4c O 20/15 – Vorrichtung zum Verbinden von Rohren

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2972

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 12. November 2019, Az. 4c O 20/15

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
  3. Vorrichtungen zum Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren mit einer die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereichen der Rohre überspannenden Manschettenanordnung, die zumindest eine Fixiermanschette, auf der den beiden Rohren zugeordnete, umlaufende Spannschellen aufgenommen sind, und vorzugsweise eine von der Fixiermanschette umfasste Dichtmanschette aufweist, wobei jede Manschette der Manschettenanordnung an die unterschiedlichen Außendurchmesser der Rohre anpassbare, den beiden Rohren zugeordnete, zylindrische Anlagebereiche aufweist, die jeweils durch einen in eine entsprechend der Durchmesserabstufung konische Form bringbaren Mittelbereich verbunden sind, wobei die Anlagebereiche der dem Außenumfang der beiden Rohre benachbarten Manschette an beiden Rohren in direkte Anlage bringbar sind und die Anlagebereiche der Fixiermanschette den Spannschellen zugeordnete, umlaufende Aufnahmekanäle enthalten, und wobei die Fixiermanschette als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet ist, wobei der die Fixiermanschette bildende Ring als Federkorb ausgebildet ist, der beidseitig mit über seinen Umfang verteilten, dem Mittelbereich und den seitlichen Anlagebereichen zugeordneten, auf der ganzen Länge der Fixiermanschette ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung gebenden, in axialer Richtung verlaufenden Schlitzen versehen ist und wobei der Mittelbereich der Fixiermanschette durch seitliche Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen verbunden ist,
  4. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
  5. 2. dem Kläger Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 27. Mai 2011 begangen hat, und zwar unter Angabe
  6. a) der Herstellungsmengen und -zeiten;
  7. b) der Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
    -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie unter Vorlage von Belegen in Form von Kopien von Rechnungen;
  8. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
    -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen und unter Angabe der Namen und Angebotsempfänger;
  9. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
  10. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von dem Kläger zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  11. 3. die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 27. Mai 2011 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des LG Düsseldorf vom 12. November 2019) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  12. 4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von dem Kläger zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben oder die Erzeugnisse selber zu vernichten und der Klägerin einen Vernichtungsnachweis zukommen zu lassen;
  13. 5. an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.075,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. April 2015 zu zahlen;
  14. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 27. Mai 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  15. III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  16. IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I.1., 3. und 4. in Höhe von 200.000,- €, hinsichtlich der Tenors zu Ziffer I.2. in Höhe von 25.000,- sowie hinsichtlich des Tenors zu 5. sowie der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
  17. Tatbestand
  18. Der Kläger ist eingetragener Inhaber des europäischen Patents 2 072 XXX B1 (Anlage K 1, im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 12. Dezember 2008 angemeldet und die Offenlegung der Anmeldung folgte am 24. Juni 2009. Am 27. April 2011 wurde der Hinweis auf die Patenterteilung veröffentlicht. Das Klagepatent steht für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Es betrifft eine Vorrichtung zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern.
  19. Der vorliegend maßgebliche Anspruch 1 des Klagepatents lautet:
  20. „Vorrichtung zum Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren (1, 2) mit einer die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereichen der Rohre (1, 2) überspannenden Manschettenanordnung, die zumindest eine Fixiermanschette (8, 8a), auf der den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, umlaufende Spannschellen (12, 13) aufgenommen sind, und vorzugsweise eine von der Fixiermanschette (8, 8a) umfasste Dichtmanschette (3) aufweist, wobei jede Manschette der Manschettenanordnung an die unterschiedlichen Außendurchmesser der Rohre (1, 2) anpassbare, den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete zylindrische Anlagebereiche (5, 6; 10, 11) aufweist, die jeweils durch einen in eine entsprechend der Durchmesserabstufung konische Form bringbaren Mittelbereich (7, 9) verbunden sind, wobei die Anlagebereiche (5, 6) der dem Außenumfang der beiden Rohre (1, 2) benachbarten Manschette an beiden Rohren (1, 2) in direkte Anlage bringbar sind und die Anlagebereiche (10, 11) der Fixiermanschette (8, 8a) den Spannschellen (12, 13) zugeordnete, umlaufende Aufnahmekanäle enthalten, und wobei die Fixiermanschette (8) als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet ist, der für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet ist, wobei der die Fixiermanschette (8) bildende Ring als Federkorb ausgebildet ist, der beidseitig mit über seinen Umfang verteilten, dem Mittelbereich (9) und den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) zugeordneten, auf der ganzen Länge der Fixiermanschette (8) ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung gebenden, in axialer Richtung verlaufenden Schlitzen (15, 15a, 16) versehen ist und wobei der Mittelbereich (9) der Fixiermanschette (8) durch seitliche Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) verbunden ist.“
  21. Wegen des Wortlauts des lediglich insbesondere geltend gemachten Patentanspruchs 17 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
  22. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend (verkleinert) die Figuren 1 und 2 sowie 15 und 17 eingeblendet. Figur 1 zeigt eine Rohrverbindung mit einer als umlaufender Federkorb ausgebildeten Fixiermanschette in aufgeschnittener Darstellung, Figur 2 eine Abwicklung der Anordnung gemäß Figur 1 in explosionsartiger Darstellung. Figur 15 zeigt eine Ansicht einer Fixiermanschette mit durch faltenbalgartige Membranen verschlossenen Dehnungsschlitzen und Figur 17 eine Draufsicht auf die Anordnung von Figur 15 von innen.
