4b O 1/16 – Dämmstoffplattenmontage

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2657

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 20. April 2017, Az. 4b O 1/16

Leitsätze (nichtamtlich):

1. Ein Mittel bezieht sich auf ein Element der Erfindung,
wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei
der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens
funktional zusammenzuwirken. Da der
Patentanspruch maßgeblich dafür ist, welcher Gegenstand
durch das Patent geschützt ist, sind regelmäßig
alle im Patentanspruch benannten Merkmale
wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne des
§ 10 Abs. 1 PatG (vgl. BGH, GRUR 2004, 758 –
Flügelradzähler), soweit sie nicht ausnahmsweise
zum Leistungsergebnis nichts beitragen (vgl. BGH,
GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Daher bezieht
sich bei einem Verfahrensanspruch eine im Patentanspruch
genannte Vorrichtung, die zur Ausführung
des Verfahrens verwendet wird, regelmäßig
auf ein wesentliches Element der Erfindung (vgl.
BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren).
(nichtamtl.)

2. Es ist regelmäßig offensichtlich, dass die angegriffenen
Ausführungsformen dazu geeignet und bestimmt
sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet
zu werden, wenn das Mittel ausschließlich
patentverletzend verwendet werden kann. Abgesehen
davon liegt die Offensichtlichkeit in der Regel
vor, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung,
Bedienungsanleitung oder dergleichen auf
die Möglichkeit patentgemäßer Verwendung hinweist
oder diese gar empfiehlt, weil die Erfahrung
dafür spricht, dass sich der Angebotsempfänger
oder Abnehmer nach derartigen Anleitungen oder
Empfehlungen richten wird (vgl. BGH, GRUR 2005,
848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2007, 679
– Haubenstretchautomat; GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren).
Dagegen kann, wenn die Gebrauchsanweisung
oder Bedienungsanleitung des Dritten
nicht auf einen patentgemäßen Einsatz der Mittel
ausgerichtet ist, Offensichtlichkeit nur angenommen
werden, wenn sich aufgrund konkreter Umstände
die Gefahr aufdrängt, dass der Abnehmer nicht
nach der Anweisung verfahren wird. (red.)

3. Soweit die Entscheidung „Antriebsscheibenaufzug“
des BGH (GRUR 2005, 848) dahingehend zu verstehen
sein sollte, bei einem Hinweis sowohl auf
eine patentgemäße als auch auf eine patentfreie
Verwendung könne die Offensichtlichkeit nur dann
festgestellt werden, wenn alle Angebotsempfänger
oder Belieferten – bzw. deren Endabnehmer
– den Willen haben, das Mittel patentverletzend
zu verwenden, lässt sich dies jedenfalls auf einen
Fall nicht übertragen, in dem es sich bei den angegriffenen
Ausführungsformen um Massenprodukte
handelt, die von einer Vielzahl von gewerblichen
Handwerkern über die Angebotsempfänger bzw.
Lieferanten der Beklagten bezogen und eingesetzt
werden. (red.)

Volltext:

A. Die Beklagte wird verurteilt,

I. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber der Klägerin jeweils zu unterlassen,

Dübel, insbesondere des Typs „A“, mit einem Druckteller und einer daran anschließenden Dübelhülse zur Aufnahme eines Spreizelements mit einem Spreizelementkopf, wobei die Dübelhülse eine Spreizzone aufweist,

welche zur Montage einer Dämmstoffplatte an einer Unterkonstruktion mit Hilfe einer Eintreibvorrichtung mit einem Tiefenanschlag zum Eintreiben des Spreizelements geeignet sind, wobei das Verfahren mindestens folgende Schritte umfasst:

a) Bohren eines Bohrloches durch die Dämmstoffplatte in die Unterkonstruktion,

b) Einbringen des Dübels und des Spreizelements in das Bohrloch,

c) Eintreiben des Spreizelements in den Druckteller und die Dübelhülse, und gleichzeitiges

d) Einziehen des Drucktellers in die Dämmstoffplatte unter Kompression der Dämmstoffplatte und gleichzeitiges Einschneiden der Dämmstoffplatte am Umfang des Drucktellers mit Hilfe von Schneidvorrichtungen zum Einschneiden der Dämmstoffplatte, wobei die Schneidvorrichtungen am Druckteller angeordnet sind,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;

ohne,

im Falle des Anbietens im Angebot (wie z. B. in Katalogen, Broschüren, Angebotsschreiben, ETA-Zulassungen, etc., egal ob digitaler und/oder körperlicher Art), im Falle des Lieferns auf der Verpackung und dem Gehäuse,

jeweils ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Dübel, insbesondere des Typs „A“, nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Teils des EP 2 295 XXX B1 zur Montage von Dämmstoffplatten bei vertiefter Montage des Dübels verwendet werden dürfen;

I. 2. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber der Klägerin jeweils zu unterlassen,

Eintreibvorrichtungen, insbesondere des Typs „B“ mit einem Tiefenanschlag zum Eintreiben eines Spreizelements,

wobei die Eintreibvorrichtungen zur Montage einer Dämmstoffplatte an einer Unterkonstruktion mit Hilfe eines Dübels mit einem Druckteller und einer daran anschließenden Dübelhülse zur Aufnahme eines Spreizelements mit einem Spreizelementkopf, wobei die Dübelhülse eine Spreizzone aufweist, geeignet sind, wobei das Verfahren mindestens folgende Schritte umfasst:

a) Bohren eines Bohrloches durch die Dämmstoffplatte in die Unterkonstruktion,

b) Einbringen des Dübels und des Spreizelements in das Bohrloch,

c) Eintreiben des Spreizelements in den Druckteller und die Dübelhülse, und gleichzeitiges

d) Einziehen des Drucktellers in die Dämmstoffplatte unter Kompression der Dämmstoffplatte und gleichzeitiges Einschneiden der Dämmstoffplatte am Umfang des Drucktellers mit Hilfe von Schneidvorrichtungen zum Einschneiden der Dämmstoffplatte, wobei die Schneidvorrichtungen am Druckteller angeordnet sind,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,

ohne,

im Falle des Anbietens im Angebot (wie z. B. in Katalogen, Broschüren, Angebotsschreiben, ETA-Zulassungen, etc., egal ob digitaler und/oder körperlicher Art), im Falle des Lieferns auf der Verpackung und dem Gehäuse,

jeweils ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Eintreibvorrichtungen, insbesondere des Typs „B“, nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Teils des EP 2 295 XXX B1 zur Montage von Dämmstoffplatten bei vertiefter Montage der genannten Dübel verwendet werden dürfen;

II. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu I. (1. und 2.) bezeichneten Handlungen seit dem 21.05.2014 begangen hat, und zwar unter Angabe

1. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

2. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

3. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie der Klägerin in elektronischer Form vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

III. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, weiter hilfsweise Quittungen, in elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. (1. und 2.) bezeichneten Handlungen seit dem 21.06.2014 begangen hat, und zwar unter Angabe,

1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, einschließlich der Rechnungsnummern, und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,

4. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei es der Beklagten gegebenenfalls vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger oder nicht-gewerbliche Abnehmer in der erteilten Rechnungslegung enthalten sind.

B. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziffer A. I. (1. und 2.) bezeichneten und seit dem 21.06.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

C. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

D. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

E. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 500.000,00 vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:

Tenor zu A. I. 1.: € 328.125,00,

Tenor zu A. I. 2.: € 46.875,00,

Tenor zu A. II. und A. III.: € 100.000,00

und für die Vollstreckung wegen der Kosten (Tenor zu D.)
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 2 295 XXX B1 (Anlage KB1, nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das als Teilanmeldung zu den europäischen Patentanmeldungen 1 318 XXX und 1 870 XXX angemeldet wurde und den Anmeldetag vom 05.12.2002 sowie die Priorität der DE 10159XXX vom 05.12.2001 und der DE 10213XXX vom 26.03.2002 in Anspruch nimmt.

Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 16.03.2011 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 21.05.2014 bekanntgemacht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft einen Dübel und ein Verfahren zur Montage von Dämmstoffplatten. Der Klagepatentanspruch 1, dessen mittelbare Verletzung die Klägerin vorliegend geltend macht, lautet:

„Verfahren zur Montage einer Dämmstoffplatte (2) an einer Unterkonstruktion (3) mit Hilfe eines Dübels (1) mit einem Druckteller (13) und einer daran anschließenden Dübelhülse (15) zur Aufnahme eines Spreizelements (11) mit einem Spreizelementkopf (12), wobei die Dübelhülse (15) eine Spreizzone (18) aufweist sowie mit Hilfe einer Eintreibvorrichtung (30) mit einem Tiefenanschlag (31) zum Eintreiben des Spreizelements (11), das mindestens folgende Schritte umfasst:

a.) Bohren eines Bohrloches (4) durch die Dämmstoffplatte (2) in die Unterkonstruktion (3),
b.) Einbringen des Dübels (1) und des Spreizelements (11) in das Bohrloch (4),
c.) Eintreiben des Spreizelements (11) in den Druckteller (13) und die Dübelhülse (15), und gleichzeitiges
d.) Einziehen des Drucktellers (13) in die Dämmstoffplatte (2) unter Kompression der Dämmstoffplatte (2) und gleichzeitiges Einschneiden der Dämmstoffplatte (2) am Umfang des Drucktellers (13) mit Hilfe von Schneidvorrichtungen (17) zum Einschneiden der Dämmstoffplatte (2), wobei die Schneidvorrichtungen (17) angeordnet sind am Druckteller (13) oder am Tiefenanschlag (31).“

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen abgebildet. Fig. 1 zeigt den Längsschnitt durch einen erfindungsgemäßen Dübel mit Schneidvorrichtungen an der Unterseite des Drucktellers zu Beginn der Montage. Fig. 2 zeigt den erfindungsgemäßen Dübel in Endmontageposition.

Die Beklagte bietet an und liefert bundesweit Dübel des Typs „A“, die in unterschiedlicher Länge erhältlich sind (angegriffene Ausführungsform 1) sowie Eintreibvorrichtungen des Typs „B“, die in zwei verschiedenen Ausführungen angeboten werden (angegriffene Ausführungsform 2). Nachfolgend werden eine aus der Klageschrift (Abbildung 3, S. 14 der Klageschrift, Bl. 14 d. A.) stammende Abbildung der angegriffenen Ausführungsform 1 sowie eine aus der Broschüre „C A“ (Anlage K3, letzte Seite) stammende Abbildung der angegriffenen Ausführungsform 2 eingeblendet:

Angegriffene Ausführungsform 1:

Angegriffene Ausführungsform 2:

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte mache mit dem Angebot und der Lieferung der angegriffenen Ausführungsformen widerrechtlich mittelbar von der patentgeschützten Lehre Gebrauch. Insbesondere seien diese bei einer versenkten Montage im Dämmstoff objektiv dazu geeignet, das patentgeschützte Verfahren durchzuführen. Bei der hervorstehenden Kante am Druckteller der angegriffenen Ausführungsform 1 handele es sich um Schneidvorrichtungen im Sinne des Klagepatents. Ihre Versuche hätten gezeigt, dass der Dämmstoff entlang des kompletten Umfangs des Drucktellers gerade eingeschnitten werde. Ein anderes Bild ergebe sich dagegen, wie ihre Versuche ebenfalls belegten, wenn die umlaufende vorstehende Kante entfernt werde. Der so modifizierte Druckteller schneide den Dämmstoff nicht, sondern fräse sich in diesen hinein, indem Dämmstoffpartikel aus dem Verbund herausgerissen würden.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt,

im Antrag zu A. IV. (Rechnungslegung) am Ende jedoch mit dem Zusatz

„wobei diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, die das Mittel, insbesondere den Dübel „A“, nach Kenntnis der Beklagten klagepatentgemäß zur Montage von Dämmstoffplatten an einer Unterkonstruktion verwendet haben“.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Sie ist der Ansicht, eine versenkte Montage mittels der angegriffenen Ausführungsformen verwirkliche die Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 des patentgeschützten Verfahrens nicht. Insbesondere verfüge der Druckteller der angegriffenen Ausführungsform 1 nicht über Schneidvorrichtungen, weshalb die Dämmstoffplatte auch nicht eingeschnitten werde. Unter Schneidvorrichtungen im Sinne des Klagepatents sei nur eine Mehrzahl von in Einbringrichtung hin abstehenden und zum sauberen Einschneiden in den Dämmstoff geeigneten Vorrichtungen zu verstehen. Der umlaufende abgerundete Wulst am äußeren Rand des Drucktellers der angegriffenen Ausführungsform 1 erfülle diese Voraussetzung nicht. Dies hätten auch die von ihr durchgeführten Versuche belegt, die keinen sauberen Einschnitt, sondern ein Ausfräsen des Dämmstoffs zeigten. Die Versuche zeigten ferner, dass sich das Erscheinungsbild nicht ändere, wenn der Druckteller an seinem äußeren Rand vollständig plan sei. Darüber hinaus werde bei der versenkten Montage der angegriffenen Ausführungsform 1 das Spreizelement nicht in den Druckteller eingetrieben und der Verfahrensschritt c) erfolge nicht gleichzeitig mit dem Verfahrensschritt d).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte im tenorierten Umfang Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b PatG, 242, 259 BGB zu.

