4c O 108/17 – Positionsunabhängige Achsaufhängung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2793

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 13. Juli 2018,  Az. 4c O 108/17

  1. 1. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Gewinne sie mit der Lizensierung bzw. dem Einsatz der Erfindung, die dem deutschen Patent DE 10 2014 008 XXX für eine positionsunabhängige Achsaufhängung mit einem Achskörper zugrunde liegt, im Jahr 2014 erzielt hat.
    2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
    3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 vorläufig vollstreckbar.
  2. T a t b e s t a n d:
  3. Die Kläger machen gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Gewinnbeteiligung aus einem Vertrag über die wirtschaftliche Verwertung eines Patents geltend, wobei sie auf der ersten Stufe zunächst Auskünfte bzw. Abrechnung über die von der Beklagten mit der Lizensierung bzw. dem Einsatz des Patents erzielten Gewinne betreffend das Jahr 2014 begehren.
  4. Die Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Dr. A, haben gemeinsam die Erfindung getätigt, die dem in Kraft stehenden deutschen Patent DE 10 2014 008 XXX für eine positionsunabhängige Achsaufhängung mit einem Achskörper zu Grunde liegt (vorgelegt als Anlage K 1; nachfolgend: Patent). Die Beklagte ist als alleinige Inhaberin des Patents im Register eingetragen.
  5. Nachdem sich die Parteien nicht auf die Gründung einer eigenen Gesellschaft zur Anmeldung und Verwertung der Erfindung einigen konnten, haben sie mit Vereinbarung vom 23. Mai / 2. Juni 2014 (vorgelegt als Anlage K 3; nachfolgend: Vereinbarung) Regelungen über die wirtschaftliche Verwertung ihrer Erfindung getroffen. Gemäß Ziff. 1 der Vereinbarung haben die Kläger sämtliche Rechte, die ihnen an der Erfindung zustehen, auf die Beklagte übertragen und diese hat die Übertragung angenommen. Als Gegenleistung für diese Übertragung haben die Kläger jeweils EUR 800,00 erhalten (Ziff. 4.). In Ziff. 5. haben die Parteien zudem eine Regelung bezüglich einer zukünftigen Gewinnverteilung getroffen. Diese Klausel lautet:
  6. „Der Gewinn, den die Firma C GmbH mit der Lizensierung bzw. dem Einsatz des Patentes erzielt, wird nach einer jährlichen Abrechnung zu gleichen Teilen an die Erfinder ausgeschüttet.“
  7. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung zwischen den Parteien wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Nach Abschluss der Vereinbarung wurde das Patent von der Beklagten angemeldet, die auch zunächst die Kosten der Schutzrechtsanmeldung vollständig getragen hat.
  8. Die Beklagte schloss im Rahmen der Messe D 2014 mit der Firma E GmbH & Co. KG (nachfolgend: E) einen Lizenzvertrag, der die Gewährung einer ausschließlichen Lizenz an dem Patent zum Inhalt hatte (vgl. Anlage LLR 1, nachfolgend: Lizenzvertrag). Die Beklagte stand jedoch bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung mit den Klägern, mithin lange vor der Messe D, in Vertragsverhandlungen mit E und es lagen auch schon vor der Messe umfassende Entwürfe für den Lizenzvertrag vor. Gemäß § 5 des Lizenzvertrages schuldet E für die Nutzung des Patentgegenstandes eine Stücklizenzgebühr in Höhe von 3,2 % (zzgl. MwSt.) des netto Einkaufspreises des geschützten Luftfedersystems. Darüber hinaus schlossen die Lizenzvertragsparteien am 15. Februar 2016 noch zwei Ergänzungsvereinbarungen (vgl. Anlagenkonvolut K 5), auf Grund derer E das Recht zur Unterlizenzierung eingeräumt wurde. Wegen des weiteren Inhalts der Lizenzvertragsvereinbarung wird auf die Anlagen LLR 1 und K 5 Bezug genommen.
