4c O 12/18 – Dekorierter Profilkörper

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2871

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 20. März 2019, Az. 4c O 12/18

  1. 1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
  3. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
  4. Tatbestand
  5. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 2 247 XXX B1 (Anlage K5; im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent beansprucht die Priorität der DE 10 2007 XXX 79 vom 20.12.2007 und der DE 10 2008 010 XXX vom 23.02.2008. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 31.08.2011 veröffentlich. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
    Das Klagepatent schützt ein Verfahren zum Herstellen von dekorierten Profilkörpern. Dessen Anspruch 1 lautet:
    Verfahren zum Herstellen eines dekorierten Profilkörpers (1), umfassend die Schritte: Bereitstellen eines Substrats (2); Auftragen eines Dekorgrundes (4,5); und Auftragen einer den Dekorgrund (4,5) zumindest abschnittsweise bedeckenden Dekorveredelung (6) im Digitaldruckverfahren, wobei der Dekorgrund (4, 5) und die Dekorveredelung (6) zusammen ein Dekor des Profilkörpers (1) bilden, dadurch gekennzeichnet, dass der Dekorgrund (4, 5) einen Farbaufbau aus einem gegenüber der Dekorveredelung (6) erweiterten Farbraum aufweist, wobei der Farbaufbau des Dekorgrundes (4,5) derart ausgewählt ist, dass zwischen dem Dekor des Profilkörpers (1) und einem dazu ähnlichen, vorzugsweise identischen Referenzdekor im Wesentlichen kein Metamerie-Effekt auftritt.
  6. Wegen des Wortlauts der insbesondere geltend gemachten Unteransprüche 3 bis 7 sowie 9 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen. Über die seitens der Beklagten mit Schriftsatz vom 29.06.2018 zum Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage wurde bisher nicht entschieden.
    Die nachfolgenden Figuren 1 bis 3 sind dem Klagepatent entnommen. Sie zeigen einen erfindungsgemäß hergestellten dekorierten Profilkörper, wobei Figur 1 eine Schnittansicht und Figur 2 eine perspektivische Ansicht abbilden, jeweils im verzerrten Maßstab. Figur 3 zeigt den Profilkörper aus den Figuren 1 und 2 in montiertem Zustand an einem Gegenstand.
  7. Das Unternehmen der Klägerin ist Teil der A-Gruppe und langjährig auf dem Gebiet der Herstellung von Kantenbändern aus Kunststoff zur Bekantung schmaler Möbelseiten tätig. Hauptverwaltungssitz der Klägerin ist in A (B); dort stellt sie her und vertreibt Sicherheitskanten aus polymerem Material.
    Bei der Beklagten handelt es sich um ein auf dem Gebiet der Kunststoffe spezialisiertes und zur B-Gruppe gehörendes Unternehmen, deren Werk in B in den vergangenen Jahren als Zweitstandort für die Kantenherstellung ausgebaut wurde. Sie stellt her und vertreibt seit Sommer 2010 und einhergehend mit der Übernahme des C insbesondere auch Sicherheitskanten (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), die beispielsweise an die Schmalseite eines Tisches angebracht werden können. Bis dahin war die Beklagte selbst Kundin der Klägerin. Die Beklagte macht auf ihrer Internetseite unter der Domain www.B.com Angaben und nähere Beschreibungen zur angegriffenen Ausführungsform. Zudem wird die angegriffene Ausführungsform in der Broschüre „B PP Sicherheitskanten“ beworben, welche als PDF-Dokument auf der Website abrufbar ist. Die Beklagte stellt auf ihrer Website auch Kontaktdaten im Bereich sowohl der Herstellung als auch des Vertriebs zur Verfügung (vgl. Anlage K14).
    Außerdem bewirbt die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in der Ausgabe 1/2017 der internationalen Fachzeitschrift „möbelfertigung“ (Anlage K15). Darin wurde unter Bezugnahme auf die Leiter „Technik und Produktion“ und „Verkauf“ der Beklagten für Sommer 2017 der Start von digital gedruckten Dekoren angekündigt. Dieser Artikel über die Beklagte erschien identisch im weltweit angebotenen „E-Magazine“ (Anlagen K 16, 17).
    Ein Mitarbeiter der Klägerin erhielt im November 2017 von dem Küchenhersteller Ballerina ein B-Arbeitsplattenanschauungsmuster mit der Bezeichnung „D“ zu Prüfzwecken mit den Maßen 400x250x40 mm (vgl. Lichtbilder Bl. 19). Alle vier Schmalseiten waren mit digital gedruckten Dekoren versehen.
    Die Klägerin ließ dieses Muster gutachterlich im Hinblick auf das für die Kanten benutzte Druckverfahren, das Material sowie den Aufbau und die Pigmentierung untersuchen. Wegen des Ergebnisses dieser Untersuchung wird auf die Anlage K20 verwiesen.
  8. Die Klägerin meint, dass die Beklagte wortsinngemäßen, jedenfalls aber äquivalenten unmittelbaren Gebrauch vom erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren mache.
    Die Beklagte trage im angewandten Verfahren einen Dekorgrund auf ein Substrat auf. Dies sei auch dann der Fall, wenn ein Coextrusionsverfahren angewendet werde, mittels dessen das Substrat hergestellt wird. Das Klagepatent mache keine Vorgaben, dass bereits ein fertig produziertes Substrat vorliegen müsse, bevor der Dekorgrund hinzukomme, um gemäß des Anspruchs 1 bereitgestellt zu sein. Auftragen sei nicht nur im Sinne von aufdrucken zu verstehen. Gerade im Zusammenhang mit Extrusionsverfahren könne dies nämlich auch als aufbringen oder austragen begriffen werden (Anlagen K27, K28).
    Weiterhin ist die Klägerin der Ansicht, dass der unstreitig weiße Dekorgrund der angegriffenen Ausführungsform außerhalb des seitens der Beklagten unstreitig für die Dekorveredelung benutzten CMYK-Farbmodells liege und somit der Farbaufbau des weißen Dekorgrundes erweitert sei. Weiß gehöre nicht zum hier maßgeblichen Farbraum und der Dekorgrund selbst zähle nicht zum Farbraum der Dekorveredelung. Der Farbraum des Dekorgrunds sei dann erweitert, wenn er die Anzahl der Farben, die im Digitaldruckverfahren von der jeweils eingesetzten Maschine zur Verfügung gestellt würden, übersteige. Sofern sich das Klagepatent auf das CMYK-Modell beziehe, seien darunter nur die Farben cyan, magenta, yellow und black zu verstehen. Dies ergebe sich nach Ansicht der Klägerin auch daraus, dass dieses Farbmodell auch die technische Grundlage des modernen Vierfarbdrucks sei.
    Die Klägerin behauptet, die angegriffene Ausführungsform weise zwischen dem Referenzdekor und dem Kantenband im Wesentlichen keine Metamerie auf (vgl. Gutachten Anlage K20, Ergänzung K33). Es habe kein Farbunterschied dieser Bestandteile bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen festgestellt werden können. Diese ähnliche Farbgebung spiegle sich in der Werbung der Beklagten wider. Darin heiße es u.a., dass höchste Farbkonstanz sowie ein perfekt zusammenpassendes Ergebnis angeboten werde (Anlage K13).
