4a O 85/16 – Heizgerät I

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2767

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 08. Mai 2018,  Az. 4a O 85/16

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt:
  2. 1. Es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren zu unterlassen,
  3. Heizgeräte, umfassend eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende und zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipierte Brennereinheit mit einer die Brennereinheit in Wärmeabstrahlrichtung einfassenden Schutzeinrichtung, etwa einem Schutzgitter, welchem Heizgerät ein Windschutz zugeordnet ist, durch den, wenn in seiner Benutzungsstellung befindlich, ein Sektor der Wärmeabstrahlrichtung der Brennereinheit abgeschattet ist,
  4. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
  5. bei denen der Windschutz zwischen der Brennereinheit und der Schutzeinrichtung geführt zwischen einer Nichtbenutzungsstellung und einer Benutzungsstellung verstellbar gehalten ist,
  6. (Anspruch 1),
  7. 2. Der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2012 begangen hat, und zwar unter Angabe
  8. a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der Einkaufspreise,
  9. b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer und der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
  10. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  11. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  12. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  13. wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Rechnungskopien und für den Fall, dass keine Rechnungskopien vorhanden sind, Kopien der Lieferscheine vorzulegen hat,
  14. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
  15. 3. Die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 01.01.2012 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters DE 20 2011 050 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird, und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  16. 4. Die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/ oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziff. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
  17. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 01.01.2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

    III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  18. IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 200.000,- vorläufig vollstreckbar. Daneben ist das Urteil auch gesondert vorläufig vollstreckbar hinsichtlich der Verurteilung zum Unterlassen (Ziff. I. 1. des Tenors), zum Rückruf (Ziff. I. 3. des Tenors) und zur Vernichtung (Ziff. I. 4. des Tenors) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 150.000,-, hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung (Ziff. 1. 2. des Tenors) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 30.000,- und hinsichtlich des Kostenpunktes (Ziff. III. des Tenors) in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  19. T a t b e s t a n d
  20. Die Klägerin macht als im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragene Inhaberin (vgl. Registerauszug vom 17.08.2016, Anlage rop2) des Gebrauchsmusters 20 2011 050 XXX (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) gegen die Beklagte auf die Verletzung des Klagegebrauchsmusters gestützte Ansprüche auf Unterlassen, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach geltend.
  21. Die Anmeldung des Klagegebrauchsmusters datiert vom 08.08.2011, die Eintragung vom 12.10.2011. Die Bekanntmachung der Eintragung im Patentblatt erfolgte am 01.12.2011. Hauptanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters, welches ein Heizgerät zum Gegenstand hat, ist wie folgt abgefasst:
  22. „Heizgerät, umfassend eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende und zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipierte Brennereinheit (3) mit einer die Brennereinheit (3) in Wärmeabstrahlrichtung einfassenden Schutzeinrichtung (9), etwa einem Schutzgitter, welchem Heizgerät (1) ein Windschutz (14) zugeordnet ist, durch den, wenn in seiner Benutzungsstellung befindlich, ein Sektor der Wärmeabstrahlrichtung der Brennereinheit (3) abgeschattet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Windschutz (14) zwischen der Brennereinheit (3) und der Schutzeinrichtung (9) geführt zwischen einer Nichtbenutzungsstellung und einer Benutzungsstellung verstellbar gehalten ist.“
  23. Wegen der weiteren in Form von „Insbesondere-Anträgen“ geltend gemachten Ansprüchen des Klagegebrauchsmusters wird auf die Klagegebrauchsmusterschrift (Anlage rop1) Bezug genommen.
  24. Nachfolgende Figur 1 (verkleinert, linke Abbildung) gibt eine bevorzugte Ausführungsform eines Heizgeräts im Sinne des Klagegebrauchsmusters wieder, nachfolgende Figur 3 (verkleinert, rechte Abbildung) zeigt einen Querschnitt durch die Brennereinheit des Heizgeräts der Figur 1:
  25. Das Terrassenheizgerät 1 nach Figur 1 umfasst einen Gasflaschenbehälter 2 und eine oberseitig daran angeschlossene Brennereinheit 3. In dem Gasflaschenbehälter 2 befindet sich eine Gasflasche, die an die Brennereinheit 3 angeschlossen ist. Die Brennereinheit 3 ist mit einem Schutzgitter 9 ausgestattet, hinter dem sich der Brenner 10 befindet. Teil des Brenners 10 ist ein zylindrisches Lochblech 11, welches als Wärmestrahler fungieren kann. Der Brennereinheit 3 ist des Weiteren ein Windschutzblech 14 zugeordnet. Dieses erstreckt sich – wie aus Figur 3 hervorgeht – außenseitig etwa 160º um das Lochblech 11 der Brennereinheit 3. Figur 3 zeigt das Windschutzblech 14 in einer Funktionsstellung, es kann jedoch auch in eine Nichtgebrauchsstellung herabgesenkt werden.
  26. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 10.07.2017 (Anlage B1 zu dem Schriftsatz vom 16.03.2018) beim Deutschen Patent- und Markenamt (nachfolgend: DPMA) die Löschung des Klagegebrauchsmusters. Eine Entscheidung in dem Löschungsverfahren steht noch aus.
  27. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.
  28. Die Beklagte bietet an und vertreibt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Heizgerät (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) wie nachfolgend wiedergegeben:
  29. Die angegriffene Ausführungsform verfügt über einen zwischen einem Schutzgitter und dem Brenner angeordneten Windschutz. Dieser ist in der obigen rechten Abbildung zu sehen. Bei der linken Abbildung ist der Windschutz herunter gefahren, so dass er nicht sichtbar ist.
  30. Wegen der weiteren Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird auf die mit Anlage rop4 vorgelegten Abbildungen Bezug genommen.
  31. Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache unmittelbar wortsinngemäß von der Lehre des schutzfähigen Klagegebrauchsmusters Gebrauch.
  32. Die Klägerin beantragt:
  33. Die Beklagte zu verurteilen:
  34. Wie erkannt;
  35. Wegen der weiteren im Hinblick auf das hiesige Klagegebrauchsmuster gestellten „Insbesondere-Anträge“ wird auf die Klageschrift vom 18.08.2016 (Bl. 3 GA) verwiesen.
  36. Die Beklagte beantragt:
  37. Die Klage abzuweisen;
  38. Hilfsweise:
    Den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das gegen das Klagegebrauchsmuster laufende Löschungsverfahren auszusetzen.
  39. Die Beklagte hält das Klagegebrauchsmuster unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Neuheit, des fehlenden erfinderischen Schritts und der Ausführbarkeit für nicht schutzfähig. Insoweit sei für die Beurteilung der Schutzfähigkeit das Verständnis der Lehre des Klagegebrauchsmusters relevant, wonach die Benutzungsstellung des Windschutzes sich von der Nichtbenutzungsstellung allein dadurch unterscheide, dass der Windschutz aus einem betroffenen Sektor verbracht werde, so dass eine Abschottung nicht mehr erfolgt. Es sei hingegen nicht erforderlich, dass der Windschutz aus allen Wärmeabstrahlrichtungen entfernt werde.
  40. Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagegebrauchsmuster auch nicht verletze. Die Lehre des Klagegebrauchsmusters verlange, dass ein Verstellen des Windschutzes von seiner Benutzungs- in seine Nichtbenutzungsstellung auch während des Betriebs des Heizgeräts erfolgen könne. Der Windschutz der angegriffenen Ausführungsform könne jedoch nur dann verstellt werden, wenn dieser abgekühlt sei, sich das Gasheizgerät mithin nicht mehr in Betrieb befinde. Andernfalls herrsche Explosionsgefahr, weil das erhitzte Blech bei einem Absenken in die Nichtbenutzungsstellung unmittelbar an der Gasflasche anliege.
  41. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Urkunden und Anlagen sowie auf das Protokoll zur Sitzung vom 10.04.2018 verwiesen.
  42. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
  43. Die zulässige Klage ist begründet.
  44. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung, sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach zu, §§ 24, 24a, 24b GebrMG i. V. m. §§ 242, 259 BGB.
  45. I.
    Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist ein Heizgerät, das eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende und zu einer in radialer Richtung zumindest weitgehend umfänglichen Wärmeabgabe konzipierte Brennereinheit mit einer Schutzeinrichtung und mit einem dem Heizgerät zugeordneten Windschutz erfasst (Abs. [0001] des Klagegebrauchsmusters; Abschnitte ohne Bezeichnung sind im Folgenden solche des Klagegebrauchsmusters).
  46. Das Klagegebrauchsmuster beschreibt einleitend Heizgeräte dieser Art als vorbekannt, beispielsweise in Form von Terrassenheizern (Abs. [0002]). Diese seien typischerweise gasbetrieben und würden Gas als Brennstoff verwenden (Abs. [0002]). Sie seien mit einer Brennereinheit mit einem Brenner und einem Wärmestrahler, typischerweise ausgeführt als Lochblech oder Drahtgestrick, oberhalb einer Gasversorgung ausgestattet (Abs. [0002]). Die Brennereinheit könne unmittelbar auf einem Gasflaschengehäuse oder unter Zwischenschaltung eines Schaftes von diesem in vertikaler Richtung beabstandet sein, und sei zu einer in radialer Richtung umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert (Abs. [0002]). Das Klagegebrauchsmuster stellt den bekannten Stand der Technik weiter derart dar, dass die in Bezug genommenen Gasheizgeräte oftmals über eine die Brennereinheit einfassende Schutzeinrichtung verfügen würden, um einen manuellen Zugriff auf die Wärme abgebenden Teile der Brennereinheit, vor allem den Wärmestrahler, bei einem Betrieb des Heizgerätes zu verhindern (Abs. [0002]). Bei einer solchen Schutzeinrichtung handele es sich typischerweise um ein wärmedurchlässiges Schutzgitter (Abs. [0002]).