  9. Im Zuge einer Besprechung der Parteien am 15. März 2017, an der für die Beklagte Herr Dr. A sowie seine Ehefrau Frau B als weitere Geschäftsführerin teilnahmen, teilte die Beklagte den Klägern unter anderem mit, dass sich die Lizenzgebühren für Lieferungen von E an die Firma F auf EUR 6,40 pro Stück und für die übrigen Kunden auf 3,25 % vom Lieferumfang beliefen (vgl. Gesprächsprotokoll mit Anmerkungen des Herrn Dr. A vom 15. März 2017, vorgelegt als Anlage K 6). Mit Schreiben ihrer Anwälte vom 16. Juni 2017 (vorgelegt als Anlage K 7) ließen die Kläger die Beklagte zur ordnungsgemäßen Auskunft und Gewinnausschüttung auf Grundlage der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung auffordern. Mit E-Mail vom 5. August 2017 übersandte Herr Dr. A eine mit „Einnahmen/Ausgaben 2014“ betitelte Übersicht nebst einer Reihe von Unterlagen, die als „exemplarische Nachweise“ dienen sollten (vgl. Anlagenkonvolut K 8). Zudem übersandte er mit zwei weiteren E-Mails vom gleichen Tage auch die Abrechnungen für die Jahre 2015 und 2016 (vgl. Anlagen K 9 und K 10). Auf eine weitere Aufforderung der Kläger zur ordnungsgemäßen Auskunftserteilung vom 14. Dezember 2017 (vgl. Anlage K 11), erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 (vgl. Anlage K 12), keine Nachbesserungen an der Auskunft vornehmen zu wollen. Mit Schriftsatz vom 16. April 2018 legte die Beklagte als Anlage LLR 2 eine überarbeitete Aufstellung für das Jahr 2014 vor, die Korrekturen im Hinblick auf durch E erstattete Kosten zum Inhalt hatte.
  10. Die Kläger behaupten, die Auskunft der Beklagten sei unvollständig, da diese in den Jahren 2014 und 2015 für Beratungsdienstleistungen zum Einsatz der Erfindung erhebliche Beträge von E erhalten habe, die jedoch in den übersandten Abrechnungen fehlten. Von der – vom Kläger zu 2) formulierten – Regelung in Ziff. 5 der Vereinbarung sollten nach dem Willen der Parteien alle Einnahmen umfasst sein, die auf der wirtschaftlichen Verwertung des Patents beruhen, mithin auch solche aus Beratungsdienstleistungen, die unmittelbar mit der Verwertung des Patents und dem Einsatz dessen technischer Lehre in Verbindung stehen.
  11. Die Kläger meinen, die von der Beklagten für das Jahr 2014 insgesamt geltend gemachten Ausgaben in Höhe von netto EUR 183.607,05 seien überhöht und im Wesentlichen nicht abzugsfähig. Ausgaben vor Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen den Parteien seien schon mangels Absprache nicht abzugsfähig. Gleiches gelte für Eigenleistungen der Erfinder, die nach dem Willen der Parteien nicht in Ansatz zu bringen seien. Jedenfalls sei der von Herrn Dr. A in Ansatz gebrachte Stundensatz von EUR 400,00 bzw. Tagessatz von EUR 3.200,00 sowie der von Frau B in Ansatz gebrachte Stundensatz von EUR 312,50 bzw. Tagessatz von EUR 2.500,00 weder vereinbart worden noch marktüblich. Zudem hätten die Kläger ebenfalls – vor und nach Unterzeichnung der Vereinbarung mit der Beklagten – erhebliche Eigenleistungen erbracht, die nicht abgerechnet worden seien. Alle angeblichen Eigenleistungen nach Abschluss des Lizenzvertrages mit E seien ebenfalls nicht abzugsfähig, da bereits aus dem Umstand, dass eine ausschließliche Lizenz erteilt wurde, folge, dass die Tätigkeit des Herrn Dr. A bzw. der Beklagten nicht auf die Erzielung von Gewinnen aus einer (weiteren) Lizenzierung bzw. dem Einsatz der Erfindung gerichtet gewesen sein können. Auch seien eine Reihe der in Abzug gebrachten Ausgaben (wie Reisekosten und Kosten im Rahmen des Schutzrechtserteilungsverfahrens) von E getragen worden. Schließlich seien solche Ausgaben, die für den Kauf von Teilen, die für die Nutzung einer patentgemäßen Achse oder die Verwertung des Patents nicht gebraucht worden seien, nicht vom Gewinn abzuziehen.
