4b O 305/08 – Temperaturabhängiger Schalter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1372

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Februar 2010, Az. 4b O 305/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 50/10

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 400.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin des in deutscher Verfahrenssprache verfassten Europäischen Patents EP 0 951 XXX (Anlage K 5, im Folgenden: Klagepatent), das unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 16. April 1998 (DE 19816XXX) am 14. Januar 1999 angemeldet, und deren Anmeldung am 20. Oktober 1999 veröffentlicht wurde. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 22. März 2006 veröffentlicht. Das Klagepatent betrifft einen temperaturabhängigen Schalter.

Ansprüche 1 und 5 des Klagepatents lauten:

„1. Temperaturabhängiger Schalter (10) mit zwei an einem Isolationsträger (11) befestigten Anschlusselektroden (12, 13), einem Schaltwerk (27), das in Abhängigkeit von seiner Temperatur eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den beiden Anschlusselektroden (12, 13) herstellt, sowie einem Widerstandsteil (18), das elektrisch parallel zu dem Schaltwerk (27) mit den beiden Anschlusselektroden verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerstandsteil (18) senkrecht zu den Anschlusselektroden (12, 13) in den Isolationsträger (11) eingesteckt wird, so dass es innen in dem Isolationsträger (11) sitzt und von diesem gehalten wird.

5. Schalter nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die eine Anschlusselektrode (12) einen festen Gegenkontakt (28) und die andere Anschlusselektrode (13) ein Bimetallteil (31) trägt, an dessen freiem Ende ein mit dem festen Gegenkontakt (28) zusammenwirkender beweglicher Gegenkontakt (29) sitzt.“

Nachstehend verkleinert wiedergegebene Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern dessen technische Lehre anhand einer bevorzugten Ausführungsform:

Figur 1. zeigt eine Draufsicht eines schematisch gezeichneten patentgemäßen Schalters, Figur 2 ist eine Schnittdarstellung dieses Schalters.

Die Beklagte stellt her und vertreibt von ihr als „A“ bezeichnete Vorrichtungen mit den Typenbezeichnungen B, C und D (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), die sie unter anderem mit Produktprospekten (Anlagenkonvolut K 4) bewirbt. Muster der angegriffenen Ausführungsform hat die Klägerin zur Gerichtsakte gereicht (Muster des Typs E als Anlage K 17 und des Typs F als Anlage K 18,). Ferner hat die Klägerin von ihr beschriftete und mit Pfeilen versehene Lichtbilder der Typen F und G der angegriffenen Ausführungsform zur Gerichtsakte gereicht (Anlage K 16 und Anlage K 25); nachstehend auszugsweise und verkleinert wiedergegeben sind Lichtbilder des Typs G:

Weitere, über diese Lichtbilder hinausgehende Details des Aufbaus der angegriffenen Ausführungsform sind zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Dies ergebe sich aus den von ihr gefertigten Explosionszeichnungen der angegriffenen Ausführungsform (Anlagen K 19 bis K 22), von denen sie behauptet, diese zeigten die angegriffene Ausführungsform vollständig und zutreffend. Insbesondere sei aus diesen Zeichnungen ersichtlich, dass ein auf einer Keramikplatte ausgeführter Widerstand auf zwei Anschlusselektroden aufliege, mithin senkrecht zu den Anschlusselektroden in den Isolationsträger eingesteckt werde. Das Widerstandsteil befinde sich auch im Inneren des Isolationsträgers, da es nach dem Klagepatent nicht erforderlich sei, dass das Widerstandsteil auf allen Seiten vollständig vom Isolationsträger umfasst sei. Unerheblich sei auch, dass bei der angegriffenen Ausführungsform – unstreitig – ein Federbügel das Widerstandsteil hält, denn das Klagepatent sei nicht auf einen unmittelbaren Formschluss zwischen Widerstandsteil und Isolationsträger beschränkt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie die Klageanträge gerichtet auf Rechnungslegung (Klageantrag zu Ziffer 2.) und Entfernung (Klageantrag zu Ziffer 3.b) im Wortlaut modifiziert hat,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