  47. Des Weiteren sei den vorbekannten Heizgeräten, die für einen Einsatz im Außenbereich vorgesehen seien, ein Windschutz zugeordnet, um die Verwendung des Gasheizgeräts auch zu ermöglichen, wenn es nicht windstill ist (Abs. [0003], Abs. [0004]). Dieser werde durch ein sich über etwa 160 bis 180 Grad erstreckendes, gekrümmtes Blech gebildet, das zur Abschattung der Brennereinheit gegenüber dem angreifenden Wind an dem Schutzgitter eingehängt werde (Abs. [0003]).
  48. In dem Zusammenhang mit dem vorbekannten Windschutz kritisiert das Klagegebrauchsmuster, dass dieser sich durch den Betrieb des Gasheizgeräts erwärme (Abs. [0004]). Dies sei zwar für das Anbringen des Windschutzes unproblematisch, erschwere jedoch das Abnehmen desselben (Abs. [0004]). Die Abnahme des Windschutzes habe deshalb entsprechend vorsichtig und mit Schutzhandschuhen zu erfolgen (Abs. [0004]). Gleiches gelte für die Aufbewahrung des abgenommenen, heißen Windschutzes (Abs. [0004]). Insgesamt werde, so das Klagegebrauchsmuster, die Handhabung eines vorbekannten Windschutzes als umständlich empfunden (Abs. [0004]).
  49. Vor dem Hintergrund dieses als nachteilig empfundenen Stands der Technik nimmt es sich das Klagegebrauchsmuster zur Aufgabe (technisches Problem), ein Heizgerät der einleitend beschriebenen Art bereitzustellen, dessen Handhabung im Hinblick auf den Windschutz verbessert ist (Abs. [0005]).
  50. Dies soll durch ein Heizgerät nach Anspruch 1 geschehen, der wie folgt gegliedert werden kann:
  51. 1. Heizgerät,
  52. 2. umfassend eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende Brennereinheit (3),
  53. 2.1 die zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert ist,
  54. 2.2 mit einer die Brennereinheit (3) in Wärmeabstrahlrichtung einfassenden Schutzeinrichtung (9), etwa einem Schutzgitter,
  55. 3. welchem Heizgerät (1) ein Windschutz (14) zugeordnet ist,
  56. 3.1 durch den, wenn in seiner Benutzungsstellung befindlich, ein Sektor der Wärmeabstrahlrichtung der Brennereinheit (3) abgeschattet ist,
  57. 3.2 wobei der Windschutz (14) zwischen der Brennereinheit (3) und der Schutzeinrichtung (9) geführt und
  58. 3.3 zwischen einer Nichtbenutzungsstellung und einer Benutzungsstellung verstellbar ist.
  59. II.
    Nachfolgend wird das Verständnis einzelner Merkmale, soweit für die Frage der Schutzfähigkeit und/ oder der Verletzung des Klagegebrauchsmusters relevant, erörtert.
  60. 1.
    Merkmal 2,
  61. „umfassend eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende Brennereinheit“,
  62. sieht als einen Vorrichtungsbestandteil des geschützten Heizgeräts eine Brennereinheit vor. Über diese erfolgt, wie Merkmal 2.1 lehrt, die Wärmeabgabe, zu der das Heizgerät klagegebrauchsmustergemäß vorgesehen ist. Die Brennereinheit fungiert mithin als Wärmequelle.
  63. a)
    Nach § 12a GebrMG wird der Schutzbereich eines Gebrauchsmusters durch den Inhalt der Schutzansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Schutzansprüche heranzuziehen sind. Die Auslegung ist nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen wie bei einem Patent (BGH, GRUR 2007, 1059, Rn. 24 – Zerfallszeitmessgerät); so entspricht § 12a GebrMG inhaltlich den für Patente einschlägigen Regelungen in § 14 S. 1 PatG bzw. Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ. Das heißt auch bei der Auslegung eines Gebrauchsmusters sind die Worte des betreffenden Schutzanspruchs daraufhin zu würdigen, was ihnen unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnung und des allgemeinen Fachwissens bei sinnvoller Auslegung als offenbart und beansprucht zu entnehmen ist (Scharen, in Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 12a GebrMG, Rn. 3).
  64. Der Fachmann, ein FH-Entwicklungsingenieur, welcher über eine mehrjährige Erfahrung mit der Entwicklung von Heizgeräten verfügt, entnimmt dem danach maßgeblichen Wortlaut des Merkmals 2 zum einen, dass die Brennereinheit derart ausgestaltet ist, dass sie an eine externe Brennstoffversorgung angeschlossen werden kann. Über die Brennstoffversorgung erhält das Heizgerät den Brennstoff, der durch die Brennereinheit verarbeitet wird, so dass eine Wärmeabgabe erfolgen kann. Zum anderen geht aus dem Anspruchswortlaut die räumlich-körperliche Angabe hervor, dass die Brennereinheit in vertikaler Richtung verläuft, mithin sie sich in ihren Ausmaßen in die Höhe erstreckt.
  65. Der Fachmann stellt aufgrund des Anspruchswortlauts („eine an die Brennstoffversorgung angeschlossene […] Brennereinheit“) weiter einen technischen Zusammenhang zwischen der vertikalen Ausrichtung der Brennereinheit mit deren Anschluss an die Brennstoffversorgung her. Die Brennereinheit ist danach – im Verhältnis zu der Brennstoffversorgung – in vertikaler Richtung angeordnet, das heißt sie ist in einer senkrecht verlaufenden Richtung, mithin oberhalb, an diese angeschlossen. Der Fachmann schließt danach einen seitlich-horizontalen Aufbau, mithin eine zu den Seiten der Brennstoffversorgung angeschlossene Brennereinheit, aus.
  66. Die vertikale Erstreckung der Brennereinheit gibt so den Erwärmungsbereich in gewisser Weise vor.
  67. b)
    Der Fachmann findet dieses Verständnis auch durch den Beschreibungsinhalt bestätigt.
  68. Anhaltspunkte für das Verständnis eines Merkmals können sich auch daraus ergeben, dass das Patent (hier: Gebrauchsmuster) von einer bestimmten, vorbekannten Konstruktion ausgeht, diese als vorteilhaft ansieht und für die Erfindung beibehalten will. Hier ist im Zweifel die Annahme gerechtfertigt, dass sich das Patent in diesem Punkt den Stand der Technik zu Eigen macht. Infolgedessen ist es regelmäßig zulässig und geboten, für die Auslegung auf den betreffenden Stand der Technik zurückzugreifen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – Az. I-15 U 106/14, S. 45; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Auflage, 2018, Kap. A., Rn. 55).
  69. So ist es vorliegend.
  70. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters, dass es hinsichtlich der Ausgestaltung des geschützten Heizgerätes grundsätzlich am vorbekannten Technikstand anknüpft:
  71. „Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch einen (sic!) eingangs genantes (sic!) gattungsgemäßes Heizgerät, […].“ (Abs. [0006]; Hervorhebung diesseits).
  72. Das Klagegebrauchsmuster sieht im Vergleich zu vorbekannten Heizgeräten zwar eine abweichende Konzeption des Windschutzes vor, hält jedoch im Übrigen, insbesondere auch hinsichtlich der Brennereinheit, an dem dargestellten Stand der Technik fest. Im Hinblick auf diesen heißt es in Abschnitt [0002]:
  73. „Die Brennereinheit kann unmittelbar auf einem Gasflaschengehäuse oder unter Zwischenhaltung eines Schaftes von diesem in vertikaler Richtung beabstandet sein.“
  74. 2.
    Merkmal 2.1,
  75. „die [gemeint ist die Brennereinheit] zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert ist“,
  76. weist der Brennereinheit die technisch-funktionale Aufgabe der Wärmeabgabe zu und gibt mittelbar zugleich eine räumlich-körperliche Ausgestaltung („zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert“; Hervorhebung diesseits) dadurch vor, dass die Brennereinheit die Wärme in einem bestimmten Ausmaß in den Raum abgibt, nämlich „umfänglich“. Merkmal 2.2 und Merkmal 3.1 sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Wärmeabstrahlrichtung“.
  77. a)
    Wenn das Klagegebrauchsmuster mit Blick auf vorbekannte Brennereinheiten definiert:
  78. „Die Brennereinheit [gemeint ist die vorbekannte Brennereinheit] ist zu einer in radialer Richtung umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert, das heißt: Die Brennereinheit emittiert Wärme über 360 Grad.“ (Abs. [0002]),
  79. bezieht der Fachmann auch dies in sein Verständnis von der klagegebrauchsmustergemäßen Brennereinheit ein. Denn auch insoweit greift das Klagegebrauchsmuster ausdrücklich auf den vorbekannten Technikstand zurück:
  80. „Die Erfindung betrifft ein Heizgerät, umfassend eine an eine Brennstoffversorgung angeschlossene, sich in vertikaler Richtung erstreckende und zu einer in radialer Richtung zumindest weitgehend umfänglichen Wärmeabgabe konzipierte Brennereinheit, […].“ (Abs. [0001]; Hervorhebung diesseits).
  81. Die erfindungsgemäße Brennereinheit gibt danach in Umfangsrichtung, das heißt zu den Seiten hin, im Wesentlichen umfassend Wärme ab.
  82. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass weder die Begriffe „radiale Richtung“ noch „360 Grad“ Eingang in den Anspruchswortlaut gefunden haben. Der Fachmann zieht diese aus der Beschreibung stammenden Begriffe dennoch in der ausgeführten Art und Weise zur Auslegung des in dem Anspruchswortlaut verwendeten Begriffs „umfänglich“ heran. Insoweit tut sich auch kein Widerspruch zwischen dem Anspruchswortlaut und der Klagegebrauchsmusterbeschreibung auf.
  83. b)
    Dieses Verständnis erweist sich aus Sicht des Fachmannes auch vor dem Hintergrund als konsistent, dass sowohl der vorbekannte Windschutz als auch der klagegebrauchsmustergemäß vorgesehene Windschutz an eine in Umfangsrichtung stattfindende Wärmeabgabe derart anknüpfen, dass der Windschutz gerade in Umfangsrichtung verlaufende Abschnitte, über welche die Wärmeabgabe erfolgt, abschottet:
  84. „Bei einem solchen Windschutz handelt es sich um einen sich über etwa 160 bis 180 Grad erstreckendes, gekrümmtes Blech, welches zur Abschattung der Brennereinheit gegenüber dem angreifenden Wind an dem Schutzgitter eingehängt wird.“ (Abs. [0003] zum Stand der Technik),
  85. „[…], in der durch das Windschutzblech 14 ein Sektor der in radialer Richtung umfänglichen Wärmeabgabe der Brennereinheit 3 abgeschattet ist.“ (Abs. [0021] zu einem klagegebrauchsmustergemäßen Ausführungsbeispiel.).
