4b O 176/04 – Schwangerschaftstestgerät VI

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1356

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. Januar 2010, Az. 4b O 176/04

Rechtsmittelinstanz: 2 U 26/10

I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag (Antrag zu I.1. der Klageschrift vom 8. April 2004) erledigt ist.

II. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg in der Zeit vom 02. November 2002 bis zum 26. April 2008 zu erteilen, über

analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, Ies unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand stromabwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, Ies markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die flüssige Testprobe, die möglicherweise die Nachweissubstanz enthält und die auf das Gerät aufgebracht wird, markiertes Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone dringen kann, dadurch gekennzeichnet, dass

a) der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist;

b) der poröse Träger innerhalb des hohlen Gehäuses enthalten ist, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut ist und mit Mitteln zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) versehen ist, bis zu dem das markierte Reagenz in der zu beobachtenden Nachweiszone gebunden wird;

c) der poröse Träger mit einem porösen Probenaufnehmer verbunden ist und indirekt mit dem Äußeren des hohlen Gehäuses über den porösen Probenaufnehmer in Verbindung steht, auf den die flüssige Testprobe aufgebracht und von dem die aufgebrachte flüssige Testprobe in den porösen Träger dringen kann, und

d) das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des hohlen Gehäuses enthalten ist,

und zwar unter Angabe

(a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

(b) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,

wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben,

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 37 %, die Beklagten zu 63 % als Gesamtschuldner.

V. Das Urteil ist für die Klägerin wegen des Ausspruchs zu II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,- Euro und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist seit dem 29. August 2002 eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 560 XXX (nachfolgend Klagepatent, Anlage K1, deutsche Übersetzung K3), das auf einer Anmeldung vom 26. April 1988 beruht und dessen Erteilung am 2. Oktober 2002 bekannt gemacht wurde. Die Patentansprüche sind am 20. Dezember 2001 in deutscher Übersetzung veröffentlicht worden. Das Klagepatent ist aus einer Teilanmeldung zu der europäischen Patentanmeldung Nr. 88 303 XXX.2, EP 291 XXX (nachfolgend Stammpatent), hervorgegangen, Ies u.a. Gegenstand des Rechtsstreits 4b O XXX/03 zwischen den Parteien war, der sich derzeit in der Berufung bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen I-U XXX/04) befindet. Seit dem 26. April 2008 ist das Klagepatent wegen Zeitablaufs erloschen.

Das Klagepatent, Ies ein Testgerät zur Durchführung von spezifischen Bindungsprüfungen betrifft und dessen Verfahrenssprache Englisch ist, wurde durch Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer vom 25. April 2006 aufrechterhalten. Nach Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung hat diese mit Entscheidung vom 8. September 2008 die gegen das Klagepatent erhobenen Einsprüche zurückgewiesen. Das Stammpatent wurde in einem beim Bundespatentgericht geführten Nichtigkeitsverfahren am 7. Juni 2005 für nichtig erklärt. Auf die gegen die Entscheidung beim Bundesgerichtshof durchgeführte Berufung wurde das Stammpatent mit Urteil vom 4. November 2008 eingeschränkt aufrechterhalten.

Patentanspruch 1 des Klagepatentes, der im Rechtsstreit allein interessiert, hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:

„Analytisches Testgerät, umfassend einen trockenen porösen Träger (510), unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, Ies unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone (517) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, Ies markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die flüssige Testprobe, die möglicherweise die Nachweissubstanz enthält und die auf das Gerät aufgebracht wird, markiertes Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone (517) dringen kann, dadurch gekennzeichnet, dass

a) der Markierungsstoff ein teilchenförmiger Direktmarkierungsstoff ist;
b) der poröse Träger innerhalb des hohlen Gehäuses (500) enthalten ist, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut und mit Mitteln (508) versehen ist, die das Ausmaß (sofern gegeben), bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone (517) gebunden wird, feststellen lassen;
c) der poröse Träger mit einem porösen Probenaufnehmer (506) verbunden ist und indirekt mit dem Äußeren des hohlen Gehäuses über den porösen Probenaufnehmer in Verbindung steht, auf den die flüssige Testprobe aufgebracht und von dem die aufgebrachte flüssige Testprobe in den porösen Träger dringen kann, und
d) das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des hohlen Gehäuses (500) enthalten ist.“

Die nachstehenden Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift) zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung:

Die Klägerin erhob unter dem 18. März 2003, bei Gericht eingehend am 20. März 2003, gegenüber den Beklagten Klage wegen Verletzung des Stammpatentes (EP 0 291 XXX) sowie des europäischen Patentes EP 0 560 XXX. Mit Schriftsatz vom 8. April 2004 machte die Klägerin Ansprüche wegen Verletzung des hiesigen Klagepatentes geltend, Ie mit Beschluss vom 22. April 2004 von der ursprünglichen Klage (Aktenzeichen 4b O XXX/03) abgetrennt wurden.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „A“ Schwangerschaftstestgeräte, wie sie aus den Anlage K 5 – K 5b ersichtlich sind. Die Testgeräte sind wie folgt aufgebaut:

Im Inneren des Testgerätes befindet sich ein poröser Träger mit einer Nachweiszone, in der Kaninchen-Anti-t-hCG-Antikörper immobilisiert sind. Stromaufwärts der Nachweiszone ist auf einem separaten Glasfaserkissen, Ies auf dem porösen Träger aufliegt, eine Reaktionszone vorgesehen, die als Bindungsreagenz markierte Kaninchen-Anti-Maus-Antikörper aufweist. Die Reaktionszone trägt außerdem unmarkierte Maus-Anti-ß-hCG-Antikörper. Beide Antikörper bilden – spätestens mit dem Aufbringen einer flüssigen Probe – einen Komplex. Wird das Testgerät in Gebrauch genommen, so bindet in der Testprobe vorhandenes hCG zunächst im Bereich der Reaktionszone an die unmarkierten Maus-Anti-ß-hCG-Antikörper. In der stromabwärts folgenden Nachweiszone bindet sodann der Kaninchen-Anti-t-hCG-Antikörper (als Anti-α-Antikörper) an ein Epitop auf der α-Kette des hCG-Hormons. Stromabwärts der Nachweiszone verfügt der poröse Träger über eine Kontrollzone mit Ziege-Anti-Kaninchen-Antikörpern, Ie an die markierten Kaninchen-Anti-Maus-Antikörper der Reaktionszone binden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der streitbefangene Schwangerschaftstest wortsinngemäß, in jedem Fall aber mit äquivalenten Mitteln von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht habe. Sie sei im Hinblick auf sämtliche geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert, da ihr sämtliche sich aus dem Klagepatent ergebenden Ansprüche übertragen worden seien. Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin zur Aktivlegitimation wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Vorliegend nimmt sie die Beklagten deshalb, nachdem sie den Rechtsstreit im Hinblick auf den Ablauf der Schutzdauer für das Klagepatent für teilweise erledigt erklärt hat und die Beklagten sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen haben, auf Feststellung der Erledigung, Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung in Anspruch, wobei eine Verurteilung in Bezug auf die Benutzungshandlung des Herstellens sowie eine Vernichtung und Feststellung der Entschädigungsverpflichtung nicht mehr geltend gemacht und Schadensersatzfeststellung nicht mehr ab dem 26. August 2000, sondern ab dem 02. November 2002 verlangt wird. Die Beklagten haben insoweit einer teilweisen Klagerücknahme zugestimmt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