    Der Metamerie-Effekt könne auch bei der angegriffenen gemusterten Ausführungsform gemessen werden, wobei der maßgebliche Messwert der Farbabstand der Proben ist. Es komme sowohl ein subjektives als auch ein objektives Verfahren in Betracht. Letzteres laufe so, dass relevante sich jeweils ähnelnde Farbbereich des Referenzdekors und des Profilkörpers ausgewählt und anhand eines speziellen Messgeräts (z.B. i1-Pro der Fa. X-Rite) analysiert würden. Es resultiere ein unstreitig aus drei Komponenten bestehender Messwert (Metamerie-Index), dessen Bewertung anhand einer DIN-Skala abgefragt werden könne (DIN 6172, Anlage K7). Subjektiv erfolge die Messung derart, dass Beobachter zwei Proben bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen betrachten und Farbunterschiede benennen. Dieser so ermittelte Wert (Delta V) könne anschließend anhand der Skala nach der ISO 3668:2001 (vgl. Anlage K24, B15) eine Aussage über den Metamerie-Index treffen. Die Klägerin behauptet hierzu, dass es für die Übertragbarkeit des Wertes und dessen Aussagekraft nicht auf diejenigen Messkomponenten wie im Rahmen der objektiven Bemessung ankomme. Da das Klagepatent kein bestimmtes Verfahren vorsehe, für gemusterte Dekore aber unstreitig erst ab dem Jahr 2009 ein praxistaugliches objektives Messverfahren zur Anwendung habe kommen können, werde die subjektive Messweise vom Fachmann herangezogen.
    Nach der subjektiven Bemessung liege, so meint die Klägerin, im Wesentlichen keine Metamerie vor, solange der Messwert in dem Bereich der Skala kleiner/gleich 2 ist.
  9. Hinsichtlich der Einordnung der durch Messung/Berechnung ermittelten Metamerie-Indizes müsse der Messwert bei bis einschließlich 3 liegen, damit im Wesentlichen keine Metamerie aufgetreten sei.
    Farbabstand AE Bewertung des Farbabstandes
    Kleiner als 0.2 nicht sichtbar
    02-1.0 sehr gering
    1.0-3.0 gering
    3.0-6.0 mittel
    6.0-12.00 gross
    grösser als 12.00 sehr gross
  10. Da alle klagepatentgemäßen Verfahrensschritte bei der Herstellung zur Anwendung kämen, handele es sich bei der angegriffenen Ausführungsform auch um ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis. Daran ändere auch der Auftrag einer abschließenden Klarlackschicht nichts, weil die entscheidenden Merkmale des Erzeugnisses durch die vorherigen Herstellungsschritte bereits erreicht worden seien.
  11. Die Klägerin beantragt,
    A.
    I. die Beklagte zu verurteilen,
  12. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  13. a. ein Verfahren zum Herstellen eines dekorierten Profilkörpers (1), umfassend die Schritte: Bereitstellen eines Substrats (2); Aufträgen eines Dekorgrundes (4, 5); und Aufträgen einer den Dekorgrund (4, 5) zumindest abschnittsweise bedeckenden Dekorveredelung (6) im Digitaldruckverfahren, wobei der Dekorgrund (4, 5) und die Dekorveredelung (6) zusammen ein Dekor des Profilkörpers (1) bilden,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,
    wenn der Dekorgrund (4, 5) einen Farbaufbau aus einem gegenüber der Dekorveredelung (6) erweiterten Farbraum aufweist, wobei der Farbaufbau des Dekorgrundes (4, 5) derart ausgewählt ist, dass zwischen dem Dekor des Profilkörpers (1) und einem dazu ähnlichen, vorzugsweise identischen Referenzdekor im Wesentlichen kein Metamerie-Effekts auftritt;
    b. Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die mittels des unter vorstehender Ziffer la bezeichneten Verfahrens hergestellt worden sind;
  14. 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu vorstehender Ziffer l.b. bezeichneten Handlungen seit dem 31.08.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe
  15. a. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    b. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  16. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu vorstehender Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 30.09.2011 begangen hat, und zwar
  17. a. unter Angabe der Art und des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend vorstehender Ziffer l.a. unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten Gewinns, und
    b. hinsichtlich der unter vorstehender Ziffer 1.b. bezeichneten Handlungen unter Angabe:
  18. i.) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    ii.) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    iii.) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    iv.) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    v.) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin an einen von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  19. 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter vorstehender Ziffer 1.b. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
    5. die unter vorstehender Ziffer 1 b. bezeichneten, seit dem 31.08.2011 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundenen Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  20. II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter vorstehender Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 30.09.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
  21. B. hilfsweise:
    I. die Beklagte zu verurteilen,
  22. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  23. a. ein Verfahren zum Herstellen eines dekorierten Profilkörpers (1), umfassend die Schritte: Bereitstellen eines ersten Granulats zur Bildung eines Substrats, Bereitstellen eines zweiten Granulats zur Bildung eines Dekorgrundes, Aufschmelzen des ersten und zweiten Granulats in einer Extrusionseinrichtung zu einem ersten und zweiten Schmelzstrom, wobei das Aufschmelzen des ersten und zweiten Granulats in getrennten Bereichen der Extrusionseinrichtung erfolgt, Verschmelzen und Zusammenführen der beiden Schmelzströme zu einem zweischichtigen Profilkörper mit Substrat und Dekorgrund, und Auftragen einer den Dekorgrund (4, 5) zumindest abschnittsweise bedeckenden Dekorveredelung (6) im Digitaldruckverfahren, wobei der Dekorgrund (4, 5) und die Dekorveredelung (6) zusammen ein Dekor des Profilkörpers (1) bilden,
    in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,
    wenn der Dekorgrund (4, 5) einen Farbaufbau aus einem gegenüber der Dekorveredelung (6) erweiterten Farbraum aufweist, wobei der Farbaufbau des Dekorgrundes (4, 5) derart ausgewählt ist, dass zwischen dem Dekor des Profilkörpers (1) und einem dazu ähnlichen, vorzugsweise identischen Referenzdekor im Wesentlichen kein Metamerie-Effekts auftritt;
    b. Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die mittels des unter vorstehender Ziffer 1.a. bezeichneten Verfahrens hergestellt worden sind;
    c.
    2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu vorstehender Ziffer 1.b. bezeichneten Handlungen seit dem 31.08.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe
  24. a. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    b. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  25. 3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu vorstehender Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 30.09.2011 begangen hat, und zwar
  26. a. unter Angabe der Art und des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend vorstehender Ziffer 1.a. unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten Gewinns, und
    b. hinsichtlich der unter vorstehender Ziffer 1.b. bezeichneten Handlungen unter Angabe:
  27. i.) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    ii.) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
    iii.) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    iv.) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    v.) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin an einen von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  28. 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter vorstehender Ziffer 1.b. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
  29. 5. die unter vorstehender Ziffer 1 b. bezeichneten, seit dem 31.08.2011 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundenen Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  30. II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter vorstehender Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 30.09.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  31. Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen;
    hilfsweise, das Verfahren auszusetzen, bis über die beim Bundespatentgericht eingereichte Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen den deutschen Teil DE 50 2008 004 XXX.1 des Klagepatents entschieden worden ist.
  32. Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache weder unmittelbaren noch äquivalenten Gebrauch vom Klagepatent.