  86. Die Wirkungsangabe des Windschutzes erfolgt – worauf unter Ziff. 4. näher ausgeführt wird – mithin gerade im Verhältnis zu der Wärmeabstrahlrichtung, die umfänglich, mithin im Wesentlichen zu allen Seiten hin, stattfindet. Befindet sich der Windschutz in seiner Benutzungsstellung erfolgt eine Abgabe der Wärme nach den Beschreibungen des Klagegebrauchsmusters gerade nur in dem durch den Windschutz nicht abgeschotteten Bereich der Wärmeabstrahlrichtung (Abs. [0008]).
  87. 3.
    Merkmal 2.2,
  88. „mit einer die Brennereinheit in Wärmeabstrahlrichtung einfassenden Schutzeinrichtung, etwa einem Schutzgitter“,
  89. sieht als einen weiteren Vorrichtungsbestandteil eine Schutzeinrichtung in einer bestimmten räumlich-körperlichen Anordnung, nämlich die Brennereinheit umgebend, vor. Technisch-funktional bezweckt die Lehre des Klagegebrauchsmusters damit den Schutz vor dem Heizgerät, nicht den Schutz des Heizgeräts.
  90. a)
    Dieses Verständnis entspricht auch dem von dem Klagegebrauchsmuster einbezogenen Stand der Technik:
  91. „Derartige Gasheizgeräte verfügen oftmals über eine die Brennereinheit einfassende Schutzeinrichtung, um einen manuellen Zugriff auf die Wärme abgebenden Teile der Brennereinheit, vor allem den Wärmestrahler bei einem Betrieb des Heizgerätes zu verhindern.“ (Abs. [0002]),
  92. an den sich das Klagegebrauchsmuster ausdrücklich anlehnt:
  93. „Die Brennereinheit 3 verfügt über ein äußeres Schutzgitter 9 als Schutzeinrichtung, durch welches ein mechanischer Zugriff an den dahinter befindlichen Brenner verhindert ist.“ (Abs. [0020]).
  94. Der Fachmann findet dieses Verständnis auch bei einer Gesamtschau des Merkmals 2.2 mit dem Merkmal 3.2 bestätigt, wonach der sich erhitzende Windschutz ebenfalls von dem Schutzgitter nach außen, in Richtung des Benutzers eingefasst ist.
  95. Das weitergehende Verständnis der Beklagten, wonach die Schutzeinrichtung irgendeinen Schutz, insbesondere auch einen solchen des Heizgeräts, bereitstellt, hat demgegenüber weder in dem Anspruchswortlaut noch in der zur Auslegung heranzuziehenden Klagegebrauchsmusterbeschreibung einen Niederschlag gefunden.
  96. b)
    Vor dem Hintergrund, dass die Brennereinheit klagegebrauchsmustergemäß umfänglich zur Wärmeabgabe konzipiert ist (Merkmal 2.1), gleichzeitig jedoch in Wärmeabstrahlrichtung von der Schutzeinrichtung umgeben ist (Merkmal 2.2), erschließt sich dem Fachmann, dass die Schutzeinrichtung wärmedurchlässig ist. Denn andernfalls würde die Schutzeinrichtung die klagegebrauchsmustergemäß angestrebte Wirkung einer umfänglichen Wärmeabgabe verhindern. Die Wirkung der Schutzeinrichtung besteht lediglich darin, einen direkten Zugriff auf die stark erwärmten Vorrichtungsbestandteile zu verhindern. Der Benutzer soll hingegen gerade nicht von der Einwirkung jeglicher Wärme ausgeschlossen werden – für diesen Fall würde schon ein Heizgerät nach Merkmal 1 nicht mehr vorliegen.
  97. 4.
    Die Merkmalsgruppe 3,
  98. „3. welchem Heizgerät ein Windschutz zugeordnet ist,
  99. 3.1 durch den, wenn in seiner Benutzungsstellung befindlich, ein Sektor der Wärmeabstrahlrichtung der Brennereinheit abgeschattet ist,
  100. 3.2 wobei der Windschutz zwischen der Brennereinheit und der Schutzeinrichtung geführt und
  101. 3.3 zwischen einer Nichtbenutzungsstellung und einer Benutzungsstellung verstellbar ist.“,
  102. befasst sich mit dem Windschutz als Vorrichtungsbestandteil, welcher die gegenüber dem Stand der Technik beabsichtigte Verbesserung in der Handhabung der Vorrichtung bereitstellen soll (Abs. [0005]).
  103. a)
    Technisch-funktional dient der Windschutz – wie auch der Windschutz vorbekannter Einrichtungen – dazu, das für den Einsatz im Außenbereich vorgesehene Heizgerät von direkten Angriffen durch den Wind abzuschirmen, und so einer Beeinträchtigung der Wärmeabgabe durch den Wind entgegenzuwirken (Abs. [0003], [0007]).
  104. Die Lösung des Klagegebrauchsmusters für eine verbesserte Handhabung des vorbekannten Windschutzes basiert erfindungswesentlich darauf, dass der vorgesehene Windschutz keiner vollständigen Demontage von dem geschützten Heizgerät bedarf, sondern an diesem verbleibend von einer Benutzungs- in eine Nichtbenutzungsstellung verbracht werden kann:
  105. „Bei diesem […] ausgeführten Heizgerät ist der Windschutz Teil des Geräts […].“ (Abs. [0007], Hervorhebung diesseits),
  106. „Der Windschutz selbst ist zwischen einer Nichtbenutzungsstellung und einer Benutzungsstellung verstellbar gehalten […].“ (Abs. [0007]),
  107. „Die Konzeption dieses Heizgeräts mit einer dem Windschutz zugeordneten Führung zum Zwecke seiner Verstellung ermöglicht, dass der Windschutz zu seiner Handhabung nicht an seiner windabweisenden, sich bei einem Betrieb des Brenners aufheizenden Fläche ergriffen werden muss.“ (Abs. [0007]).
  108. Das Klagegebrauchsmuster stellt in diesem Zusammenhang statt eines manuellen Zugriffs auf den Windschutz eine räumlich-körperliche Ausgestaltung zur Verfügung, über die eine nur mittelbare Zugriffsmöglichkeit auf den Windschutz geschaffen wird. Das Klagegebrauchsmuster spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „dem Windschutz zugeordneten Führung zum Zweck seiner Verstellung“ (Abs. [0007]).
  109. Im Hinblick auf das Material des als Windschutz fungierenden Bauteils lassen sich dem Klagegebrauchsmuster keine beschränkenden Angaben entnehmen. Dies berücksichtigend bezieht der Fachmann bei technisch-funktionaler Betrachtung jedes Bauteil ein, welches dazu geeignet ist, den unmittelbaren Auftritt von Wind auf den Wärme abgebenden Teil in spürbarem Umfang zu verhindern.
  110. b)
    Während der Anspruchswortlaut die Nichtbenutzungsstellung nach Merkmal 3.3 nicht näher beschreibt, ist die Benutzungsstellung, wie Merkmal 3.1 lehrt, dadurch definiert, dass sie einen Sektor der Wärmeabstrahlrichtung abschattet, mithin der Windschutz seine bestimmungsgemäße Funktion erfüllt. Die Abschottung vor Windeinflüssen geschieht damit klagegebrauchsmustergemäß dadurch, dass der Windschutz in seiner Benutzungsstellung in gewissem Umfang („Sektor“) als bauliches Element räumlich-körperlich zwischen den Wärme abgebenden Teil der Brennereinheit und die Außenumgebung tritt, und so eine Barriere für den angreifenden Wind bietet.
  111. Aus dem in Bezug genommenen Anspruchswortlaut ergibt sich für den Fachmann zugleich, was unter dem „Sektor der Wärmeabstrahlrichtung“ zu verstehen ist. Bei der Wärmeabstrahlrichtung handelt es sich um den Bereich, in den die Brennereinheit Wärme abgibt, mithin – da die Wärmeabgabe im Wesentlichen zu allen Seiten hin erfolgt – einen seitlich zu der Brennereinheit liegenden Bereich. Der Fachmann bestimmt einen „Sektor“ der Wärmeabstrahlrichtung damit relativ im Verhältnis zu der Richtung, in die die Vorrichtung insgesamt Wärme abgibt. Bei dem mit dem Begriff „Sektor“ bezeichneten Teilbereich handelt es sich um denjenigen Bereich der Wärmeabstrahlrichtung, der durch den Windschutz „abgeschattet“ wird, indem der Windschutz baulich zwischen die Außenumgebung und die Brennvorrichtung tritt. Das Klagegebrauchsmuster selbst beschreibt dann auch spiegelbildlich, dass in dem Fall, in dem sich das Windschutzblech in einer Benutzungsstellung befindet, nur in dem durch den Windschutz nicht abgeschatteten Sektor der Wärmeabstrahlrichtung Wärmestrahlen emittiert werden (Abs. [0008]).
  112. Dass mit dem so verstandenen „Sektor“ zwingend eine vollständige Abdeckung der Wärmeabstrahlrichtung in vertikaler Richtung (das heißt in der gesamten Höhe) verbunden ist, verlangt die an der Funktion orientierte Auslegung nicht. Technisch-funktional ist maßgeblich, dass der Wind nicht in einem Umfang auf den Wärmestrahler einwirkt, der einer Wärmeabgabe in spürbarem Umfang entgegenwirkt. Dafür kann auch ausreichend sein, dass – in vertikaler Richtung – lediglich bestimmte, wesentliche Teile der Wärmeabstrahlrichtung von dem Windschutz erfasst sind.