einen temperaturabhängigen Schalter mit zwei an einem Isolationsträger befestigten Anschlusselektroden, einem Schaltwerk, das in Abhängigkeit von seiner Temperatur eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den beiden Anschlusselektroden herstellt, sowie einem Widerstandsteil, das elektrisch parallel zu dem Schaltwerk mit den beiden Anschlusselektroden verbunden ist,

bei dem das Widerstandsteil senkrecht zu den Anschlusselektroden in den Isolationsträger eingesteckt wird, so dass es innen in dem Isolationsträger sitzt und von diesem gehalten wird, und

bei dem die eine Anschlusselektrode einen festen Gegenkontakt und die andere Anschlusselektrode ein Bimetallteil trägt, wobei an dem freien Ende des Bimetallteils ein mit dem festen Gegenkontakt zusammenwirkender beweglicher Gegenkontakt sitzt,

gewerbsmäßig herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20. November 1999 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und der Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei zu Ziffer 2.a) bis c) die entsprechenden Rechnungen oder Lieferscheine vorzulegen, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei

– die Angaben gemäß Ziffer f) nur für die Zeit seit dem 23. April 2006 zu machen sind und

– es der Beklagten weiter vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die Beklagte weiter zu verurteilen,

a) sämtliche in ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziffer 1. an einen von der Klägerin zu bestimmenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben, und

b) die Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziffer 1 aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte die Erzeugnisse entweder wieder an sich nimmt oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlasst;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a) der Klägerin für unter Ziffer 1. bezeichneten in der Zeit vom 20. November 1999 bis zum 22. April 2006 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, und

b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen in der Zeit seit dem 23. April 2006 entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, das Klagepatent zu verletzen. Sie behauptet, die von der Klägerin gefertigten Zeichnungen der angegriffenen Ausführungsform (Anlagen K 19 bis K 22) seien insofern unzutreffend, als bei der angegriffenen Ausführungsform das keramische Widerstandsteil allseitig von einem Spalt zwischen Keramikplatte und Isolationsträger umgeben sei, was auf den Zeichnungen nicht dargestellt sei. Daraus folge, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das Widerstandsteil – in nicht patentgemäßer Weise – nicht vom Isolationsträger gehalten werde. Ferner sei das Widerstandsteil nicht senkrecht zu den Anschlusselektroden in den Isolationsträger eingesteckt, sondern waagerecht. Auch fehle es an einer Positionierung des Widerstandsteils innen im Isolationsträger, welcher bei der angegriffenen Ausführungsform überhaupt keinen Innenraum aufweise. Schließlich sei – wie sich aus der Zeichnung der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage K 22 ergebe – der bewegliche Gegenkontakt der angegriffenen Ausführungsform nicht am freien Ende des Bimetallteils angeordnet, sondern in einem deutlichen Abstand vom freien Ende.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht aus Art. 64 Abs. 2 EPÜ, §§ 9, 139 Abs. 1 und 2, § 140a Abs. 1 und 3, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

I.

Das Klagepatent betrifft einen temperaturabhängigen Schalter.

Aus dem Stand der Technik sind gattungsgemäße Schalter bekannt, bei denen ein Bimetall bei Überschreiten des Ansprechwertes einen elektrischen Stromkreis unterbricht, während ein kleiner Reststrom durch einen sogenannten PTC-Widerstand (PTC für „positive temperature coefficient“, ein Bauteil, dessen elektrischer Widerstand mit höherer Temperatur steigt) fließt und den Widerstand so sehr erwärmt, dass dieser das Schaltwerk des Bimetalls offenhält. Die Funktion dieses Aufbaus bezeichnet das Klagepatent in seinen einleitenden Ausführungen als „Selbsthaltung“ (Abschnitt [0006]).