  23. Die Beklagte ist ein deutsches Unternehmen, das Universal-Manschetten zum Verbinden von zwei Rohren herstellt und vertreibt. Zu den Manschetten gehört auch eine Universal-Manschette mit der Bezeichnung „A“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), die insbesondere zum Verbinden von Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern dient: Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform kann der von dem Kläger überreichten Produktbroschüre der Beklagten (Anlage K 9) sowie den nachfolgenden Ablichtungen der angegriffenen Ausführungsform entnommen (Anlage K 10) werden, welche seitens des Klägers beschriftet wurden, sowie dem als Anlage B 2 zu den Akten gereichten Muster.
  24. Die patentanwaltlichen Vertreter des Klägers mahnten die Beklagte im Hinblick auf die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland erfolglos ab. Für diese Abmahnung bringt der Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 4.057,40 EUR € in Ansatz, die sich aus einer 1,8 Gebühr aus einem Streitwert von 250.000,00 € sowohl für die rechts- als auch für die patentanwaltliche Tätigkeit zusammensetzen.
  25. Die Beklagte hat gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht erhoben. Mit Urteil vom 26. Januar 2017 (Az.: 1 Ni 10/15 (EP), Anlage B 13) wurde das Klagepatent eingeschränkt aufrechterhalten. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 2019 (Az.: X ZR 51/17, Anlage B 14) die Nichtigkeitsklage der Beklagten insgesamt abgewiesen.
  26. Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents unmittelbaren, wortsinngemäßen Gebrauch. Insbesondere sei die Fixiermanschette als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet, der für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet sei. Es komme der Lehre nach dem Klagepatent nicht darauf an, dass die Fixiermanschette einstückig ausgebildet sei, denn das Klagepatent sehe selbst vor, dass die Fixiermanschette aus mehreren zu einem Ring zusammenschließbaren Ringsegmenten bestehen könne, bei welchem die Ringsegmente durch Steckverbindungen aneinander ansteckbar oder verrastbar seien. Die angegriffene Ausführungsform weise darüber hinaus auch Schlitze auf. Das Klagepatent sehe vor, dass die erfindungsgemäßen Schlitze z.B. durch faltenbalgartige Membrane überbrückt werden können. Der Fachmann erkenne, dass es insoweit nur darauf ankommen, dass die Schlitze weiterhin ihre Funktion, nämlich eine dreidimensionale Formänderung der Fixiermanschette zu ermöglichen, gewährleisten müssten, was auch bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall sei.
  27. Der Kläger beantragt mit der vorliegenden Klage, die der Beklagten am 24. April 2015 zugestellt worden ist,
  28. zu erkennen, wie geschehen.
  29. Die Beklagte beantragt,
  30. die Klage abzuweisen.