    Es werde bereits kein Dekorgrund auf ein Substrat aufgetragen. Hierzu behauptet sie, dass, wozu sich die Klägerin mit Nichtwissen erklärt, ein Coextrusionsverfahren eingesetzt werde, bei welchem einerseits braunes Granulat und andererseits weißes Granulat aufgeschmolzen werde und diese zwei Schmelzströme anschließend zusammengeführt und miteinander verschmolzen würden. Durch das Extruderwerkzeug würden sie zu einem Streng gepresst. Das Ergebnis dieses Vorgangs weise eine bräunliche Unterseite und eine weiße Oberseite auf. Die Beklagte meint, dass insoweit die ersten beiden Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens (Bereitstellen eines Substrats und Auftragen eines Dekorgrundes) auch nicht gegeneinander ausgetauscht werden könnten. Auch begreife das Klagepatent nicht auch Vorstufen eines Substrats als ein solches; ein Substrat liege bei einem Extrusionsverfahren erst nach dem beendeten Herstellungsprozess vor.
    Hinsichtlich des Auftrages eines Dekorgrundes meint die Beklagte, dass, selbst wenn ein Aufdrucken eine Art des Auftragens sei, dies jedenfalls für ein Verschmelzen zweier Stoffe nicht mehr gelte. Dieses Verständnis werde durch die eigene Patentanmeldung der Beklagten (vgl. Anlage B1), welche gerade die für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen eingesetzte Technik der Coextrusion beanspruche, bestätigt.
    Weiterhin stamme der Farbaufbau der Substratoberseite der angegriffenen Ausführungsformen nicht aus einem gegenüber der Dekorveredelung erweiterten Farbraum. Die Beklagte verwende, was unstreitig ist, für die Dekorveredelung das CMYK-Digitaldruckverfahren. Weiß, als die Farbe des Untergrundes der angegriffenen Ausführungsform, gehöre zu diesem CMYK-Farbraum. Dieser verfüge nämlich über einen Weißpunkt. Die Abgrenzung der Begriffe Farbaufbau und Farbraum habe, so meint die Beklagte, danach zu erfolgen, dass ein Farbraum durch das konkret zum Einsatz kommende Farbauftragsverfahren zur Verfügung gestellt werde, wohingegen der Farbaufbau die rein wahrnehmbaren Farben des Dekorgrundes beschreibe. Nach Ansicht der Beklagten würde sich aber dann kein Unterschied mehr ergeben, wenn auch der Dekorgrund, was nach der Lehre des Klagepatents zulässig sei, genauso wie die Dekorveredelung im Digitaldruckverfahren hergestellt werde. Dann ständen sich derselbe Farbaufbau und Farbraum gegenüber.
    Die Beklagte wähle den Farbaufbau des Dekorgrundes, wozu sich die Klägerin mit Nichtwissen erklärt, nicht speziell aus, sondern nutze vielmehr mit weiß eine Substratoberseite, die üblichen Druckpapieren nachgebildet und damit standardmäßig sei. Im Übrigen werde der Metamerie-Effekt nebenbei durch Auftragen der Dekorveredelung reduziert, weil im Digitaldruck nunmehr verschieden pigmentierte und gemischte Tinten der Primärfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz am Markt erhältlich seien. Ferner erfolge bei der Beklagten keine Überprüfung auf Metamerie und, sofern diese festgestellt werden sollte, könne sie auch nachträglich nicht mehr verändert werden.
    Die Beklagte meint im Hinblick auf die gutachterlichen Ausführungen der Klägerin, angeführt zum Beleg, dass im Wesentlichen kein Metamerie-Effekt aufgetreten sei, dass diese nicht überzeugen würden. Hierzu behauptet sie, dass schon die ausgewählte individuelle Messmethode beliebig sei, da jeder Beobachter Proben und eine etwaige Farbdifferenz verschieden wahrnehme. Die unterschiedliche Farbtoleranz bei verschiedenen Personen sei schon in der ISO 3668:2001 zum Ausdruck gekommen. Es sei auch nicht erkennbar, ob die Auswahl der Beobachter gemäß deren Kriterien erfolgt sei. Nicht erklärlich sei zudem die Anzahl an tatsächlich eingesetzten Beobachtern, welche nicht mit derjenigen, die im Gutachten aufgestellt worden sei, übereinstimme.
    Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Klagepatent nicht rechtsbeständig sei, sondern im Nichtigkeitsverfahren widerrufen werde. So stehe dem Rechtsbestand zum einen der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit entgegen. Der Fachmann wisse nicht, was er unter einem erweiterten Farbraum der Dekorveredelung zu verstehen habe. Zum anderen könnten die Druckschrift WO 2004/013713 A 1, vorgelegt als Anlage B7-NK8, und die Druckschrift US 2005/0249929 A1, vorgelegt als Anlage B8-NK9, den Einwand der Neuheitsschädlichkeit begründen. Außerdem habe sich die Klägerin prozessual ungewöhnlich verhalten, was ebenfalls eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens rechtfertige. So habe sie im hiesigen Verletzungsverfahren zunächst um Fristverlängerung zur Einreichung der Replik gebeten, in welcher keine Ausführungen zum Rechtsbestand enthalten waren. Vielmehr habe sie die Widerspruchsbegründung, nach Ablauf der entsprechenden Frist des Bundespatentgerichts, einreichen wollen. Insoweit habe sie aber auch vor dem BPatG – erfolgreich – um Fristverlängerung um einen Monat nachgesucht und so das Nichtigkeitsverfahren zulasten der Klägerin verzögert.
  33. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
  34. Entscheidungsgründe
  35. A.
    Die Klage ist zulässig.
    Der hilfsweise gestellte Antrag wegen äquivalenter Verletzung des Klagepatents ist nicht unbestimmt.
    Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 2. Var. ZPO ist erforderlich, dass die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthält.
    Grundsätzlich ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308) klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322) erkennbar sind, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 253 ZPO, Rn. 13).
    Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn eindeutig bezieht sich der Hilfsantrag auf einen dekorierten Profilkörper, der im Wege der Extrusion hergestellt worden ist. Für die Frage der Bestimmtheit ist dagegen unerheblich, dass mehrere Arten eines Extrusionsverfahrens (etwa Coextrusion oder Nachextrusion) von dieser Antragsfassung umfasst sein könnten. Insoweit ist nämlich erst im Rahmen der Begründetheit festzustellen, welches Verfahren die Beklagte tatsächlich anwendet. Sofern es sich dabei nur um eines der potentiell vom Klageantrag erfassten Verfahren handeln sollte, trägt die Klägerin das entsprechende anteilige Verlustrisiko einer zu weiten Antragsfassung.
  36. B.
    Die Klage ist jedoch unbegründet.
  37. I.
    1.
    Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines dekorierten Profilkörpers. Dieses Verfahren umfasst die Schritte: Bereitstellen eines Substrats, Auftragen eines Dekorgrundes und Auftragen einer den Dekorgrund zumindest abschnittsweise bedeckenden Dekorveredelung im Digitaldruckverfahren; der Dekorgrund und die Dekorveredelung zusammen bilden das Dekor des Profilkörpers. Konkret nimmt das Klagepatent auf die Druckschrift WO 2004/013713 Bezug, welche bereits ein solches Verfahren offenbart.
