungspunkte der horizontalen und vertikalen Röhren und/oder Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sind,

in Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei sich das Verbot des Herstellens nur gegen die Klägerin zu 2) richtet.

III. Die Klägerinnen werden verurteilt, der Beklagten jeweils schriftlich in gegliederter Form Auskunft leisten und Rechnung legen über die in Ziff. II. bezeichneten Handlungen, und zwar durch folgende Angaben, jeweils unter Vorlage von Belegen:

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der von Lieferanten erhaltenen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Lieferanten,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, insbesondere der Einkaufspreise und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben der Klägerin zu 2) für Handlungen seit 29.08.2015 und die Angaben der Klägerin zu 1) gemäß e) für Handlungen ab 19.07.2013 und im Übrigen für Handlungen ab 14.04.2012 zu machen sind.

IV. Es wird festgestellt, dass die Klägerinnen jeweils verpflichtet sind, der Beklagten jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch in Ziff. II. bezeichnete Handlungen der jeweiligen Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, und zwar im Falle der Klägerin zu 1) durch Handlungen seit 19.07.2013 und im Falle der Klägerin zu 2) durch Handlungen seit 29.08.2015.

V. Es wird festgestellt, dass die Klägerin zu 1) verpflichtet ist, der Beklagten eine Entschädigung nach Handlungen der Klägerin zu 1) gemäß Ziff. II. zwischen 14.04.2012 und 18.07.2013 zu bezahlen.

VI. Die Klägerin zu 1) wird verurteilt, an die Beklagte 7.519,00 EUR zu zahlen.

VII. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

VIII. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen auferlegt.

IX. Das Urteil ist im Hinblick auf die Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 €, im Hinblick auf die Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € und im Hinblick auf die Ziffern VI. und VIII. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

X. Der Streitwert wird auf 300.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d:

Die Beklagte macht – nachdem die Klägerinnen zunächst negative Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung der Nichtverletzung erhoben hatten – im Wege der Widerklage Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft- und Rechnungslegung, Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen der behaupteten Verletzung des Europäischen Patents EP 2 428 XXX B1 (Anlage K 1, im Folgenden: Klagepatent) geltend. Das Klagepatent wurde am 08.09.2011 – unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters DE 20201000XXXX U1 vom 09.09.2010 – angemeldet und die Anmeldung am 14.03.2012 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 19.06.2013 bekanntgemacht.

Das Klagepatent betrifft ein alarmgesichertes Zaunfeld und eine Zaunanlage. Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„1. Alarmgesichertes Zaunfeld, mit wenigstens einer Gittermatte, die zumindest teilweise aus dünnen Röhren und/oder Füllstäben gebildet ist, wobei zumindest in einer Teilmenge der Röhren elektrische und/oder optische Signalkabel eingezogen sind, wobei die Gittermatte durch wellenartig geformte Röhren und/oder Füllstäbe gebildet ist, und wobei horizontal und vertikal angeordnete Röhren und/oder Füllstäbe miteinander verflochten sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Gittermatte zumindest mit drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst ist, wobei mehrere Enden und/oder mehrere Kreuzungspunkte der horizontalen und vertikalen Röhren und/ oder Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sind.“

Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern dessen technische Lehre anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels:
Figur 1 zeigt eine aus mehreren Zaunfeldern bestehende Zaunanlage in frontaler Ansicht. Die Figuren 2, 3 und 5 zeigen – in teils perspektivischer Ansicht – eine erfindungsgemäße Gittermatte (20) mit eingesetzter Kammleiste (30) und Rahmenprofilen (10).

Die Klägerin zu 1) ist auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik tätig und bietet ihren Kunden eine Vielzahl unterschiedlicher Sicherheitstechniken und -dienstleistungen an. Zusammen mit ihren Tochterunternehmen A GmbH und B GmbH (vormals C GmbH) bildet sie die D-Gruppe. Die zum 28.08.2015 gegründete Klägerin zu 2) gehört ebenfalls der D-Gruppe an. Sie stellt her und vermarktet Sicherheitszäune unterschiedlichster Bauarten. Die Beklagte entwickelt und produziert seit 30 Jahren Produkte für den Perimeterschutz, insbesondere bietet sie Sicherheitszäune an.