  31. Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Zunächst weise die angegriffene Ausführungsform keine Fixiermanschette auf, die als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet sei. Überdies sei die angegriffene Ausführungsform nicht beidseitig mit Schlitzen versehen. Die angegriffene Ausführungsform weise in dem seitlichen Anlagebereich der Manschette keine Schlitze auf, der mit dem Rohr mit dem größeren Außendurchmesser fixiert werden soll. Es handele sich bei der Überbrückung nicht um eine faltenbalgartige Membran, da die dachförmige Ausbildung der Fixiermanschette aus dem gleichen Material gebildet sei wie der Rest der Manschette. Diese sei auch nicht ziehharmonikaförmig zusammenfaltbar. Gleiches gelte für die erfindungsgemäß vorgesehenen Schlitze im Mittelbereich. Solche weise die angegriffene Ausführungsform nicht auf. Vielmehr sei der Mittelbereich dachförmig überbrückt und dadurch einstückig und starr ausgebildet. In der Konsequenz sei bei der angegriffenen Ausführungsform keine Ausbildung vorhanden, welche auf der ganzen Länge der Fixiermanschette ausreichend Raum für eine dreidimensionale Formänderung gebe. Ferner weise der Mittelbereich der angegriffenen Ausführungsform auch keine seitlichen Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen auf. Eine Sollbiegebereich/Gelenk sei zwischen dem Mittelbereich und dem längeren Anlagebereich nicht vorhanden, da die Membrane durchgehend und nicht an der Grenze zwischen Mittel- und Anlagebereich verjüngt seien.
  32. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, auf die zu den Akten gereichten Unterlagen und Muster Bezug genommen.
  33. Entscheidungsgründe
  34. Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche aus unmittelbarer Patentverletzung zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht.
  35. I.
    Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren mit einer die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereichen der Rohre überspannenden Manschettenanordnung, die zumindest eine Fixiermanschette, auf der den beiden Rohren zugeordnete, umlaufende Spannschellen aufgenommen sind, und vorzugsweise eine von der Fixiermanschette umfasste Dichtmanschette aufweist.
  36. Zum Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent aus, dass sich die Notwendigkeit zum Verbinden von Leitungen, insbesondere Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern ergibt, wenn eine unterschiedliche Wandstärke aufweisende, z.B. aus unterschiedlichen Materialien bestehende Rohre vorliegen, was im Abwasser- und Sanitärbereich häufig vorkommt. Bei den bisher gebräuchlichen Anordnungen im Stand der Technik finden dabei Ausgleichsringe Verwendung, mit denen der Durchmesserunterschied zwischen den beiden Leitungen ausgeglichen wird. Dies erweist sich jedoch als umständlich und unwirtschaftlich, da für unterschiedliche Durchmesserabstufungen unterschiedliche Ausgleichsringe bereitgehalten werden müssen. Die Ausgleichsringe befinden sich dabei radial innerhalb der Dichtmanschette und können daher auch die Dichtheit der Verbindung beeinträchtigen.
  37. Das Klagepatent nimmt zur Erläuterung des Standes der Technik Bezug auf die US-A 4 380 348 (Anlage K 3), welche eine Rohrverbindung mit einer Fixiermanschette offenbart, der ein endliches Band mit bis zu einem erhöhten Mittelbereich geschlitzten Seitenflanken und mit einander überlappenden Enden zugrunde liegt. Im Falle einer Durchmesserverkleinerung besteht hier im Bereich der Seitenflanken infolge der vorgesehenen Schlitze ein gewisser Freiheitsgrad. Das Klagepatent kritisiert an dieser Ausgestaltung als nachteilig, dass der mittlere Bereich einer größeren Durchmesseranpassung nur durch unkontrollierte Verformung und Relativbewegung der einander überlappenden Bandenden folgen kann. Diese würden sich im Falle einer größeren Durchmesseranpassung schräg zueinander verschieben, was zu einer exzentrischen Verlagerung der Achse und damit zu Ungenauigkeiten führe. Aus diesem Grunde sei die Anordnung nur zum Ausgleich kleinerer Durchmesserveränderungen zur Bewerkstelligung einer zuverlässigen Spannung der Spannschellen geeignet.
