4b O 6/17 – Verfügungsverfahrenkosten

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2659

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 04. Mai 2017, Az. 4b O 6/17

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 24.01.2017 (4b O 6/17) wird im Kostenausspruch bestätigt.

II. Die Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.
Tatbestand

Die Parteien streiten um die Kosten einer einstweiligen Verfügung.

Die Verfügungsbeklagte verpflichtete sich gegenüber der Verfügungsklägerin mit bei dieser am 07.12.2016 eingegangener Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (Anlage ZAC5; nachfolgend: Unterwerfungserklärung), es während der Laufzeit des Patents DE 197 82 XXX (nachfolgend: Verfügungspatent) zu unterlassen, das Produkt A in Kombination mit den Komponenten

 B
 C
 D

(nachfolgend gemeinsam: Verletzungsformen) im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

Die Verfügungsbeklagte warb auf ihrer Homepage unter Verwendung eines Disclaimers weiterhin für die Verletzungsformen. Mit Schreiben vom 23.12.2016 (Anlage ZAC13) beanstandete die Verfügungsklägerin diese Werbung als die Unterwerfungserklärung sowie das Verfügungspatent verletzend und forderte die Verfügungsbeklagte auf, die verletzende Handlung einzustellen und eine erneute Unterwerfungserklärung abzugeben. Die Verfügungsbeklagte wies dies mit Schreiben vom 04.01.2017 (Anlage ZAC15) zurück.

Mit Schriftsatz vom 20.01.2017 beantragte die Verfügungsklägerin daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die die Kammer mit Beschluss vom 24.01.2017, wegen der besonderen Eilbedürftigkeit ohne vorherige mündliche Verhandlung, erlassen hat. Danach ist es der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

in der Bundesrepublik Deutschland das Produkt A in Kombination mit den Komponenten

 B
 C
 D

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

insbesondere auch dann, wenn dies mit dem Zusatz erfolgt

* Product is available via E, Inc.
* Not available in Germany till 9 December 2017

und/oder

* Product is available via E, Inc.
* Not available in Germany.

Der Verfügungsbeklagten ist der Beschluss im Parteibetrieb am 30.01.2017 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 13.02.2017 hat die Verfügungsbeklagte gegen die einstweilige Verfügung Kostenwiderspruch eingelegt und, nachdem sie gegenüber der Verfügungsklägerin eine entsprechende Erklärung bereits abgegeben hatte, erklärt, dass der Kostenwiderspruch einen Verzicht auf die Rechte aus den §§ 926, 927 ZPO sowie auf die Erhebung einer negativen Feststellungsklage enthalte.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, die Kosten des Verfügungsverfahrens seien analog § 93 ZPO der Verfügungsklägerin aufzuerlegen. Es fehle an einer vorherigen Abmahnung, die die tenorierten Benutzungsarten umfasse. Die von der Verfügungsklägerin abgemahnte Werbung im Internet stelle bereits kein Anbieten im Sinne des § 9 PatG dar. Jedenfalls könne durch diese Handlung eine Wiederholungsgefahr nur für das Anbieten vom Inland in das Ausland begründet worden sein, nicht aber für Handlungen, die erfordern, dass die Produkte sich tatsächlich im Inland befinden. Erst mit dem in einer Broschüre enthaltenen Hinweis „All products are made in Germany“ sei eine Begehungsgefahr für alle im Tenor der einstweiligen Verfügung genannten Benutzungsarten begründet worden. Der Hinweis in der Broschüre sei aber nicht Gegenstand der Abmahnung gewesen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

der Verfügungsklägerin die Kosten des Verfügungsverfahrens analog § 93 ZPO vollständig, hilfsweise teilweise aufzuerlegen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

den Kostenwiderspruch zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Kosten des Verfügungsverfahrens seien zu Recht der Verfügungsbeklagten auferlegt worden. § 93 ZPO finde keine Anwendung, da eine ordnungsgemäße Abmahnung erfolgt sei.
Entscheidungsgründe

I.
Auf den Kostenwiderspruch ist über die Rechtsmäßigkeit der einstweiligen Verfügung im Kostenausspruch zu entscheiden, § 925 Abs. 1 ZPO.

Die Kosten des Verfahrens sind der Verfügungsbeklagten mit dem Tenor zu III. des Beschlusses der Kammer vom 24.01.2017 zu Recht auferlegt worden. Die Kostentragungspflicht der Verfügungsbeklagten ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine abweichende Kostenverteilung ist insbesondere nicht nach § 93 ZPO geboten.

Zwar findet § 93 ZPO auch im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich Anwendung (Zöller-Herget, 31. Auflage 2016, § 93 Rn. 6: „Einstweilige Verfügung“). Jedoch liegen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Die Verfügungsbeklagte hat durch ihr Verhalten Anlass zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben.