Die Parteien korrespondierten im Hinblick auf das Klagepatent bereits im Zeitraum vom 11.09. bis 22.10.2015 über ihre jeweiligen patentanwaltlichen Vertreter miteinander, wobei der Schriftwechsel im Wesentlichen die Frage betraf, ob ein im September des Jahres 2009 im E von einer Drittfirma errichteter Zaun, der öffentlich zugänglich ist, die klagepatentgemäße Lehre neuheitsschädlich vorwegnimmt. Die Klägerin zu 1) forderte die Beklagte mit Schreiben vom 11.09.2015 unter Androhung der Erhebung einer Nichtigkeitsklage auf, auf das Klagepatent rechtsverbindlich zu verzichten oder ihr eine nichtausschließliche, unentgeltliche sowie zeitlich und räumlich unbegrenzte Lizenz einzuräumen. Dieses Ansinnen wies die Beklagte mit Schreiben ihrer Vertreter vom 25.09.2015 zurück, wobei das Schreiben mit nachfolgender Aussage endete:

„Sollte Ihre Mandantin übrigens daran interessiert sein, einen Zaun gemäß dem auf den Fotografien abgebildeten „System F“ zu produzieren, wird sich meine Mandantin dem jedenfalls nicht in den Weg stellen.“

Nachdem die Klägerin zu 1) die Beklagte mit Schreiben vom 07.10.2015 erneut zur Erteilung einer Lizenz an der klagepatentgemäßen Lehre aufgefordert hatte, endete die Korrespondenz ergebnislos mit Schreiben der Beklagten vom 22.10.2015. Die seitens der Klägerin zu 1) angedrohte Nichtigkeitsklage ist – trotz Nichterteilung einer Lizenz – bislang nicht erhoben worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schriftwechsels wird Bezug genommen auf das als Anlage K 2 zur Akten gereichte Anlagenkonvolut. Darüber ist die nähere Ausgestaltung des Zaunes „F“ den nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen Fotografien, die den Seiten 4 bis 7 der Klageschrift entnommen sind und die seitens der Klägerinnen mit Anmerkungen versehen wurden, zu entnehmen.

Die Klägerinnen teilten sich auf der Fachmesse G, die im Zeitraum vom 12. bis 14.01.2016 in H stattgefunden hat, einen gemeinsamen Messestand. Unter der Bezeichnung „I“ wurde dort ein von der Klägerin zu 2) entwickelter Sicherheitszaun ausgestellt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) und mit dem als Anlage K 3 zur Akte gereichten Flyer beworben. Nachfolgende Bilder, die dem seitens der Beklagten zur Akte gereichten Anlagenkonvolut RSH 6 entnommen sind, zeigen den ausgestellten Zaun:

Mit Schreiben vom 12.01. und 21.01.2016 (Anlagenkonvolut K 4) mahnte die Beklagte die Klägerin zu 1) wegen der Verletzung des Klagepatents durch Ausstellung des Zaunes „I“ ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. In Reaktion auf die Abmahnung sagten die Klägerinnen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu, den Zaun nicht weiter auszustellen. Am 13.01.2016 sandte die Beklagte zudem einen offenen Brief an die Redaktion der Fachzeitschrift „J“, in dem sie unter anderem auf eine aus ihrer Sicht 100%-ige Kopie ihres Zaunes durch die Klägerinnen hinwies. Wegen der weiteren Einzelheiten des Briefes wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen. Im Nachgang zur Messe korrespondierten die Parteien erneut, wobei die Klägerinnen die Abmahnung mangels Patentverletzung zurückwiesen und die Beklagte – letztlich erfolglos – aufforderten, rechtsverbindlich auf die geltend gemachten Ansprüche zu verzichten sowie ihnen die durch die aus ihrer Sicht unberechtigte Abmahnung entstandenen Kosten zu erstatten (Anlagenkonvolute K 6 und K 7).

Die Klägerinnen behaupten, Herstellerin und Ausstellerin des streitgegenständlichen Zauns sei allein die Klägerin zu 2) gewesen. Insoweit meinen sie, das Ausstellen auf einem gemeinsamen Messestand sei der Klägerin zu 1) nicht zuzurechnen, insbesondere da die beiden Klägerinnen unterschiedliche Geschäftsfelder betreuten und der auf der Messe verteilte Flyer auch allein die Klägerin zu 2) als Ausstellerin erkennen lasse.

Die Klägerinnen meinen, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Insbesondere seien bei ihr nur die beiden horizontalen Kantenbereich eingefasst und nicht – wie das Klagepatent vorsehe – mindestens drei Kantenbereiche. Auch seien etwaige zusätzliche Bauteile – wie insbesondere Teile des Pfostens – nicht Teil des beanspruchten Zaunfeldes mit der Folge, dass eine etwaige Einfassung des Gitterfeldes durch diese Teile nicht unter den Anspruchswortlaut fiele. Im Übrigen habe die Beklagte die Nutzung gegenüber den Klägerinnen gestattet.