  38. Zum Stand der Technik nimmt das Klagepatent weiter Bezug auf die GB 1 118 XXX (Anlage K 4), welche eine Rohrverbindung beschreibt, mit einer als in sich geschlossenem, umlaufenden Ring ausgebildeten, eine Gummimanschette umfassenden Fixiermanschette, die in ihrem mittleren Bereich durch zwei umlaufende Rippen verstärkt ist und hieran anschließende, mit Kanälen für zugeordnete Spannschellen versehene, konisch nach außen erweiterte Seitenbereiche aufweist, die mit axialen, vom Bereich der inneren Begrenzung der Aufnahmekanäle für die Spannschellen bis zum Rand sich erstreckenden Schlitzen versehen sind. Das Klagepatent beschreibt an dieser Ausgestaltung als nachteilig, dass, da der verstärkte Mittelbereich praktisch nicht verformbar sei, dies zwangsläufig zu einer konischen Gestalt des weiter verformten Seitenbereichs führen würde und damit zu einer linienförmigen Anlage am kleineren Rohr.
  39. Weiter nimmt das Klagepatent zur Beschreibung des Standes der Technik Bezug auf die US 5 039 XXX (Anlage K 5), welche eine Rohrverbindung mit einer als in sich geschlossener Ring ausgebildeten Fixiermanschette zeigt, die aus einem Elastomermaterial besteht und die entsprechend einer vorgegebenen Abstufung der Durchmesser der miteinander zu verbindenden Rohre vorgefertigt ist. Der mittlere, als konisches Übergangsstück ausgebildete Bereich dieser Fixiermanschette ist dabei so versteift, dass im Falle eines Anzugs der den Seitenbereich zugeordneten Spannschellen eine Verformung unterbleibt. Die Seitenbereiche sind nicht geschlitzt und lediglich aufgrund der Materialelastizität verformbar. Das Klagepatent kritisiert hieran als nachteilig, dass im Falle größerer Durchmesseränderungen sich unkontrollierte Verformungen in Form von Verbeulungen und Verknautschungen ergeben würden.
  40. Die US 4 491 XXX (Anlage K 6), auf welche das Klagepatent weiter Bezug nimmt, zeigt eine Rohrverbindung mit einer als in sich geschlossener Ring ausgebildeten Fixiermanschette, die eine Gummimanschette umfasst, die ihrerseits randseitig verstärkt ist und den Rand der Fixiermanschette umgreift. Die Fixiermanschette besitzt randseitig angeordnete Radialflansche, die in die Verstärkung der Gummimanschette eingreifen, sowie durch Sicken begrenzte Kanäle für umlaufende Spannschellen. Die seitlichen Bereiche dieser Fixiermanschette sind mit axialen Schlitzen versehen, die jeweils vom Rand bis über den zugeordneten Kanal für eine Spannschelle hinaus in den Mittelbereich hinein reichen. Zwischen den einander gegenüberliegenden, inneren Enden der Schlitze verbleibt, was das Klagepatent als nachteilig ansieht, ein größerer, ungeschlitzter Mittelbereich. Im Falle einer Durchmesserverkleinerung kann in den geschlitzten Bereichen eine Anpassung erfolgen, die im Bereich innerhalb der Spannschellen zugeordneten Kanäle, soweit dort die Schlitze reichen, unter Umständen zu einer konischen Form führen kann. Im daran anschließenden, breiteren, ungeschlitzten Mittelbereich wären jedoch unkontrollierte Verbeulungen bzw. Verknautschungen zu erwarten.
  41. Die DE 1 211 XXX (Anlage K 7), auf welche das Klagepatent auch Bezug nimmt, zeigt wiederum eine Rohrverbindung mit einer als endliches Band ausgebildeten Fixiermanschette. Diese ist randseitig mit nach radial außen und radial innen gebogenen Klauen versehen und besitzt von der Seite bis zu einem ungeschlitzten Mittelbereich reichende Schlitze. Die nach radial innen gebogenen Klauen liegen am Außenumfang der miteinander zu verbindenden Rohre an und stehen dementsprechend einer größeren Durchmesseränderung entgegen. Diese Anordnung dient, wie das Klagepatent erläutert, der Verbindung von Rohren mit nach außen konisch sich erweiternden Enden. Dementsprechend ist die Fixiermanschette doppelt-konisch vorgeformt. Eine Verformung findet lediglich in dem Maße statt, dass beim Anzug der Spannschellen ein Druck aufgebaut wird. Im Falle größerer Durchmesseranpassungen ergäben sich im ungeschlitzten Mittelbereich unkontrollierte Verbeulungen und Verknautschungen.
  42. Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, eine Vorrichtung zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern zu schaffen, die auch bei großen Durchmesserunterschieden ohne Ausgleichsringe auskommt und dennoch eine hohe Sicherheit und Genauigkeit bietet (Klagepatent, Sp. 3, Z. 15-20).
