4a O 25/15 – Auslauftrichter

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3121

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 08. Juli 2021, Az. 4a O 25/15

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
    1. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses – sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen – vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 09.07.2011 bis zum 30.09.2017 die klägerseits
  2. gebrauchsmusterrechtlich (Gebrauchsmusterschrift Nr. 20 2007 XXX XXX U1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen, und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten,
  3. in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat und zwar unter Angabe
  4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    wobei der Beklagte vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
  5. 2. Im Übrigen wird die Klage, soweit sie zur Entscheidung stand, abgewiesen.
  6. 3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
  7. 4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 Euro.
  8. Tatbestand
  9. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 20 2007 019 XXX U1 (Anlage K11; nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Rechnungslegung sowie, auf der zweiten Stufe, auf Schadensersatz in Anspruch.
  10. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das aus der europäischen Patentanmeldung EP 07 01 XXX.9 – aus der das Klagepatent im Parallelverfahren 4a O 159/14 hervorgegangen ist – abgezweigt wurde und deren Anmeldetag vom 25.09.2007 in Anspruch nimmt. Am 05.05.2011 wurde das Klagegebrauchsmuster eingetragen und am 09.06.2011 im Patentblatt bekannt gemacht. Die Schutzdauer des Gebrauchsmusters endete mit dem Ablauf des 30.09.2017.
  11. Auf den von der Beklagten gestellten Löschungsantrag löschte die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) mit Beschluss vom 26.07.2017 das Klagegebrauchsmuster teilweise, soweit es über die Fassung der Ansprüche nach dem dortigen Hilfsantrag I hinausgeht. Die seitens der Beklagten hiergegen gerichtete Beschwerde vor dem Bundespatentgericht (Az 35 W 8 (pat) 401/18 wurde durch die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Diese verzichteten auf eine Kostenentscheidung. Daraufhin wurde das hiesige Verfahren, welches zuletzt mit Beschluss vom 05.02.2019 im Hinblick auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts ausgesetzt worden war, wieder aufgenommen. Mit Schreiben vom 08.11.2019 (Anlage TW17) erklärte die Klägerin, das Gebrauchsmuster nicht über den Umfang der Patentansprüche der geänderten Patentschrift DE 50 2007 XXX 733 C5 zum Patent EP 2 042 XXX B1 in der am 14.08.2019 veröffentlichten Fassung (Anlage TW 18) hinaus gegen die Beklagte geltend zu machen.
  12. Das Klagegebrauchsmuster betrifft einen Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs. Der von der Klägerin geltend gemachte Schutzanspruch 1 lautet in der eingeschränkten Fassung:
  13. „Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten (5), die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters (1) angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente (5) und die Innenseite des Auslauftrichters (1) einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern (9), die sich entlang eines Randes der Segmente (5) erstrecken, an denen die Halter (9) die Segmente (5) auf einer dem Auslauftrichter (1) abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente (5) lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters (1) spannen, dadurch gekennzeichnet, dass die Halter (9) einen in ein Austrittsloch (2) des Auslauftrichters (1) eingesetzten Auslaufstutzen (12) übergreifen und halten.“
  14. Nachfolgend wird in verkleinerter Form die einzige Figur des Klagegebrauchsmusters eingeblendet. Diese zeigt einen erfindungsgemäßen Auslauftrichter in perspektivischer Darstellung mit Blick auf eine Innenseite (Absatz [0014]).
  15. Die Beklagte stellt her und vertreibt Siloauflieger mit einem Silo, das über einen Auslauftrichter verfügt, in dem filterartige Segmente am Auslauftrichter lösbar befestigt sind (angegriffene Ausführungsform).
  16. Nachfolgend werden in verkleinerter Form zwei von der Beklagten stammende Abbildungen eines Exemplars der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet (Seiten 2 und 4 der Anlage TW3). Das auf der unteren Abbildung (Seite 4 der Anlage TW3) gezeigte und darin von der Beklagten als „entnehmbarer unterer Ring“ bezeichnete Bauteil der angegriffenen Ausführungsform wird nachfolgend als „unterer Ring“ bezeichnet.
  17. Hinsichtlich des Patents EP 07 01 XXX.9, aus dem das Klagegebrauchsmuster hervorging ist, verurteilte das Landgericht Düsseldorf in dem Parallelverfahren 4a O 159/14 mit Teil-Urteil vom 05.02.2019 die hiesige Beklagte zu Auskunfterteilung und Rechnungslegung. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG Düsseldorf (Az I-15 U 58/19) mit Urteil vom 14.05.2020 das Teil-Urteil des Landgerichts Düsseldorf mit der Maßgabe, dass die Verurteilung zur Auskunftserteilung nur für ab dem 27.12.2009 begangene Benutzungshandlungen gilt.