Die DE-OS 21 13 388 offenbart einen solchen Schalter, der elektrisch in Reihe mit einem zu schützenden Gerät geschaltet ist und mit dem Gerät in thermischen Kontakt steht. Bei diesem vorbekannten Schalter steht eine von zwei flächigen metallischen Anschlusselektroden in festem Gegenkontakt, die andere trägt das Bimetall, dessen freies Ende bei geschlossenem Schalter den elektrischen Kontakt herstellt. Die Metallteile, welche die Elektroden ausbilden, sind übereinander angeordnet und klemmen zwischen sich einen PTC-Widerstand ein, der wiederum in elektrischem Kontakt mit beiden Anschlusselektroden steht. Der gesamte Aufbau wird in ein Gehäuse eingeschoben und sodann mit einer Abdichtmasse vergossen. Hieran kritisiert das Klagepatent, dass der PTC-Widerstand die Selbsthaltung nur bei einem fertig montierten Schalter bewirkt und die Montage des Schalters aufwendig und ein Austausch des PTC-Widerstands nicht möglich ist.

Ferner offenbart die DE 43 36 564 einen gattungsgemäßen Schalter, bei dem ein Bimetall-Schaltwerk in einem Gehäuse angeordnet ist, welches auf einer Trägerplatte angeordnet wird. Ein PTC-Widerstand ist außerhalb des Gehäuses auf der Trägerplatte ausgeführt und parallel zum Schaltwerk mit Außenanschlüssen verlötet. Das Klagepatent erkennt hieran als nachteilig, dass ein solcher Schalter relativ viele Bauteile benötigt und in den Abmessungen groß ist.

Das Klagepatent stellt sich vor diesem technischen Hintergrund die Aufgabe, einen gattungsgemäßen temperaturabhängigen Schalter so weiterzubilden, dass er preiswert und einfach zu montieren ist und vorzugsweise der Widerstand ausgetauscht werden kann.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in der Kombination des Hauptanspruchs 1 mit Unteranspruch 5 eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen vor:

1. Temperaturabhängiger Schalter (10), mit

1.1 zwei Anschlusselektroden (12, 13),

1.2 einem Isolationsträger (11), an dem die beiden Anschlusselektroden (12, 13) befestigt sind,

1.3 einem Schaltwerk (27), das in Abhängigkeit von seiner Temperatur eine elektrisch leitende Verbindung zwischen den beiden Anschlusselektroden (12, 13) herstellt,

1.4 einem Widerstandsteil (18), das

1.4.1 mit den beiden Anschlusselektroden (12, 13) verbunden ist,

1.4.2 elektrisch parallel zu dem Schaltwerk (27) angeordnet ist,

1.4.3 senkrecht zu den Anschlusselektroden (12, 13) in den Isolationsträger (11) eingesteckt wird,

1.4.4 so dass es innen in dem Isolationsträger (11) sitzt, und

1.4.5 von dem Isolationsträger (11) gehalten wird.

5.1 Die eine Anschlusselektrode (12) trägt einen festen Gegenkontakt (28),

5.2 die andere Anschlusselektrode (13) trägt ein Bimetallteil (31), wobei

5.3 an dem freien Ende des Bimetallteils ein mit dem festen Gegenkontakt (28) zusammenwirkender beweglicher Gegenkontakt (29) sitzt.

Durch das Einstecken des Widerstands senkrecht zu den Anschlusselektroden sitzt dieser innen im Isolationsträger und wird von diesem gehalten. Dadurch kann der Schalter zunächst vollständig konfektioniert werden, ehe der Widerstand nachträglich eingesetzt wird; soll auf die Selbsthaltung verzichtet werden, entfällt einfach der Widerstand. Dies ermöglicht es, nachträglich gegebenenfalls mit einem für die konkrete Anwendung geeigneten PCT-Widerstand zu versehende Grundschalter in einem einzigen Fertigungsgang in großer Stückzahl herzustellen, da die Spezialisierung des Schalters erst später aus dem Einsatz des Widerstandes folgt.

II.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1. bis 1.4.2 sowie 5.1 und 5.2 verwirklicht, so dass es hierzu keiner Ausführungen bedarf. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht allerdings nicht die Merkmale 1.4.4 und 1.4.5 und macht daher nicht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.