  43. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
  44. 1. Vorrichtung zum Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren (1, 2),
  45. 2. mit einer Manschettenanordnung,
  46. 2.1 die die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereichen der Rohre (1, 2) überspannt,
  47. 2.2 mit zumindest einer Fixiermanschette (8, 8a), auf der den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, umlaufende Spannschellen (12, 13) aufgenommen sind und
  48. 2.3 die vorzugsweise eine von der Fixiermanschette (8, 8a) umfasste Dichtmanschette (2) aufweist;
  49. 3. jede Manschette der Manschettenanordnung weist an die unterschiedlichen Außendurchmesser der Rohre (1, 2) anpassbare, den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, zylindrische Anlagebereiche (5, 6; 10, 11) auf,
  50. 3.1 die jeweils durch einen in eine entsprechend der Durchmesserabstufung konische Form bringbaren Mittelbereich (7, 9) verbunden sind,
  51. 3.2 wobei die Anlagebereiche (5, 6) der dem Außenumfang der beiden Rohre (1, 2) benachbarten Manschette an beiden Rohren (1, 2) in direkte Anlage bringbar sind und
  52. 3.3 die Anlagebereiche (10, 11) der Fixiermanschette (8, 8a) den Spannschellen (12, 13) zugeordnete, umlaufende Aufnahmekanäle enthalten;
  53. 4. die Fixiermanschette (8)
  54. 4.1 ist als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet, der für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet ist,
  55. 4.2 der die Fixiermanschette (8) bildende Ring ist als Federkorb ausgebildet, der beidseitig mit Schlitzen (15, 15a, 16) versehen ist, die
  56. 4.2.1 über seinen Umfang verteilt sind,
  57. 4.2.2 dem Mittelbereich (9) und den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) zugeordnet sind,
  58. 4.2.3 auf der ganzen Länge der Fixiermanschette (8) ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung geben und
  59. 4.2.4 in axialer Richtung verlaufen;
  60. 4.3 sie weist einen Mittelbereich (9) auf, der durch seitliche Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) verbunden ist.
  61. II.
    Die angegriffene Ausführungsform macht von der beschriebenen Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch. Die zwischen den Parteien im Streit stehenden Merkmale 4.1 und 4.2.1 bis 4.2.3 sowie 4.3 werden durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht. Die weiteren Merkmale stehen zwischen den Parteien zu Recht nicht im Streit, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen.
    1)
    Die angegriffene Ausführungsform macht von Merkmal 4.1 Gebrauch, welches vorsieht, dass die Fixiermanschette als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet ist, der für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet ist.
  62. Der Fachmann entnimmt dem zwischen den Parteien im Streit stehenden Merkmal, dass zum Zeitpunkt der Benutzung, mithin beim Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren, die Fixiermanschette als geschlossener umlaufender Ring ausgebildet sein soll. Die Ausgestaltung der Fixiermanschette bis zu ihrem konkreten Einsatz wird demgegenüber in das Belieben des Herstellers der Fixiermanschette gestellt.
  63. Die genannte Auffassung findet der Fachmann bestätigt durch die Beschreibung der Erfindung im Klagepatent sowie die durch Unteransprüche unter Schutz gestellte Erfindung. So wird in Abs. [0018] der Klagepatentschrift ausgeführt, dass der die Fixiermanschette bildende Federkorb aus mehreren zu einem Ring zusammenschließbaren Ringsegmenten bestehen kann, wobei die Mittelbereiche und die axialen Vorsprünge einander benachbarter Ringsegmente durch Steckverbindungen mit vorzugsweise quer zueinander verlaufenden Steckrichtungen aneinander ansteckbar und vorzugsweise miteinander verrastbar sind. Dem kann der Fachmann entnehmen, dass die Fixiermanschette aus einzelnen Ringsegmenten gebildet werden kann, welche sich zu einem geschlossenen Ring verbinden lassen. Entsprechendes folgt auch aus Abs. [0040] der Klagepatentschrift, der beschreibt, dass die Fixiermanschette aus mehreren, zu einem geschlossenen Ring zusammengeschlossenen Ringsegmenten besteht. Weiter heißt es, dass die Ringsegmente zweckmäßig lösbar aneinander festlegbar sind. Eine entsprechende Ausgestaltung wird in Unteranspruch 12 unter Schutz gestellt.