    Daraufhin erteilte die Beklagte zur Erfüllung der in diesem Parallelverfahren austenorierten Pflichten Auskunft erteilt und legte Rechnung. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die durch die Parteien vorgelegten Unterlagen (Anlagen TW 19, A4 einschließlich TW A 1 bis TW 4 aus dem Parallelverfahren) verwiesen.
  18. Die Klägerin trägt vor, die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung seien entgegen der Sichtweise der Beklagten bislang nicht erfüllt. Gemäß Angebot der Beklagten Nr. XXX vom 31.05.2012 mit der Kundennr. XXX/2 seien einer Firma A GmbH auch eine Materialauslaufschüssel DN XXX beklagtenseits angeboten worden. Die vorgelegte Auskunft der Beklagten umfasse die in dem Angebot vom 31.05.2012 aufgeführten das Klagegebrauchsmuster verletzenden Gegenstände nicht, so dass die Angaben der Beklagten nicht mit der gebotenen Sorgfalt gefertigt worden seien. Insbesondere sei es unzutreffend, dass es sich bei der DN XXX um eine solche mit sechs Filtersegmenten handele, da dies der Bezeichnung gemäß Angebot vom 31.05.2012 „XXX“ widerspreche. Bislang habe die Beklagte auch nicht dazu Stellung genommen, dass diese nur die Lieferung einer angegriffenen Ausführungsform im Jahr 2011 angegeben habe. Tatsächlich lägen schriftliche Aussagen von Kunden vor, wonach die angegriffene Ausführungsform DN XXX dreimal im Jahr 2011 bezogen worden sei.
    Im Übrigen sei die Vorlage von Lieferscheinen anstelle von Rechnungen nicht geeignet, um eine Erfüllung zu belegen, da eine Pflicht bestehe, primär Rechnungen vorzulegen. Hinzu komme, dass auf Basis der vorgelegten Unterlagen eine Schadenersatzberechnung nicht möglich sei. Weiter seien die Angaben zu den Auftragsbestätigungen unvollständig erfüllt worden, da jeweils die erste Seite fehle und daher die gewerblichen Angebotsempfänger – trotz einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten – nicht erkennbar seien. Zudem seien Angaben zu Zahlen und Preisen geschwärzt, wozu die Beklagte nicht berechtigt sei.
    Die Klägerin hat ihre Anträge mehrfach geändert und im Hinblick auf ihre Selbstbeschränkung zuletzt am 08.11.2019 neu gefasst.
  19. Sie beantragt nunmehr,
  20. I. die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
  21. 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 09.06.2011 und bis zum 30.09.2017 die klägerseits
  22. gebrauchsmusterrechtlich (Gebrauchsmusterschrift Nr. 20 2007 019 XXX U1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen, und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten,
  23. in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat und zwar unter Angabe
  24. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  25. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die geschützten Auslauftrichter bestimmt waren,
  26. c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen, bestellten Auslauftrichter sowie die Preise, die für die betreffenden Auslauftrichter bezahlt wurden;
  27. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  28. 1a. hilfsweise der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 09.06.2011 und bis zum 30.09.2017 die klägerseits
  29. gebrauchsmusterrechtlich (Gebrauchsmusterschrift Nr. 20 2007 019 XXX U1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen, und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Innenring übergreifen und halten,
  30. in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat und zwar unter Angabe
  31. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  32. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die geschützten Auslauftrichter bestimmt waren,
  33. c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen, bestellten Auslauftrichter sowie die Preise, die für die betreffenden Auslauftrichter bezahlt wurden;
  34. wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  35. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses – sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen – vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 09.07.2011 bis zum 30.09.2017 die klägerseits
  36. gebrauchsmusterrechtlich (Gebrauchsmusterschrift Nr. 20 2007 019 XXX U1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen, und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Auslaufstutzen übergreifen und halten,
  37. in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat und zwar unter Angabe
  38. a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  39. b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  40. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  41. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  42. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  43. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
    2.a hilfsweise der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses – sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren oder den betrieblichen Abrechnungszeiträumen – vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte seit dem 09.07.2011 bis zum 30.09.2017 die klägerseits
  44. gebrauchsmusterrechtlich (Gebrauchsmusterschrift Nr. 20 2007 019 XXX U1) geschützten Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs, mit filterartigen Segmenten, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind, mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar ist, und mit leistenförmigen Haltern, die sich entlang eines Randes der Segmente erstrecken, an denen die Halter die Segmente auf einer dem Auslauftrichter abgewandten Innenseite übergreifen und die Segmente lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters spannen, und die Halter einen in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzten Innenring übergreifen und halten,
  45. in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, vertrieben, in Verkehr gebracht hat und zwar unter Angabe
  46. a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
  47. b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  48. c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
  49. d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  50. e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  51. wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
  52. 3. nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung gemäß I. Ziffern 1 bzw. 1a und 2 bzw. 2a an die Klägerin,
  53. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den Betrag, der sich aus der gemäß I. Ziffern 1 bzw 1 a und 2 bzw 2 a des Klageantrages erteilten Auskunft und Rechnungslegung ergibt, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils gerechnet ab dem Beginn des Monats, der auf den Monat der Inempfangnahme des Kaufpreises bzw. der jeweiligen Lizenzgebühr für die jeweilige Lieferung folgt, hilfsweise nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;
  54. Die Beklagte beantragt,
  55. die Klage abzuweisen.
  56. Die Beklagte trägt vor, die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung seien durch Erfüllung erloschen. Mit Auskunftsschreiben vom 31.07.2020 habe die Beklagte Auskunft und Rechnungslegung gemäß des Tenors des Teilurteils der Kammer in dem Parallelverfahren 4a O 159/14 (vorgelegt als Anlage TW19) vorgenommen. Die Auskunft und Rechnungslegung umfasse den Zeitraum ab dem 16.04.2011 und damit auch den hier geltenden gemachten zeitlichen Rahmen vom 09.06.2011 bis zum 30.09.2017. Das parallele Patentverletzungsverfahren betreffe dieselbe angegriffene Ausführungsform. Weiter mache die Klägerin das Klagegebrauchsmuster nur in dem Umfang der geltenden Fassung des Klagepatents EP 2 042 XXX B1 im parallelen Patentverletzungsverfahren geltend, welche dem Teilurteil der Kammer vom 12.03.2019 in dem Parallelverfahren zugrunde gelegen habe. Die seitens der Klägerin im hiesigen Verfahren begehrte Auskunft und Rechnungslegung gehe im Umfang nicht über die nach dem Teilurteil der Kammer vom 12.03.2019 zu leistende Auskunft und Rechnungslegung hinaus.
    Das von der Klägerin vorgelegte Angebot der Beklagten vom 31.05.2012 habe nicht die angegriffene Ausführungsform zum Gegenstand, sondern ausweislich der Seite 1 eine Materialauslaufschüssel DNXXX, die das Klagegebrauchsmuster in dem Umfang der Patentverletzungsansprüche des Klagepatents im parallelen Verletzungsverfahren (4a O 159/14) nicht verwirkliche. Die Beklagte sei daher insoweit nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen. Die Materialauslaufschüssel DN XXX in der Variante gemäß S. 6 des Angebots vom 31.05.2012 weise einen geteilten Konus mit einer massiven Trennwand und zwei Austrittslöchern auf. Die DNXXX weise zudem keinen in ein Austrittsloch eingesetzten Auslaufstutzen auf, sondern zwei gewalzte Befestigungsbleche, die die Mattensegmente der DN XXX auf ihrer den Austrittslöchern zugewandten Seiten befestigten. Bei diesen Befestigungsblechen handele es sich nicht um Auslaufstutzen im Sinne des Klagegebrauchsmusters. Die Befestigungsbleche würden zudem nicht in die zwei Austrittslöcher der DNXXX eingesetzt, sondern sie befestigten die Mattensegmente deutlich oberhalb der Austrittslöcher. Dass bei dem Angebot vom 31.05.2012 von einem 3-teiligen VA-Auflockerungsgewebe gesprochen werde, beruhe darauf, dass üblicherweise die Filtermattensegmente je (Teil-) Konus angegeben werden würden. Tatsächlich verfüge die DNXXX aber über sechs Filtermattensegmente (Anlage TW 20).
    Die Materialauslaufschüssel DNXXX weise gemäß Hauptangebot zudem keine filterartigen Segmente auf, die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters angebracht sind.
