I-2 U 66/18 – Wärmetauscher-Reinigung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2957

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 09. Mai 2019, Az. I-2 U 66/18

Vorinstanz: 4c O 7/18

  1. I.
    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.09.2018 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben, soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
  2. II.
    Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens sowie der durch die zweitinstanzliche Nebenintervention verursachten Kosten bleibt dem Landgericht vorbehalten. Gerichtsgebühren für die Berufungsinstanz sowie gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, werden nicht erhoben.
  3. III.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. IV.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
  5. V.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 450.000,00 EUR
    festgesetzt.
  6. Gründe
  7. I.
    Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 2 XXA (Klagepatent; Anlage VP 1). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch.
  8. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 20.12.2004 unter
    Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 19.12.2003 eingereicht und am 02.11.2011 im Patentblatt veröffentlicht. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung im Patentblatt erfolgte am 19.12.2014. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer
    DE 50 XXB geführt.
  9. Ursprüngliche Inhaberin des Klagepatents war die C B.V. Diese übertrug das Klagepatent unter Abtretung sämtlicher Ansprüche mit Vertrag vom 30.10.2015 auf die D B.V., die seit dem 04.05.2017 als neue Patentinhaberin im Register eingetragen ist. Die D B.V. erteilte der Klägerin mit Lizenzvertrag vom 01.08.2015 eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent. Unter dem 16.01.2018 trat die D B.V. der Klägerin außerdem alle ihr gegen jedwede Dritte zustehenden Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents ab (Anlage VP 5). Ebenso trat die C B.V. der Klägerin alle ihr gegen jedwede Dritte gegebenenfalls noch zustehenden Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents ab (Anlage VP 6).
  10. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung von
    Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern. Die im vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin geltend gemachten Patentansprüche 1 und 4 des Klagepatents lauten wie folgt:
  11. „1. Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern,
    Abhitzekesseln oder Brennkammern, wobei die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen, von einem Kühlmedium durchströmt, zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht, die Sprengung ausgelöst wird, und das Rohr bei der Sprengung zerstört wird.“
  12. „4. Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern,
    Abhitzekesseln oder Brennkammern, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung ein Rohr umfasst, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und von einem Kühlmedium durchströmt werden kann.“
  13. Die nachfolgend wiedergegebene Figur 4 der Klagepatentschrift erläutert die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.
  14. Einen von dritter Seite gegen die Erteilung des Klagepatents eingelegten Einspruch hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes durch Entscheidung vom 15.09.2016 (Anlage VP 7) zurückgewiesen. Hiergegen hat die Einsprechende
    Beschwerde eingelegt. Dem Beschwerdeverfahren ist die Beklagte zu 1. mit Schriftsatz vom 23.04.2018 und die Beklagte zu 2. mit Schriftsatz vom 21.09.2018 beigetreten. Mit Schriftsatz vom 04.04.2019 hat die Einsprechende ihre Beschwerde zurückgenommen.
  15. Die Beklagte zu 1., die zur „E“-Unternehmensgruppe gehört, bot Sprengungsreinigungen für Fossil befeuerte Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen, Industrieöfen, Hüttenwerke etc. an (vgl. Anlage VP 10). In ihrer Werbung gab sie an, dass bei dem Verfahren Sprengungen in heißen Massen bzw. in laufenden Produktionsprozessen durchgeführt werden, so dass in der Regel ein Abschalten der Anlagen nicht erforderlich ist. Ihren Geschäftsbetrieb hat die Beklagte zu 1. Ende 2017 eingestellt.
  16. Die Beklagte zu 2., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 3. und 4. sind und die seit Dezember 2017 über eine Sprengerlaubnis für Industrieservice verfügt, führt die Tätigkeiten der Beklagten zu 1. fort. Sie führt Sprengreinigungen durch, wobei sie die hierzu eingesetzten Vorrichtungen zum Reinigen von Industrieanlagen selbst herstellt. Auf ihrer Internetseite (Anlage VP 15) stellt sie heraus, dass die Sprengreinigungen bei laufenden Produktionsprozessen und bei Temperaturen von bis zu 1600° C durchgeführt werden können.
  17. Der Geschäftsführer der Klägerin F beobachtete am 11.02.2016 eine von der Beklagten zu 1. in der Müllverbrennungsanlage der G GmbH & Co. KG im laufenden Betrieb durchgeführte Sprengreinigung. Dabei wurden dünne, längliche Rohre verwendet, durch welche eine Sprengschnur geführt wurde. Das Rohr hielt einer Sprengung der Sprengschnur nicht stand und wurde völlig zerstört.
  18. Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst nur die Beklagte zu 1. wegen Verletzung des Klagepatents in Anspruch genommen. Ihre Klage hat sie sodann auf die Beklagten zu 2. bis 4. erweitert. Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht:
  19. Die Beklagten verletzten das Klagepatent. Die Beklagte zu 1. habe sowohl von der Lehre des Patentanspruchs 1 (Verfahrensanspruch) als auch von der Lehre des Patentanspruchs 4 (Vorrichtungsanspruch) Gebrauch gemacht. Dies belegten von den Arbeiten der Beklagten zu 1. in der Müllverbrennungsanlage Krefeld gefertigte Fotos. Da die Beklagte zu 2. den Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1. übernommen habe und die Sprengarbeiten fortführe, mache auch sie von der Lehre des Klagepatents Gebrauch.
  20. Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Einspruchsverfahren gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht:
  21. Eine Benutzung des Klagepatents sei anhand der von der Klägerin vorgelegten Bilder nicht zu erkennen. Im Übrigen könnten sie sich auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen, welches bei ihrer Streithelferin zu 1. (H E GmbH & Co. KG) entstanden sei. Zunächst habe die Beklagte zu 1. das operative Geschäft der Streithelferin zu 1. weitergeführt. Es habe zwischen den beiden Unternehmen ein Betriebspachtvertrag bestanden. Dieser Betriebspachtvertrag habe die Kunden und Kundenbeziehungen sowie sämtliche Assets wie Geräte, Einrichtungen und Gebäude sowie Know-how umfasst. Im Zuge der Übernahme durch „I“ seien sämtliche Assets der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., die den kompletten Bereich der Sprengreinigung übernommen habe, übergegangen. Die Beklagte zu 2. habe die Sprengerlaubnis Ende 2017 erhalten und ab Januar 2018 das operative Geschäft der Beklagten zu 1. übernommen. Die Streithelferin zu 1. habe seit dem Jahre 2000 Sprengarbeiten im RWE Kraftwerk in J durchgeführt; seit Januar 2002 seien dort Sprengschnüre zum Einsatz gekommen. Am 21.07.2003 habe die Streithelferin zu 1. im Kraftwerk J eine Sprengreinigung an einer Kesselanlage durchgeführt, bei der eine weiterentwickelte Sprenglanze mit schwenkbarem Sprengkopf zum Einsatz gekommen sei. Hierüber sei von einem RWE-Mitarbeiter eine Aktennotiz gefertigt worden (Anlage S&B 3). Die bei dem Test in J zum Einsatz gekommene Vorrichtung sei in einer am 09.01.2004 erstellten technischen Zeichnung (Anlage S&B 4) niedergelegt. Bereits zuvor habe die Streithelferin zu 1. Sprengungen in gekühlten Rohren und mithilfe einer Vorrichtung mit einem flexiblen Winkelstück gemäß der als Anlage S&B 1 vorgelegten Prinzipskizze durchgeführt. Diese Prinzipskizze zeige den Aufbau einer wassergekühlten Sprengschnurvorrichtung, wie sie bei der Streithelferin zu 1. in den Jahren 2002 und 2003 regelmäßig zum Einsatz gekommen sei. Bereits seit 2002 habe die Streithelferin zu 1. gekühlte Sprengrohre in der TRV-Anlage zur Reinigung der Züge bei hohen Temperaturen verwandt. Es seien Sprengschnüre des Typs T 190, Supercord 20, 40 und 100 eingesetzt worden.
  22. Durch Urteil vom 18.09.2018 hat das Landgericht der Klage im Wesentlichen entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
  23. „I. Die Beklagten werden verurteilt,
  24. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
  25. Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
  26. in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden und/oder zur Anwendung anzubieten
  27. wobei die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen, von einem Kühlmedium durchströmt, zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht, die Sprengung ausgelöst wird, und das Rohr bei der Sprengung zerstört wird;
  28. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer und durchsuchbarer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. Februar 2014 begangen haben, und zwar unter Angabe
  29. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der zur Anwendung des Verfahrens gemäß Ziffer 1. bestimmten Vorrichtungen,
  30. wobei
  31. – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    – von den Beklagten zu 2) bis 4) die Angaben insgesamt nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 zu machen sind;
  32. 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer und durchsuchbarer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 2. Dezember 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe:
  33. a) des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend Ziffer 1., insbesondere der Anzahl getätigter Sprengreinigungen und der aufgrund der Sprengreinigungen von Dritten erhaltenen Beträge,
    b) der einzelnen Angebote zur Durchführung des Verfahrens entsprechend Ziffer 1.,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, insbesondere der Betriebskosten des Verfahrens und ggfs. an Dritte gezahlte Lizenzgebühren und des erzielten Gewinns,
  34. wobei
  35. – von der Beklagten zu 1) die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 19. März 2014 zu machen sind;
    – von den Beklagten zu 2) bis 4) die Angaben insgesamt nur für die Zeit seit dem
    21. August 2017 zu machen sind;
    – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten und in des Bundesrepublik Deutschland ansässigen und vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
  36. 4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,
  37. a) der Klägerin für die zu Ziffer 1. bezeichneten, in der Zeit vom 2. Dezember 2011 bis zum 18. März 2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung, die zugunsten der C B.V. entstanden sind, zu zahlen;
    b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C B.V. durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, vom 19. März 2014 bis zum 29. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist;
    c) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder der D B.V. durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 30. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
  38. – wobei von Seiten der Beklagten zu 2) bis 4) eine Verpflichtung nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 besteht.
  39. II. Die Beklagten werden verurteilt,
  40. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
  41. Vorrichtungen zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
  42. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  43. die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorrichtungen ein Rohr umfassen, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und von einem Kühlmedium durchströmt werden kann;
  44. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer und durchsuchbarer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. Februar 2014 begangen haben, und zwar unter Angabe
  45. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
  46. wobei
  47. – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    – von den Beklagten zu 2) bis 4) die Angaben insgesamt nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 zu machen sind;
  48. 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronischer und durchsuchbarer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 2. Dezember 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe:
  49. a) der Herstellungsmengen und -zeiten
    b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
    e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  50. wobei
  51. – von den Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 19. März 2014 zu machen sind;
    – von den Beklagten zu 2) bis 4) die Angaben insgesamt nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 zu machen sind;
    – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten und in des Bundesrepublik Deutschland ansässigen und vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
  52. 4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,
  53. a) der Klägerin für die zu Ziffer 1. bezeichneten, in der Zeit vom 2. Dezember 2011 bis zum 18. März 2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung, die zugunsten der C B.V. entstanden sind, zu zahlen;
    b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C B.V. durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, vom 19. März 2014 bis zum 29. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist;
    c) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder der D B.V. durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 30. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
  54. – wobei seitens der Beklagten zu 2) bis 4) eine Verpflichtung nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 besteht;
  55. 5. Die Beklagte zu 1) und 2) werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
  56. 6. Die Beklagten werden verurteilt, die unter 1. bezeichneten, seit dem 19. März 2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. September 2018) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,
  57. wobei seitens der Beklagten zu 2) bis 4) eine Verpflichtung nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 besteht;
  58. 7. Die Beklagten werden verurteilt, die unter 1. bezeichneten, seit dem 19. März 2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, wobei insbesondere die folgenden Maßnahmen zu ergreifen sind:
  59. a) die Beklagten haben alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Standorte und die Besitzer über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu ermitteln;
    b) soweit die Beklagten selbst rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse inne haben, müssen die rechtlich zulässigen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden, damit diese Erzeugnisse in den unmittelbaren Besitz der Beklagten gelangen und dort verbleiben;
    c) soweit die Beklagten weder rechtliche noch tatsächliche Verfügungsgewalt über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse inne haben, müssen sie alle rechtlich zulässigen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Personen, die Ansprüche auf Herausgabe oder Vernichtung gegen die Inhaber der Verfügungsgewalt der Erzeugnisse inne haben, zur Geltendmachung dieser Ansprüche veranlassen und/oder diese Personen bei der Geltendmachung dieser Ansprüche zu unterstützen.
  60. – wobei seitens der Beklagten zu 2) bis 4) eine Verpflichtung nur für die Zeit seit dem 21. August 2017 besteht.
  61. III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
  62. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
  63. Der Klägerin, die aktivlegitimiert sei, stünden die zuerkannten Ansprüche gegen die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents zu. Die Klägerin habe schlüssig dargetan und durch Vorlage von Fotos deutlich gemacht, dass die Beklagte zu 1. im Rahmen der von ihr am 11.02.2016 in der Müllverbrennungsanlage in Krefeld durchgeführten Sprengreinigung eine patentgemäße Vorrichtung eingesetzt und das patentgemäße Verfahren angewandt habe. Die dargetane Benutzung des Klagepatents hätten die Beklagten nicht hinreichend bestritten. Da die Beklagte zu 2. unstreitig die vormals von der Beklagten zu 1. durchgeführten Tätigkeiten fortsetze, mache auch sie von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die Beklagten könnten sich nicht mit Erfolg auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Die Kammer könne jedenfalls mangels ausreichender Darlegung nicht feststellen, dass ein möglicher, bei der Streithelferin zu 1. entstandener Erfindungsbesitz auf die Beklagte zu 1. und im Anschluss hieran auf die Beklagte zu 2. übergegangen sei. Dazu hätte es näherer, insbesondere gesellschaftsrechtlicher Darlegungen zu den Übergängen des Betriebes bedurft.
  64. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der gegen sie gerichteten Klage erstreben. Die Streithelfer der Beklagten sind in zweiter Instanz dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
  65. Zur Begründung ihrer Berufung führen die Beklagten aus:
  66. Zu Unrecht habe das Landgericht ein privates Vorbenutzungsrecht verneint. Sie hätten in erster Instanz dargetan und unter Beweis gestellt, dass bei den von der Streithelferin zu 1. am 21.07.2003 im Kraftwerk J im laufenden Betrieb durchgeführten Sprengreinigungen eine weiterentwickelte Vorrichtung getestet worden sei. Das zum Einsatz gelangte Verfahren habe schon damals sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirklicht und die verwendete Vorrichtung habe sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 4 erfüllt. Das Verfahren an sich und die ursprüngliche Vorrichtung seien bereits früher bei Sprengreinigungen in heißen Massen von der Streithelferin zu 1. eingesetzt worden. Das bereits in erster Instanz dargetane Vorbenutzungsrecht sei in der Person der Streithelferin zu 1. entstanden und dann über verschiedene Schritte zunächst auf die Beklagte zu 1. und später auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Die Beklagte zu 1. sei zunächst als Nachunternehmerin für die Streithelferin zu 1. tätig geworden. Ab dem 01.06.2009 habe die Beklagte zu 1. aufgrund eines mit der Streithelferin zu 1. geschlossenen Betriebspachtvertrages die Sprengreinigungen als eigene Leistung ausgeführt, wohingegen die Streithelferin zu 1. keine eigenen Sprengreinigungen mehr durchgeführt habe. Der Betriebspachtvertrag habe zum 03.08.2017 aufgrund des Verkaufs des Betriebsteils „Sprengreinigung“, der mit weiteren Assets auf die Beklagte zu 2. übertragen worden sei, geendet. Im Zeitraum vom 03.08.2017 bis zum 31.12.2017 seien die Sprengreinigungen von der Beklagten zu 1. auf Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses der Gesellschafter der Beklagten zu 2. durchgeführt worden, mit welchem Beschluss der Betriebspachtvertrag übergangsweise bis zur Vollziehung des Verkaufs kostenneutral fortgeführt worden sei. Ab dem 01.01.2018, mit dem Erhalt der Sprengerlaubnis durch die Beklagte zu 2., sei die Sprengreinigung nur noch von dieser durchgeführt worden. Der Betriebsteil „Industrie- und Kesselreinigung“ gehöre heute der Beklagten zu 2. Diese habe den Betrieb, d.h. das operative Geschäft und die Arbeitnehmer, zum 01.01.2018 im Rahmen übernommen („Asset-Deal“). Gleichzeitig habe die Beklagte zu 1. das operative Geschäht eingestellt.