I. die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in Iem Umfang sie in der Zeit vom 02. November 2002 bis zum 26. April 2008

in der Bundesrepublik Deutschland

analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, Ies unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand stromabwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, Ies markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die flüssige Testprobe, die möglicherweise die Nachweissubstanz enthält und die auf das Gerät aufgebracht wird, markiertes Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone dringen kann, dadurch gekennzeichnet, dass

a) der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist;

b) der poröse Träger innerhalb des hohlen Gehäuses enthalten ist, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut ist und mit Mitteln zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) versehen ist, bis zu dem das markierte Reagenz in der zu beobachtenden Nachweiszone gebunden wird;

c) der poröse Träger mit einem porösen Probenaufnehmer verbunden ist und indirekt mit dem Äußeren des hohlen Gehäuses über den porösen Probenaufnehmer in Verbindung steht, auf den die flüssige Testprobe aufgebracht und von dem die aufgebrachte flüssige Testprobe in den porösen Träger dringen kann, und

d) das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des hohlen Gehäuses enthalten ist,

angeboten, in den Verkehr gebracht haben oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben, und zwar unter Angabe

(a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

(b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (gegebenenfalls der Marken- und/oder Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für Ie die Erzeugnisse bestimmt waren,

(c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (gegebenenfalls der Marken- und/oder Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

(d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

(e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es die denn, diese könnten den unter Ziffer I.1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben und (a) und (b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten gesamtschuldnerisch tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 02. November 2002 bis zum 26. April 2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch zukünftig entstehen wird.

Wegen des auf eine lediglich äquivalente Patentbenutzung bezogenen Hilfsantrages wird auf Blatt 275 GA Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie rügen die Verspätung der erhobenen Klage und stellen die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede. Im Übrigen bestreiten sie den erhobenen Verletzungsvorwurf. Wenn in dem Klagepatent davon die Rede sei, dass das markierte Reagenz und das unmarkierte Bindungsagens „spezifisch“ für die Nachweissubstanz zu sein hätten, so besage dies für den Durchschnittsfachmann, dass das Reagenz und das Bindungsagens nur mit der Nachweissubstanz (und mit keinem anderen Stoff) eine Bindung eingehen könne. Bei der angegriffenen Ausführungsform liege eine derartige Spezifität nicht vor, weil der in der Nachweiszone immobilisierte Antikörper nicht nur mit dem hCG-Hormon, sondern gleichermaßen mit anderen im Urin unabhängig von einer Schwangerschaft vorkommenden Hormonen, nämlich Lutropin (LH), Follitropin (FSH) und Thyrotropin (TSH), reagieren könne. Das markierte Bindungsagens der Reaktionszone sei in dem gleichen Sinne ebenso wenig spezifisch für das hCG-Hormon. Das Agens befinde sich überdies nicht auf dem porösen Träger (in einer ersten Zone), sondern in einem davon gesonderten Glasfaserkissen. Der poröse Träger sei auch nicht einstückig ausgestaltet. Im Übrigen hafte der Übersetzung des Klagepatentes ein Übersetzungsfehler an, da die Überschrift „Description“ am Anfang der englischen Fassung des Klagepatentes nicht übersetzt worden sei. Weiterhin werde auf Seite 3, Zeile 47 der Begriff „casing or housing“ unvollständig nur mit „Gehäuse“ übersetzt.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Mit dem Vertrieb der streitbefangenen Schwangerschaftstests haben die Beklagten dem Wortsinn nach widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht, so dass insoweit Erledigung eingetreten ist. Wegen der Verletzung des Klagepatentes stehen der Klägerin Ansprüche zu soweit sie auf Auskunft gemäß § 140 b PatG gerichtet sind. Ansprüche wegen Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung waren zurückzuweisen, da die Klägerin insoweit ihre Berechtigung zur Geltendmachung der Ansprüche nicht hinreichend dargetan hat.

I.
1.
Die Klageerweiterung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verspätet. Die Klägerin hat die Klageerweiterung mit Bezug auf das hiesige Klagepatent entsprechend dem Gebot des § 145 PatG erhoben. Es handelt sich insoweit um eine zulässige Klageerweiterung im Sinne des § 263 ZPO, die sachdienlich ist, da tatbestandlich ein Fall des § 145 PatG vorliegt (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl. Rdnr. 871). Zwar mag es der Klägerin grundsätzlich möglich gewesen sein, das Klagepatent schon zu einem früheren Zeitpunkt zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen. Einen Nachteil erfährt den Beklagten hieraus jedoch nicht, da sie durch die Abtrennung sämtliche Verteidigungsmittel gegen die Verletzung des Klagepatentes geltend machen kann, sich mithin in der gleichen Lage befindet als hätte die Klägerin das Klagepatent in einer selbständigen Klage anhängig gemacht.

2.
Das Klagepatent stand vor Ablauf der Schutzdauer in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Insbesondere war das Klagepatent nicht gemäß Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG unwirksam.

Die Regelung des Art. II § 3 IntPatÜG verlangt die Einreichung einer vollständigen Übersetzung. Auslassungen und Lücken führen, wie die Kammer in dem von den Parteien diskutierten Urteil vom 15. Januar 2009, Az. 4b O XXX/07, ausgeführt hat, zu einer unvollständigen und nicht bloß zu einer fehlerhaften Übersetzung. Allerdings hat die Kammer an dem in der genannten Entscheidung vertretenen strikten Ansatz, dass jedes Fehlen einer Übersetzung ohne Ansehung seiner Qualität oder seiner Bedeutung für das Verständnis der technischen Lehre eines europäischen Patents die Konsequenz des Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG nach sich ziehe, nicht festgehalten (vgl. etwa Urteil der Kammer vom 09. Juni 2009, Az.: 4b O XXX/09).

