4b O 197/09 – Backofen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1488

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Oktober 2010, Az. 4b O 197/09

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe.

III. Das Urteil ist für die Beklagte und die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 300.000 festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents 1 111 XXX B1 (Anlage K 1), dessen deutscher Teil beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 599 08 XXX geführt wird. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 27.6.2001 veröffentlicht, seine Erteilung am 3.3.2004 bekannt gemacht.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat ohne Bezugsziffern folgenden Wortlaut:

„Verschluss für Türen von Geräten, in denen Waren oder Lebensmittel erhöhter Temperatur und/oder Druck ausgesetzt sein können, bestehend aus einem am Gerätegehäuse befestigbaren Schließzapfen, der quer zu seiner Längsachse mindestens eine Rastvertiefung aufweist, einem Riegelelement, das unter Federkraft in die genannte Rastvertiefung eintauchen kann und einem mit dem Riegelelement verbundenen Betätigungsgriff, dadurch gekennzeichnet, dass das Riegelelement aus einem U-förmigen Federbügel besteht, dessen Ebene beim in der Tür eingebauten Verschluss senkrecht auf der Tür steht und der so auf der im Griffschild gelagerten Welle des Betätigungsgriffes befestigt ist, dass sein Quersteg federnd senkrecht zur Drehachse auslenkbar ist, und dass der Betätigungsgriff durch eine Schenkelfeder in der Mittelstellung gehalten ist, aus der er so weit auslenkbar ist, dass der Quersteg des federnden Bügels auf eine achsparallele Fläche des Schließzapfens angehoben wird, wodurch sich die Tür öffnen lässt.“

Nachfolgend wiedergegeben sind die Figuren 1 und 2 des Klagepatents, wobei erstere einen erfindungsgemäßen Türverschluss von der Seite im Schnitt zeigt und letztere die Rückseite eines Befestigungsbeschlages darstellt.

Die Beklagte stellte auf der Messe A in B Backöfen (vgl. Anlage K 7) aus, die mit einem Verschluss versehen waren, der dem als Anlage K 8 zur Gerichtsakte überreichten Muster entsprach (nachfolgend auch: „angegriffene Ausführungsform“). Die Ausgestaltung des angegriffenen Verschlusses ergibt sich anhand der nachfolgend eingeblendeten Ablichtung, welche der Anlage K 9 entnommen ist. Die Patentanwälte der Klägerin mahnten die Beklagte daraufhin ab.

Die Beklagte bezog die angegriffene Ausführungsform von der Streithelferin, welche Inhaberin der Europäischen Patentanmeldung 1 970 XXX (Anlage K 10) ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache in wortsinngemäßer Weise von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch: Das Riegelelement der angegriffenen Ausführungsform bestehe aus einem U-förmigen Federbügel, dessen Ebene beim in der Tür eingebauten Verschluss senkrecht auf der Tür stehe und der so auf der im Griffschild gelagerten Welle des Betätigungsgriffs befestigt sei, dass sein Quersteg federnd senkrecht zur Drehachse auslenkbar sei. Der Betätigungsgriff der angegriffenen Ausführungsform sei durch eine Schenkelfeder in der Mittelstellung gehalten. Aus dieser Mittelstellung sei der Betätigungsgriff auch so weit auslenkbar, dass der Quersteg des federnden Bügels auf eine achsparallele Fläche des Schließzapfens angehoben werde, so dass sich die Tür öffnen lasse. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Schadensersatz sowie Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen

Verschlüsse für Türen von Geräten, in denen Waren oder Lebensmittel erhöhter Temperatur und/oder Druck ausgesetzt sein können, bestehend aus einem am Gerätegehäuse befestigbaren Schließzapfen, der quer zu seiner Längsachse mindestens eine Rastvertiefung aufweist, einem Riegelelement, das unter Federkraft in die genannte Rastvertiefung eintauchen kann, und einem mit dem Riegelelement verbundenen Betätigungsgriff,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen patentes 1 111 XXX B1 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das Riegelelement aus einem U-förmigen Federbügel besteht, dessen Ebene beim in der Tür eingebauten Verschluss senkrecht auf der Tür steht und der so auf der im Griffschild gelagerten Welle des Betätigungsgriffes befestigt ist, dass sein Quersteg federnd senkrecht zur Drehachse auslenkbar ist, und dass der Betätigungsgriff durch eine Schenkelfeder in der Mittelstellung gehalten ist, aus der er so weit auslenkbar ist, dass der Quersteg des federnden Bügels auf eine achsparallele Fläche des Schließzapfens angehoben wird, wodurch sich die Tür öffnen lässt;

2. der Klägerin in einem einheitlichen und nach Kalenderjahren geordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27. Juli 2001 begangen worden sind, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (sowie ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und unter Vorlage entsprechender Rechnungen in Kopie,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (sowie ggf. der Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 3.4.2004 zu machen sind;