  67. In Bezug auf die behaupteten Verletzungshandlungen habe das Landgericht unzutreffende Feststellung getroffen. Sie – die Beklagten – hätten schon in erster Instanz dargelegt, dass die von ihnen für die Sprengreinigungen verwendeten Rohre keine seitlichen Löcher aufwiesen. Hinsichtlich des von ihnen geltend gemachten Vorbenutzungsrechts sei das Landgericht ebenfalls zu unzutreffenden Feststellungen gelangt. Es sei zudem zu der fehlerhaften Feststellung gelangt, dass sie (die Beklagten) das streitgegenständliche Verfahren und die streitgegenständliche Vorrichtung Dritten zur Anwendung anböten. Auch hätten sie schon in erster Instanz bestritten, die angegriffenen Vorrichtungen zu vertreiben. Des Weiteren habe das Landgericht in Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht schlicht ein Verschulden von ihnen unterstellen dürfen. Zu Unrecht habe das Landgericht der Klägerin ferner einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen zugesprochen, obgleich die angegriffenen Vorrichtungen vor Ort hergestellt würden, um dann im Zusammenhang mit dem Verfahren verwendeten zu werden, wodurch sie zerstört würden. Außerdem habe das Landgericht deutlich überspannte Anforderungen an ihren Parteivortrag gestellt und sei ihren Beweisangeboten nicht nachgegangen. Zum Übergang des Vorbenutzungsrechts hätten sie bereits in erster Instanz vorgetragen und ihr Vorbringen unter Beweis gestellt. Einen Hinweis, dass schriftliche Dokumente, die den jeweiligen Übergang auf die jeweilige Gesellschaft stützten, vorgelegt werden müssten, habe das Landgericht erst im Verhandlungstermin am 28.08.2018 erteilt, wobei sie – die Beklagten – in diesem Termin dargelegt hätten, dass ihnen eine Vorlage im Termin nicht möglich sei. Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht auch den Inhalt ihres nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatzes vom 14.09.2018 zur Kenntnis nehmen müssen. Die Ausführungen in diesem Schriftsatz hätte das Landgericht aber auch deswegen berücksichtigen müssen, weil sie – die Beklagten – im Verhandlungstermin einen Antrag auf Schriftsatznachlass gestellt hätten. Zumindest sei das Landgericht gehalten gewesen zu prüfen, ob das aus seiner Sicht verspätete Vorbringen aus diesem Schriftsatz gleichwohl gemäß § 296a ZPO berücksichtigt werden könne.
  68. Die Beklagten und ihre Streithelfer beantragen,
  69. 1. für den Fall, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung als nicht gegeben ansieht, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen;
  70. 2. für den Fall, dass das Berufungsgericht die Voraussetzung für eine Zurückverweisung als gegeben ansieht, das angefochtene Urteil und das erstinstanzliche Verfahren aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen,
  71. 3. hilfsweise, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das gegen das Klagepatent laufende Einspruchsbeschwerdeverfahren auszusetzen.
  72. Die Streithelfer beantragen ferner,
  73. der Klägerin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
  74. Die Klägerin beantragt,
  75. die Berufung zurückzuweisen.
  76. Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegen, wobei sie geltend macht:
  77. Das Bestehen eines Vorbenutzungsrechts sei von den Beklagten nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt worden. Das Landgericht habe insoweit sämtliche entscheidungserheblichen Ausführungen der Beklagten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt. Den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 14.09.2018 habe das Landgericht zutreffend als verspätet angesehen. Ein Vorbenutzungsrecht sei nicht bei der Streithelferin zu 1. entstanden. Die ersten linearen Sprengreinigungen hätten bei dieser erst ab dem Jahre 2006 stattgefunden. Am 21.07.2003 hätten zwar tatsächlich Sprengreinigungen im RWE-Kraftwerk in J stattgefunden, allerdings keine linearen Sprengreinigungen. Unabhängig davon sei ein Erfindungsbesitz nicht dargetan. Außerdem hätten die Beklagten den Übergang eines angeblich bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Der diesbezügliche Vortrag sei zudem neu und verspätet. Im Tätigwerden als Nachunternehmerin liege kein Betriebsübergang. Eine Betriebspacht sei nicht substanziiert dargelegt. Auch könne das Vorbenutzungsrecht überhaupt nicht im Wege einer Betriebspacht übertragen werden. Ein Übergang eines angeblichen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 2. habe ebenfalls nicht stattgefunden. Das diesbezügliche Vorbringen sei neu und setze sich auch in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, wonach der entsprechende Betriebsteil von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. übertragen worden sei. Sie bestreite das neue Vorbringen mit Nichtwissen. Der nunmehr vorgelegte Gesellschafterbeschluss sei als verspätet zurückzuweisen. Aus ihm gehe im Übrigen nicht hervor, dass der „Betriebspachtvertrag“ kostenneutral fortgesetzt werden solle.
  78. Der Senat hat am 08.03.2019 einen Hinweisbeschluss (Bl. 400-401 GA) erlassen. Auf diesen haben die Beklagten (Bl. 485 ff. GA) und ihre Streithelfer (Bl. 447 ff GA) jeweils weiter zur Entstehung des von ihnen geltend gemachten Vorbenutzungsrechts bei der Streithelferin zu 1. vorgetragen. Die Klägerin ist den Ausführungen der Beklagten und ihrer Streithelfer entgegengetreten.
  79. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
  80. Die Akte des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des OLG Düsseldorf I-2 U 67/18 (LG Düsseldorf 4c O 41/18) lag vor.
  81. II.
    Die zulässige Berufung der Beklagten hat vorläufigen Erfolg. Sie führt dazu, dass das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht der Klage entsprochen hat, aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist, denn das angefochtene Urteil leidet insoweit an einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Es ist verfahrensfehlerhaft im Sinne dieser Vorschrift ergangen, weil das Landgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt hat. Auf Antrag der Beklagten und ihrer Streithelfer ist das angefochtene Urteil deshalb, soweit das Landgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, aufzuheben, die notwendige Sachaufklärung ist vor dem Landgericht durchzuführen.
  82. A.
    Das Klagepatent betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern.
  83. Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, müssen Wärmetauscher, Abhitzekessel oder Brennkammern, also Räume, in denen eine Verbrennung stattfindet und die mit entsprechenden Leitungen versehen sind, durch die ein zu erwärmendes Medium strömt, in gewissen Zeitabständen gereinigt werden. Denn die Leitungen, die von dem zu erwärmenden Medium durchströmt werden, versotten an ihrer Außenseite durch den Brennvorgang innerhalb des Brennraumes bzw. sind von einer Schicht von Brennrückständen bedeckt, die den Wärmeübergang erschweren bzw. verhindern, was letztlich den Wirkungsgrad der Anlage vermindert (Anlage VP 1, Abs. [0002]; die nachfolgenden Bezugnahmen beziehen sich jeweils auf die Klagepatentschrift).
  84. Nach den Angaben der Klagepatentschrift ist es bekannt, dass zur Reinigung solcher Räume und Leitungen sog. Explosionsreinigungen durchgeführt werden. Hierzu wird beispielsweise ein Textilsack außerhalb des zu reinigenden Raums mit einem Gasgemisch gefüllt und in den zu reinigenden Raum eingebracht und dort zur Explosion gebracht. Bei einem solchen Verfahren entsteht eine kugelförmige Abreinigung, da die gesamte Sprengwirkung vom Textilsack, der idealerweise als Kugel angenommen werden kann, ausgeht (Abs. [0003]).
  85. Die Klagepatentschrift führt aus, dass auf diese Weise zwar Verschmutzungen, die außenseitig auf den Leitungen bzw. Rauminnenwänden aufgebracht sind und die direkt von der Sprengwirkung erreicht werden können, möglicherweise beseitigt werden können. Sie kritisiert jedoch als nachteilig, dass die Sprengwirkung, da die Leitungen, die das zu erwärmende Medium aufnehmen, oftmals sehr eng beieinander liegen, nur einen kleinen Teil der Verunreinigungen ablösen kann, häufig jedoch nicht Verunreinigungen, die zwischen den Rohren oder vom Ort der Sprengung aus gesehen hinter den Rohren liegen (Abs. [0003]).
  86. Vor diesem Hintergrund hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, die bisherigen Nachteile zu vermeiden und darüber hinaus eine Reinigung auch dann zu erlauben, wenn die Temperatur innerhalb des zu reinigenden Raumes noch nicht auf Raumtemperatur oder eine Temperatur unterhalb von 100°C abgesunken ist (Abs. [0004]).
  87. Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
  88. 1. Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern.
  89. 2. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
  90. 2.1 Ein Rohr wird innenseitig mit einer Sprengschnur versehen.
  91. 2.2 Das Rohr wird von einem Kühlmedium durchströmt.
  92. 2.3 Das Rohr wird zwischen die zu reinigenden Leitungen (des Wärmetauschers, des Abhitzekessels oder der Brennkammer) eingebracht.
  93. 2.4 Es wird eine Sprengung ausgelöst, die das Rohr zerstört.
  94. 3. Die Verschmutzungen werden durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst.
  95. Patentanspruch 4 schlägt ferner eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
  96. 1. Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern.
  97. 2. Die Vorrichtung umfasst ein Rohr.
  98. 2.1 Das Rohr verfügt über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen (des Wärmetauschers, des Abhitzekessels oder der Brennkammer) passt, um Verunreinigungen von den Leitungen zu lösen, die zwischen den Leitungen liegen.
  99. 2.2 Innerhalb des Rohrs ist eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet.
  100. 2.3 Innerhalb des Rohrs ist ein Kanal ausgebildet,
  101. 2.3.1 welcher die Sprengschnur umfasst und
  102. 2.3.2 von einem Kühlmedium durchströmt werden kann.
  103. 2.4 Das Rohr ist nach der Sprengung zerstört [besser: Das Rohr wird durch die Sprengung zerstört].
  104. B.
    Die Beklagte zu 1. hat von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch
    gemacht. Die Beklagte zu 2. benutzt das Klagepatent ebenfalls.
  105. 1.
    Die Klägerin hat schlüssig dargetan, dass die Beklagte zu 1. im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit das in Patentanspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln
    oder Brennkammern ausgeführt und hierbei eine Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 4 verwendet hat. Sie hat hierzu schlüssig vorgetragen, dass bei der von der Beklagten zu 1. am 11.02.2016 in der Müllverbrennungsanlage Krefeld durchgeführten Sprengreinigung sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirklicht worden sind und dass im Rahmen dieser Sprengreinigung eine sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 4 verwirklichende Vorrichtung eingesetzt worden ist.
  106. Die Beklagten haben in erster Instanz zwar geltend gemacht, dass sie ein Sprengverfahren und eine Vorrichtung zum Reinigen von Wärmetauschern verwenden, die das Klagepatent nicht verletzen. Hierin und in ihrem weiteren diesbezüglichen Vorbringen liegt jedoch kein hinreichendes Bestreiten des von der Klägerin dargetanen Benutzungstatbestandes.
  107. Will der Beklagte in einem Patentverletzungsprozess geltend machen, die angegriffene Ausführungsform sei in ihren konstruktiven Einzelheiten oder ihrer Zusammensetzung unzutreffend beschrieben, darf er sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Klägers zur Ausgestaltung des vermeintlichen Verletzungsgegenstandes lediglich pauschal zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, zu den einzelnen relevanten Behauptungen in der Klageschrift Stellung zu nehmen und sich über die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären (§ 138 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Beklagte von sich aus das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand zu unterrichten hätte. Der Beklagte kann sich im Gegenteil auf das Bestreiten bestimmter vom Kläger behaupteter technischer Merkmale beschränken. Allerdings darf dieses Bestreiten nicht pauschal bleiben, sondern muss konkret und substanziiert sein. Kein erhebliches Bestreiten stellt es dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstanziiert. Dem Beklagten obliegt es, sich – und zwar der Wahrheit gemäß (§ 138 Abs. 1 ZPO) – darüber zu erklären, ob und ggf. welches Anspruchsmerkmal von der angegriffenen Ausführungsform bzw. dem angegriffenen Verfahren nicht verwirklicht werden soll. Dies kann zunächst zwar ebenfalls pauschal erfolgen und braucht nicht weiter substanziiert zu werden als die gegenteilige (pauschale) Behauptung des Klägers. Nur wenn der Beklagte sich im genannten Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass der Kläger jetzt seine Verletzungsbehauptung weiter ausführen und ggf. beweisen muss (vgl. Senat, Urt. v. 17.12.2015 – I-2 U 54/04, BeckRS 2016, 3307; Urt. v. 20.01.2017 – I- 2 U 42/12, BeckRS 2017, 102027; Urt. v. 14.12.2017 – I-2 U 3/17, BeckRS 2018, 6558; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. E., Rn. 147 u. 149).
  108. Gemessen hieran haben die Beklagten, wovon das Landgericht mit Recht ausgegangen ist, die Verletzungsbehauptung der Klägerin nicht erheblich bestritten. Sie haben nicht ansatzweise dargetan, welches Merkmal des Patentanspruchs 1 bei dem bislang von der Beklagten zu 1. durchgeführten Sprengreinigungsverfahren nicht verwirklicht werden soll, und sie haben auch nicht ansatzweise aufgezeigt, welches Merkmal des Patentanspruchs 4 die von der Beklagten zu 1. hierzu eingesetzte Vorrichtung nicht verwirklicht haben soll. Soweit die Beklagten eine Benutzung des Klagepatents in Abrede stellen, ist ihr Vorbringen völlig pauschal, wobei ihr Bestreiten im Übrigen auch im Widerspruch zu ihrem Vorbringen hinsichtlich des von ihnen geltend gemachten privaten Vorbenutzungsrechts steht. Denn hiernach soll die Streithelferin zu 1. bereits vor dem Prioritätstag des Klagepatents das patentgemäße Verfahren durchgeführt und eine patentgemäße Vorrichtung eingesetzt haben, wobei eben dieses Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung später zunächst von der Beklagten zu 1. und sodann von der Beklagten zu 2. durchgeführt bzw. verwendet worden sein soll.