Ferner sind die Klägerinnen der Auffassung, das Klagepatent werde sich im Rahmen einer von ihnen ggf. noch zu erhebenden Nichtigkeitsklage als nicht rechtsbeständig erweisen. Denn die angegriffene Ausführungsform mache von einer technischen Lösung Gebrauch, die in Form des System F vor dem Prioritätszeitpunkt allgemein bekannt gewesen sei. So sei die als D1 vorgelegte Broschüre der Firma K GmbH bereits am 08.03.2007 erstellt worden. In der Fachzeitschrift L sei im April 2010 der als Dokument D2 vorgelegte Artikel mit Abbildung eines entsprechenden Sicherheitszaunes erschienen. Die als Dokument D3 vorgelegte Schrift EP 1 098 XXX B1 sei am 20.08.2008 veröffentlicht worden. Im August 2008 sei darüber hinaus auch ein Katalog der Firma M GmbH mit Abbildungen entsprechender Zäune (Anlage K 9) veröffentlicht worden. Weiter fehle es insbesondere auch an einer erfinderischen Tätigkeit, da seit den 90er Jahren des letzten Jahrtausend Zäune bekannt gewesen seien, die über Gittermatten mit inkorporierten Sicherungsleitungen verfügt haben. Der einzige Unterschied zu den beanspruchten Zäunen sei, dass die jeweiligen Röhren verschweißt und nicht verflochten waren.

Nachdem die Klägerinnen die negative Feststellungsklage in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2017 für erledigt erklärt haben und die Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat, beantragen sie nunmehr,

festzustellen, dass die Klage in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Widerklagend beantragt die Beklagte,

I. die Klägerinnen zu verurteilen, es jeweils bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

ein alarmgesichertes Zaunfeld, mit wenigstens einer Gittermatte, die zumindest teilweise aus dünnen Röhren und/oder Füllstäben gebildet ist, wobei zumindest in einer Teilmenge der Röhren elektrische und/oder optische Signalkabel eingezogen sind, wobei die Gittermatte durch wellenartig geformte Röhren und/oder Füllstäbe gebildet ist, und wobei horizontal und vertikal angeordnete Röhren und/oder Füllstäbe miteinander verflochten sind, wobei die Gittermatte zumindest mit drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst ist, wobei mehrere Enden und/oder mehrere Kreuzungspunkte der horizontalen und vertikalen Röhren und/oder Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sind,

in Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei sich das Verbot des Herstellens nur gegen die Klägerin zu 2. richtet;

II. die Klägerinnen zu verurteilen, der Beklagten jeweils schriftlich in gegliederter Form Auskunft leisten und Rechnung legen über die in Ziff. I. bezeichneten Handlungen, und zwar durch folgende Angaben, jeweils unter Vorlage von Belegen:

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der von Lieferanten erhaltenen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Lieferanten,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, insbesondere der Einkaufspreise und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben der Klägerin zu 2. für Handlungen seit 29.08.2015 und die Angaben der Klägerin zu 1. gemäß e) für Handlungen ab 19.07.2013 und im Übrigen für Handlungen ab 14.03.2012 zu machen sind;

III. festzustellen, dass die Klägerinnen jeweils verpflichtet sind, der Beklagten jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch in Ziff. I. bezeichneten Handlungen der jeweiligen Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, und zwar im Falle der Klägerin zu 1. durch Handlungen seit 19.07.2013 und im Falle der Klägerin zu 2. durch Handlungen seit 29.08.2015;

IV. festzustellen, dass die Klägerin zu 1. verpflichtet ist, der Beklagten eine Entschädigung nach Handlungen der Klägerin zu 1. gemäß Ziff. I. zwischen 14.03.2012 und 18.07.2013 zu bezahlen;

V. die Klägerin zu 1. zu verurteilen, an die Beklagte EUR 7.559,00 zu zahlen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte meint, auch die Klägerin zu 1) sei passivlegitimiert, da der gemeinschaftlich mit der Klägerin zu 2) genutzte Messestand keine klare räumliche Trennung der beiden Aussteller aufgewiesen habe. Auch sei der streitgegenständliche Zaun vor einer Säule ausgestellt worden, auf der sowohl das Firmenschlagwort der Klägerin zu 1) wie auch das Firmenschlagwort der Klägerin zu 2) angebracht gewesen seien. Daneben sei der Zaun im Messeverzeichnis als ein Produkt der D GmbH beworben worden und Herr N habe einem Mitarbeiter der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in einem Gespräch über den Zaun am 13.01.2016 seine ihn als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ausweisende Visitenkarte übergeben. Schließlich habe die Klägerin zu 1) mit ihrem Antwortschreiben vom 13.01.2016 auf die Abmahnung eingeräumt, den Zaun ausgestellt zu haben.

Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die technische Lehre des Klagepatents wortsinngemäß. Insbesondere würden die an den vertikalen Enden der Gitterfelder vorgesehenen Leisten in Verbindung mit den entsprechenden Zaunpfosten im montierten Zustand einen Rahmen im Sinne des Klagepatents bilden. Daher unterscheide sich die angegriffene Ausführungsform von dem vorbekannten System F, bei welchem keine einzelnen Zaunfelder und somit auch keine vertikal eingefassten Kantenbereiche vorhanden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Widerklage hat in der Sache weit überwiegend Erfolg.

I.
Die Klage gerichtet auf Feststellung der Nichtverletzung ist in der Hauptsache erledigt. Erledigendes Ereignis stellt die Erhebung der Leistungsklage – vorliegend in Form der am 06.07.2016 erhobenen (Verletzungs-)Widerklage – dar. Eine negative Feststellungsklage ist grundsätzlich subsidiär gegenüber einer positiven Leistungs(wider)klage umgekehrten Rubrums (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl., Kapitel G., Rn. 23ff.; BGH GRUR 2006, 217, 218 – Detektionseinrichtung I).

II.
Die Widerklage ist weit überwiegend begründet.
1.
Das Klagepatent betrifft ein alarmgesichertes Zaunfeld und eine Zaunanlage, die zur Sicherung von Freigeländen eingesetzt werden.

Aus dem Stand der Technik sind, wie das Klagepatent einleitend (Absatz [0003]) darstellt, Gitterstabmatten für Zäune bekannt, bei denen sich horizontale und vertikale Füllstäbe kreuzen, die an ihren Kreuzpunkten miteinander verschweißt sind. Zumindest eine Teilmenge der Füllstäbe ist dabei innen hohl ausgebildet, damit ein Signalkabel zur Erkennung von Durchtrennungen bzw. Verformungen der Stäbe eingezogen werden kann.

Die FR 2546427 A1 offenbart eine zur Signalerfassung geeignete Gittermatte (Absatz [0004]), die aus Längs- und Querstäben gebildet ist, die miteinander verflochten sind. Teile dieser Stäbe sind als Röhrchen ausgebildet, in welche Signalkabel eingezogen werden können. Die Signalkabel werden in den Randbereichen in einer Schleife heraus- und dann in einem benachbarten Längs- oder Querstab weitergeführt. An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass eine Einfassung der Gittermatte nicht offenbart ist und daher entsprechende Einfassungen individuell hergestellt werden müssen. Dabei muss auch Platz für die Schlaufen der Signalkabel geschaffen werden.

Generell an den aus dem Stand der Technik bekannten Zäunen kritisiert das Klagepatent (Absatz [0005]), dass eine Anpassung an Geländeneigungen nur schwer möglich ist, da an Steigungen des Geländes Zaunfelder allenfalls in abgetreppter Weise angeordnet werden können. Dafür muss zum Einen die Höhe der Zaunpfosten oberhalb des Bodenniveaus höher sein als bei Zäunen im ebenen Gelände. Zum Anderen müssen auch die Zaunfelder entsprechend höher sein, damit keine Lücken im unteren Bereich entstehen. Dies hat aber zur Folge, dass – neben einer optischen Beeinträchtigung durch Stufenbildungen – das Zaunfeld teilweise eingegraben werden muss.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik formuliert es das Klagepatent in Absatz [0006] als technische Aufgabe, ein Zaunfeld bereitzustellen, dass eine Anpassung an Geländeneigungen erlaubt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor

A. Alarmgesichertes Zaunfeld,
B. mit wenigstens einer Gittermatte, die zumindest teilweise aus dünnen Röhren und/oder Füllstäben gebildet ist,
C. wobei zumindest in einer Teilmenge der Röhren elektrische und/oder optische Signalkabel eingezogen sind,
D. wobei die Gittermatte durch wellenartig geformte Röhren und/oder Füllstäbe gebildet ist,
E. und wobei horizontal und vertikal angeordnete Röhren und/oder Füllstäbe miteinander verflochten sind,
F. wobei die Gittermatte zumindest mit drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst ist,
G. wobei mehrere Enden und/oder mehrere Kreuzungspunkte der horizontalen und vertikalen Röhren und/oder Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sind.

2.
Zwischen den Parteien steht – zu Recht – allein die Verwirklichung der Merkmale F. und G. im Streit. Auch diese Merkmale sind indes durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.

a)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal F., gemäß dem die Gittermatte des klagepatentgemäßen Zaunfeldes zumindest mit drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst ist.

1)
Nach Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Die Auslegung der Patentansprüche dient nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maßgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln (vgl. BGH GRUR 2002, 515ff. – Schneidmesser I m.w.N.).

