4a O 68/10 – Ultraschallsensor

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1447

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Mai 2010, Az. 4a O 68/10

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht Mülheim zu dem Aktenzeichen 100/07 206 AG hinterlegten Betrages von 39.300,00 EUR zzgl. 19 % USt., insgesamt also 46.767,00 EUR zzgl. Hinterlegungszinsen in Höhe von 1/1000stel von 46.767,00 EUR pro Monat gemäß § 8 Hinterlegungsordnung an den Beklagten zur Insolvenzmasse der A GmbH zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages und für den Beklagten in Höhe von 60.000,00 EUR. Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin stand mit der A GmbH (nachfolgend: die Schuldnerin) über verschiedene Lizenzverträge in Geschäftsbeziehung. Ursprünglich war die Schuldnerin Inhaberin verschiedener technischer Schutzrechte. Mit auf den 01.08.2002, 01.05.2003 und 18.02.2004 datierten Kaufverträgen erwarb die Klägerin von der Schuldnerin ein europäisches Patent und zwei Gebrauchsmuster beziehungsweise Gebrauchsmusteranmeldungen. Die Gültigkeit der Kaufverträge hing von zugleich abgeschlossenen Lizenzverträgen ab, mit denen die Klägerin der Schuldnerin Lizenzen an den entsprechenden Schutzrechten einräumte. Wegen des Inhalts der Kaufverträge wird auf die vorgelegten Kopien (Blatt 123 bis 134 der Akte) Bezug genommen. Die Lizenzverträge sind nicht vorgelegt worden.

Am 03.03.2004 meldete die Klägerin das Gebrauchsmuster DE 20 2004 003 XXX U1 an, das einen manipuliersicheren Ultraschallsensor zur Sicherung des Rückraums von Kraftfahrzeugen zum Gegenstand hatte. Das Gebrauchsmuster wurde am 06.05.2004 im Register eingetragen. Die dem Gebrauchsmuster zugrundeliegende Technik war vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Schuldnerin, Hans-Hubert D, im Hause der Schuldnerin entwickelt worden. Die Kosten der Gebrauchsmusteranmeldung trug die Klägerin. Mit Lizenzvertrag vom 05.03.2004 räumte sie der Schuldnerin für dieses Gebrauchsmuster eine Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von Sensor-Sicherungsystemen für Abfallsammelfahrzeuge ein. Als Gegenleistung der Schuldnerin war eine Einmalzahlung von 15.000.00 EUR und eine Stücklizenz von 400,00 EUR vereinbart.

Im Laufe des Jahres 2005 gab die Schuldnerin den Geschäftsbereich Kompressortechnik auf, der für über 90 % der Umsatzerlöse der Schuldnerin verantwortlich war. Das entsprechende Anlagevermögen übertrug sie der B GmbH aufgrund eines am 14.11.2005 geschlossenen Mietkaufvertrages. Unter anderem war in dem Vertrag vereinbart, dass die Schuldnerin ihrer Vertragspartnerin den Mietgegenstand für eine Grundmietzeit von drei Jahren – beginnend am 15.11.2005 – gegen Zahlung eines jährlichen Mietzinses von 39.300,00 EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer zur Nutzung überließ. Die Mietzahlungen waren jährlich im voraus bis zum 15.11. eines jeden Jahres fällig.

Im Laufe des Jahres 2006 waren aus den Lizenzverträgen der Jahre 2004 und 2005 offene Forderungen der Klägerin gegen die Schuldnerin aufgelaufen. In Gesprächen zwischen dem Verwaltungsratspräsidenten der Klägerin, Herrn C, und dem für die kaufmännische Abwicklung zuständigen Mitarbeiter der Schuldnerin, Herrn Manfred D, gestand die Klägerin der Schuldnerin zu, die offenen Lizenzforderungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Geschäftsentwicklung zu stunden und bis zum Ende des Jahres 2006 zurückzuführen. Daraufhin leistete die Schuldnerin im Jahr 2006 Lizenzzahlungen, deren Höhe zwischen den Parteien streitig ist.

Im November 2006 erklärte Herr Manfred D in einem Telefonat mit der Klägerin, dass die Schuldnerin für das letzte Quartal 2006 erwartete Kundenaufträge erst im Jahr 2007 realisieren könne. Er bat darum, die weiteren offenen Forderungen – derzeit 125.600,00 EUR – zu stunden. Mit Schreiben vom 04.12.2006 forderte die Klägerin von der Schuldnerin wörtlich „zur Abwendung gerichtlicher Beitreibungsschritte ultimativ eine dingliche Absicherung des Forderungsbestandes“ (Anlage HWH 7, Blatt 100 der Akte). Daraufhin fanden zwischen dem damaligen Verwaltungsratspräsidenten der Klägerin, Hans-Peter C, und Herrn Manfred D Verhandlungen statt.

Herr D teilte mit, dass im Jahr 2007 ein Zahlungseingang in Höhe von 90.000,00 EUR erwartet werde und die Mietforderung gegen die B GmbH in Höhe von 39.300,00 EUR im November 2007 fällig sei. Er bot an, die Mietzinsforderung gegen die B GmbH der Klägerin an Erfüllungs statt abzutreten. Damit war die Klägerin einverstanden. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 23.01.2007 vereinbarten die Klägerin und die Schuldnerin, dass die Schuldnerin zur Erfüllung der Zahlungspflichten aus den Lizenzverträgen die am 15.11.2007 fällige Mietzinsforderung gegen die B GmbH in Höhe von 36.300,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer der Schuldnerin abtritt. Die Abtretung der Forderung wurde der B GmbH am gleichen Tage angezeigt.