  109. Soweit die Beklagten rügen, die von der Klägerin zur Sprengreinigung in der Müllverbrennungsanlage Krefeld vorgelegten Videos und Bildausschnitte wiesen keine hinreichende Qualität auf, kommt es auf das von der Klägerin zum Beleg ihres Vortrags vorgelegte Bildmaterial nicht an. Die Klägerin hat im Einzelnen dargetan, dass die Beklagte zu 1. das patentgemäße Verfahren angewandt und hierbei eine patentgemäße Vorrichtung verwendet hat. Es hätte den Beklagten oblegen, hierzu konkret Stellung zu nehmen und darzutun, welches Merkmal des Patentanspruchs 1 (Verfahrensanspruch) bzw. welches Merkmal des Patentanspruchs 4 (Vorrichtungsanspruch) entgegen dem Vortrag der Klägerin bei dem von der Beklagten zu 1. angewandten Verfahren bzw. der von dieser benutzten Vorrichtung nicht verwirklicht sein soll. Eines Nachweises der Verletzungsbehauptung durch die Klägerin hätte es erst bedurft, wenn diese Behauptung von den Beklagten erheblich bestritten worden wäre.
  110. Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, dass die von der Beklagten zu 1. für die Sprengreinigungen verwendeten Rohre entgegen dem von der Klägerin vorgelegten Bildmaterial und den Ausführungen der Klägerin keine seitlichen Löcher in den Rohrwänden aufgewiesen hätten. Die Beklagten bestreiten allein, dass die Beklagte zu 1. Rohre mit seitlichen Löchern hergestellt bzw. eingesetzt hat. Sie machen aber nicht geltend, dass die Beklagte zu 1. im Rahmen der von ihr in der Müllverbrennungsanlage Krefeld und/oder an anderer Stelle durchgeführten Sprengreinigungen Rohre eingesetzt hat, welche nicht den Vorgaben des Patentanspruchs 1 und/oder des Patentanspruchs 4 entsprochen haben. Dass das Rohr Löcher in den Rohrwänden zur Fixierung der Sprengschnur aufweisen muss, verlangt weder der Verfahrensanspruch noch der Vorrichtungsanspruch des Klagepatents.
  111. 2.
    Das Vorstehende gilt entsprechend für die Beklagte zu 2. Es ist unstreitig, dass die Beklagte zu 2. die bislang von der Beklagten zu 1. durchgeführten Geschäftstätigkeiten fortsetzt, mithin auch solche Sprengreinigungen durchführt, wie sie in der Vergangenheit von der Beklagten zu 1. z.B. in der Müllverbrennungsanlage Krefeld ausgeführt worden sind. Bei dieser Sprengreinigung ist, wie soeben ausgeführt, nach dem von den Beklagten nicht erheblich bestrittenen Vortrag der Klägerin das patentgemäße Verfahren angewandt und eine patentgemäße Vorrichtung eingesetzt worden. Da nunmehr unstreitig die Beklagte zu 2. derartige Sprengreinigungen ausführt, wendet jetzt sie das patentgemäße Verfahren an und gebraucht sie hierbei eine patentgemäße Vorrichtung. Die entsprechende, die Beklagte zu 2. betreffende Verletzungsbehauptung der Klägerin haben die Beklagten ebenfalls nicht hinreichend bestritten.
  112. C.
    Keinen Bestand haben kann das angefochtene Urteil jedoch, soweit das Landgericht angenommen hat, die Beklagten könnten kein privates Vorbenutzungsrecht für sich in Anspruch nehmen. Die ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten ablehnende Entscheidung des Landgerichts ist in verfahrensfehlerhafter Weise ergangen. Sie beruht auf einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
  113. 1.
    § 12 PatG bestimmt, dass die Wirkungen des Patents gegen denjenigen nicht eintreten, der im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents die Erfindung im Inland bereits in Benutzung genommen oder zumindest Veranstaltungen zur alsbaldigen Aufnahme der Benutzung getroffen hatte. Unter den genannten Bedingungen ist der Vorbenutzer berechtigt, die Erfindung – ungeachtet des später erteilten Patents – für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes weiterhin zu nutzen. Damit soll verhindert werden, dass ein vom Vorbenutzer redlich erworbener Besitzstand durch die nachträgliche Gewährung eines Schutzrechtes zerschlagen wird (BGH, GRUR 2002, 231, 233 – Biegevorrichtung; GRUR 2010, 47 Rn. 16 – Füllstoff; Senat, Urt. v. 11.1.2007 – 2 U 65/05, BeckRS 2008, 5814; Urt. v. 26.10.2006 – 2 U 109/03, BeckRS 2008, 5802). In tatbestandlicher Hinsicht setzt das private Vorbenutzungsrecht in Bezug auf den Prioritätszeitpunkt zweierlei voraus: Erstens einen Erfindungsbesitz des Vorbenutzers und – zweitens – die Betätigung des Erfindungsbesitzes entweder durch die Vornahme mindestens einer gewerblichen Benutzungshandlung oder durch die Initiierung von Veranstaltungen, die alsbald nach dem Prioritätstag eine gewerbliche Benutzung der Erfindung sicher erwarten lassen (Senat, Urt. v. 12.11.2009 – 2 U 89/08, BeckRS 2010, 21563).
  114. 2.
    Das Landgericht hat offengelassen, ob die Streithelferin zu 1. ein Vorbenutzungsrecht erworben hat, da jedenfalls der Übergang eines solchen Rechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. zu verneinen sei. Dazu hat es ausgeführt, dass mangels ausreichender Darlegung der Beklagten nicht festgestellt werden könne, dass ein möglicher, bei der Streithelferin zu 1. entstandener „Erfindungsbesitz“ auf die Beklagte zu 1. und im Anschluss hieran auf die Beklagte zu 2. übergegangen sei. Dies hätte näherer, insbesondere gesellschaftsrechtlicher Darlegungen zu den Übergängen des Betriebes bedurft. Die Beklagten hätten nur vage Ausführungen hierzu gemacht, denen nicht entnommen werden könne, dass der in Rede stehende Betriebsteil oder der gesamte Betrieb der Streithelferin zu 1. auf die Beklagte zu 1. übertragen worden sei. Es werde insbesondere nicht deutlich, wie der weitere Übergang auf die Beklagte zu 2. erfolgt sein solle. Da das Vorbenutzungsrecht jedoch streng betriebsbezogen sei, hätte es konkreter Darlegungen zum jeweiligen Übergang des Betriebs bzw. Betriebsteils bedurft, zumal die Streithelferin zu 1. weiterhin im Handelsregister eingetragen sei. Die Kammer habe auf diesen Umstand in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2018 ausdrücklich hingewiesen. Die Einräumung eines Schriftsatznachlasses zum Vortrag entsprechender Tatsachen sei nicht beantragt worden. Ungeachtet dessen habe die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.06.2018 bereits darauf verwiesen, dass ein etwaiges Vorbenutzungsrecht nur bei der Streithelferin zu 1. entstanden sein könne. Insoweit hatten die Beklagten im Rahmen der eingeräumten Duplikfrist Zeit zu den entsprechenden Umständen vorzutragen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14.9.2018 ist verspätet.
  115. 3.
    Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht den Anspruch der Beklagten auf
    Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
  116. a)
    Die ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten mangels einer Übertragung eines etwaigen solchen Rechts der Streithelferin zu 1. verneinende Entscheidung des Landgerichts erweist sich schon deshalb als verfahrensfehlerhaft, weil das Landgericht den Beklagten Gelegenheit hätte geben müssen, ihr Vorbringen zum Übergang des nach ihren Angaben bei der Streithelferin zu 1. Entstandenen Vorbenutzungsrechts auf sie unter Vorlage der entsprechenden Verträge zu ergänzen.
  117. aa)
    Richtig ist zwar, dass die erstinstanzlichen Ausführungen der Beklagten zum Übergang des nach ihrem Vorbringen bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. der Substanziierung bedurften. Schon in erster Instanz haben die Beklagten aber schlüssig dargetan, dass ein bei der Streithelferin zu 1. entstandenes Vorbenutzungsrechts zunächst auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist, und sie haben auch behauptet, dass danach ein Übergang auf die Beklagte zu 2. erfolgt ist. Denn die Beklagten haben ausgeführt, dass die Beklagte zu 1. das operative Geschäft der Streithelferin zu 1. weitergeführt habe und zwischen der Beklagten zu 1. und der Streithelferin zu 1. zunächst ein Betriebspachtvertrag bestanden habe. Dieser Betriebspachtvertrag habe die Kunden und Kundenbeziehungen sowie sämtliche Assets wie Geräte, Einrichtungen und Gebäude und Know-how umfasst (Schriftsatz v. 30.07.2018, S. 5 [Bl. 89 GA]). Die Beklagte zu 1. habe zum Ende des Jahres 2017 ihre operative Tätigkeit vollständig eingestellt; ab Januar 2018 habe die Beklagte zu 2. das operative Geschäft der Beklagten zu 1. übernommen (Schriftsatz v. 17.08.2018, S. 9 [Bl. 106 GA]). Im Zuge einer Übernahme durch „I“ seien sämtliche Assets der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., die den kompletten Bereich der Sprengreinigung übernommen habe, übergegangen (Schriftsatz v. 30.07.2018, S. 5 [Bl. 89 GA]; Schriftsatz v. 17.08.2018, S. 9 [Bl. 106 GA]). Auf den im Hauptverhandlungstermin vom 28.08.2018 erteilten Hinweis des Landgerichts, wonach die Behauptung eines Übergangs eines etwaigen Vorbenutzungsrecht von der Streithelferin zu 1. auf die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. bisher nicht hinreichend sei (Bl. 112 GA), haben die Beklagten im Verhandlungstermin weitere Ausführungen hierzu gemacht. Denn ausweislich des Sitzungsprotokolls des Landgerichts hat die Beklagtenvertreterin im parallelen Verfügungsverfahren (LG Düsseldorf 4c O 41/18 / OLG Düsseldorf I-2 U 67/18), welches offenbar zusammen mit dem vorliegenden Hauptsacheverfahren verhandelt worden ist, handschriftliche Ausführungen zu den Umständen der Betriebsübergänge überreicht, welche im Verfügungsverfahren als Anlage zum dortigen Protokoll genommen worden sind. In dieser Anlage heißt es, dass die bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechte auf die Beklagte zu 1. im Wege eines Betriebspachtvertrages übertragen worden seien. Übertragen worden seien sämtliches Anlagevermögen und alle Kundenverträge. Das gesamte operative Geschäft sei auf die Beklagte zu 1. übertragen worden, was sich anhand der Verträge darlegen lasse. Von der Beklagten zu 1. seien die Rechte im Rahmen eines „Share Deals“ auf die Beklagte zu 2. übertragen worden. Zudem sei sämtliches noch vorhandene Anlagevermögen mit Ausnahme der Immobilien von der Streithelferin zu 1. an die Beklagte zu 2. verkauft und übertragen worden. Dies sei am 03.08.2017 gewesen (Tag des Vollzugs). Auf diese Ausführungen haben sich die Beklagten, und zwar auch die am Verfügungsverfahren nicht beteiligte Beklagte zu 1., auch im vorliegenden Verfahren bezogen. Andernfalls hätte das Landgericht nämlich nicht ins Sitzungsprotokoll aufgenommen, dass im Parallelverfahren handschriftlichen Ausführungen überreicht worden sind.
  118. Schon mit diesem Vorbringen haben die Beklagten jedenfalls einen Übergang eines etwaigen, bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. durch einen Betriebspachtvertrag schlüssig dargetan. Denn der Erwerb eines Vorbenutzungsrechts kann – wie sogleich ausgeführt wird – auch im Wege eines Betriebspachtvertrages erfolgen, mit dem der Betrieb an einen Pächter verpachtet wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob der zur Ausübung des Vorbenutzungsrechts berechtigte Pächter das Eigentum an den Betriebsmitteln erlangt. Hinsichtlich der Beklagten zu 2. haben die Beklagten einen späteren Übergang des in Rede stehenden Geschäftsbereichs auf diese behauptet.
  119. Dies bedurfte zwar alles der weiteren Substanziierung, und zwar unter Vorlage der entsprechenden Verträge. Hierauf mussten die Beklagten allerdings zunächst hingewiesen werden, und zwar so, dass sie hierzu noch sachgerecht ergänzend vortragen und die entsprechenden Verträge vorlegen konnten.
  120. bb)
    Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28.08.2018 hat das Landgericht im Verhandlungstermin vom 28.08.2018 zwar darauf hingewiesen, dass die Behauptung eines Übergangs eines etwaigen Vorbenutzungsrechts von der Streithelferin zu 1. auf die Beklagten zu 1. und 2. bisher nicht ausreichend sei. Hiermit ist das Landgericht aber seiner Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nicht hinreichend nachgekommen.
  121. (1)
    Das Gericht muss – in Erfüllung seiner prozessualen Fürsorgepflicht – gemäß § 139 Abs. 4 ZPO Hinweise auf seiner Ansicht nach entscheidungserhebliche Umstände, die die betroffene Partei erkennbar für unerheblich gehalten hat, grundsätzlich so frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung erteilen, dass die Partei die Gelegenheit hat, ihre Prozessführung darauf einzurichten und schon für die anstehende mündliche Verhandlung ihren Vortrag zu ergänzen und die danach erforderlichen Beweise anzutreten. Erteilt es den Hinweis entgegen § 139 Abs. 4 ZPO erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Das Gericht darf das Urteil in dem Termin erlassen, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, wenn die Partei in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres in der Lage ist, umfassend und abschließend Stellung zu nehmen. Ist das nicht der Fall, soll das Gericht auf Antrag der Partei Schriftsatznachlass gewähren, § 139 Abs. 5 ZPO. Wenn es offensichtlich ist, dass die Partei sich in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend erklären kann, so muss das Gericht – wenn es nicht in das schriftliche Verfahren übergeht – auch ohne einen Antrag auf Schriftsatznachlass die mündliche Verhandlung vertagen, um Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erlässt das Gericht in diesem Fall ein Urteil, ohne die Sache vertagt zu haben, verstößt es gegen den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 877 Rn. 11; NJW-RR 2013, 1358 Rn. 7; GRUR 2018, 111 Rn. 13 – PLOMBIR; NJW 2018, 2202 Rn. 8).
  122. (2)
    Diesen Anforderungen ist das Landgericht hier nicht gerecht geworden. Über die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hinaus hätte das Landgericht den Beklagten die Möglichkeit einräumen müssen, zu dem von ihnen behaupteten Übergang des nach ihrem Vorbringen bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. unter Vorlage entsprechender Verträge weiter Stellung zu nehmen und ihr diesbezügliches Vorbringen zu konkretisieren. Die Beklagten mussten bis zu einem entsprechenden Hinweis des Gerichts nicht davon ausgehen, dass ihr Vorbringen zu einem Übergang des nach ihrer Behauptung bei der Streitverkündeten zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. als unschlüssig bzw. gänzlich unsubstanziiert angesehen würde. Da das Landgericht einen entsprechenden Hinweis, dass es das Vorbringen des Beklagten zu den behaupteten Erwerb eines bei der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts durch die Beklagte zu 1. bzw. die Beklagte zu 2. nicht für ausreichend erachte, erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erteilt hat und eine weitere Darlegung über die im Parallelverfahren überreichten handschriftlichen Ausführungen hinaus erkennbar nicht ohne Weiteres sofort erfolgen konnte, musste es den Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die Beklagten im Verhandlungstermin einen Antrag auf Gewährung einer Frist zur Stellungnahme auf den Hinweis gestellt haben. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen ist, ist dies unschädlich. Der Erlass des Urteils auf die mündliche Verhandlung, ohne dass den Beklagten Gelegenheit gegeben wurde, auf den Hinweis zu reagieren, stellt sich als verfahrensfehlerhaft dar.