  113. c)
    Aus der Sicht des Fachmannes enthält das Merkmal 3.1, das die Benutzungsstellung in dem dargestellten Sinne positiv definiert, nicht zwingend auch eine Negativdefinition der klagegebrauchsmustergemäßen Nichtbenutzungsstellung derart, dass der Windschutz in seiner Nichtbenutzungsstellung gar keinen Bereich, in den Wärme abgestrahlt wird, abdeckt.
  114. Dies berücksichtigend erfasst der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters auch solche Ausgestaltungen, bei denen der Windschutz nicht – wie bei dem Ausführungsbeispiel nach Abschnitt [0009] ff. – in vertikaler Richtung axial verschiebbar, sondern entlang der Umfangsrichtung der Brennereinheit, mithin horizontal, bewegbar gehalten ist.
  115. Diese Sichtweise bestätigt sich für den Fachmann auch anhand der Beschreibung, der er entnimmt, dass die vertikale Verfahrbarkeit des Windschutzes lediglich ein Ausführungsbeispiel darstellt, welches die Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht beschränkt (BGH, GRUR 2008, 779 (Rn. 34) – Mehrgangnabe).
  116. Eine Beschränkung des soeben ausgeführten Verständnisses ergibt sich lediglich insoweit, als die im Anspruchswortlaut angelegte konzeptionelle Abgrenzung zwischen einer Benutzungs- und einer Nichtbenutzungsstellung erhalten bleiben muss. Nach dem Klagegebrauchsmuster verbietet sich deshalb eine Betrachtungsweise, bei der in der Nichtbenutzungsstellung lediglich ein anderer, aber gleichgroßer Teilbereich der Wärmeabstrahlrichtung wie in der Benutzungsstellung abdeckt ist, und sich Benutzungs- und Nichtbenutzungsstellung lediglich dadurch unterscheiden, dass der Windschutz in der Nichtbenutzungsstellung horizontal zu einer Seite der Brennereinheit verschoben wird, an der der Wind gerade nicht angreift. In einer solchen Konstellation ist die Benutzungs- und Nichtbenutzungsstellung durch die Konzeption der Vorrichtung selbst nicht mehr bestimmbar, obwohl der Anspruchswortlaut dies vorgibt. Die Nichtbenutzungsstellung nach dem Klagegebrauchsmuster ist nach alledem bei einer horizontalen Verfahrbarkeit des Windschutzes dadurch gekennzeichnet, dass der Windschutz einen geringeren Teil der Wärmeabstrahlrichtung abdeckt als in der Benutzungsstellung, mithin die Fläche des Windschutzes in der Nichtbenutzungsstellung gegenüber der Benutzungsstellung in horizontaler Richtung, das heißt in seiner Ausdehnung in der Breite, minimiert wird, beispielsweise indem er eingerollt oder – vergleichbar eines Fächers – zusammengefaltet/ -geklappt wird.
  117. d)
    Die Lehre des Klagegebrauchsmusters verlangt hingegen nicht, dass das Verstellen des Windschutzes von der Benutzungs- in die Nichtbenutzungsstellung zu einem Zeitpunkt möglich sein muss, in dem der Windschutz noch erhitzt bzw. das Heizgerät im Betrieb ist.
  118. Zwar leitet das Klagegebrauchsmuster seine Aufgabe, die Handhabung des Windschutzes zu verbessern (Abs. [0005]), im Wesentlichen daraus her, dass in dem vorbekannten Technikstand die Handhabung eines erhitzten Windschutzes umständlich ist (Abs. [0004]). Daneben beschreibt das Klagegebrauchsmuster jedoch auch die Handhabung im Übrigen, das heißt unabhängig von dem erhitzten Zustand des vorbekannten Windschutzes, als umständlich,
  119. „Bei einer Handhabung des Windschutzes ist darauf zu achten, dass dieser sich durch den Betrieb des Gasheizgeräts erwärmt. […]. Eine Handhabung hat entsprechend vorsichtig und mit Schutzhandschuhen zu erfolgen. […]. Darüber hinaus wird mitunter die Handhabung eines solchen Windschutzes als umständlich empfunden. (Abs. [0004] a. E.; Hervorhebung diesseits),
  120. verortet mithin die nachteilige Handhabung der vorbekannten Windschutzvorrichtung in der Tatsache, dass auf diese überhaupt ein manueller Zugriff erfolgen und diese von dem Heizgerät vollständig demontiert werden muss.
  121. Eine verbesserte Handhabung wird danach in klagegebrauchsmustergemäßer Weise auch bereits dadurch erzielt, dass der Windschutz auch in seiner Nichtgebrauchsstellung an dem Heizgerät verbleiben und ohne einen manuellen Zugriff in diese Nichtgebrauchsstellung verbracht werden kann. Dass dieser Verstellvorgang bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem der Windschutz noch erhitzt ist, erfolgen kann, verbessert den vorbekannten Windschutz zusätzlich, ist aber keine technische Wirkung, die das Klagegebrauchsmuster zwingend zu erzielen beabsichtigt.
  122. e)
    Soweit Merkmal 3.2 die Anweisung enthält, den Windschutz – aus Benutzersicht – hinter dem Schutzgitter in Richtung der Brennereinheit anzuordnen, erkennt der Fachmann, dass die Schutzvorrichtung die ihr zugewiesene Funktion, den Benutzer vor Verbrennungen durch heiße Vorrichtungsbestandteile (insbesondere der Brennereinheit) zu schützen, auch in Bezug auf den Windschutz entfalten soll. Der Benutzer mithin auch davor geschützt werden soll, in einen direkten Kontakt mit dem erhitzten Windschutz zu gelangen. Daraus ergibt sich, dass der Windschutz nach Merkmal 3.2, dort wo ein Zugriff durch den Benutzer möglich ist, baulich vollständig von der Schutzrichtung umgeben ist.
  123. Soweit der Beschreibungsteil mit der räumlich-körperlichen Vorgabe nach Merkmal 3.2 auch verbindet, dass sich der Wärmestrahler näher an der Brennereinheit befindet, und deshalb auch als Wärmereflektor fungieren kann (Abs. [0008]), beschreibt das Klagegebrauchsmuster einen mit der Anordnung typischerweise einhergehenden Vorteil (vgl. Abs. [0007] a. E.), ohne diesen jedoch zwingend vorzugeben. Dieser durch den abhängigen Unteranspruch 6 unter Schutz gestellte Vorteil, steht in keinem technisch-funktionalen Zusammenhang mit der erfindungswesentlich angestrebten Verbesserung der Handhabung des Windschutzes (Abs. [0005]).
  124. III.
    Auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens bestehen keine hinreichenden Zweifel des Gerichts an der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters. Dies berücksichtigend kommt auch eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 19 GebrMG nicht in Betracht.
  125. 1.
    Gem. §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG wird der Gebrauchsmusterschutz durch die Eintragung (§ 11 GebrMG) nicht begründet, soweit gegen den als Inhaber Eingetragenen für jedermann ein Anspruch auf Löschung besteht, wobei dieser insbesondere dann besteht, wenn der Gegenstand des Gebrauchsmusters nach den §§ 1 bis 3 nicht schutzfähig ist. Nach den §§ 1 – 3 GbrMG sind solche Erfindungen einem Gebrauchsmusterschutz zugänglich, die neu sind und auf einem erfinderischen Schritt beruhen. Weiter ist im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 GrbMG auch zu prüfen, ob die technische Lehre so deutlich offenbart ist, dass sie ausführbar ist.
  126. Sofern das Verletzungsgericht das Klagegebrauchsmuster nicht für zweifelsfrei schutzunfähig hält und den Verletzungsrechtsstreit deshalb bei einem parallelen Löschungsverfahren gemäß § 19 Satz 2 GebrMG zwingend aussetzen muss, ist dem Gericht gemäß § 19 Satz 1 GebrMG ein Aussetzungsermessen eröffnet, wenn es Zweifel an der Schutzfähigkeit hat. Diese Zweifel müssen berechtigt sein, nämlich an konkrete Aspekte der Rechtsbestandsprüfung anknüpfen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Gericht die Schutzunfähigkeit für überwiegend wahrscheinlich hält, denn anders als bei einem Patent ist die Prüfung der Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters nicht gesetzlich dem Patentamt vorbehalten. Die Aussetzung ist daher bereits dann angebracht, wenn die Möglichkeit der Löschung oder Teillöschung nicht fernliegt (Rogge/ Engel, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 19 GebrMG, Rn. 6). Die Schutzfähigkeit eines Gebrauchsmusters muss dagegen positiv zur Überzeugung des Verletzungsgerichts feststehen, wenn es aus dem Gebrauchsmuster verurteilen will (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl. 2018, Rn. E.718).
  127. 2.
    Orientiert an den unter Ziff. 1. dargelegten Grundsätzen vermag die Kammer an der Schutzfähigkeit der Lehre des Klagegebrauchsmusters weder unter dem Aspekt der mangelnden Offenbarung (dazu unter lit. a)), noch unter dem Aspekt der fehlenden Neuheit (dazu unter lit. b)) noch unter dem Gesichtspunkt des fehlenden erfinderischen Schritts (dazu unter lit. c)) zu zweifeln.
  128. a)
    Die Lehre des Klagegebrauchsmusters ist so deutlich offenbart, dass sie ausführbar ist.
  129. aa)
    Im Rahmen des Löschungsgrundes nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG ist auch zu prüfen, ob die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie nach den Angaben der Beschreibung einschließlich der Zeichnung mit Hilfe seines Fachwissens ausführen kann (BGH, Beschl. v. 28.04.1999, Az.: X ZB 12/98, Rn. 12 f. – Flächenschleifmaschine, zitiert nach juris; Goebel/ Engel, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 15, Rn. 11).
  130. Maßgeblich für die Beurteilung der Ausführbarkeit in diesem Sinne ist, ob dem Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung des Schutzrechts aus frei zugänglichen Quellen oder unter bloßer Ausschöpfung seiner Kenntnisse und Fähigkeit, die Mittel zu Verfügung standen, die er zur Ausführung der Erfindung benötigte (BGH, ebd., Rn. 23).