3. an die Klägerin EUR 2.994,40 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 27.7.2001 bis zum 2.4.2004 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 3.4.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. hilfsweise, der Klägerin zu gestatten, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung abwenden zu dürfen.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, der Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

weiter hilfsweise, der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte und die Streithelferin stellen eine Verletzung des Klagepatentes im Wesentlichen wie folgt in Abrede: Ein mehrteiliges Riegelelement – wie unstreitig bei der angegriffenen Ausführungsform vorhanden – sei nicht klagepatentgemäß, da nach dessen Lehre insoweit Einteiligkeit vorausgesetzt sei. Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über einen U-förmigen Federbügel, sondern deren Kupplungsstücke seien massive und – mit Ausnahme eines Schlitzes im vorderen Bereich – vollflächige Konstruktionselemente. Unter einem Federbügel verstehe der Fachmann eine Feder in Form eines Bügels, während die Kupplungsstücke der angegriffenen Ausführungsform nicht selbstfedernd seien. Mit „U-förmig“ sei gemeint, dass zwei Schenkel durch einen Quersteg verbunden und in Richtung der Schenkel nach oben offen ausgebildet seien. Soweit das Klagepatent den Begriff „senkrecht“ verwende, sei dieser in einem streng mathematischen Sinne zu verstehen; bei der angegriffenen Ausführungsform stehe aber weder die Ebene des – vermeintlichen – Federbügels in diesem Sinne „senkrecht“ auf der Tür, noch sei der Quersteg des – vermeintlichen – Federbügels „federnd senkrecht“ zur Drehachse auslenkbar. Die angegriffene Ausführungsform sei durch ein völlig anderes Öffnungsprinzip als die erfindungsgemäße Lösung gekennzeichnet: Bei der angegriffenen Ausführungsform erfolge das Öffnen der Tür mittels einer Rotation der Kupplungsstücke und nicht – wie beim Klagepatent – durch ein Anheben der Kupplungsstücke auf eine achsparallele Fläche. Hilfsweise macht die Beklagte geltend, sie habe die angegriffene Ausführungsform „nicht zum Verkauf feilgeboten“; jedenfalls sei ihr als „bloßer Zwischenhändlerin“ kein Verschulden vorwerfbar.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und der Streithelferin nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, so dass sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.

I.

Die Erfindung betrifft einen Türverschluss für Geräte, in denen Waren oder Lebensmittel erhöhter Temperatur und/oder Druck ausgesetzt sein können, bestehend aus einem am Gerätegehäuse befestigten Schließzapfen, der quer zu seiner Längsachse mindestens eine Rastvertiefung aufweist, und einem Riegelelement, das unter Federkraft in die genannte Rastvertiefung eintauchen kann, und einem mit dem Riegelelement verbundenen Betätigungsgriff.

Aus der DE 42 08 216 A1 ist ein Türverschluss, vorzugsweise für Heißgerätetüren, mit folgendem Aufbau bekannt: In die Tür ist ein Schließzapfen eingesetzt, der unverschieblich drehbar gelagert ist und außenseitig einen Handgriff aufweist. Der Schließzapfen ist mit einer Rückholfeder gekoppelt und weist eine Ringnut auf, die in einem bestimmten Umfangsabschnitt angeordnet ist. Eine Wand der Riegelnut ist der Türfläche zugewandt, also parallel zur Türfläche. Am Gerätegehäuse ist ein Schlosskasten vorgesehen, der eine Öffnung für das Einführen des Schließzapfens aufweist. In dem Schlosskasten ist ein quer zur Bewegungsbahn des Schließzapfens verschiebbares Regelglied gelagert, das unter Federkraft steht und gegen den Schließzapfen gepresst wird. Das Regelglied ist als Riegelschieber ausgebildet, der in zwei unterschiedliche Nuten des Schließzapfens eingreifen kann. Wenn die Tür fest verschlossen ist, ruht der Riegelschieber in der inneren Nut, wobei die Rückholfeder den Schließzapfen auf diejenige Drehstellung einstellt, in der die Axialebene der ersten Nut mit der Bewegungsbahn des Riegelschiebers fluchtet. Beim Schließen der Tür wird der Schließzapfen so weit in die Aufnahmeöffnung des Schlosskastens gedrückt, bis der Regelschieber in die erste Nut einrastet. Zum Öffnen der Tür wird der Schließzapfen um seine Längsachse gedreht, bis der Regelschieber aus der ersten Nut herausgedrückt ist, der Schieber also auf der Grundfläche der 2. Nut gleiten kann. Die Rückfederkraft der Türdichtung drückt das Türblatt um einige mm/cm auf, bis die Bewegung durch die Anschlagfläche einer zweiten Nut begrenzt wird. In dieser Stellung wird das Türblatt so lange festgehalten, bis der Handgriff erneut, nun um einen größeren Winkel verdreht wird, so dass der Regelschieber so weit hoch gedrückt wird, bis seine Kante über den zylindrischen Teil des Schließzapfens gleiten kann.