  12. Nachdem die Parteien die Klage im Hinblick auf die zunächst auch begehrte Vorlage des Lizenzvertrages mit E übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragen die Kläger noch,
  13. die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
  14. 1. den Klägern Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Gewinne sie mit der Lizensierung bzw. dem Einsatz der Erfindung, die dem deutschen Patent DE 10 2014 008 XXX für eine positionsunabhängige Achsaufhängung mit einem Achskörper zugrunde liegt, im Jahr 2014 erzielt hat;
    2. für den Fall, dass die Auskunft gemäße Klageantrag zu 1. nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wird, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass sie die Auskunft so vollständig und richtig erteilt hat, als sie dazu im Stande ist;
    3. an jeden der Kläger 1/3 des Gewinns, der sich nach der Auskunftserteilung ergibt, mindestens aber jeweils 10.000,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  15. Die Beklagte beantragt,
  16. die Klage abzuweisen.
  17. Die Beklagte rügt die Zulässigkeit der Stufenklage, da die Kläger über alle Informationen verfügten, die zur Erhebung einer Leistungsklage gerichtet auf Zahlung erforderlich seien.
  18. Sie behauptet, der Lizenzvertrag, dessen Entwurf vom 26. Mai 2014 stamme, sei mit E erst am 30. September 2014 endgültig abgeschlossen worden, da E zunächst das Kundeninteresse auf der D im September 2014 habe abwarten wollen. Insoweit sei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung mit den Klägern nicht sicher gewesen, ob das Patent überhaupt verwertbar sei.
  19. Sie behauptet ferner, die Kläger hätten vor Klageerhebung zu keinem Zeitpunkt gerügt, dass sie über kein Exemplar des Lizenzvertrages mit E verfügten. Insbesondere sei es in der Besprechung vom 15. März 2017 nur um die Vorlage der Beratungsverträge zwischen E und der Beklagten gegangen, die die Beklagte zu Recht verweigert habe. Die Beklagte habe den Klägern alle Unterlagen zugänglich gemacht, was sich auch bereits daraus ergebe, dass die Kläger die beiden Ergänzungsvereinbarungen hätten vorlegen können.
  20. Sie meint, den Klägern stünde kein Anspruch auch auf Auskunft über die Beratungsleistungen der Beklagten für E zu, da die vereinnahmten Entgelte nicht zum auskehrungsbedürftigen Gewinn aus der Lizenzierung zählten. Ziff. 5 der Vereinbarung zwischen den Parteien sei so zu verstehen, dass Gewinn aus der Lizenzierung nur diejenigen Einnahmen meine, die auf der Einräumung des Nutzungsrechts beruhten. Gewinne aus dem Einsatz des Patents seien demgegenüber nur solche Einnahmen, die auf der Nutzung des Patents durch die Beklagte selbst stammten. Beratungsleistungen, die nur die technischen Möglichkeiten zum Einsatz des Patentes bzw. die Suche nach potentiellen Zulieferern zum Gegenstand hätten, fielen unter keine der beiden Kategorien. Dies ergäbe sich schon daraus, dass solche Dienstleistungen von jedermann erbracht werden könnten, ohne dass dies eine Patentverletzung begründen könnte. Auch seien diese Dienstleistungen nicht Gegenstand einer Lizenz.