  131. bb)
    Die von der Beklagten angeführten Undeutlichkeiten im Hinblick auf einzelne in dem Klagegebrauchsmuster verwendete Begriffe stehen der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Ausführbarkeit nicht entgegen.
  132. Die Beklagte nimmt eine fehlende Ausführbarkeit unter Bezugnahme auf ein rein sprachlich-philologisches Verständnis der Begriffe an, und lässt dabei unberücksichtigt, dass eine Gebrauchsmusterschrift im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe, gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH GRUR 99, 909, 912 – Spannschraube). Weichen Begriffe in den Schutzansprüchen vom allgemeinen technischen Sprachgebrauch ab, ist der sich aus den Ansprüchen und der Beschreibung ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH, GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig; GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube; BGHZ 150,149, 153 – Schneidmesser I; BGHZ 113, 1, 9 f. – Autowaschvorrichtung; BGHZ 105, 1, 10 – Ionenanalyse). Die Merkmale eines Schutzanspruchs sind danach nicht anhand der Definition in Fachbüchern oder dergleichen auszulegen, sondern es ist das fachmännische Verständnis anhand der Beschreibung des Schutzrechts selbst zu ermitteln (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoff-einstückig; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2015, Az. I-15 U 25/14 S. 15).
  133. Daran orientiert erweisen sich die von der Beklagten angeführten Begriffe nicht als unklar, sie lassen sich vielmehr – wie bereits unter Ziffer II. aufgezeigt – bei der gebotenen technisch-funktionalen Betrachtung widerspruchsfrei in den Kontext der Lehre des Klagegebrauchsmusters einordnen. Des Weiteren ist zu beachten, dass die in dem Klagegebrauchsmuster verwendeten Begriffe jedenfalls in dem dem Fachmann als bevorzugt dargestellten Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 – 5 eine konkrete Ausgestaltung erfahren, und dem Fachmann auch insoweit Hinweise zur Ausführbarkeit der geschützten Lehre geben.
  134. Im Hinblick auf die einzelnen von der Beklagten unter dem Aspekt der mangelnden Deutlichkeit angegriffenen Begriffe gilt Folgendes, wobei wegen einer ausführlichen Begründung auf die Ausführungen unter Ziff. II. verwiesen wird:
  135. „zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert“
    Wie unter Ziff. II., 2. einleitend ausgeführt verbindet der Fachmann mit der „Konzeption“ der Brennereinheit eine räumlich-körperliche Ausgestaltung, durch die die Einheit zur umfänglichen Wärmeabgabe in der Lage ist. Unter einer „umfänglichen Wärmeabgabe“ versteht das Klagegebrauchsmuster, dass die Brennereinheit im Wesentlichen nach allen Seiten hin Wärmestrahlen emittiert (vgl. auch unter Ziff. II., 2., lit. a)). Diese Angabe ist für den Fachmann auch nicht deshalb unklar, weil ihm eine Kreis- oder Kugelform im Zusammenhang mit dem Merkmal nicht offenbart wird. Denn eine streng mathematische Wärmeabgabe im Sinne von 360 Grad bzw. des Radius eines Kreises verlangt das Klagegebrauchsmuster mit Blick auf die Funktion der Brennereinheit nicht. Die Angabe „umfänglich“ macht in dem dargestellten Verständnis vielmehr auch dann Sinn, wenn andere dreidimensionale Gebilde vorliegen. Denn auch dann kann eine Wärmeabgabe im Wesentlichen zu allen Seiten des Vorrichtungsbestandteils hin erfolgen.
  136. „Wärmeabstrahlrichtung“
    Auch führt die Verwendung des Begriffs „Wärmeabstrahlrichtung“ (Merkmal 2.2 und Merkmal 3.1) zu keiner der Ausführbarkeit entgegenstehenden Undeutlichkeit.
  137. Der Fachmann versteht darunter die Richtung, in die die Brennereinheit Wärme abgibt (vgl. auch Ziff. II., 2., einleitend). Diese wird ihm des Weiteren durch das Merkmal 2.1 derart beschrieben, dass diese im Wesentlichen zu allen Seiten der Brennereinheit liegt. Die Beklagte selbst versteht diesen Begriff in der dargelegten Art und Weise (Schriftsatz vom 19.12.2016, S. 7, Bl. 51 GA).
  138. „Sektor der Wärmeabstrahlrichtung“
    Bei dem Sektor der Wärmeabstrahlrichtung handelt es sich um einen seitlichen Teilbereich des Gesamtbereichs, in den die Brennereinheit grundsätzlich Wärme abgibt, der jedoch abgeschottet wird (vgl. auch Ziff. II., 4., lit. b)). Soweit die Beklagte den Begriff des Sektors mit der geometrischen Form eines Kreises/ Kreiskegels in Verbindung bringen möchte, orientiert sie sich allein an einem sprachlich-philologischen Verständnis des Begriffs, die in unzulässigerweise von der konkreten Verwendung im Zusammenhang mit der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters losgelöst ist. Unbeschadet dessen greift auch das Klagegebrauchsmuster die sprachlich-philologischen Bedeutung des Begriffs „Sektor“ auf, indem es nämlich lediglich ein Auszug/ Ausschnitt eines größeren Bereichs mit dem Begriff „Sektor“ bezeichnet.
  139. „abschatten“
    Der Beklagten mag darin zuzustimmen sein, dass das Klagegebrauchsmuster den Begriff „abschatten“ (Merkmal 3.1) nicht in dem umgangssprachlichen Sinne von „von Sonneneinstrahlung fernhalten“ verwendet. Das führt aber nicht zu einer unklaren Verwendung des Begriffs. Der Fachmann versteht diesen in dem technischen Zusammenhang der Lehre des Klagegebrauchsmusters – wie unter Ziff. II., 4., lit. b)) – vielmehr im Sinne von „abschirmen“/ „abschotten“ (der Brennereinheit vor Wind).
  140. b)
    Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten sind Zweifel an der Neuheit der Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht begründet.
  141. Der Gegenstand eines Gebrauchsmusters gilt gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GbrMG als neu, wenn er nicht zum Stand der Technik gehört, wobei gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 GebrMG von dem Stand der Technik alle Kenntnisse erfasst sind, die vor dem für den Zeitrang maßgeblichen Tag durch schriftliche Beschreibung oder durch eine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erfolgte Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
  142. Die beanspruchte Erfindung ist danach nicht mehr neu, wenn sämtliche Merkmale der Schutzansprüche aus einer einzigen Entgegenhaltung oder Vorbenutzung bekannt sind (Goebel/ Engel, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 3 GbrMG, Rn. 5). Der Offenbarungsgehalt der aus dem Stand der Technik angeführten Entgegenhaltungen ergibt sich aus dem Gesamtinhalt der einzelnen schriftlichen Beschreibung oder Benutzungshandlung (a.a.O.). Der Stand der Technik, gegenüber welchem sich der Gegenstand des Gebrauchsmusters als neu zu bewähren hat, muss in der Zeit vor dem für den Zeitrang der Gebrauchsmusteranmeldung maßgeblichen Tag liegen (Goebel/ Engel, ebd., § 3 GbrMG, Rn. 13). Sofern das Gebrauchsmuster – wie vorliegend – eine Priorität nicht in Anspruch nimmt, ist der Tag der Anmeldung – hier der 08.08.2011 – für die Beurteilung der Neuheit maßgeblich (a.a.O.).
  143. Da infolge der Eintragung eines Gebrauchsmusters eine Registerposition mit Rechtsschein entsteht, die zur Geltendmachung des Schutzes ohne Rücksicht auf die Schutzfähigkeit berechtigt, ist die Schutzfähigkeit zunächst, das heißt bis zur Erhebung der Einrede, grundsätzlich zu vermuten. Es bedarf insofern nicht der Substantiierung der anspruchsbegründenden Tatsache „Schutzfähigkeit“, so dass der vermeintliche Verletzer jedenfalls die Darlegungslast für das Fehlen der Schutzfähigkeit trägt (Grabinski/ Zülch, in: Benkard, PatG, Kommentar 11. Auflage, 2015, § 24 GebrMG Rn. 18; Meier-Beck, GRUR 1988, 861, 864).
  144. Nach dieser Maßgabe lässt sich aus dem Beklagtenvorbringen vorliegend nicht nachvollziehbar ableiten, dass die angeführten Entgegenhaltungen sämtliche Merkmale des Klagegebrauchsmusters vorwegnehmen.
  145. Insoweit gilt im Hinblick auf die von der Beklagten eingeführten Entgegenhaltungen Folgendes:
  146. aa)
    Die am 30.10.2003 offengelegte australische Patentanmeldung mit der Bezeichnung AU 2003 203 646 A1 (nachfolgend: D7) steht der Neuheit der durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Lehre nicht entgegen. Denn jedenfalls für eine Vorwegnahme des Merkmals 3.3 bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
  147. (1)
    Gegenstand der D7 ist ein Terrassenheizer (Merkmal 1), nachfolgende Figur 1 der D7 zeigt eine Ausgestaltung eines solchen Terrassenheizers:
  148. Dieser verfügt – bezugnehmend auf Figur 1 – über eine Brennstoffversorgung 20, an der ein Brenner 13 und ein vertikaler Abzug 11 angeschlossen sind. Der vertikale Abzug ist von einem Sicherheitsgitter 14 umgeben.
  149. Soweit die Klägerin – im Rahmen der Widerspruchsbegründung (Anlage rop19, S. 8) – einer Vorwegnahme des Merkmals 2.2 entgegentritt, weil die Ring-Ausdehnung des Gasbrenners 13 in horizontaler Richtung liege, kommt es darauf nicht an. Maßgeblich ist nach Merkmal 2, dass die Brennereinheit sich in vertikaler Richtung erstreckt (vgl. Ziff. I., 1. lit. a)). Zu der Brennereinheit gehört auch der Teil, der Wärme abgibt, mithin der Abzug 11.
