4b O 167/10 – Leichtmetallfelge

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1529

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Dezember 2010, Az. 4b O 167/10

I.
Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der ZuwideGandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten,

im geschäftlichen Verkehr das „A“ zu bewerben mit „Auf A gibt es ein Weltpatent“, wie dies auf der Internetseite B (Stand: 13.06.2010) geschehen und nachfolgend wiedergegeben ist:

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend in Ziffer I. bezeichnete Handlung entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.005,40 € zu zahlen.

IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

VI.
Das Urteil ist gegen SicheGeitsleistung in Höhe von 30.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin vertreibt jedenfalls in Deutschland Leichtmetallfelgen für PKW, die teilweise aus ihrer eigenen Herstellung stammen. Auch die Beklagte vertreibt, unter anderem über ihre unter www.C.de abrufbare Internetseite, PKW-Felgen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Die Beklagte, die im Dezember 2009 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde, ist Nachfolgeunternehmen der D GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss vom 08.01.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der jetzige Geschäftsführer E der Klägerin Prokurist des Vorgängerunternehmens der Beklagten. Der Geschäftsführer F der Klägerin war –als ausgeliehener Arbeitnehmer– vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Vertriebsleiter des Vorgängerunternehmens der Beklagten tätig. Er war an der Gestaltung des Internetauftritts der Vorgängerin der Beklagten beteiligt. Beide Geschäftsführer der Klägerin kannten den Inhalt dieses Internetauftritts. Im Wege eines Asset-Deals erwarb die Beklagte das Unternehmen ihrer Vorgängerin zum 01.01.2010, 0:30 Uhr. Die Vorgängerin der Beklagten war ebenfalls im Vertrieb von PKW-Felgen tätig und arbeitete bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Klägerin zusammen.

Jedenfalls vom 11.06.2010 bis zum 15.06.2010 fand sich auf der Internetseite der Beklagten die aus der Anlage K 1 (Bl. 9 GA) ersichtliche Einblendung zu dem „Zentralverschluss“, die auch im Klageantrag zu Ziffer I. wiedergegeben ist. Dort heißt es unter der Überschrift „Zentralverschluss“:
„Auf A gibt es ein Weltpatent“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Internetauftritts wird auf den als Anlage K 1 zur Akte gereichten Screenshot Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.06.2010 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Auskunft darüber zu erteilen, auf welches Patent bzw. welche Patentanmeldung sie sich in dem vorstehend wiedergegebenen Internetauftritt beziehe. Für den Fall, dass ein entsprechendes Patent nicht voGanden sei, forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 18.06.2010 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Wegen der Einzelheiten des anwaltlichen Schreibens sowie der geforderten Unterlassungserklärung wird auf die als Anlage K 2 zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 10 ff. GA) verwiesen. Die begehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab. Auf die geforderte Auskunftserteilung erklärte die Beklagte im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 18.11.2010, sie habe die streitgegenständliche Aussage allein auf der Internetseite www.C.de getätigt; dort habe sie sich vom 01.01.2010 bis zum 15.06.2010 befunden; in anderen Medien habe sie die Aussage nicht getätigt.

Der Geschäftsführer der Vorgängerin der Beklagten war Inhaber des Europäischen Patents EP 0 641 XXX B1 (Anlage 10), welches unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 02.09.1993 am 01.09.1994 angemeldet und dessen Erteilung am 08.01.1997 veröffentlicht wurde. Gegenstand des Patents war ein Einheitsradsystem für Straßenfahrzeuge. Seit dem 01.04.2005 ist das Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühren erloschen.

Mit drei weiteren anwaltlichen Schreiben, die ebenfalls auf den 11.06.2010 datieren, sowie mit anwaltlichem Schreiben vom 13.06.2010 sprach die Klägerin gegen die Beklagte weitere Abmahnungen aus. Diese Abmahnungen bezogen sich auf die nachfolgend dargestellten Punkte.

Abmahnung vom 11.06.2010 (Anlage 1):
– Blickfang-Werbung mit „Ab“-Preisen
– Werbung mit dem Zusatz „Das Original“ in räumlicher Nähe zum Unternehmenskennzeichen „F“
– Werbung mit der Aussage „G-Erstausrüster-Qualität“
jeweils wie dies in den „F Informationen für Fachhändler im April 2010“ geschehen ist.

Abmahnung vom 11.06.2010 (Anlage 2):
– Vorhalten eines „Felgen- und Komplettradshop[s]“ auf der Eingangsseite eines Internetauftritts, ohne dass über dieses Shop-System Produkte bestellt werden können
– Inhalt der Widerrufsbelehrung
– Verweis auf im Internet bereitgehaltene Reklamationsformulare für die Rückabwicklung von Kaufverträgen, soweit die Formulare an der angegebenen Stelle nicht bereitgehalten werden
– Angaben im Impressum der Internetseite
jeweils wie dies auf der Internetseite www.C.de (Stand 08.06.2010) geschehen ist.

Abmahnung vom 11.06.2010 (Anlage 3):
– Werbung mit den Aussagen
a) „So hat F eine der größten und modernsten Manufakturen des Kontinents“
b) „Übrigens ist auch das „Komplettrad“ eine Idee von F. Seit 1974 (!) ordern unzählige Kunden Räder und Reifen gleichfertig montiert“
jeweils wie dies auf der Internetseite www.C.de (Stand 10.06.2010) geschehen ist.

Abmahnung vom 13.06.2010 (Anlage 5):
– Herkunftshinweis „Made in EU“ auf Felgen
– Angebot und Vertrieb von Felgen unter Hinweis auf Teilegutachten und Festigkeitsberichte

In allen fünf ausgesprochenen Abmahnungen forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von jeweils näher bezeichneten Rechtsanwaltskosten auf. Wegen der Einzelheiten der vier vorgenannten weiteren Abmahnungen wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen (Anlagen 1, 2, 3, 5 zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 02.09.2010) Bezug genommen. Mit Schriftsätzen vom 23.07.2010 machte die Klägerin im Nachgang zu den Abmahnungen gemäß der Anlagen 1 und 3 Klagen bei den Landgerichten Köln und Hamburg anhängig. Wegen der in den Anlagen 2 und 5 gerügten angeblichen Wettbewerbsverstöße beantragte die Klägerin bei dem Landgericht Köln jeweils den Erlass einstweiliger Verfügungen.

Den Abmahnungen der Klägerin vom 11.06.2010 und 13.06.2010 gingen zwei von der Beklagten eingeleitete markenrechtliche Rechtsstreitigkeiten vor dem Landgericht Düsseldorf unter umgekehrtem Rubrum voraus. Insoweit wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichten Urteile des Landgerichts Düsseldorf vom 14.07.2010 und vom 04.08.2010 (Anlagen 12 und 13 der Beklagtenseite) Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, Ursache und Auslöser für die gegen die Beklagte ausgesprochenen Abmahnungen sei ihr wirtschaftliches Interesse an der Verfolgung von Verstößen von Konkurrenten gegen das UWG.
Sie ist der Ansicht, ihr Vorgehen sei unter den Gesichtspunkten der Übersichtlichkeit und der Prozessökonomie sinnvoll; es handele sich bei den in den verschiedenen Verfahren gerügten Verhaltensweisen jeweils um unterschiedliche Streitgegenstände; die Aufteilung auf verschiedene Verfahren sei sachgerecht.

Die Klägerin hat ursprünglich neben den verbliebenen Anträgen beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung gemäß Ziffer I. zu erteilen, geschlüsselt nach Werbemedium, Zeitraum, Auflage, bei gewerblichen Adressaten unter geordneter Angabe von Firma, Name und postalischer Anschrift.

Im Hinblick auf die diesbezüglichen Angaben im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 18.11.2010 (Bl. 38 ff. GA) haben die Parteien den Auskunftsantrag (Antrag zu Ziffer III. der Klageschrift) in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2010 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

bezüglich der Anträge zu I. und II. wie erkannt sowie

IV.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.005,40 € nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Zur Begründung führt sie an, alle Abmahnungen bezögen sich auf angebliche Verstöße auf ihrer Internetseite; es sei –außer dem Gebühreninteresse der Klägerin und der wirtschaftlichen Schädigung der Beklagten– kein Grund ersichtlich, warum die angeblichen Verstöße gemäß der Anlagen 1, 2, 3 und 4 nicht in einer Abmahnung und einem Klageverfahren vor einem Gericht zusammengefasst worden seien; auch die Einleitung des weiteren Klageverfahrens vor dem Landgericht Hamburg bezüglich der mit der Anlage 5 gerügten angeblichen Wettbewerbsverstöße spräche für rechtsmissbräuchliches Vorgehen.

Die Beklagte behauptet, sie habe den streitgegenständlichen Internetauftritt von ihrer Vorgängerin übernommen und lediglich bezüglich der Namen und Daten des Unternehmens geändert; sie habe die Äußerung am 15.06.2010 von der Internetseite entfernt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage hat Erfolg. Sie ist im Wesentlichen zulässig und –soweit zulässig– vollumfänglich begründet.

1.
Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

a.
Der Unterlassungsantrag ist zulässig. Die Klägerin ist -auch- insoweit prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis bezüglich des Unterlassungsantrags ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ausgeschlossen.

Rechtsmissbrauch im Sinne der genannten Vorschrift bezieht sich nur auf die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs, das heißt auf die Begleitumstände des vorprozessualen oder prozessualen Vorgehens (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 8 Rn 4.10). Rechtsmissbrauch ist gegeben, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089 (1090) – Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen; BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I; BGH GRUR 2001, 260 (261) – Vielfachabmahner). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist indessen nicht erforderlich (BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I; KG GRUR-RR 2008, 212). Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH GRUR 2006, 243 (244) – MEGA SALE).
Anhaltspunkte für ein solches missbräuchliches Verhalten können grundsätzlich verschiedene prozessuale Situationen bieten: So kann es sich als missbräuchlich erweisen, dass der Unterlassungsgläubiger, ohne hierzu – etwa mit Blick auf den drohenden, auf andere Weise nicht zu verhindernden Eintritt der Verjährung – genötigt zu sein, neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Schuldner dies in einer Abschlusserklärung als endgültige Regelung akzeptiert. Ferner kann ein Missbrauch naheliegen, wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt – sei es als Prozessbevollmächtigtem oder als Verkehrsanwalt – vertreten werden, nicht gemeinsam als Streitgenossen klagen, sondern getrennte Verfügungs- oder Klageverfahren anstrengen oder wenn mehrere Unterlassungsschuldner nicht in einem Verfahren, sondern jeweils gesondert in Anspruch genommen werden, obwohl eine subjektive Klagehäufung auf der Aktiv- oder Passivseite für den Kläger oder Antragsteller mit keinerlei Nachteilen – etwa bei der Wahl des Gerichtsstandes – verbunden wäre. Schließlich ist in Fällen, in denen das prozessuale Vorgehen verschiedener Konzernunternehmen gegen Wettbewerbsverstöße zentral gesteuert wird, zu fragen, ob es nicht ausgereicht hätte, dass eines der Konzernunternehmen einen Titel erstritten hätte, aus dem bei Zuwiderhandlungen bundesweit auch im Interesse anderer zum Konzern gehörender Unterlassungsgläubiger vollstreckt werden könnte, oder ob – wenn schon für jedes Konzernunternehmen ein eigener Titel für notwendig gehalten wurde – nicht ein streitgenössisches Vorgehen zumutbar gewesen wäre (BGH GRUR 2000, 1089 (1091) – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung).
Keine der vorgenannten Konstellationen ist vorliegend gegeben. Auch andere Umstände, die die Verfolgung sachfremder Ziele durch die Klägerin nahelegen, liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus den Begleitumständen des vorprozessualen oder prozessualen Vorgehens der Klägerin. Als sachfremde Ziele kommen u.a. das eigene Gebühreninteresse, das Interesse an der Kostenbelastung des Gegners sowie die Behinderung von Wettbewerbern in Betracht (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 8 Rn 4.12 ff.). Solche Ziele erscheinen nicht als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv des klägerischen Vorgehens.

Die von der Klägerin gegen die Beklagte ausgesprochenen Abmahnungen und angestrengten Gerichtsverfahren beziehen sich jeweils auf unterschiedliche Streitgegenstände, deren Geltendmachung in unterschiedlichen Verfahren nach Auffassung der Kammer nicht den Schluss zulässt, dass –wie die Beklagte meint– das Gebühreninteresse, die wirtschaftliche Schädigung der Beklagten oder sonstige sachfremde Ziele überwiegen würden. Die Klägerin hat die Gründe für ihr Vorgehen mit Schriftsätzen vom 15.09.2010 und vom 05.11.2010 dargelegt. Danach liegen die Gründe für die getrennte Geltendmachung der angeblichen Wettbewerbsverstöße unter anderem darin, dass es sich um unterschiedlich gelagerte (angebliche) Wettbewerbsverstöße handele, die zum Teil in verschiedenen Werbemedien enthalten seien, wobei die Klägerin als weitere Gründe für die Aufteilung auf verschiedene Verfahren die Prozessökonomie und die Erhaltung der Übersichtlichkeit der einzelnen Verfahren angibt.
Diese Argumentation wird gestützt durch die in Kopie zur Akte gereichten Abmahnungen. Diese beziehen sich jeweils auf die im Einzelnen aus dem Tatbestand ersichtlichen Streitgegenstände. Eine solche Aufteilung ist sachgerecht. Die Geltendmachung sämtlicher (angeblicher) Wettbewerbsverstöße in nur einem Verfahren wäre hingegen nicht zweckmäßig, da es sich um eine Vielzahl verschiedener Streitgegenstände handelt, die jeweils unabhängig voneinander sind und deren materiell-rechtliche Beurteilung in keiner Weise von der materiell-rechtlichen Beurteilung der bezüglich der weiteren Streitgegenstände aufgeworfenen Fragen abhängt. Im Hinblick auf das vorliegende Verfahren kommt hinzu, dass es sich um eine patentrechtliche Streitigkeit handelt, da Gegenstand des Rechtsstreits eine Patentberühmung ist. Die materiell-rechtliche Beurteilung einer Patentberühmung steht ganz offensichtlich in keinerlei Zusammenhang mit der Beurteilung der in den weiteren Abmahnungen beanstandeten Verhaltensweisen. Dass die Geschäftsführer der Klägerin nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag um die Einzelheiten im Zusammenhang mit der Anmeldung, Erteilung und dem Erlöschen des Europäischen Patents EP 0 641 XXX B1 (Anlage 10) wussten, spricht nicht für die Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Vorgehens. Denn wenn die Geschäftsführer der Klägerin wussten, dass das ursprüngliche Patent keinen Bestand hat, hatten sie erst recht Anlass, sich mit einer Berechtigungsanfrage an die Beklagte zu richten.

Dass einer der Geschäftsführer der Klägerin in die Erstellung des Internetauftritts des Vorgängerunternehmens der Beklagten eingebunden war und beide Geschäftsführer der Klägerin schon vor der Unternehmensübernahme Kenntnis von dem Inhalt des Internetauftritts hatten, führt nicht zum Vorliegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Denn die Klägerin arbeitete mit der Vorgängerin der Beklagten zusammen. Dass sie während der Dauer der Zusammenarbeit und des Insolvenzverfahrens nicht gegen ihre damalige / ehemalige Partnerin vorgegangen ist, lässt nicht erkennen, dass das spätere Vorgehen gegen die Beklagte, mit der keine Zusammenarbeit bestand, auf sachfremden Erwägungen beruhen würde. Dass sich die Interessenlage der Klägerin dadurch ändert, dass die Zusammenarbeit mit ihrer ehemaligen Partnerin endet und deren Nachfolgeunternehmen nach Durchführung des Insolvenzverfahrens am Markt aktiv wird, ist dem Wirtschaftsverkehr immanent und stellt keine sachfremde Erwägung dar.
Der Vortrag der Beklagten, die Geschäftsführer der Klägerin hätten die streitgegenständliche Äußerung selbst veranlasst, bezieht sich zum Einen nicht auf konkrete Umstände des vorprozessualen bzw. prozessualen Vorgehens der Klägerin und führt zum Anderen nicht zu einer anderen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts durch die Kammer.

Soweit die Beklagte anführt, die Klägerin bringe für sämtliche Abmahnungen getrennte Rechtsanwaltskosten in Ansatz, begründet auch dieser Umstand keinen Rechtsmissbrauch. Zwar sind die geforderten Rechtsanwaltskosten aufgrund der Gebührendegression bei Aufteilung der Verfahren höher als beim Vorgehen innerhalb eines Verfahrens. Dennoch erscheinen weder das Kosteninteresse der Klägerin noch die Kostenbelastung der Beklagten als überwiegendes Ziel dieses Vorgehens. Denn die Aufteilung ist aus den oben dargestellten Gründen sachdienlich und zweckmäßig. Dagegen, dass die von der Beklagten angeführten Erwägungen maßgebliche Ziele der Klägerin sind, spricht auch, dass sie in der Abmahnung gemäß der Anlage 2 insgesamt vier angebliche Wettbewerbsverstöße zusammengefasst hat, die jedenfalls zum Teil nicht zueinander in Beziehung stehen. Dass die Klägerin die Beklagte vor unterschiedlichen Gerichten in Anspruch nimmt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Im Übrigen ist das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2010 vorgebrachte Argument, ein Verfahren sei wegen der recht gesicherten Rechtsprechung des OLG Hamburg zu der entsprechenden materiell-rechtlichen Frage in Hamburg anhängig gemacht worden, ohne weiteres sachlich nachvollziehbar. Auch der Umstand, dass die Beklagte zuerst zwei gerichtliche Verfahren gegen die Klägerin geführt hat, begründet nicht die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin. Die ursprünglichen Streitigkeiten mögen Anlass für die Überprüfung des Verhaltens der Beklagten gewesen sein; dass sachfremde Ziele wie das eigene Gebühreninteresse, die Wettbewerberbehinderung oder die Kostenbelastung der Beklagten der eigentliche Grund für die Einleitung des vorliegenden Klageverfahrens waren, ergibt sich daraus jedoch nicht. Denn es steht der Klägerin grundsätzlich frei, das Verhalten ihrer Mitbewerber auf die Wettbewerbsmäßigkeit hin zu überprüfen, und zwar auch dann, wenn sie zuvor selbst in Anspruch genommen worden ist. Auch aus den als Anlagen 12 und 13 von der Beklagten zur Akte gereichten Urteilen ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das Vorgehen der Klägerin im hiesigen Verfahren sachfremden Zielen dienen würde.

Die vorliegende Konstellation ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht vergleichbar mit der Situation bei sogenannten Mehrfachabmahnungen, bei denen mehrere im Konzernverbund stehende Unternehmen mit Hilfe der gleichen Anwaltskanzlei in getrennten Verfahren den gleichen Wettbewerbsverstoß geltend machen. Denn die insgesamt fünf durch die Klägerin ausgesprochenen Abmahnungen haben jeweils bezugslos nebeneinander stehende (angebliche) Wettbewerbsverletzungen zum Gegenstand. Jeder der gerügten Sachverhalte erfordert dabei eine eigene materiell-rechtliche Prüfung, was bei sogenannten „Mehrfachabmahnungen“ typischerweise nicht oder nur in eingeschränktem Umfang der Fall ist.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist die Kammer nicht der Überzeugung, dass die Gesamtumstände des vorprozessualen und prozessualen Vorgehens der Klägerin die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen. Dies geht zu Lasten der Beklagten, die sich auf rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin beruft (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 8 Rn 4.25)

b.
Die Feststellungklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Klägerin die Bezifferung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs im Hinblick auf die kurzfristig erteilte Auskunft noch nicht möglich ist.

c.
Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu Ziffer IV. pauschal Zinsen begehrt, ist dieser Antrag unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist.

2.
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

a.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die begehrte Unterlassung. Der Anspruch beruht auf §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 UWG. Die Voraussetzungen dieser Normen sind gegeben.

Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Danach ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da beide Parteien auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Felgen für den PKW-Zubehörmarkt vertreiben.

In der angegriffenen Aussage liegt eine geschäftliche Handlung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit einer Förderung des Absatzes oder Bezuges oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Ein solches Verhalten ist hier gegeben. Denn die angegriffene Aussage in dem Internetauftritt der Beklagten dient der Bewerbung der von der Beklagten vertriebenen Felgen, die mit dem angepriesenen Zentralverschluss ausgestattet sind.

Die streitgegenständliche Aussage ist unzulässig, § 3 Abs. 1 UWG, da sie nach § 5 Abs. 1 UWG unlauter ist. Sie ist aufgrund unwahrer Angaben über ein wesentliches Merkmal des Produktes zur Täuschung geeignet, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.
Bei der Angabe, ein Produkt sei patentiert, handelt es sich um eine Angabe über ein wesentliches Merkmal der Ware, und zwar über ihre Beschaffenheit (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 5 Rn 5.113). Die streitgegenständliche Aussage „Auf A gibt es ein Weltpatent“, stellt eine solche Angabe dar. Der angesprochene Verkehrskreis versteht diese Äußerung als Hinweis auf ein bestehendes Patent für den beworbenen Zentralverschluss, denn die Angabe, dass es ein Patent „gibt“, beinhaltet zugleich den Fortbestand des Patents (vgl. auch Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 5 Rn 5.117). Ein anderes Verständnis des angesprochenen Verkehrskreises liegt weder nahe, noch ist ein solches vorgetragen. Das bei dem angesprochenen Verkehrskreis hervorgerufene Verständnis entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Denn unstreitig war das insoweit einzig in Betracht kommende Patent EP 0 641 XXX B1 jedenfalls bei der Unternehmensübernahme durch die Beklagte erloschen.
Selbst bei Fortbestehen des vorgenannten Schutzrechtes und Einbeziehung des beworbenen Zentralverschlusses in dessen Schutzbereich wäre die angegriffene Äußerung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irreführend. Denn nach dem insoweit unwidersprochenen Klägervortrag versteht der angesprochene Verkehrskreis den Begriff „Weltpatent“ dahingehend, dass ein Patentschutz in zumindest all denjenigen Ländern besteht, nach deren Gesetzen ein Patentschutz möglich ist. Auch dies war vorliegend nicht der Fall. Denn in der EP 0 641 XXX B1 sind lediglich 13 Vertragsstaaten benannt.

In der angegriffenen Aussage liegt auch eine zur Irreführung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG geeignete Angabe. Denn nach dem insoweit unwidersprochenen Klägervortrag ruft die Äußerung bei dem angesprochenen Verkehrskreis zugleich den Eindruck hervor, dass derjenige, der Inhaber des „Weltpatents“ ist, über besonderes Wissen und technische Fähigkeiten verfügt, die ihn von seinen Mitbewerbern abheben. Auch darin liegt eine Irreführung, denn dass sie tatsächlich über solches Wissen und solche Fähigkeiten verfügen würde, trägt auch die Beklagte nicht vor. Dazu wäre sie jedoch verpflichtet. Denn bei Werbebehauptungen, die sich auf im innerbetrieblichen Bereich angesiedelte Umstände beziehen, treffen den Werbenden prozessuale Erklärungspflichten. Danach muss er den Sachverhalt soweit aufklären, dass eine Überprüfung der angegriffenen Aussage möglich ist (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 5 Rn 3.23).

Die erforderliche Wiederholungsgefahr wird jeweils durch die bereits erfolgte Rechtsverletzung indiziert.

b.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Der Anspruch folgt aus §§ 9 S. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG. Die Voraussetzungen des genannten Schadensersatzanspruchs sind gegeben. In der streitgegenständlichen Aussage liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum Unterlassungsanspruch verwiesen. Darüber hinaus ist das nach § 9 S. 1 UWG erforderliche Verschulden gegeben. Die Beklagte handelte jedenfalls fahrlässig. Sie hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen. Diese erfordert, dass ein Unternehmen die Angaben in seinem eigenen Internetauftritt einer inhaltlichen Prüfung unterzieht. Eine hinreichende Prüfung hat die Beklagte offensichtlich nicht vorgenommen. Dies folgt schon daraus, dass sie auf ihrer Internetseite mit einem -unstreitig- nicht bestehenden „Weltpatent“ warb. Soweit die Beklagte anführt, sie habe den Internetauftritt ihres Vorgängerunternehmens lediglich übernommen, entlastet sie dies nicht. Denn die ungeprüfte Übernahme von durch Dritte bereitgestellten Informationen verstößt ebenfalls gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Dass die Geschäftsführer der Klägerin die irreführenden Inhalte bereits seit Jahren kannten bzw. einer der Geschäftsführer in die Gestaltung des Internetauftritts der Vorgängerin der Beklagten eingebunden war, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.

c.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.005,40 €. Der Anspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und ist gerichtet auf die für die Abmahnung gemäß der Anlage K 2 in Ansatz gebrachten Kosten. Die Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 23.07.2010 ist inhaltlich nicht zu beanstanden.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91 a ZPO.

1.
Soweit die Klage bezüglich der Zinsforderung als unzulässig abgewiesen wurde, sind die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegeben.

2.
Bezüglich der auf den Auskunftsantrag entfallenden Kosten war unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 91 a Abs. 1 ZPO), nachdem die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Allgemeinen ist diejenige Partei zur Kostentragung verpflichtet, die hinsichtlich des erledigten Begehrens im Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Danach hat die Beklagte die Kosten auch insoweit zu tragen, als sie auf den Auskunftsantrag entfallen. Denn dieser war ursprünglich zulässig und begründet.

a.
Die Auskunftsklage war zulässig. Insbesondere war sie nicht rechtsmissbräuchlich. Dass den Geschäftsführern der Klägerin der streitgegenständliche Inhalt des Internetauftritts bereits bei der Unternehmensübernahme durch die Beklagte bekannt war, führt nicht zur Unzulässigkeit der Auskunftsklage wegen Rechtsmissbrauchs. Denn die Kenntnis des Anfangszeitpunktes der etwaigen Rechtsverletzung reicht zur Ermittlung des Umfangs etwaiger Schadensersatzansprüche durch die Klägerin nicht aus. Den Endzeitpunkt hat die Beklagte erst nach Klageerhebung mitgeteilt.

b.
Die Auskunftsklage war, bis durch die Angaben im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 18.11.2010 Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, begründet.
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte aus dem durch den Wettbewerbsverstoß begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis in Verbindung mit § 242 BGB einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte. Die Anspruchsvoraussetzungen lagen vor. Insbesondere bestand bei der Klägerin eine unverschuldete Ungewissheit über den Umfang ihres Schadensersatzanspruchs, während die Beklagte in der Lage war, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen (vgl. zu den Anspruchsvoraussetzungen: BGH NJW 1989, 2463; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, § 9 Rn 4.5). Denn die Tatsachen, auf die sich die begehrte Auskunft bezog, fielen in die betriebliche Sphäre der Beklagten. Auf diese kann die Beklagte -im Gegensatz zur Klägerin- ohne weiteres zugreifen.

III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

IV.
Streitwert: 30.000,00 €