Jedenfalls in solchen Fällen, in denen – was bereits in der erstgenannten Entscheidung der Kammer angedeutet worden war – es gänzlich ausgeschlossen erscheint, dass die Lücke oder Auslassung zu irgendeinem Missverständnis oder zu irgendeiner Unsicherheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen hinsichtlich der unter Schutz gestellten Lehre führen kann, rechtfertigt dies nicht die Unwirksamkeit des Schutzrechtes. Der Übersetzungszwang nach Art. II § 3 IntPatÜG ist kein rein formales Erfordernis, dem schon immer dann nicht mehr genügt ist, wenn irgendein Wort der Patentschrift ohne Rücksicht auf seine Bedeutung für die Schutzbereichserfassung nicht übersetzt ist. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, sicher zu stellen, dass die in fremder Verfahrenssprache abgefasste, in Deutschland gültige und deswegen von den inländischen Verkehrskreisen zu beachtende Patentschrift in einer solchen Weise ins Deutsche übertragen wird, dass Inländer ohne Sprachschwierigkeiten und ohne Erleiden eines Wettbewerbsnachteils von dem Inhalt der Patentschrift Kenntnis nehmen und ihr eigenes wirtschaftliches Handeln darauf abstellen können. Das Hauptanliegen der Veröffentlichung der fremdsprachigen Originalschrift in deutscher Sprache ist die Verbreitung der Patentinformation in eben dieser Sprache. Der Inhalt der fremdsprachigen Patentschrift muss deshalb vollständig transportiert werden, so dass es für die Schutzbereichserwägungen an sich keinen Unterschied macht, ob auf das fremdsprachige Originaldokument oder statt dessen auf die deutsche Übersetzung zurückgegriffen wird. Dies ist jedenfalls dann gewährleistet, wenn lediglich einzelne Wörter fehlen und ohne Ansehung des konkreten Streitfalls und/oder der dort in Rede stehenden Ausführungsform ein über das fehlende Wort an sich hinausgehendes, irgendwie relevantes Informationsdefizit nicht zu erblicken ist, so dass die Auslassung oder die Lücke ohne jede Bedeutung bleibt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist das Klagepatent einer hinreichenden deutschen Übersetzung zugeführt worden. Die von den Beklagten aufgezeigten „Lücken“ in der deutschen Übersetzung des Klagepatents sind ohne Auswirkung auf die Wirksamkeit des Klagepatents.

a)
Dass das Wort „description“ (Überschrift vor Beginn der Beschreibung) in der deutschen Übersetzung des Klagepatents fehlt, zieht kein Informationsdefizit nach sich. Der Leser erkennt sofort, dass es sich um die Beschreibung des technischen Hintergrundes der Erfindung handelt.

b)
Auch die Übersetzung beider Worte „housing or casing“ (Seite 3, Zeile 47 des Originals) in „Gehäuse“ auf Seite 6 Zeile 4 in der deutschen Übersetzung des Klagepatents ist unschädlich, da es sich bei den Begriffen „housing“ und „casing“ um Synonyme handelt, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat. Es besteht keine Gefahr, dass aufgrund dieser Übersetzungslücke die technische Lehre nicht vollständig oder fehlerhaft erfasst werden könnte.

II.

Der Antrag auf Feststellung der Erledigung im Hinblick auf den ursprünglich geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach Ablauf der Schutzdauer des Klagepatentes am 26. April 2008 ist zulässig. Da sich die Beklagten der Erledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen haben, begehrt die Klägerin die Feststellung, dass Erledigung eingetreten ist. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Klageänderung im Sinne einer zulässigen Beschränkung nach § 264 Nr. 2 ZPO, Ie sachdienlich ist.

Die Klägerin ist insoweit auch prozessführungsbefugt. Sie wurde am 29. August 2002 als Patentinhaberin in das Patentregister eingetragen. Ob sie zum Zeitpunkt der Eintragung auch materiell-berechtigte Inhaberin war, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, da für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches, dessen Erledigung vorliegend festzustellen ist, die formelle Registereintragung genügt (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl. Rn. 525).

Mit dem Ablauf der Schutzdauer des Klagepatentes ist Erledigung eingetreten.

Die Klage auf Unterlassung war ursprünglich zulässig und begründet, so dass das Gericht die Erledigung des Unterlassungsantrages festzustellen vermochte. Das angegriffene Schwangerschaftstestgerät hat von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch gemacht, so dass die Beklagten, wenn nicht die Schutzdauer des Klagepatentes wegen Zeitablaufs erloschen wäre, zur Unterlassung verpflichtet gewesen wären.

1.
Das Klagepatent betrifft Assays, wie sie insbesondere für die Durchführung von Schwangerschaftstests gebraucht werden. Derartige Test-Kits, die sich auch für eine Anwendung im häuslichen Bereich eignen, sind aus dem Stand der Technik vielfach bekannt. Sie alle verlangen dem Benutzer eine Reihe von nacheinander vorzunehmenden Handlungen ab, bevor das Testergebnis ablesbar ist.

Aufgabe der Erfindung soll es ausgehend hiervon sein, eine Testvorrichtung zur Verfügung zu stellen, die ohne weiteres auch von einem Laien bedient werden kann, schnell und bequem in der Handhabung ist und dennoch zuverlässige Testergebnisse liefert.

Patentanspruch 1 des Klagepatents sieht in der von der Klägerin beantragten eingeschränkten Fassung, Ie in Anlehnung an die Einschränkung erfolgte, die das Stammpatent durch den Bundesgerichtshof erfahren hat, die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Analytisches Testgerät, Ies umfasst:

(a) einen trockenen porösen Träger (510),
(b) ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten (Nachweissubstanz),
(c) ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz,
(d) ein hohles Gehäuse (500) und
(e) einen porösen Probenaufnehmer (506).

(2) Die Markierung ist eine Direktmarkierung in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen.

(3) Das unmarkierte Reagenz ist auf dem porösen Träger (510) in einer Nachweiszone (517) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich.

(4) Das markierte Bindungsreagenz

(a) befindet sich in trockenem Zustand stromaufwärts von der Nachweiszone (517) und
(b) ist innerhalb des porösen Trägers (510) in feuchtem Zustand frei beweglich.

(5) Eine auf den porösen Träger (510) aufgebrachte flüssige Testprobe, die möglicherweise die Nachweissubstanz enthält, kann das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone (517) eindringen.

(6) Der poröse Träger (510) und das markierte spezifische Bindungsreagenz sind innerhalb des hohlen Gehäuses (500) enthalten.

(7) Das Gehäuse (500)

(a) ist aus feuchtigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut und
(b) mit Mitteln (508) versehen, die das Ausmaß (sofern gegeben), bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone (517) gebunden wird, feststellen lassen.

(8) Der poröse Träger (510)

(a) ist mit dem porösen Probenaufnehmer (506) verbunden und
(b) steht über den porösen Probenaufnehmer (506) indirekt mit dem Äußeren des hohlen Gehäuses (500) in Verbindung.

(9) Die flüssige Testprobe wird auf den porösen Probenaufnehmer (506) aufgebracht.

(10) Von dem porösen Probenaufnehmer (506) kann die aufgebrachte flüssige Testprobe in den porösen Träger (510) dringen.