Das Klagepatent kritisiert den vorbekannten Verschluss als relativ aufwendig, weil er außer dem in der Tür zu lagernden Schließzapfen mit unterschiedlich ausgefrästen Nuten und einer Rückstellfeder einen teuren Schlosskasten benötigt, in dem der Riegelschieber leicht beweglich gegen die Kraft der genannten Feder verschiebbar gelagert werden müsse. Zudem sei der vorbekannte Verschluss störanfällig, weil sich der Schließzapfen und der Regelschieber durch Reibung abnutzten. Falls die Scharniere oder sonstige Teile nachgäben, bestehe die Gefahr des Verklemmens.

Als weiteren Stand der Technik erwähnt das Klagepatent die US 5,050,926, welche einen Verschluss für eine Klappe im Kofferraumboden eines Kraftfahrzeuges mit folgendem Aufbau lehrt: Ein Bolzen mit tangentialer Nut ist an der Wand des Behälters befestigt. Als Verschlusselement dient eine in die Nut eingreifende Schenkelfeder, die in der Ebene der Klappe liegt und durch eine Handhabe und ein Spreizelement auseinander gedrückt werden kann. Beim Schließen wird die Schenkelfeder durch das kegelförmige Ende des Bolzens auseinander gedrückt. Dieser Vorgang sei – so die Kritik des Klagepatents – mit starker Reibung und Abnutzung verbunden, so dass dieses Prinzip für gewerbliche Geräte mit über hundert Betätigungen pro Tag nicht geeignet erscheine.

Vor diesem technischen Hintergrund liegt dem Klagepatent zum einen die Aufgabe zugrunde, auf Dauer eine Reduzierung der Schließsicherheit zu vermeiden und einen besonders zuverlässigen und preiswerten ein- oder zweistufigen Türverschluss zu schaffen, der von seiner Konstruktion her größere Toleranzen an Tür und Gehäuse zulässt. Ferner widmet es sich der Aufgabe, die Montageschritte sehr einfach zu gestalten und die Einbauzeiten zu minimieren.

Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 einen Verschluss mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verschluss für Türen von Geräten, in denen Waren oder Lebensmittel erhöhter Temperatur und/oder Druck ausgesetzt sein können, bestehend aus

a) einem Schließzapfen (11, 14),

b) einem Riegelelement,

c) einem Betätigungsgriff (1).

2. Der Schließzapfen (11, 14)

a) ist am Gerätegehäuse befestigbar,

b) weist quer zu seiner Längsachse mindestens eine Rastvertiefung (11c) auf.

3. Das Riegelelement

a) kann unter Federkraft in die genannte Rastvertiefung eintauchen,

b) besteht aus einem U-förmigen Federbügel (7),

aa) dessen Ebene beim in der Tür eingebauten Verschluss senkrecht auf der Tür steht und

bb) der so auf der im Griffschild (2) gelagerten Welle (4) des Betätigungsgriffes (1) befestigt ist, dass sein Quersteg (7a) federnd senkrecht zur Drehachse auslenkbar ist.

4. Der Betätigungsgriff (1)

a) ist mit dem Riegelelement verbunden,

b) ist durch eine Schenkelfeder in der Mittelstellung gehalten,

aa) aus der er so weit auslenkbar ist, dass der Quersteg (7a) des federnden Bügels (7) auf eine achsparallele Fläche des Schließzapfens (11, 14) angehoben wird,

bb) wodurch sich die Tür öffnen lässt.

Im Abschnitt [0027] hebt das Klagepatent unter der Überschrift „Gewerbliche Verwertbarkeit“ folgende Vorteile dieser Lösung hervor: Das gelehrte System sei außerordentlich einfach, schnell von einer Bauart in die andere umzurüsten und vor allem störunempfindlich. Da das Riegelelement aus einem einfachen Federbügel bestehe, gebe es keine Gleitflächen, die durch Fettspuren pp. verkleben könnten. Toleranzen zwischen Tür und Gehäuse hätten auf die Funktion des Verschlusses nur wenig Einfluss. Der Schließzapfen könne leicht nachjustiert werden.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht jedenfalls von der technischen Lehre des Merkmals 3b), wonach das Riegelelement aus einem U-förmigen Federbügel besteht, keinen (wortsinngemäßen) Gebrauch.

1)
Ausgehend von dem Wortlaut „U-förmiger“ Federbügel besteht das Riegelelement aus einem Bügel, welcher eine dem Buchstaben „U“ ähnliche Gestalt aufweist. Mithin deutet dies auf eine Ausgestaltung des Bügels in der Weise hin, dass zwei Schenkel durch einen Quersteg verbunden und in Richtung der Schenkel nach oben offen ausgebildet sind.