I.
Das Klagepatent betrifft einen Dübel, ein Verfahren und ferner Vorrichtungen zur Montage von Dämmstoffplatten an einer Unterkonstruktion. Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents haben handelsübliche Dübel zur Montage von Dämmstoffplatten den Nachteil, dass sie die Bildung von Wärmebrücken nicht völlig verhindern können, was auch für Dübel mit Kunststoffumspritzung oder Köpfen aus Kunststoff gilt. Dies beruht hauptsächlich auf der Unterschiedlichkeit der Materialien, aus denen der Dämmstoff einerseits und die Dübel andererseits gefertigt sind. Diese Unterschiedlichkeit kann auch zu unerwünschten Dübelabzeichnungen in der Putzschicht an den Außenwänden führen, insbesondere bei Feuchtigkeit und Nässe. Bei der Verwendung einfacherer Putzqualitäten tritt dieser Mangel besonders häufig in Erscheinung. Zur Erreichung einer besseren Wärmedämmung sowie zur Vermeidung von Dübelabzeichnungen in der Putzschicht wurde im Stand der Technik vorgeschlagen, Dübel in die Dämmstoffplatten versenkt zu montieren.

Ein Verfahren, bei dem gleichzeitig mit dem Bohren des Bohrlochs für den Dübel eine Vertiefung in der Dämmstoffplatte zur Aufnahme des Dübels erzeugt wird, ist aus der EP 0 086 452 bekannt. In diesem Fall wird mittels eines Senkbohrers, der einen Fräskopf und einen scheibenförmigen Anschlag umfasst, beim Bohren des Bohrlochs im gleichen Arbeitsgang eine dem Durchmesser des Drucktellers entsprechende Vertiefung in die Dämmstoffplatte eingefräst und anschließend durch eine bereits auf den Druckteller aufgebrachte Abdeckung ausgefüllt. Dadurch, dass die Abdeckung werkseitig auf dem Druckteller bzw. Dübelkopf angebracht ist, wird bei der Montage ein zusätzlicher Arbeitsgang vermieden. Das Fräsen führt allerdings zu einem erheblichen Abtrag von Dämmstoff. Bei der großen Anzahl von Dübeln, die regelmäßig zur Befestigung von Dämmstoffplatten beim Bau eines Hauses zum Einsatz kommen, stellt der entstehende Frässtaub eine erhebliche Verschmutzung der Umwelt dar und kann in größeren Mengen auch beim Baupersonal zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Zudem sind die Montageeigenschaften der Dübel mit werkseitig aufgebrachten Abdeckungen deutlich schlechter als bei vergleichbaren Dübeln ohne aufgebrachte Abdeckung. Durch die mangelnde Druckfestigkeit des Isoliermaterials und die deshalb begrenzten Einschlagkräfte sind nur geringe Dübelspreizkräfte möglich, was zu deutlich schlechteren Werten bei der Ausziehlast führen kann. In der Herstellung sind solche Dübel auch wesentlich kostspieliger als konventionelle Ausführungsformen. Zur Durchführung des bekannten Verfahrens ist außerdem noch ein spezieller, ebenfalls kostenaufwendig herzustellender Senkbohrer notwendig.

Eine weitere bekannte Lösung sieht eine Fräskrone z. B. aus Kunststoff vor, mit der, nachdem das Bohrloch gebohrt wurde, eine Vertiefung in den Dämmstoff eingefräst wird. Es wird dann der Dübel in das Bohrloch eingeführt und anschließend gesetzt. Danach wird die Abdeckung aufgesetzt. Diese Lösung beinhaltet zwei Arbeitsgänge mehr als bei der EP 0 086 452 und ist damit zeitaufwendiger als diese. Außerdem ist auch hier durch den entstehenden Frässtaub eine erhebliche Belastung der Umwelt gegeben. In der EP 1 088 945 wird ein Dämmelement offenbart, das aus Mineralfasern besteht und Markierungen für die Anordnung von Dämmstoffdübeln aufweist. Dabei können die Markierungen in Vertiefungen im Dämmelement angeordnet bzw. als Vertiefungen ausgebildet sein. Die Vertiefungen werden vorzugsweise mechanisch herausgearbeitet oder bei thermoplastischen Dämmstoffen durch lokale Erhitzung hergestellt. Die Herstellung solcher Dämmelemente ist einerseits mit erheblichen Kosten verbunden, andererseits lassen die vorgefertigten Vertiefungen dem Baupersonal vor Ort keinen Spielraum für eine von dem vorgegebenen Muster abweichende Anbringung der Dämmstoffdübel. Dabei wird auch nicht berücksichtigt, dass die jeweils günstigste geometrische Anordnung der Dämmstoffdübel bezüglich der Dämmstoffplatte je nach räumlichen Gegebenheiten und Witterungsverhältnissen stark variieren kann.

Desweiteren sind Formteile aus Mineralwolle zur Schall- und Wärmedämmung von Haushaltsgeräten aus dem Gebrauchsmuster DE 296 22 196 bekannt. Diese weisen Materialbereiche auf, in denen Vertiefungen ausgebildet sind. Die Materialbereiche werden dabei durch Einschnitte gegenüber dem Umgebungsmaterial über die Tiefe der vorgesehenen Vertiefung freigestellt und bereits während der Produktion durch Druckstempel vorkomprimiert. Dabei wird das Material so komprimiert, dass es eine Restelastizität aufweist, um bei der Montage an Backöfen etc. begrenzt an gestalterische Änderungen angepasst werden zu können. Auch in diesem Fall handelt es sich um kostenaufwendige vorgefertigte Teile. Für die Bauindustrie, insbesondere im Hinblick auf die Montage mit Dämmstoffdübeln, sind solchermaßen hergestellte Teile ungeeignet, da sie nicht über die erforderliche Steifigkeit verfügen.

Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, einen Dübel, ein Verfahren und Vorrichtungen zu schaffen, mit dem die Verschmutzung der Umwelt durch das Fräsen des Dämmstoffs vermieden werden kann, die vertiefte Montage des Dübels im Dämmstoff mit möglichst wenig Arbeitsschritten gewährleistet werden kann, eine sauber ausgeformte Stirnfläche im Dämmstoff erzeugt werden kann, preisgünstigere Dübel eingesetzt werden können und schließlich eine feste Verankerung des Dübels in der Unterkonstruktion erreicht werden kann.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Verfahren mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird:

1. Verfahren zur Montage einer Dämmstoffplatte (2) an einer Unterkonstruktion (3) mit Hilfe
1.1 eines Dübels (1)
1.1.1 mit einem Druckteller (13) und
1.1.2 einer daran anschließenden Dübelhülse (15) zur Aufnahme eines Spreizelements (11) mit einem Spreizelementkopf (12), wobei die Dübelhülse (15) eine Spreizzone (18) aufweist, sowie mit Hilfe
1.2 einer Eintreibvorrichtung (30) mit einem Tiefenanschlag (31) zum Eintreiben des Spreizelements (11),
wobei das Verfahren mindestens folgende Schritte umfasst:
1.3 a) Bohren eines Bohrlochs (4) durch die Dämmstoffplatte (2) in die Unterkonstruktion (3),
1.4 b) Einbringen des Dübels (1) und des Spreizelements (11) in das Bohrloch (4),
1.5 c) Eintreiben des Spreizelements (11) in den Druckteller (13) und die Dübelhülse (15), und gleichzeitiges
1.6 d) Einziehen des Drucktellers (13) in die Dämmstoffplatte (2) unter Kompression der Dämmstoffplatte (2) und gleichzeitiges Einschneiden der Dämmstoffplatte (2) am Umfang des Drucktellers (13) mit Hilfe von Schneidvorrichtungen (17) zum Einschneiden der Dämmstoffplatte,
1.7 wobei die Schneidvorrichtungen am Druckteller (13) oder am Tiefenanschlag (31) angeordnet sind.

II.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedürfen die Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 des Klagepatentanspruchs 1 der näheren Erläuterung.

1.
Nach Merkmal 1.7 sind am Druckteller oder am Tiefenanschlag des Dübels „Schneidvorrichtungen“ angeordnet, wobei die Anordnung am Tiefenanschlag vorliegend keiner weiteren Erörterung bedarf und die Ausführungen daher auf die Anordnung am Druckteller beschränkt werden. Mit Hilfe dieser „Schneidvorrichtungen“ kann nach Merkmal 1.6 ein „Einschneiden“ der Dämmstoffplatte am Umfang des Drucktellers bewirkt werden.

Der Fachmann erkennt, dass die Schneidvorrichtungen als eigenständiges Bauteil erkennbar sein müssen. Sie können daher zwar mit dem Druckteller baulich verbunden, müssen von diesem aber unterscheidbar sein. Darüber hinaus gibt das Klagepatent die räumlich-körperliche Ausgestaltung der Schneidvorrichtungen nicht vor. Soweit die Schneidvorrichtungen in den Figuren der Ausführungsbeispiele schematisch als gezackt bzw. mit Zähnen versehen dargestellt werden, ist der Klagepatentanspruch darauf nicht beschränkt.

Die Funktion der Schneidvorrichtungen besteht, wie sich unmittelbar aus Merkmal 1.6 ergibt, darin, die Dämmstoffplatte einzuschneiden, wenn der Druckteller beim Eintreiben des Spreizelements in die Dämmstoffplatte eingezogen wird. Durch das Einschneiden soll eine saubere, d. h. glatte Stirnfläche des durch das Einschneiden entstehenden kreisförmigen Ausschnitts ausgebildet werden (vgl. Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 53 f.). Hierzu wird das Dämmmaterial geschnitten, indem entlang des kreisrunden Ausschnitts die Dämmstoffpartikel durchtrennt und nicht nur herausgerissen werden. Um eine saubere Stirnfläche handelt es sich jedoch nicht nur dann, wenn jeder betroffene Dämmstoffpartikel entsprechend dem Verlauf des Ausschnitts durchtrennt worden ist. Herausgerissene oder sonst unsauber getrennte Partikel sind unschädlich, solange zum einen das Gesamtbild eines kreisrunden Ausschnitts gewährleistet ist und zum anderen die entstandene Stirnfläche ein passgenaues Einsetzen und einen festen Halt einer ebenfalls runden Abdeckung in die Dämmstoffplatte ermöglicht (vgl. Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 55 ff.). Das Klagepatent gibt auch nicht vor, dass eine saubere Schnittfläche über die gesamte Tiefe des Versenkens im Dämmstoff erzielt werden muss.

Nach dem Klagepatent muss das Einschneiden der Dämmstoffplatte am Umfang des Drucktellers „mit Hilfe“ der Schneidvorrichtungen erfolgen. Daran erkennt der Fachmann, dass der Schneidvorgang mittels der Schneidvorrichtungen für das Einschneiden entlang eines kreisförmigen Ausschnitts aus der Dämmstoffplatte nicht allein, aber zumindest mitursächlich sein muss. Nicht ausreichend ist es daher, wenn dieses allein durch den Druckteller bewirkt wird, wenn dieser in das Dämmmaterial gepresst wird. Andererseits schließen die Merkmal 1.6 und 1.7 nicht aus, dass auch andere Vorrichtungen bzw. Ausgestaltungen des Drucktellers zu dem erzielten Setzergebnis beitragen.

Mit dem klagepatentgemäßen Verfahren soll zwar grundsätzlich das aus dem Stand der Technik bekannte Fräsen des Dämmstoffs sowie die dadurch verursachte Verschmutzung der Umwelt durch Fräsabfälle bzw. Frässtaub vermieden werden (vgl. Absatz [0007]). Dem Klagepatent lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass bereits der Schneidvorgang dazu dient, den Abtrag von Dämmstoff und die dadurch bedingte Entstehung von Fräsabfällen zu verhindern. Das Entstehen von Fräsabfällen wird nach der Lehre des Klagepatents vielmehr dadurch vermieden, dass der Dämmstoff unter dem Druckteller komprimiert wird statt weggefräst zu werden (Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 57 ff. bis Spalte 7, Zeilen 1 ff.).

An der Verwendung des Plurals „Schneidvorrichtungen“ erkennt der Fachmann, dass das Einschneiden nicht nur punktuell an einer einzelnen Stelle des Drucktellers bewirkt werden soll. Nicht ausreichend ist demnach ein einzelnes einschneidendes Element – etwa ein einzelner Sägezahn – am Druckteller. Dagegen schließt der Plural „Schneidvorrichtungen“ nicht die Verwendung einer umlaufenden Schneidkante aus. Denn eine Vorgabe, wonach die einzelnen Schneidvorrichtungen räumlich-körperlich voneinander getrennt sein müssen, ist damit nicht verbunden. Die Funktion der Schneidvorrichtungen, einen kreisförmigen Ausschnitt mit sauberer Stirnfläche auszubilden, kann gerade auch eine umlaufende Schneidkante erfüllen. Dass eine Schneidkante dem Begriff der Schneidvorrichtungen nicht unterfallen soll, lässt sich auch nicht aus der Darstellung in Fig. 4 und der zugehörigen Beschreibung schließen. Zwar wird in Absatz [0028] festgestellt, dass der in Fig. 4 gezeigte Dübel keine Schneidvorrichtungen aufweist, sondern diese an dem Tiefenanschlag angeordnet sind. Daraus schließt der Fachmann jedoch nicht, eine umlaufende Kante am Druckteller erfülle grundsätzlich nicht den Begriff der Schneidvorrichtungen. Denn der schematischen Darstellung der Fig. 4 lässt sich eine umlaufende Kante an dem dort dargestellten Druckteller nicht entnehmen.