Am 29.06.2007 stellte die A GmbH Insolvenzantrag. Mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 25.07.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. In der Folgezeit forderten sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte von der B GmbH aufgrund der am 15.11.2007 fälligen Forderung Zahlung von 39.300,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer an sich. Daraufhin hinterlegte die B GmbH den Betrag am 14.11.2007 beim Amtsgericht Mülheim a. d. Ruhr zur Hinterlegungssache 100/07 206-AG Mülheim/Ruhr unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme.

Die Parteien verlangen mit der Klage und der Widerklage wechselseitig die Freigabe des hinterlegten Betrages. Der Beklagte fordert zudem die Rückgewähr von Lizenzzahlungen und diesbezügliche Auskunft. Er macht mit dem Widerklageantrag zu 1) die Anfechtbarkeit der Abtretung der Mietforderung geltend. Weiterhin hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.11.2009 die Übertragung der Rechte an der Erfindung „manipuliersicherer Ultraschalsensor“ angefochten. Außerdem hat er mit dem Schriftsatz vom 04.02.2010 die Anfechtung der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.07.2009 vorgelegten Kaufverträge und der dazu gehörenden Lizenzverträge erklärt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Abtretung der Mietforderung sei nicht anfechtbar, weil die Schuldnerin weder überschuldet noch zahlungsunfähig gewesen sei. Dazu trägt sie vor, eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit sei ihr – der Klägerin – nicht bekannt gewesen. Ebenso wenig habe sie Kenntnis von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt. Sie habe die Bilanzen der Schuldnerin – das ist unstreitig – nicht gekannt. Aus diesen ergebe sich aber weder die Zahlungsunfähigkeit, noch eine Überschuldung der Schuldnerin. Im Jahr 2006 sei die Schuldnerin weiterhin geschäftlich aktiv gewesen und habe im hohen Umfang Verbindlichkeiten zurückgeführt. Forderungen der Klägerin in Höhe von 148.400,00 EUR, davon Lizenzforderungen in Höhe von 102.400,00 EUR, seien getilgt worden. Das Schreiben vom 04.11.2006 gehe auf das Drängen ihres Steuerberaters zurück, den Forderungsbestand abzusichern. Während der Verhandlungen zwischen ihr und der Schuldnerin über die Stundung der Lizenzforderungen sei von einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit keine Rede gewesen. In dem Gespräch mit Herrn Manfred D habe dieser erklärt, die Schuldnerin arbeite auf dem Kontokorrent zwar mit Guthaben, wolle mit dem Guthaben aber Auftragsvorfinanzierungen ohne Inanspruchnahme von Bankkrediten vornehmen. Es sei ausdrücklich versichert worden, dass nur die Klägerin Hauptgläubigerin sei und alle übrigen Verbindlichkeiten ordnungsgemäß getilgt und zurückgeführt worden seien. Tatsächlich seien neben der Klägerin keine nennenswerten Gläubiger vorhanden gewesen. Diese seien im Übrigen bevorzugt befriedigt worden.

Zur Anfechtung der Kauf- und Lizenzverträge trägt die Klägerin vor, dass die Schuldnerin für die Übertragung der Schutzrechte insgesamt 44.000,00 EUR gezahlt habe. Der Kaufpreis und die Lizenzgebühren seien angemessen gewesen. Zum Verkauf der Schutzrechte habe sich die Schuldnerin entschlossen, um die Kosten für ihre Aufrechterhaltung und die Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen zu verringern. Mit den Lizenzverträgen handele es sich um klassisches Sale-and-Lease-Back.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Freigabe des beim Amtsgericht Mülheim zu dem Aktenzeichen 100/07 206 AG hinterlegten Betrages von 39.300,00 EUR zzgl. 19 % MWSt., insgesamt also 46.767,00 EUR zzgl. Hinterlegungszinsen in Höhe von 1/1000stel von 46.767,00 EUR pro Monat gemäß § 8 Hinterlegungsordnung an den Kläger zu bewilligen;

2. den Beklagten zu verurteilen, ihr aus 46.767,00 EUR Verzugszinsen zu zahlen in Höhe von 3,8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit vermindert um den nach der Hinterlegungsordnung angelaufenen Zinsbetrag;

3. den Beklagten zu verurteilen, ihr 1.379,80 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 3,8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise ihr nachzulassen, eine etwaige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden zu dürfen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt der Beklagte,

1. die Klägerin zu verurteilen, die Freigabe des beim Amtsgericht Mülheim zu dem Aktenzeichen 100/07 206 AG hinterlegten Betrages von 39.300,00 EUR zzgl. 19 % USt., insgesamt also 46.767,00 EUR zzgl. Hinterlegungszinsen in Höhe von 1/1000stel von 46.767,00 EUR pro Monat gemäß § 8 Hinterlegungsordnung an den Beklagten zur Insolvenzmasse der A GmbH zu bewilligen;