    Für das Dekorieren von Tischplatten und Küchenarbeitsplatten wurden konventionelle Druckverfahren wie das Tiefdruckverfahren benutzt. Besondere Herausforderung bei der Herstellung von Dekoren ist, dass sich das charakteristische Erscheinungsbild des Dekorkörpers (Referenzdekor) bei wechselndem Lichteinfall farblich verändern kann. Daher muss sich ein angebrachter Profilkörper, welcher dasselbe Dekor aufweisen soll wie der Referenzkörper, bei unterschiedlichem Licht auf dieselbe Weise verändern. Denn andernfalls tritt der Metamerie-Effekt ein, worunter zu verstehen ist, dass sich zwei Proben, die bei einer Lichtart gleich aussehen, bei einer anderen Lichtart unterscheiden, also einen Farbabstand zueinander aufweisen. Durch die Auswahl von Farbpigmenten kann diesem Effekt begegnet werden. Die Pigmentauswahl ist bei der Anwendung herkömmlicher Druckverfahren kaum eingeschränkt, sodass die große Palette an Farbpigmenten, über die Dekorvorlagen im Bereich der Möbelindustrie verfügen, abgebildet werden kann. Der Nachteil an konventionellen Druckverfahren ist, dass es wenig flexibel ist, weil für jedes Dekor eine separate Druckwalze hergestellt werden muss.
    Demgegenüber beschreibt das Klagepatent in Abs. [0003], dass im Tintenstrahldruckverfahren, welche keiner separaten Walzen bedürfen, die Pigmentauswahl eingeschränkt ist. Außerdem sind im digitalen Tintenstrahldruckverfahren die eingesetzten Farbsysteme zumeist auf den Druckkopf abgestimmt und speziell für den Bedruckstoff entwickelt, wobei Substrate in Gestalt von Kantenbändern und Wandanschlüssen zumeist polymer sind.
    Der eingeschränkte Farbaufbau resultiert aus dem angewendeten CMYK-Prinzip, d.h. es werden die Farben cyan, magenta, gelb und schwarz miteinander kombiniert. Diese Farbkombination ist gegenüber dem konventionellen Verfahren nicht geeignet, den Metamerie-Effekt zu verhindern.
    Darin liegt die Kritik des Klagepatents an im Stand der Technik bekannten digitalen Tintenstrahldruckverfahren.
    Zur Lösung dieser Aufgabe (technisches Problem) schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
    1. Verfahren zum Herstellen eines dekorierten Profilkörpers (1), umfassend die Schritte:
    1.1 Bereitstellen eines Substrats (2);
    1.2 Auftragen eines Dekorgrundes (4, 5);
    1.3 Auftragen einer den Dekorgrund (4, 5) zumindest abschnittsweise bedeckenden Dekorveredelung (6) im Digitaldruckverfahren;
    2. der Dekorgrund (4, 5) und die Dekorveredelung (6) bilden zusammen ein Dekor des Profilkörpers (1);
    3. der Dekorgrund (4, 5) weist einen Farbaufbau aus einem gegenüber der Dekorveredelung (6) erweiterten Farbraum auf;
    4. der Farbaufbau des Dekorgrundes (4, 5) ist derart ausgewählt, dass zwischen dem Dekor des Profilkörpers (1) und einem dazu ähnlichen, vorzugsweise identischen Referenzdekor im Wesentlichen kein Metamerie-Effekt auftritt.
  38. 2.
    Zwischen den Parteien sind mit Ausnahme des Merkmals 1.3 die Merkmale 1.1, 1.2, 3 sowie 4 des Anspruchs 1 des Klagepatentes streitig. Die Kammer vermag indes die Verwirklichung der in Streit stehenden Merkmale nicht festzustellen.
  39. a.
    Unter dem in Merkmal 1 genannten dekorierten Profilkörper versteht das Klagepatent einen einen anderen Körper abschließenden Gegenstand.
    Der Klagepatentanspruch 1 enthält keine expliziten Angaben, was unter einem Profilkörper zu verstehen ist. Zu dem genannten Verständnis gelangt der Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung der Erfindung nach dem Klagepatent. Denn das Klagepatent sieht Profilkörper in Gestalt von Kantenbändern vor, die an einen Referenzkörper wie an Tisch- oder Küchenarbeitsplatten, angebracht werden (vgl. Abs. [0002]). Wenngleich dies nicht an allen Beschreibungsstellen so eindeutig zum Ausdruck kommt, wird damit das Endprodukt des Verfahrens bezeichnet. Dies ergibt sich auch aus der Fig. 1 des Klagepatents, weil dort der Pfeil mit der Bezugsziffer 1 für den Profilkörper auf den gesamten dargestellten Schnitt eines erfindungsgemäß hergestellten dekorierten Profilkörpers gerichtet ist.
    Der in Merkmal 1.1 genannte Begriff „Substrat“ wird vom Klagepatent demgegenüber als Synonym für einen nicht dekorierten Profilkörper benutzt. Denn Substrat ist derjenige Gegenstand, der Ausgangspunkt des Verfahrens ist und der mit Dekorgrund und Dekorveredelung versehen wird. Auch ohne eigene Definition dieses Begriffs im Klagepatent wird der Fachmann in diesem Verständnis durch die beschreibenden Absätze bestärkt. So bringt Abs. [0002] z.B. zum Ausdruck, dass Substrat ein Dekorträger ist, also ein Gegenstand, welcher das angestrebte Dekor aufweisen soll. Dies entnimmt der Fachmann auf die gleiche Weise dem Abs. [0011]. Außerdem wird das Substrat in den Figuren des Klagepatents gegenüber dem Profilkörper gesondert mit der Bezugsziffer 2 gekennzeichnet ist.
    Unter einem Bereitstellen eines Substrats nach Merkmal 1.1 versteht das Klagepatent einen abgeschlossenen Herstellungsvorgang, als dessen Ergebnis ein fertiges Substrat vorliegt. Das heißt im Falle eines Extrusionsverfahrens, dass das Substrat fertiggestellt ist, wobei das Klagepatent grundsätzlich keine Vorgaben zur Art der Herstellung und der Materialwahl enthält. Dieses Verständnis kann der Fachmann den beschreibenden Absätzen der Klagepatentschrift sowie der Systematik des Anspruchs 1 entnehmen.
    Zunächst lässt sich ein solches Verständnis dem Abs. [0051] der Beschreibung entnehmen, wo es heißt, dass ein mit einem Extrusionswerkzeug extrudierter Profilkörper bereitgestellt wird. Durch das Partizip „extrudiert“ erhält der Fachmann sowohl einen Hinweis auf die Herstellungsart – ohne dass sie selbst zum erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren zählt –, als auch auf das Stadium des Fertigungsprozesses des Substrats. Dieser muss abgeschlossen sein, da andernfalls kein extrudierter, sondern nur ein im Extrusionsverfahren befindlicher Profilkörper vorläge. Bekräftigt in diesem Verständnis, dass eine beendete Extrusion bzw. überhaupt ein beendeter Herstellungsprozess gemeint ist, wird der Fachmann durch die Z. 15 ff. desselben Absatzes. Darin wird „bereitstellen“ dahingehend beschrieben, dass das Substrat entweder unmittelbar vor der Weiterverarbeitung [Anm.: im klagepatentgemäßen Verfahren] hergestellt oder in einem vorgefertigten Zustand zugeführt wird. Unterschieden wird damit zwischen der Produktion des Substrats einerseits und derjenigen eines dekorierten Profilkörpers andererseits. Obschon die Produktion des Substrats keinen zeitlichen Abstand zum streitgegenständlichen Herstellungsverfahren aufweisen muss, wird dennoch gefordert, dass eine Zäsur zwischen den Verfahren besteht.