1.
Veranlassung zur Klageerhebung gibt der Beklagte durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH, NJW-RR 2005, 1005). In Patentverletzungssachen ist anerkannt, dass zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich ist (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt C Rn. 144; Benkard-Grabinski/Zülch, 11. Auflage 2015, § 139 Rn. 163a). Inhaltlich muss die Abmahnung dem Verletzer die Möglichkeit geben, ihre Berechtigung zu überprüfen und durch entsprechendes Verhalten eine Klage zu vermeiden. Er muss durch die Abmahnung also in die Lage versetzt werden, den Verletzungstatbestand zu verifizieren (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt C Rn. 11).

2.
Daran gemessen hat die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin Anlass zu einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben.

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 23.12.2016 (Anlage ZAC13) abgemahnt. Die Abmahnung wies auch den erforderlichen Inhalt auf, insbesondere bezeichnete sie als Verletzungstatbestand mit dem Werben auf der Homepage der Verfügungsbeklagten eine Patentverletzung. Dass der Inhalt der Abmahnung im Übrigen die daran gestellten Anforderungen erfüllte, ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, weshalb es keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf.

a)
Bei dem Werben auf der Homepage der Verfügungsbeklagten, das die Verfügungsklägerin in der Abmahnung beanstandet, handelt es sich um ein Anbieten im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. Das Angebot der Verfügungsbeklagten weist auch den erforderlichen Inlandsbezug auf. Dies gilt bereits deshalb, weil es sich bei der Verfügungsbeklagten um eine im Inland ansässige Gesellschaft handelt und das Angebot dementsprechend von der Bundesrepublik Deutschland ausgeht (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt A Rn. 239). Der von der Verfügungsbeklagten verwendete Disclaimer beseitigt den Inlandsbezug nicht. Denn die inländische Angebotshandlung ist mit dem Werben auf der Homepage vollendet, so dass es auf die Frage, von wo und wohin angebotsgerechte Lieferungen erfolgen, nicht mehr ankommt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – I-15 U 19/14).

b)
Etwas anderes lässt sich auch nicht der Tatsache entnehmen, dass der Tenor der Unterlassungsverfügung von dem Antrag der Verfügungsklägerin abweicht. Gerade deshalb, weil es sich bei dem Bewerben der Produkte auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten um ein Anbieten handelt, bedurfte es dessen gesonderter Untersagung nicht.

Unabhängig davon, dass es für die Anwendbarkeit des § 93 ZPO nicht darauf ankommt, war dieser Umstand für die Verfügungsbeklagte auch erkennbar. Der nur auf ihrer Homepage verwendete Disclaimer wurde ausdrücklich in den Tenor aufgenommen. Dass das Verbot „insbesondere auch dann“ ausgesprochen wurde, wenn der nur beim Werben auf der Homepage verwendete Disclaimer aufgeführt wird, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass es sich nach Auffassung der Kammer bei dem Werben auf der Homepage um eine der untersagten Benutzungsarten handelt.

c)
Die Angebotshandlungen der Verfügungsbeklagten haben auch eine Erstbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr für alle im Tenor der einstweiligen Verfügung genannten Benutzungshandlungen – die denjenigen entsprechen, die in der Unterwerfungserklärung genannt sind – begründet. Durch den Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen die Unterwerfungserklärung ist die Wiederholungsgefahr aufgelebt (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt A Rn. 268). Das Aufleben bezieht sich auf alle diejenigen Benutzungshandlungen, die in der Unterwerfungserklärung genannt sind. Dagegen ist nicht erforderlich, dass sich allein anhand des Verstoßes für jede einzelne Benutzungshandlung eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr feststellen ließe.

Selbst wenn man letzteres für erforderlich hielte, wäre eine Begehungsgefahr hinsichtlich sämtlicher Benutzungshandlungen auch deshalb gegeben, weil die Verfügungsbeklagte selbst Herstellerin ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt D Rn. 249).

Stellt man dagegen allein auf die Angebotshandlung ab und nimmt an, dass diese eine Begehungsgefahr nur hinsichtlich des Inverkehrbringens, Gebrauchens, Besitzens und Einführens, nicht aber hinsichtlich des Herstellens zu begründen vermag, ändert auch dies nichts an der Kostentragungspflicht der Verfügungsbeklagten. Zwar würde es in diesem Fall hinsichtlich des Herstellens an einer vorherigen Abmahnung fehlen. Nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wären die Kosten des Verfügungsverfahrens gleichwohl der Verfügungsbeklagten aufzuerlegen gewesen.

II.
Die Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

III.
Der Streitwert für das Widerspruchsverfahren wird auf einen Wert der Stufe bis € 10.000,00 festgesetzt.