  64. Damit wird deutlich gemacht, dass es erfindungsgemäß ausreicht, wenn die Fixiermanschette zum Zeitpunkt der Benutzung einen geschlossenen Ring bildet, jedoch im Übrigen aus einzelnen miteinander verbindbaren Ringsegmenten gebildet werden kann.
  65. Nichts anderes folgt auch unter Berücksichtigung des technischen Sinn und Zwecks des Merkmals. Die Fixiermanschette soll im Gebrauch die beiden miteinander zu verbindenden Rohre umschließen. Lediglich zu diesem Zeitpunkt muss die Manschette mithin die beiden Rohre umgeben. Darauf, ob dies durch einen von Anfang an geschlossenen Ring oder einer zu einem Ring verschließbaren Ausgestaltung geschieht, ist für die Funktion der Fixiermanschette ohne Belang.
  66. Dem vorstehenden Verständnis steht nicht die Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren entgegen. Zwar hat der BGH (Seite 15 Mitte Anlage B 14) mit Bezug auf die DE 31 12 258 A1 („D6a“) ein offenes Band, wie es in der D6a offenbart ist, an der genannten Stelle nicht mit der Begrifflichkeit einer Hülse gleichgestellt. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird damit jedoch nicht deutlich gemacht, dass es sich bei einem offenen Band nicht um einen geschlossenen umlaufenden Ring handeln kann. Denn der BGH macht auf Seite 14 Ziffer (1) und (2) deutlich, dass er in dem offenen Band der D6a eine Hülse sieht, was besonders deutlich wird auf Seite 12, wo ausgeführt ist, dass die Hülse der Muffe der D6a als geschlossener Ring ausgebildet ist.
  67. Hiervon ausgehend macht die angegriffene Ausführungsform vom dem Merkmal 4.1 wortsinngemäßen Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einem flächigen Gebilde, welches mittels Hakenverbindungen zu einer geschlossenen Manschette verbunden werden kann.
  68. 2)
    Die angegriffene Ausführungsform macht auch von den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.2 Gebrauch, welche besagen, dass der die Fixiermanschette bildende Ring als Federkorb ausgebildet ist, der beidseitig mit Schlitzen versehen ist, die über seinen Umfang verteilt sind und dem Mittelbereich und den seitlichen Anlagebereichen zugeordnet sind.
  69. Mit den in den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.2 räumlich beschriebenen Schlitzen soll, wie der in Merkmal 4.2.3 genannten Zweckangabe entnommen werden kann, auf der ganzen Länge der Fixiermanschette ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung gegeben werden. Auf diese Weise soll der aus dem Stand der Technik beschriebene Nachteil der Verformungen und Verknautschungen vermieden werden, die auftreten, wenn durch den Anzug der Spannschellen Druck auf die Fixiermanschette ausgeübt wird, mit der Folge, dass das Manschettenmaterial aufeinander zu gepresst wird. Die Schlitze bewirken demgegenüber, dass bei Einwirkung der Spannschellen lediglich die Schlitze verengt werden, was eine Durchmesserverringerung der Fixiermanschette im Anlagebereich sowie eine konische Einstellung des Mittelbereiches zur Folge hat. Verknautschungen und Verformungen der Fixiermanschette werden indes weitgehend vermieden, da die Fixiermanschette vor einer solchen nachteiligen Formveränderung in ihrem Durchmesser verringert wird; die Durchmesserverringerung hingegen wird dann von den Schlitzen aufgefangen.
  70. Die solcher Art in ihrer Funktion beschriebenen Schlitze sind nach fachmännischem Verständnis sowie auch nach der Lesart des Klagepatentes durch Ausnehmungen im Material gekennzeichnet, mithin eine Materialfreiheit in den Zwischenräumen. Entsprechendes wird insbesondere in den Figuren 2, 6 und 7 der Klagepatentschrift gezeigt.