Gemäß Merkmal B. des Anspruchs 1 besteht das beanspruchte Zaunfeld aus wenigstens einer aus dünnen Röhren und/oder Füllstäben gebildeten Gittermatte. Die erfindungswesentliche Ausgestaltung der Gittermatte wird in den Merkmalen C. bis G. näher beschrieben. Danach sind zumindest in einem Teil der Röhren/Füllstäbe elektrische und/oder optische Signalkabel eingezogen (Merkmal C.) und die Röhren bzw. Füllstäbe sind wellenartig geformt (Merkmal D.) sowie miteinander verflochten (Merkmal E.). Zudem muss die Gittermatte mit zumindest drei ihrer Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst (Merkmal F.) und mehrere Enden und/oder Kreuzungspunkte der miteinander verflochtenen Röhren/Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sein.

Der Fachmann entnimmt dem Merkmal F., dass eine anspruchsgemäße Gittermatte daher an mindestens drei Seiten einen Rahmen aufweisen muss. Da ein rechteckiges Zaunfeld insgesamt nur vier Kantenbereiche aufweist, bedeutet dies, dass entweder die beiden horizontalen Kanten und mindestens eine vertikale Kante oder die beiden vertikalen Kanten und mindestens eine horizontale Kante in einem Rahmen eingefasst sein müssen. Aus der Zahlangabe von „zumindest drei“ erkennt der Fachmann auch, dass weniger als drei eingefasste Kanten nicht vom Anspruch umfasst sein sollen.

Im Gegensatz zu der konkreten Anzahl der Kanten, die eingefasst sein müssen, macht der Anspruch 1 hingegen keine Vorgaben dazu, wie die Kanteneinfassung ausgestaltet sein muss. Dem Wortlaut des Merkmals F. ist einzig zu entnehmen, dass die Kantenbereiche in einem Rahmen eingefasst sein müssen. Nähere Angaben zur Ausgestaltung des Rahmens macht der Anspruch nicht. Solche Angaben zur Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Rahmens sind auch nicht dem mit Merkmal F. zusammenwirkenden Merkmal G. zu entnehmen, das lediglich davon spricht, dass in dem Rahmenprofil mehrere Enden der horizontalen und/oder vertikalen Röhren/Füllstäbe festgelegt sind. Mangels Angaben zur Ausgestaltung des Rahmens überlässt das Klagepatent dem Fachmann die Art und Weise der Ausgestaltung des Rahmens, etwa einstückig oder aus mehreren eigenständigen Teilen.

Ferner lässt es das Klagepatent offen, ob die Teile des Rahmens einzig zur Einfassung der Kantenbereiche oder auch zur Verbindung einzelner Gittermatten herangezogen werden können. Anspruch 1 hat lediglich ein Zaunfeld, das aus wenigstens einer Gittermatte gebildet wird, zum Gegenstand. Zur Verbindung einzelner Gittermatten zu einem Zaunfeld macht der Anspruch 1 hingegen keine Angaben. Ein Zaunpfosten als Verbindungselement ist nicht Gegenstand des Anspruchs 1, sondern allein Gegenstand des (Unter-)Anspruchs 12, der eine Zaunanlage bestehend aus zwei Zaunpfosten nebst Zaunfeld umfasst. Insoweit vermag der Fachmann dem Anspruch 1 keinen Hinweis darauf zu entnehmen, dass ein Zaunpfosten (im Zusammenwirken mit weiteren Teilen) zwingend auch Bestandteil eines Zaunfeldes nach Anspruch 1 sein muss. Entsprechend stellt der Anspruch 1 die Verbindung einzelner Zaunfelder in das Belieben des Fachmanns, der erkennt, dass eine Verbindung auch mittels Bestandteilen des Rahmens erfolgen kann.

Denn Sinn und Zweck der Einfassung der Gittermatte ist es, die einzelnen Röhren/Füllstäbe, die im Rahmen der Montage noch beweglich sind, derart zu stützen bzw. festzulegen, dass sie im montierten Zustand gegen jedweden Eingriff (Verformung, Herausziehen, etc.) geschützt sind. Der Fachmann erkennt daher, dass es möglich ist, die erfindungsgemäße Gittermatte zunächst an mindestens drei Seiten mit einem aus separaten Einzelteilen bestehenden Rahmen einzukleiden und die Gittermatten sodann miteinander zu verbinden, sei es mittels eines Zaunpfostens oder auf andere Weise. So besteht auch die Möglichkeit, einen Zaunpfosten und etwaige weitere Einzelteile – wie etwa Verkleidungsteile – derart auszugestalten, dass diese die Enden der Gittermatte aufnehmen und nach Montage der Teile insoweit einen (geschlossenen) Rahmen bilden. Weiterhin soll der Rahmen auch die in den Röhren/Füllstäben verlaufenen Signalkabel, die am Ende der Röhren/Füllstäbe in Schlaufen herauslaufen, vor Eingriffen schützen. Dafür ist es jedoch unerheblich, ob der Rahmen auch Bestandteil der Verbindung der Gittermatten ist. Gegen dieses Verständnis kann auch nicht die Fig. 10 des Klagepatents angeführt werden, die eine Ausgestaltung zeigt, bei der die Gittermatte mit einem separaten Rahmen eingefasst ist, der dann an dem Zaunpfosten befestigt wird. Denn grundsätzlich erläutern Ausführungsbeispiele die technische Lehre einer Erfindung, sie könne diese hingegen nicht einengen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel A, Rn. 24).