An einer Verwirklichung des Merkmals 1.4.5, gemäß dem das Widerstandsteil (18) von dem Isolationsträger (11) gehalten wird, fehlt es, weil dieses Merkmal aus fachmännischer Sicht so auszulegen ist, dass der Isolationsträger selbst ein Halten des Widerstandsteils bewirkt, also verhindert, dass sich die Position des Widerstandsteils relativ zum Isolationsträger verändert. Nicht patentgemäß ist demgegenüber eine Gestaltung, bei welcher das Widerstandsteil von einem anderen, vom Isolationsträger verschiedenen Bauteil gehalten wird, selbst wenn dieses weitere Bauteil seinerseits mittelbar oder unmittelbar vom Isolationsträger gehalten wird.

a)

Diese Sichtweise folgt zum einen bereits aus der konkreten räumlich-körperlichen Angabe in Anspruch 1 des Klagepatents, wonach es der Isolationsträger und kein anderes Bauteil ist, welches das Widerstandsteil hält. Zum anderen erkennt der Fachmann aus dem Zusammenhang des Merkmals 1.4.5 mit dem Merkmal 1.4.3, dass es nach der technischen Lehre des Klagepatents auf ein Halten des Widerstandsteils unmittelbar durch den Isolationsträger selbst ankommt: Merkmal 1.4.3 lehrt, dass das Widerstandsteil in den Isolationsträger eingesteckt wird – und zwar senkrecht zu den Anschlusselektroden –, und dass dieses Einstecken bewirkt, dass das Widerstandsteil von dem Isolationsträger gehalten wird. Die Verknüpfung „so dass“ bezieht sich sprachlich sowohl darauf, dass das Widerstandsteil innen in dem Isolationsträger sitzt (Merkmal 1.4.4) als auch darauf, dass das Widerstandsteil von dem Isolationsträger gehalten wird. Die räumlich-körperliche Beziehung zwischen Isolationsträger und Widerstandsteil wird durch diesen Zusammenhang zwischen den Merkmalen 1.4.3 und 1.4.5 mithin dahin näher gekennzeichnet, dass (bereits) ein Einstecken des Widerstandsträgers in den Isolationsträger die Herstellung der Haltefunktion bewirkt, ohne dass es weiterer Bauteile bedarf.

Umgekehrt entnimmt der Fachmann dem Klagepatent keinen Hinweis darauf, dass der Isolationsträger das Widerstandsteil patentgemäß auch mittelbar vermittels eines weiteren Bauteils halten kann. Das in (oben wiedergegebener) Figur 1 dargestellte Ausführungsbeispiel sieht sichelförmige Vorsprünge (21, 22) des Isolationsträgers vor, welche gemäß der Erläuterung dieses Ausführungsbeispiels (Abschnitt [0032], Spalte 4, Zeilen 39 bis 43) das Widerstandsteil zwischen sich einklemmen und nach unten auf die Anschlusselektroden (12, 13) drücken. Diese sichelförmigen Vorsprünge sind allerdings keine vom Isolationsträger verschiedene Bauteile, sondern Elemente des Isolationsträgers, mit dem sie einstückig ausgeführt sind. Somit hält nach diesem Ausführungsbeispiel der Isolationsträger selbst, von dessen Kontur im Übrigen die sichelförmigen Bögen vorspringen, das Widerstandsteil, ohne dass ein weiteres Bauteil zwischen Isolationsträger und Widerstandsteil tritt.

Aus demselben Grunde greift das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2010 vorgebrachte Argument nicht durch, gemäß Unteranspruch 4 werde die Haltefunktion des Isolationsträgers gegenüber dem Widerstandsteil patentgemäß durch Vorsprünge ausgeübt, mit denen der Isolationsträger versehen ist. Die in diesem Unteranspruch bezeichneten Vorsprünge sind gleichfalls Elemente des Isolationsträgers selbst und keine von diesem verschiedene Bauteile. Dies folgt aus fachmännischer Sicht zum einen aus der Bezeichnung dieser Elemente als „Vorsprünge des Isolationsträgers“, zum anderen daraus, dass diese Elemente aus der Formgebung des Isolationsträgers vorspringen, mit diesem also eine Einheit bilden.