  21. Die Einwände der Kläger gegen die Abzugsfähigkeit der beauskunfteten Ausgaben seien für die auf der ersten Stufe der Stufenklage zu klärenden Frage, ob (noch) ein Auskunftsanspruch besteht bzw. ob dieser bereits erfüllt wurde, irrelevant. Im Übrigen seien alle geltend gemachten Ausgaben abzugsfähig mit der Folge, dass für das Jahr 2014 kein auskehrungsfähiger Gewinn bestehe. Entgegen der Auffassung der Kläger seien solche Ausgaben, die vor Abschluss der Vereinbarung angefallen seien, abzugsfähig, da diese für den Abschluss des Lizenzvertrages und damit für die Verwertbarkeit wesentlich gewesen seien. Die Regelung in Ziff. 5 der Vereinbarung sehe auch einen solchen (zeitlichen) Ausschluss bestimmter Ausgaben nicht vor. Die Parteien hätten auch zu keinem Zeitpunkt eine Absprache getroffen, dass eigene Leistungen der Erfinder vom Gewinn nicht abgezogen werden sollen. Die für den Messeauftritt auf der D 2014 in Ansatz gebrachten (Reise- und Material-)Kosten seien allesamt abzugsfähig, da es um die Präsentation eines serienreifen Produktes gegangen sei, für das jedoch eine Vielzahl an Teilen zu besorgen war. Die Kosten für die Reise nach China seien ebenso erforderlich gewesen, um einen – letztlich nicht erfolgreichen – Vorstoß in einen neuen Markt und ggf. weitere Lizenzeinnahmen zu wagen.
  22. Die Kläger erklären hilfsweise – für den Fall, dass die Kammer der Auslegung der Beklagten folgt und Gewinne aus Beratungsdienstleistungen nicht von Ziff. 5 umfasst sieht – die Anfechtung der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung wegen eines Inhaltsirrtums, da nach der Auffassung der Kläger alle mit dem Klagepatent erzielten Einnahmen gleich aus welchem Grund ausgekehrt werden sollten.
  23. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
  24. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
  25. Die Klage ist zulässig und hat auf erster Stufe auch in der Sache Erfolg.
  26. I.
    Die Stufenklage ist zulässig.
  27. Die im Zivilprozessrecht nach § 254 ZPO zulässige Stufenklage stellt einen Sonderfall der objektiven Klagehäufung (§ 260) dar. Bei ihr wird ein der Höhe oder dem Gegenstand nach noch (teilweise) unbekannter – insoweit daher entgegen § 253 Abs. 2 ZPO auch noch nicht abschließend zu bestimmender – Leistungsanspruch zugleich mit den zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsansprüchen auf Auskunft (und ggf. Richtigkeitsversicherung) erhoben (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO, 32. Aufl. 2018, § 254, Rn. 1 m.w.N.). Es steht der klagenden Partei zwar grundsätzlich frei, statt der Stufenklage sogleich Klage auf die Hauptleistung zu erheben und den geforderten Betrag im Wege der Schätzung zu beziffern, um die oftmals zeitraubende Stufung des Prozesses zu vermeiden. Dieser Weg ist aber stets mit dem Risiko des Zuviel- oder Zuwenigforderns behaftet. Beziffert der Kläger – wie vorliegend – den Leistungsanspruch von vornherein im Sinne eines Mindestbetrags, so liegt der Sache nach dennoch eine Stufenklage vor, falls er eine stufenweise Erledigung anstrebt (vgl. Greger/Zöller, a.a.O., § 254, Rn. 3).
  28. Ob der klagenden Partei – ggf. nach einer bereits (vorprozessual) erfolgter Auskunftserteilung – überhaupt Auskunftsansprüche zustehen bzw. ob diese wegen Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen sind, ist – anders als die Beklagte meint – keine Frage der Zulässigkeit, sondern eine Frage der Begründetheit der (Stufen-)Klage. Vorliegend steht zwischen den Parteien in Streit, ob die Beklagte über sämtlich auskunftspflichtigen (Lizenz-)Gewinne eine Erklärung abgegeben hat oder noch weitere Auskünfte zu Einnahmen aus Beratungsverträgen geschuldet sind. Für die Frage der Zulässigkeit ist vorliegend allein entscheidend, dass die Kläger das Vorhandensein des geltend gemachten Auskunfts-/Abrechnungsanspruchs behaupten. Ob dieser Anspruch noch besteht, ist erst auf der Ebene der Begründetheit der ersten Stufe zu klären.
  29. II.
    Die Klage ist auf der ersten Stufe auch begründet.
  30. 1.
    Die Kläger können von der Beklagten auf Grundlage von Ziff. 5 der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung vom 23. Mai / 2. Juni 2014 eine vollständige Abrechnung über die im Jahr 2014 mit der Verwertung des Klagepatents erzielten Gewinne verlangen. Die grundsätzliche Auskunfts- bzw. Abrechnungsverpflichtung wird von der Beklagten vorliegend auch nicht in Abrede gestellt.