2. die Klägerin zu verurteilen,

a) ihm Auskunft zu erteilen über die Höhe der von der Schuldnerin an sie geleisteten Lizenzzahlungen für das Schutzrecht mit der Anmeldenummer 20 2004 00 348.7 unter Angabe des Datums und des Betrags der jeweiligen Zahlungen,

b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern,

c) an ihn zur Insolvenzmasse eine Zahlung zu leisten in nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmender Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2006;

hilfsweise für den Fall, dass der Widerklageantrag zu 1) abgewiesen wird:

3. die Klägerin zu verurteilen, die ihr am 23.01.2007 von der A GmbH abgetretene Forderung auf Zahlung von Mietzins gegen die B GmbH, Mülheim an der Ruhr, auf Zahlung von 39.300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer an ihn abzutreten.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Schuldnerin sei bereits Ende des Jahres 2006 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Dies gehe aus den Bilanzen der Schuldnerin hervor. Ende 2006 habe die formelle Überschuldung nur aufgrund einer Rangrücktrittserklärung des Gesellschafter-Geschäftsführers für ein Darlehen beseitigt werden können. Durch die Übertragung des Bereichs Kompressortechnik sei die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin zum Erliegen gekommen. Die Lizenzgebühren seien vom Jahr 2005 zum Jahr 2006 massiv gesunken. Im Jahr 2006 seien Lizenzzahlungen von lediglich 4.050,00 EUR erfolgt. Die Mietforderung gegen die B GmbH sei im Zeitpunkt ihrer Abtretung der einzige der Schuldnerin verbliebene werthaltige Gegenstand gewesen. Die Klägerin habe von der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin Kenntnis gehabt. Aus Gesprächen und der Korrespondenz mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin sei der Klägerin bekannt gewesen, dass die Schuldnerin ihr und Dritten gegenüber erhebliche Verbindlichkeiten gehabt habe, die sie nicht habe zurückführen können, weil der Betrieb eingestellt worden sei. Ebenso sei der Klägerin bekannt gewesen, dass die Schuldnerin durch die Abtretung der Mietforderung eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger bewusst in Kauf nehme.

Zum Widerklageantrag zu 2) und zur Anfechtung der Übertragung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 vertritt der Beklagte die Ansicht, es handele sich um eine unentgeltiche Leistung der Schuldnerin. Daher seien ihr die Lizenzzahlungen zurückzugewähren. Da sie aber vom Umfang der Zahlungen keine Kenntnis habe, sei die Klägerin als Anfechtungsgegnerin und Empfängerin der Zahlungen zur Auskunft verpflichtet.

Zum Hilfswiderklageantrag und zur Anfechtung der Kauf- und Lizenzverträge trägt der Beklagte vor, es habe sich dabei um unentgeltliche Leistungen der Schuldnerin gehandelt. Der Kaufpreis sei unangemessen niedrig und von der Schuldnerin nie gezahlt worden, weil Zahlungen von vornherein nicht vorgesehen gewesen seien. Die Verträge seien nicht ernst gemeint gewesen. Tatsächlich seien sie umdatiert worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet, die Widerklage ist teilweise begründet.

A
Das Landgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig. Dies gilt insbesondere für die Widerklageanträge zu 1) und 2).

Die Klägerin hat mit der Schuldnerin im Lizenzvertrag vom 05.03.2004 unter § 14 für alle Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, als ausschließlichen Gerichtsstand Muralto in der Schweiz vereinbart (Blatt 110 der Akte). Mit dem Widerklageantrag zu 1) macht der Beklagte jedoch nicht solche Ansprüche geltend. Vielmehr verlangt er die Freigabe eines hinterlegten Betrages auf Grundlage eines insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruchs. Mit einem Anspruch aus dem Lizenzvertrag vom 05.03.2004 hat dies nichts zu tun. Andernfalls ließe sich nicht erklären, warum die Klägerin selbst den gleichen Antrag mit umgekehrtem Rubrum klageweise gegen den Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland geltend macht. Gleiches gilt für den Widerklageantrag zu 2), mit dem der Beklagte ebenfalls einen insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch geltend macht.

B
Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB auf Abgabe einer Erklärung, mit der dieser die Freigabe des beim Amtsgericht Mülheim a. d. Ruhr zum Aktenzeichen 100/07 206 AG hinterlegten Betrages von 39.300,00 EUR zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, mithin 46.656,00 EUR, und angefallener Hinterlegungszinsen in Höhe von monatlich 1/1000 aus dem hinterlegten Betrag bewilligt.

Bei einem Streit zwischen zwei Forderungsprätendenten über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu, denn letzterer hat durch das vom Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGH NJW 2008, 2702, 2703; NJW 2000, 291, 294). Für die Frage der Freigabepflicht ist die Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner und nicht das Innenverhältnis zwischen den Prätendenten maßgebend (BGH NJW-RR 1997, 495). Die Beweislast dafür, dass die Klägerin der wirkliche Rechtsinhaber ist, trägt die Klägerin (BGH NJW 1990, 716, 717; aA OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 1716; vgl. auch Peters, Beweislast und Anspruchsgrundlagen im Streit der Forderungsprätendenten, in: NJW 1996, 1246).