  123. Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.06.2018 bereits darauf verwiesen gehabt habe, dass ein etwaiges Vorbenutzungsrecht nur bei der Streithelferin zu 1. entstanden sein könne, musste dieser allgemeine Hinweis für die Beklagten, die sich gerade auf einen Übergang des nach ihrem Vorbringen in der Person der Streithelferin zu 1. entstandenen Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. berufen hatten, keine Veranlassung bieten, zu dem von ihnen behaupteten Übergang des Vorbenutzungsrechts unter Vorlage der entsprechenden Verträge weiter vorzutragen.
  124. b)
    Darüber hinaus hätte das Landgericht das Vorbringen der Beklagten in dem nachgereichten Schriftsatz vom 14.09.2018, mit dem die Beklagten ausführlich unter Vorlage der entsprechenden Verträgen zum Übergang des geltend gemachten Vorbenutzungsrechts auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. vorgetragen haben, nicht als verspätet zurückweisen dürfen, sondern berücksichtigen müssen. Reagiert nämlich eine Partei – wie hier die Beklagten – auf das nicht ordnungsgemäße Vorgehen des Gerichts, indem sie einen nicht nachgelassenen Schriftsatz einreicht, so muss es das darin enthaltene neue Vorbringen berücksichtigen und – wenn es sich als entscheidungserheblich darstellt – die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnen (vgl. BGH, NJW 2000, 142, 143; NJW-RR 2007, 412 Rn. 4; NJW-RR 2014, 177 Rn. 12; BeckOK ZPO/Bacher, § 283 Rn. 22). Dies gilt auch dann, wenn die Partei auf den erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis nicht in der angemessenen Weise reagiert, dass sie nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist beantragt, weil ihr eine sofortige Erklärung zu dem gerichtlichen Hinweis offensichtlich nicht möglich ist. Die durch § 139 Abs. 5 ZPO eröffnete Befugnis der von einem verspäteten Hinweis des Gerichts überraschten Partei, sich weiteren Vortrag vorzubehalten, führt nicht dazu, dass eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG zu verneinen wäre. Das Gericht kann nämlich, wenn es einen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt, nicht erwarten, dass die Partei die rechtlichen Konsequenzen des Hinweises sofort in vollem Umfang überblickt und entsprechend prozessual angemessen zur Wahrung ihrer Rechte reagiert. Deshalb stellt es einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, wenn das Gericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ablehnt und damit das in einem nachgereichten Schriftsatz enthaltene Vorbringen nicht mehr zur Kenntnis nimmt (BGH, NJW-RR 2007, 412 Rn. 6; NJW-RR 2014, 177 Rn. 13). So verhält es sich auch hier. Denn mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz gemachten Darlegungen war – wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt – ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. und sodann auf die Beklagte zu 2. schlüssig dargelegt.
  125. c)
    Die Ausführungen der Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14.09.2018 sowie ihr weiteres Berufungsvorbringen zum Übergang des behaupteten Vorbenutzungsrechts sind entscheidungserheblich.
  126. aa)
    Soweit die Beklagten vortragen, dass die Beklagte zu 1. zunächst, nämlich im Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.05.2009, als Nachunternehmerin für die Streithelferin zu 1. tätig geworden ist, kommt es hierauf allerdings nicht an. Denn der betreffende Zeitraum liegt sowohl vor der Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung (19.12.2014) als auch vor der Veröffentlichung der dem Klagepatent zugrundeliegenden Patentanmeldung (02.11.2011) und wird demgemäß von den Klageanträgen auch nicht erfasst.
  127. bb)
    Relevant und entscheidungserheblich ist jedoch das weitere Vorbringen der Beklagten zu dem von ihnen behaupteten Betriebsübergängen.
  128. (1)
    Das Vorbenutzungsrecht ist – wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – streng betriebsbezogen, d.h. es haftet – akzessorisch – an dem Betrieb, in dem es durch Benutzung oder Veranstaltung zur alsbaldigen Benutzung entstanden ist (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. E Rn. 517). Das am Betrieb haftende Vorbenutzungsrecht kann bei einer Änderung der rechtlichen Zugehörigkeit des Betriebs nicht vervielfältigt, und zwar weder verdoppelt noch gespalten werden (BGH, GRUR 1966, 370, 373 – Dauerwellen II; GRUR 2005, 567, 568 – Schweißbrennerreinigung; Benkard/Scharen, PatG, 11. Aufl., § 12 Rn. 24; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 12 Rn. 49; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 517). Wechselt der Betriebsinhaber, indem die Geschäftsanteile einer Gesellschaft von dritter Seite erworben werden, oder gewinnt ein Drittunternehmen einen beherrschenden Einfluss auf den Betrieb, so berechtigt dies den Dritten nicht dazu, das Vorbenutzungsrecht außerhalb des Entstehungsbetriebes in seinem eigenen Unternehmen auszuüben (vgl. BGH, GRUR 2005, 567, 568 – Schweißbrennerreinigung; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 24 und 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 517). Der Vorbenutzungsberechtigte kann einem Dritten keinerlei Rechte auf eine Benutzung der Erfindung verschaffen (BGH, GRUR 1979, 48, 50 – Straßendecke), es sei denn durch Übertragung mit seinem Betrieb (Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 24). Eine Weitergabe des Vorbenutzungsrechts an einen Lizenznehmer ist ausgeschlossen (BGH, GRUR 1992, 432, 433 – Steuereinrichtung; GRUR 1992, 599, 601 – Teleskopzylinder; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49).
  129. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 PatG kann das Vorbenutzungsrecht nur zusammen mit dem Betrieb, für den es entstanden ist, vererbt oder veräußert werden. Es kann mithin nicht isoliert, d.h. ohne den Betrieb veräußert werden. Die Übertragung eines abgrenzbaren Betriebsteils steht hierbei der Übertragung eines (gesamten) Betriebs gleich (BGH, GRUR 2012, 1010 Rn. 20 – Nabenschaltung III; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49; Schulte/Rinken, PatG, 10. Aufl., § 12 Rn. 26). Eine Teilung des Vorbenutzungsrechts auf mehrere Betriebe ist jedoch unstatthaft (BGH, GRUR 1966, 370, 373 – Dauerwellen II; GRUR 2012, 1010 Rn. 21 – Nabenschaltung III; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Schulte/Rinken, PatG, 10. Aufl., § 12 Rn. 26). Das Vorbenutzungsrecht kann nicht mehreren Betrieben gleichzeitig zustehen, sondern ist unteilbar und auch eine Betriebsteilung kann nicht zu seiner Vervielfältigung führen, weshalb in jedem Einzelfall geprüft werden muss, bei welchem Betrieb das Recht nach den vertraglichen Regelungen verblieben ist (BGH, GRUR 2012, 1010 Rn. 21 – Nabenschaltung III). Es soll nicht zu einer Vervielfältigung des Benutzungsrechts kommen (vgl. BGH, GRUR 2005, 567, 568 – Schweißbrennerreinigung; GRUR 2012, 1010 Rn. 21 – Nabenschaltung III; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Schulte/Rinken, a.a.O., § 12 Rn. 26). Die Veräußerung des Vorbenutzungsrechts mit einem abgesonderten Teil des Betriebs, in dem bzw. für den es entstanden ist, ist aber statthaft und wirksam (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49 jew. m. w. Nachw.).
  130. In welcher rechtlichen Form der Betriebsübergang organisiert wird, hat keine Bedeutung. Der Begriff der Veräußerung ist wirtschaftlich und nicht zivilrechtlich zu verstehen (Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49). Außer einer Übereignung kommt deshalb auch eine Verpachtung des Geschäftsbetriebes infrage (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49). Bei einer solchen übt der Pächter das Vorbenutzungsrecht aus (Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25). Für dessen Erwerb kommt es nicht darauf an, ob der zur Ausübung des Vorbenutzungsrechts Berechtigte das Eigentum an den Betriebsmitteln erlangt (Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; vgl. auch BGH, GRUR 1963, 473, 474 – Filmfabrik Köpenick – für Warenzeichen). Letzteres ist nicht erforderlich. Die Verpachtung hat zur Folge, dass das Vorbenutzungsrecht fortan von dem Pächter ausgeübt wird, dem deshalb im Zuge der Verpachtung – jedenfalls konkludent – auch das Vorbenutzungsrecht übertragen wird. Bei Beendigung des Pachtvertrages fällt das Vorbenutzungsrecht dementsprechend – wiederum zumindest im Wege stillschweigender Rückübertragung, ggf. auch aufgrund einer auflösenden Bedingung – an den Verpächter zurück, der das Recht künftig wieder in seiner Person auszuüben hat. Eine Vervielfältigung des Vorbenutzungsrechts ist hiermit nicht verbunden, weil dieses während der Verpachtung des Betriebes allein dem Pächter zusteht und nach der Beendigung des Pachtvertrages wieder an den Verpächter zurückfällt. Das Vorbenutzungsrecht ist hierbei jeweils an den Betrieb geknüpft, in dem es entstanden ist.
  131. Die von der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Füllstoff“ (GRUR 2010, 47) steht dem nicht entgegen. Soweit die Klägerin geltend macht, dass eine wirksame Übertragung des Vorbenutzungsrechts nur dann vorliege, wenn es im Falle einer Insolvenz des Pächters zur Insolvenzmasse gehöre, und sie hiervon ausgehend meint, dass dies im Falle der Betriebspacht nicht zwingend sei, weil dem Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO ein Wahlrecht hinsichtlich der Erfüllung zustehe, was zur Folge habe, dass dann, wenn der Insolvenzverwalter Erfüllung ablehne, der Verpächter den Vertrag aus wichtigem Grunde kündigen könne, so dass die Betriebspacht aus der Insolvenzmasse herausgeholt werden könne, lässt sich dies aus der „Füllstoff“-Entscheidung nicht herleiten. Der Bundesgerichtshof hat sich in dieser Entscheidung überhaupt nicht mit der Frage befasst, ob eine Verpachtung des Betriebs für einen Betriebsübergang im Sinne des § 12 PatG ausreicht. Er hat vielmehr nur dazu Stellung genommen, ob ein Vorbenutzungsrecht des Insolvenzschuldners zur Insolvenzmasse gehört. Hierzu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt (GRUR 2010, 47 Rn. 13 und 14):
  132. „Gemäß § 35 InsO gehört zur Insolvenzmasse unter anderem das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört. Ein Vorbenutzungsrecht gem. § 12 InsO ist ein solcher Vermögensgegenstand. Es gibt dem Berechtigten das Recht, von der Lehre eines Patents oder Gebrauchsmusters Gebrauch zu machen. Diesem Recht kommt ein wirtschaftlicher Wert zu.
  133. § 36 I InsO, wonach Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse gehören, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann das Vorbenutzungsrecht gem. § 12 I 3 PatG nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Es ist deshalb gem. § 857 III ZPO nicht separat pfändbar. Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 1966, 370 [374] – Dauerwellen II) stand dies jedoch der Zugehörigkeit zur Konkursmasse nach den Regeln der Konkursordnung nicht entgegen, wenn zusammen mit dem Vorbenutzungsrecht auch der Betrieb zur Masse gelangt. Für die Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse nach den Regeln der Insolvenzordnung gilt nichts anderes. § 12 I 3 PatG soll verhindern, dass der Umfang des Vorbenutzungsrechts verändert wird, indem es von dem Betrieb, in dem es entstanden ist, abgelöst wird. Diese Gefahr droht nicht, wenn das Recht zusammen mit dem Betrieb der Verwaltungsbefugnis eines Insolvenzverwalters unterstellt wird – unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter den Betrieb sofort veräußert oder zunächst selbst weiterführt. Wäre ein Übergang in dieser Situation ausgeschlossen, hätte dies das Erlöschen des Vorbenutzungsrechts zur Folge. Dies würde die Zugriffsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger, deren Schutz § 35 InsO dient, beeinträchtigen, ohne dass der Insolvenzschuldner einen Vorteil hätte. Dies kann nicht Sinn des § 36 I InsO sein.“
  134. In Bezug auf den hier in Rede stehenden Fall der Betriebspacht lässt sich aus diesen Ausführungen nicht herleiten, dass eine solche nicht als „Veräußerung“ des Betriebs im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 3 PatG angesehen kann. Dabei kann unterstellt werden, dass dem Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz des Pächters gemäß § 103 InsO ein Wahlrecht zusteht und der Verpächter, wenn der Insolvenzverwalter Erfüllung ablehnt, den Vertrag jedenfalls aus wichtigem Grunde kündigen kann. Denn dies führt nur dazu, dass der Betrieb samt dem Vorbenutzungsrecht aus der Insolvenzmasse herausgeholt werden kann. Das Vorbenutzungsrecht fällt dann infolge der Beendigung des Pachtvertrages wieder an den Verpächter zurück. Es wird aber nicht von dem Betrieb, in dem es entstanden ist, abgetrennt. Wie der Bundesgerichtshof in der „Füllstoff“-Entscheidung ausgeführt hat, soll § 12 Abs. 1 Satz 3 PatG (bloß) verhindern, dass der Umfang des Vorbenutzungsrechts verändert wird, indem es von dem Betrieb, in dem es entstanden ist, abgelöst wird. Diese Gefahr droht nicht, wenn das Recht zusammen mit dem Betrieb nach Beendigung des Betriebspachtvertrages wieder an den Verpächter zurückfällt.
  135. (2)
    Hiervon ausgehend haben die Beklagten vorliegend einen Betriebsübergang jeweils schlüssig dargetan.
  136. (2.1)
    Nach dem Vorbringen der Beklagten führte die Beklagte zu 1. ab dem 01.06.2009 aufgrund eines mit der Streithelferin zu 1. geschlossenen Betriebspachtvertrages die Sprengreinigungen unter Verwendung des streitgegenständlichen Verfahrens und der streitgegenständlichen Vorrichtung aus.
  137. (2.1.1)
    Den betreffenden Betriebspachtvertrag vom 07.04.2009 haben die Beklagten als Anlage E 15 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 15 bezeichnet) vorgelegt. Ausweislich der Präambel dieses Vertrages wollte die Streithelferin zu 1. der Beklagten zu 1. ihren Betrieb zur Nutzung und Fortentwicklung gegen Entgelt überlassen, wobei der Betrieb nach Pachtende an die Streithelferin zu 1. zurückgegeben werden sollte. Mit dem Betriebspachtvertrag (nachfolgend auch: BPV) wurde demgemäß der im Grundbuch des Amtsgerichts O von J belegene Betrieb mit dem Geschäftszweck „Industriereinigung“ an die Beklagte zu 1. verpachtet (§ 1 Abs. 1 BPV). Gegenstand des Pachtvertrages war darüber hinaus das in der Anlage 1 zum Pachtvertrag verzeichnete Sachanlagevermögen (§ 1 Abs. 2 BPV). Ausweislich dieser elf Seiten umfassenden Anlage gehörte hierzu unter anderen ein Sprengstofflager, was dafür spricht, dass der verpachtete Bereich „Industriereinigung“ den in Rede stehenden Bereich „Sprengreinigung“ umfasste. Pachtbeginn war der 01.06.2009 (§ 2 Abs. 1 BPV). Der Vertrag wurde zunächst bis zum 31.12.2014 fest abgeschlossen. Er sollte sich alsdann um fünf Jahre verlängern, wenn er nicht mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt wird (§ 16 Abs. 1 BPV). Gemäß § 9 des Betriebspachtvertrages waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass der Vertrag zu einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB führt und deshalb die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer der Streithelferin zu 1. kraft Gesetzes am 01.06.2009 auf die Beklagte zu 1. übergehen.