  31. 2.
    Die Beklagte kann sich indes nicht mit Erfolg auf den Einwand der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB berufen, da sie bislang ihrer Auskunftspflicht betreffend die erzielten Gewinne nicht vollständig nachgekommen ist.
  32. Zwar hat die Beklagte den Klägern mit E-Mail vom 5. August 2017 eine mit „Einnahmen/Ausgaben 2014“ betitelte Übersicht nebst einer Reihe von Unterlagen, die als „exemplarische Nachweise“ dienen sollten (Anlagenkonvolut K 8), übersandt und mit Schriftsatz vom 16. April 2018 als Anlage LLR 2 eine überarbeitete Aufstellung für das Jahr 2014 vorgelegt. Diese Auskünfte sind jedoch mangels Angaben zu den mit E geschlossenen Verträgen betreffend Beratungsleistungen, die die technischen Möglichkeiten zum Einsatz des Patentes zum Gegenstand haben, unvollständig mit der Folge, dass derzeit noch keine Erfüllung eingetreten ist.
  33. Erfüllung i.S.v. § 362 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die geschuldete Leistung vollständig bewirkt wird (vgl. Grüneberg in Palandt, Kommentar zum BGB, 77. Aufl. 2018, § 362, Rn. 3). Welches die geschuldete Leistung ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Schuldverhältnis (Fetzer in Münchener Kommentar zum BGB, Bd. II, 7. Aufl. 2016, § 362, Rn. 3). Entsprechend dem Inhalt dieses Schuldverhältnisses muss die Leistung zur richtigen Zeit (§ 271), am richtigen Ort (§§ 269 f.) und in der richtigen Art und Weise (§§ 242 f.) erbracht werden (vgl. Schulze, Handkommentar zum BGB, 9. Aufl. 2017, § 362, Rn. 3). Beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzung der Erfüllung ist nach allgemeinen Grundsätzen die sich auf die Erfüllung berufende beklagte Partei (vgl. Grüneberg/Palandt, a.a.O., Rn. 16).
  34. Vorliegend stellt die nach Ziff. 5 von der Beklagten geschuldete Leistung nicht nur die Auskehrung des Gewinnanteils an die Kläger, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende jährliche Abrechnung dar. Die seitens der Beklagten zu erstellende Abrechnung hat insoweit jedenfalls alle zur Berechnung der Gewinnanteile relevanten Ein- und Ausnahmen der Beklagten zu umfassen, da die Abrechnung den Klägern die Möglichkeit eröffnen soll, die ihnen seitens der Beklagten ggf. gezahlte Summe zu überprüfen bzw. ihren eigenen Gewinnanteil berechnen zu können (vgl. Grüneberg/Palandt, a.a.O., § 259, Rn. 1). Die Angaben müssen auch so detailliert und verständlich sein, dass der Berechtigte ohne fremde Hilfe in der Lage ist, seinen Anspruch nach Grund und Höhe zu bestimmen (vgl. Grüneberg/Palandt, a.a.O., § 259, Rn. 8 m.w.N.). Insoweit dürfte von der Abrechnungspflicht auch die Vorlage entsprechender Rechnungen bzw. sonstiger Unterlagen, die zum Nachweis der einzelnen Posten geeignet sind, umfasst sein.
  35. Grundlage des seitens der Beklagten auskunfts- und auskehrungspflichtigen Gewinns soll nach dem in Ziff. 5 niedergelegten Willen der Parteien derjenige Gewinn sein, den die Beklagte im jeweiligen Kalenderjahr mit „der Lizensierung bzw. dem Einsatz des Patentes“ erzielt hat. Unter die abzurechnenden Gewinne aus Lizensierung fallen nach dem eindeutigen Wortlaut der Klausel – und nach dem sich aus dem schriftsätzlichen Vortrag ergebenden übereinstimmenden Verständnis der Parteien – solche Einnahmen, die die Beklagte aus der Erteilung von Lizenzen an Dritte generiert, die das Klagepatent betreffen. Vorliegend existierte für das Jahr 2014 nur ein einziger Lizenzvertrag mit der Firma E, der eine ausschließliche Lizenz zum Inhalt hatte. Insoweit hat die Beklagte in ihren Abrechnungen die vereinnahmten Lizenzgebühren für das Jahr 2014 mit EUR 64,00 angegeben (10 Achsen mit jeweils EUR 6,40 Lizenzgebühr). Dass weitere Lizenzverträge bestehen, haben die Kläger nicht geltend gemacht, so dass die Beklagte ihrer Abrechnungspflicht im Hinblick auf diese Lizenzeinnahmen erfüllt hat.