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte durch die Hinterlegung der Mietzinsforderung die damit verbundene günstige Rechtsposition als Hinterlegungsbeteiligter auf Kosten der Klägerin ohne Rechtsgrund erlangt hat. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 23.01.2007 tatsächlicher Inhaber der Mietzinsforderung gegen die B GmbH in Höhe von 39.300,00 EUR zuzüglich der geltenden Umsatzsteuer ist, ist der Anspruch der Klägerin auf Erklärung der Freigabe des hinterlegten Betrages jedenfalls gemäß § 242 BGB aufgrund unzulässiger Rechtsausübung erloschen.

Das Verlangen der Klägerin, die Freigabe des hinterlegten Betrages zu bewilligen, ist missbräuchlich und daher unzulässig, weil eine Leistung gefordert wird, die alsbald wieder zurückzugewähren wäre (dolo-agit-Einwand). Würde der hinterlegte Betrag infolge einer durch den Beklagten bewilligten Freigabe an die Klägerin ausgezahlt, hätte der Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch auf Wertersatz des eingezogenen Betrages. Denn mit der Widerklage vom 26.02.2009 hat der Beklagte die Anfechtbarkeit der zwischen der Schuldnerin und der Klägerin geschlossenen Abtretungsvereinbarung vom 23.01.2007 geltend gemacht. In einem solchen Fall ist gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO das, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Besteht die anfechtbare Handlung in der Abtretung einer Forderung und hat sich der Drittschuldner durch Hinterlegung von dieser Forderung befreit, dann hat der Abtretungsempfänger die Rückgewähr durch Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Insolvenzmasse zu leisten (MüKo-InsO/Kirchhof, 2. Aufl.: § 143 Rn 36a). Hat hingegen der Anfechtungsgegner die anfechtbar abgetretene Forderung bereits eingezogen, ist er gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO in Verbindung mit den allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regeln zum Wertersatz verpflichtet (MüKo-InsO/Kirchhof, 2. Aufl.: § 143 Rn 36a, 73, 90).

Die Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin vom 23.01.2007 ist anfechtbar im Sinne von § 133 Abs. 1 S. 1 InsO.

1.
Mit der Abtretung der Mietforderung gegen die B GmbH an die Klägerin am 23.01.2007 hat die Schuldnerin innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Rechtshandlung vorgenommen, die ihre übrigen Gläubiger benachteiligte. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat, wenn sich mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (Eickmann/Kreft, InsO 5. Aufl.: § 129 Rn 37 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Denn durch die Abtretung der Mietforderung ist die Klägerin mit ihren Lizenzforderungen jedenfalls teilweise befriedigt worden. Die Mietforderung steht der Insolvenzmasse nicht mehr zu Verfügung, so dass die Quote der übrigen Insolvenzgläubiger entsprechend geringer ausfällt. Dass die Schuldnerin für die Abtretung der Mietforderung eine gleichwertige Gegenleistung erhielt, die dem Schuldnervermögen im Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung noch zur Verfügung stand, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

2.
Die Schuldnerin hat die Abtretung der Mietforderung mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen. Der insolvenzrechtliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist bereits dann gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als mutmaßliche Folge seines Handels erkannt und gebilligt hat (vgl. Eickmann/Kreft, InsO 5. Aufl.: § 133 Rn 10 m.w.N.). Ein wesentliches Beweisanzeichen dafür, dass der Schuldner sich einer Benachteiligung seiner (übrigen) Gläubiger bewusst war, ist die Gewährung einer inkongruenten Deckung (BGH WM 1968, 683 f; ZIP 1997, 598, 599; ZIP 1998, 2008, 2011; OLG Brandenburg ZIP 1998, 1367, 1368; MüKo-InsO/Kirchhof 2. Aufl.: § 133 Rn 29 m.w.N.). Diese liegt dann vor, wenn dem Gläubiger eine Leistung oder Sicherung gewährt wird, die dieser nicht, nicht in der Art und/oder nicht zu diesem Zeitpunkt verlangen konnte (vgl. § 131 Abs. 1 InsO). Denn Schuldner sind im Allgemeinen nicht bereit, anderes oder mehr oder früher zu leisten, als sie schulden. Tun sie dies dennoch zugunsten eines Gläubigers, liegt der Verdacht nahe, dieser solle zum Nachteil der anderen Gläubiger begünstigt werden (BGH ZIP 1998, 2008, 2011; 2003, 356, 357; OLG Brandenburg ZIP 1998, 1367, 1368).

Mit der im vorliegenden Fall erfolgten Abtretung der Mietforderung gewährte die Schuldnerin der Klägerin eine inkongruente Deckung. Die Klägerin hat vorgetragen, die Schuldnerin sei ihr im Zeitpunkt der Abtretung in Höhe von 125.600,00 EUR aus verschiedenen Lizenzverträgen verpflichtet. Mangels anderer Anhaltspunkte konnte die Klägerin aus den Lizenzverträgen lediglich Zahlung verlangen (vgl. § 6 des Lizenzvertrages vom 05.03.2004, Blatt 105 der Akte). Durch die Abtretung der Mietforderung hat die Schuldnerin statt der Zahlung eine Leistung gewährt, die die Klägerin in dieser Art nicht verlangen konnte. Die Gewährung einer anderen als der geschuldeten Leistung an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber und daher auch die Abtretung einer Forderung anstelle einer geschuldeten Geldzahlung stellt eine inkongruente Deckung dar (BGH WM 1968, 2193, 2194; ZIP 1998, 2008, 2011; OLG Brandenburg ZIP 1998, 1367, 1368; OLG Frankfur ZIP 1997, 598, 599; OLG Schleswig ZIP 1982, 82; MüKo-InsO/Kirchhof, 2. Aufl.: § 131 Rn 32 f).