Soweit die Technische Beschwerdekammer des EPA in der Entscheidung vom 18.07.2013 (Anlage KR 2) betreffend das Stammpatent EP 1 318 XXX B1 davon ausgeht, eine Schneidkante stelle keine Schneidvorrichtungen dar, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Dies gilt insbesondere für die Annahme des EPA, Funktion der im Stammpatent erwähnten Schneidkanten sei das Ablösen/Wegfräsen von Dämmstoff, während die Schneidvorrichtungen zum Einschneiden in den Dämmstoff dienten (Seite 24f. der Anlage KR 2). Aus der Passage, wonach auch geringfügig Dämmmaterial abgelöst werden könne, etwa durch die Schneidkanten an einem sich drehenden Druckteller (vgl. zu der entsprechenden Textstelle im Klagepatent Absatz [0024], Spalte 7, Zeilen 1 ff.), lässt sich nach Auffassung der Kammer eine solche Funktion nicht ableiten. Zum einen handelt es sich bei dem Ablösen von Dämmstoff um einen grundsätzlich unerwünschten Effekt und es wird nur klargestellt, dass ein Ablösen in geringem Umfang dem erstrebten Ziel nicht entgegensteht. Bereits aus diesem Grund kann das Ablösen bzw. Wegfräsen von Dämmstoff nicht die Funktion der an der zitierten Textstelle im Klagepatent (bzw. der entsprechenden Textstelle im Stammpatent) erwähnten Schneidkanten sein. Zum anderen enthält das Klagepatent – ebenso wenig wie das Stammpatent – einen Anhaltspunkt dafür, dass die Begriffe der Schneidkanten und der Schneidvorrichtungen nicht synonym verwendet werden.

2.
Die Verfahrensschritte c) und d) sehen ein Eintreiben des Spreizelements in den Druckteller und die Dübelhülse (Merkmal 1.5) und ein gleichzeitiges Einziehen des Drucktellers in die Dämmstoffplatte unter Kompression der Dämmstoffplatte und gleichzeitiges Einschneiden der Dämmstoffplatte am Umfang des Drucktellers mit Hilfe von Schneidvorrichtungen zum Einschneiden der Dämmstoffplatte (Merkmal 1.6) vor.

Mit dem nach Merkmal 1.5 vorgesehenen „Eintreiben“ wird das Spreizelement in seine Endmontageposition verbracht. Dabei wird das Spreizelement zunächst so weit in den Dübel eingebracht, bis der Kopf des Spreizelements in einer Ausnehmung aufliegt (vgl. Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 39 ff.). Anschließend wird unter Entfaltung der notwendigen Kraft und unter Kompression des Dämmstoffs im Sinne des Merkmals 1.6 das Eintreiben des Spreizelements beendet. Hierzu wird das Spreizelement immer weiter axial in die Spreizzone der Dübelhülse eingebracht und erzeugt schließlich in der Endmontageposition durch Reib-, Form- oder Stoffschluss eine feste Verankerung im Mauerwerk (vgl. Absatz [0033], Spalte 10, Zeilen 23 ff.).

Merkmal 1.5 verlangt nicht, dass die für das Eintreiben notwendige Kraft gegen den Widerstand des Drucktellers aufgebracht werden muss. Ausreichend ist vielmehr, dass das Spreizelement Druckteller und Dübelhülse durchgreift und gegen eine Kraft – von welchem Bauteil auch immer – eingebracht wird. Dass eine Berührung zwischen Spreizelement und Druckteller stattfindet, gibt der Klagepatentanspruch ebenfalls nicht vor.

Wenn nach Merkmal 1.5 die Verfahrensschritte c) und d) „gleichzeitig“ erfolgen sollen, versteht der Fachmann dies als einen einheitlichen Arbeitsschritt. Dagegen ist nicht erforderlich, dass das Eintreiben im Sinne des Merkmals 1.5 und das Einziehen im Sinne des Merkmals 1.6 exakt zeitgleich vollzogen werden. Dass das Klagepatent den Begriff der Gleichzeitigkeit in diesem Sinne versteht, zeigt Absatz [0008] (Spalte 3, Zeilen 14 f.) Danach können alle Verfahrensschritte a) bis d) gleichzeitig ablaufen. Eine exakt zeitgleiche Durchführung der Schritte a) (Bohren eines Bohrlochs durch die Dämmstoffplatte in die Unterkonstruktion) und b) (Einbringen des Dübels und des Spreizelements in das Bohrloch) ist jedoch nicht möglich, da das Einbringen des Dübels und des Spreizelements in das Bohrloch das vorherige Bohren des Bohrlochs zwingend voraussetzt.

Dass nach Merkmal 1.5 das Spreizelement „in den Druckteller“ eingetrieben wird, ist nicht dahingehend zu verstehen, dass das Spreizelement beim Eintreiben einen Weg innerhalb des Drucktellers zurücklegen muss. Dies folgt schon daraus, dass der Klagepatentanspruch 1 jedenfalls keine andere räumlich-körperliche Ausgestaltung des Drucktellers vorgibt als eine tellerförmige, d. h. flache. Eine solche flache Ausgestaltung lässt das Zurücklegen eines bestimmten Weges innerhalb des Drucktellers aber nicht zu. Soweit in dem in den Fig. 1 und 2 gezeigten Ausführungsbeispiel der Druckteller über einen sog. Drucktellerschaft verfügt, innerhalb dessen sich ein Spreizelement fortbewegen könnte, hat ein solcher im Klagepatentanspruch keinen Niederschlag gefunden.

Ebenso wenig wird der Klagepatentanspruch dadurch beschränkt, dass in dem in Fig. 1 und 2 gezeigten Ausführungsbeispiel der bereits erwähnte Drucktellerschaft vor der Montage mit der Dübelhülse verbunden ist, um den Dübel in voller Länge einstecken zu können (vgl. Absatz [0024], Spalte 6 Zeilen 21 ff.). Während der Verfahrensschritte c) und d) wird in dem Ausführungsbeispiel der Druckteller axial über die Dübelhülse verschoben und die anfängliche Verbindung zwischen der Dübelhülse und dem Drucktellerschaft wird gelöst (vgl. Absatz [0024], Spalte 7 Zeilen 5 ff). Im Klagepatentanspruch haben diese Verfahrensschritte keinen Niederschlag gefunden. Weder eine anfänglich vorhandene und später gelöste Verbindung zwischen Drucktellerschaft und Dübelhülse, noch, wie bereits erwähnt, überhaupt das Vorhandensein eines Drucktellerschafts sieht der Klagepatentanspruch vor. Ebenso wenig wird eine Verschiebung des Drucktellers relativ zur Dübelhülse vorausgesetzt.

