4b O 76/16 – Kippachsentor mit integrierter Tür

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3089

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 19. November 2020, Az. 4b O 76/16

  1. Die Klage wird abgewiesen.
    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  2. Tatbestand
  3. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2 103 XXX B1 (Anlage K1; im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf, sowie Feststellung einer Restentschädigungs- und einer Rest- bzw. Schadensersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
  4. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 3. Februar 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität DE 10 2004 XXX 182 angemeldet wurde. Die Offenlegung der Anmeldung datiert vom 23. September 2009. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17. April 2013 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
  5. Das Klagepatent betrifft ein Tor mit einer in dem Torblatt ingegrierten und in der Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts aufgenommenen Tür. Der Wortlaut des hier maßgeblichen Hauptanspruchs 1 lautet in der ursprünglich erteilten, deutschsprachigen Originalfassung (vgl. Anlage B1) wie folgt:
  6. „Tor mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von bzgl. parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbaren Torblattelementen (12, 14) aufweisenden Torblatt (10), einer in dem Torblatt (10) integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bzgl. in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12, 14) verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblattes (10) aufgenommenen und in der Schließstellung vorzugsweise etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt (100) und einer einer Verformung des Torblattes (10) entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung (50, 90) sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung dienenden Führungsschienen mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt, dadurch gekennzeichnet, daß die Stabilisierungsanordnung (90) ein in der Schließstellung des Torblattes (10) den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an den der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12) befestigtes Schwellenelement (50) aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner vorzugsweise etwa parallel zu den Kippachsen (20) verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger, beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements (50) in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 150 %, bevorzugt mehr als 200 %, besonders bevorzugt mehr als 250 % der Torblattdicke, insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr, beträgt, wobei sich das Schwellenelement (50) vorzugsweise über die gesamte Torblattdicke erstreckt.“
  7. Das Klagepatent durchlief ein erstinstanzliches Einspruchsverfahren, in dessen Zuge es in der folgenden Fassung aufrechterhalten wurde (Ergänzungen gegenüber der ursprünglich erteilten Fassung sind unterstrichen, Streichungen gegenüber der ursprünglich erteilten Fassung sind durchgestrichen, vgl. zur abgeänderten Fassung auch Anlage K3, S.24):
  8. „Tor mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von bzgl. parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbaren Torblattelementen (12, 14) aufweisenden Torblatt (10), einer in dem Torblatt (10) integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bzgl. in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12, 14) verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblattes (10) aufgenommenen und in der Schließstellung vorzugsweise etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt (100) und einer einer Verformung des Torblattes (10) entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung (50, 90) sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung dienenden Führungsschienen mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt, dadurch gekennzeichnet, daß die Stabilisierungsanordnung (90) ein in der Schließstellung des Torblattes (10) den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12) befestigtes Schwellenelement (50) aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner vorzugsweise etwa parallel zu den Kippachsen (20) verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger, beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements (50) in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 150 %, bevorzugt mehr als 200 %, besonders bevorzugt mehr als 250 % der Torblattdicke, insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr, beträgt, wobei sich das Schwellenelement (50) vorzugsweise über die gesamte Torblattdicke erstreckt, und eine Breite von 100 mm oder mehr beträgt, ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente (12) und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement (40) vorgesehen ist und das Befestigungselement (40) einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung (12a) im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung (42) aufweist.“
  9. Im Hinblick auf die Begründung der Entscheidung durch das EPA wird auf die Entscheidungsbegründung vom 01.08.2016 (Anlage B1) Bezug genommen. In einer Entscheidung vom 30.01.2020 wies die Beschwerdekammer die gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete Beschwerde zurück (vgl. Sitzungsprotokoll vom 30.01.2020 zu dem Verfahren T 2164/16, Anlage K20, dort S. 5). Eine Begründung der Entscheidung liegt als Anlage K22 vor.
  10. Zur Veranschaulichung der erfindungsgemäßen Lehre wird nachfolgend die Figur 1 des Klagepatents wiedergegeben:
  11. Figur 1 zeigt eine Ansicht eines erfindungsgemäßen Tores zwischen der Öffnungsstellung und der Schließstellung von innen.
  12. Die Beklagten bewerben und vertreiben in der Bundesrepublik Deutschland Sektionaltore für Garagen, die u.a. unter den Bezeichnungen „A“, „B“ (in der nach April 201X vertriebenen Form), „C“ und „D“ (insgesamt: angegriffene Ausführungsform I) angeboten und in den Verkehr gebracht werden. Die Klägerin richtet sich mit ihrer Klage auch gegen das Tor „B“ in der bis April 2012 vertriebenen Form (angegriffene Ausführungsform II).
  13. Die Tore werden unter der Verantwortung und der Kontrolle der Beklagten zu 2), bei der es sich um die schwedische Muttergesellschaft der Beklagten zu 1) handelt, hergestellt und unter anderem an die Beklagte zu 1) in Deutschland zum Weitervertrieb in Deutschland ausgeliefert. Daneben ist auch der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) auf die Herstellung von Toren ausgerichtet. Die Beklagte zu 2) ist Herausgeberin der unter der Webseite mit der Adresse www.XXX.de abrufbaren Produktinformations- und -datenblättern.
  14. Mit Klageschrift vom 25.02.2012 (Anlage B10) machte die Klägerin einen Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 1) (damals noch firmierend unter: „E GmbH“) sowie einen der Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herrn F, vor dem hiesigen Gericht (Az.: 4a O 10/12) anhängig.
  15. Die Klägerin machte in dem in Bezug genommenen Verfahren die Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters 20 2005 XXX XXX.4 (im Folgenden: DE‘XXX) und des Stammpatents zu dem hiesigen Klagepatent (= EP XXX; im Folgenden auch: Stammpatent) geltend. Daneben führte sie zu dem hiesigen Klagepatent, das damals noch nicht erteilt war, wie folgt aus:
  16. „Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin zunächst die Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, und Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz, die sich aus der Benutzung des Klageschutzrechts 1 [gemeint ist das DE‘XXX] und 2 [gemeint ist das Stammpatent] ergeben. Die Klägerin geht jedoch davon aus, dass bis zur mündlichen Verhandlung ein europäisches Patent auf Grundlage des Klageschutzrechts 3 [gemeint ist das hiesige Klagepatent] erteilt werden wird. Dies rechtfertigt es, bereits in dieser Klageschrift Ausführungen auch zu diesem letztgenannten Klageschutzrecht zu machen.“ (Klageschriftsatz, Anlage B10, S. 6, letzter Abs.).
  17. Die Klägerin stützte sich in dem hier in Bezug genommenen Rechtsstreit auf rechtswidrige Benutzungshandlungen durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform II. Wegen des weitergehenden Inhalts des das Klageverfahren 4a O 10/12 einleitenden Klageschriftsatzes wird auf diesen verwiesen (Anlage B10).
  18. Am 17.04.2012 erließ das Landgericht Düsseldorf in der Sache ein Teil-Anerkenntnisurteil, auf das wegen seines Inhalts Bezug genommen wird (Anlage B13).
  19. Im April 2012 stellten die Beklagten die Produktion der angegriffenen Ausführungsform II – wie sie in der hier vorgelegten Anlage K14 einen Ausdruck findet, und von der Klägerin vor Erteilung des Klageschutzrechts untersucht wurde – ein.
  20. Mit Schreiben vom 05.06.2012 diente die Klägerin der Beklagten zu 1) auf die von dieser erteilten Auskunft und Rechnungslegung folgenden Vergleichsvorschlag an:
  21. „Solange diese Fragen nicht geklärt sind, möchte sich unsere Mandantin nicht für eine Berechnungsart entscheiden. Allerdings würde eine lizenzanaloge Berechnung unter Annahme eines Lizenzsatzes von 5 % einen Schadensersatzbetrag in Höhe von insgesamt EUR 12.950 ergeben. Unsere Mandantin wäre mit einer Lösung einverstanden, wonach mit Zahlung dieses Betrages alle weitergehenden Ansprüche gegen Ihre Mandantin auf Schadensersatz und die darauf bezogenen Nebenansprüchen abgegolten sind. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie innerhalb einer Woche mitteilen könnten, ob Ihre Mandantin mit einer solchen Lösung einverstanden wäre.“
  22. Hierauf teilte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 20.06.2012 (Anlage B16) mit, dass sie zwar die vorgeschlagene pauschale Lizenz zur Beilegung der Streitigkeit für zu hoch halte, jedoch gleichwohl zur Zahlung einer Pauschalsumme in Höhe von EUR 12.9500,00 gegen Verzicht auf eine weitergehende Vollstreckung der Klägerin aus dem Anerkenntnisurteil bereit sei. Auf den genauen Wortlaut des Schreibens vom 20.06.2012 (Anlage B16) wird insoweit Bezug genommen. Mit Schreiben vom 27.06.2012 (Anlage B17) reagierte die Klägerin und bestätigte den Vergleichsvorschlag.