Das Verhalten der Schuldnerin führt zu dem Schluss nahe, dass sie sich der Gläubigerbenachteiligung bewusst war und sie billigend in Kauf nahm. Denn Anlass für die Abtretung einer Forderung an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber ist typischerweise nur dann gegeben, wenn der Schuldner nicht oder nicht im vollen Umfang zur Zahlung fähig ist. In einer solchen Lage verspricht die Abtretung eines gegen einen solventen Drittschuldner gerichteten Anspruchs dem begünstigten Gläubiger volle Befriedigung, die er aus den flüssigen Mitteln des Gemeinschuldners und der Insolvenzmasse nicht hätte erhalten können. Die werthaltige Forderung gegen den Drittschuldner hätte ohne die Abtretung der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger zur Verfügung gestanden (OLG Frankfurt ZIP 1997, 598, 599). So liegt der Fall auch hier. Dass im vorliegenden Fall die Klägerin eine erst am 15.11.2007 fällige Forderung erhielt und infolgedessen mit der Abtretung der Mietforderung eine Stundung der Lizenzforderungen einherging, ist unbeachtlich. Es genügt, dass die Unsicherheit des Forderungseinzugs durch einen Anspruch gegen einen liquideren Drittschuldner abgelöst wird. Dies kann nicht als Gegenleistung für eine Stundung der Forderung aufgefasst werden (vgl. OLG Brandenburg ZIP 1998, 1367, 1368).

Die Klägerin hat das in Gewährung einer inkongruenten Deckung liegende Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht entkräftet. Vielmehr deuten die Umstände der Abtretungsvereinbarung darauf hin, dass die Mietforderung gegen die B GmbH gerade deshalb abgetreten wurde, um der Klägerin eine Befriedigung zu gewähren, die sie aus den flüssigen Mitteln des Gemeinschuldners und der Insolvenzmasse nicht hätte erhalten können.

Die Lizenzforderungen der Klägerin waren im Zeitpunkt der Abtretung am 23.01.2007 ausweislich der Aufstellung der per 31.12.2006 noch offenen Posten zum Teil seit August 2005, mithin seit 17 Monaten fällig (Anlage HW 5, Blatt 67 der Akte). Die offenen Forderungen der Klägerin beliefen sich insgesamt auf 125.600,00 EUR. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte sie der Schuldnerin bereits den Ausgleich offener Lizenzforderungen in Abhängigkeit von der Geschäftsentwicklung gestundet und ihr zugestanden, die Forderungen bis Ende des Jahres 2006 zurückzuführen. Gleichwohl musste – so die Klägerin – Ende des Jahres 2006 erneut über eine Stundung noch offener Lizenzforderungen verhandelt werden, weil für das letzte Quartal des Jahres 2006 erwartete Kundenaufträge nicht hätten realisiert werden können. Die Schuldnerin war daher nicht in der Lage, die rückständigen Forderungen wie vereinbart bis zum Jahresende auszugleichen. Soweit die Klägerin vorträgt, die Schuldnerin habe auf dem Kontokorrent im Guthaben gearbeitet, habe das Guthaben aber für die weitere Auftragsvorfinanzierung verwenden wollen, wird daraus deutlich, dass dieses Guthaben nicht ausgereicht hätte, sowohl die Auftragsvorfinanzierung als auch die offenen Lizenzforderungen zu begleichen. Die Schuldnerin war daher Ende des Jahres 2006 nicht liquide. Andernfalls lässt sich nicht erklären, warum die Schuldnerin wiederum um Stundung der noch offenen Lizenzforderungen bat. Auf die Aufforderung der Klägerin, „zur Abwendung gerichtlicher Beitreibungsschritte ultimativ eine dingliche Absicherung des Forderungsbestandes“ (Anlage HWH 7, Blatt 100 der Akte) beizubringen, war die Schuldnerin nach dem Vortrag der Klägerin lediglich in der Lage, den ungewissen Zahlungseingang von 90.000,00 EUR aus einem anhängigen Rechtsstreit im Laufe des Jahres 2007 und die Mietzahlung der B GmbH im November 2007 in Aussicht zu stellen.

Bei alledem kommt hinzu, dass sich die Geschäftssituation der Schuldnerin seit dem Jahr 2004 verschlechterte. Wurde im Jahr 2004 ein Jahresfehlbetrag von rund 35.000,00 EUR erwirtschaftet, stieg dieser im Jahr 2005 auf über 82.000,00 EUR. Der Jahresfehlbetrag im Jahr 2006 war zwar mit rund 40.000,00 EUR nominell geringer, dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin bereits im Laufe des Jahre 2005 den Bereich Kompressortechnik eingestellt hatte, der für mehr als 90 % der Umsatzerlöse der Schuldnerin verantwortlich war (vgl. GuV und Kontennachweis, Blatt 65 und 101 der Akte). Der Beklagte hat zudem mit Blick auf die Bilanz zum 31.12.2006 vorgetragen, dass den Verbindlichkeiten von rund 182.000,00 EUR (ohne Geschäftsführerdarlehen in Höhe von 55.645,56 EUR), von denen die Lizenzforderungen in Höhe von 125.600,00 EUR sofort fällig waren, liquide Mittel von gerade 36.461,62 EUR gegenüber gestanden hätten, so dass sie zahlungsunfähig gewesen sei. Wie der Schuldnerin vor diesem Hintergrund hätte verborgen bleiben können, dass sie durch die Abtretung der mit 39.300,00 EUR verhältnismäßig hohen Forderung das Schuldnervermögen erheblich verringert und andere Gläubiger benachteiligt, hat die Klägerin nicht dargelegt. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Schuldnerin die Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst und billigend in Kauf nahm.