2.
Die angegriffene Ausführungsform hat von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch gemacht.

a)
Bei den von den Beklagten in dem streitgegenständlichen Schwangerschaftstestgerät verwendeten Antikörpern handelt es sich um spezifische Bindungsreagenzien im Sinne der Merkmale 1, 3 und 4 des Klagepatentes. Denn der Begriff „spezifisch“, wie er in dem Patentanspruch 1 verwendet wird, lässt sich bei verständiger Würdigung des Patentes nicht einheitlich bestimmen, so dass auch Antikörper, wie sie von den Beklagten in dem angegriffenen Testgerät verwendet werden, d.h. solche die zum einen an das α-Epitop des hCG und zum anderen an das β-Epitop des hCG binden von der Erfindung nach dem Klagepatent umfasst sind. Denn im Rahmen der unter Heranziehung des Beschreibungstextes gebotenen funktionsorientierten Auslegung ist der Begriff des spezifischen Bindungsreagenz so zu deuten, wie dies angesichts der nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist. Danach kann der Begriff „spezifisch“ in den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nicht einheitlich bestimmt werden, sondern hängt maßgeblich davon ab, Ien Grad an Spezifität der Antikörper in der jeweils anderen Zone besitzt. Wird im Reaktionsbereich ein hochspezifischer markierter Antikörper verwendet, so verlangt die Spezifität des in der Nachweiszone immobilisierten Antikörpers lediglich, dass er auch, wenn auch nicht ausschließlich, an die Nachweissubstanz binden kann. Umgekehrt gilt dasselbe. Wird die Nachweiszone mit einem für die Nachweissubstanz hochspezifischen Antikörper versehen, so genügt für die Reaktionszone eine Spezifität in dem Sinne, dass der markierte Antikörper auch, wenn auch nicht ausschließlich, an die Nachweissubstanz binden kann. Eine derartige wechselwirkende – Interpretation des Begriffs „spezifisch“ ist rechtlich ohne Weiteres möglich und vorliegend sogar geboten, um der durch das Klagepatent geschützten technischen Lehre gerecht zu werden.

Dieses Verständnis entnimmt der Durchschnittsfachmann dem Beschreibungstext, wenn dort beschrieben wird, dass es lediglich eine bevorzugte Ausführungsvariante der Erfindung darstellt, als markiertes Reagenz einen „hochspezifischen Anti-hCG-Antikörper“ und als Bindungsagens einen „hochspezifischen unmarkierten Anti-hCG-Antikörper“ zu verwenden. Auf Seite 9, 3. Absatz der Patentschrift (Anlage K 3) heißt es in diesem Sinne:

„Das immobilisierte spezifische Bindungsreagenz in der zweiten Zone ist vorzugsweise ein hochspezifischer Antikörper, insbesondere ein monoklonaler Antikörper. In der die Sandwich-Reaktion beinhaltenden Ausführungsform der Erfindung ist das markierte Reagenz auch vorzugsweise ein hochspezifischer Antikörper, und insbesondere ein monoklonaler Antikörper.“

Dass diese Begriffsbildung für Schwangerschaftstestgeräte nicht gelten soll, ist nicht zu erkennen. Derartiges gibt insbesondere der Beschreibungstext auf den Seiten 6 und 7 nicht her. So wird ausgeführt:

„Eine wichtige Ausführungsform der Erfindung ist ein Schwangerschaftstestgerät, umfassend ein längliches Hohlgehäuse, das einen trockenen porösen Nitrocelluloseträger enthält, der indirekt mit der Außenseite des Gehäuses über einen saugfähigen Urinprobenaufnehmer in Verbindung steht, der aus dem Gehäuse herausragt und als Reservoir dienen kann, aus dem Urin in den porösen Träger freigesetzt wird, wobei der Träger in einer ersten Zone einen hochspezifischen Anti-hCG-Antikörper enthält, der einen gefärbten „Direkt“-Markierungsstoff trägt, wobei der markierte Antikörper innerhalb des porösen Trägers frei beweglich ist, wenn sich dieser in feuchtem Zustand befindet, und in einer zweiten Zone in räumlichem Abstand von der ersten Zone einen hochspezifischen unmarkierten Anti-hCG-Antikörper enthält, der permanent auf dem Trägermaterial immobilisiert ist und in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, wobei die markierten und unmarkierten Antikörper Spezifitäten für unterschiedliche hCG Epitope haben, wobei die beiden Zonen so angeordnet sind, dass eine auf dem porösen Träger aufgebrachte Urinprobe über die erste Zone in die zweite Zone vordringen kann und wobei das Gehäuse aus opakem oder durchscheinendem Material mit mindestens einer Öffnung konstruiert ist, durch Ie das Analysenergebnis beobachtet werden kann, zusammen mit einer entfernbaren und wiederaufsetzbaren Bedeckung für den vorstehenden saugfähigen Urinprobenaufnehmer. Ein Ovulationstestgerät, im Wesentlichen wie oben beschrieben, wobei jedoch die Nachweissubstanz LH ist, ist eine wichtige Alternative.“

Die vorstehende Passage lässt sich dahin begreifen, dass nicht nur die Umsetzung der patentierten Lehre in Form eines Schwangerschaftstestgerätes als solche eine bevorzugte Variante der Erfindung darstellt, sondern dass es gleichermaßen bevorzugt ist, hierbei hochspezifische Anti-hCG-Antikörper zu verwenden. Der Fachmann erkennt, dass der in der Patentbeschreibung verwendete Begriff eines „hochspezifischen Antikörpers“ eine ganz spezielle Ausführungsform der Erfindung betrifft, nämlich diejenige, bei der der als Markierungsreagenz oder Fängersubstanz eingesetzte Antikörper eine besonders ausgeprägte Spezifität für die in Rede stehende Nachweissubstanz besitzt, indem der Antikörper einzig und allein an den nachzuweisenden Analyten, aber an kein anderes Antigen binden kann. Bereits anhand der der Klagepatentschrift eigenen Begrifflichkeit „hochspezifischer Antikörper“ wird dem Fachmann deutlich, dass die von Patentanspruch 1 vorausgesetzte „Spezifität für den Analyten“ ein Weniger beinhaltet und nicht – wie die Beklagten geltend machen – dahin verstanden werden kann, dass als „spezifisch“ nur ein solcher Antikörper betrachtet werden kann, der ausschließlich an die eine, bestimmte Nachweissubstanz binden kann.