  71. Die Schlitze können indes, wie dem Klagepatent an verschiedenen Stellen der Beschreibung entnommen werden kann, überbrückt werden (vgl. Abs. [0017], Figur 15, Unteranspruch 9). Im Unteranspruch 9 sieht das Klagepatent hierfür eine faltenbalgartige Membran vor. Eine solche Überbrückung sieht das Klagepatent auch nicht nur für den Fall eines Verzichts auf eine Dichtmanschette vor. Entsprechendes lässt sich der allgemeinen Beschreibung der Erfindung in Abs. [0017] der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Denn dort werden lediglich verschiedene Varianten der Überbrückung geschildert, nämlich nur des Mittelbereiches, nur der Innenschlitze, alle Randeinschnitte und Innenschlitze. In diesem Zusammenhang wird jedoch auch ausgeführt, dass mittels der Überbrückung durch eine faltenbalgartige Membran auf eine Dichtmanschette verzichtet werden kann, da eine dichte Anordnung auf diese Weise erreicht werden kann. Die Benutzung des Wortes kann macht deutlich, dass auf eine Dichtmanschette nicht zwingend verzichtet werden muss, wenn die Schlitze mittels einer faltenbalgartigen Membran überbrückt werden.
  72. Zur Ausgestaltung der Überbrückung macht das Klagepatent keine Angaben. Sie kann als faltenbalgartige Membran ausgestaltet sein, ist hierauf jedoch nicht beschränkt. Denn Unteransprüche und Ausführungsbeispiele liefern lediglich einen Anhaltspunkt dafür, wie Begriffe des Hauptanspruchs zu interpretieren sind. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass es sich beim Gegenstand eines Unteranspruchs und bei einem Ausführungsbeispiel um exemplarische Erläuterungen des Erfindungsgegenstandes handelt, weswegen dort gezeigte Konstruktionen prinzipiell das zugehörige Merkmal des allgemeinen Hauptanspruchs erfüllen müssen. Da Unteransprüche und Ausführungsbeispiele lediglich bevorzugte Erfindungsvarianten beschreiben und damit bloß eine mögliche Teilmenge der vom Anspruchswortlaut des Hauptanspruchs erfassten Konstruktionen umreißen, lassen beide prinzipiell nur den Schluss zu, dass dasjenige, was im Unteranspruch/Ausführungsbeispiel beschrieben ist, unter den Hauptanspruch fällt; ihnen kommt jedoch keine die technische Lehre des Hauptanspruchs einengende Bedeutung zu (BGH, GRUR 2016, 1031 – Wärmetauscher; Kühnen, Hadb. Der Patentverletzung, 11. Aufl. Kap. A Rn. 24). Insoweit machen daher der Unteranspruch 9 und die beschriebenen und zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiele lediglich deutlich, dass die erfindungsgemäß vorgesehenen Schlitze überbrückt sein können.
  73. Dabei erkennt der Fachmann indes, dass nicht jede Überbrückung vom Gegenstand der Lehre nach dem Klagepatent umfasst ist. Denn durch die Überbrückung darf die durch die Schlitze bewerkstelligte Beweglichkeit nicht behindert werden (vgl. Abs. [0017], Sp. 4 Zeile 37 ff.). Dies kann u.a. dadurch erzielt werden, dass das Überbrückungsmaterial nicht die gleiche Festigkeit wie das Hauptmaterial der Fixiermanschette aufweist, damit die Überbrückung der dreidimensionalen Formänderung der Schlitze entsprechen kann, was jedoch die Verwendung des gleichen Materials der Fixiermanschette nicht ausschließt. Es muss lediglich bewerkstelligt werden, dass die auf die Schlitze einwirkenden Dehnungs- und Stauchbewegungen nachvollzogen werden können, um die mit den Schlitzen angestrebte Beweglichkeit nicht einzuschränken. Dabei ist die erfindungsgemäße Beweglichkeit der Überbrückung nach dem Einsatzbereich zu beurteilen. Diese muss vielmehr, wenn mittels der Spannschelle erheblicher Druck auf die Fixiermanschette aufgebaut wird, durch Elastizität der dreidimensionalen Formänderung der Schlitze folgen. Sie muss desweiteren, wenn auf eine Dichtmanschette verzichtet wird, eine Abdichtung nach außen bewerkstelligen.
  74. Soweit durch den Aufbau des Drucks durch die Spannschelle Verformungen bei der Überbrückung auftreten, scheint das Klagepatent dies hinzunehmen, wie den in den Figuren 17 und 18 gezeigten Sollbruchstellen entnommen werden kann. Im Übrigen möchte das Klagepatent Verknautschungen und Verformungen der Fixiermanschette vermeiden, da diese nicht kontrolliert werden können. Leichte Verformungen der Überbrückung selbst stehen indes der erfindungsgemäßen Aufgabe nicht entgegen, da auch bei Verformung der Überbrückung eine Verbindung von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern geschaffen werden kann, die auch bei großen Durchmesserunterschieden ohne Ausgleichsringe auskommt und dennoch eine hohe Sicherheit und Genauigkeit bietet.