3.
Die Klägerin kannte im Zeitpunkt der Abtretung den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Für eine solche Kenntnis ist es ausreichend, wenn der Anfechtungsgegner – hier die Klägerin – die Tatsachen kennt, aus denen der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zweifelsfrei folgt. Insofern gelten im Einzelnen dieselben Beweisanzeichen wie für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners entsprechend, weil sich die Kenntnis wenigstens in allgemeiner Form spiegelbildlich auf die einzelnen Elemente des Vorsatzes beziehen muss. Insbesondere spricht ein starkes Beweisanzeichen für sie, wenn eine inkongruente Deckung gewährt wurde. (BGH ZIP 1997, 513; OLG Brandenburg ZIP 1998, 1367, 1368; MüKo-InsO/Kirchhof, 2. Aufl.: § 133 Rn 38b). Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, sich bewusst gewesen zu sein, dass sie durch die Abtretung der Mietforderung gegen die B GmbH (teilweise) eine Befriedigung ihrer Lizenzforderung an Erfüllungs statt erhielt, die sie so nicht hätte beanspruchen können.

Der Klägerin waren die Liquiditätsprobleme der Schuldnerin bekannt. Sie hat insofern selbst vorgetragen, dass sie mehrfach mit der Schuldnerin über die Stundung der noch offenen Lizenzforderungen verhandelt habe. Dies ging sogar soweit, dass sich die Klägerin gezwungen sah, „zur Abwendung gerichtlicher Beitreibungsschritte ultimativ eine dingliche Absicherung des Forderungsbestandes“ (Anlage HWH 7, Blatt 100 der Akte) zu verlangen. Die Klägerin sah insofern selbst ihren Forderungsbestand als gefährdet an und forderte eine entsprechende Sicherung, auf die sie so aber keinen Anspruch hatte. Nach dem Vortrag des Beklagten konnte die Schuldnerin zum Ausgleich der offenen Lizenzforderung jedoch lediglich eine unsichere, weil bestrittene Forderung über 90.000,00 EUR und die Mietforderung gegen die B GmbH anbieten. Die Klägerin ließ sich zur Erfüllung der Lizenzforderung auf die Abtretung der Mietforderung ein, obwohl die Mietforderung erst 10 Monate später fällig war. Keine kaufmännisch handelnde Person hätte sich darauf eingelassen, wenn die realistische Möglichkeit bestanden hätte, die eigene Forderung zu einem früheren Zeitpunkt durchzusetzen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung lässt sich das Verhalten der Klägerin im Zeitpunkt der Abtretung nur damit erklären, dass sie selbst nicht mehr darauf vertraute, dass die Schuldnerin die Lizenzforderung in einem nennenswerten Umfang zurückführen konnte. Denn auch der Klägerin war bekannt, dass die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb im Wesentlichen eingestellt hatte. Dass die Klägerin die Bilanzen der Schuldnerin nicht kannte, ist für sich genommen nicht ausreichend, das mit der inkongruenten Deckung verbundene Beweisanzeichen zu entkräften. Der Vortrag, die Abtretung der Mietforderung sei letztlich aufgrund der Forderung des klägerischen Steuerberaters, die Werthaltigkeit der Lizenzforderung festzustellen, erfolgt, ändert an der Kenntnis der Klägerin vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nichts. Alles andere wäre angesichts der vorstehenden Ausführungen lebensfremd. Entsprechend hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Abtretung der Mietforderung aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten erfolgte.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Schuldnerin habe noch im Geschäftsjahr 2006 Verbindlichkeiten im hohen Umfang getilgt und auch entsprechende Lizenzzahlungen erbracht, ist dies unbehelflich. Dass die Schuldnerin im Jahr 2006 noch Tilgungsleistungen erbrachte, ändert nichts daran, dass sie Ende des Jahres 2006 nicht mehr dazu imstande war und um Stundung bat. Im Übrigen lässt der Vortrag in seiner Unbestimmtheit keine Rückschlüsse auf die Zahlungskraft der Schuldnerin ab Ende des Jahres 2006 zu. Die Klägerin hat lediglich dargelegt, die Schuldnerin habe auf rückständige Forderungen 148.400,00 EUR geleistet. An anderer Stelle hat die Klägerin hingegen vorgetragen, Lizenzgebühren seien in Höhe von 102.400,00 EUR beglichen worden, wobei dies im Widerspruch zur Gewinn- und Verlustrechnung der Schuldnerin für das Jahr 2006 steht, nach der lediglich 4.050,00 EUR an Lizenzgebühren gezahlt wurden. Auch der Umstand, dass die Schuldnerin bis zum Antrag auf Insolvenzeröffnung noch zwei weitere Einzelzahlungen von insgesamt rund 22.000,00 EUR an die Klägerin erbrachte, genügt nicht, die Liquidität der Klägerin zu belegen, weil auch diese Zahlungen nicht ausreichten, die Lizenzforderungen zu tilgen. Der Vortrag, weitere Gläubiger mit nennenswerten Forderungen seien nicht vorhanden gewesen und sogar bevorzugt vor der Klägerin befriedigt worden, ist ohne jede Substanz. Gleiches gilt für den Vortrag, die Mitarbeiter der Schuldnerin, Frau Stückmann und Herr D, hätten ihr versichert, dass nur die Klägerin Hauptgläubigerin sei und alle übrigen Verbindlichkeiten ordnungsgemäß getilgt und zurückgeführt worden seien, insbesondere auf dem Kontokorrent mit Guthaben gearbeitet werde. Dass diese Beteuerungen keine Aussagekraft haben, musste der Klägerin als einem am Wirtschaftsleben teilnehmenden Unternehmen klar sein. Da die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb nicht völlig aufgegeben hatte, war auch ihr bekannt, dass es außer ihr noch weitere Gläubiger gab, zumal die Schuldnerin ihr – so der Vortrag der Klägerin – mitgeteilt habe, dass an Drittgläubiger Zahlungen zur Auftragsvorfinanzierung erfolgten, die die Zahlungen an die Klägerin bei weitem überstiegen. Wenn die Geschäftslage der Schuldnerin so gut war, wie es die Klägerin angeblich glaubte, ist nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nunmehr eine dingliche Sicherheit forderte, statt wie bisher die Rückführung der Lizenzforderung von der jeweiligen Geschäftsentwicklung abhängig zu machen. Das Drängen des Steuerberaters, die bilanzrechtliche Bewertung der offenen Forderung zu klären, erklärt dies nicht. Jedenfalls steht dieser Umstand nicht der Kenntnis der Klägerin entgegen, dass die Schuldnerin durch die Abtretung der Mietforderung die Klägerin gegenüber den übrigen Gläubigern bevorzugte.