Auch aus technischer Sicht hat der Fachmann keine Veranlassung, das Wort „spezifisch“ ausschließlich im Sinne von „hochspezifisch“ zu begreifen. Der Fachmann versteht, dass es für die Erfindung wesentlich ist, zunächst in einer ersten Zone einen eingefärbten Antikörper vorzusehen, der eine Bindungsreaktion mit dem zu detektierenden Analyten (z.B. hCG) eingehen kann. Dem Fachmann ist klar, dass sich hierzu in besonderer Weise ein Epitop auf der ß-Kette des hCG-Hormons eignet und anbietet, weil die ß-Kette zwei Epitope besitzt, die einzigartig sind und – anders als die Epitope auf der α-Kette – bei keinem anderem im Test-Urin vorkommenden Hormon (z.B. LH, FSH und TSH) vorhanden sind. Verwendet der Fachmann einen solchen (für eines der beiden singulären ß-Ketten-Epitope) spezifischen Antikörper, kann er sicher sein, dass ausschließlich hCG-Hormone eingefärbt werden. Um diese in der Testanordnung sichtbar zu machen, sieht die Erfindung vor, in der stromabwärts gelegenen Nachweiszone einen Antikörper als Fänger zu immobilisieren, der spezifisch für den betrachteten Analyten (z.B. das hCG-Hormon) ist. Sinn dieser Anweisung ist es ersichtlich, eine Antigen-Antikörper-Reaktion herbeizuführen, in der das (zuvor eingefärbte) hCG Hormon sich an den in der Nachweiszone immobilisierten Antikörper anlagert, infolgedessen in der Nachweiszone fixiert wird und durch die dort eintretende Färbung das Vorhandensein des hCG-Hormons anzeigt. Vor dem Hintergrund des geschilderten erfindungsgemäßen Ablaufs ersieht der Fachmann, dass als Fänger (Antikörper) prinzipiell jedes Agens in Betracht kommt, Ies das eingefärbte hCG-Hormon binden und damit fixieren kann. Die Möglichkeit zur Bindung und Fixierung besteht dabei gleichermaßen im Hinblick auf die hochspezifischen ß-Ketten-Epitope wie auch im Hinblick auf die bei anderen Substanzen im Test-Urin identisch vorkommende α-Kette des hCG-Hormons. Vorausgesetzt ist lediglich, dass der Fänger-Antikörper eine Spezifität für ein anderes Epitop der Nachweissubstanz besitzt als dasjenige, Ies bereits für die Markierungsreagenz „verbraucht“ ist (Anlage K 3, Seite 4, 2. Abs. a.E.). Entscheidet sich der Fachmann für einen Antikörper, der räumlich komplementär zur α-Kette ist, so besteht lediglich das Problem, dass die betreffenden Antikörper von anderen Hormonen im Test-Urin mit identischer α-Kette (LH, FSH, TSH) blockiert werden können. Der Fachmann wird hieraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass sich ein für die α-Kette des hCG-Hormons spezifischer Antikörper für die Zwecke der Erfindung nicht eignet. Er ist sich vielmehr darüber im Klaren, dass er z.B. durch einen hinreichenden Überschuss an Antikörpern in der Nachweiszone dafür sorgen kann, dass trotz des Vorhandenseins von LH, FSH und TSH ausreichend Bindungspartner für das hCG-Hormon verbleiben. Umgekehrt gilt – für den Fachmann erkennbar – dasselbe. Setzt er in der Reaktionszone einen markierten Antikörper ein, der nicht nur an die fragliche Nachweissubstanz (z.B. hCG), sondern auch an LH, FSH und TSH binden kann, so ist zwar voraussehbar, dass nicht allein der nachzuweisende Analyt (hCG) eingefärbt wird, sondern gleichermaßen die mit derselben, räumlich komplementären α-Kette versehenen Hormone LH, FSH und TSH. Die gegebene Spezifität reicht jedoch für die Zwecke der Erfindung vollständig aus, wenn auf der Nachweiszone ein für die Nachweissubstanz hochspezifischer Antikörper immobilisiert wird, der ausschließlich die Nachweissubstanz (z.B. hCG) einfangen kann, die übrigen, ebenfalls eingefärbten Substanzen (z.B. LH, FSH und TSH) hingegen passieren lässt. Auch unter solchen Umständen ist nämlich gewährleistet, dass es in der Nachweiszone nur dann zu einem Farbsignal kommen kann, wenn in der Probe diejenige Substanz (z.B. hCG) vorhanden ist, deren Nachweis der Test dienen soll.

In diesem Verständnis wird der Fachmann bestärkt insbesondere durch die Beschreibung der Herstellung des markierten Bindungsreagenz, d.h. des Anti-hCG-Farbsols auf Seite 20, Absatz 3, wo es heißt:

In der angegebenen Textstelle wird die Herstellung eines mit Farbsol markierten Bindungsreagenz auf Grundlage des Antikörpers α-hCG, d.h. eines nicht allein für das hCG-Antigen spezifischen Antikörpers beschrieben. Die Beschreibung dieses Herstellungsbeispiels auf Basis eines Antikörpers gegen α-hCG wäre ohne Bedeutung, wenn unter den Begriff des spezifischen Bindungsreagenz nicht auch – wie hier – Antikörper gefasst werden könnten, Ie nicht ausschließlich spezifisch für das hCG-Hormon sind. Der insoweit von den Beklagten aufgestellten Behauptung, dass dieses Beispiel fehlerhaft Eingang in die Patentschrift gefunden habe, vermag die Kammer nicht zu folgen.

Die weiteren gegen die vorstehende Auslegung vorgetragenen Argumente der Beklagten greifen nicht durch.

Sie wenden insbesondere ein, dass die Auslegung des Begriffs der Spezifität dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns widerspreche. Nach dem allgemeinen Fachwissen verstehe der Fachmann unter dem Begriff der Spezifität eine ausschließliche Bindung eines Reagenz an einen Analyten. Nichts anderes verstehe der Fachmann unter dem in der Klagepatentschrift verwendeten Begriff der Spezifität. Das gleiche Verständnis ergebe sich bei einer funktionsorientierten Auslegung.

Diese Einwendungen der Beklagten führen zu keinem anderen Verständnis des Begriffs Spezifität als derjenigen, Ier vorstehend beschrieben wurde und Ie die Kammer schon verschiedentlich geäußert hat. Es entspricht den hergebrachten Grundsätzen der Auslegung, dass zwar grundsätzlich bei einem in einer Patentschrift verwendeten Fachbegriff zunächst davon ausgegangen werden kann, dass dieser Fachbegriff dem geläufigen Fachwissen des Fachmannes entspricht. Es ist jedoch auch die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass das Patent den Ausdruck gerade nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden (z.B. weitergehenden oder engeren) Sinne verwendet. Die Merkmale eines Patentanspruches dürfen deswegen nicht anhand der Definition in Fachbüchern, sondern sie müssen aus der Patentschrift selbst (die insoweit ihr eigenes Lexikon darstellt) ausgelegt werden (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig). Dieser methodische Ansatz kann zu einem weitergehenden Begriffsinhalt führen, als ihn eine dem allgemeinen Sprachgebrauch folgende Betrachtung ergeben würde. So liegt dies im folgenden Fall. Das Klagepatent selbst unterscheidet in seiner Sprachwahl zwischen spezifisch und hochspezifisch wie das auf Seite 9, Absatz 3 genannte Zitat zeigt. Auch zeigt das Klagepatent in vorgenanntem Zitat, dass die Verwendung eines hochspezifischen Antikörpers lediglich „vorzugsweise“ ist. Insbesondere zeigt auch die vorstehend zitierte Beschreibung der Herstellung eines Anti-hCG-Farbsols (Seite 20), dass das Klagepatent sehr wohl auch die Verwendung eines „unspezifischen“ Antikörpers vorsieht, wenn von einem α-hCG-Antikörper die Rede ist. Denn dem Fachmann ist bekannt, dass ein α-hCG-Antikörper sowohl an das α-Epitop von hCG wie auch LH, FSH und TSH binden kann, damit nicht hochspezifisch ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von ihnen angeführten Verweis auf die Spezifität für verschiedene Epitope, Ie auf Seite 4 Absatz 2 der Klagepatentschrift beschrieben wird. Denn dem Fachmann ist bekannt, dass eine ausschließliche Bindung eines Analyten nur über ein β-Epitop des hCG erfolgen kann. Eine solche ausschließliche Bindung der verwendeten spezifischen Reagenzien an β-Epitope des hCG wird in den Ausführungsbeispielen jedoch nicht beschrieben.