3.
Das Einziehen des Drucktellers in die Dämmstoffplatte erfolgt „unter Kompression“ der Dämmstoffplatte (Verfahrensschritt d) bzw. Merkmal 1.6). Funktion der Kompression ist, wie bereits unter 1. angesprochen, die Vermeidung von Fräsabfällen. Dabei ist für die Merkmalsverwirklichung unerheblich, wenn auch geringfügig Dämmmaterial abgelöst wird (Absatz [0024], Spalte 7, Zeilen 1 f.). Entscheidend ist, dass der Dämmstoff unter dem Druckteller hauptsächlich zusammengepresst statt weggefräst wird (vgl. Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 57 f. bis Spalte 7, Zeile 1). Unschädlich ist nach dem Klagepatent, wenn der Druckteller – wie üblich – koaxiale Öffnungen aufweist, die einem möglichst gleichmäßigen Komprimieren des Dämmstoffs entgegenstehen (vgl. Absatz [0024], Spalte 6, Zeilen 27 ff.).

III.
Die Beklagte verletzt den Klagepatentanspruch 1 dadurch mittelbar, dass sie die angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland Abnehmern anbietet und an sie liefert, die diese ihrerseits an Endabnehmer liefern, die zur Anwendung des durch das Klagepatent geschützten Verfahren nicht berechtigt sind, § 10 Abs. 1 PatG.

Nach § 10 Abs. 1 PatG ist es Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder wenn es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Diese Voraussetzungen liegen vor.

1.
Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen.

Ein Mittel bezieht sich auf ein Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (BGH, GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler). Da der Patentanspruch maßgeblich dafür ist, welcher Gegenstand durch das Patent geschützt ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG (vgl. BGH, GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler), soweit sie nicht ausnahmsweise zum Leistungsergebnis nichts beitragen (vgl. BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Daher bezieht sich bei einem Verfahrensanspruch eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung (vgl. BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren). Vorliegend steht zwischen den Parteien zu Recht außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform 1 eine Reihe von Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 verwirklicht. Es handelt sich insbesondere um einen Dübel (Merkmal 1.1) mit den Besonderheiten der Merkmale 1.1.1 und 1.1.2. Auch die angegriffene Ausführungsform 2 ist im Klagepatentanspruch benannt. Es handelt sich dabei um eine Eintreibvorrichtung mit einem Tiefenanschlag zum Eintreiben des Spreizelements im Sinne des Merkmals 1.2.

2.
Mit den angegriffenen Ausführungsformen kann ein Verfahren durchgeführt werden, das sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 erfüllt. Dies ist zwischen den Parteien hinsichtlich aller Merkmale mit Ausnahme der Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 zu Recht unstreitig. Aber auch die Verwirklichung dieser Merkmale bei bestimmungsgemäßer Verwendung der angegriffenen Ausführungsformen lässt sich feststellen.

a)
Die angegriffene Ausführungsform 1 verfügt über „Schneidvorrichtungen“ in Form einer Schneidkante am Drucktellers, mit der sie im Rahmen des Verfahrensschrittes d) in den Dämmstoff „einschneidet“.

aa)
Mit der umlaufenden Kante am äußeren Rand der Unterseite des Drucktellers verfügt die angegriffene Ausführungsform 1 über ein eigenständiges Bauteil, das von dem Druckteller im Übrigen unterscheidbar ist. Dass der Druckteller mit Aussparungen und einer leichten Neigung so ausgestaltet ist, dass die umlaufende Kante und der Mittelteil des Drucktellers in einer Ebene liegen, führt nicht aus der Verletzung heraus. Denn gegenüber dem äußeren Rand des Drucktellers ist die Kante in Einbringrichtung des Dübels abgesetzt. Auch die insgesamt acht radial verlaufenden Stege, die sich ebenfalls in einer Ebene mit der umlaufenden Kante befinden, stehen der Merkmalsverwirklichung nicht entgegen. Sie stellen insbesondere nicht die Unterscheidbarkeit der Kante von dem Druckteller im Übrigen in Frage. Soweit diesen Stegen beim Einziehen des Drucktellers in den Dämmstoff selbst eine – schneidende bzw. fräsende – Funktion zukommen sollte, ist dies für die Verletzung unerheblich. Dass das klagepatentgemäß gewünschte Ergebnis allein durch die Schneidvorrichtungen erzielt wird, ist nach obiger Auslegung nicht erforderlich.

bb)
Es handelt sich bei der umlaufenden Kante auch um eine Schneidkante, die in den Dämmstoff „einschneidet“. Bei bestimmungsgemäßer Anwendung ist die Kante für das Entstehen einer glatten Stirnfläche des kreisförmigen Ausschnitts der Dämmstoffplatte ursächlich. Dies steht nach dem Vorbringen der Parteien sowie dem in der mündlichen Verhandlung mit den angegriffenen Ausführungsformen durchgeführten Setzversuch zur Überzeugung der Kammer fest.

(1)
Sowohl die von der Klägerin als auch die von der Beklagten durchgeführten Setzversuche mit der angegriffenen Ausführungsform 1, deren Ergebnisse die Parteien schriftsätzlich vorgetragen haben, zeigen einen kreisrunden Ausschnitt aus der Dämmstoffplatte mit einer glatten Stirnfläche im Sinne obiger Auslegung.

Die Klägerin hat eine angegriffene Ausführungsform 1 mit Hilfe der angegriffenen Ausführungsform 2 mit dem Akkuschraubwerkzeug D der Marke E auf der zweiten Drehzahlstufe (entspricht etwa 800 U/min) in eine F Fassadendämmplatte gesetzt, die auf Porenbeton angeordnet ist. Es hat sich dabei das aus der Abbildung 3a auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 21.02.2017 ersichtliche Bild ergeben, das eine saubere Schnittfläche zeigt. Lediglich in einem geringen Umfang sind Dämmstoffpartikel nicht entsprechend dem kreisrunden Ausschnitt zerteilt, sondern aus ihrem Verbund herausgelöst worden.

Die Beklagte hat für ihre Tests eine zur Veranschaulichung grün eingefärbte angegriffene Ausführungsform 1 unter Verwendung der angegriffenen Ausführungsform 2 in eine G-Dämmplatte H gesetzt. Das Setzbild ist insbesondere auf den Seiten 22 f. der Klageerwiderung (Bl. 122 f. d. A.; Anlage KR 4) sowie im Überblick mit weiteren Tests auf den Seiten 26 f. der Klageerwiderung (Bl. 126 f. d. A.; Anlage KR 8) erkennbar. Die abgebildeten Ausschnitte aus der Dämmstoffplatte zeigen, dass die Dämmstoffpartikel im Wesentlichen entsprechend einem sauberen kreisrunden Ausschnitt durchtrennt worden sind. Soweit in einem gewissen Bereich auch Dämmstoffpartikel aus ihrem Verbund herausgelöst worden sind, steht dies der Qualifizierung der umlaufenden Kante des Drucktellers der angegriffenen Ausführungsform 1 als Schneidkante nicht entgegen. Es handelt sich dabei nur um einen geringen Teil der Dämmstoffpartikel, während der überwiegende Teil der Partikel entsprechend dem kreisrunden Ausschnitt durchtrennt worden ist.