    Natürlich ist dem Fachmann bewusst, dass es sich bei dem im Abs. [0051] beschriebenen Extrusionsverfahren um eine Angabe zu einem bevorzugten Ausführungsbeispiel handelt, welches den Anspruchsinhalt grundsätzlich nicht einzuengen vermag. Durch die Systematik des Anspruchs wird er dennoch in dieser Auffassung bestärkt. Denn das Auftragen eines Dekorgrundes (Merkmal 1.2) ist dem Bereitstellen des Substrats (Merkmal 1.1) nachgeordnet. Anzeichen für eine mögliche Umkehrung der Reihenfolge finden sich nicht. Vielmehr ergibt sich die vorgegebene Reihenfolge für den Fachmann gerade daraus, dass zwingend ein Substrat als Grundlage zur Verfügung stehen muss, um aufgrund die weiteren Herstellungsschritte zu vollziehen. Dass das Substrat die Grundlage des Dekors ist, wurde vorstehend bereits dargestellt. Hinweise darauf, dass auch ohne dieses Grundmaterial die nachfolgenden Schritte bewerkstelligt werden könnten, fehlen.
    Im Übrigen ist nicht offenbart, dass ein Substrat schon im flüssigen/zähflüssigen Zustand vorliegen könnte. Insoweit ist entgegen der auch nicht näher erläuterten Ansicht der Klägerin nicht ersichtlich, wie auf einen flüssigen Gegenstand etwas aufgetragen werden soll, sodass es bei zwei abgrenzbaren Schichten verbleibt. Dies ist nämlich gerade das, was das Klagepatent beabsichtigt, da andernfalls das Zusammenspiel des Dekorgrunds und der Dekorveredelung zur Vermeidung der Metamerie nicht gelingt.
    Nichts anderes ergibt sich aus Z. 12 ff. von Absatz [0051], welcher von einem „gefertigten Vorprodukt“ spricht, aus dem die Klägerin das Ausreichen eines nicht abgeschlossenen Produktionsvorgangs eines Substrats ableiten will. Denn der Kontext dieses Satzes bezieht sich schon nicht auf die Gewinnung eines Substrats, sondern wie die Klägerin selbst ausführt auf den Verfahrensschritt b), der das Aufbringen einer Universal-Fondschicht auf das Substrat vorsieht. Lediglich in diesem Kontext und zwar nach Durchführung der Bearbeitung des Substrats mit der Fondschicht liegt ein Vorprodukt vor. Dies bezieht sich also auf die noch folgenden Verfahrensschritte nach der erfindungsgemäßen Lehre.
    Auch unter Berücksichtigung eines technisch-funktionalen Verständnisses gibt es für einen Fachmann keine Möglichkeit, die beiden Verfahrensschritte miteinander zu kombinieren. Denn vor dem Hintergrund der Aufgabe der erfindungsgemäßen Lehre dient der Dekorgrund dazu, fertigungsbedingte Unregelmäßigkeiten des Substrats auszubessern (vgl. Abs. [0011]). Diese Wirkung des Dekorgrundes würde völlig entfallen, wenn er in demselben Fertigungsschritt oder zumindest zeitlich einheitlich aufgebracht würde. Diese gewünschte Wirkung bedingt vielmehr, dass zunächst ein fertiges Substrat erhalten worden sein muss, welches auf etwaige Mängel untersucht wird, die sodann in einem weiteren separaten Schritt behoben werden können.
    Die Trennung der Verfahrensschritte wird weiterhin durch den Anspruchswortlaut und die entsprechenden Beschreibungspassagen in den Merkmalen 1.2 und 1.3 bekräftigt. Denn die unmittelbar folgenden Merkmale 1.2., 1.3. sprechen von dem „Auftragen“ eines Dekorgrundes, wobei Merkmal 1.3 die Ergänzung „im Digitaldruckverfahren“, also digital angesteuerte Druckverfahren, enthält.
    Seinem philologischen Verständnis nach besagt „auftragen“ bereits, dass etwas auf etwas anderes gestrichen wird. Es bedarf damit einer Grundlage, die mit einer Substanz versehen wird. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Grundlage bereits die Beschaffenheit aufweisen muss, die für die weitere Verarbeitung erforderlich ist. So benutzt das Klagepatent diesen Begriff einheitlich im Anspruch und in der Beschreibung.
    Das Klagepatent gibt nicht zu erkennen, dass es von dem allgemeinen Begriffsverständnis abweichen will. Es kommt insofern nicht darauf an, ob auftragen auch ein „aufdrucken“ meint. Wenngleich der Kontext für diese Bedeutung spricht, und auch so von der Klägerin in der Klageschrift vertreten worden ist, ist ein derart enges Verständnis nicht notwendig. Aufdrucken dürfte vielmehr eine Möglichkeit sein, eine Substanz auf eine andere aufzutragen.
    Ein anderes Begriffsverständnis für „auftragen“ folgt auch nicht daraus, dass dem Fachmann nach der Ansicht der Klägerin und unter Verweis auf die Auszüge der Fachliteratur (Anlagen K27, K28) aus dem Zusammenhang mit Extrusionen im Stand der Technik bekannt sein könnte, dass dort „aufbringen, austragen“ gleichbedeutend mit „auftragen“ sein können. Denn das hier maßgebliche Verfahren betrifft nicht die Extrusion als solche, sondern das Herstellen eines Profilkörpers, vorwiegend in einem Druckverfahren. Es ist daher nicht angezeigt, ein etwaiges Begriffsverständnis aus einem anderen Kontext zu übertragen, nur weil ein erster vorbereitender Schritt für das hier streitgegenständliche Herstellungsverfahren ein Extrusionsverfahren sein kann, wobei insoweit dahingestellt bleiben kann, ob die zitierten Fundstellen der Fachliteratur tatsächlich diesen Bedeutungsgehalt offenbaren, was die Beklagte in Abrede stellt.
    Selbst wenn das Auftragen des Dekorgrundes im Extrusionsverfahren grundsätzlich möglich und auch die Farbanforderungen an den Dekorgrund über dieses Verfahren hinreichend steuerbar wären, müsste zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die eigentliche Herstellung des Substrats bereits abgeschlossen sein. Dies gilt auch unbeschadet der Tatsache, dass die beiden Ströme zunächst getrennt geführt werden, denn dem Fachmann ist bekannt, dass sie noch mit Austritt aus der Düse formbar sind, da erst unmittelbar zuvor die Verschmelzung stattgefunden hat und der austretende Kunststoffstrang mithin noch warm ist. Die Herstellung des Substrats wäre also noch nicht abgeschlossen ist.
    Sofern die Beklagtenseite als Anlage B11 einen vorläufigen Prüfbericht zur Patentierbarkeit eines Verfahrens, in dem Koextrusion zur Dekorgrundherstellung angewendet wird, vorgelegt hat, ist dieser nicht zur Auslegung unmittelbar heranzuziehen, da es sich nicht um originäres Auslegungsmaterial handelt. Gleichwohl lassen auch diese fachkundigen Äußerungen erkennen, dass das Auftragen eines Dekorgrundes von dessen Herstellen im Extrusionsverfahren zu unterscheiden ist.
  40. b.
    Nach Merkmal 3 weist der Dekorgrund einen Farbaufbau aus einem gegenüber der Dekorveredelung erweiterten Farbraum auf.
  41. aa.
    Soweit in Merkmal 3 ein Farbaufbau genannt wird, sind darunter die konkret auf dem Dekorgrund zum Einsatz kommenden Farben bzw. die eingesetzten Pigmente zu begreifen. Die Parteien sind sich hinsichtlich dieses Begriffsverständnisses weitgehend einig. Gegenteilige Anhaltspunkte beinhaltet das Klagepatent nicht.
  42. bb.