  36. Darüber hinaus hat die Beklagte nach Ziff. 5 auch über solche Einnahmen Auskunft zu erteilen, die sie auf anderem Wege als die Lizensierung mit der Verwertung des Klagepatents generiert. Darunter fallen insbesondere auch solche Einnahmen, die sie dadurch erzielt, dass sie Dritte – hier die ausschließliche Lizenznehmerin – berät, wie diese das Klagepatent bzw. seine technische Lehre sinnvoll und funktionsfähig in einem Endprodukt einsetzen können. Denn entgegen der (engeren) Vertragsauslegung der Beklagten fallen unter Gewinne aus „dem Einsatz des Patentes“ nicht nur solche Umsätze, die auf dem Verkauf eigener, mit der klagepatentgemäßen Technik versehener Achsen durch die Beklagte beruhen. Vielmehr fallen sämtliche Einnahmen darunter, die auf der wirtschaftlichen Verwertung des Patents beruhen bzw. mit dem Klagepatent in einem unmittelbaren technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut der Vereinbarung, da der von den Parteien gewählte Terminus „Einsatz des Patentes“ unbestimmt ist und insoweit nach §§ 133, 157 BGB der Auslegung bedarf. Danach ist als Einsatz des Patents jedoch nicht nur die Herstellung/Vertrieb von (eigenen) Komplett-Achsen mit der klagepatentgemäßen Lehre zu verstehen, da ein Einsatz etwa auch dann erfolgt, wenn nur einzelne erfindungsgemäße Teile selbst hergestellt und verkauft würden. Darüber hinaus spricht auch die Systematik der Klausel gegen ein derart einengendes Verständnis des Begriffs Einsatz des Patents. Denn die Verwendung des Wortes „bzw.“ zwischen den Begriffen „Lizensierung“ und „Einsatz“ macht deutlich, dass es sich nicht um ein sich ausschließendes Begriffspaar handelt, sondern dass die Lizensierung vielmehr ein Spezialfall des Einsatzes des Patentes sein soll. Schließlich ergibt sich auch aus der Historie der Vertragsbeziehung nichts anderes. Der Umstand, dass das Klagepatent nicht von den Erfindern selbst – etwa im Rahmen einer eigenen Gesellschaft – angemeldet und verwertet wurde, sondern die Kläger durch Übertragung der Erfindung und Übernahme der Anmeldekosten durch die Beklagte das wirtschaftliche Risiko bewusst allein auf die Beklagte verlagert haben, spricht zwar grundsätzlich dafür, dass auch die Beklagte an dem wirtschaftlichen Erfolg partizipieren bzw. ihr Einsatz und ihre Aufwendungen nicht ohne Ausgleich bleiben sollten. Nichtsdestotrotz haben die Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten im Zuge der Vertragsfreiheit vereinbart, dass der Gewinn nur zwischen den Erfindern aufgeteilt werden und nicht auch ein Teil bei der Beklagten verbleiben soll. Zudem befand sich die Beklagte bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung mit den Klägern in aussichtsreichen Vertragsverhandlungen mit E, so dass das vermeintliche Risiko überschaubar war.