C
Die Klageanträge zu 2) und 3) sind unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus der hinterlegten Forderung. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, weil die Klägerin gegen den Beklagten keinen Leistungsanspruch hat, mit dem der Beklagte hätte in Verzug kommen können.

Mit dieser Begründung ist auch ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.379,80 EUR nebst Zinsen aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB zu verneinen.

D
Der Widerklageantrag zu 1. ist begründet.

Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO auf Abgabe einer Erklärung, mit der diese die Freigabe des beim Amtsgericht Mülheim a. d. Ruhr zum Aktenzeichen 100/07 206 AG hinterlegten Betrages von 39.300,00 EUR zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, mithin 46.656,00 EUR, und angefallener Hinterlegungszinsen in Höhe von monatlich 1/1000 aus dem hinterlegten Betrag bewilligt. Gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO ist das, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Besteht die anfechtbare Handlung in der Abtretung einer Forderung und hat sich der Drittschuldner durch Hinterlegung von dieser Forderung befreit, dann hat der Abtretungsempfänger die Rückgewähr durch Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Insolvenzmasse zu leisten (MüKo-InsO/Kirchhof, 2. Aufl.: § 143 Rn 36a). Wie zum Klageantrag zu 1) ausgeführt worden ist, ist die Abtretung der Mietzinsforderung vom 23.01.2007 gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 InsO anfechtbar. Entsprechend hat die Klägerin die Freigabe des hinterlegten Betrages zu bewilligen.

E
Der Widerklageantrag zu 2) ist unbegründet.

Gegenstand des Widerklageantrags zu 2) ist eine Stufenklage, mit der der Beklagte auf der ersten Stufe Auskunft über Lizenzzahlungen der Schuldnerin, auf der zweiten Stufe gegebenenfalls die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und auf der dritten Stufe die Rückzahlung der nach erteilter Auskunft feststehenden Lizenzzahlungen begehrt. Die Stufenklage ist im vorliegenden Fall insgesamt abweisungsreif, da sich bereits anlässlich der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptantrag die materiell rechtliche Grundlage fehlt (vgl. Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl.: § 254 Rn 8).

Der Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft aus §§ 242, 259 BGB.

Nach ständiger Rechtsprechung und einem heute allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung bei Rechtsverhältnissen gegeben, deren Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (Palandt/Heinrichs, BGB 69. Aufl.: § 261 Rn 8 m.w.N.). Der Auskunftsanspruch setzt aber in jedem Fall voraus, dass zwischen den Parteien eine Sonderverbindung in der Form eine Vertrages, eines Abwicklungsverhältnisses, ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus einem Anfechtungstatbestand oder dergleichen besteht. Die Tatsache, dass jemand Informationen besitzt, die für einen anderen bedeutsam sind, begründet keine Auskunftspflicht (Palandt/Heinrichs, BGB 69. Aufl.: § 261 Rn 9 m.w.N.). Ein solches Sonderverhältnis hat der Kläger nicht dargelegt. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass er überhaupt dem Grunde nach einen Anspruch auf die mit der dritten Stufe geltend gemachte Rückgewähr von Lizenzzahlungen aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO beziehungsweise § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hat.