  138. Hinsichtlich eines etwaigen Vorbenutzungsrechtes der Streithelferin zu 1. enthält der Betriebspachtvertrag zwar keine Regelung. Das ist allerdings unschädlich. Wie bereits ausgeführt, übt bei einer Verpachtung des Betriebes grundsätzlich der Pächter das Vorbenutzungsrecht aus. Wird der gesamte Betrieb verpachtet, wird daher im Zweifel auch ein in dem Betrieb entstandenes Vorbenutzungsrecht dem Pächter zur Ausübung mit dem Betrieb überlassen. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es hierfür nicht. Eine Übertragung des Vorbenutzungsrechts kann sich anerkanntermaßen auch aus dem schlüssigen Verhalten der Beteiligten ergeben, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird (BGH, GRUR 1966, 370, 373 f.; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49). Bei einer Übertragung des Betriebs wird das Vorbenutzungsrecht im Zweifel mitübertragen (Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49 m. w. Nachw.). Entsprechendes gilt im Falle einer Verpachtung des gesamten Betriebes. Im Zweifel soll hier ein in dem verpachteten Betrieb entstandenes Vorbenutzungsrecht dem Pächter für die Dauer des Pachtvertrages zur Ausübung zustehen.
  139. Selbst wenn man eine Überlassung des Vorbenutzungsrechts aufgrund schlüssigen Verhaltens der Vertragsparteien ablehnen wollte, führt jedenfalls eine ergänzende Vertragsauslegung zu demselben Ergebnis. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist zulässig, wenn eine Vereinbarung der Parteien in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt und keine Regelung des dispositiven Gesetzesrechts eingreift. Dabei ist es unerheblich, ob die Parteien bewusst auf eine ins Einzelne gehende Regelung verzichtet haben, ob die „Lücke” von Anfang an bestanden oder sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGHZ 84, 1, 7 = NJW 1982, 2184; BGH, NJW-RR 2008, 562 Rn. 14). Bei der erforderlichen Ergänzung des Vertragsinhalts ist darauf abzustellen, was redliche und verständige Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten (vgl. BGHZ 84, 1, 7 = NJW 1982, 2184; BGHZ 127, 138, 142 = NJW 1994, 3287; BGHZ 158, 201, 207 = NJW 2004, 1590; BGHZ 164, 286, 292 = NJW 2006, 54; BGH, NJW-RR 2008, 562 Rn. 15; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 157 Rn. 7). Vorliegend ist unter den gegebenen Umständen davon auszugehen, dass die Streithelferin zu 1. und die Beklagte zu 1., wenn sie den nicht geregelten Fall des Vorbenutzungsrechts, bedacht hätten, vereinbart hätten, dass dieses für die Dauer des Pachtvertrages auf die Beklagte zu 1. übergehen bzw. dieser zur Ausübung zustehen soll. Dafür spricht, dass die Streithelferin zu 1. ihren gesamten Betrieb an die Beklagte zu 1. verpachtet hat, dass die Beklagte zu 1. nach dem Vorbringen der Beklagten ab dem Beginn des Pachtvertrages (01.06.2009) selbst keine Sprengarbeiten mehr durchführte und dass die Beklagte zu 1. durch den Pachtvertrag offensichtlich in die Lage versetzt werden sollte, an die bisherige Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. anzuknüpfen und diese fortzusetzen. Um die bislang durchgeführten Sprengreinigungen weiterhin in der bisherigen Art und Weise (ungestört) durchführen zu können, bedurfte die Beklagte zu 1. jedoch des Vorbenutzungsrechts der Streithelferin zu 1. Dafür, dass dieses der Beklagten zu 1. für die Dauer des Pachtvertrages auf die Beklagte zu 1. zur Ausübung zustehen sollte, spricht auch, dass die Streithelferin zu 1. und die Beklagte zu 1. derselben Unternehmensgruppe angehörten. Es bestand insoweit kein Grund, das Vorbenutzungsrecht von der Verpachtung des gesamten Geschäftsbetriebes auszunehmen und bei der Streithelferin zu 1. zu belassen, deren Geschäftsbetrieb der Industriereinigung nunmehr von der Beklagten zu 1. fortgeführt werden sollte.
  140. (2.1.2)
    Dem gefundenen Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Streithelferin zu 1. und die Beklagte zu 1. in § 8 BPV vereinbart haben, dass die Streithelferin zu 1. in Bezug auf Kundenverträge, die nicht auf die Beklagte zu 1. übergeleitet werden können, die Beklagte zu 1. „im Außenverhältnis – soweit rechtlich zulässig und wirtschaftlich geboten – als Subunternehmerin beauftragt und sich die Vertragsparteien im Innenverhältnis wirtschaftlich so zu stellen haben, als sei die Vertragsübernahme durch die Beklagte zu 1. wirksam erfolgt. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass eine Überleitung eines von der Streithelferin abgeschlossenen Kundenvertrages auf die Beklagte zu 1. als Pächterin des Geschäftsbetriebes nicht möglich ist. In einem solchen Fall sollte die Streithelferin zu 1. die Beklagte zu 1. als Subunternehmerin mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten beauftragen. Das hätte zwar zur Konsequenz gehabt, dass die Streithelferin zu 1. auf dem Papier weiterhin Vertragspartnerin des Kunden gewesen wäre. Tatsächlich tätig geworden wäre bei einem entsprechenden Auftrag aber allein die Beklagte zu 1., die im Innenverhältnis so dastehen sollte, als ob sie selbst Auftragnehmerin ist. Sofern Gegenstand eines entsprechenden Kundenvertrages Sprengreinigungen gewesen wären, bei denen das patentgemäße Verfahren ausgeübt und eine patentgemäße Vorrichtung benutzt worden wäre, ist zwar zweifelhaft, ob sich die Streithelferin zu 1. als Auftragnehmerin zur Rechtfertigung ihres eigenen Handelns auf das der Beklagten zu 1. zur Ausübung überlassene Vorbenutzungsrecht hätte berufen können. Auch wenn das entsprechende Handeln der Beklagten zu 1. in einem solchen Fall nicht durch das der Streithelferin zu 1. im Rahmen des Pachtvertrages zur Ausübung überlassene Vorbenutzungsrecht gedeckt worden wäre, weil sie selbst rechtlich weiterhin Vertragspartnerin des Kunden gewesen wäre, kann aber nicht angenommen werden, dass deshalb das Vorbenutzungsrecht trotz der Verpachtung des gesamten Betriebes bei der Streithelferin zu 1. verbleiben und nicht von der Beklagten zu 1. ausgeübt werden sollte. Zum einen benötigte gerade die Beklagte zu 1. für ihre künftige Geschäftstätigkeit das Vorbenutzungsrecht, weil sie nach Abschluss des Pachtvertrages normalerweise nicht als Subunternehmer der Streithelferin zu 1., sondern in ihrer Eigenschaft als Pächterin des Geschäftsbetriebes selbst als Vertragspartner des Kunden auf eigene Gefahr und Rechnung tätig werden sollte. Selbst wenn die Beklagte zu 1. im Einzelfall formell als „Subunternehmerin“ der Streithelferin zu 1. tätig geworden wäre, wäre ihr Handeln im Zweifel durch ein Vorbenutzungsrecht der Streithelferin zu 1. nicht gedeckt gewesen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Streithelferin zu 1. nach der Verpachtung noch einen bestimmenden wirtschaftlich wirksamen Einfluss auf Art und Umfang der Durchführung der Sprengreinigungen durch die Beklagte zu 1. hatte (vgl. dazu BGH, GRUR 2012, 1010 Rn. 26 – Nabenschaltung III; LG Düsseldorf, Mitt. 1999, 370, 371 – Steckerkupplung; Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 24; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 46; Mes, PatG, 4. Aufl., § 12 Rn. 19; Schulte/Rinken, a.a.O., § 12 Rn. 25; BeckOK PatR/Ensthaler, § 12 Rn. 9). Zum anderen handelte es sich bei der in Rede stehenden Vertragsklausel nur um eine Ausnahmeregelung, mit der lediglich eine Konstruktion für den Fall vereinbart wurde, dass eine Überleitung eines Kundenvertrages auf die Beklagte zu 1. als Pächterin des Betriebes im Einzelfall einmal nicht möglich ist. Es kann nicht angenommen werden, dass das Vorbenutzungsrecht wegen dieser Ausnahmekonstruktion bei der Streithelferin zu 1. als Verpächterin verbleiben, d.h. nicht der Beklagten zu 1. als Pächterin mit dem Betrieb zur Ausübung überlassen werden sollte.
  141. (2.1.3)
    Den Abschluss des Betriebspachtvertrages zwischen der Streithelferin zu 1. als Verpächterin und der Beklagten zu 1. als Pächterin haben die Beklagten schlüssig dargetan und durch die vorgelegte Ablichtung dieses Vertrages auch belegt. Das vorgelegte Dokument ist zwar – ebenso wie die ferner überreichten Dokumente – teilgeschwärzt. In seinen maßgeblichen Passagen ist es jedoch – ebenso wie die weiteren Dokumente – ersichtlich und ergibt schlüssig den behaupteten Betriebsübergang.
  142. (2.1.4)
    Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Streithelfer zu 1. zum Zeitpunkt des Abschlusses des Betriebspachtvertrages gesetzlicher Vertreter der beteiligten Unternehmen und wirksam von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, steht dies der Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens der Beklagten in Bezug auf die Beklagte zu 1. nicht entgegen.
  143. Ausweislich des vorliegenden Betriebspachtvertrages hat der Streithelfer zu 1. als Abschlussvertreter auf Verpächter- und auf Pächterseite agiert. Wie sich aus den zur Beklagten zu 1. vorgelegten Handelsregisterauszügen (vgl. z.B. Anlage VP 34) ergibt, war der Streithelfer zu 2. einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten zu 1. mit der Befugnis im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Er war mithin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Gleiches gilt, soweit der Streithelfer als Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Streithelferin zu 1. agiert hat. Alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Streithelferin zu 1. war die H E Verwaltungs-GmbH. Ausweislich des von den Beklagten mit Schriftsatz vom 14.09.2018 zur H E Verwaltungs-GmbH überreichten Handelsregisterauszuges gemäß Anlage E 16 (= Anlage S&B 16) war der Streithelfer zu 2. auch Geschäftsführer dieser Gesellschaft und als solcher ebenfalls von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
  144. Soweit die Klägerin ferner mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich bei den Unterschriften unter den Betriebspachtvertrag um diejenigen des Streithelfers zu 2. handelt, stimmen die fraglichen Unterschriften ersichtlich mit den Unterschriften des Streithelfers zu 2. unter den von den Beklagten Notarverträgen überein. Aus den Notarverträgen ergibt sich jeweils, dass diese von dem erschienenen Streithelfer zu 2. eigenhändig unterschrieben wurden. Für die Existenz und Wirksamkeit des Betriebspachtvertrages spricht überdies, dass dieser sowohl in dem zwischen der Streithelferin zu 1. und der K GmbH geschlossenen notariellen Kaufvertrag vom 30.06.2017 über den Erwerb von Anlagevermögen sowie Kundenbeziehungen der Streithelferin zu 1. (Anlage E 23) als auch in der notariellen Mantelurkunde vom 30.06.2017 (Anlage E 25), welche Urkunden jeweils auch von dem Streithelfer zu 2. unterschrieben worden sind, in Bezug genommen werden.
  145. (2.2)
    Nach dem Vorbringen der Beklagten endete der zwischen der Beklagten zu 1. und der Streitverkündeten zu 1. geschlossene Betriebspachtvertrag zum 03.08.2017, und zwar aufgrund des Verkaufs des Betriebsteils „Sprengreinigung“, der mit weiteren Assets auf die heutige Beklagte zu 2. übertragen wurde.
  146. Als Anlage E 19 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 19 bezeichnet) haben die Beklagten hierzu einen zwischen der Streithelferin zu 1. und der Beklagten zu 1. am 03.08.2017 abgeschlossenen Aufhebungsvertrag vorgelegt, mit dem der zwischen diesen Vertragsparteien bestehende Betriebspachtvertrag mit Wirkung zum 03.08.2017 aufgehoben wurde. Zu den Akten gereicht haben sie als Anlage E 23 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 23 bezeichnet) ferner einen zwischen der Streithelferin zu 1. und der K GmbH (= Beklagte zu 2.) geschlossenen notariellen Kaufvertrag („Asset-Deal“) vom 30.06.2017 über den Erwerb von Anlagevermögen sowie Kundenbeziehungen der Streithelferin zu 1. sowie als Anlage E 24 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 24 bezeichnet) einen notariellen Geschäftsanteilskaufvertrag („Share-Deal“) vom 30.06.2017 zwischen dem Streithelfer zu 2. und der I L GmbH über sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1. und der H E Projektmanagement GmbH sowie als Anlage E 25 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 25 bezeichnet) ferner eine so genannte notarielle Mantelurkunde zu diesen Verträgen.
  147. (2.2.1)
    Wie aus dem Aufhebungsvertrag vom 03.08.2017 (Anlage E 19) hervorgeht, beabsichtigte der Streithelfer zu 2. in seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter der Streithelferin zu 1., seinen Gesellschaftsanteil an dieser an die zur I-Gruppe gehörenden I L GmbH zu veräußern. Zeitgleich beabsichtigte die Streithelferin zu 1., u.a. das dem Betriebspachtvertrag unterliegende bewegliche Sachanlagevermögen sowie Kundenbeziehungen an die ebenfalls zur I-Gruppe gehörende K GmbH zu veräußern und mit dieser einen Gewerbemietvertrag über die den Pachtvertrag unterliegenden Grundstücke abzuschließen. Aus diesem Grunde wurde der zwischen der Streithelferin zu 1. und der Beklagten zu 1. bestehende Betriebspachtvertrag vom 07.04.2009 mit dem Aufhebungsvertrag einvernehmlich mit Wirkung zum 03.08.2017 aufgehoben.
  148. Ausweislich des Kaufvertrages über den Erwerb von Anlagevermögen sowie Kundenbeziehungen gemäß Anlage E 23 (nachfolgend auch: KV), welcher in der notariellen Mantelurkunde gemäß Anlage E 25 als „Kaufvertrag über Wirtschaftsgüter“ bezeichnet wird, wollte sich der Streithelfer zu 2. als „Eigentümer“ des von der Beklagten zu 1. auf der Grundlage des Betriebspachtvertrages vom 07.04.2009 betriebenen Geschäftsbetriebs der „Industrie-und Kesselreinigung sowie der Arbeitnehmerüberlassung“ aus dem Geschäftsbetrieb vollständig zurückzuziehen und den Geschäftsbetrieb mit allen dazugehörigen Vermögensgegenständen sowie den vorhandenen Kundenstamm an die K GmbH verkaufen (Vorb. A und B des KV). Mit einer gleichzeitig abzuschließenden Vereinbarung sollten die Streithelferin zu 1. und die Beklagte zu 1. – wie geschehen – den Betriebspachtvertrag aufheben mit der Wirkung, dass die durch den Betriebspachtvertrag auf die Beklagte zu 1. übertragenen Gegenstände des Anlagevermögens sowie die Kundenbeziehungen beim Vollzug des Kaufvertrages zum Zwecke des Verkaufs und der sofortigen Übertragung an die K GmbH als Käufer von der Beklagten zu 1. auf die Streithelferin zu 1. zurückfallen (Vorb. C des KV). Ebenfalls bedingt auf den Vollzug sollte die I L GmbH sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1. sowie der HE Projektmanagement GmbH erwerben und sollte die K GmbH mit dem Streithelfer zu 2. einen Mietvertrag über die Betriebsgrundstücke schließen (Vorb. D des KV).