  150. Aufgrund der rohrartigen Ausgestaltung des Abzugs 11 erscheint auch möglich, dass dieser eine Wärmeabgabe im Wesentlichen zu allen Seiten erzielen kann (Merkmal 2.1). Zwar erscheint der Vortrag der Klägerin, wonach das Rohr 11 umfänglich geschlossen ist und die Abgase lediglich am oberen Ende des Rohres am Austritt („exhaust“) 17 austreten (Anlage rop19, S. 10), grundsätzlich nachvollziehbar. Die Kammer vermag jedoch nicht auszuschließen, dass sich auch das Rohr radial erwärmt und Wärme abgibt. Dies gilt vor allem deshalb, weil der weitere Offenbarungsgehalt der D7,
  151. „The scrub-enhancer serves to slow the flow of combusion gases upwardly through the heat exchanger to be exhausted at 17. The aim here is to cause sufficient contact between the gases and the flue to result ideally in cool gases escaping at the exhaust 17.” (D7, S. 3, Z. 26 – 29),
  152. dafür spricht, dass über den Austritt 17 zwar die Abgase entlassen werden, nicht aber zwingend auch die Wärme. Die Tatsache, dass die Abgase den Austritt 17 möglichst gekühlt verlassen sollen, könnte auch dafür sprechen, dass die Wärme gerade an anderer Stelle freigesetzt wird. Weiter ist auch die gesamte Vorrichtung von dem Schutzgitter 14 eingefasst.
  153. (2)
    Auch eine Vorwegnahme des Merkmals 3.1 erscheint nach dem Offenbarungsgehalt der D7 möglich.
  154. Die Vorrichtung nach Figur 1 weist einen beweglichen Reflektor 19 auf, in dem die Beklagte einen klagegebrauchsmustergemäßen Windschutz erblickt. Der Reflektor erstreckt sich gemäß nachfolgend (verkleinert) wiedergegebener Figur 2:
  155. die einen Querschnitt durch das Terrassenheizgerät zeigt, in Umfangsrichtung über einen Bereich des vertikalen Abzugs 11.
  156. Der Reflektor 19 ist zwar nach der Beschreibung der Entgegenhaltung zuvorderst dazu vorgesehen, eine Person, die die Gaskontrolle 18 betätigt, vor Wärmeeinwirkung zu schützen,
  157. „A moveable reflector 19 is situated between the grate 14 and the heat exchanger 11 at a position that will protect a person operating the gas-control 18 from heat radiated by the heat exchanger.” (D7, S. 4, Sp. 9 – 11),
  158. dies schließt jedoch nicht aus, dass dieser auch als Windschutz im Sinne der Lehre des Klagegebrauchsmusters fungiert. Denn der nach der geschützten Lehre vorgesehene Windschutz ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen die äußere Umgebung und die Wärmeabgabevorrichtung, hier dem vertikalen Abzug, zusätzliches Material eingebracht wird, um zu verhindern, dass der Wind direkt an der Wärmequelle angreift (vgl. Ziff. II., 4. lit. a), b)). Diese Funktion kann auch durch den offenbarten Reflektor wahrgenommen werden, das Klagegebrauchsmuster sieht eine Beschränkung des Materials des Windschutzes nicht vor (Ziff. II., 4. lit. a) a. E.). Entsprechend der diesem zugewiesenen Funktion muss das Material lediglich so beschaffen sein, dass jedenfalls ein Teil des Windes von der Einwirkung auf die Wärmequelle abgehalten wird. Dabei nennt das Klagegebrauchsmuster im Zusammenhang mit einem Windschutz selbst beispielhaft solche Materialien, die Wärme reflektieren (Abs. [0008]), sowie Materialien, durch welche die Wärmestrahlen nur in dem durch den Windschutz nicht abgeschatteten Sektor emittiert werden (Abs. [0008]). Dies dürfte jeweils auch auf den offenbarten Reflektor zutreffen.
  159. Der Reflektor 19 ist auch – entsprechend der Anordnung des klagegebrauchsmustergemäßen Windschutzes nach Merkmal 3.2 – zwischen den vertikalen Abzug 11 (= Brennereinheit im Sinne des Klagegebrauchsmusters) und dem Schutzgitter 14 angeordnet.
  160. (3)
    Die D7 lässt jedoch nicht erkennen, dass der Reflektor 19 von einer Benutzungs- in eine Nichtbenutzungsstellung verbracht werden kann, wie Merkmal 3.3 des Klagegebrauchsmusters dies vorsieht.
  161. Die Position des Reflektors 19 ist zwar veränderbar:
  162. „The moveable reflector might be pivotable, or slideable for convenient positioning. For example, there might be provided upper and lower annular tracks guiding the upper and lower horizontal edges of the moveable reflector 19 to be repositioned throughout 360 degrees of the heat exchanger 11.“ (D7, S. 4, Z. 11 – 15).
  163. Dies geschieht nach der angeführten Passage derart, dass der Reflektor über eine kreis- bzw. ringförmige Führung seiner oberen und unteren Kante entlang des Umfangs (über 360 Grad) des vertikalen Abzugs horizontal verschoben wird. Dass mit dem horizontalen Verschieben des Reflektors 19 gleichzeitig auch die Fläche desselben minimiert und dadurch auch der von diesem abgeschirmte Wärmeabstrahlbereich des Abzugs 11 reduziert wird, ist demgegenüber nicht erkennbar. Dies trägt auch die Beklagte nicht vor, die den Offenbarungsgehalt der D7 im Hinblick auf eine Verstellbarkeit in die Nichtbenutzungsstellung wie folgt zusammenfasst:
  164. „Eine Nichtbenutzungsstellung für einen Windschutz kann beispielsweise darin bestehen, dass dieser parallel zum Wind gedreht wird, das heißt beispielsweise wenn der Wind in Fig. 2 der D7 von oben oder von unten käme. Außerdem erfüllt ein Windschutz auch dann seine Bestimmung nicht und ist somit in einer Nichtbenutzungsstellung, wenn der Wind aus der entgegengesetzten Seite kommt, als in Fig. 2 der D8 [gemeint ist wohl der D7] beispielsweise von rechts.“ (Klageerwiderungsschrift vom 19.12.2016, S. 14, 4. Abs., Bl. 58 GA).
  165. Die Beklagte nimmt eine Abgrenzung der Benutzungs- von der Nichtbenutzungsstellung damit anhand einer nur „sektorspezifischen“ Betrachtung vor, nach der der Windschutz, wenn er einen zuvor abgeschotteten Sektor freigibt, in Bezug auf diesen Sektor eine Nichtbenutzungsstellung einnimmt. Eine solche Betrachtung widerspricht jedoch der klagegebrauchsmustergemäßen Lehre, die den Sektor (und damit die Benutzungsstellung des Windschutzes) gerade relativ im Verhältnis zur gesamten von der Brennereinheit erfassten Wärmeabstrahlrichtung vornimmt (vgl. Ziff. II., 4., lit. b)). Die Sichtweise der Beklagten führt letztlich dazu, dass eine Unterscheidung der Benutzungs- und Nichtbenutzungsstellung anhand der Ausgestaltung der Vorrichtung allein nicht möglich, sondern von der Windangriffsrichtung abhängig ist. Dies führt aus dem Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters heraus (vgl. Ziff. II., 4., lit. c)).
  166. bb)
    Soweit die Beklagte gegen die Neuheit des Klagegebrauchsmusters die US 6,102,031 (nachfolgend: D8), erteilt am 15.08.2000, anführt, vermag die Kammer dieser keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine Vorwegnahme der Merkmale 2.2 und 3.2 zu entnehmen.
  167. (1)
    Gegenstand der Entgegenhaltung ist ein Heizgerät, „heating apparatus“ (D8, Sp. 1, Z. 8). Dieses weist nach dem allgemeinen Beschreibungsteil eine Brennereinheit, „burner assembly“, auf, die wiederum an eine Brennstoffversorgung, „fuel source“, angeschlossen ist (D8, Sp. 2, Z. 11 – 13).
  168. Bezugnehmend auf das Ausführungsbeispiel nach Figur 5B (nachfolgend verkleinert wiedergegeben):
  169. erfolgt nach dem Beklagtevorbringen eine umfängliche Wärmeabgabe über einen Abstrahlschirm bzw. ein -gitter („frustoconical emitter screen or grid“ 204) (D8, Sp. 9, Z. 24, 25).
  170. (2)
    Weder das Ausführungsbeispiel nach Figuren 5A, 5B noch dasjenige, das mit Figuren 6 – 9 wiedergegeben wird, lassen jedoch eine Schutzeinrichtung nach Merkmal 2.2 erkennen.
  171. Die Beklagte verortet ein Schutzgitter im Sinne von Merkmal 2.2 bezugnehmend auf nachfolgend (verkleinert) wiedergegebene Figur 6:
  172. in der Reflektorkappe 68 („reflector hood“). Dies begründet sie mit der der Reflektorkappe zugewiesenen Funktion, die Brennereinheit 212 vor Regen zu schützen.
  173. Dies ist jedoch nicht ausreichend, um eine Vorwegnahme der Schutzvorrichtung nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters darzutun, denn diese strebt nicht den Schutz der Einrichtung, sondern den Schutz des Benutzers vor der Einrichtung an (vgl. Ziff. II., 3., lit. a)).
  174. Die Reflektorkappe 68 weist aber auch die der Schutzvorrichtung klagegebrauchsmustergemäß zugewiesene räumlich-körperliche Ausgestaltung nicht auf, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Schutzreinrichtung den Wärme abgebenden Vorrichtungsteil so umfasst, dass der Benutzer auf diesen nicht manuell zugreifen kann (vgl. dazu auch unter Ziff. II., 3.), lit. a)). Die Reflektorkappe 68 erstreckt sich jedoch lediglich über einen Teil der Wäme abgebenden Vorrichtung, wie die teilweise gestrichelte Linie der Figur 6 andeutet und wie Spalte 10, Zeilen 52 – 55 beschreiben:
  175. „As previously discussed, the use of the large reflector hood 68 having its lower edge 74 aligned with approximately the mid-point of the emitter surface 72 […].”.
  176. Sie kann so einen Zugriff auf die erhitzten Vorrichtungsbestandteile, insbesondere die Wärme abgebende Oberfläche 72, nicht verhindern.