    Mit Farbraum bezeichnet das Klagepatent eine Gesamtheit von Farben, die durch das konkret zum Einsatz kommende Farbauftragungsverfahren zur Verfügung gestellt bzw. bedingt wird. Maßgeblich sind daher die aufgrund der Auswahl des Druckverfahrens möglichen darstellbaren Farben, denn der Farbraum wird durch diese Farben gebildet.
    Der gleichfalls in der Klagepatentschrift benutzte Begriff der „Skalenfarben“ ist im Sinne eines Oberbegriffs zu verstehen und meint einzelne, zu einem Farbraum zusammengefasste Primärfarben, wie sie beispielsweise im CMYK-Prinzip enthalten sind (Abs. [0014]).
    Der Fachmann erkennt anhand der allgemeinen Beschreibungsabsätze, dass das Klagepatent mit „Farbraum“ auf ein abstraktes Prinzip abstellt. So heißt es beispielsweise in Abs. [0007] „CMYK-Farbraum“. Insoweit ist dem Fachmann bewusst, dass mit CMYK eines von mehreren Farbmodellen in der Farbenlehre adressiert ist, in das Farben eingeteilt werden können. Ein Farbraum wird immer aus denjenigen Farben gebildet, die in den bekannten Farbmodellen zusammengefasst werden, unabhängig davon, auf welchen Untergrund die Farben des Modells durch ein Druckverfahren treffen und unabhängig davon, welche Farben tatsächlich gedruckt werden. Denn ein Farbraum ist eine eindeutige farbmetrische Kodierung (spektrale Dimensionalität); insoweit ist nicht auf die tatsächlich konkret benutzten Farben abzustellen (vgl. Anlage K20). Ein Farbmodell weist entsprechend einen dreidimensionalen Aufbau (Farbraum) auf und teilt jeder Farbe einen bestimmten, anhand von Koordinaten festgelegten Ort (Farbort) zu (vgl. Anlage K20).
    Die praktische Verwendung bestimmter Farben hängt demgegenüber unmittelbar mit dem benutzten Druckverfahren (Druckkopf) zusammen. Diese Verknüpfung des Druckverfahrens mit dem Farbmodell entnimmt der Fachmann dem Klagepatent, weil dort gerade die Darstellungsschwierigkeiten eines breiten Farbraums im Digitaldruckverfahren erläutert werden und letztlich festgestellt werden muss, dass die Farbauswahl eines Digitaldruckverfahrens eingeschränkt ist (vgl. u.a. Abs. [0004]).
    Das Klagepatent gibt weder in seinem Anspruch 1 noch in seinen allgemeinen Beschreibungsabsätzen eine Beschränkung auf ein bestimmtes Farb-Prinzip vor. Dennoch entnimmt der Fachmann der allgemeinen Beschreibung, dass maßgeblich das CMYK-Prinzip herangezogen wird, welches den relevanten Farbraum vorgeben soll.
    So wird in Abs. [0004] ausdrücklich auf das CMYK-Prinzip abgestellt, nach welchem in der Regel der Farbaufbau der in digitalen Druckverfahren eingesetzten Systeme erfolgt. Zugleich kommt zum Ausdruck, dass dieses Farbprinzip nur über einen eingeschränkten Farbraum verfügt, und mittels Farbauswahl des Dekorgrundes der Farbraum denen der konventionellen Druckverfahren angeglichen werden soll (Abs. [0007]).
    Außerdem weiß der Fachmann, dass im Bereich des Digitaldrucks vorwiegend das CMYK-Prinzip zur Anwendung kommt. Es ergibt sich daher für den Fachmann aufgrund seines fachspezifischen Wissens, dieses Modell heranzuziehen. Da das Klagepatent in seinem Unteranspruch 6 ausdrücklich auf den CMYK-Farbraum abstellt und dies derjenige ist, den die Beklagte in ihrem Verfahren unstreitig anwendet, genügt es, dass jedenfalls dieser erfindungsgemäß ist. Deshalb kann dahinstehen, ob das Klagepatent als solches so zu verstehen ist, dass auch andere Farb-Modelle angewendet werden können. Keine der Parteien benennt weitere Modelle namentlich.
    Dadurch, dass das Klagepatent konstant die für die Farbenlehre typischen Begrifflichkeiten (Farbmodell, Prinzip etc.) verwendet, kommt zum Ausdruck, dass der Farbraum abstrakt, also nur anhand des Farbmodells und losgelöst von den tatsächlich in einem Druckverfahren eingesetzten Farben zu bestimmen ist.
    Das CMYK-Prinzip zählt zu den gängigen Farbmodellen, die technisch-physikalisch arbeiten und den Farbreiz aus realen oder idealisierten farbgebenden Stoffen erzeugen; daneben kennt der Fachmann das ebenfalls gängige RGB-Prinzip.
    Das CMYK-Prinzip beinhaltet die Farben cyan, magenta, yellow und black und ist eine subtraktive Farbmischung, bei der die Druckfarben nicht von selbst leuchten, sondern durch die Reflektion äußerlich einwirkenden Lichts der Farbeindruck der Oberfläche wiedergegeben wird. Komplementäre Lichtpunkte des einfallenden Lichts werden absorbiert. Das RGB-Prinzip besteht aus den Farben rot, grün und blau und wird für selbstleuchtende Systeme benutzt, die der additiven Farbmischung unterliegen.
    Mithilfe des CIE-Farbmodells (CIE = Internationale Beleuchtungskommission) werden die Farbräume folgend aus verschiedenen Farbmodellen gemeinsam grafisch darstellt; so auch das CMYK- und RGB-Modell (Anlage K21).
    Unzweifelhaft hat der Untergrund, auf welchen die Farben aufgetragen werden, unmittelbaren Einfluss darauf, wie die Farben wirken; zumal ein Untergrund überhaupt notwendig ist, dass es andernfalls keine Grundlage für den Farbauftrag gäbe. Dies wird vor allem bei der Erzeugung von Mischfarben deutlich, weil solche nur durch Auftragen mehrerer Schichten auf demselben Grund erzeugt werden können. Es besteht keine Möglichkeit, die Mischung vor dem Auftragen vorzunehmen, etwa durch die Installation einer entsprechenden Farbpatrone (Toner).
    Aus dem denknotwendigen Erfordernis eines Untergrundes folgt aber nicht, dass der Untergrund selbst, auch wenn die meist benutzten Untergründe weiß sind, in die Ermittlung des relevanten Farbraums einzubeziehen ist. Vielmehr ist nur entscheidend (auch eher im Rahmen der Verletzungsprüfung), ob die für den Untergrund verwendete Farbe für sich genommen Teil des Farbraums der Dekorveredelung ist.
    Die konkrete Einbeziehung des Untergrundes in den Farbraum würde jegliches Konzept zum Farbraum und den Farbmodellen unterlaufen. Denn ein Farbraum wird abstrakt festgelegt, ohne die vielzähligen unterschiedlich beschaffenen Untergründe in die Betrachtung einzustellen. Jedenfalls fehlen Hinweise, dass die Farbmodelle sich an einem bestimmt gefärbten Untergrund (weiß) orientieren und ihre Aussagen gerade dafür treffen. Dies würde die Abstraktheit der Modelle konterkarieren. Die Beklagte stellt im Übrigen bei der Herleitung, dass weiß in den Farbraum fällt, auf 3D-Modelle ab, die keinerlei Untergrund erkennen lassen, der zwingend in die Betrachtung einzustellen wäre. Unbeschadet dessen ist es offenkundig, dass die Beschaffenheit des Untergrunds unmittelbare Auswirkungen auf das reflektierte Licht hat, was sich jedoch im Rahmen der Auslegung nicht niederschlägt.