  149. (2.2.2)
    Mit dem Kaufvertrag (Anlage E 23) verkaufte und übertrug die Streithelferin zu 1. als Verkäuferin der K GmbH als Käuferin zum Vollzugstag die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, Kundenbeziehungen sowie zu übertragende Verträge (Ziff. 1.1 KV). Verkauft und übertragen wurden hierbei u.a. sämtliche Vermögensgegenstände, die wirtschaftlich dem Geschäftsbetrieb zuzurechnen sind und entweder trotz Abschlusses des Betriebspachtvertrages bei ihm verblieben oder durch die Aufhebung des Betriebspachtvertrages an ihn zurückgefallen sind (Ziff. 2 KV), das in einer Anlage zum Kaufvertrag dargestellte betriebliche Sachanlagevermögen des Geschäftsbetriebes (Ziff. 2.1 KV) sowie alle immateriellen Vermögensgegenstände, die dem operativen Geschäftsbetrieb dienen oder zu dienen bestimmt sind (Ziff. 2.2 KV). Dazu zählten insbesondere Patente, Patentanmeldungen, Gebrauchsmuster, Software, Urheberrechte, sonstige gewerbliche Schutzrechte, Konzessionen, Lizenzen einschließlich sämtlicher Rechte an Erfindungen, Know-how, Geschäfts-und Betriebsgeheimnisse etc. (Ziff. 2.3 KV). Mit der Übertragung der immateriellen Vermögensgegenstände sollte der Geschäftsbetrieb insbesondere über sämtliche gewerblichen Schutzrechte verfügen, die für eine in Art und Umfang unveränderte Fortführung des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft im bisherigen Umfang notwendig sind (Ziff. 9.5.1 KV). Gemäß Ziffer 6 des Kaufvertrages waren sich die Streithelferin zu 1. und die K GmbH darüber einig, dass der Geschäftsbetrieb für die gesamte Industrie- und Kesselreinigung weder aktiv noch passiv von der Streithelferin zu 1. fortgeführt oder aufgenommen wird.
  150. Nach den Darlegungen der Beklagten wurde der Kaufvertrag – ebenso wie der ferner abgeschlossenen Geschäftsanteilskaufvertrag gemäß Anlage E 24, mit dem der Streithelfer zu 2. seine sämtlichen Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1. an die I L GmbH veräußerte – am 03.08.2017 vollzogen, so dass die K GmbH an diesem Tage die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und die Kundenbeziehungen des Geschäftsbetriebs der Streithelferin zu 1., die Gegenstand des Kaufvertrags waren, erworben hat.
  151. (2.2.3)
    Bei der K GmbH handelt es sich um die Beklagte zu 2. Diese firmierte früher als K GmbH und hatte ihren Sitz in M. Sie war durch Gesellschaftervertrag vom 18.07.2013 gegründet und am 12.08.2013 ins Handelsregister des Amtsgerichts N (HRB 1974) eingetragen worden. Am 09.12.2013 schloss die seinerzeit noch als K GmbH firmierende Beklagte zu 2. mit der I L GmbH als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Unter dem 08.08.202017 beschloss ihre Gesellschafterversammlung eine Änderung des Gesellschaftsvertrages (Änderung des Gegenstands des Unternehmens und der Firma) sowie eine Sitzverlegung von M nach O. Im Handelsregister des Amtsgerichts P wurde die Beklagte zu 1. sodann am 21.08.2017 unter der Registernummer HRB 91920 eingetragen (vgl. Anlagen VP 14 und S&B 37; vgl. ferner Anlagen VP 4 und VP 26 des Parallelverfahrens).
  152. (2.2.4)
    Mit dem notariellen Kaufvertrag („Asset Deal“) sind praktisch alle dem Geschäftsbereich „Industrie- und Kesselreinigung“ zuzuordnenden Vermögensgegenständen sowie der vorhandenen Kundenstamm des Geschäftsbetriebs von der Streithelferin zu 1. an die Beklagte zu 2. veräußert worden. Im Hinblick auf die in dem Kaufvertrag getroffenen Regelungen zu immateriellen Vermögensgegenständen kann es hierbei keinem Zweifel unterliegen, dass nach dem Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarungen auch ein Vorbenutzungsrecht der Streithelferin zu 1., auch wenn ein solches in dem Kaufvertrag nicht erwähnt wird, auf die Beklagte zu 2. übergehen sollte. Durch die Übertragung der immateriellen Vermögensgegenstände sollte der Geschäftsbetrieb nämlich „unverändert“ in der bisherigen Weise fortgeführt werden können (vgl. Ziff. 9.5.1 KV).
  153. (2.2.5)
    Dem Übergang eines Vorbenutzungsrechts der Streithelferin zu 1. auf die Beklagte zu 2. steht – was die Klägerin auch gar nicht einwendet – nicht entgegen, dass kein Grundbesitz der Gesellschaft übertragen wurde (vgl. Ziff. 9.6.1 und 9.6.5 KV). Zwar genügt es für die Übertragung eines Vorbenutzungsrechts nicht, wenn nur einzelne Sachen und Bestandteile des Betriebes übertragen werden (Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49 unter Verweis auf RGZ 147, 332, 338 = GRUR 1935, 677 – Aesulap; vgl. auch Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25, wonach die Übernahme einzelner Sachen oder Bestandteile des Betriebes, die dann beim Erwerber nicht benutzt werden, für den Übergang des Vorbenutzungsrechts nicht genügt). Das bedeutet aber nicht, dass es einem Übergang des Geschäftsbetriebes entgegensteht, wenn einzelne Gegenstände des Geschäftsbetriebes nicht übertragen werden. So hat schon das Reichsgericht in der in den vorstehend benannten Kommentarstellen in Bezug genommenen Entscheidung (RGZ 147, 332, 338) zum Warenzeichengesetz entschieden, dass die Annahme, dass ein Geschäftsbetrieb übergegangen ist, nicht davon abhängt, dass alle Bestandteile des Betriebs sowie alle Vermögenswerte übergehen. Vielmehr könnten Bestandteile, wie z.B. ausstehende Forderungen sowie Warenvorräte, ausgeschieden werden. Es müsse nur ein Erwerb des Geschäftsbetriebs im Großen und Ganzen vorliegen, und zwar derart, dass diejenigen Bestandteile des Betriebs übergehen, welche die Fortführung ermöglichen. So verhält es sich auch dann, wenn bis auf ein Betriebsgrundstück sämtliche Vermögenswerte des Geschäftsbetriebs auf den Erwerber übertragen werden. Denn dadurch kann der Geschäftsbetrieb an anderer Stelle in der bisherigen Art und Weise fortgeführt werden, und zwar unter Benutzung der Erfindung. Im Streitfall kommt hinzu, dass die Betriebsgrundstücke der Streithelferin zu 1. auf der Grundlage eines gleichzeitig abgeschlossenen Mietvertrages der Beklagten zu 2. zur Nutzung überlassen worden sind (vgl. Ziff. 9.6.1 KV und Ziff. 7.7.1 GKV). Davon, dass es einem Betriebsübergang nicht entgegenstehen muss, wenn Teile des Betriebs vom Übergang ausgeschlossen werden, geht auch der Bundesgerichtshof (GRUR 2012, 1010 – Nabenschaltung III) aus. Wie bereits erwähnt, steht nach seiner Rechtsprechung die Übertragung eines abgrenzbaren Betriebsteils der Übertragung eines (gesamten) Betriebs gleich (BGH, GRUR 2012, 1010 Rn. 20 – Nabenschaltung III). Der Übergang eines Vorbenutzungsrechts zusammen mit einem Betriebsteil ist hierbei nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Übernehmer einen Teil der zur Herstellung der geschützten Vorrichtung erforderlichen Arbeiten nunmehr in fremden Werkstätten, zu denen auch diejenigen seines Vertragspartners zählen können, vornehmen lässt (BGH, GRUR 2012, 1010 Rn. 20 – Nabenschaltung III; vgl. auch Benkard/Scharen, a.a.O., § 12 Rn. 25; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 Rn. 49; Kühnen, a.a.O., Kap. E Rn. 517).
  154. (2.2.6)
    Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beklagten den maßgeblichen Vertrag zwischen der Streithelferin zu 1. und der Beklagten zu 2. nicht vorgelegt, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Bei dem maßgeblichen Vertrag handelt es sich um den als Anlage E 23 überreichten, zwischen der Streithelferin zu 1. und der K GmbH (= Beklagte zu 2.) geschlossenen notariellen Kaufvertrag vom 30.06.2017 („Asset Deal“) über den Erwerb von Anlagevermögen sowie Kundenbeziehungen der Streithelferin zu 1.
  155. Richtig ist zwar, dass die Beklagten in erster Instanz ausgeführt hatten, dass im Zuge der Übernahme durch „I“ sämtliche Assets der „Beklagten zu 1.“ auf die Beklagte zu 2., die den kompletten Bereich der Sprengreinigung übernommen habe, übertragen worden seien (vgl. Schriftsatz v. 30.07.2018, S. 5 [Bl. 89 GA]; Schriftsatz v. 17.08.2019, S. 9 [Bl. 106 GA]). Das ließ sich dahin verstehen, dass eine Übertragung im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. stattgefunden haben soll. Ihr diesbezügliches Vorbringen haben die Beklagten jedoch nunmehr klargestellt bzw. berichtigt, wobei sie die behaupteten Transaktionen durch Vorlage der entsprechenden Verträge auch belegt haben. Hätte das Landgericht die Beklagten bereits in erster Instanz zur Konkretisierung ihres Vorbringens und/oder zur Vorlage der entsprechenden Verträge aufgefordert, wäre bereits in erster Instanz aufgefallen, dass der betreffende Kaufvertrag („Asset Deal“) zwischen der Streithelferin zu 1. und der heutigen Beklagten zu 2. geschlossen wurde.
  156. (2.2.7)
    Ein Vorbenutzungsrecht der Streithelferin zu 1. wäre damit am 03.08.2017 auf die Beklagte zu 2. übergegangen.
  157. (2.3)
    Nach dem Vorbringen der Beklagten hat die Beklagte zu 1. in der Zeit vom 03.08.2017 bis 31.12.2017 zwar noch Sprengreinigungen durchgeführt. Für diesen Zeitraum beruft sie sich allerdings auf einen Gesellschafterbeschluss der seinerzeit noch als K GmbH firmierenden Beklagte zu 2. vom 03.08.2017, den die Beklagten als Anlage E 26 (im Schriftsatz vom 14.09.2018 als Anlage S&B 26 bezeichnet) überreicht haben. Danach hat die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2. an diesem Tag den Beschluss gefasst, der Schwestergesellschaft der Beklagten zu 2., nämlich der Beklagten zu 1., die zur Abwicklung der derzeit in dem Betriebsteil „Industrie- und Kesselreinigung“ noch laufenden Kundenverträge notwendigen Betriebsmittel sowie Personal bis auf weiteres kostenneutral zur Verfügung zu stellen.
  158. Wie sich aus der von den Beklagten als Anlagen S&B 39 und 40 vorgelegten Gesellschafterlisten ergibt, war die I L GmbH, welche ausweislich des als Anlage S&B 38 vorgelegten Handelsregisterauszuges im Jahre 2018 im Wege des Formwechsels in die I L GmbH & Co. KG umgewandelt worden ist, alleinige Gesellschafterin der seinerzeit noch als K GmbH firmierenden Beklagte zu 2. Aus dem als Anlage S&B 38 geht hervor, dass die Herren H1 und I1, die den vorliegenden Gesellschafterbeschluss nach den Angaben der Beklagten unterschrieben haben, Geschäftsführer der I L GmbH und als solche gemeinsam zu deren Vertretung befugt waren.
  159. Soweit die Klägerin bestreitet, dass der von den Beklagten vorgelegte Gesellschafterbeschluss von den vorgenannten Personen unterschrieben worden ist, und sie damit wohl bestreiten will, dass ein solcher Beschluss (wirksam) gefasst wurde, kommt es hierauf derzeit nicht an. Ebenso muss nicht weiter vertieft werden, ob aufgrund dieses Beschlusses der bisherige Betriebspachtvertrag mit der Beklagten zu 1. als Pächterin und der Beklagten zu 2. als neuer Verpächterin zunächst mit der Maßgabe fortgesetzt worden ist, dass eine Pacht von der Beklagten zu 1. nicht mehr zu entrichten war, und die Beklagte zu 1. damit ein nunmehr der Beklagten zu 2. zustehendes Vorbenutzungsrecht weiter ausüben durfte. Es steht jedenfalls fest, dass sich sowohl die Beklagte zu 1. als auch die Beklagte zu 2. zumindest zeitweise auf ein Vorbenutzungsrecht berufen können, sofern sich ihr Vorbringen zur Entstehung eines Vorbenutzungsrechts in der Person der Streithelferin zu 1. Bewahrheiten sollte.
  160. Die Beklagte zu 1. kann sich in diesem Fall jedenfalls für die Zeit vom 02.12.2011 bis zum 02.08.2017 auf ein solches Recht berufen. In diesem Zeitraum begangene Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. wären dann durch ein Vorbenutzungsrecht gedeckt.
  161. Die Beklagte zu 2., die für die Zeit ab dem 21.08.2017 in Anspruch genommen wird und nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten erst ab dem 01.01.2018 selbst Sprengreinigungen durchgeführt hat, könnte sich jedenfalls ab der Beendigung eines mit der Beklagten zu 1. ggf. fortgesetzten Betriebspachtverhältnisses auf ein Vorbenutzungsrecht berufen. Unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten wäre von einer entsprechenden Beendigung zum 31.12.2017 auszugehen. Nach dem Gesellschafterbeschluss gemäß Anlage E 26 sollten der Beklagten zu 1. die zur Abwicklung der derzeit in dem Betriebsteil „Industrie- und Kesselreinigung“ noch laufenden Kundenverträge notwendigen Betriebsmittel sowie Personal bis auf weiteres kostenneutral zur Verfügung gestellt werden sollte, so dass ein ggf. zunächst mit der Beklagten zu 2. als neuer Verpächterin fortzusetzendes Betriebspachtverhältnis nur bis zur Abwicklung der noch laufenden Kundenverträge der Beklagten zu 1. bestehen sollte. Diese Verträge waren offenbar bis zum Ende des Jahres 2017 abgewickelt. Denn das Landgericht hat auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu 1. ihren Geschäftsbetrieb Ende 2017 eingestellt hat und dass die Beklagte zu 2. die Tätigkeit der Beklagten zu 1. fortführt (LG-Urteil, Seite 11). Ist dem so, hätte ein ggf. zunächst fortgeführtes Betriebspachtverhältnis zum 31.12.2017 sein Ende gefunden. Dass die Beklagte zu 1. entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch nach diesem Zeitpunkt noch Sprengreinigungen angeboten und/oder durchführt hat, hat die Klägerin nicht aufgezeigt und hierfür ist auch nichts ersichtlich. Allein die Tatsache, dass als Gegenstand des Unternehmens der Beklagten zu 1. weiterhin die „Industrie- und Kesselreinigung“ im Handelsregister eingetragen ist, lässt einen dahingehenden Schluss nicht zu. Ist der ursprünglich zwischen der Streithelferin zu 1. und der Beklagten zu 1. bestehende Betriebspachtvertrag hingegen nicht zunächst mit der Beklagten zu 2. als neuer Verpächterin fortgeführt und ist auch kein neues Betriebspachtverhältnis zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. zustande gekommen, könnte sich die Beklagte zu 2. bereits ab dem 03.08.2017 auf ein Vorbenutzungsrecht berufen.