  37. Letztlich kann die genaue Einordnung der mit den Beratungsdienstleistungen der Beklagten für E erzielten Einnahmen unter eine der beiden Fallgruppen der Ziff. 5 dahinstehen, da die von der Beklagten und E gewählte Unterscheidung zwischen Lizenz- und Beratungsgebühren nichts an dem Umstand zu ändern mag, dass E diese Beträge nur deswegen gezahlt hat, damit sie die klagepatentgemäße Lehre (exklusiv) nutzen konnte und es sich daher auch bei dem Beratungshonorar letztlich um ein Entgelt für die Nutzungsberechtigung handelt bzw. das Honorar in unmittelbarem Zusammenhang zum Patent steht. Dies ergibt sich aus der Korrespondenz der Beklagten mit E. So hat etwa der Geschäftsführer von E, Herr Dr. Wöhrmann, in einer E-Mail an die Beklagte vom 13. Dezember 2015 (Anlage K 14) bestätigt, dass die Zahlung einer Summe von knapp EUR 80.000,00 an die Beklagte nur vor dem Hintergrund erfolgte, dass alle drei Erfinder – mithin auch die Kläger und nicht nur Herr Dr. A – die Marktreife der erfindungsgemäßen Achsen sicherstellen sollten. In der E-Mail heißt es:
  38. „[…] Diese Lizenzgebühr, die nun gezahlt werden sollte, sollte wie der Achsverkauf, sicherstellen, dass die Aufwände bei C, die nicht von E gezahlt werden, refinanziert werden.
    Nach Unterschrift auf der D haben Sie sich aber nach der Messe dazu entschieden, Ihre Dienstleistungen separat anzubieten. Sie haben eine Summe von knapp EUR 80.000,- angeboten, die Ziele hinsichtlich Qualität, Kosten und Termin zu erreichen. U.a. war Aufgabe, für jedes Bauteil ein Angebot Low Cost Countries oder Großserienanbieter (siehe Anlage) anzubieten, um das Kostenziel zu erreichen. Bei jedem wöchentlichen Treffen sollte Herr Pack oder Herr Dr. Orlikowski mit Ihnen anwesend sein. Diese Dienstleistungen haben wir vollumfänglich beauftragt und bezahlt. Die Unterstützung sollte von Ihrer Seite aus knapp vier Monate dauern und hatte als Ziel, den Nachweis zu führen, dass die Achseinbindung erprobt ist, die genannten Lasten trägt und die Kostenziele einhält. […]“
  39. Insoweit hat es sich bei den für E erbrachten Dienstleistungen nicht nur um Beratungen im Hinblick auf die Suche nach günstigen Zulieferern gehandelt, sondern vielmehr auch um eine technische Unterstützung bei der Entwicklung eines serienreifen Produkts basierend auf der patentgemäßen Lehre. So sollte u.a. sichergestellt werden, dass die Achsen von E bestimmte Lasten tragen. Zudem lässt sich der E-Mail entnehmen, dass es E in erster Linie um die Nutzungsberechtigung für die Erfindung und deren technische und wirtschaftliche Einsetzbarkeit ging und nicht darum, wie ein Endprodukt zu vermarkten wäre. Daraus folgt, dass die Beklagte vollständig auch über die Einnahmen aus den Beratungsverträgen für das hier streitgegenständliche Jahr 2014 abzurechnen hat.
    3.
    Von der grundsätzlich weiten Abrechnungspflicht zu unterscheiden ist die letztlich in der Höheklage (und nur dort) zu klärende Frage, ob im Ergebnis ein auskehrungsbedürftiger Gewinn vorliegt und ggf. in welcher Höhe eine Auszahlung zu erfolgen hat. Neben der von den Parteien bereits umfangreich diskutierten Frage, welche Ausgaben der Beklagten von den erzielten Einnahmen abzuziehen sind und damit welcher Gewinn tatsächlich verbleibt, ist auch erst im Höheprozess zu klären, ob sämtliche der mit den Beratungsverträgen erzielten Einnahmen auf dem Einsatz des Patentes beruhen oder ob es einen Teil gibt, der nichts mit dem Klagepatent zu tun hat und daher nur ein Teilbetrag in Ansatz zu bringen ist. Dies vermögen die Kläger jedoch erst dann beurteilen, wenn sie die entsprechenden Auskünfte erhalten haben.
  40. III.
    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
    Der Schriftsatz der Beklagten vom 12. Juli 2018 war nicht zu beachten, da er nach Schluss der mündlichen Verhandlung einging und nicht nachgelassen war.

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