  23. In den die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Produktkatalogen für das Jahr 2XXX (Anlage K6, K7, K8 und K9) sowie für das Jahr 2015 (Anlage K6a und Anlage K7a) waren unter anderem der folgende Passus und die folgende Abbildung wiedergegeben (hier beispielhaft entnommen Anlage K7, S. 11, Bl. 84 GA; Hervorhebung durch Klägerin),
    ,
  24. die die Befestigung und Anordnung des Tür- (vgl. Skizze überschrieben mit „An der Schlupftür“) bzw. des Torblatts (vgl. Skizze überschrieben mit „Neben der Schlupftür“) schematisch im Querschnitt zeigt. Diese Abbildung haben die Beklagten im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits farblich wie folgt ergänzt (gesondert vorgelegt als Anlage B5):
    .
  25. Wenn nachfolgend von farblichen Markierungen der angegriffenen Ausführungsform I die Rede ist, ist damit stets auf die hier im Tatbestand wiedergegebene und als Anlage B5 vorgelegte Abbildung Bezug genommen.
  26. Das „blau“ markierte Element (nachfolgend – ohne Präjudiz für die Verletzungsprüfung – auch als „Schwellenelement“ bezeichnet) läuft entlang des gesamten Tor- und Türblattes, im Bereich der Schlupftür ist ein „grün“ markiertes Element (nachfolgend auch als „Kappenelement“ bezeichnet) angeordnet, wobei zwischen den Parteien streitig ist, inwiefern dieses bei der angegriffenen Ausführungsform werksseitig vorhanden ist. Unterhalb des („blau“ markierten) Schwellenelements sind ein („rot“ markiertes) Moosgummi und ein („gelb“ markiertes) Dichtungselement angeordnet. Das Schwellenelement ist an beiden Seiten der Schlupftür an den jeweils unteren Paneelen über das („orangefarben“ markierte) Bauteil durch Verklammerung in Kombination mit einer Verschraubung fixiert, wobei die Verklammerung sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite des Schwellenelements ansetzt.
  27. Die Höhe des im Bereich der Schlupftür bei Durchschreiten der Tür zu überwindenden Schwellenelements mit dem aufgesetzten Kappenelement und dem darunter angebrachten Moosgummi und Dichtungselement beträgt durchgängig etwa 30 mm. Allein die Höhe des Kappenelements ohne das Moosgummi und das Dichtungsteil beträgt durchgängig 23 mm. Ohne das Kappenelement weist das Schwellenelement im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder eine Höhe von weniger als 20 mm auf.
  28. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen das Anbieten und Vertreiben der angegriffenen Ausführungsformen wegen unmittelbarer Patentverletzung.
  29. Sie ist der Auffassung, dass die angegriffenen Ausführungsformen alle Merkmale der erfindungsgemäßen Lehre unmittelbar wortsinngemäß verwirklichten.
  30. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform I, bei dem Kappenelement handele es sich um ein marktabhängiges, optionales Zusatzbauteil, wie dies zeichnerisch (unter Bezugnahme auf die Abbildung nach Anlage K7, S. 11; hier zuvor wiedergegeben) auch darin einen Ausdruck finde, dass dieses in schwächerem Strich dargestellt sei. Es könne vom Kunden durch Aufstecken beliebig montiert und demontiert werden. Für den Nutzer des Tors gebe es dabei keinen Grund, die Kappe aufzustecken, weil damit die Stolpergefahr erhöht werde.
  31. Dies berücksichtigend verfüge die angegriffene Ausführungsform I jedenfalls in den Fällen, in denen das Kappenelement nicht montiert sei, über ein Schwellenelement, das in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung im klagepatentgemäßen Sinne bilde.
  32. Aber auch bei Montage des Kappenelements liege eine von dem Klagepatent vorgesehene Anordnung vor. Denn die geschützte Lehre schließe nicht aus, dass sich zwischen Türblatt und Schwellenelement weitere Bauteile befinden. Vorgesehen sei lediglich, dass das Schwellenelement – wie bei der angegriffenen Ausführungsform I – in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung bilde. Zu der Anordnung des Schwellenelements im Verhältnis zu dem Türblatt treffe der hier geltend gemachte Anspruch keine Aussage. Auch mit Kappenelement sei die klagepatentgemäß für das Schwellenelement vorgesehene Höhe von weniger als 20 mm zumindest an den Rändern des Schwellenelements eingehalten. Denn die Kappe dürfe – auch dann, wenn sie montiert sei – in die Betrachtung der Höhe des Schwellenelements nicht einbezogen werden.
  33. Darüber hinaus erstrecke sich die Breite des Schwellenelements – wie vom Klagepatent vorgesehen – über die gesamte Torblattdicke. Dies gelte insbesondere, weil die Torblattdicke im Innenmaß bzw. an der Stelle einer etwaigen Verjüngung maßgeblich sei. Das Klagepatent verlange auch nicht, dass das Schwellenelement zu beiden Seiten des Torblatts auskrage.
  34. Zudem sei der untere Rand der Torblattelemente auch in klagepatentgemäßer Weise einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigt. Auch eine Befestigung an mehreren Torblattelementen, die zudem über die obere Begrenzungsfläche hinaus das Schwellenelement umklammere, sei von der geschützten Lehre erfasst.
  35. Schließlich verwirkliche auch die angegriffene Ausführungsform II alle Merkmale des Klagepatents. Sie, die Klägerin, sei an der Geltendmachung von Ansprüchen auf der Grundlage der Verletzung der angegriffenen Ausführungsform II durch das Klagepatent nicht aufgrund des mit der Beklagten zu 1) im Juni 2012 geschlossenen Vergleichs gehindert. Denn dieser beziehe sich nicht auf Verletzungshandlungen, die auf das Klagepatent gestützt seien. Er beschränke sich vielmehr auf die Verletzung des DE‘XXX und des Stammpatents durch die angegriffene Ausführungsform II.
  36. Die Klägerin beantragt,
  37. I. die Beklagten zu verurteilen,
  38. es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatz¬weise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, wobei eine gegen die Beklagte festzusetzende Ordnungshaft an deren Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unter¬lassen,
  39. Tore mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegba¬ren und eine Mehrzahl von bezüglich parallel zueinander verlaufenden Kippachsen gegeneinander verkippbaren Torblattelementen aufweisenden Torblatt,
  40. einer in dem Torblatt integrierten Tür mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen verlaufenden Schwenkachse bezüglich in Richtung der Kippachsen be¬nachbarten Torblattelementen verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts aufgenommenen und in der Schließstellung etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt
  41. sowie zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öff¬nungssteilung dienenden Führungsschiene mit einem etwa geradlinig und etwa paral¬lel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt, einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öff¬nungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt und
  42. einer einer Verformung des Torblatts entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung
  43. in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig herzustellen/herstellen zu lassen, anzubieten/anbieten zu lassen, in Verkehr zu bringen/in Verkehr bringen zu lassen oder zu gebrauchen/gebrauchen zu lassen oder zu den genannten Zwecken einzuführen/einführen zu lassen oder zu besitzen,
  44. bei denen die Stabilisierungsanordnung ein in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblat¬telemente befestigtes Schwellenelement aufweist, dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlau¬fenden Ränder weniger als 20 mm beträgt, wobei die Breite des Schwellenelements in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250% der Torblattdicke beträgt, sich das Schwellenelement über die gesam¬te Torblattdicke erstreckt und eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist,
  45. ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement vorgesehen ist und das Befestigungselement einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblat¬telemente aufgenommenen Vorsprung aufweist;
  46. II. die Beklagten zu verurteilen,
  47. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 24. Oktober 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe
  48. 1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  49. 2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen,
  50. für die Zeit ab dem 18. Mai 2013 darüber hinaus
  51. 3. der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  52. 4. der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  53. 5. der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
  54. 6. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  55. 7. der Gestehungskosten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren und dem erzielten Gewinn,
  56. wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtge¬werblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn er¬mächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be-stimmter Abnehmer oder bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
  57. IIl. die Beklagte zu 1. zu verurteilen,
    die in unmittelbarem Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I. beschriebenen Tore zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
  58. IV. die Beklagten zu verurteilen,
  59. die in dem Klageantrag Ziffer I. bezeichneten, seit dem 18. Mai 2013 in Verkehr gelangten Erzeugnisse gegenüber gewerblichen Abnehmern aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Er¬zeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hie¬sigen Urteil auf eine Verletzung des Klageschutzrechts erkannt hat, aufge¬fordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1. zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahl-ten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  60. V. festzustellen,
  61. 1. dass die Beklagten verpflichtet sind, an die Klägerin für die im Klageantrag Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 24. Oktober 2009 und dem 17. Mai 2013 began¬genen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, wobei sich die Entschädigungspflicht auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2103XXX auf Kosten der Klägerin erlangt haben;
  62. 2. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die im Klageantrag I. bezeichneten, seit dem 18. Mai 2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch ent¬stehen wird, wobei sich die Schadensersatzpflicht für die vor dem 01.01.2XXX begangenen Handlungen auf die Herausgabe dessen beschränkt, was die Beklagten durch die Benutzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2103XXX auf Kosten der Klägerin erlangt haben;
  63. VI. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin EUR 12.253,80 zu zahlen.
  64. Die Beklagten beantragen,
  65. die Klage abzuweisen.
  66. Die Beklagten sind der Auffassung, die Lehre des Klagepatents werde durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht verletzt.
  67. Bei der Betrachtung der angegriffenen Ausführungsform I sei die auf das Schwellenelement aufgesetzte Kappe miteinzubeziehen. In diesem Zusammenhang behaupten die Beklagten, diese werde auf dem deutschen Markt werksseitig vormontiert und sei bereits bei der Auslieferung mit dem Schwellenelement verbunden. Die so ausgestaltete angegriffene Ausführungsform I werde nicht als Fluchttür angeboten oder vertrieben und der Nutzer des Tores habe keinen Anlass, die Kappe – ohne die das Schwellenelement die Höhe von 20 mm unstreitig nicht überschreitet – zu entfernen.
  68. Sollte die Kappe dennoch einbezogen werden, dann bilde diese – und nicht das Schwellenelement – den unteren Rand der Ausnehmung des Torblatts. Solche Ausgestaltungen lasse das Klagepatent jedoch nicht zu. Vielmehr sei es das Schwellenelement, das die Türblattausnehmung nach unten begrenzen müsse.
  69. Außerdem werde in dem Fall, in dem das Kappenelement aufgesteckt sei, das von der erfindungsgemäßen Lehre für das Schwellenelement vorgeschriebene Höchstmaß von weniger als 20 mm überschritten. Denn das Kappenelement sei dann auch bei der Bestimmung der von dem Klagepatent vorgegebenen zulässigen Höhe des Schwellenelements zu berücksichtigen.
  70. Weiter sei das Schwellenelement um 1,5 mm versetzt zum Torblatt angeordnet und erstrecke sich damit nicht im klagepatentgemäßen Sinne über die gesamte Torblattdicke. Denn die Lehre des Klagepatents verlange, dass das Schwellenelement zu beiden Seiten des Torblatts auskrage, das heißt übersteht. Der Begriff der „Torblattdicke“ bezeichne nach der geschützten Lehre zudem die Gesamtdicke des Torblatts inklusive des Außenmaterials.
  71. Da das („orangefarben“ markierte) Element im Bereich neben der Schlupftür – insoweit unstreitig – nicht nur an der Oberseite des Schwellenelements, sondern auch an dessen Unterseite befestigt sei, fehle es an der von dem Klagepatent vorgesehenen Befestigung des Befestigungselements am unteren Rand der Torblattelemente einerseits und ausschließlich an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements andererseits. Auch verlange das Klagepatent, dass das Befestigungselement lediglich an einem der unteren Torblattelemente befestigt sei, wohingegen das („blau“ markierte) Element der angegriffenen Ausführungsform I – insoweit unstreitig – an beiden unteren Torblattpaneelen befestigt sei.
  72. Soweit die Klägerin Rechte im Zusammenhang mit der angegriffenen Ausführungsform II geltend mache, sei ihr dies aufgrund der im Juni 2012 getroffenen Einigung verwehrt.
  73. Entscheidungsgründe
  74. Die zulässige Klage ist unbegründet.
  75. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie Feststellung einer Restentschädigungs- und Rest- bzw. Schadensersatzpflicht dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1, 2, 140a Abs. 1, 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, 141 Satz 3, §§ 242, 259, 852 BGB, Art. II § 1 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG.
  76. I.
    Das Klagepatent betrifft ein Tor mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und eine Mehrzahl von Torblattelementen aufweisenden Torblatt, einer in dem Torblatt integrierten Tür mit einem in einer Ausnehmung des Torblattes aufgenommenen Türblatt und einer einer Verformung des Torblattes entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung, siehe Absatz [0001] des Klagepatents (Absätze ohne weitere Angabe betreffen im Folgenden solche des Klagepatents nach der B1-Schrift, vorgelegt als Anlage K1. Denn es ist nicht erkennbar, dass es sich bei den vorgelegten geänderten Fassungen nach Anlage K3 und Anlage K21 um veröffentlichte Schriften handelt).
  77. Das Klagepatent beschreibt, dass Tore dieser Art in der Form von Garagentoren und Industrietoren zum Verschließen von Durchfahrten in Garagen und Industriehallen eingesetzt werden. Dabei sei das Torblatt üblicherweise in der Schließstellung etwa in einer Vertikalebene und in der Öffnungsstellung über Kopf etwa in einer Horizontalebene angeordnet. Zur Ermöglichung der Torblattbewegung seien die Torblattelemente um senkrecht zu den Führungsschienen verlaufende Kippachsen gegeneinander verkippbar miteinander verbunden, siehe Absatz [0002].
  78. Falls eine Person einen mit einem derartigen Tor verschlossenen Raum verlassen wolle, müsse das Torblatt als Ganzes von der Schließstellung in die Öffnungsstellung bewegt werden, was nicht nur eine beachtliche Erhöhung der Belastung der mechanischen Elemente des Tors bedeute, sondern auch mit einem nennenswerten Zeitaufwand verbunden sei. Zur Lösung sei bisher vorgeschlagen worden, eine Tür mit einem verschwenkbaren Türblatt in das Torblatt zu integrieren, die das Verlassen des Raumes auch ohne Öffnen des Torblattes als Ganzes ermögliche, Absatz [0003].
  79. Bei derartigen Konstruktionen müsse gewährleistet werden, dass das Torblatt nicht in einer senkrecht verlaufenden Richtung durchhänge. Zudem müsse gewährleistet werden, dass im Verlauf der Schließstellung die beidseitig des Türblatts angeordneten Torblattelemente sich nicht in Richtung der Kippachsen voneinander entfernten, Absatz [0004].
  80. Bei herkömmlichen Toren der eingangs beschriebenen Art könne die erforderliche Stabilität mit Hilfe von Stabilisierungsanordnungen in Form von die das Türblatt aufnehmende Ausnehmung vollständig umlaufenden und an den benachbarten Torblattelementen befestigten Zargenrahmen erreicht werden. Dabei werde das den unteren Rand der Ausnehmung bildende Zargenelement üblicherweise an dem unteren Torblattelement befestigt. Dies erreiche zwar eine ausreichende Stabilität der Gesamtkonstruktion, jedoch bilde das Torblattelement mit dem Zargenelement eine Stolperkante, so dass die herkömmlichen, in einem Torblatt aufgenommenen Schlupftüren nicht als Fluchtweg anerkannt seien, Absatz [0005].
  81. Zur Lösung dieses Problem werde beispielsweise in der WO 01/XXX eine Weiterbildung der bekannten Tore vorgeschlagen, bei der es jedoch zu einer beachtlichen Spaltbildung zwischen dem Türblatt und den benachbarten Torblattelementen komme und darüber hinaus das Torblatt in der Öffnungsstellung insgesamt in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung in nicht hinnehmbarer Weise durchhänge. Zwar sei wegen dieser Probleme bereits eine Weiterbildung vorgeschlagen worden, diese sei jedoch mit einem beachtlichen konstruktiven Aufwand verbunden, Absatz [0006], [0012].
  82. Ferner sei aus der US 5,XXX,740 A ein Rolltor mit integrierter Schlupftür bekannt, bei dem am unteren Rand der Schlupftür eine Stabilisierungsstange angeordnet sei, Absatz [0007]. In der Schrift „Türen und Türzubehör, DIN X Teil 2 vom November 1996“ im „XXX“ sei ferner angegeben, dass untere Türanschläge und -schwellen, soweit sie technisch unbedingt erforderlich seien, nicht höher als 2 cm sein dürften, Absatz [0008].
  83. In der EP 1 375 XXX A1 seien ferner Gelenkanordnungen beschrieben, mit denen Schlupftürblätter in Sektionaltorblätter integriert werden können, Absatz [0009].
  84. Die DE 1 659 XXX beschreibe Sektionaltore mit Bodendichtungen, bei denen ein Befestigungsabschnitt eines Dichtungselements in einem offenen Kanal zwischen seitlichen Rändern eines Kanals aufgenommen sei. Die seitlichen Begrenzungswände des Kanals fielen dabei rampenförmig ab, Absatz [0010].
  85. In der US 2002/XXX A1 sei ferner eine für ein Sektionaltor als Schließkantensicherung einsetzbare berührungsfrei arbeitende Sicherungseinrichtung beschrieben, Absatz [0012].
  86. Angesichts der vorstehend erörterten Probleme im Stand der Technik beschreibt das Klagepatent die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe (das technische Problem) dahingehend, ein konstruktiv einfach ausführbares Tor der eingangs genannten Art bereitzustellen, welches einerseits die Anforderungen an einen Fluchtweg erfüllt und andererseits eine ausreichende Gesamtstabilität aufweist (Abs. [0013], Sp. 4, Z. 7 – 13).
  87. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung entsprechend des hier geltend gemachten Hauptanspruchs 1 vor:
  88. 1. Tor mit einem Torblatt (10), einer Tür, einer Stabilisierungsanordnung und Führungsschienen.
  89. 2. Das Torblatt (10)
  90. 2.1 ist zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbar und
  91. 2.2 weist eine Mehrzahl von Torblattelementen (12, 14) auf, die bezüglich parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbar sind.
  92. 3. Die Tür
  93. 3.1 ist in dem Torblatt (10) integriert und
  94. 3.2 weist ein Türblatt (100) auf, das
  95. 3.2.1 um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bezüglich in Richtung der Kippachsen benachbarter Torblattelemente verschwenkbar ist,
  96. 3.2.2 in der Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblatts (10) aufgenommen wird und
  97. 3.2.3 in der Schließstellung etwa in der Torblattebene angeordnet ist.
  98. 4. Die Stabilisierungsanordnung
  99. 4.1 wirkt einer Verformung des Torblatts (10) entgegen und
  100. 4.2.1 weist ein Schwellenelement (50) auf, das in der Schließstellung des Torblatts den unteren Rand der Ausnehmung bildet,
  101. 4.2.2 das an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelemente (12) befestigt ist,
  102. 4.2.3 dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Be¬reich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger beträgt,
  103. 4.2.4 dessen Breite in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250 % der Torblattdicke, insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr beträgt und
  104. 4.2.5 das sich über die gesamte Torblattdicke erstreckt und
  105. 4.2.6. das eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist.
  106. 4.2 weist ein Befestigungselement (40) auf,
  107. 4.3.1 das einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente (12) und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwel¬lenelements befestigt ist und
  108. 4.3.2. das einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstrecken¬den, unten offenen Einbuchtung (12a) im unteren Rand der Tor¬blattelemente aufgenommenen Vorsprung (42) aufweist.
  109. 5. Die Führungsschienen
  110. 5.1 dienen zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstel¬lung und der Öffnungsstellung,
  111. 5.2 weisen einen etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt auf,
  112. 5.3 weisen einen weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Ab¬schnitt auf und
  113. 5.4 weisen einen die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbin¬denden bogenförmigen Abschnitt auf.
  114. Nach der Beschreibung des Klagepatents könne das Durchhängen in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung bereits wirkungsvoll mit einem als Schwellenelement ausgeführten Stabilisierungselement verhindert werden, welches nur in der Durchbiegerichtung eine beachtliche Ausdehnung und entsprechende Stabilität aufweise, während es in der senkrecht dazu verlaufenden Richtung der Schwenkachse nur eine geringe Höhe aufweisen müsse (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 35 – 43). Wegen der geringen Höhe des Schwellenelements bestünden keine Bedenken bei der Verwendung der in das Torblatt integrierten Schlupftür als Fluchttür (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 51 – 54).
  115. III.
    Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedürfen die Merkmale 4.2.1, 4.2.3, 4.2.5 und 4.3.1 der Auslegung.
    Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, ist gem. Art 69 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche in der maßgeblichen Verfahrenssprache (Art. 70 Abs. 1 EPÜ), wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind (BGH, NJW-RR 2000, 259 (260) – Spannschraube). Für die Auslegung entscheidend ist die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns. Begriffe in den Patentansprüchen und in der Patentbeschreibung sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Durchschnittsfachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung der Erfindung versteht (BGH, ebd., (261)).
    Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier im Hinblick auf die zwischen den Parteien streitigen Merkmale Folgendes:
  116. 1.
    Die Merkmalsgruppe 4.2 sieht ein Schwellenelement als Teil der Stabilisierungsanordnung der geschützten Vorrichtung vor. Das zwischen den Parteien streitige Merkmal 4.2.1 beschreibt eine räumlich-körperliche Anordnung des Schwellenelements derart, dass dieses – bei Betrachtung in der Schließstellung des Tores – diejenige Ausnehmung des Torblatts, in der das Türblatt aufgenommen ist (vgl. Merkmal 3.2.2), nach unten begrenzt, indem es ausweislich des für die Auslegung gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ maßgeblichen Anspruchswortlauts „den unteren Rand der Ausnehmung bildet“.
  117. a)
    Mit „dem in Schließstellung unteren Rand der Torausnehmung“ im Sinne des streitigen Merkmals ist derjenige Bereich gemeint, der bei Durchschreiten der Türöffnung durch eine Person zu überqueren ist.
    Dies folgt zum einen aus der gebotenen Gesamtbetrachtung mit dem Merkmal 4.2.3,
  118. „in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner etwa parallel zu den Kippachsen verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm beträgt“,
  119. sowie bei Beachtung der diesem Merkmal erfindungswesentlich zugewiesenen Funktion. Das Merkmal 4.2.3 sichert die Eignung der Tür des geschützten Tores als Fluchttür ab, weshalb das Schwellenelement eine bestimmte Höhe – nämlich 20 mm oder mehr – nicht überschreiten darf (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 45 – 54). Daraus ergibt sich aus Sicht des Fachmannes eine Konsistenz zwischen den beiden Merkmalen derart, dass all diejenigen Bauteile (= von dem Anspruchswortlaut unter dem Begriff des „Schwellenelements“ zusammengefasst, zu diesem Begriff im Sinne der Lehre des Klagepatents nachfolgend unter lit. b)), die sich im Bereich des unteren Randes der Torausnehmung befinden, aber an der Öffnungsbewegung der Tür nicht teilnehmen und deshalb beim Durchschreiten der Türöffnung zu überwinden sind, in die Höhenvorgabe des Merkmals 4.2.3 einzubeziehen sind. Andernfalls – wenn mithin im unteren Bereich der Ausnehmung andere Bauteile als solche, die dem klagepatentgemäßen Begriff des Schwellenelements unterfallen, angeordnet wären – würde die Höhenvorgabe nach Merkmal 4.2.3, die ausschließlich auf das Schwellenelement zu lesen ist, ggf. ins Leere laufen. Mit ihr wäre nämlich dann keine absolute Vorgabe zu der Höhe der zu überwindenden „Schwelle“ mehr verbunden, sondern sie wäre darauf beschränkt, die Höhe nur eines Bauteils (nämlich des Schwellenelements), das sich dann (ggf. neben weiteren Bauteilen) am unteren Rand der Ausnehmung befindet, zu bestimmen. Die Eignung einer solchen Ausgestaltung als Fluchttür würde dann nicht mehr in der Hand des Klagepatents liegen. Dass es dem Klagepatent mit der ziffernmäßigen Angabe nach Merkmal 4.2.3 auch tatsächlich auf eine absolute Vorgabe der baubedingten „Hürde“, die bei einem Verlassen des Raumes durch die Türöffnung zu überwinden ist, ankommt, gelangt – neben dem bereits Ausgeführten – auch darin zum Ausdruck, dass es sich dabei – wie das Klagepatent unter Bezugnahme auf den vorbekannten Technikstand in Abschnitt [0008] selbst offenbart – um eine aus einer DIN entliehene Vorgabe handelt.
  120. b)
    Der „untere Rand der Ausnehmung“ in dem unter lit. a) verstandenen Sinn wird durch das Schwellenelement „gebildet“.
    Dem Begriff des „Schwellenelements“ im Sinne der Lehre des Klagepatents unterfallen allein solche Bauteile, die einem Durchhängen des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung entgegenwirken, mithin einen Beitrag zu der von dem Klagepatent insoweit beabsichtigten stabilisierenden Wirkung leisten. Im Hinblick auf dieses Verständnis des Begriffs „Schwellenelement“ ist die Kammer von ihrer in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung abgewichen, wonach dem Begriff des Schwellenelements auch weitere Bauteile, die keine stabilisierende Funktion übernehmen, unterfallen konnten. Diese wären dann aber jedenfalls – die Ausführungen unter lit. a) berücksichtigend – in die ziffernmäßige Höhevorgabe des Merkmals 4.2.3 einzubeziehen. Da die geänderte Rechtsauffassung daher im Ergebnis ohne Auswirkung auf die Verletzungsfrage bleibt (das vorläufig von der Kammer vertretene Verständnis von dem Begriff des Schwellenelements führte zur Nichtverletzung des Merkmals 4.2.3; zu der Verletzungsfrage im Übrigen vgl. unter Ziff. IV., 1.), hat die Kammer von einem Hinweis an die Parteien abgesehen.
    Ausgehend von dem Anspruchswortlaut des Merkmals 4.2 ist das Schwellenelement Teil der Stabilisierungsanordnung, die einerseits dem Durchhängen des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung entgegenwirkt, und andererseits ein Aufspreizen der der Ausnehmung benachbarten Torblattelemente verhindert (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 24 – 33). Das Schwellenelement weist einen Bezug lediglich zu der erstgenannten Stabilisierungsfunktion auf (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 25 – 30). In Abschnitt [0015] heißt es im Anschluss an die soeben in Bezug genommenen Passagen weiter:
    „Dabei kann das Durchhängen in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung wirkungsvoll bereits mit einem als Schwellenelement ausgeführten Stabilisierungselement erreicht werden, […].“ (Sp. 4, Z. 35 – 39; Hervorhebung diesseits).
  121. Es erfolgt mithin eine Gleichsetzung des Schwellenelements mit einem Teil der Stabilisierungsanordnung („Stabilisierungselement“), die den Fachmann veranlasst, aus dem Begriff des Schwellenelements im Sinne der geschützten Lehre solche Bauteile auszunehmen, mit denen eine stabilisierende Wirkung nicht erzielt wird.
    Für das dargelegte Verständnis spricht weiter auch die Anspruchssystematik. Die Vorgaben der Merkmalsgruppe 4.2 (Merkmale 4.2.1 – 4.2.6) beziehen sich allesamt auf das Schwellenelement, insbesondere auch das Merkmal 4.2.3. Die Kammer hat dazu aber unter lit. a) bereits ausgeführt, dass sich eben dieses Merkmal in die technische Lehre des Klagepatents nur dann sinnvoll einfügt, wenn sämtliche im Bereich der unteren Ausnehmung befindlichen Bauteile erfasst werden. Hiervon ausgehend müsste der Begriff des Schwellenelements in einem weiteren als dem hier vertretenen Verständnis ausgelegt werden, wenn sich andere als stabilisierende Bauteile im Bereich des Randes der unteren Ausnehmung befinden. Auch diese Bauteile müssten dem Begriff des Schwellenelements unterfallen. Die übrigen räumlich-körperlichen Vorgaben nach Merkmal 4.2.2 und den Merkmalen 4.2.4 – 4.2.6 betreffen hingegen lediglich den die untere Ausnehmung bildenden Teil, dem eine stabilisierende Wirkung zukommt. Für Bauteile, die diese Funktion nicht übernehmen, sind die Angaben der näher bezeichneten Merkmale daher bedeutungslos. Diesen Merkmalen liegt mithin gerade das hier vertretene, engere Verständnis von einem Schwellenelement zugrunde. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff des Schwellenelements im Kontext der Merkmale 4.2.2 und 4.2.4 – 4.2.6 gegenüber dem Merkmal 4.2.3 in dem soeben beschriebenen Sinne unterschiedlich zu deuten ist, erhält der Fachmann jedoch nicht. Vielmehr steht der Inhalt der Klagepatentbeschreibung dagegen. Denn an die (bereits zitierte) Offenbarung des „eines als Schwellenelement ausgeführten Stabilisierungselements“ schließt sich die Beschreibung des Schwellenelements im Hinblick auf seine Höhe einerseits und im Hinblick auf seine Ausdehnung und Stabilität andererseits an,
    „[…], welches [gemeint ist das als Schwellenelement ausgeführte Stabilisierungselement] nur in der Durchbiegerichtung eine beachtliche Ausdehnung und entsprechende Stabilität aufweist, während es in der senkrecht dazu verlaufenden Richtung der Schwenkachsen nur eine geringe Höhe aufweisen muß […].“ (Sp. 4, Z. 39 – 43),
  122. das Klagepatent spricht mithin im Hinblick auf die räumlich-körperlichen Vorgaben nach Merkmal 4.2.3 und denjenigen nach den Merkmalen 4.2.4 – 4.2.6 von ein- und demselben Schwellenelement.
  123. 3.
    Nach Merkmal 4.2.5 „erstreckt sich das Schwellenelement über die gesamte Torblattdicke“.
  124. a)
    Merkmal 4.2.5 ist in einer Zusammenschau mit Merkmal 4.2.4 zu sehen. Während Merkmal 4.2.4 sich zur Breite des Schwellenelements als solcher verhält, trifft das Merkmal 4.2.5 eine Anordnung dazu, wie sich diese Breite im Verhältnis zur Torblattdicke verteilt. Das wesentlich breitere Schwellenelement (wie Merkmal 4.2.4. es lehrt) muss sich nämlich „über die gesamte Torblattdicke erstrecken“.
    „Erstrecken“ beschreibt nach seiner allgemeinen sprachlich-philologischen Bedeutung eine gewisse Ausdehnung in der Länge. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die Patentschrift, die ihr eigenes Lexikon bildet (BGH, GRUR 2002, 515 (517) – Schneidmesser I), den Begriff des „Erstreckens“ mit einem anderen Bedeutungsgehalt versieht. Der Mindestumfang dieser Ausdehnung wird im Anspruchswortlaut durch die Torblattdicke vorgegeben. Der Fachmann erkennt so, dass die Breite des Schwellenelements die Torblattdicke vollständig erfasst. Dass es dem Klagepatent auf das Einnehmen der Torblattdicke auch gerade in ihrer Gesamtheit ankommt, wird im Anspruchswortlaut dadurch hervorgehoben, dass von einem Erstrecken über die „gesamte“ Torblattdicke die Rede ist. Es findet weiter einen Anklang in Abschnitt [0016] der Beschreibung (dort Sp. 4 , Z. 55 – Sp. 5, Z. 8). Diese räumlich-körperliche Vorgabe führt – da die Breite des Schwellenelements ausweislich des Merkmals 4.2.4 die Torblattdicke um 250% übersteigt – dazu, dass das Schwellenelement jedenfalls zu einer Seite überkragt. Alternativ ist – wie Figur 2 zeigt – ein Auskragen auf beiden Seiten möglich.
    Zwingend ist die zuletzt erwähnte Ausgestaltung eines beidseitigen Überkragens des Torblatts (zur Torblattinnen- und -außenseite) durch das Schwellenelement indes nicht. Weder der hier bereits in Bezug genommene Anspruchswortlaut noch die gebotene funktionsorientierte Betrachtung des Merkmals geben ein solches, die geschützte Lehre beschränkendes Verständnis vor. Mit der Ausdehnung und Anordnung des Schwellenelements nach den Merkmalen 4.2.4 und 4.2.5 übernimmt das Schwellenelement eine stabilisierende Funktion zur Vermeidung des Durchbiegens des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 39 – 41 und Abs. [0016], Sp. 4, Z. 55 – Sp. 5, Z. 7). Ein solches Durchbiegen ergibt sich vor allem dadurch, dass das Tor in der geöffneten Position der Schwerkraft ausgesetzt ist, und die Ausnehmung für die Schlupftür einen konstruktiven Schwachpunkt bildet. Das Schwellenelement gleicht diese Schwäche zumindest teilweise durch die vorgegebene Ausdehnung und Anordnung des Schwellenelements aus. Es wird eine Erhöhung der Biegesteifigkeit bewirkt (Abs. [0068], Sp. 22, Z. 37 – 39). Sofern der Beschwerdebegründung zu entnehmen ist, dass dieser Absatz zu streichen ist (Anlage K22, S. 21, 1. Abs.), ergibt sich daraus kein anderes Auslegungsergebnis. Der Fachmann erkennt nämlich auch ohne diesen, welche technische Wirkung durch die in den Merkmalen 4.2.4 und 4.2.5 vorgesehene Ausgestaltung des Schwellenelements herbeigeführt wird. Sie folgt letztlich aus der klagepatentgemäß vorgesehenen Anordnung im Schwellenbereich desjenigen Teils der Stabilisierungsanordnung, der dem Durchbiegen in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung entgegenwirken soll (Abs. [0015], Sp. 4, Z. 24 – 30; vgl. im Übrigen auch die Beschwerdeentscheidung, Anlage K22, S. 24, Pkt. 6.1.3). Dass es für die angestrebte Biegefestigkeit technisch zwingend eines beiderseitigen Überkragens des Schwellenelements bedarf, gibt die Klagepatentschrift nicht vor.
    Zugleich ist mit der Anordnung nach Merkmal 4.2.5 die Wirkung verbunden, dass das wesentlich breitere Schwellenelement nicht zu weit auf einer Seite der Torblattdicke auskragt (Abs. [0017], Sp. 5, Z. 6 f.), was das Risiko eines Betretens des Elements durch Personen und damit die Gefahr, dass diese bei einer Öffnungsbewegung des Tores mit hochgezogen werden, erhöht (Abs. [0026], Sp.7, Z. 41 – 46) und zugleich einen erhöhten Platzbedarf mit sich bringt (Abs. [0016], Sp. 5, Z. 11). Dieses Risiko wird bereits dadurch minimiert, dass das Schwellenelement die Torblattdicke mit seiner Breite einnimmt, denn jedenfalls um diese Torblattdicke steht dann das Schwellenelement zu keiner der Torblattseiten über.
    Aus den bisherigen Ausführungen folgt zugleich, dass die geschützte Lehre Ausgestaltungen, bei denen das Schwellenelement einen Teil der Torblattdicke nicht einnimmt, nicht erfasst. Dabei schließt die Kammer nicht aus und haben auch die Parteien auf die entsprechenden Einführungen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nichts anderes vorgetragen, dass ein nur geringer Versatz des Schwellenelements nach innen (im Verhältnis zu einer Torblattseite) bei funktionaler Betrachtung – namentlich mit Blick auf die Stabilisierungsfunktion des Schwellenelements – unschädlich ist, weil die Biegefestigkeit gleichwohl erhöht wird. Zu beachten ist jedoch, dass das streitige Merkmal eine räumlich-körperliche Vorgabe nicht nur derart trifft, dass sich das Schwellenelement über die Torblattdicke erstreckt, sondern zusätzlich ein Erstrecken über die „gesamte“ Torblattdicke fordert. Vor diesem Hintergrund verbietet sich ein weitergehendes, allein an der dem Merkmal klagepatentgemäß zugewiesenen Funktion orientiertes Auslegen (vgl. zu diesem Auslegungsgrundsatz auch: OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2XXX, 185, 188 – WC-Sitzgarnitur).
  125. b)
    Mit dem Begriff der „Torblattdicke“ erfolgt bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung keine Bezugnahme auf das Innenmaß des Torblatts bzw. auf einen bestimmten, nach unten in Richtung des Schwellenelements liegenden Teil desselben. Damit ist vielmehr das gesamte, das Torblattelement bildende Material in Bezug genommen.
    Unter lit. a) ist bereits dazu ausgeführt worden, dass das Schwellenelement die Biegefestigkeit erhöht, um so einen „Gegenpart“ zu der auf das Torblatt wirkenden Schwerkraft in der geöffneten Stellung des Torblatts zu bilden. Dies berücksichtigend und vor dem Hintergrund, dass das gesamte Torblatt der Schwerkraft ausgesetzt ist, mithin die Belastung bestimmt, die ein Durchbiegen bewirkt, kommt es darauf an, dass die Biegesteifigkeit in einem angemessenen Verhältnis zu dem die Belastung bestimmenden Faktor, mithin dem gesamten Torblatt, erhöht wird. Der Fachmann wird auch deshalb von einem Verständnis Abstand nehmen, das nur bestimmte Teile des Torblattes für die Bestimmung der Torblattdicke, nämlich das Innenmaß bzw. ein sich verjüngender Teil des Torblattes, als wesentlich erachtet. Das gilt insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass das Innenmaß je nach Ausgestaltung erheblich (nach unten) von dem Außenmaß abweichen kann. Gleiches gilt im Hinblick auf Ausgestaltungen, bei denen die Torblattdicke sich nach unten hin verjüngt.
    Auch das für Ausführungsformen, bei denen das Schwellenelement die Torblattdicke überkragt (dazu auch unter lit. b)) beschriebene Risiko, dass dieses von Personen betreten wird, und diese bei einer Öffnungsbewegung des Tores hochgezogen werden (Abs. [0016], Sp. 5, Z. 7 f. und Abs. [0026] Sp. 7, Z. 41 – 46), entsteht zuvorderst, wenn das Schwellenelement das Torblatt orientiert an seinen Außenmaßen überkragt.
    Ein anderes Verständnis ergibt sich für den Fachmann schließlich auch nicht aus Figur 2 der Klagepatentschrift. Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass das Torblatt im untersten Punkt des Ansatzes an das Befestigungselement verjüngt sei, lässt sich dies der Figur 2 zwar entnehmen. Damit ist indes kein Aussagegehalt derart verbunden, dass es dem Klagepatent im Hinblick auf die Torblattdicke auf eben diesen Bereich ankommt. Im Gegenteil befinden sich in der in Bezug genommenen Figur die Pfeile, die die Torblattdicke „D“ kennzeichnen, im oberen, nicht verjüngten Bereich des Torblatts. Auch lässt sich der Figur im Hinblick auf die dort eingezeichnete Dicke „D“ nicht entnehmen, dass diese die Torblattdicke auf das Innenmaß beschränkt. Bei den Figuren der Klagepatentbeschreibung handelt es sich um schematische Zeichnungen, die konstruktive Details üblicherweise nicht offenbaren. Bei dem in der Figur 2 illustrierten Torblattelement 12 ist die Differenz zwischen dem Torinnen- und dem Toraußenmaß zudem so gering, dass die mit dem Pfeil markierten Stellen einen Rückschluss darauf, dass es dem Klagepatent gerade auf das Torinnenmaß ankommt, nicht zu lassen.
  126. 4.
    Die Merkmalsgruppe 4.3 betrifft das Befestigungselement als weiteren Bestandteil der Stabilisierungsanordnung. Das Befestigungselement stellt eine Verbindung zwischen Tor und Schwellenelement her, wobei die Art und Weise dieses Verbunds durch das Merkmal 4.3.1 konkretisiert wird. Dieses sieht ein Befestigungselement vor, das einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigt ist.
  127. a)
    Obgleich der Anspruchswortlaut „eines der Torblattelemente“ bei rein sprachlich-philologischem Verständnis derart gedeutet werden kann, dass das Befestigungselement nur an einem einzigen Torblattelement fixiert wird, gibt die gebotene funktionsorientierte Betrachtung für ein solch beschränkendes Verständnis nichts her. Dies berücksichtigend ist der hier in Bezug genommene Wortlaut derart zu verstehen, dass die Art und Weise der Befestigung anhand eines Torblattelements beschrieben wird, dies jedoch keinen Ausschluss einer Befestigung an weiteren Torblattelementen meint. Eine solche ist klagepatentgemäß vielmehr gerade vorgesehen.
    Die Lehre des Klagepatents ist darauf gestützt, dass
    „die gewünschte Stabilisierungswirkung […] besonders zuverlässig erreicht [wird], wenn das Schwellenelement an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen benachbarten Torblattelemente befestigt ist. (Abs. [0025], Sp. 7, Z. 19 – 23; Hervorhebung diesseits).“
  128. Insoweit offenbart das Klagepatent selbst, dass eine Befestigung auch an mehreren Torblattelementen erfolgen kann, und lehrt dies auch in Merkmal 4.2.2. Soweit sodann offenbart wird, dass im Hinblick auf die industrielle Fertigung das Bereithalten eines Befestigungselements wünschenswert ist (Abs. [0025], Sp. 7, Z. 23 – 32), wie es dann Eingang in den Anspruchswortlaut gefunden hat, ist nicht erkennbar, dass gerade die Befestigung an mehreren Torblattelementen die industrielle Produktion erschwert. Eine Erschwernis ergibt sich bei einer Fixierung des Schwellenelements direkt an den der Ausnehmung in Richtung der Kippachse benachbarten Torblattelementen vielmehr daraus, dass bei der Anfertigung der Torblattelemente bereits feststehen muss, an welcher Position die Torblattelemente zum Einsatz gelangen. Denn eben diese Elemente müssen dann mit dem Schwellenelement ausgestattet werden. Demgegenüber stellt sich das Befestigungsmittel als eine Art Adapter dar, der es ermöglicht, jedes produzierte Torblattelement mit einem Schwellenelement zu verbinden.
  129. b)
    Auch kann dem streitigen Merkmal nicht entnommen werden, dass eine Fixierung des Befestigungselements an dem Schwellenelement klagepatentgemäß ausschließlich an dessen oberer Begrenzungsfläche erfolgt. Dagegen steht das Ausführungsbeispiel nach Figur 2, bei dem das Befestigungselement 40 nicht nur auf der oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements anliegt, sondern auch die Seite des Schwellenelements, die mit der Torblattinnenseite („links in der Abbildung“) korrespondiert, erfasst.
    Auch steht eine Ausgestaltung der Fixierung des Befestigungselements an dem Schwellenelement in keinem zwingenden Widerspruch zu der die Höhe des Schwellenelements begrenzenden Vorgabe nach Merkmal 4.2.3. Denn insoweit sind Konstruktionen denkbar, bei denen die Fixierung des Befestigungsmittels an dem Schwellenelement dieses untergreift, mithin das Schwellenelement in der Höhe anhebt, aber die Höhe gleichwohl unterhalb eines Wertes von 20 mm bleibt. Auch bildet das Schwellenelement dann noch den unteren Rand der Ausnehmung im Sinne von Merkmal 4.2.1.
  130. IV.
    Im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I kann eine rechtswidrige Benutzung des Klagepatents im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG nicht festgestellt werden. Soweit die angegriffene Ausführungsform I mit Kappenelement in Rede steht, sind Benutzungshandlungen in Form des Anbietens und des Inverkehrbringens zwischen den Parteien zwar unstreitig, jedoch fehlt es jedenfalls an einer unmittelbaren wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 4.2.1 (dazu unter Ziff. 1.). Bei Betrachtung der angegriffenen Ausführungsform I ohne Kappenelement kann zum einen lediglich die Benutzungshandlung des „Anbietens“ – nicht hingegen die des Inverkehrbringens – festgestellt werden, zum anderen fehlt es aber auch bereits an einer Verwirklichung des Merkmals 4.2.5 (dazu insgesamt unter Ziff. 2.).
  131. 1.
    Die angegriffene Ausführungsform I verwirklicht jedenfalls Merkmal 4.2.1 nicht unmittelbar wortsinngemäß. Dies ergibt sich ohne weitere Begründung aus dem unter Ziff. III., 1. lit. b) dargelegten Verständnis von der geschützten Lehre, wonach die untere Ausnehmung lediglich durch das die stabilisierende Wirkung erzeugende Bauteil (bzw. durch die die stabilisierende Wirkung erzeugenden Bauteile) gebildet werden darf. Vorliegend ist neben dem (ausgehend von der Skizze nach Anlage B5) „blau“ markierten Bauteil, das einem Durchhängen der Torblattelemente unstreitig entgegenwirkt, ein weiteres Element, nämlich das „grün“ markierte Kappenelement angeordnet. Diesem kommt eine stabilisierende Funktion nicht zu.
  132. 2.
    Im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement hat die Klägerin jedenfalls die Benutzungshandlung des Inverkehrbringens nicht darzulegen vermocht (dazu unter lit. a)). Soweit danach gleichwohl eine Benutzungshandlung in Form des Anbietens in Betracht kommt, weil nämlich die hier in Rede stehenden Produktkataloge des Jahre (…) und 2015 das Kappenelement lediglich als optionales marktabhängiges Element bezeichnen, ohne zu erkennen zu geben, dass ein Vertrieb gerade für den Markt „Bundesrepublik Deutschland“ nicht stattfindet, mithin ein Schwellenelement beworben wird, das insbesondere die Vorgaben nach den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.3 verwirklicht, führt auch dies vorliegend nicht zu einer rechtswidrigen Benutzungshandlung im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG. Denn diese setzt jedenfalls voraus, dass dem Angebot ein Erzeugnis zugrunde liegt, das von der Lehre des Klagepatents in ihrer Gesamtheit Gebrauch macht (BGH, GRUR 2003, 1031 (1032) – Kupplung für optische Geräte). Im Zusammenhang mit der hier als Angebot zu Überprüfung stehenden Handlung kann aber eine Verwirklichung des Merkmals 4.2.5 nicht festgestellt werden (dazu unter lit. b)).
  133. a)
    Soweit zwischen den Parteien die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement in Streit steht, kann schon die Benutzungshandlung des „Inverkehrbringens“ nicht festgestellt werden.
    Die Darlegung der Verletzung des Klagepatents durch eine bestimmte, von dem Beklagten benutzte Ausgestaltung obliegt im Patentverletzungsprozess nach den allgemeinen Grundsätzen dem Kläger, der Rechte aus der Verletzung seines Schutzrechts herzuleiten gedenkt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.01.2017, Az.: I-2 U 41/12, GRUR-RS 2017, 102029, Rn.104).
    Nach dieser Maßgabe gilt hier Folgendes:
    Eine Benutzungshandlung in Form des Inverkehrbringens ist nicht dargetan.
    Ein Inverkehrbringen setzt voraus, dass das patentierte Erzeugnis unter Begebung der eigenen Verfügungsgewalt tatsächlich in die Verfügungsgewalt einer anderen Person übergeht (m. w. Nachw. Scharen, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 9, Rn. 44).
    Davon ist vorliegend im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement nicht auszugehen.
  134. (1)
    Grundsätzlich muss der klagepatentverletzende Gegenstand im Moment der Vertriebshandlung alle Anspruchsmerkmale verwirklichen (Kühnen, ebd., Kap. A., Rn. 82). Die Klägerin, die die angegriffene Ausführungsform I selbst im Jahre 2015 erworben hat, hat jedoch auf den Vortrag der Beklagten, dass das Kappenelement werksseitig vormontiert sei, keine konkrete Lieferungshandlung behauptet, bei der das Kappenelement – entgegen des Vorbringens der Beklagten – bei Auslieferung der angegriffenen Ausführungsform I nicht bereits montiert war. Ein einfaches Bestreiten ist in diesem Zusammenhang unzureichend.
    Auch ist die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des BGH hier nicht einschlägig, wonach es für die Feststellung einer Patentverletzung ausreichend ist, wenn die angegriffene Ausführungsform aufgrund ihrer Beschaffenheit und Verwendungstauglichkeit objektiv in der Lage ist, die Merkmale des Patentanspruchs zu erfüllen (BGH, GRUR 2006, 399 (401) – Rangierkatze). Denn dies trifft auf die angegriffene Ausführungsform, bei der die Kappe werksseitig an dem Schwellenelement montiert ist, gerade nicht zu (allgemein zu dieser differenzierenden Betrachtung auch: OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 97 (101) – Primäre Verschlüsselungslogik). Es geht vorliegend nicht darum, eine für die erfindungsgemäße Lehre geeignete Vorrichtung anders als vorgesehen, und zwar in patentverletzender Weise zu benutzen. Vielmehr muss der Nutzer hier zunächst die Voraussetzung für einen entsprechenden Gebrauch selbst schaffen, indem er eigenmächtig Veränderungen an der angegriffenen Ausführungsform I vornimmt – was vorliegend nicht angenommen werden kann (dazu nachfolgend unter Ziff. (2)).

    (2)
    Auch in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahmen zu dem unter Ziff. (1) einleitend angeführten Grundsatz treffen auf die hier vorliegende Konstellation nicht zu.
    Ausnahmen von dem Grundsatz eines klagepatentverletzenden Zustandes der Vorrichtung im Lieferzeitpunkt sind insbesondere für die Fälle anerkannt, in denen der Abnehmer selbstverständlich und mit Sicherheit eine für den Erfindungsgedanken nebensächliche Veränderung an der Vorrichtung vornehmen wird, die zur Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Patentanspruchs führt (OLG Düsseldorf, a. a. O).
    Ausgehend von diesem Maßstab ist eine unmittelbare Patentverletzung bei einem Kombinationspatent angenommen worden, wenn die von dem in Anspruch genommenen Verletzer gelieferte Vorrichtung noch nicht alle Merkmale einer geschützten Gesamtvorrichtung aufweist, jedoch bereits alle wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens zeigt und es zu seiner Vollendung allenfalls noch der Hinzufügung selbstverständlicher Zutaten bedarf (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 97 (101) – Primäre Verschlüsselungslogik). Damit sind wertungsmäßig solche Fälle vergleichbar, in denen sich der Abnehmer bereits im Besitz der fehlenden (Allerwelts)Zutat befindet oder er sich diese im Anschluss an die fragliche Lieferung mit Sicherheit besorgen wird, um sie mit dem gelieferten Gegenstand zur patentgeschützten Gesamtvorrichtung zu kombinieren (a.a.O.) oder Fälle, in denen der letzte Herstellungsakt zwar vom Abnehmer vollzogen wird, er dabei aber als Werkzeug von dem Liefernden gesteuert wird, indem er ihm zum Beispiel entsprechende Anweisungen und Hilfsmittel an die Hand gibt (a.a.O.).
    Eine Ausnahme in diesem Sinne gibt der Klägervortrag bei Würdigung analog § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO jedoch nicht her.
    Der hier vorliegende Fall ist bereits insoweit anderes gelagert, als die angegriffene Ausführungsform I im Hinblick auf die Verletzung des Klagepatents nicht durch weitere Zutaten ergänzt, sondern vielmehr teilweise auseinander gebaut werden muss. Ob bereits dies einer Vergleichbarkeit mit den angeführten Konstellationen entgegensteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ergibt sich ein Wertungsunterschied insoweit, als nicht zu erwarten steht, dass die Kunden der Beklagten das zwar optionale aber werksseitig vormontierte Kappenelement wie selbstverständlich beseitigen werden.
    Eine diesbezügliche Veranlassung der Abnehmer der Beklagten ist nicht erkennbar.
    Die angegriffene Ausführungsform I ist auch mit vormontierter Kappe bestimmungsgemäß nutzbar, denn sie weist eine Tür im Garagentor auf, über die der Innenraum auch bei einer Schließstellung des Garagentors betreten oder verlassen werden kann. Der Umstand, dass die dabei zu überwindende Schwelle durch das Kappenelement höher als ohne Kappenelement ist, steht jedenfalls dieser bestimmungsgemäßen Nutzung nicht entgegen. Das Kappenelement weist ein geripptes Aluminiumprofil auf. Sofern die Klägerin geltend macht, mit der Bezeichnung „Bodenabschlussprofil“ in den Produktkatalogen der angegriffenen Ausführungsform I (vgl. beispielsweise Anlage K7, S. 11, Text zur Skizze, rechte Spalte, 1. Abs. unter der Überschrift „Konstruktion“) sei das (in der Skizze nach Anlage B5) „blau“ markierte Element bezeichnet, ist auch daraus nicht zu schließen, dass der Abnehmer das Kappenelement mit Sicherheit entfernt. Auch das Kappenelement ist mit einem solchen Profil versehen, beugt mithin einer Rutschgefahr vor. Die Klägerin hat auch im Übrigen auf keine konkreten Werbemaßnahmen Bezug genommen, die darauf hindeuten, dass den Abnehmern die in der angegriffenen Ausführungsform I befindliche Tür als „Fluchttür“ beschrieben wird (zu dem besonderen Fall der CE-Kennzeichnung der angegriffenen Ausführungsform I wird nachfolgend noch ausgeführt), und dass diese Eignung nur dann herbeigeführt wird, wenn das Kappenelement demontiert wird.
    Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung lediglich darauf gestützt, dass die von ihr im Jahre 2015 erworbene angegriffene Ausführungsform I („Crawford OH 1042P“) eine CE-Kennzeichnung aufweise, und in diesem Zusammenhang weiter auf die DIN „ENXXX“ verwiesen werde (vgl. Anlage K13, S. 3). In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auch eine DIN mit der entsprechenden Bezeichnung (mit der Datumsangabe „Dezember 2016“) vorgelegt. Sofern die Klägerin meint, dass sich daraus (insbesondere unter Bezugnahme auf Ziffer 4.2.7 der Norm) ergebe, dass die angegriffene Ausführungsform I nur ohne das Kappenelement die Anforderungen der Norm erfülle, entnimmt die Kammer dem keine Veranlassung des Abnehmers, das Kappenelement zu entfernen. Vielmehr steht eine etwaige Ausweisung der angegriffenen Ausführungsform I als Fluchttür in der Form einer CE-Kennzeichnung einer Demontage durch die Abnehmer entgegen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Käufer der CE-Kennzeichnung Glauben schenkt, mithin annimmt, dass die angegriffene Ausführungsform I in dem ausgelieferten Zustand mit werksseitig vormontierter Kappe (vgl. dazu unter Ziff. (1)) die Anforderungen an eine „Fluchttür“ erfüllt. Er wird gerade keine eigenmächtigen Veränderungen an der angegriffenen Ausführungsform I mehr vornehmen. Denn er müsste dann befürchten, dass er durch sein Handeln die Konformität mit den gesetzlichen Anforderungen möglicherweise beseitigt. Es kann hingegen nicht davon ausgegangen werden, dass ein Käufer die CE-Kennzeichnung in Frage stellt und aus eigenem Antrieb überprüft, ob die angegriffene Ausführungsform I diese Kennzeichnung tatsächlich verdient. Ob es sich – sofern der Vortrag der Klägerin zutreffend ist – bei Verwendung des Kennzeichens durch die Beklagten um eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung handelt, ist für die Frage der Patentverletzung unerheblich.
    Auch auf das als Anlage K18 vorgelegte „Installation Manual“ vermag die Kammer die Annahme einer vorhersehbaren Demontage des Kappenelements nicht zu stützen, obwohl in dem dort gezeigten Schwellenbereich der Tür ein Kappenelement nicht dargestellt ist. Insoweit haben die Beklagten nachvollziehbar vorgetragen, dass es sich um eine für den internationalen Vertrieb vorgesehene Installationsanweisung handele – wofür auch die Abfassung in englischer Sprache spricht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die wesentlichen Installationsschritte, über die der Abnehmer zu informieren ist, auch nur das Schwellenelement betreffen. Denn entweder – im Hinblick auf das Vertriebsgebiet außerhalb Deutschlands – ist das Kappenelement gar nicht vorhanden, oder es ist werksseitig vormontiert.
    Soweit danach noch der Vortrag der Klägerin verbleibt, wonach das Kappenelement – wie das in der mündlichen Verhandlung präsentierte Video zeige – einfach zu entfernen sei, rechtfertigt dies allein die Annahme einer Demontage durch die Abnehmer der Beklagten nicht.
    Ausgehend von den vorherigen Ausführungen bedurfte es einer Stellungnahmefrist der Beklagten zu dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht.

  135. b)
    Die angegriffene Ausführungsform I ohne Kappenelement verwirklicht Merkmal 4.2.5 nicht, weil sich das Schwellenelement in seiner Breite nicht über die gesamte Torblattdicke erstreckt.
    Zwar muss das Schwellenelement – wie unter Ziff. III., 3., lit. a) ausgeführt – nicht auf beiden Seiten auskragen, sondern es reicht aus, wenn es die gesamte Dicke des Torblattelements erfasst. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin bei Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens jedoch nicht hinreichend substantiiert.
    Die Beklagten haben eingewandt, dass das Schwellenelement zu dem Torblatt um 1,5 mm nach hinten versetzt sei, was die im Tatbestand in Bezug genommene Skizze aus den Produktdatenblättern nahelege, wobei im Hinblick auf diese nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass es sich um eine schematische Zeichnung handele. Diese zeichnerische Darstellung sei jedenfalls so, dass der Rand des Schwellenelements nicht bündig mit dem darüber liegenden Torblatt abschließe.
    Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang in Bezug genommene und zur Akte gereichte Fotografie der Anlage K14 bezieht sich allein auf die angegriffene Ausführungsform II und lässt keine Rückschlüsse auf die angegriffene Ausführungsform I zu. Die Klägerin behauptet insoweit auch nicht, die angegriffene Ausführungsform I im Hinblick auf diesen Aspekt genauer untersucht, namentlich vermessen, zu haben. Die hier vorgenommene, bloße Betrachtung der erworbenen angegriffenen Ausführungsform I ist insoweit nicht ausreichend. Konkreteres ergibt sich auch aus den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf das mit Anlage K13 dargestellte Tor vorgelegten Abbildungen (jeweils eine Abbildung auf zwei Blättern) nicht. Die Perspektive des dort abgebildeten Garagentors lässt die Anordnung des Schwellenelements im Verhältnis zum Torblatt im Hinblick auf den hier entscheidungserheblichen Aspekt nicht in einer Deutlichkeit erkennen, die den Vortrag der Klägerin stützt,
    Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin ergänzend auf die Abbildung aus der Klageerwiderung (dort S. 18, Rn. 47, Bl. 62 GA) berufen hat,.
    Im Hinblick auf die in der Sitzung überreichten Bilder bedurfte es – die vorherigen Ausführungen berücksichtigend – auch keiner Schriftsatzfrist für die Beklagten.
  136. V.
    Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform II kommen – worüber auch zwischen den Parteien kein Streit besteht – ohnehin lediglich Entschädigungsansprüche in Betracht, weil Benutzungshandlungen nach Patenterteilung nicht vorgetragen sind. Jedoch ist der Klägerin eine Geltendmachung von auf die Benutzung der Anmeldung des Klagepatents gestützten Ansprüchen aufgrund des zwischen der Beklagten zu 1) und ihr, der Klägerin, im Juni 2012 abgeschlossenen Vergleichs verwehrt.
    Grundlegend für den Inhalt einer vertraglichen Vereinbarung ist gem. §§ 133, 157 BGB das von den vertragsschließenden Parteien Gewollte (BGH, NJW-RR 2000, 1002, (1003). Dies ist neben dem Wortsinn des Vereinbarten auch anhand außerhalb des Erklärungsaktes liegender Begleitumstände zu ermitteln, soweit diese einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (Ellenberger, in: Palandt, BGB, Kommentar, 79. Auflage, 2020, § 133, Rn. 15). Zu berücksichtigen ist weiter auch die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck (Ellenberger, ebd., § 133, Rn. 18). Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (a.a.O.).
    Ausgehend von diesem Maßstab ist der Klägerin zwar zuzugestehen, dass Ausgangspunkt für den Abschluss des Vergleichs die Vollstreckung aus dem Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17.02.2012 (Az.: 4a O 10/12) war, das wiederum auf die Verletzung des Stammpatents sowie des Gebrauchsmusters DE‘XXX gestützt war. Auch die Zahlung der Vergleichssumme in Höhe von EUR 12.950,- wurde ausdrücklich gegen „Verzicht auf eine weitergehende Vollstreckung der Klägerin aus dem Anerkenntnisurteil“ angeboten (vgl. Schreiben vom 20.06.2012, Anlage B16).
    Diese allein an dem Wortlaut des Schriftwechsels orientierte Auslegung lässt jedoch die Begleitumstände des Vergleichsabschlusses, die in die Vertragsauslegung einzubeziehen sind, unberücksichtigt. Dabei spricht für einen Vergleichsabschluss, mit dem auch etwaige aus der Benutzung der Anmeldung des Klagepatents resultierende Entschädigungsansprüche abgegolten sind, dass die Klägerin bereits in der Klageschrift zur Einleitung des Verfahrens 4a O 10/12 darauf hinwies, dass ein weiteres – von ihr als „Klageschutzrecht 3“ bezeichnetes – europäisches Patent bis zur mündlichen Verhandlung erteilt werde. Letzteres konnte bei der Beklagten zu 1) nur den Eindruck entstehen lassen, dass dieses bereits angemeldet war. Die Klägerin hat die Beklagte zu 1) damit über die Existenz der Anmeldung des Klagepatents informiert und zu erkennen gegeben, dass sie auch insoweit eine Merkmalsverwirklichung durch die angegriffene Ausführungsform II annehme. Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei dem Klagepatent um eine mit einem der Klageschutzrechte aus dem Verfahren 4a O 10/12 „verwandte“ Druckschrift insoweit handelt, als es sich bei einem der Klageschutzrechte aus dem Altverfahren um das Stammpatent zu dem Klagepatent handelte.
    Ausgehend davon, dass beiden Vertragsparteien die Anmeldung des Klagepatents bekannt war, stellt sich der im Juni 2012 abgeschlossene Vergleich als zeitliche Zäsur derart dar, dass bis zu dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vorgenommene Benutzungshandlungen im Zusammenhang mit der angegriffenen Ausführungsform II umfassend, mithin auch die Anmeldung des Klagepatents berührende (nicht die spätere Verletzung desselben durch andere Ausführungsformen begründende), abgegolten sein sollten. Dies berücksichtigend war aus Sicht der Beklagten zu 1) nicht mehr davon auszugehen, dass die Klägerin noch Rechte aus der Benutzung der Anmeldung des Klagepatents (nicht der Benutzung des Klagepatents in der erteilten Fassung durch andere Ausführungsformen) für den von dem Vergleich umfassten Zeitraum herleiten würde.
    Die Klägerin hat auch im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens zunächst mit der angegriffenen Ausführungsform II keine gesonderten Entschädigungsansprüche geltend gemacht, sondern die Anlage K14, die die angegriffene Ausführungsform II zeigt, zunächst „lediglich“ als Teil ihres Vortrags zur Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform I eingeführt (vgl. Klageschrift vom 21.07.2016, S. 14, ganz oben, Bl. 14 GA; S. 23, Bl. 23 GA und S. 27, 2. Abs., Bl. 27 GA sowie Replik vom 30.11.2017, S. 12, letzter Abs., Bl. 94 GA; S. 17, Bl. 99 GA) und damit zu erkennen gegeben, dass sie selbst nicht davon ausging, Ansprüche auf der Grundlage der angegriffenen Ausführungsform II geltend machen zu können.
    Der Vergleich erfasst schließlich auch die Beklagte zu 2), obwohl diese an dem Vergleichsschluss nicht beteiligt war. Aus Sicht der Klägerin wirken die Beklagten bei den Angebots- und Vertriebshandlungen zusammen, die Klägerin nimmt diese daher im Rahmen des Schadensersatzanspruchs auch gesamtschuldnerisch in Anspruch. Denn die beiden Beklagten sind konzernverbundene Unternehmen, wobei die Beklagte zu 1) als deutsche Vertriebsgesellschaft der Beklagten zu 2) auftritt. Dies berücksichtigend ist davon auszugehen, dass der Wille der Klägerin dahinging, auch gegenüber dem nicht am Vergleich beteiligten Gesamtschuldner auf weitergehende Ansprüche zu verzichten und ihn deshalb nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Gegenteiliges macht die Klägerin hier auch nicht geltend.
  137. VI.
    Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.

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