(2)
Auch der in der Sitzung vom 02.03.2017 vorgenommene Setzversuch mit der angegriffenen Ausführungsform 1 zeigt einen kreisrunden Ausschnitt aus der Dämmstoffplatte mit einer glatten Stirnfläche im Sinne der unter II. vorgenommenen Auslegung.

Die Beklagte hat hierzu einen Ausschnitt einer Dämmstoffplatte mit vorgebohrten Löchern verwendet, der auf einen Holzbalken aufgeklebt worden ist. Der Beklagtenvertreter hat sodann in der Sitzung eine mit einer roten Markierung versehene angegriffene Ausführungsform 1 unter Verwendung einer angegriffenen Ausführungsform 2 mit einem Akkuschrauber in die Dämmstoffplatte mit Unterkonstruktion gesetzt. Das entstandene Setzbild zeigt einen sauberen, kreisrunden Ausschnitt aus der Oberseite der Dämmstoffplatte. Nach unten in Richtung des Drucktellers wird der Ausschnitt weniger sauber und weist weniger durchtrennte und mehr herausgerissene Dämmstoffpartikel auf. Nach obiger Auslegung führt letzteres indes nicht aus der Verletzung heraus.

Für die Merkmalsverwirklichung ebenfalls unerheblich ist, dass Dämmstoffpartikel durch die Aussparungen im Druckteller getreten sind und sich oberhalb des Drucktellers der versenkt montierten angegriffenen Ausführungsform 1 gesammelt haben. Wie unter II. erläutert, stehen derartige Öffnungen zwar einem möglichst gleichmäßigen Kompressionsergebnis entgegen, sind nach dem Klagepatent aber für die Verwirklichung des Merkmals 1.6 unbeachtlich.

(3)
Es führt auch nicht zu einem anderen Ergebnis, dass von den Parteien vorgenommene Setzversuche mit einem vollständig plan ausgestalteten Druckteller ein mit demjenigen der angegriffenen Ausführungsform 1 vergleichbares Setzbild erzielt haben. Dies gilt sowohl – zumindest teilweise – für die von den Parteien schriftsätzlich vorgetragenen Setzversuche als auch für den Versuch, den die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2017 vorgenommen hat. Dabei hat der Beklagtenvertreter in die bereits beschriebene Dämmstoffkonstruktion einen Dübel mit einer komplett ebenen Fläche gesetzt. Das erzielte Setzbild weist ebenfalls einen sauberen, kreisrunden Ausschnitt aus der Oberfläche der Dämmstoffplatte auf, der in Richtung des Drucktellers weniger durchtrennte und mehr herausgerissene Dämmstoffpartikel aufweist.

Für die Frage der Merkmalsverwirklichung haben diese mit einem Aliud durchgeführten Tests grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Es steht einer Patentverletzung nicht entgegen, dass ein vergleichbares Ergebnis auch mit einer Ausführungsform erzielt werden kann, die nicht alle Merkmale des Klagepatents verwirklicht.

Die weiteren Setzversuche lassen aber auch keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Schneidkante der angegriffenen Ausführungsform 1 zu dem Durchtrennen der Dämmstoffpartikel entsprechend einem kreisrunden Ausschnitt und damit zu dem patentgemäßen Einschneiden keinen Beitrag geleistet hat. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Schneidkante für die Bildung des kreisrunden Ausschnitts mit sauberer Schnittkante zumindest mitursächlich ist, was nach obiger Auslegung ausreichend ist. Diese Mitursächlichkeit ergibt sich daraus, dass die umlaufende Kante gegenüber den unmittelbar angrenzenden Bereichen in Einbringrichtung abgesetzt ist. Dadurch trifft die Kante während des Setzvorgangs vor den daran angrenzenden Bereichen auf die Dämmstoffpartikel und übt dementsprechend einen höheren Druck auf die Partikel aus, was zu einem Durchtrennen führt.

b)
Das Spreizelement der angegriffenen Ausführungsform 1 wird auch im Sinne obiger Auslegung in den Druckteller „eingetrieben“. Hierfür reicht es aus, dass sich das Spreizelement nach Abschluss des Verfahrensschrittes c) innerhalb der mittigen Ausnehmung des Drucktellers befindet. Dies erfolgt auch „gleichzeitig“ mit dem Verfahrensschritt d), da es sich bestimmungsgemäß um einen Arbeitsschritt handelt.

c)
Schließlich erfolgt das Einziehen in die Dämmstoffplatte bei bestimmungsgemäßer Verwendung der angegriffenen Ausführungsformen auch „unter Kompression“ der Dämmstoffplatte. Die Klägerin hat die Kompression der Dämmstoffpartikel zum einen durch einen von ihr durchgeführten Test gezeigt, bei dem sie eine Dämmstoffplatte zunächst mittig durchtrennt, sodann wieder zusammengefügt und stabilisiert hat und anschließend eine angegriffene Ausführungsform 1 in den zusammengesetzten Dämmstoffblock mit einer Unterkonstruktion aus Beton C25/30 montiert hat. Nach anschließender Trennung des Dämmstoffblocks lässt sich eine Kompression von Dämmstoffpartikeln unterhalb des Drucktellers erkennen (Abbildung 24 der Klägerin, S. 69 der Klageschrift bzw. Bl. 69 d. A.). Dass der überwiegende Teil der unterhalb des Drucktellers befindlichen Dämmstoffpartikel komprimiert wird, steht zudem durch den in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2017 durchgeführten Setzversuch mit der angegriffenen Ausführungsform 1 fest. Dabei ist zwar ein Teil der Dämmstoffpartikel herausgelöst worden und ist durch die Aussparungen im Druckteller ausgetreten. Dabei handelt es sich jedoch gegenüber der Anzahl der Dämmstoffpartikel, die dem entstandenen Ausschnitt aus der Dämmstoffplatte entsprechen, um einen geringen Anteil. Der nicht ausgetretene Teil der Dämmstoffpartikel muss, das steht auch ohne einen Einblick in das Innere der Dämmstoffplatte fest, im Wesentlichen komprimiert worden sein.