  162. d)
    Damit kommt es im Streitfall in jedem Fall darauf an, ob die Streithelferin zu 1. ein privates Vorbenutzungsrecht erlangt hat. Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Dieses wird es nunmehr – nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits zu erneuten Verhandlung und Entscheidung – nachzuholen haben. Die Beklagten und ihre Streithelfer haben zur Entstehung eines solchen Vorbenutzungsrechts auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 08.03.2009 weiter vorgetragen. Vor allem die Darlegungen der Streithelfer sind detailliert und zweifellos schlüssig. Es wird unter Beweisantritt eine Vielzahl von gewerblichen Anwendungen behauptet. Das gesamte diesbezügliche Vorbringen der Beklagten und ihrer Streithelfer zur Entstehung des behaupteten Vorbenutzungsrechts ist nicht verspätet und deshalb zu berücksichtigen. Darauf, dass das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten zur Entstehung eines privaten Vorbenutzungsrecht in der Person der Streithelferin zu 1. nicht hinreichend ist, hätte nämlich bereits das Landgericht hinweisen müssen.
  163. D.
    Das angefochtene Urteil – einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens – ist auf den Antrag der Beklagten hin gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen. Denn das erstinstanzliche Verfahren leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist,
  164. 1.
    Bei den vorstehend unter C. 3. a) und b) dargelegten Verfahrensmängeln handelt es sich um wesentliche Verfahrensmängel im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Als wesentliche Verfahrensmängel im Sinne dieser Vorschrift kommen insbesondere Verstöße gegen § 139 ZPO und gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Betracht. Hierzu zählen u.a. unterlassene oder unzureichende Hinweise sowie die Ablehnung einer gebotenen Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (vgl. BeckOK ZPO/Wulf, 32. Ed. 01.03.2019, § 538 Rn. 13 m. w. Nachw.). So verhält es sich hier. Die nicht rechtzeitige Erteilung eines notwendigen Hinweises bzw. die Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung einschließlich der Nichtberücksichtigung der Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten ist so erheblich, dass das Verfahren keine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung darstellt.
  165. 2.
    Aufgrund des Verfahrensmangels ist zudem eine umfangreiche Beweisaufnahme gemäß des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig, da eine Mehrzahl von Zeugen zu vernehmen ist.
  166. Die Beklagten und ihre Streithelfer haben eine Vielzahl von gewerblichen Anwendungen der Streithelferin zu 1. behauptet, die beweislich und gegenbeweislich aufzuklären sind. Die Beklagte beruft sich insbesondere auf eine – von der Klägerin bestrittene – erfindungsgemäße Sprengreinigung im RWE-Kraftwerk am 21.07.2003, bei der es sich nach dem Berufungsvorbringen der Beklagten und ihrer Streithelfer nicht nur um einen bloßen „Versuch“ bzw. „Test“, sondern um eine gewerbliche Anwendung gehandelt haben soll. Nach dem Vorbringen der Streithelfer der Beklagten soll es sich dabei um einen Großauftrag gehandelt haben, im Rahmen dessen das patentgemäße Verfahren in der Zeit vom 21. bis 28.07.2003 wiederholt eingesetzt worden ist. Hierzu haben die Beklagten und ihre Streithelfer Herrn Q und den Streithelfer zu 2. als Zeugen benannt. Eine Vernehmung des Streithelfers zu 2. als Zeugen ist prozessual zulässig, weil dieser einfacher Nebenintervenient ist (vgl. zur Abgrenzung zum sog. streitgenössischen Nebenintervenienten: Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 67 Rn. 1, § 69 Rn. 1-4). Ein einfacher Nebenintervenient kann als Dritter im Prozess Zeuge sein (vgl. BayOBLG, NJW-RR 1987, 1423; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 67 Rn. 1; MüKoZPO/Schultes, 5. Aufl., § 67 Rn. 3; MüKoZPO/Damrau, a.a.O., § 373 Rn. 15; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 16. Aufl., § 67 Rn. 2; HK-ZPO/Bendtsen, 8. Aufl., § 67 Rn. 2; BeckOK ZPO/Scheuch, 32. Ed. 01.03.2019, § 373 Rn. 13; einschränkend OLG Düsseldorf [22 ZS.], MDR 2015, 178 = BeckRS 2015, 221, dessen Auffassung hier aber zu keinem anderen Ergebnis führt). Außerdem haben die Beklagten im Zusammenhang mit der am 21.07.2003 im Kraftwerk J durchgeführten Sprengreinigung und der dort eingesetzte Vorrichtung Herrn R als weiteren Zeugen benannt. Die Streithelfer der Beklagten haben ferner schlüssig und unter Beweisantritt die Durchführung patentgemäßer Sprengreinigungen in der Müllverbrennungsanlage Bonn am 19.11.2001 (Zeugnis des Herrn S und des Streithelfers zu 2.), bei der BKB in Helmstedt am 26.11.2001 (Zeugnis des Herrn S und des Streithelfers zu 2.), in der MVA Bonn am 06.01.2002 (Zeugnis des Herrn S und des Streithelfers zu 2.), im Kraftwerk J am 07.01.2012 (Zeugnis der Herren S und T sowie des Streithelfers zu 2.) und in der BKB in Helmstedt am 04.02.2002, 04.02.2002, 21.06.2002, 17.07.2002, 20.09.2002, 24.07.2003 und 26.09.2003 (Zeugnis des Herrn U und des Streithelfers zu 2.) sowie in der Müllverbrennungsanlage in V am 08.04.2002 (Zeugnis des Streithelfer zu 2.) behauptet. In Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten haben die Beklagten und ihre Streithelfer in der Berufungsinstanz außerdem unter Beweisantritt weiter zur Entwicklung des in Rede stehenden Sprengreinigungsverfahrens bei der Streithelferin zu 1. vorgetragen. In diesem Zusammenhang haben die Streithelfer der Beklagten unter anderem behauptet, dass der auch von den Beklagten angesprochene Sonderlehrgang für die Durchführung von Sprengarbeiten der W GmbH in der Zeit vom 16. bis 18.10.2001 im Hinblick auf einen von der Streithelferin zu 1. nach der erfolgreichen Durchführung von entsprechenden Versuchen bereits im Herbst 2001 gefassten Entschluss, das Verfahren der linearen Sprengungen mit Sprengschnüren in heißen Massen nunmehr regelmäßig Kunden anzubieten, stattgefunden habe und dass im Rahmen dieses Lehrgangs die Verfahrensweise der linearen Sprengreinigung vorgestellt worden sei. Als Zeugen haben die Beklagten und ihrer Streithelfer hierzu die Herren S, A1, B1 und U sowie den Streithelfer zu 2. benannt. In Bezug auf die behauptete spätere gewerbliche Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens durch die Streithelferin zu 1. vor dem Prioritätstag des Klagepatents kommt auch diesem Randgeschehen bzw. dieser Vorbereitungshandlung Bedeutung zu, weshalb auch den diesbezüglichen Behauptungen nachzugehen ist. Bereits in erster Instanz haben sich die Beklagten überdies zum Beweis dafür, dass die in der als Anlage S&B 4 vorgelegten Zeichnung gezeigte Vorrichtung bereits vor dem Prioritätstag des Klagepatents im Gebrauch gewesen sei, auch auf das Zeugnis des Herrn C1 berufen. Die Klägerin hat gegenbeweislich die Herren D1, E1, F1, G1 und A1 als Zeugen benannt. Es ist damit eine Vielzahl von Zeugen zu vernehmen, so dass eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich ist.
  167. 3.
    Das ihm nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eröffnete Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen, übt der Senat – nachdem die Beklagten den notwendigen Antrag gestellt haben – dahingehend aus, dass er den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverweist.
  168. Nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher Umstände ist der Senat der Überzeugung, dass er entgegen seiner sonstigen Praxis keine Entscheidung in der Sache selbst vornimmt. Eine Zurückverweisung führt zwar regelmäßig zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits, was in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspricht. Dem steht indes gegenüber, dass der Senat zur Durchführung einer sehr umfangreichen Beweisaufnahme verpflichtet wäre. Diese gebotene Beweisaufnahme entspricht nicht der Funktion eines Rechtsmittelgerichts. Der Gesichtspunkt der Prozessökonomie rechtfertigt allein die Erhebung der notwendigen Beweise durch das Berufungsgericht nicht. Den Parteien würde schließlich eine Tatsacheninstanz genommen. Die Zurückverweisung dient gerade auch dem Interesse der Parteien an der Erhaltung einer Überprüfungsmöglichkeit durch die Berufungsinstanz, da dort keine umfassende zweite Tatsacheninstanz mehr eröffnet ist, sondern in erster Linie eine Fehlerprüfung stattfindet (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.2018 – I-15 U 52/17). Eine schnellere Erledigung des Rechtsstreits durch den Senat wäre im Übrigen angesichts seiner Geschäftsbelastung nicht zu erwarten.
  169. E.
    Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
  170. 1.
    Es ist zunächst aufzuklären, ob in der Person der Streithelferin zu 1. ein privates Vorbenutzungsrecht nach § 12 PatG entstanden ist.
  171. 2.
    Sollte das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis kommen, dass die Streithelferin zu 1. ein privates Vorbenutzungsrecht erworben hat, wird ggf. aufzuklären sein, ob der Gesellschafterbeschluss der Beklagten zu 2. (Anlage E 26) am 03.08.2017 von deren alleiniger Gesellschafterin, der I L GmbH, durch deren Geschäftsführer H1 und I1 gefasst worden ist. Außerdem wird in diesem Zusammenhang ggf. zu klären sein, ob auf der Grundlage dieses Beschlusses der bisherige Betriebspachtvertrag mit der Beklagten zu 2. als neuer Verpächterin zunächst fortgesetzt worden ist mit der Maßgabe, dass eine Pacht von der Beklagten zu 1. nicht mehr zu entrichten war, es jedoch ansonsten bei dem bisherigen Betriebspachtvertrag – und damit auch bei der Überlassung des Vorbenutzungsrechts – bleiben sollte.
  172. 3.
    Sofern die Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. und/oder der Beklagten zu 2. nicht durch ein privates Vorbenutzungsrecht gedeckt gewesen sind, wird das Landgericht bei seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Patentbenutzung bzw. -verletzung Folgendes zu beachten haben:
  173. a)
    Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist auch darauf gerichtet, den Beklagten zu untersagen, das patentgemäße Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland zur Anwendung anzubieten.
  174. Ein Anbieten eines Verfahrens liegt (auch) vor, wenn jemand einem Anderen die Anwendung des Verfahrens dergestalt in Aussicht stellt, dass sie durch den Anbietenden selbst vorgenommen oder veranlasst werden soll (vgl. Senat, Urt. v. 15.05.2014 – I-2 U 74/13; Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 52; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 9 PatG Rn. 94; Schulte/Rinken, a.a.O., § 9 Rn. 87; Kühnen, a.a.O., Kap. A Rn. 326). Dabei muss es nicht zu einer Anwendung des Verfahrens kommen und eine Anwendung muss auch nicht bereits stattgefunden haben. Der Verbotstatbestand des § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG will schon die Gefährdung der Benutzung des patentierten Verfahrens ausräumen (Senat, Urt. v. 15.05.2014 – I-2 U 74/13; Benkard/Scharen, a. a. O., § 9 Rn. 52).
  175. Das Anbieten eines Verfahrens zur Anwendung ist allerdings nur unter weiteren Voraussetzungen verboten (Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 51). Haftungsbegründend ist das Anbietens eines Verfahrens nur dann, wenn der Anbietende weiß oder wenn es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die Verfahrensanwendung ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist (§ 9 Nr. 2 PatG). Ersteres setzt nicht nur voraus, dass dem Dritten das Verfahrenspatent bekannt ist und er sich über dessen Tragweite im Klaren ist, insbesondere weiß, dass das von ihm zur Anwendung angebotene Verfahren in den Schutzbereich des Patents fällt; der Anbietende muss auch wissen, dass derjenige, der das Verfahren im Inland anwenden soll, kein Recht zur Benutzung des Verfahrens hat. Dem steht es gleich, wenn aufgrund der Umstände offensichtlich ist, d.h. klar auf der Hand liegt, dass die angebotene Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist (Benkard/Scharen, a. a. O., § 9 Rn. 51). Der Anbietende muss damit nicht nur das Klagepatent kennen, sondern es muss darüber hinaus auf der Hand liegen, dass das angebotene Verfahren in dessen Schutzbereich eingreift und deswegen dem Verbietungsrecht des Schutzrechtsinhabers unterliegt. Letzteres wird durch eine die Patentverletzung im Einzelnen darlegende Verwarnung oder Klageschrift noch nicht zwingend ausgeschlossen, selbst wenn der Argumentation des Abmahnenden/Klägers in der Sache beizupflichten ist. Weil nur Offensichtlichkeit schadet, bleibt der gute Glaube an die Nichtverletzung auch im Anschluss an eine berechtigte Verwarnung oder Klageerhebung solange beachtlich, wie die Nichtverletzungsargumente mit vernünftigen Erwägungen vertretbar sind. Sie können sich auch auf „Rechtfertigungsgründe“ beziehen, etwa ein vermeintlich bestehendes Vorbenutzungsrecht, von dem der Anbietende mit guten Gründen der Meinung sein darf, dessen tatbestandliche Voraussetzungen schlüssig darlegen und beweisen zu können.
  176. b)
    Soweit die Klägerin die Beklagten wegen Verletzung des Patentanspruchs 4 des Klagepatents auch auf Unterlassung des Angebots, Inverkehrbringens und der Einfuhr patentgemäße Vorrichtungen in Anspruch nimmt, hat sie das Bestehen eines entsprechenden Unterlassungsanspruchs bislang nicht schlüssig dargetan.
  177. aa)
    Was die patentverletzenden Sprengschnur-Vorrichtungen anbelangt, lässt sich bislang allein feststellen, dass die Beklagten zu 1. und 2. solche Vorrichtungen jeweils hergestellt, gebraucht und – wenn auch jeweils immer nur am jeweiligen Einsatzort – zum Zwecke des Gebrauchs besessen haben. Demgegenüber ist nicht dargetan, dass die Beklagten zu 1. und 2. Solche Vorrichtungen auch angeboten, in den Verkehr gebracht oder in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt haben.