Dieses Verständnis gilt ungeachtet dessen, dass die Beklagten an ihrem Vorbringen, dass es zum allgemeinen Wissen des Durchschnittsfachmanns gehöre, dass die beiden singulären ß-Ketten-Epitope des hCG-Hormons nicht gleichzeitig besetzt werden können, nicht mehr festhalten. So haben die Beklagten für ihre nunmehr geänderte Behauptung lediglich eine Referenz angegeben (Anlage B 7), so dass nicht feststeht, ob es sich hierbei um allgemeines Fachwissen handelt. Hierauf kommt es jedoch auch nicht an, da für die Frage der Auslegung des Klagepatentes nicht maßgeblich ist, ob eine Besetzung beider β-Epitope des hCG durch zwei Antikörper technisch möglich ist. Denn bereits eine fachgerechte Auslegung des Klagepatentes führt zu der hier vertretenen Auffassung, dass der Begriff der Spezifität nicht einheitlich zu bestimmen ist, so dass auf diesen technischen Gesichtspunkt nicht abzustellen ist.

Aus demselben Grund geht die Auffassung der Beklagten fehl, das Klagepatent setze in der Reaktionszone und in der Nachweiszone einen hochspezifischen Antikörper für die Nachweissubstanz voraus, weil bei der naturgesetzlich gegebenen Kreuzreaktivität nur auf diese Weise ein positives Falschsignal mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vermieden werden könne. Es mag zwar grundsätzlich sein, dass auch ein hochspezifischer Antikörper in einem gewissen, nicht vermeidbaren Umfang eine Bindung mit anderen Substanzen eingehen kann, für die er an sich nicht spezifisch ist. Ein für ein singuläres ß-Ketten-Epitop des hCG-Hormons spezifischer Antikörper mag deshalb in einzelnen Fällen und unvermeidlich einen Komplex mit in der Testprobe enthaltenem LH, FSH oder TSH bilden können, so dass in der Reaktionszone – trotz Verwendung eines für hCG hochspezifischen Antikörpers – LH, FSH oder TSH markiert werden. Enthält die Probe kein hCG, kann es infolge dessen bei Einsatz eines für die α-Kette des hCG-Hormons spezifischen Fänger-Antikörpers in der Nachweiszone zu einem Positivsignal kommen, weil in der Nachweiszone das (falsch-)markierte LH, FSH oder TSH immobilisiert wird. Zweifellos wünschenswert ist des Weiteren, dass der Schwangerschaftstest eine möglichst hohe Sensibilität aufweist, weil zu Beginn der Schwangerschaft hCG nur in äußerst geringen Konzentrationen vorliegt und auch unter solchen Umständen (d.h. bei einer Testdurchführung in den ersten Schwangerschaftstagen) ein die Empfängnis anzeigendes Positivergebnis erhalten werden sollte. Daraus kann jedoch nicht – wie die Beklagten dies tun – geschlossen werden, das Klagepatent verlange nicht nur in der Reaktionszone, sondern auch in der Nachweiszone einen für hCG hochspezifischen Antikörper, weil nur so die Wahrscheinlichkeit groß sei, dass ein in der Reaktionszone aufgrund der bestehenden Kreuzreaktivität falschmarkiertes LH-, FSH- oder TSH-Hormon nicht auch noch in der Nachweiszone immobilisiert werde. Solche Fehlreaktionen nimmt das Klagepatent in Kauf.

Entsprechend der vorstehend beschriebenen Auslegung des Klagepatentes macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch. Die Reaktionszone des porösen Trägers des angegriffenen Testgerätes enthält einen Komplex aus einem markierten Kaninchen-Anti-Maus-Antikörper und einem hochspezifischen unmarkierten Maus-Anti-ß-hCG-Antikörper. Aufgrund der Komplexbildung ist – wie die Klägerin mit Recht bemerkt – auch der für das hCG-Hormon hochspezifische Maus-Anti-ß-hCG-Antikörper mit einer Direktmarkierung versehen. Zweifelsfrei gilt dies für den Fall, dass der Komplex von Anfang an besteht, d.h. bereits vor dem Aufbringen der Testprobe vorhanden ist. Dies gilt jedoch auch dann, wenn der Komplex erst nach Aufbringen einer Urinprobe gebildet wird, da es allein darauf ankommt, dass die spezifische Markierung der Nachweissubstanz im Gebrauch des Testgerätes stattfindet. Denn es reicht – für den Fachmann ohne Weiteres ersichtlich – völlig aus, dass der markierte Antikörper in dem Moment einen Komplex mit dem unmarkierten hochspezifischen Antikörper für die Nachweissubstanz bildet, in dem die Testprobe auf den porösen Träger aufgegeben wird. Dass zu diesem Zeitpunkt die Komplexbildung stattfindet, steht zwischen den Parteien außer Streit.

In der Reaktionszone steht daher ein für das hCG-Hormon hochspezifischer markierter Antikörper zur Verfügung. Nach der eigenen Einlassung der Beklagten bindet hCG, Ies in der Probe enthalten ist, an den hochspezifischen Maus-Anti-ß-hCG-Antikörper des Komplexes. Weist die Testprobe kein hCG auf, findet deshalb in der Reaktionszone – abgesehen von dem Phänomen der Kreuzreaktivität – keine Markierung statt. Im Ergebnis bedeutet dies: In der ersten Zone wird – abgesehen von den Fällen der Kreuzreaktion – ausschließlich vorhandenes hCG-Hormon – jedoch keine andere Substanz (LH, FSH, TSH) – markiert. Unter solchen Umständen ist der Forderung des Klagepatents nach einem „spezifischen“ Bindungsreagenz für den Analyten in der Nachweiszone schon dadurch genügt, dass der in der Detektionszone immobilisierte Antikörper auch, wenn auch nicht ausschließlich, mit dem nachzuweisenden hCG-Hormon reagieren kann. Bei dem streitbefangenen Testgerät ist das der Fall, weil der Kaninchen-Anti-t-hCG-Antikörper an die α-Kette des (zuvor in der Reaktionszone markierten) hCG-Hormons bindet, das markierte Hormon damit fixiert und für die Testperson sichtbar macht.

b)
Die angegriffene Ausführungsform weist auch einen porösen Träger im Sinne des Merkmals 8 der Klagepatentes auf.