Dafür, dass die technische Lehre des Klagepatents gemäß Merkmal 1.4.5 die Ausführung eines weiteren Bauteils ausschließt, welches das Halten des Widerstandsteils durch den Isolationsträger bewirkt, spricht aus fachmännischer Sicht im Übrigen die Zielsetzung des Klagepatents, welches gemäß der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Abschnitt [0013], Spalte 2, Zeile 13 bis 17) einen einfachen Schalter zur Verfügung stellt. Damit grenzt sich das Klagepatent gegenüber dem Stand der Technik ab, aus dem – wie in der DE ‘564 offenbart und vom Klagepatent kritisiert (Abschnitt 0009]) – Schalter bekannt sind, die relativ viele Bauteile benötigen. Dieser Zielsetzung liefe es zuwider, eine Ausführung als patentgemäß zu betrachten, bei welcher die Konstruktion dadurch von größerer Komplexität ist, dass weitere Bauteile hinzutreten.

b)

Demnach verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1.4.5 nicht. Bei dieser wird das Widerstandsteil nicht von dem Isolationsträger gehalten, sondern von einem aus blanken Metall geformten Federbügel, welcher einerseits das Widerstandsteil an einer der beiden schmalen Stirnseiten vollständig und an den Längskanten und an einer der beiden flachen Seiten teilweise umfasst, andererseits eine der beiden Anschlusselektroden umgreift, welche wiederum in den Isolationsträger eingesteckt ist. Auf diese Weise ist der Federbügel mittelbar an dem Isolationsträger gelagert und drückt das Widerstandsteil mit seiner Federzunge gegen den Isolationsträger. Dass der Isolationsträger selbst das Widerstandsteil der angegriffenen Ausführungsform nicht hält, ist an dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2010 zur Gerichtsakte gereichten Muster eines Exemplars der angegriffenen Ausführungsform mit nur lose aufgestecktem Gehäuse erkennbar: Ohne den Federbügel liegt das Widerstandsteil nur lose auf einer aus Isolationsträger und Anschlusselektrode gebildeten Fläche auf. Wird die angegriffene Ausführungsform gedreht, fällt das Widerstandsteil herunter. Erst das Aufsetzen des Federbügels bewirkt, dass das Widerstandsteil in seiner Position relativ zum Isolationsträger gehalten wird.

Dieser konstruktive Aufbau ergibt sich im Übrigen auch aus den von der Klägerin vorgelegten Zeichnungen der angegriffenen Ausführungsform (Anlage K 19 bis K 22), welche deren Konstruktion unstreitig jedenfalls insofern korrekt darstellen, als es die Positionierung des Widerstandsteils im Verhältnis zum Isolationsträger betrifft. Diese Zeichnungen sind nachstehend verkleinert wiedergegeben:

Gemäß diesen – von der Klägerin eingereichten – Zeichnungen hält der Federbügel das Widerstandsteil am Isolationsträger hält, indem es die Anschlusselektrode hintergreift und mit diesem Widerlager das Widerstandsteil an den Isolationsträger drückt.

Der Federbügel ist aber kein Bestandteil des Isolationsträgers selbst, sondern ein weiteres, von diesem verschiedenes Bauteil. Dies folgt daraus, dass er aus blankem Metall geformt und damit elektrisch leitend ist. Er kann also elektrisch leitende Bauelemente nicht voneinander isolierend beabstanden und damit als Isolationsträger für derlei Bauelemente dienen.

2.