Dass ein Teil der Dämmstoffpartikel nicht komprimiert, sondern herausgerissen wurde, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus. Es handelt sich dabei um eine im Vergleich zu den komprimierten Partikeln geringe Anzahl von Dämmstoffpartikeln. Soweit durch die Aussparungen im Druckteller die Kompressionswirkung insgesamt abgeschwächt worden ist, erklärt das Klagepatent dies, wie unter II. erörtert, für unbeachtlich.

3.
Die angegriffenen Ausführungsformen werden auch in Deutschland zur Benutzung in Deutschland angeboten und geliefert. Dass die Angebotsempfänger bzw. Abnehmer der Beklagten das geschützte Verfahren nicht selbst anwenden, sondern die angegriffenen Ausführungsformen an Dritte, insbesondere gewerbliche Handwerker, weiterliefern, die das Verfahren bestimmungsgemäß anwenden, steht dem Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG nicht entgegen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt A Rn. 354). Die Endabnehmer der Beklagten sind mangels Zustimmung der Klägerin als Patentinhaberin auch nicht berechtigt, das geschützte Verfahren anzuwenden.

4.
Es ist schließlich aufgrund der Umstände offensichtlich, dass die angegriffenen Ausführungsformen dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

Eine Offensichtlichkeit in diesem Sinne ist zunächst regelmäßig dann gegeben, wenn das Mittel ausschließlich patentverletzend verwendet werden kann (vgl. BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat; GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug). Abgesehen davon liegt die Offensichtlichkeit in der Regel vor, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder dergleichen auf die Möglichkeit patentgemäßer Verwendung hinweist oder diese gar empfiehlt, weil die Erfahrung dafür spricht, dass sich der Angebotsempfänger oder Abnehmer nach derartigen Anleitungen oder Empfehlungen richten wird (vgl. BGH, GRUR 2005, 848 – Antriebsscheibenaufzug; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat; GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren). Dagegen kann, wenn die Gebrauchsanweisung oder Bedienungsanleitung des Dritten nicht auf einen patentgemäßen Einsatz der Mittel ausgerichtet ist, Offensichtlichkeit nur angenommen werden, wenn sich aufgrund konkreter Umstände die Gefahr aufdrängt, dass der Abnehmer nicht nach der Anweisung verfahren wird (BGH, GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Daran gemessen ist die Offensichtlichkeit vorliegend bereits deshalb gegeben, weil die Beklagte in der Broschüre „C A“ (Anlage K3) und in dem Produktvideo (Anlage K4) auch auf die das Klagepatent verletzende versenkte Montage hinweist und diese – ebenso wie die das Klagepatent nicht verletzende oberflächenbündige Montage – als „Standard“ bezeichnet.

Soweit die Entscheidung „Antriebsscheibenaufzug“ des BGH (GRUR 2005, 848) dahingehend zu verstehen sein sollte, bei einem Hinweis sowohl auf eine patentgemäße als auch auf eine patentfreie Verwendung könne die Offensichtlichkeit nur dann festgestellt werden, wenn alle Angebotsempfänger oder Belieferten – bzw. deren Endabnehmer – den Willen haben, das Mittel patentverletzend zu verwenden, lässt sich dies jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Bei den angegriffenen Ausführungsformen handelt es sich um Massenprodukte, die von einer Vielzahl von gewerblichen Handwerkern über die Angebotsempfänger bzw. Lieferanten der Beklagten bezogen und eingesetzt werden. Der Schluss, dass zumindest ein Teil der gewerblichen Handwerker die als eine von zwei „Standard“-Methoden empfohlene versenkte Montage wählt, ist bei einem solchen Massenprodukt auch ohne weitere Feststellungen zur tatsächlichen Verwendung zulässig. Insoweit unterscheidet sich der zu entscheidende Fall von demjenigen, der der Entscheidung „Antriebsscheibenaufzug“ zugrunde lag und bei dem gerade kein Massenprodukt in Rede stand.

IV.
Aufgrund der Patentverletzung stehen der Klägerin die aus dem Tenor ersichtlichen Ansprüche gegen die Beklagte zu.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Angebots- und Lieferhandlungen nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG. Soweit die Klägerin auch hinsichtlich am Tiefenanschlag der angegriffenen Ausführungsform 2 angeordneter Schneidvorrichtungen Unterlassung begehrt, fehlt es an einer Erstbegehungsgefahr und war der Tenor einzuschränken (Tenor zu I. 2., Verfahrensschritt d)). Welche Vorsorgemaßnahmen der Anbieter oder Lieferant eines Mittels, das sowohl patentverletzend als auch patentfrei verwendet werden kann, zu treffen hat, bestimmt sich nach Abwägung aller Umstände im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen einerseits geeignet und ausreichend sein müssen, um Patentverletzungen mit hinreichender Sicherheit zu vermeiden, andererseits den Vertrieb des Mittels zum patentfreien Gebrauch nicht in unzumutbarer Weise behindern dürfen (BGH, GRUR 2006, 839 – Deckenheizung; GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Vorliegend behindert der von der Klägerin begehrte Warnhinweis im Angebot bzw. bei der Lieferung auf der Verpackung und dem Gehäuse den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen zum patentfreien Gebrauch nicht unzumutbar und erscheint zudem erforderlich und angemessen, um die patentverletzende versenkte Montage durch die Endabnehmer mit hinreichender Sicherheit zu vermeiden.

2.
Es ist auf den Antrag der Klägerin hin auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen.

Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne die rechtskräftige Feststellung die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.

3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte schließlich ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet.

Dagegen kann die Klägerin von der Beklagten nicht die besondere Kenntlichmachung derjenigen Lieferungen und Abnehmer verlangen, die das Mittel, insbesondere die angegriffene Ausführungsform 1, nach Kenntnis der Beklagten klagepatentgemäß zur Montage von Dämmstoffplatten an einer Unterkonstruktion verwendet haben. Die begehrte Auskunft betrifft nicht den Kenntnisbereich der Beklagten, sondern bezieht sich auf Handlungen von Dritten, die ihrerseits der Beklagten nicht zur Auskunft verpflichtet sind. Dies gilt auch dann, wenn, wie die Klägerin geltend macht, die Kunden der Beklagten üblicherweise Systemanbieter sind und bei einem beabsichtigten Einsatz zur versenkten Montage seitens der Endabnehmer bereits bei ihrer Bestellung bei der Beklagten Rondelle zur Abdeckung bestellen. Dies als richtig unterstellt, könnte die Beklagte allein aufgrund der Bestellung von Rondellen durch ihre Kunden nicht die gewünschte Auskunft erteilen. Allein aus einer solchen Bestellung folgt nicht, welche Endabnehmer die Bestellung tatsächlich erhalten und wie diese sie verwendet haben.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

VI.
Der Streitwert wird auf € 500.000,00 festgesetzt.