    Für die Beurteilung, ob eine Farbe Gegenstand eines Farbraums ist, kommt es nicht darauf an, ob sie eigens in einem Farbmodell Niederschlag gefunden hat, was – wie dem Fachmann bekannt ist –, nicht der Fall ist. Denn die Farbmodelle gehen von Primärfarben aus, im Falle des CMYK-Modells 4, welche den Farbraum bilden, der neben den eigentlichen Primärfarben jegliche Abweichungen und Schattierungen (heller, dunkler, unterschiedlich gesättigt) beinhaltet.
    Dass also in dem Modell „CMYK“ als solches weiß nicht ausdrücklich aufgezählt wird, besagt zunächst nichts über dessen Zugehörigkeit zum Farbraum. Maßgeblich für die Frage, ob weiß eine Farbe aus einem gegenüber dem CMYK-Modell erweiterten Farbraum ist, ist der hinter diesem Modell stehende bzw. aus ihm resultierende Farbraum.
    Dieser beinhaltet auch weiß. Denn in den Normfarbtafeln, in denen auch das CMYK-Modell dargestellt wird, ist ein Weißpunkt enthalten; ein sogenannter unbunter Punkt (vgl. Anlage K10, B4). Es handelt sich um die Farbe, die bei der verwendeten Lichtquelle (Tageslicht D65) von der unbedruckten Oberfläche reflektiert wird; mithin eine Farbe ohne Primärfarbauftrag. Der gesamte zu einem Farbmodell gehörende Farbraum wird durch die Dreiecksform beschrieben. Das Vorhandensein eines Weißpunktes wird auch vom klägerseits beauftragten Sachverständigen bestätigt, indem er in seinem Gutachten einen Farbraum, beinhaltend den CMYK-Farbraum, darstellt und auf einen Weißpunkt verweist.
    Inhaltliche Beanstandungen des Beklagtenvorbringens durch die Klägerin zur Herleitung des Weißpunktes sind unterblieben.
    Einziger Anhaltspunkt, der gegen die Einbeziehung von Weiß zum Farbraum und für ein eigenes Verständnis des Klagepatents für den Begriff des Farbraums sprechen könnte, ist das bevorzugte Ausführungsbeispiel aus Abs. [0023] der Klagepatentschrift. Darin wird es als nützlich beschrieben, wenn zumindest eine Fondschicht in einem hellen Farbton, vorzugsweise weiß, eingefärbt ist. Diese Ausführung wäre nicht mehr erfindungsgemäß, wenn das Klagepatent als einzig relevantes Farbmodell auf das CMYK-Modell abstellen würde, wie es der Unteranspruch 5 explizit tut, und weiß in dessen Farbraum einbezogen wird.
    Allerdings ist das Ausführungsbeispiel zum einen vor dem Hintergrund zu lesen, dass nach dem Klagepatent nicht nur die Färbung einer Schicht in einem hellen Farbton, vorzugsweise weiß, sondern auch die Färbung beider Schichten in weiß möglich ist. Es heißt ausdrücklich, „zumindest“ eine Fondschicht, was mangels anderslautender Hinweise bedeutet, dass auch beide Schichten eine Weiß-Färbung aufweisen können; mithin also der gesamte Dekorgrund weiß ausgestaltet sein kann. Dies führt für die Anwendung eines Druckverfahrens nach dem CMYK-Modell nicht zwangsläufig aus der Erfindung, denn dieses muss nicht zwangsläufig mit der Ausgestaltung weißer Fondschichten zusammentreffen. Der Fachmann dürfte indes erkennen, wie ein Verfahren nach der erfindungsgemäßen Lehre auszugestalten ist, dass es nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents herausfällt. Im Übrigen ist auch nicht ausgeschlossen, dass es Farbsysteme gibt, zu deren Farbraum weiß nicht gehört und die bevorzugte Ausgestaltungsform somit ihren Anwendungsbereich behält. Das Klagepatent nimmt nämlich keine Beschränkung auf ein Farbkonzept vor.
    Der Dekorgrund als zu bearbeitendes Substrat zählt dabei niemals selbst zum Farbraum. Es kann nur darauf ankommen, ob die Farbe, die er aufweist, im Farbraum, der bei der Dekorveredelung zum Einsatz kam, liegt. Bei einem anderen Verständnis könnte nie ein gegenüber der Dekorveredelung erweiterter Farbraum vorliegen. In diesem Zusammenhang ist ebenso wenig entscheidend, ob der Dekorgrund ein- oder mehrschichtig aufgebaut ist und welche Farben die einzelnen Schichten haben. Es ist regelmäßig der Fall, dass der Dekorgrund in seinen Schichten eine bestimmte Färbung aufweist. Gerade diese Farben sind zu betrachten, um zu beurteilen, ob sie zu dem bereitgestellten Farbraum gehören bzw. nicht gehören, also eine Erweiterung vorliegt. Für die Frage des Farbraums jedenfalls kommt es auf die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Dekorgrundes nicht an.
    Sofern die Klägerseite andeutet, dass das Klagepatent sein eigenes Lexikon sei und demnach Begrifflichkeiten mitunter anders zu verstehen sein können als nach ihrem allgemeinen Begriffsverständnis, ist dies für die Begriffe „Farbraum“ und „CMYK-Modell“ nicht zu erkennen.
    Auch ohne dass der Begriff des Farbraums darüber hinaus näher erläutert wird, müssen die auf Seiten des Dekorgrundes und auf Seiten der Dekorveredelung benutzten Farben derart in Verbindung stehen, dass der Farbraum des Dekorgrundes erweitert ist, also zumindest eine Farbe mehr als der für die Dekorveredelung herangezogene Farbraum aufweist.
  43. II.
    Das vorstehende Verständnis zugrundelegend macht die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen 1.1 sowie 1.2 und Merkmal 3 keinen Gebrauch, so dass es auf die zwischen den Parteien weiterhin umstrittene Frage der Verwirklichung des Merkmal 4 nicht ankommt.
    1.
    Die Merkmale 1.1 und 1.2 sind weder wortsinngemäß noch äquivalent verwirklicht.
    a.
    Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass die Beklagte ein Herstellungsverfahren für Profilkörper verwendet, bei welchem der Dekorgrund auf ein seinem Herstellungsprozess nach fertiges Substrat aufgetragen wird. Darlegungs- und beweisbelastet für die Verwirklichung der einzelnen Anspruchsmerkmale ist folgend den allgemeinen zivilprozessualen Regeln die Klägerin als Anspruchsinhaberin. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte von der Beklagten angewendet werden. Während die Klägerin in der Klageschrift das Verfahren, mittels dessen der Dekorgrund aufgetragen worden sei, überhaupt nicht näher erläutert, sondern nur feststellt, dass die angegriffene Ausführungsform einen Dekorgrund aufweise, unterstellt sie in ihrer Replik zur Herleitung der Verletzung die seitens der Beklagten behauptete Coextrusion. Zugleich erklärt sich die Klägerin dahingehend aber mit Nichtwissen. Eigenen Vortrag, der das angegriffene Verfahren näher beschreibt, fehlt. Vielmehr erklärt die Klägerin nur, dass es ihr nicht möglich sei, nachträglich eine Coextrusion festzustellen, da ebenso ein Fall einer Nachextrusion gegeben sein könnte.
    Das Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen hinsichtlich des Ablaufs der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verfängt nicht.