Gemäß § 143 Abs. 1 InsO ist zur Insolvenzmasse zurückzugewähren, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen der Schuldnerin veräußert, weggeben oder aufgegeben ist. Der Beklagte hat jedoch die Lizenzzahlungen der Schuldnerin für die Nutzung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 nicht angefochten. Ebenso wenig macht er die Anfechtung des zugrundeliegenden Lizenzvertrags geltend. Der Beklagte stützt die Stufenklage vielmehr auf die Anfechtung der Übertragung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1. Er ist der Auffassung, aufgrund dieser Anfechtung habe die Schuldnerin geleistete Lizenzzahlungen zurückzuzahlen.

Nach den vorstehenden Ausführungen kommt lediglich ein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 818 Abs. BGB auf Rückzahlung der für die Nutzung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 gezahlten Lizenzen in Betracht. Denn aufgrund des Verweises in § 143 Abs. 1 S. 2 InsO auf die bereicherungsrechtlichen Vorschriften sind auch die aus dem zurückzugewährenden Gegenstand gezogenen Nutzungen herauszugeben und bei Lizenzzahlungen handelt es sich um Nutzungen aus einem Recht im Sinne von §§ 99 Abs. 2 und 3, 100 BGB. Hat der Beklagte also die Übertragung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 wirksam angefochten, sind neben dem Gebrauchsmuster auch die Lizenzzahlungen als Nutzungen gemäß § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben. Einen solchen Anspruch hat der Beklagte jedoch nicht dargelegt.

Als Anfechtungstatbestand kommt allein § 134 InsO in Betracht. Es ist aber trotz Hinweises der Kammer in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen, dass die der Klägerin ermöglichte Anmeldung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 auf einer Leistung der Schuldnerin beruhte. Unstreitig ist der Gesellschafter-Geschäftsführer der Schuldnerin Erfinder der dem Gebrauchsmuster zugrundeliegenden Erfindung. Der Vortrag der Klägerin, das Gebrauchsmuster sei eine Weiterentwicklung bestehender Lizenzen gewesen, ist ohne jede Substanz. Aus dem Vortrag ergibt sich nicht, warum dieser Umstand die Erfindereigenschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers ausschließen sollte. Da grundsätzlich dem Erfinder das Recht an der Erfindung zusteht, kann eine Leistung der Schuldnerin an die Klägerin mithin nur dann vorliegen, wenn sie zuvor das Recht an der Erfindung und zur Anmeldung des Schutzrechts erworben hat. Schon der Verzicht auf eine Übernahme des Rechts an der Erfindung vom Gesellschafter-Geschäftsführer (mit einer nachfolgenden Übertragung des Rechts vom Gesellschafter-Geschäftsführer auf die Klägerin) stellt sich als Leistung der Schuldnerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer dar, nicht aber als Leistung an die Klägerin. Dass die Schuldnerin vor der Anmeldung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 003 XXX U1 durch die Klägerin das Recht an der Erfindung beziehungsweise zur Anmeldung des Schutzrechts erworben hatte, ist nicht dargelegt.

Da das Arbeitnehmererfindungsgesetz im vorliegenden Fall mangels anderer Darlegungen nicht anwendbar ist, war die Erfindung frei, sofern nicht vertragliche Beziehungen eine Pflicht zur Übertragung des Erfinderrechts auf die Schuldnerin begründeten und die Übertragung erfolgte (Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 6 PatG Rn 26). Allein der Umstand, dass die Erfindung vom Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Organ der Schuldnerin entwickelt wurde, lässt das Recht an der Erfindung nicht in der Person der Schuldnerin entstehen. Erforderlich ist daher in jedem Fall eine Abrede der Schuldnerin mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Übertragung der Erfindung. Ob eine solche Vereinbarung bestand, hat der Beklagte nicht dargelegt. Aber auch wenn ausdrückliche oder stillschweigende Abreden getroffen waren, ist deren Inhalt nicht dargelegt. Insofern kommt eine dingliche Vorausverfügung in Betracht, aber auch eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Rechts an der Erfindung. Ebenso kann lediglich ein Anbietungsrecht vereinbart sein (vgl. Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 6 PatG Rn 27 bis 27e). Ob eine Regelung getroffen wurde und welchen Inhalt diese hatte, kann gegebenenfalls durch Auslegung des zugrundeliegenden Dienst- oder Gesellschaftsvertrages ermittelt werden. Für eine wie auch immer gefasste Abrede bezüglich der Übertragung von Erfindungen auf die Schuldnerin spricht im vorliegenden Fall lediglich der Umstand, dass auch die früheren Erfindungen des Gesellschafter-Geschäftsführers von der Schuldnerin angemeldet wurden, die Schuldnerin den Personal- und Sachaufwand für diese Erfindungen erbracht hatte und die Schutzrechte nutzte. Daraus allein kann aber nicht geschlossen werden, die Schuldnerin sei auch Inhaber der dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 003 XXX U1 zugrunde liegenden Erfindung geworden und habe diese der Klägerin unentgeltlich übertragen.

F
Über den hilfsweise geltend gemachten Widerklageantrag zu 3) ist nicht zu entscheiden, weil der Widerklageantrag zu 1) begründet ist.

G
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 148.170,01 EUR
Klageantrag zu 1): 48.170,01 EUR
Widerklageantrag zu 2): 100.000,00 EUR
Die Klageanträge zu 2) und 3) wirken sich gemäß § 43 Abs. 1 GKG nicht streitwerterhöhend aus. Gleiches gilt für den Widerklageantrag zu 1) und den Hilfswiderklageantrag zu 3) gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.