In Gestalt des Glasfaserkissens besitzt das angegriffene Testgerät zweifellos einen porösen Träger, der die Reaktionszone aufnimmt. Zwar ist das Kissen nicht materialeinheitlich mit dem übrigen (die Nachweiszone aufnehmenden) Trägermedium ausgebildet. Rechtlich kommt dem indessen keine Bedeutung zu. Die Beklagten meinen zu Unrecht eine Verwirklichung des Merkmals liege nicht vor, da das markierte Reagenz auf einem gesonderten Glasfaserkissen aufgebracht und daher nicht in dem porösen Träger enthalten sei. Das Klagepatent verhält sich jedoch nicht dazu, dass der poröse Träger einteilig zu sein hat. Für die erfindungsgemäßen Zwecke kommt es auf eine einstückige Ausbildung ersichtlich auch nicht an, weil die patentgemäßen Funktionsabläufe sich gleichermaßen dann einstellen, wenn der Träger aus mehreren Teilen besteht, solange die einzelnen Teile ihrerseits jeweils porös sind und so zueinander positioniert werden, dass die Flüssigkeitsprobe ihren Weg von der ersten Zone zu der Detektionszone nehmen kann. Insoweit macht auch die Formulierung „umfasst“ deutlich, dass ein poröser Träger auch mehrteilig ausgestaltet sein kann, also aus einem porösen Streifen und einem Glasfaserkissen. Hierfür sprechen insbesondere auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in der den Rechtsbestand des Stammpatentes betreffenden Berufungsentscheidung, wonach das Trägermaterial auch mehrstückig ausgestaltet sein kann (vgl. Anlage K 7, Absatz 17). Dabei kann der Ansicht der Beklagten nicht gefolgt werden, dass es sich hierbei lediglich um Ausführungen betreffend die ursprüngliche Antragsfassung handelt, d.h. vor der Kombination des Patentanspruches 1 mit dem Unteranspruch 8. Gegen die von den Beklagten vorgetragene Ansicht spricht die Aussage in dem Urteil, wo von der „verteidigten Fassung“ die Rede ist, womit offensichtlich auf die Fassung der Anträge Bezug genommen wird, wie sie von dem Bundesgerichtshof eingeschränkt aufrechterhalten wurden. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist ein solcher mehrteiliger Träger gegeben, weil das die markierte Bindungsreagenz tragende Glasfaserkissen porös ist und unmittelbar an den die Testregion enthaltenden – zweiten – Teil des porösen Trägers anschließt.

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass sich das Glasfaserkissen auf der Reaktionszone befinde und somit nicht einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers, ist dieser Umstand für die Frage der Verwirklichung des Merkmals ohne Relevanz, da es auf eine Orientierung der Bestandteile des mehrteiligen porösen Trägers erfindungsgemäß nicht ankommt.

Da das angegriffene Testgerät von der Lehre nach dem Klagepatent vor dessen Schutzablauf Gebrauch gemacht hat, war festzustellen, dass die ursprüngliche Klage im Hinblick auf die beanspruchte Unterlassung zulässig und begründet war.

II.

Unbegründet ist die Klage, soweit die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie den damit im Zusammenhang stehenden Anspruch auf Rechnungslegung (§§ 256 ZPO, 242, 259 BGB) begehrt. Insoweit kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin über die hierfür notwendige Berechtigung der genannten Ansprüche verfügt. Im Gegensatz zur Geltendmachung eines Unterlassungs-, Vernichtungs- oder Anspruchs auf Auskunft gemäß § 140 b PatG, bedarf der Anspruch auf Schadenersatzfeststellung und der damit im Zusammenhang stehende Anspruch auf Rechnungslegung der materiellrechtlichen Inhaberschaft am Patent. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG regelt nur die Legitimation zur Prozessführung, hat jedoch keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage am Patent. Daher muss nach der von der Kammer in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung für den Schadensersatzanspruch die materiellrechtliche Inhaberschaft am Patent positiv festgestellt werden. Denn einen ersatzfähigen Schaden kann nur derjenige erlitten haben, der im Zeitpunkt der jeweiligen Benutzungshandlung materiell rechtlich Inhaber des Patentes war (vgl. Kühnen/Geschke, a.a.O. Rn. 562).

Dass die Klägerin materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatentes war, vermag die Kammer nicht festzustellen. Denn es ist nicht zu erkennen, dass die die Patentübertragungsvereinbarung unterzeichnenden Personen vertretungsbefugt waren. Dies gilt hinsichtlich sowohl hinsichtlich des ursprünglichen Vorbringens des Klägerin zu diesem Punkt als auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2009 geänderten Vorbringens.

Ursprünglich hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr das Klagepatent im Zuge der Übernahme des Geschäftszweigs „analytische Testgeräte“ von C übertragen worden sei. Diese Übertragung habe im Mai 2002 stattgefunden, wie sich anhand der als Anlage K 9 (deutsche Übersetzung Anlage K 9a) vorgelegten vertraglichen Vereinbarung zwischen der C und D sowie der Klägerin ergebe. Diesem Vorbringen kann eine wirksame Übertragung des Klagepatentes nicht entnommen werden. Ungeachtet dessen, dass das Klagepatent in der vorgelegten Vereinbarung nicht genannt wird, ist nicht zu erkennen, dass die unterzeichnenden Personen – Herr E auf Seiten der Unilever D und F und Herr G auf Seiten der Klägerin – vertretungsbefugt waren. Die Beklagten haben dies zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin hat zum Nachweis einer entsprechenden Bevollmächtigung einen Handelsregisterauszug des Kantons Zug, Schweiz, vom 18. September 2009 vorgelegt (Anlage K 11) sowie eine in englischer Sprache abgefasste „Deed of Power of Attorney“. Anhand dieser Dokumente vermochte die Klägerin eine wirksame materiell rechtliche Übertragung jedoch nicht zu belegen.

Hinsichtlich des zum Nachweis der Bevollmächtigung des Herrn G vorgelegten Handelsregisterauszuges ist nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu ersehen, dass Herr G zum Zeitpunkt der Übertragung des Klagepatentes im Mai 2002 allein zur Unterzeichnung befugt und damit entsprechend bevollmächtigt war. Denn der die Vertragsurkunde unterzeichnende Herr G wird in dem Handelsregisterauszug auf Seite 2 unter „Personal data“ zweifach genannt. Zum einen wurde ihm eine Befugnis zur Unterzeichnung „joint signature at two“ eingeräumt und zum anderen eine „single signature“. Die Klägerin vermochte auf Hinweis des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung den Zeitpunkt nicht anzugeben, an Iem Herrn G eine alleinige Unterzeichnungsbefugnis – „single signature“ – eingeräumt war. Dies mag zwar ab dem 10. Mai 2002 gewesen sein, da sich die Ziffer 4. des Registerauszuges auf den Zeitpunkt ab dem 10. Mai 2002 bezieht. Diese zu diesem Zeitpunkt möglicherweise vorhandene alleinige Unterzeichnungsbefugnis steht jedoch im Widerspruch zu der zeitlich nicht näher beschriebenen Angabe „joint signature at two“.