Gestützt wird diese Sichtweise auch durch die Beschreibung des Klagepatents, die gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ für die Auslegung des Patenanspruchs heranzuziehen ist. Innerhalb der allgemeinen Erfindungsbeschreibung führt das Klagepatent in Absatz [0012] aus:

„Erfindungswesentlich ist weiterhin, dass die Gittermatte zumindest mit wenigstens drei ihrer Kantenbereiche in dem durch ein insbesondere U-förmiges Rahmenprofil gebildeten Rahmen eingefasst ist, wobei der Randbereich der horizontalen und vertikalen Röhren bzw. Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt ist.“

Weiter führt es in Absatz [0014] aus:

„Indem sichergestellt wird, dass zumindest einige Kreuzungspunkte der Röhren oder Füllstäbe so im Rahmenprofil befestigt sind, dass sie nicht mehr herausgezogen werden können, ist die gesamte Gittermatte vordem Herausziehen aus dem Rahmen geschützt.“

Dem entnimmt der Fachmann, dass der Rahmen bzw. das Rahmenprofil die Röhren/Füllstäbe derart fest umfassen soll, dass eine Bewegung der einzelnen Röhren/Füllstäbe nicht mehr möglich ist. Angaben zur Ausgestaltung des Rahmens werden hingegen nicht gemacht.

2)
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur Auslegung ist eine Verwirklichung des Merkmals F. durch die angegriffene Ausführungsform vorliegend schlüssig vorgetragen.

Die Klägerin selbst hat in der Klageschrift vorgebracht, dass die vertikalen Enden der Gittermatte des streitgegenständlichen Zauns zwar nicht von einem separaten Rahmen eingefasst sind, diese Enden aber von einer die einzelnen Röhren/Stäbe formschlüssig umgreifenden Leiste umfasst werden und die Leiste dann an den Zaunpfosten befestigt wird. Insoweit bilden die Leiste und der Pfosten gemeinsam einen Rahmen, der die vertikalen Kanten der Gittermatte einfasst.

b)
Die angegriffenen Ausführungsformen machen auch Gebrauch vom Merkmal G, gemäß dem mehrere Enden und/oder mehrere Kreuzungspunkte der horizontalen und vertikalen Röhren und/oder Füllstäbe in dem Rahmenprofil festgelegt sind.

Unter Berücksichtigung der zuvor unter Ziffer II.2.a)1) gemachten Ausführungen ist auch das Merkmal G. so auszulegen, dass das Rahmenprofil, welches die jeweiligen Kantenbereiche derart umfasst, dass die „losen“ Enden der Röhren bzw. Füllstäbe der Gittermatte festgelegt sind, auch durch solche Teile gebildet werden kann, die Teil des Zaunfeldes sind, vorliegend insbesondere die Zaunpfosten. Denn auch das Merkmal G. enthält – ebenso wie das Merkmal F. – keine Beschränkungen im Hinblick auf die Ausgestaltung des Rahmenprofils. Insoweit ist die Leiste bei der angegriffenen Ausführungsform, die zusammen mit dem entsprechenden Zaunpfosten den (vertikalen) Rahmen bildet, derart ausgestaltet, dass sie die Röhren/Füllstäbe formschlüssig umschließt und so dafür sorgt, dass diese festgelegt sind, d.h. nicht bzw. nur durch erheblichen Kraftaufwand bewegt werden können.

3.
Die Klägerin zu 2) ist als unstreitige Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform passivlegitimiert. Aber auch die Klägerin zu 1) ist passivlegitimiert. Denn sie hat die patentierte Erfindung durch Ausstellung auf dem mit der Klägerin zu 2) gemeinsamen Messestandes in eigener Person i.S.v. § 9 PatG benutzt.

a)
Die angegriffene Ausführungsform ist auf dem gemeinsamen Messestand der Klägerinnen auf der Fachmesse G 2016 im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG durch Ausstellung des Zaunes angeboten worden.

Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221, 222 – Simvastin; OLG Düsseldorf GRUR 2004, 417, 419 – Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 20.12.2012, Az. I-2 U 89/07). Der Begriff des Anbietens ist rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016, Az. I-2 U 19/16; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13; Kühnen, a.a.O., Kapitel A, Rz. 223). Es ist daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Schulte/Rinken/Kühnen, Kommentar zum Patentgesetz, 9. Auflage, § 9, Rz. 55). Nach geltendem Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten grundsätzlich auch nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektrische Geräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016, Az. I-2 U 19/16; OLG Düsseldorf, InstGE 2, 125 128 f. – Kamerakupplung II; Urt. v. 20.12.2012, Az.: I-2 U 89/07 – Elektronenstrahl-Therapiergerät; OLG Karlsruhe GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte). Ebenso kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (OLG Düsseldorf GRUR 2004, 417, 418 – Cholesterinspiegelsenker; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O.).

Daher ist das Ausstellen von Waren auf einer inländischen Fachmesse ein Anbieten im Sinne dieser Vorschrift, soweit es sich nicht ausnahmsweise um die Teilnahme an einer reinen Leistungsschau handelt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016, Az. I-2 U 19/16; Kühnen, a.a.O., Kapitel A, Rn. 232; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 9, Rz. 54). Zweck des § 9 PatG ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Davon ausgehend ist für ein „Anbieten“ im Sinne von § 9 PatG maßgeblich, dass mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016, Az. I-2 U 19/16; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az.: I-2 U 42/13). Genau dies geschieht jedoch regelmäßig auf einer Fachmesse: Die Aussteller verfolgen mit ihren Präsentationen den Zweck, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie präsentieren ihre Produkte in der Erwartung, dass sie von den Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen ist bestimmt und dazu geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogene Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen, was für ein Anbieten gemäß § 9 PatG ausreicht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016, Az. I-2 U 19/16;).

b)
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin zu 1) – neben der Klägerin zu 2) – die angegriffene Ausführungsform durch ihre gegenständliche Präsentation auf der Messe G 2016 in H im Inland angeboten.

Wie die nachfolgend eingeblendete Abbildung verdeutlicht, konnte der streitgegenständliche Zaun auf dem gemeinsamen Messestand der Klägerinnen durch Besucher besichtigt werden; eines zwingenden Verkaufsgesprächs mit einem der Mitarbeiter der Klägerinnen bedurfte es offenbar nicht. Anderweitiges behaupten auch die Klägerinnen nicht.

Soweit die Klägerin zu 1) darauf verweist, dass der auf der Messe verteilte Flyer (Anlage K 3) allein die Klägerin zu 2) als Herstellerin ausweist, rechtfertigt dieser Umstand für sich allein genommen noch nicht die Annahme, die Klägerin zu 1) habe mit der Ausstellung des Zauns nichts zu tun. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es auf dem gemeinsamen Messestand der Klägerinnen keine räumliche oder sonstwie geartete Trennung zwischen den jeweiligen Produkten der Klägerinnen gegeben hat. Auf dem unmittelbar hinter dem Zaun zu sehenden Standschild sind auch beide Firmenschlagwörter der Klägerinnen (D 24 für die Klägerin zu 1) und A für die Klägerin zu 2)) zu erkennen. Darüber hinaus hat die Beklagte – von den Klägerinnen unwidersprochen und somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen – vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Klägerinnen, Herr N, einem Mitarbeiter der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 13.01.2016 in einem Gespräch über den Zaun eine Visitenkarte übergeben hat, die ihn als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ausweist. Aus Sicht eines unbefangenen Standbesuchers stellte das Ausstellen des Zauns auf dem Stand der Klägerinnen somit ein Angebot beider Firmen dar.

4.
Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Die Kammer vermochte nach dem Vortrag der Klägerinnen nicht festzustellen, dass die Voraussetzung für das Bestehen eines Vorbenutzungsrechts nach § 12 PatG vorliegen. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 PatG tritt die Wirkung eines Patents gegen denjenigen nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 PatG befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Vorbenutzungsrechts obliegt den Klägerinnen, da ihnen solches Recht ihrer Rechtsverteidigung zugute kommt. (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E, Rn. 447). Die Klägerinnen haben nicht vorgetragen, dass der – unstreitig vor dem Prioritätszeitpunkt aufgestellte – Zaun in E von ihnen stammt und sie daher in Erfindungsbesitz waren.