  177. (3)
    Während die Merkmale 3., 3.1 und 3.3 der D8 entnommen werden können, ist ein klagegebrauchsmustergemäßer Windschutz deshalb nicht offenbart, weil das Beklagtenvorbringen eine eindeutige und unmittelbare Vorwegnahme des Merkmals 3.2 nicht dartut.
  178. (a)
    Das mit den Figuren 6 – 9 gezeigte Ausführungsbeispiel sieht mit der Kennziffer 78 einen „heated area adjuster“ vor, der grundsätzlich als Windschutz betrachtet werden kann.
  179. Eine spezielle Ausgestaltung eines solchen „heated area adjuster“ ist mit einem „heat diverter“ bzw. „baffling mechanism“ 80 beschrieben (D8, Sp. 10, Z. 66, 67), die Klägerin übersetzt dies in ihrer Widerspruchsbegründung vom 06.11.2017 (Anlage rop19, S. 11) mit „Wärmeverteiler“. Der „heat diverter“ 80 steht ausweislich der Beschreibung,
  180. „[…], the heat adjuster 78 associated with the dome reflector hood 68 and housing 70 and which is adjustable to reflect heat emanating from the housing 70 to change the preselected area that is heated about standard 74.” (D8, Sp. 10, Z. 61 – 65),
  181. in einer baulichen Verbindung mit der Reflektorkappe 68, und dient dazu, den Bereich, in den Wärme abgegebenen wird, einzustellen.
  182. Dies geschieht wie folgt:
  183. Die von der Mantelfläche der Brennereinheit 72 erzeugte Wärme strahlt gegen die reflektierende Unterseite 76 der Reflektorkappe 68 und gibt so Wärme in den unter ihr liegenden Außenbereich (D8, Sp. 2, Z. 50 – 54 und Sp. 11, Z. 11 – 13). Der „heat diverter“ 80 verfügt in der in den Figuren 6 – 9 gezeigten Ausgestaltung über zwei schwenkbare Bleche 84, 86 (D8, Sp. 11, Z. 21 – 22), über die Teile der Unterseite 76 der Reflektorkappe 68 abgeschirmt werden können, so dass diese keine Wärmestrahlung reflektieren:
  184. „[…] and which is adjustable for blocking heat from a portion 82 of the bottom surface or underside 76 of the reflector hood 68. Referring to FIGS. 6 – 8, the diverter 80 can be adjusted to a plurality of different positions which varies the size of the reflector portion 82 on the underside 76 of the hood 68 that is blocked for heat emanating from the housing 70 so as to change the preselected area that is heated by the heating apparatus.” (D8, Sp. 11, Z. 2 – 8).
  185. Die Steuerung der Wärmeabgabe dient dem Einsparen von Energie und dem ökonomischeren Einsatz der Heizvorrichtung (D8, Sp. 12, Z. 12, 13).
  186. Die Klägerin tritt einer Betrachtung, wonach der „heat diverter“ 80 einen Windschutz im Sinne des Merkmals 3 darstellt, entgegen, indem sie vorbringt, durch diesen Vorrichtungsbestandteil könne ein Seitenwind nicht wirksam abgehalten werden (vgl. Anlage rop19, S. 12).
  187. Diese Argumentation erscheint der Kammer nicht zwingend.
  188. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass der „heat diverter“ in einem ausgeklappten Zustand (wie in Figur 9) zumindest in großem Umfang vor die Wärme emittierende Mantelfläche 72 tritt. Es erscheint der Kammer sogar möglich, dass – was nach der hier vertretenen Auslegung nach dem Klagegebrauchsmuster für eine Verwirklichung des Merkmals 3.1 gar nicht erforderlich ist (vgl. Ziff. II., 4. lit. b)). – in vertikaler Richtung ein gesamter Teil der Mantelfläche 72 abgedeckt wird. Dieses Dazwischentreten des „heat diverters“ 80 als bauliches Element begründet zugleich die Möglichkeit, dass er Wind abhält. Hinzukommt, dass das Klagegebrauchsmuster selbst keine einschränkende Vorgabe für das Material des Windschutzes macht (vgl. Ziff. II., 4. lit. a)).
  189. Soweit die Klägerin einwendet, dass auch in einem vollständig ausgeklappten Zustand der Bleche 84, 86 noch eine weitestgehend umfängliche Wärmeabgabe erfolge (Anlage rop19, S. 12), steht dies der Möglichkeit einer Vorwegnahme der Merkmale 3 und 3.1 durch die D8 nicht entgegen. Denn die Figuren 7 – 9, bei denen durch Pfeile die Richtung angegeben wird, in denen Wärme emittiert wird, sprechen dagegen, dass dort, wo die Bleche 84, 86 ausgeklappt sind, noch eine Wärmeabgabe erfolgt. An den Stellen, wo der „heated diverter“ 80 sich in einer ausgeklappten Position befindet, sind keine Pfeile eingezeichnet (vgl. Figur 8 und 9), erfolgt mithin keine Wärmeabgabe (vgl. auch D8, Sp. 11, Z. 61 – 66).
  190. Der „heat diverter“ 80 kann schließlich auch in unterschiedlich großem Umfang durch die Bleche 84, 86 „aufgeklappt“ werden, ist mithin verstellbar. Eine Benutzungsstellung kann – wie ausgeführt – in der Position erblickt werden, in der die Bleche vollständig geöffnet sind und 180 Grad der Mantelfläche 72 abgedeckt sind (vgl. auch Fig. 9 der D8). Eine Nichtbenutzungsstellung liegt dann vor, wenn die Mantelfläche in geringerem Umfang (vgl. bspw. Figur 7 und Figur 8) von dem „heat diverter“ 80 abgeschirmt wird.
  191. Soweit die Klägerin einwendet, dass Mittel zum Halten der Reflektorbleche nicht offenbart seien (Anlage rop19, S. 12, letzter Abs.), steht dies einer Vorwegnahme des Merkmals 3.3 nicht entgegen. Denn auch das Klagegebrauchsmuster offenbart keine bestimmten Mittel zum Verstellen des Windschutzes. Es erscheint jedenfalls möglich, dass ein Verstellen der Bleche auch ohne einen direkten manuellen Zugriff erfolgt, obgleich die Beklagte dazu nicht vorträgt.
  192. (b)
    Eine Vorwegnahme des Merkmals 3.2, wonach der Windschutz zwischen der Brennereinheit und der Schutzeinrichtung geführt ist, kann der D8 hingegen nicht ohne weiteres entnommen werden.
  193. Die Figuren 7 – 9 legen zwar nahe, dass der „heat diverter“ 80 zwischen der Brennereinheit 72 und der Reflektorkappe 68 angeordnet ist. Diese zeigen die Vorrichtung nach Figur 6 jedoch in einer Perspektive (Draufsicht), die eine genauere Zuordnung insoweit nicht erlaubt. Figur 6 legt hingegen nahe, dass Teile des „heat diverter“ 80 – aus Nutzerperspektive nicht zwischen der Reflektorkappe 68 angeordnet sind, sondern räumlich-körperlich über diese hinausgehen, insbesondere unter dieser hervorragen. Entsprechend des technisch-funktionalen Zusammenhangs, den die Lehre des Klagegebrauchsmusters mit dem Merkmal 3.2 verbindet, ist die darin vorgesehene Anordnung des Windschutzes zwischen Brennereinheit und Schutzeinrichtung aus der Benutzerperspektive zu beurteilen. Die Anordnung soll gerade einen direkten Zugriff des Benutzers auf den erhitzen Windschutz verhindern, was erfordert, dass dieser – aus Nutzerperspektive – vollständig hinter dem Schutzgitter, hin zu dem Wärmestrahler angeordnet ist, mithin von diesem umgeben ist (vgl. dazu auch unter Ziff. II., 4. lit. e)).
  194. c)
    Das Beklagtenvorbringen ist schließlich auch nicht geeignet, Zweifel an der Schutzfähigkeit der Lehre des Klagegebrauchsmusters mangels eines erfinderischen Schritts zu begründen.
  195. Das Kriterium des erfinderischen Schritts ist – wie die erfinderische Tätigkeit im Patentrecht – ein qualitatives und nicht etwa ein quantitatives Kriterium (BGH, GRUR 2006, 842, Rn. 11, 18 – Demonstrationsschrank). Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungsweg nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, GRUR 2009, 746, 748 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; BGH, GRUR 2012, 378, 379 – Installiereinrichtung).
  196. Nach dieser Maßgabe kann dem Vorbringen der Beklagten das Fehlen eines erfinderischen Schritts nicht hinreichend entnommen werden.
  197. aa)
    Sofern die Beklagte auf eine Kombination der D2 mit der D7 verweist, führt dies bereits deshalb nicht zu der klagegebrauchsmustergemäßen Lehre, weil sowohl die D7 (vgl. lit. b), aa), (2)) als auch die D2 (dazu nachfolgend) einen Vorrichtungsteil, der zwischen einer Nichtbenutzungs- und einer Benutzungsstellung verstellbar gehalten ist (Merkmal 3.3), nicht eindeutig und unmittelbar offenbaren.
  198. (1)
    Die D2, von der eine Übersetzung nicht vorliegt, zeigt nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen in Figur 1 (nachfolgend verkleinert wiedergegeben):
  199. ein Heizgerät, mit einer Brennereinheit 1, die oberhalb (mithin in vertikaler Erstreckung) an eine Brennstoffversorgung (nicht gezeigt) angeschlossen und zu einer umfänglichen Wärmeabgabe konzipiert ist.
  200. Der mit Figur 1 der D2 offenbarten Vorrichtung ist weiter ein Schirm 5 zugewiesen, der die Flammeneinfassung 2, mithin einen Teil der Brennereinheit, in ihrer gesamten vertikalen Erstreckung nach außen hin baulich abgrenzt. Insoweit erscheint nachvollziehbar, dass ein Windschutz nach Merkmal 3.1 vorliegt. Nach dem von der Beklagten angeführten Offenbarungsgehalt wird der Schirm 5 von der D2 auch gerade dazu eingesetzt, den Wind von den Flammen abzuhalten (D2, S. 4, Z. 13 f.).