Selbst wenn man jedoch zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Rechtsübertragung im Mai 2002 Herr G auf Seiten der Klägerin über die notwendige Vertretungsbefugnis verfügte, steht die Vertretungsbefugnis des auf Seiten der C und D unterzeichnenden Herrn E nicht fest. Dies kann aus der von der Klägerin als Anlage K 12 vorgelegten „Deed of Power of Attorney“ nicht gefolgert werden. Unabhängig von dem Umstand, dass eine deutsche Übersetzung des Dokumentes nicht vorgelegt wurde, kann der Erklärung lediglich entnommen werden, dass Herr E Generalbevollmächtigter der „H“ war. Dass sich hieraus auch eine Bevollmächtigung durch die ursprüngliche eingetragene Patentinhaberin, die C, Rotterdam, Niederlande, folgt, hat die Klägerin pauschal behauptet ohne jedoch nähere Tatsachen vorzutragen. Hierauf wurde die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Weiteres Tatsachenvorbringen erfolgte hierzu nicht.

Die Kammer durfte zur weiteren Aufklärung der Frage der materiellrechtlichen Übertragung des Klagepatentes dem Antrag der Klägerin auf Einvernahme der im Schriftsatz vom 25. November 2009 insoweit benannten Zeugen E und G nicht nachgehen, da es sich um eine unzulässige Ausforschung gehandelt hätte. Die Klägerin hat außer der Vorlage der vorstehend genannten Dokumente keine Tatsachen vorgetragen, anhand Ier sich eine Bevollmächtigung der genannten Personen ergeben könnte. Insbesondere wurden von ihr keine konkreten Angaben gemacht, zu Iem Zeitpunkt durch Ie Person und in Iem Umfang den Herren G und E Vollmachten zur Übertragung des Klagepatentes von der C, Niederlande, auf die Klägerin erteilt wurde. Nur zu derartig konkreten Tatsachen und nicht zu rechtlichen Schlussfolgerungen – eine wirksame Bevollmächtigung – könnten aber Zeugen befragt werden. Auch einer Einvernahme des als Zeugen benannten Herrn I bedurfte es nicht, da dieser zwar auf Seiten der Klägerin an den Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen sein mag. Er ist jedoch nicht als Zeuge für eine Bevollmächtigung begründende Tatsache der Herren E und G benannt worden.

Eine wirksame materiellrechtliche Übertragung folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2009, Ies von den Beklagten als verspätet gerügt wurde. Danach habe eine Übertragung des Klagepatentes nicht erst im Mai 2002 stattgefunden, sondern bereits im Dezember 2001. Die Erklärung im Mai 2002 habe lediglich deklaratorische Wirkung gehabt. Unabhängig von der Frage, ob dieses Vorbringen verspätet ist, kann dem Vorbringen auch keine wirksame materiell rechtliche Übertragung des Klagepatentes auf die Klägerin entnommen werden. Denn auch insoweit ist nicht zu ersehen, dass die Herren E und G, die auch die Erklärungen im Dezember 2001 unterzeichnet haben sollen, vertretungsbefugt waren.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen durfte die Kammer auch nicht der pauschalen Behauptung der Klägerin nachgehen, dass es sich jedenfalls bei den Erklärungen im Mai 2002 um eine Bestätigung eines nichtigen/schwebend unwirksamen Rechtsgeschäftes handele, ein Rechtsinstitut Ies es auch im englischen Recht gebe. Grundsätzlich ist das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln (§ 293 ZPO), so dass die bloße Behauptung der Klägerin, auch im englischen Recht gebe es das Rechtsinstitut der Bestätigung eines nichtigen/schwebend unwirksamen Rechtsgeschäftes, genügen würde. Vorliegend stützt sich die Behauptung jedoch auf eine Handlung durch Personen, deren Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht hinreichend konkret dargelegt wurde. Es ist aber von der Klägerin selbst nicht behauptet worden und auch zweifelhaft, ob im englischen Recht die Bestätigung eines nichtigen/schwebend unwirksamen Rechtsgeschäftes durch nicht bevollmächtigte Personen erfolgen kann.

Da die Klägerin mithin eine materiellrechtliche Berechtigung an dem Klagepatent nicht nachgewiesen hat, waren der Anspruch auf Schadensersatz und der damit im Zusammenhang stehende Anspruch auf Rechnungslegung gemäß §§ 242, 259 BGB) zurückzuweisen. Zuzusprechen waren – wie geschehen – der Anspruch auf Auskunft gemäß § 140 b PatG, da für die Legitimation die Eintragung im Register gemäß § 30 PatG genügt (Schulte/Kühnen, Patentgesetz, 8. Aufl. § 140 b Rn. 6, § 139 Rn. 12). Die Auskünfte sind von den Beklagten im tenorierten Umfang zu erteilen. Einen Anspruch auf Erteilung von Auskunft über Einkaufspreise besteht nicht, da diese erst ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von rechten des geistigen Eigentums (DurchsetzungsG) vom 7. Juli 2008 ab dem 1. September 2008 geschuldet sind, mithin nach Ablauf der Schutzfrist für das Klagepatent. Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt war den Beklagten nicht einzuräumen, da dieser bei Auskunftsansprüchen im Sinne des § 140 b PatG nicht möglich ist (vgl. Kühnen/Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 139 Rd. 150).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 296 Abs. 3 ZPO.

Der Streitwert wird entsprechend der Anträge in der Klageschrift vom 8. April 2004 wie folgt festgesetzt:

 Unterlassungsantrag (Antrag I.1.): 750.000,- Euro (die teilweise einseitige Erledigung führt nicht zu einer kostenrelevanten Reduzierung des Streitwertes)
 Rechnungslegung und Auskunft (Antrag I.2.): 125.000,- Euro
 Feststellung der Entschädigungsverpflichtung (Antrag II.1.): 62.500,- Euro
 Feststellung der Schadenersatzverpflichtung (Antrag II.2.): 187.500,- Euro
 Vernichtung (Antrag zu III.): 125.000,- Euro

Danach beträgt der Streitwert von 1.250.000,- Euro.

Soweit die Klägerin die Klage im Hinblick auf die ursprünglichen Anträge zu II.1. und III. sowie die Rechnungslegung in Bezug auf die Benutzungshandlung des Herstellens mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen und den Zeitpunkt der Schadensersatzverpflichtung eingeschränkt hat, erfolgt keine kostenrelevante Reduzierung des Streitwertes, da diese teilweisen Klagerücknahmen erst in der letzten mündlichen Verhandlung erfolgt sind.

Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23. Dezember 2009 bedurfte es nicht, da eine Wiedereröffnungsgrund nicht vorliegt. Die mögliche vom Berufungssenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in der mündlichen Verhandlung vom 14. und 21. Dezember 2009 möglicherweise geänderte Rechtsauffassung zur Frage der Aktivlegitimation stellt keinen Wiedereröffnungsgrund im Sinne des § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar.