4b O 36/10 – Trinkwasseraufbereitung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1456

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. Juli 2010, Az. 4b O 36/10

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.795,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2009 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV. Der Streitwert wird auf 4.795,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des Europäischen Patents 0 567 XXX (Anlage K 1, im Folgenden: Klagepatent), das unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 25. April 1992 (DE 4213XXX) am 13. März 1993 angemeldet und am 3. November 1993 veröffentlicht wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 28. Dezember 1994 bekannt gemacht. Das Klagepatent betrifft ein Trinkwasseraufbereitungsgerät.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Trinkwasseraufbereitungsgerät mit einem Reverse-Osmose-Modul (2) (RO-Modul) und einem im Konzentratablauf angeordneten Druckhalteventil (3) sowie einem Druckspeicher (7) als Permeatbehälter, gekennzeichnet durch eine von dem unter Leitungsdruck stehenden Konzentrat angetriebenen Permeatpumpe (4) zur intermittierenden Förderung des aus dem RO-Modul (2) austretenden Permeats in den Druckspeicher (7).“

Der Beklagte vertrieb über die von Internetplattform A Vorrichtungen unter der Bezeichnung „B“ (Artikelnummer XXX, vgl. Anlage K 3; im folgenden: angegriffene Ausführungsform 1) und „C“ (Artikelnummer XXX, vgl. Anlage K 4, im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 2). Unstreitig macht die angegriffene Ausführungsform 1 von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß unmittelbar und die angegriffene Ausführungsform 2 wortsinngemäß mittelbar Gebrauch.

Mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 30. Juli 2009, an welchem auch die patentanwaltliche Vertreterin der Klägerin mitwirkte (Anlage K 10), mahnte die Klägerin den Beklagten wegen der Verletzung des Klagepatents ab. Daraufhin verpflichtete sich der Beklagte mit Schreiben vom 10. August 2009, welchem eine von der Klägerin entworfene und vom Beklagten unterschriebene Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt war (Anlage K 11), wobei sich der jedoch Beklagte gegen den von der Klägerin bereits mit der Abmahnung geltend gemachte Begleichung von Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von 150.000,00 EUR wandte mit der Begründung, es sei allenfalls ein Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR angemessen. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 20. August 2009 (Anlage K 12) nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung des Beklagten an und forderte ihn vergeblich auf, Abmahnkosten in Höhe von 4.795,00 EUR bis spätestens zum 3. September 2009 zu bezahlen, nämlich für den mitwirkenden Rechtsanwalt und die mitwirkende Patentanwältin jeweils eine 1,5 Gebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 EUR zuzüglich Kostenpauschale. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 17. September 2009 (Anlage K 13) die Auskunft erteilt hatte, insgesamt 150 Exemplare der angegriffenen Ausführungsform 2 bezogen zu haben, bot die Klägerin ihm mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 3. November 2009 (Anlage K 14) an, die Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von nur 75.000,00 EUR und damit in Höhe von 3.640,00 EUR geltend machen zu wollen. Die Klägerin erklärte, sie mache dieses Angebot, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden; ferner erklärte sie, sie werde die Abmahnkosten in voller Höhe gerichtlich geltend machen, sollte der Betrag nicht bis zum 27. November 2009 bezahlt sein. Mit Schreiben vom 12. November 2009 (Anlage K15) erklärte der Beklagte, er halte auch einen Gegenstandwert in Höhe von 75.000,00 für zu hoch. Er leistete keine Zahlung auf die Abmahnkosten.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte schulde die Abmahnkosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 150.000,00 EUR und unter Anwendung einer 1,5 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG. Der Gegenstandswert sei deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin ein hohes wirtschaftliches Interesse an der Verteidigung des Klagepatents habe, und sich der Gegenstandswert deshalb allein nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Klagepatents bemesse. Im Einzelnen habe sie mit klagepatentgemäßen Produkten der Typen „D“ und „E“ in den Jahren 2005 bis 2009 im Inland und innerhalb der Europäischen Union die folgenden tabellarisch aufgeführten Umsätze erzielt:

Von den Abmahnkosten habe sie, die Klägerin, das Honorar für die Patentanwältin in Höhe von 2.397,50 EUR netto, bezahlt. Hinsichtlich des Rechtsanwaltshonorars in selber Höhe sei eine Abrechnung von den durch die Klägerin laufend auf das Fremdgeldkonto der mitwirkenden Patentanwaltskanzlei eingezahlten Honorarvorschüssen noch nicht erfolgt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.795,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2009 zu zahlen;

hilfsweise: den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.397,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2009 zu zahlen und ferner die Klägerin von Rechtsanwaltshonorarforderungen in Höhe von 2.397,50 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die erstattungsfähigen Abmahnkosten können nicht aus einem Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 EUR berechnet werden. Hiergegen spreche schon, dass der Beklagte mit den angegriffenen Ausführungsformen einen Umsatz von – unstreitig – lediglich etwa 3.000,00 EUR erwirtschaftete. Selbst wenn er alle 150 erworbenen Pumpen verkauft hätte, hätte sein Umsatz – wiederum unstreitig – lediglich 12.900,00 EUR betragen. Auch habe er sich mit den Internetangeboten nur an deutschsprachige Kunden gewandt. Die Klägerin verhalte sich auch widersprüchlich, wenn sie nun einen Gegenstandswert in Höhe von 150.000,00 EUR zugrunde lege, nachdem sie außergerichtlich angeboten hatte, einen Gegenstandswert in Höhe von 75.000,00 EUR anzuwenden. Ferner sei keine 1,5 Gebühr geschuldet. Die Abmahnung habe keine besonderen Schwierigkeiten aufgewiesen, es habe sich um einen einfachen Fall gehandelt. Mehr als eine 1,3 Gebühr sei daher nicht angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte ist der Klägerin zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 4.795,00 EUR nebst Zinsen unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus Art. 64 EPÜ, §§ 9, 10, 139 Abs. 2 PatG sowie der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 670 BGB verpflichtet.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Trinkwasseraufbereitungsgerät.

Aus dem Stand der Technik sind gattungsgemäße Trinkwasseraufbereitungsgeräte bekannt. Die DE-C 37 34 600 etwa offenbart ein solches Gerät, bei der eine unter Druck stehende Umkehrosmosemembran einen Druckspeicher füllt, in welchem das gereinigte Wasser gesammelt wird. Produktionsmenge und Permeatqualität hängen dabei stark vom wirksamen Differenzdruck auf beiden Seiten der Membrane ab. Weil aufgrund der Füllung des Druckspeichers ein steigender Druck auf die Membrane wirkt ist es vorbekannt, ein Abschaltventil vorzusehen, wenn nur noch ein Differenzdruck von etwa 1,2 bis 2 bar auf die Membrane wirkt. Diese vorbekannten Vorrichtung erzeugen, wie Versuche gezeigt haben, 90 Liter Abwasser, um einen Druckspeicher mit 10 Liter gereinigtem Wasser zu füllen, wobei der Vorgang fast fünf Stunden dauert und eine Entnahmemenge von zwei Litern erst nach drei Stunden wieder ausgeglichen wird. Auch fallen 57 Liter Abwasser an, was eine Ausbeute von nur 3,4 Prozent entspricht.

Ferner vorbekannt sind – etwa aus der DE-A-39 14 940, der FR-A-24 06 609, der EP-A-04 38 372 und der US-A-47 05 625 – Trinkwasseraufbereitungsgeräte mit einem „Wasser-auf-Wasser“-Prinzip. Dabei wird das Reinwasser in einer Blase gespeichert, auf deren Außenseite Wasserdruck wirkt, so dass das Reinwasser aus dem Speicher ausgetrieben wird. Die Geräte, die nach diesem Prinzip arbeiten, bieten nicht die Möglichkeit, wie das Klagepatent kritisiert, gleichzeitig aus dem Speicher Reinwasser zu entnehmen und Reinwasser zu produzieren.

An allen aus dem Stand der Technik bekannten Geräten kritisiert das Klagepatent es als nachteilig, dass sie nicht in Verbindung mit Arbeitsgeräten einsetzbar sind, an denen ständig ein bestimmter Wasserdruck anstehen muss, wie beispielsweise gewerbliche Kaffemaschinen, Gläserspülmaschinen und dergleichen. Solche Arbeitsgeräte können mit den vorbekannten Trinkwasseraufbereitungsgeräten nur verwendet werden, indem komplizierte Druckvorrichtungen vorgesehen werden. Auch kritisiert es das Klagepatent an den vorbekannten Vorrichtungen, dass sie einen hohen Wasserverbrauch haben, um wirksam zu sein.

Das Klagepatent stellt sich vor diesem technischen Hintergrund die Aufgabe (Anlage K 1, Spalte 2, Zeilen 14 bis 20), ein kontinuierlich arbeitendes Trinkwasseraufbereitungsgerät zu schaffen, bei dem auf der Permeatseite der Umkehrosmosemembran kein nennenswerter Gegendruck ansteht, und bei dem trotzdem ein Druckspeicher vorhanden ist, der ständig unter Druck steht.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

M1 Trinkwasseraufbereitungsgerät

M2 mit einem Reverse-Osmose-Modul (2) (RO-Modul) und

M3 einem im Konzentratablauf angeordneten Druckhalteventil (3)

M4 sowie einem Druckspeicher (7) als Permeatbehälter,

gekennzeichnet durch

M5 eine von dem unter Leitungsdruck stehenden Konzentrat angetriebene Permeatpumpe (4)

M6 zur intermittierenden Förderung des aus dem RO-Modul (2) austretenden Permeats in den Druckspeicher (7).

II.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform 1 die technische Lehre des Klagepatents wortsinngemäß unmittelbar und die angegriffene Ausführungsform 2 wortsinngemäß unmittelbar verletzt.

1.

Der Beklagte ist der Klägerin daher zum Ersatz der aus der Verletzung des Klagepatents entstandenen Schäden verpflichtet. Er handelte schuldhaft, da er die im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht ließ. Er hätte sich vor dem Anbieten der angegriffenen Ausführungsform erkundigen müssen, ob diese dem Schutzbereich gewerblicher Schutzrechte unterfallen. Dass er entsprechende Erkundigungen eingeholt hat, ist nicht ersichtlich.

Gleichfalls schuldet der Kläger dem Grunde nach den Ersatz der Abmahnkosten unter dem Aspekt der Geschäftsführung ohne Auftrag aus §§ 683, 670 BGB. Die Abmahnung zu dem – vorliegend erfolgreich verfolgten – Zweck, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu erreichen, entspricht im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes dem Interesse und dem Willen des Abgemahnten (vgl. Schulte / Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 205 m.w.N.).

2.

Auch der Höhe nach ist der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gerechtfertigt.

a)

In Gestalt der geltend gemachten Abmahnkosten ist der Klägerin unter dem Aspekt des Schadensersatzes ein ersatzfähiger Schaden entstanden. Sie durfte sich angesichts der Verletzung des Klagepatents durch den Beklagten herausgefordert fühlen, den Beklagten abzumahnen, um ihn – was auch gelang – zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung zu bewegen. Unter dem Aspekt der Geschäftsführung ohne Auftrag stellen die Kosten der Abmahnung ersatzfähige, nämlich erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 670 BGB dar.

b)

Die – nach § 287 ZPO zu schätzende – Höhe des entstandenen Schadens bzw. der erforderlichen Aufwendungen ist mit insgesamt 4.795,00 EUR zu bemessen.

aa)

Ersatzfähig sind, wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, die Honorare des rechtsanwaltlichen und des mitwirkenden patentanwaltlichen Vertreters der Beklagten. Beiden ist, was ebenfalls nicht im Streit steht, eine Honorarforderung nach Nr. 2300 VV RVG entstanden zuzüglich einer Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG.

bb)

Der auf die Gebührenziffer Nr. 2300 VV RVG anzuwendende maßgebliche Gegenstandswert liegt, wie von der Klägerin geltend gemacht bei 150.000,00 EUR. Der gerichtliche Streitwert und damit gemäß § 23 RVG auch der Gegenstandswert bestimmen sich nach dem Wert des Interesses, welches ein Anspruchsinhaber an der Durchsetzung dieses Anspruchs hat, mithin in diesem Sinne nach dem „Angriffsinteresse“ (vgl. Zöller / Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rn. 2). Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes ist anerkannt, dass es insoweit vor allem auf die Größe des Unternehmens des Anspruchsinhabers ankommt einschließlich seines Umsatzes, aber auch auf die Marktstellung des Anspruchsgegners. Ferner sind der Abschreckungsgedanke und die Gefährlichkeit des jeweiligen Verstoßes von Bedeutung (Zöller / Herget, a.a.O, Rn. 16 bei „Gewerblicher Rechtsschutz“ m.w.N.). Dies findet wenigstens für den Bereich der gewerblichen Schutzrechte seine Berechtigung darin, dass der Wert des Schutzrechts sich danach richtet, welchen Umsatz der Schutzrechtsinhaber durch die Nutzung des Schutzrechts erzielt. Die Marktstellung des als Verletzer in Anspruch Genommenen spielt insoweit eine Rolle, als sie Auskunft darüber geben kann, welche wirtschaftlichen Konsequenzen die Verletzungshandlung für die Stellung des Schutzrechtsinhabers haben kann. Der bloße Umsatz des Anspruchsgegners ist hingegen für sich genommen unbeachtlich und nur von indizieller Wirkung.

Vorliegend steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin in der Vergangenheit mit klagepatentgemäßen Vorrichtungen die von der Klägerin behaupteten Umsätze erzielt hat. Dies ergibt sich als Ergebnis aus der Vernehmung des Zeugen F. Dessen glaubhafte Aussage, in der er die von der Klägerin vorgetragenen Zahlen bestätigt hat, war im Einzelnen nachvollziehbar und ließ erkennen, wie die Umsatzzahlen ermittelt wurden, nämlich hinsichtlich des Umsatzes mit Pumpen durch Kontierung und hinsichtlich vollständiger Anlagen durch eine Schätzung: Es wurde von der Zahl der insgesamt eingekauften Pumpen diejenige der einzeln, außerhalb von Anlagen verkauften abgezogen; die übrigen Pumpen müssen, was einleuchtet, in klagepatentgemäßen Vorrichtungen verbaut worden sein. Neben ihrer guten Nachvollziehbarkeit spricht für die Glaubhaftigkeit der Aussage, dass der Zeuge offen eingeräumt hat, eine Schätzung vorgenommen zu haben, und dass die Mitteilung exakter Zahlen aufgrund der Buchhaltung nicht möglich sei. Er hat damit darauf verzichtet, die Zahlen als vollständig sicher darzustellen. Dies spricht auch für die Glaubwürdigkeit des Zeugen, die nicht schon durch den Umstand in Frage gestellt wird, dass der Zeuge Arbeitnehmer der Klägerin ist.

Hiernach bewegten sich die genannten Umsätze von 2005 bis 2009 jährlich zwischen 315.000,00 EUR und 415.000,00 EUR. Auch die hierin enthaltenen Umsätze innerhalb der EU sind für die Bestimmung des Gegenstandswerts von Bedeutung, da, anders als der Beklagte meint, sich sein Angebot keineswegs nur an Inländer richtete. Das Angebot war zwar in deutscher Sprache abgefasst, es ist aber gerichtsbekannt, dass auch Abnehmer aus anderen EU-Staaten Deutsch als maßgebliche Sprache in technischen Belangen verstehen und sich ein deutschsprachiges Angebot auch an sie richtet. Überdies kommt es nicht auf eine vergleichende Betrachtung zwischen dem Abnehmerkreis der Klägerin und demjenigen des Beklagten an: Entscheidend ist, wie viel Umsatz die Klägerin unter Nutzung der technischen Lehre des Klagepatents erzielt hat, dieser Umstand gibt Aufschluss auf die wirtschaftliche Bedeutung des Klagepatents für die Klägerin.

Angesichts dessen und des weiteren Umstandes, dass das Klagepatent zum Zeitpunkt der Abmahnung der Abmahnung eine verbleibende Schutzdauer von über dreieinhalb Jahren hatte, ist der Gegenstandswert mit 150.000,00 EUR richtig bemessen. Dass der Beklagte nur geringe Umsätze erzielte und nur wenige Exemplare der angegriffenen Ausführungsform bezogen hatte, steht dem nicht entgegen. Das ist bei der Bemessung des genannten Gegenstandswerts bereits berücksichtigt, der gegenüber einem potenteren Marktteilnehmer signifikant höher zu bemessen wäre. Die Klägerin ist auch nicht daran gehindert, ihre Forderung auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 150.000,00 EUR geltend zu machen. Ihr Angebot, einen Gegenstandswert von 75.000,00 zugrunde zu legen, hat der Beklagte nicht angenommen und er hat insgesamt überhaupt keine Abmahnkosten gezahlt; daher ist die Klägerin nicht mehr an dieses Angebot gebunden.

cc)

Der Gebührensatz ist mit 1,5 zu bemessen. Eine Abmahnung wegen Patentverletzung ist grundsätzlich überdurchschnittlich schwierig. Dies ist der technischen Komplexität ebenso geschuldet wie dem Umstand, dass der Abmahnenden bei einer unberechtigten Abmahnung schadensersatzpflichtig wäre, also gehalten ist, die Abmahnung besonders gründlich prüfen zu lassen. Innerhalb des Gebührenrahmens von 0,5 bis 2,5 ist die Überschreitung der Mittelgebühr von 1,3 um nur 0,2 erkennbar moderat. Darauf, dass es sich bei vorliegender Abmahnung um eine eher einfache Patentsache handelt, kommt es nicht an. Vergleichsmaßstab für die durchschnittliche Schwierigkeit sind nicht Patentverletzungssachen, sondern rechtsanwaltliche Vertretungsangelegenheit insgesamt.

c)

Demnach sind die als Abmahnkosten geltend gemachten Honoraransprüche der rechts- und patentanwaltlichen Vertreter in der begehrten Höhe entstanden und die Klägerin kann in dieser Höhe Ersatz durch Zahlung verlangen. Es kann dabei wegen § 250 Satz 2 BGB dahinstehen, ob – was der Beklagte bestreitet – die Klägerin die Kosten für die Abmahnung bereits bezahlt hat. Bereits vor der Zahlung hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von der Honorarforderung, mit der sie ihr Vermögen belastet hat, wodurch ein nach §§ 249, 250 BGB im Wege der Naturalrestitution zu ersetzender Schaden entstanden ist. Ein solcher Befreiungsanspruch wandelt sich nach allgemeiner Ansicht auch ohne Setzung einer Frist nach § 250 Satz 2 BGB durch Erhebung einer Zahlungsforderung in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schuldner die Freistellung als Ersatzleistung ernsthaft und endgültig verweigert, da die Fristsetzung dann nur noch eine überflüssige Förmelei wäre (BGH 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1999, 1542; BGH NJW-RR 1996, 700; Oetker, in: MünchKomm z. BGB, 5. Aufl., § 250 Rn. 7 m.w.N.). Eine solche Leistungsverweigerung kann in der Stellung eines vollumfänglichen Klageabweisungsantrages liegen (BGH NJW 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1984, 1460; LG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2004, Az. 4b O 360/04 – Irreführende Abmahnung).
Demnach ist auch im vorliegenden Fall eine Fristsetzung durch die Klägerin entbehrlich gewesen: Der Beklagte beantragt vollständige Abweisung des Klageantrags und hat auch außergerichtlich keinerlei Zahlung auf den Abmahnerstattungsanspruch geleistet.

3.

Der Zinsanspruch folgt als Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 2 BGB: durch Mahnung der Klägerin befindet sich der Beklagte seit dem 4. September 2009 im Schuldnerverzug. Die Zinshöhe folgt deshalb aus § 288 Abs. 2 BGB, weil die Klägerin ihrerseits Zinsen in dieser Höhe auf ein Entgelt aus einem nicht zwischen Verbrauchern geschlossenen Rechtsgeschäft gegenüber ihren rechts- und patentanwaltlichen Vertretern schuldet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.