  201. Eine Vorwegnahme der Merkmale 2.1 und 3.2 durch die D2 behauptet auch die Beklagte nicht.
  202. (2)
    Die Beklagte verweist im Hinblick auf die Verstellbarkeit des Schirms 5 im Sinne von Merkmal 3.3 darauf, dass nach den Figuren 3 bis 6 der D2 (nachfolgend verkleinert wiedergegeben):
  203. einzelne Elemente oder auch alle Element des Schirms 5 abnehmbar seien. Weiter nimmt die Beklagte Bezug auf die auf Seite 4, Zeilen 26, 27 der D2 wiedergegebene Passage, deren Sinngehalt unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung die Kammer hier in Ermangelung einer deutschen Übersetzung nicht vollständig erfassen kann.
  204. Soweit die Beklagte den Inhalt dieser Passage derart zusammenfasst, dass die Elemente „abnehmbar“ seien (vgl. Anlage B1 zum Schriftsatz vom 19.12.2016, S. 24, 3. Abs., Schriftsatz vom 19.12.2016, S. 17, 2. Abs., Bl. 61 und Anlage B1 zum Schriftsatz vom 16.03.2018, Pkt. 6.2.1.3, 3. Abs.), offenbart dies eine Verstellbarkeit des Schirms von einer Benutzungs- in eine Nichtbenutzungsstellung im Sinne von Merkmal 3.3 gerade nicht. Aus Sicht der Lehre des Klagegebrauchsmusters ist erfindungswesentlich, dass der Windschutz zum Verbringen in die Nichtbenutzungsstellung gerade nicht demontiert werden muss (vgl. dazu insgesamt auch unter Ziff. II., 4. lit. a)). Der von der Beklagten vorgetragene Offenbarungsgehalt fügt sich demgegenüber vielmehr in das Gegenvorbringen der Klägerin ein, wonach die Figuren 3 – 6 der D2 lediglich die Einzelteile zeigen, aus denen sich der Schirm 5 baulich zusammensetzt.
  205. Sofern die Beklagte – abweichend zu ihrem Entwurf des Löschungsantrags (Anlage B1 zu dem Schriftsatz vom 19.12.2016) und zu dem eingereichten Löschungsantrag (Anlage zu dem Schriftsatz vom 16.03.2018, Pkt. 6.2.1.3, 3. Abs.) – in dem von ihr im Rahmen des Löschungsverfahrens vorgelegten Schriftsatz vom 08.03.2018 nunmehr eine Übersetzung von Seite 4, Z. 26, 27 der D2 vorlegt, wonach zumindest eine Seite 14 in Figur 6 „zum Beispiel an einem Scharnier weggeklappt werden kann“ (Anlage B2, dort S. 12, 1. Abs.), so ersetzt die Beklagte damit zwar die ursprüngliche Übersetzung „abnehmbar“ durch „wegklappbar“ – was suggeriert, dass das Vorrichtungsteil 14 an dem Schirm verbleibt, aber beweglich ist. Mit dieser sprachlichen Variation, die der D2 – jedenfalls in Form des Beispiels „Scharnier“ nicht ausdrücklich entnehmbar erscheint – verbindet die Beklagte darüber hinaus jedoch kein technisch-funktionales Argument, welches ihr Vorbringen im Hinblick auf ein „Wegklappen“ substantiiert.
  206. bb)
    Die Beklagte bringt gegen einen erfinderischen Schritt weiter eine Kombination der D2 mit dem allgemeinen Fachwissen vor.
  207. Auch in diese Zusammenhang führt eine Kombination der näher bezeichneten Druckschrift mit dem Wissen des Fachmannes nicht in naheliegender Art und Weise zu der Lehre des Klagegebrauchsmusters, weil die D2 (neben den von den Beklagten als solchen benannten Merkmalen 2.2 und 3.2) auch das Merkmal 3.3 nicht offenbart. Dass es das Wissen des Fachmannes umfasst, einen Windschutz in klagegebrauchsmustergemäßer Art und Weise zwischen einer Nichtbenutzungs- und einer Benutzungsstellung zu verstellen, trägt die Beklagte nicht vor.
  208. cc)
    Die Beklagte bringt in ihrem Schriftsatz vom 08.03.2018 aus dem Löschungsverfahren (Anlage B2, S. 10 f.) schließlich noch vor, dass der Fachmann auch durch eine Kombination der D8 mit seinem allgemeinen Fachwissen in naheliegender Art und Weise zu der klagegebrauchsmustergemäßen Lehre habe gelangen könne.
  209. In diesem Zusammenhang hält es die Kammer für grundsätzlich nachvollziehbar, dass einem Fachmann das Problem bekannt ist, dass der Benutzer eines Heizgeräts vor einem direkten Zugriff auf heiße Vorrichtungsbestandteile geschützt werden muss, und von seinem allgemeinen Fachwissen weiter erfasst ist, dass dieser Effekt grundsätzlich durch ein Bauteil zwischen dem Wärme abgebenden Teil und der Außenumgebung erfolgen kann. Gegen eine dahingehende Veranlassung des Fachmannes in der D8 bringt die Klägerin jedoch – ohne dass die Beklagte dem erheblich entgegentritt – vor, dass die Wärme abgebenden Teile des mit Figur 6 der D8 gezeigten Heizgeräts so hoch liegen, dass eine Gefahr des manuellen Zugriffs auf diese schon deshalb nicht besteht. Dies spricht dagegen, dass der Fachmann ein entsprechendes Schutzgitter an der Reflektorkappe 68 (wie von der Beklagten in Anlage B2 auf Seite 11 vorgeschlagen) anbringt. Weiter erscheint eine solche Konstruktion auch deshalb nicht ohne weiteres von dem Fachmann in Erwägung gezogen zu werden, weil die Bedienbarkeit des „heat diverters“ dann beeinträchtigt erscheint.
  210. IV.
    Es liegen auch Verletzungshandlungen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 GbrMG vor.
  211. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anbietet und vertreibt. Darüber hinaus macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagegebrauchsmusters auch unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die zwischen den Parteien zu Recht unstreitigen Merkmale, zu denen weitere Ausführungen unterbleiben. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das streitige Merkmal 3.3.
  212. Die Beklagte trägt, was bereits unter produkthaftungsrechtlichen Gesichtspunkten fraglich erscheint, vor, dass das als Windschutz dienende Blech der angegriffenen Ausführungsform nicht abgesenkt werden könne, ohne dass dieses sich abgekühlt habe, weil es im abgesenkten Zustand so nah an der Gasflasche anliege, dass das Blech in heißem Zustand eine Explosionsgefahr begründe.
  213. Dieser Einwand steht der Verwirklichung des Merkmals 3.3 jedoch aus zwei Gründen nicht entgegen.
  214. In auslegungstechnischer Hinsicht kommt es der Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht zwingend darauf an, den Windschutz während des laufenden Betriebs des Heizgerätes von seiner Benutzungs- in die Nichtbenutzungsstellung zu verbringen. Der erfindungswesentlich angestrebte Erfolg wird vielmehr bereits dann erzielt, wenn die Verstellbarkeit des Windschutzes ohne einen manuellen Zugriff und eine vollständige Demontage von dem Heizgerät erfolgen kann (vgl. Ziff. II., 4., lit. d)). Dies ist bei dem Windschutzblech der angegriffenen Ausführungsform unstreitig der Fall.
  215. Unbeschadet dessen ist eine Verwirklichung des Merkmals 3.3 durch die angegriffene Ausführungsform auch dann anzunehmen, wenn man das Klagegebrauchsmuster in einem engeren Sinne – wie die Beklagte – versteht. Denn auch bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten sind Betriebssituationen denkbar, in denen sich der Windschutz zu Beginn des Betriebs, nur für kurze Zeit in seiner Benutzungsstellung befindet, dann jedoch – beispielsweise, weil es windstill wird – noch während des Betriebs des Heizgeräts in eine Nichtbenutzungsstellung verbracht werden kann, weil er noch nicht erheblich erhitzt ist. Jedenfalls kann das Windblech während des laufenden Betriebs auch von seiner Nichtbenutzungs- in die Benutzungsstellung verbracht werden.
  216. V.
    Die Verletzung des Klagegebrauchsmusters rechtfertigt die Verurteilung der Beklagten entsprechend des Urteilstenors.
  217. 1.
    Die Beklagte ist gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 GbrMG zur Unterlassung verpflichtet.
  218. 2.
    Die Beklagte ist der Klägerin gem. § 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet.
  219. Soweit die Auskunftserteilung Angaben über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform betrifft, besteht der Anspruch gem. § 24b Abs. 1 GbrMG aufgrund der festgestellten Rechtsverletzung. Eine Unverhältnismäßigkeit der Auskunftserteilung im Sinne von § 24b Abs. 4 GebrMG ist nicht erkennbar.
  220. Auf die darüber hinausgehenden Angaben hat die Klägerin einen Anspruch gem. §§ 242, 259 BGB. Sie ist auf diese Angaben, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, zur Bezifferung des ihr nach Maßgabe von Ziff. 4. zustehenden Schadensersatzanspruchs angewiesen. Die Beklagte wird durch die Auskunftserteilung auch nicht erkennbar unzumutbar belastet.
  221. 3.
    Der geltend gemachte Rückrufanspruch folgt aus § 24a Abs. 2 GbrMG, der Vernichtungsanspruch aus § 24 Abs. 1 Satz 1 GbrMG.
  222. Tatsachen, aufgrund derer sich der Rückruf/ die Vernichtung als unverhältnismäßig im Sinne von § 24a Abs. 3 Satz 1 GebrMG darstellen, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
  223. 4.
    Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ergibt sich aus § 24 Abs. 2 GbrMG.
  224. Die Beklagte war bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB) gehalten, zu überprüfen, ob die angegriffene Ausführungsform Schutzrechte verletzt.
  225. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
  226. VI.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
  227. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht, soweit der Kostenausspruch betroffen ist, nach § 709 Satz 1, 2 ZPO und im Übrigen nach § 709 Satz 1 ZPO.
  228. VII.
    Der Streitwert wird gem. § 51 Abs. 1 GKG auf EUR 200.000,- festgesetzt.

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