  44. Gem. § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen immer nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Angesichts des Verfahrens als solches mag dies zwar so sein. Die Klägerin kann sich indes nicht auf eine solche Erklärung mit Nichtwissen zurückziehen, um fehlenden tatsächlichen Vortrag zu kompensieren. Darauf würde es vorliegend bei Zulassen dieser Erklärung hinauslaufen, weil die Klägerin keine Tatsachen für den Verfahrensablauf dartut, sondern auf diese Weise der Beklagten die Darlegungslast aufbürden würde. Dabei obliegt es immer der Klägerseite ihrer Behauptungen zu untermauern.
    Sofern vor der Anstrengung eines gerichtlichen Klageverfahrens Probleme bei der Begründung sämtlicher Anspruchsmerkmale bestehen, könnten diese durch probate prozessuale Mittel ausgeräumt werden, um einem späteren Verlustrisiko wegen nur unzureichend fundierten Vortrags zu entgehen. Daher sind in der ZPO Vorgehensweisen wie das selbständige Beweisverfahren vorgesehen, welches auch in Gestalt des Besichtigungsverfahrens modifiziert im Patentrecht zur Anwendung kommt. Gründe, weshalb eine solche Vorgehensweise hier von vornherein hätte erfolglos verlaufen sollen, sind jedenfalls nicht ersichtlich. Ohne die Ausschöpfung solcher Möglichkeiten muss sich der jeweilige Anspruchsinhaber unzureichenden Vortrag entgegenhalten lassen.
  45. Die Beklagte hat dagegen auf erhebliche Weise vorgetragen, dass sie zur Herstellung des Substrats ein Coextrusionsverfahren mit Feedblock anwendet. Es gibt demnach zwei Schmelzströme, einen braun- und einen weißfarbigen, die vor Eintritt in die Düse miteinander verschmolzen werden, erst danach erfolgt die Formgebung hin zu einem Substrat und der Abschluss des Verfahrens. Bis unmittelbar vor Eintritt der Stränge in die Düse liegen lediglich formlose (zähflüssige) Flüssigkeiten vor.
    Bei Richtigunterstellung dieses Vortrags liegt kein Bereitstellen eines Substrats und Auftragen einer Schicht auf eine andere nach der erfindungsgemäßen Lehre vor. Der eigentliche Herstellungsprozess des Substrats ist nicht von dessen Zusammenbringen mit einem weiteren Stoff zu unterscheiden. So kann von einem fertigen Produkt/Substrat nach dem Verfahren der Beklagten erst dann gesprochen werden, nachdem der nunmehr zusammengeführte Schmelzstrom die Düse verlassen hat. Sodann setzt sich das Verfahren aber nicht so fort, dass ein Dekorgrund aufgetragen wird.
    Auch eine Vertauschung in der Reihenfolge der Merkmale führt nicht zu einer Verletzung der Merkmale 1.1. bzw. 1.2. Denn wie vorstehend im Rahmen der Auslegung dargestellt, kann die Reihenfolge nicht vertauscht werden.
    Allenfalls bei Annahme einer Nachextrusion könnte die Einhaltung der erfindungsgemäßen Verfahrensschritte vorliegen. Es fehlt allerdings hinreichender Tatsachenvortrag, der die Anwendung einer Nachextrusion, dass also der Dekorgrund auf ein extrudiertes Substrat aufextrudiert wurde, belegt.
  46. b.
    Auch eine äquivalente Benutzung der Merkmale 1.1 und 1.2 kann nicht festgestellt werden.
    Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fachmann auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 1988, 896 – Ionenanalyse; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH, GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGH, GRUR 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH, GRUR 1993, 886, 889 – Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, dass sie (1.) das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu BGH, GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 519 –Schneidmesser II, Rn. 35, juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. A., Rn. 120 ff.).
    Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. So kann das Vorliegen einer Gleichwirkung nicht festgestellt werden.
    Im Zusammenhang mit Verfahrenspatenten, wie streitgegenständlich, ist ein Ersatzmittel nur dann gleichwirkend, wenn bei dem angegriffenen Verfahren darüber hinaus auch von dem für die unter Schutz gestellte Lehre maßgebenden technischen Gedanken Gebrauch gemacht wird (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. A, Rn. 123 f.). Gleichwirkung liegt dann nicht vor, wenn das Merkmal und seine Wirkung in der angegriffenen Ausführungsform überhaupt nicht verwirklicht sind, sondern vielmehr ersatzlos gestrichen sind (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. A., Rn. 144).
    Das ist hier der Fall. Auf das Merkmal 1.1 wird bei Anwendung eines Coextrusionsverfahrens zur Bereitstellung eines Substrats gänzlich verzichtet. Unabhängig davon, ob die Funktion des Dekorgrundes, fertigungsbedingte Unebenheiten zu beseitigen, vgl. Abs. [0011], nur als bevorzugtes Ausführungsbeispiel und nicht als Teil des technischen Problems zu würdigen ist, liegt nämlich bei einem Vergleich der angegriffenen Ausführungsform und dem angewandten Herstellungsverfahren mit der Lehre nach dem Klagepatent nur dasselbe Verfahrensergebnis vor, ohne dass notwendigerweise die erfindungsgemäßen Schritte eingehalten wurden. Dabei kommt es dem Klagepatent aber gerade darauf an, die beanspruchten Verfahrensschritte in der vorgegebenen Reihenfolge auszuführen.
    Die Zusammenfassung der Verfahrensschritten nach den Merkmalen 1.1 und 1.2 weist auch deshalb nicht die gleiche technische Wirkung auf, weil die im Klagepatent vorgesehene Möglichkeit, die Verfahrensschritte aus den Merkmalen 1.2 und 1.3 miteinander zu tauschen, ersatzlos aufgegeben würde.
  47. 2.
    Auch das Anspruchsmerkmal 3 ist nicht verletzt.
    Hinsichtlich dieses Merkmals bestehen im Hinblick auf die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform keine Differenzen zwischen den Parteien. So liegt unstreitig ein Substrat vor, welches als Dekorgrund eine weiße Oberfläche aufweist, die aus Polypropylen besteht.
    Selbst einen aufgetragenen Dekorgrund im Sinne des Merkmals 1.2, unterstellt, macht die angegriffene Ausführungsform jedoch keinen Gebrauch von Merkmal 3, weil „weiß“ zum maßgeblichen Farbraum gehört.
    Zur Bestimmung des für die angegriffene Ausführungsform relevanten Farbraums ist hier das CMYK-Modell heranzuziehen, weil dies nach unbestrittenem eigenem Vortrag der Beklagten ihrem Digitaldruckverfahren für die Dekorveredelung zugrunde liegt und darin „weiß“ als Farbpunkt enthalten ist.
    Für die Entscheidung nicht maßgeblich ist, ob die Beklagte die zur Durchführung des streitgegenständlichen Verfahrens eingesetzten Maschinen derart ausrüsten kann, dass im Digitaldruckverfahren tatsächlich weiß als Farbe darstellbar ist und für diese Option sogar ein Druckkopf frei bzw. bereitgehalten werde. Denn wie in der Auslegung gezeigt, kommt es auf den potenziell zur Verfügung stehenden Farbraum, gebildet durch die im Druckverfahren einsetzbaren Farben, an, nicht darauf, welche Farben tatsächlich gedruckt werden können.
  48. III.
    Mangels Verletzung des Klagepatents bestehen die geltend gemachten Ansprüche zugunsten der Klägerin nicht.
  49. B.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
  50. Streitwert: X,- EUR

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