  75. Von einem solchen Verständnis ausgehend macht die angegriffene Ausführungsform auch von den Merkmalen 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 Gebrauch. Denn die angegriffene Ausführungsform weist sowohl in den seitlichen Anlagebereichen Schlitze auf wie auch im Mittelbereich. Die Schlitze sind, was das Klagepatent zulässt, überbrückt. Dass es sich hierbei nicht lediglich um eine einstückige Ausgestaltung handelt, wie die Beklagte meint, kann der als Anlage B 2 überreichten Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform entnommen werden. Denn denkt man sich die Überbrückung in dem seitlichen Anlagebereich für das Rohr mit dem größeren Durchmesser weg, bleiben die gleichen Schlitze übrig, die sich auch auf der anderen Seite befinden. Die Überbrückung weist auch eine geringere Materialdicke auf als die Fixiermanschette selbst. Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen (Bl. 116 GA), dass die Materialstärke der Überbrückungen circa 0,8 bis 0,9 mm beträgt, wohingegen die Materialstärke im Bereich der die seitlichen Anlagebereiche bildenden Vorsprünge etwa 3,2 mm beträgt, diejenige der in Axialrichtung verlaufenden Verstärkungsrippen sogar circa 5,8 mm. Damit wird deutlich, dass die Überbrückung eine weitaus geringere Materialstärke als der Grundkörper aufweist. Die Überbrückung ist ferner in der Lage der dreidimensionalen Formänderung der Schlitze zu folgen, wie der Photographie der angegriffenen Ausführungsform auf Seite 5 der Replik entnommen werden kann. Dagegen sprechen nicht die von der Beklagten in der Duplik wiedergegebenen Photographien der angegriffenen Ausführungsform. Auf Seite 9 gibt die Beklagte selbst an, dass die gezeigte und verformte Fixiermanschette für andere Rohre, nämlich mit einem Durchmesser von 160 mm gedacht ist. Aus diesem Grund muss bei einer Verwendung bei einem Rohr mit 140 mm Durchmesser eine stärkere Verformung eintreten, da bei einer Druckausübung durch die Spannschelle mehr Material verformt werden muss. Soweit die Beklagte weiter meint, dass die Bilder auf den Seiten 11 Verformungen aufzeigen würden, ist entsprechendes nicht zu erkennen.
  76. 3)
    Letztlich wird auch das Merkmal 4.3, welches besagt, dass die Fixiermanschette einen Mittelbereich aufweist, der durch seitliche Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen verbunden ist, durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
  77. Denn entgegen der Ansicht der Beklagten kann ein Sollbiegebereich nicht nur an einer Seite der Fixiermanschette, nämlich an der schmaleren Seite festgestellt werden. Vielmehr zeigt das Augenscheinsobjekt nach Anlage B 2 sowie die Fotographie nach Anlage B 18, welche in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2019 von der Beklagten überreicht wurde, dass ein Sollbiegebereich auch im Übergang des seitlichen Anlagebereichs für das Rohr mit dem größeren Durchmesser vorhanden ist, nämlich durch die Materialausnehmung an der Unterseite, welche eine Biegung der Fixiermanschette zwischen dem seitlichen Anlagebereich und dem Mittelbereich ermöglicht. Die Sollbiegebereiche sind dabei jeweils zur Anlage mit den Rohren unterschiedlichen Durchmessers angepasst.
  78. III.
    Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die nachfolgend dargestellten Ansprüche zu.
  79. 1.
    Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.
  80. 2.
    Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG, denn die Beklagte hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB.
  81. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden bzw. die Entschädigung beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht die Verjährung der Ansprüche droht.
  82. 3.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  83. 4.
    Schließlich ist die Beklagte nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet.
    5.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt 4.075,40 €. Der Anspruch ist Teil des Schadensersatzanspruchs gemäß § 139 Abs. 2 PatG.
  84. IV.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
  85. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
  86. Der Streitwert wird auf 250.000,- € festgesetzt.

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