5.
Die Klägerinnen können sich weiterhin auch nicht auf eine ihnen durch die Beklagte erteilte Genehmigung berufen.

Zwar haben die damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Klägerinnen in ihrem Schreiben vom 25.09.2015 (Anlagenkonvolut K 2) gegenüber der Klägerin zu 1) ausgeführt:

„Sollte Ihre Mandantin übrigens daran interessiert sein, einen Zaun gemäß dem auf den Fotografien abgebildeten „System F“ zu produzieren, wird sich meine Mandantin dem jedenfalls nicht in den Weg stellen.“

Darin dürfte jedoch keinesfalls die Genehmigung in der Benutzung der klagepatentgemäßen Lehre zu sehen sein. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Zaun nach dem System F nicht über die in den Merkmalen F. und G. beschriebenen Besonderheiten verfügt. Der Prozessvertreter der Klägerinnen hat in der mündlichen Verhandlung nochmals explizit klargestellt, dass der Zaun F – wie auch auf den seitens der Klägerinnen vorgelegten Fotografien (im Hinblick auf die obere horizontale Kante) zu erkennen ist – nur an den beiden horizontalen Kanten mit einem Rahmen eingefasst ist. Die beiden vertikalen Enden der Gittermatte beim Zaun F sind hingegen – wie die von den Klägerinnen eingereichte Nahaufnahme des Zauns erkennen lässt – nur mittels einer flachen Leiste am Zaunpfosten befestigt und daher nicht gegen etwaige Verformungen geschützt. Dies hat zur Folge, dass es beim Zaun F an einer klagepatentgemäßen Einfassung von mindestens drei Kantenbereichen fehlt. Entgegen der Behauptungen der Klägerinnen handelt es sich bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht um einen Nachbau des Zauns F, da auf den seitens der Beklagten zur Akte gereichten Fotografien der angegriffenen Ausführungsform eindeutig zu erkennen ist, dass sowohl die untere horizontale Kante wie auch die beiden vertikalen Kanten von einem Rahmen(profil) derart umfasst sind, dass eine Verformung der Gitterstäbe ausgeschlossen ist. Gerade in dieser Einfassung der vertikalen Kanten unterscheidet sich der Zaun F aber von der klagepatentgemäßen Lehre.

Mangels Durchgreifen der vermeintlichen Genehmigung braucht vorliegend die Frage, ob die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt überhaupt mit Rechtsbindungswillen gehandelt hat, nicht entschieden zu werden.

6.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen:

a)
Da die Klägerinnen das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.

b)
Die Klägerinnen trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Denn die Klägerinnen als Fachunternehmen hätten bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schuldet die Klägerinnen daher Ersatz des Schadens, welcher der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die Klägerin zu 2) am 28.08.2015 gegründet wurde, schuldet sie Ersatz des Schadens erst ab dem 29.08.2015. Ferner schuldet die Klägerin zu 1) der Klägerin gemäß Art. II § 1 IntPatÜbkG für die von ihr in der Zeit zwischen Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents und seiner Erteilung verübten Benutzungshandlungen eine angemessene Entschädigung. Dem Benutzer ist jedoch grundsätzlich ein Prüfungszeitraum von einem Monat ab Offenlegung der Anmeldung zuzubilligen mit der Folge, dass die Beklagte vorliegend Entschädigung erst ab dem 14.04.2012 verlangen kann (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel D., Rn. 343 m.a.N.). Da die genaue Schadensersatzhöhe sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung derzeit noch nicht feststehen, die Beklagte nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Klägerinnen hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.

c)
Um die Beklagte in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, sind die Klägerinnen verpflichtet, im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen, § 140b PatG i.V.m. § 242 BGB.

d)
Schließlich kann die Beklagte die ihr entstandenen Kosten für die Abmahnung nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel C., Rn. 41) ersetzt verlangen. Soweit die Beklagte in ihren Anträgen Ersatz von Aufwendungen in Höhe vom 7.559,00 EUR verlangt, ergibt sich aus der Begründung der Widerklage, dass es sich hierbei um einen Tippfehler handelt, da die Beklagte insgesamt nur 7.519,00 EUR begehrt.

7.
Mangels Erhebung einer Nichtigkeitsklage ist eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht geboten. Denn eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens nach § 148 ZPO kommt nur dann überhaupt in Betracht, wenn – und solange – ein Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens anhängig ist, da das Verletzungsgericht an den amtlichen Erteilungsakt gebunden ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kapitel E., Rn. 591; BGH GRUR 2004, 710f. – Druckmaschinen-Temperierungssystem). Ohne ein laufendes, den Rechtsbestand des Klagepatents angreifendes Verfahren gibt es keinen Anlass, das Verletzungsverfahren auszusetzen.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Mit Blick auf den Erfolg der Widerklage steht fest, dass die negative Feststellungklage gerichtet auf Feststellung, dass die Klägerinnen durch Anbieten des streitgegenständlichen Zauns das Klagepatent nicht verletzen, von Anfang an keinen Erfolg gehabt hätte mit der Folge, dass die Feststellungsklage unbegründet war.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.