Aus vorstehenden Erwägungen zu Merkmal 1.4.5 ergibt sich zugleich, dass die angegriffene Ausführungsform auch Merkmal 1.4.4 nicht verwirklicht, gemäß dem das Widerstandsteil (18) innen in dem Isolationsträger sitzt. Dies setzt aus Sicht des Fachmanns voraus, dass das Widerstandsteil auf mehr als einer Seite und dergestalt vom Isolationsträger umgeben wird, dass der Isolationsträger das Widerstandsteil unmittelbar in einer bestimmten Position hält. Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis – von dem abzuweichen das Klagepatent keinen Anlass bietet – setzt die Positionierung eines Bauteils innen in einem anderen voraus, dass das eine Bauteil von dem anderen auf mehr als einer Seite wenigstens zu einem wesentlichen Teil umgeben ist. Diese Anweisung zur räumlich-körperlichen Ausgestaltung von Isolationsträger und Widerstandsteil sieht der Fachmann im Zusammenhang mit Merkmal 1.4.3 sowie mit dem soeben erörterten Merkmal 1.4.5, und entnimmt diesem Zusammenhang, dass die Positionierung des Widerstandsteils innen im Isolationskörper erstens auf dem Einstecken des Widerstandsteils in den Isolationsträger hinein beruht und zweitens dazu führt, dass der Isolationsträger das Widerstandsteil unmittelbar und ohne Dazwischentreten eines weiteren Bauteils hält.

Dem entspricht die Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform – wie oben ausgeführt – nicht: Der Isolationsträger der angegriffenen Ausführungsform umgibt das Widerstandsteil nur auf einer der beiden schmalen Stirnseiten vollständig, an einer der beiden Flachseiten und an den beiden Längskanten jeweils zu etwas mehr als der Hälfte und im Übrigen gar nicht. Dabei besteht zwischen den Kanten des Widerstandsteils und dem Isolationsträger jeweils ein kleiner spaltförmiger Abstand. Diese Konstruktionsweise bewirkt, dass der Isolationsträger der angegriffenen Ausführungsform das Widerstandsteil weder einklemmt noch einrastet, sondern das Widerstandsteil ohne den metallenen Federbügel lediglich lose auf dem Isolationsträger und der angrenzenden Anschlusselektrode aufliegt. Erst nach Aufsetzen des Federbügels wird das Widerstandsteil an weiteren Stellen umschlossen und gegen den Isolationsträger geklemmt.

Dass diese Ausgestaltung auch Merkmal 1.4.4 nicht verwirklicht, folgt wiederum auch aus dem technischen Sinn und Zweck der technischen Lehre des Klagepatents: Hiernach soll die Möglichkeit bestehen (Abschnitt [0013], Spalte 2, Zeilen 19 bis 23), zunächst den Schalter ohne das Widerstandsteil vollständig zu fertigen und sodann gegebenenfalls – wenn nämlich der Schalter mit einer Selbsthaltefunktion ausgestattet werden soll – ein für die konkrete Verwendungsweise des Schalters geeignetes Widerstandsteil einzusetzen, und zwar auf einfache Weise; ebenso soll die Möglichkeit bestehen (Abschnitt [0010], Spalte 2, Zeilen 2f.), ein einmal eingesetztes Widerstandsteil nachträglich auszutauschen. Bei der angegriffenen Ausführungsform müsste für die Zwecke einer nachträglichen Konfektionierung des Schalters mit einem Widerstandsteil (ebenso wie für den Austausch eines bereits eingesetzten Widerstandsteils) zunächst der Schalter aus seinem Gehäuse herausgezogen werden und sodann – sofern der erste Schritt überhaupt zerstörungsfrei möglich sein sollte – der Schalter mit dem Widerstandsteil und einem weiteren Bauteil, nämlich dem Federbügel versehen werden, indem das Widerstandsteil zunächst angelegt und ihm dann der Federbügel übergestülpt wird. Schließlich müsste der Schalter wieder in sein Gehäuse zurückgeführt werden. Diese Schritte würden einen erheblichen konstruktiven Aufwand erfordern.

III.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 9. Februar 2010 (Bl. 77 ff. GA) sowie der Klägerin vom 16. Februar 2010 (Bl. 80 f. GA) gaben jeweils keinen Anlass, die münGiche VerhanGung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO wiederzueröffnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.