Der Fachmann erkennt, dass die Umschreibung „U-förmig“ neben dem Hauptanspruch 1 auch im rückbezogenen Unteranspruch 7 verwendet wird, was ihm verdeutlicht, dass es dem Klagepatent gerade (auch) auf diese U-Förmigkeit des Federbügels ankommt. In dieser Sichtweise wird der Fachmann zusätzlich dadurch bestärkt, dass auch im allgemeinen Teil der Beschreibung (Abschnitt [0014]), welcher die erfindungsgemäße Lösung zusammenfasst, unter anderem auf die U-Förmigkeit abgestellt wird. Unwidersprochen haben die Beklagte und die Streithelferin zudem vorgebracht, es gehöre zum allgemeinen Fachwissen des Durchschnittsfachmanns im Prioritätszeitpunkt, dass es neben U-förmigen Bügeln beispielsweise auch O-, V-förmige oder noch anders ausgebildete Bügel gebe, welche mit einem erfindungsgemäßen Schließzapfen verbunden werden könnten. In Kenntnis dieses Standes der Technik wird der Fachmann die Vorgabe einer U-förmigen Ausgestaltung im Anspruch 1 erst recht ernst nehmen und demzufolge andere Bügelformen nicht als erfindungsgemäß einordnen.

Selbst wenn der Fachmann im Rahmen der an sich gebotenen funktionellen Auslegung des Begriffs „U-förmig“ erkennen sollte, dass die erfindungsgemäßen Vorteile auch dann, wenn der Federbügel von einer buchstäblichen „U-Form“ abweicht, erzielt werden können, ist zu beachten, dass der Anspruch mit dem Erfordernis der U-Förmigkeit eine räumlich-körperliche Vorgabe macht. Hinsichtlich derartiger räumlich-körperlicher Vorgaben gilt, dass die funktionsorientierte Auslegung bei solchermaßen definierten Merkmalen nicht dazu führen darf, dass der Anspruchsinhalt auf die bloße technische Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal zu eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht. Anderenfalls würde nämlich die Grenze zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter Benutzung aufgelöst (vgl. Meier-Beck, GRUR 2003, 905 (907)). Die Klägerin hatte es in der Hand, im Erteilungsverfahren eine breitere Formulierung in Bezug auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Federbügels zu wählen. Da sie sich dabei explizit auf die U-Form festlegte, gebietet es die Rechtssicherheit, Verschlussvorrichtungen mit davon abweichenden räumlich-körperlichen Merkmalen als nicht vom Schutz des Klagepatents erfasst anzusehen. Insoweit kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob der Beklagten bzw. der Streithelferin darin zuzustimmen wäre, auch die funktionsorientierte Auslegung führe hier dazu, nur im buchstäblichen Sinne U-förmig ausgebildete Federbügel unterfielen dem technischen Wortsinn, weil eine solche Ausgestaltung im Hinblick auf den spezifischen Verschlussmechanismus der Erfindung ohne Alternative sei.

Eine äquivalente Verwirklichung hat die Klägerin – zu Recht – nicht geltend gemacht, so dass insoweit keine Ausführungen geboten sind.

2)
Ausgehend von dieser Auslegung, kann nicht festgestellt werden, dass das Riegelelement der angegriffenen Ausführungsform einen U-förmigen Federbügel aufweise.

Zu Unrecht meint die Klägerin, diese Voraussetzung sei bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht, weil die Ausgestaltung eines Querbügels verwirklicht sei, wobei sie auf die folgende Ablichtung (vgl. Blatt 62 GA) Bezug nimmt:

Der betreffende Klägervortrag hat keinen Erfolg, weil sich das Erfordernis der U-Förmigkeit gerade nicht darin erschöpft, dass der Federbügel einen Quersteg aufweisen müsse. Vielmehr wird auch – wie oben erläutert – vorausgesetzt, dass zwei Schenkel durch den Quersteg miteinander verbunden werden und nach oben offen ausgebildet sind. Das plattenförmige Wandelement der angegriffenen Ausführungsform mag zwar einen Quersteg und womöglich zwei Schenkel aufweisen, jedoch fehlt es jedenfalls an einer nach oben offen ausgestalteten Konstruktion: Die von der Klägerin auf Blatt 62 GA rot eingezeichneten (vermeintlichen) Schenkel enden im geschlossenen Wandbereich des betreffenden Elements.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen jeweils aus § 709 ZPO. Ein Vollstreckungsschutz nach § 712 Abs. 1 ZPO war der Klägerin entgegen ihrem Antrag nicht zu gewähren, weil sie nicht dargetan hat, dass die Vollstreckung ihr einen nicht zu ersetzenden Nachteil brächte.