  178. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils (LG-Urt. S. 11) heißt es zwar in Bezug auf die Beklagte zu 2. (nicht auch in Bezug auf die Beklagte zu 1.), dass diese Vorrichtungen zum Reinigen von Industrieanlagen herstellt und vertreibt. Entsprechende Vertriebshandlungen hat die Klägerin allerdings nicht dargetan. Das Landgericht hat in seinem den Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin zurückweisenden Beschluss vom 20.01.2019 dementsprechend auch nur ausgeführt, es habe mit der betreffenden Formulierung „gewürdigt“, dass ein Herstellen der angegriffenen Ausführungsformen nicht bestritten worden sei. Das Landgericht ist damit – insoweit zutreffend – davon ausgegangen, dass ein Herstellen der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte zu 2. nicht bestritten worden ist. Aus der Tatsache, dass die Beklagte zu 2. die angegriffene Ausführungsform unstreitig herstellt, hat es – insoweit rechtlich unzutreffend (dazu sogleich) – bloß eine Begehungsgefahr hinsichtlich der weiteren in § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG genannten Benutzungsarten hergeleitet. Die angegriffene Sprengschnur-Vorrichtung betreffende Vertriebshandlungen der Beklagten zu 1. und/oder der Beklagten zu 2. hat die Klägerin auch in zweiter Instanz nicht dargetan. Soweit sie in der Klageschrift (S. 11) ausgeführt hat, dass die Beklagte zu 1. die durch Patentanspruch 4 geschützte Vorrichtung für die Sprengreinigung selbst herstellt und diese „durch die Anwendung des Verfahrens in den Verkehr bringt“, liegt in dem eigenen Gebrauch der angegriffenen Ausführungsform im Rahmen der Anwendung des patentgemäßen Verfahrens kein Inverkehrbringen der Vorrichtung. Denn unter „Inverkehrbringen“ ist eine Tätigkeit zu verstehen, durch die der Eintritt des patentierten Erzeugnisses in den Handelsverkehr, der Umsatz- und Veräußerungsgeschäfte zum Gegenstand hat, tatsächlich bewirkt wird, indem das patentierte Erzeugnis unter Begebung der eigenen Verfügungsgewalt tatsächlich in die Verfügungsgewalt einer anderen Person übergeht (vgl. nur Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 44 m. w. Nachw.). Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren ausgeführt hat, es sei üblich, dass Sprengreinigungsunternehmen insbesondere bei langfristig angelegten Aufträgen ihre benötigten Materialien für die Dauer der Beauftragung bei den Kunden zwischenlagerten, mag dahinstehen, ob in einem solchen Fall die Verfügungsgewalt jeweils auf den Kunden übergeht. Denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte zu 1. und/oder die Beklagte zu 2. zu irgendeinem Zeitpunkt eine komplette Sprengschnur-Vorrichtung im Sinne des Patentanspruchs 4 des Klagepatents bei einem ihrer Kunden gelagert hat.
  179. bb)
    Eine Begehungsgefahr für ein Anbieten, Inverkehrbringen und die Einfuhr patentgemäßer Vorrichtungen, kann nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ebenfalls nicht bejaht werden.
  180. (1)
    Ob Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs auch Benutzungsarten sein können, derer sich der Verletzer nicht bedient hat, hängt nach der Rechtsprechung des Senats von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Ausrichtung des Geschäftsbetriebs des Verletzungsbeklagten, ab. Es ist danach prinzipiell zwischen Herstellungsbetrieben und reinen Vertriebsunternehmen zu unterscheiden. Ist es (im Inland) zu Herstellungshandlungen gekommen, besteht im Allgemeinen eine Begehungsgefahr auch für nachfolgende Angebots- und Vertriebshandlungen, weil die Herstellung eines Produktes typischerweise ihrem anschließenden Verkauf dient. Ein Hersteller ist daher regelmäßig wegen sämtlicher Benutzungshandlungen des § 9 Nr. 1 PatG zu verurteilen. Mit Hersteller ist hierbei selbstverständlich ein Unternehmen gemeint, das Erzeugnisse herstellt, die prinzipiell für den Handelsverkehr bestimmt sind. Ist der Beklagte demgegenüber ein reines Handelsunternehmen, so schafft jede Angebotshandlung eine Begehungsgefahr für das Inverkehrbringen, Gebrauchen, Besitzen und Einführen (vgl. Senat, Urt. v. 23.03.2017 – I-2 U 58/16, BeckRS 2017, 109832; Urt. v. 06.04.2017 – I– 2 U 51/16, BeckRS 2017, 109833; Urt. v. 05.07.2018 – I – 2 U 41/17; Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 249). Grund hierfür ist, dass der Geschäftsbetrieb eines Handelsunternehmens auch auf diese Benutzungsarten ausgerichtet ist bzw. diese Benutzungsarten vom üblichen Geschäftsbetrieb eines solchen Unternehmens umfasst sind, so dass regelmäßig auch mit diesen zu rechnen ist. Eine Verurteilung wegen der Handlungsalternative des Herstellens kommt dagegen wegen der klaren Ausrichtung des Unternehmens auf den Vertrieb nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 23.03.2017 – I-2 U 58/16; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 249).
  181. Hat ein Unternehmen eine patentverletzende Vorrichtung im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs bislang allein bestimmungsgemäß verwendet (gebraucht) und ist sein Geschäftsbetrieb auch nur hierauf ausgerichtet, kann regelmäßig eine Begehungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr nur für die Benutzungsart des Gebrauchens sowie des Besitzens zum Gebrauch angenommen werden. Außerdem kann in einem solchen Fall unter Umständen – wenn der Patentverletzer die Vorrichtung nicht selbst herstellt – unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auch ein Verbot der Einfuhr patentgemäßer Vorrichtungen zum Zwecke des Gebrauchens ausgesprochen werden. Ein weitergehendes Verbot kann hingegen nur verhängt werden, wenn auch andere Benutzungsarten (Anbieten; Inverkehrbringen) innerhalb der verbleibenden Restlaufzeit des Klagepatents konkret zu besorgen sind. Für eine entsprechende Ausweitung des Unterlassungstenors sind hierfür greifbare Tatsachen erforderlich, die in naher Zukunft eine entsprechende Handlung des Beklagten erwarten ließen und dementsprechend die Grundlage für eine Erstbegehungsgefahr liefern könnten (Senat, Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16).
  182. (2)
    Entsprechendes gilt für ein Unternehmen, das patentgemäße Vorrichtungen (ausschließlich) für den Eigengebrauch herstellt, wobei in Bezug auf ein solches Unternehmen allerdings regelmäßig auch ein Verbot der Einfuhr patentgemäßer Vorrichtungen zum Zwecke des Gebrauchens nicht ausgesprochen werden kann, weil das Unternehmen die Vorrichtung ja selbst herstellt. Für eine Ausweitung des Unterlassungstenors müssen daher auch hier greifbare Tatsachen vorhanden sein, die in naher Zukunft eine entsprechende Handlung des Beklagten erwarten ließen und dementsprechend die Grundlage für eine Erstbegehungsgefahr liefern könnten. Daran fehlt es hier nach dem bisherigen Sach- und Streitstand. Hinsichtlich der Beklagten zu 1., die entsprechende Benutzungshandlungen in der Vergangenheit nicht vorgenommen hat, gilt dies schon deshalb, weil sie ihren Geschäftsbetrieb nach den Feststellungen des Landgerichts bereits Ende 2017 eingestellt hat. Die Beklagte zu 2. stellt lediglich patentgemäße Vorrichtungen her und gebraucht diese, wie dies zuvor auch die Beklagte zu 1. getan hat. Die Herstellung der patentgemäßen Vorrichtungen erfolgt dabei zu dem Zweck, diese selbst zu Sprengreinigungen einzusetzen, nicht aber, um diese zu veräußern oder an Dritte abzugeben. Da die unter Schutz gestellte Vorrichtung eine Sprengschnur umfasst und die Vorrichtung nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten erst am jeweiligen Einsatzort (vor dem dortigen Gebrauch) mit einer solchen Sprengschnur ausgerüstet werden, liegt es auch fern, dass die Beklagte zu 2. solche Vorrichtungen künftig anbietet oder in den Verkehr bringt. Ebenso liegt es fern, dass sie solche Vorrichtungen, die sie bislang selbst hergestellt hat, in die Bundesrepublik Deutschland einführt.
  183. c)
    Fehlt es an einem die patentgemäße Vorrichtung betreffenden Angebot und/oder an einer Lieferhandlung scheiden auch diesbezügliche Schadensersatzansprüche aus.
  184. In Bezug auf den Rechnungslegungsanspruch der Klägerin, der der Bezifferung ihres Schadensersatzanspruches dient, kann nichts anderes gelten. Zwar genügt es für die Feststellung der Schadensersatzpflicht aus § 139 Abs. 2 PatG und die Verurteilung zur Rechnungslegung in der Regel bereits, wenn nachgewiesen wird, dass der Beklagte während der Schutzdauer des Klagepatents überhaupt irgendwelche schuldhaft rechtswidrigen Verletzungshandlungen begangen hat. Geht der Streit, wie zumeist in Patentverletzungssachen, darum, ob die von dem Beklagten hergestellten oder vertriebenen Gegenstände von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen, und ist es daneben zwischen den Parteien nicht streitig, durch was für eine der in § 9 PatG genannten Benutzungsarten der Beklagte das Patent verletzt haben soll, so bestehen in der Regel – sofern die betreffenden Benutzungsformen nach der Ausrichtung des beklagten Unternehmens als möglich in Betracht kommen – keine Bedenken, auf einen entsprechenden Klagantrag hin die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Rechnungslegung auf alle in § 9 Nr. 1 PatG genannten Benutzungsarten zu erstrecken, auch wenn für sie kein konkreter Vortrag geleistet und/oder Nachweis erbracht ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn unstreitig ist, dass die angegriffene Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents fällt, und der Streit der Parteien nur und gerade darum geht, ob das, was der Beklagte in Bezug auf diese Ausführungsform getan haben soll, unter eine der nach § 9 PatG allein dem Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungsarten fällt. Anderes hat ebenso zu gelten, wenn die Parteien sowohl darüber streiten, ob die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, und zwischen den Parteien darüber hinaus streitig ist, ob der Beklagte eine ihm auch zur Last gelegte Benutzungsart (z.B. Inverkehrbringen) vorgenommen hat, was dieser plausibel in Abrede stellt. Auch in einem solchen Fall kommt eine Feststellung der Schadensersatzpflicht und eine Verurteilung zur Rechnungslegung grundsätzlich nur für diejenigen Benutzungsarten des § 9 PatG in Betracht, für die eine Verletzungshandlung vom Kläger nachgewiesen wird (Senat, Urt. v. 23.03.2017 – I-2 U 58/16, BeckRS 2017, 109832; Urt. v. 06.04.2017 – I-2 U 51/16, Mitt. 2017, 454 = BeckRS 2017, 109833; Urt. v. 05.07.2018 – I – 2 U 41/17; Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 376). Selbst wenn man hiervon zumindest im Hinblick auf den Rechnungslegungsanspruch Ausnahmen zulassen wollte, soweit es um nach dem Zuschnitt des Geschäftsbetriebs des Beklagten in Betracht kommende Benutzungshandlungen geht, ist das Ergebnis im Streitfall kein anderes. Der Inhalt und Umfang des Rechnungslegungsanspruchs wird durch das Angewiesensein des Gläubigers und die Zumutbarkeit der Informationserteilung auf Seiten des Schuldners bestimmt. Benutzungshandlungen, die nicht vorgenommen worden sind und die nach dem Zuschnitt des Geschäftsbetriebs auch nicht zu besorgen sind, können deshalb nicht rechnungslegungspflichtig sein (Senat, Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16)
  185. d)
    Anders verhält es sich hingegen nach der Rechtsprechung des Senats in Bezug auf den Auskunftsanspruch nach § 140b PatG. Diese Bestimmung knüpft die Auskunftspflicht an das Vorliegen irgendeiner widerrechtlichen Benutzungshandlung. Sobald sie vorliegt, ist über die Herkunft und den Vertriebsweg des Verletzungsproduktes Auskunft zu erteilen. Die vollständige Auskunftspflicht trifft deswegen auch denjenigen, der das Patent lediglich in einer einzelnen Handlungsalternative (z.B. durch Gebrauchen) verletzt hat. Sämtliche Daten sind mithin auch dann (notfalls im Wege der Nullauskunft) zu offenbaren, wenn das Klagepatent in irgendeiner Weise widerrechtlich benutzt wurde, weswegen auch derjenige, der Verletzungserzeugnisse nur besessen oder gebraucht hat, in vollem Umfang auskunftspflichtig ist (Senat, Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 429 u. Rn. 564).
  186. c)
    Die Voraussetzungen eines Rückrufanspruchs sowie eines Anspruchs auf Entfernung aus den Vertriebswegen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG sind bislang nicht schlüssig dargetan. § 140a Abs. 3 PatG knüpft nach der Gesetzesformulierung an eine Benutzungshandlung i.S.d. §§ 9 bis 13 PatG an, wobei es sich bei dieser Benutzungshandlung, da es um den Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse aus den „Vertriebswegen“ geht, um eine Vertriebshandlung handeln muss. Die Zuerkennung eines Rückrufanspruchs setzt demgemäß voraus, dass mindestens ein Lieferfall vorgetragen ist (st. Rspr. des Senats, vgl. Urt. v. 06.10.2016 – I-2 U 19/16, BeckRS 2016, 21218; Urt. v. 23.03.2017 – I-2 U 58/16, BeckRS 2017, 109832; Urt. v. 06.04.2017 – I– 2 U 51/16, BeckRS 2017, 109833; Urt. v. 05.07.2018 – I – 2 U 41/17; Urt. v. 25.10.2018 – I-2 U 30/16; Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 618).
  187. d)
    Schließlich scheidet nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch ein Vernichtungsanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG in Bezug auf patentverletzende Vorrichtungen aus.
  188. Die Zuerkennung des Vernichtungsanspruchs nach § 140a PatG setzt voraus, dass der Beklagte patentverletzende Gegenstände im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht (noch) in seinem Besitz oder Eigentum hat (LG Düsseldorf, InstGE 13, 1 – Escitalopram-Besitz; Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 639). Ob Besitz und/oder Eigentum des Verletzers an schutzrechtsverletzenden Erzeugnissen vorhanden ist, ist vom Verletzungsgericht im Erkenntnisverfahren zu klären. Es handelt sich nämlich um eine anspruchsbegründende Tatbestandsvoraussetzung des § 140a Abs. 1 PatG (LG Düsseldorf, InstGE 13, 1 – Escitalopram-Besitz). Im Allgemeinen genügt zwar die Behauptung, dass der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt nach Erteilung des Patents im Besitz oder Eigentum schutzrechtsverletzender Gegenstände war, weil bereits damit der Vernichtungsanspruch entstanden ist (Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 639). Macht der Beklagte jedoch nachvollziehbar geltend oder liegt es sonst auf der Hand, dass der ursprünglich gegebene Besitz nachträglich entfallen und ein Besitz oder Eigentum des Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr gegeben ist, so scheidet eine Verurteilung zur Vernichtung aus (Kühnen, a.a.O., Kap. D Rn. 639).
  189. Nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten werden die zur Durchführung des patentgemäßen Verfahrens eingesetzten Sprengschnur-Vorrichtungen erst vor Ort hergestellt. Bei der Anwendung des patentgemäßen Verfahrens werden sie durch die Sprengung zerstört. Fertige (komplette) Sprengschnur-Vorrichtungen haben die Beklagten damit lediglich im Rahmen der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens in ihrem Besitz, und zwar bis zu der Sprengung, durch welche die Vorrichtung zerstört wird.
  190. III.
    Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten der Nebenintervention war dem Landgericht vorzubehalten, weil der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann (OLG P, NJW-RR 1987, 1152; OLG München, NJW 2011, 396, 398; Urt. v. 31.7.2015 – 10 U 4575/14, NJOZ 2016, 184 Rn. 20).
  191. Die Gerichtsgebühren beider Instanzen waren gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang niederzuschlagen, weil ein wesentlicher Verfahrensmangel – nur ein solcher kann zur Aufhebung und Zurückverweisung führen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) –, zugleich eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG darstellt (OLG München, Urt. v. 31.7.2015 – 10 U 4575/14, NJOZ 2016, 184 Rn. 21; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.2018 – I-15 U 52/17). § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG erlaubt auch die Niederschlagung von Gebühren des erstinstanzlichen Verfahrens (OLG München, NJOZ 2016, 184 Rn. 22 m. w. Nachw.; vgl. a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.2018 – I-15 U 52/17).
  192. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO. Auch im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im Hinblick auf §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit – allerdings ohne Abwendungsbefugnis – geboten (BGH, JZ 1977, 232; OLG München, NJW 2011, 396, 398 m. w. Nachw.; NJOZ 2016, 184 Rn. 23; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.2018 – I-15 U 52/17).
  193. Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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