    Die seitens der Klägerin gerügten Schwärzungen beruhten auf dem Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform – was unbestritten ist – nicht als Einzelteil vertrieben werde, sondern als Teil eines gesamten Fahrzeugs. Aus diesem Grund könne die Beklagte auch weder Rechnungen noch Lieferscheine oder sonstige Belege vorlegen, aus denen sich die für die Materialauslauslaufschüssel DN 800 (die angegriffene Ausführungsform) bezahlten Preise ergäben. Insoweit habe sie daher Lieferscheine und Rechnungen bzgl. der Gesamtfahrzeuge mit den angegriffenen Ausführungsformen vorgelegt, soweit diese vorhanden waren sowie Auszüge aus den Auftragsbestätigungen (Anlage TW 19). Weiter sei sie berechtigt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger nicht zu benennen, da diese unabhängig davon, ob es sich um gewerbliche oder nicht gewerbliche Angebotsempfänger handele, vom Wirtschaftsprüfervorbehalt erfasst seien, da diese nicht in § 140 b Abs. 2 PatG erwähnt würden und diese auch keine Patentverletzung begingen.
    Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2021 Bezug genommen.
  57. Entscheidungsgründe
  58. Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
  59. A.
    Die Klage ist zulässig.
  60. Die Verbindung der Auskünfte auf Auskunft und Rechnungslegung mit dem Schadensersatzanspruch im Wege der Stufenklage ist zulässig, § 254 ZPO.
  61. B.
    Die Klageansprüche sind – mit Ausnahme des Antrags zu Ziffer I 2 c) – durch Erfüllung erloschen. Soweit die Klägerin Rechnungslegung durch Angabe der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger begehrt, ist die Klage begründet, da die Beklagte bislang die Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger nicht benannt hat.
  62. I.
    Das Klagegebrauchsmuster (nachfolgend zitierte Absätze ohne nähere Angabe sind solche des Klagegebrauchsmusters) betrifft einen Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs.
  63. Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagegebrauchsmusters handelt es sich bei einem Silofahrzeug um einen Lastkraftwagen oder dessen Anhänger, insbesondere einen Sattelauflieger, also den Anhänger einer Sattelzugmaschine, mit einem Silo als Aufbau. Das Silo ist ein Speicher für Schüttgüter. Es ist auf Lastkraftwagen und deren Anhänger meist zylindrisch und liegend angeordnet. Auch die sog. Bananenform ist bekannt, bei der sich das Silo zu beiden Enden hin verjüngt, so dass das Schüttgut zur Mitte strömt. Zum Entladen weist das Silo einen oder mehrere Auslauftrichter an seiner Unterseite auf, die meist, allerdings nicht zwingend, kegelstumpfförmig sind. Das Silo wird auch als Kessel bezeichnet. Nach Öffnen des Auslauftrichters strömt das Schüttgut durch Schwerkraft aus dem Silo aus (Absatz [0002]).
  64. Stark zusammenhaftende Schüttgüter wie Mehl, Salz, Gips oder Zement strömen, so das Klagegebrauchsmuster, nicht von selbst aus dem geöffneten Auslauftrichter aus. Zum Entladen solcher Schüttgüter bzw. zur Beschleunigung der Entladung ist bekannt, die Innenseite des oder der Auslauftrichter mit luftdurchlässigen Matten auszukleiden, die am äußeren/oberen Rand und am inneren/unteren Rand abdichtend mit dem Auslauftrichter verbunden sind. Die Matten haben dieselbe Form wie der Auslauftrichter. Bei einem kegelstumpfförmigen Auslauftrichter sind auch die Matten kegelstumpfförmig. Der Auslauftrichter weist eine oder mehrere Druckluftzuführungen auf, durch die Druckluft zwischen den Auslauftrichter und die ihn auskleidenden Matten einblasbar ist. Die Druckluft strömt durch die Matten und löst das Schüttgut von ihnen und lockert das Schüttgut, so dass das Schüttgut durch Schwerkraft durch den Auslauftrichter aus dem Silo ausströmt (Absatz [0003]).
  65. Die Matten haben den Nachteil, dass ihre Reinigung zeitaufwändig ist. Sollen nacheinander verschiedene Schüttgüter transportiert werden, müssen die Matten üblicherweise ausgewaschen und anschließend getrocknet werden. Hierfür ist mit einem Zeitaufwand von zwei Stunden und mehr zu rechnen, bei einem Ausbau der Matten ist der Aufwand noch größer (Absatz [0004]).
  66. Als Aufgabe benennt es das Klagegebrauchsmuster, einen Auslauftrichter für ein Silo mit einem einfacher zu reinigenden Auslauftrichter vorzuschlagen (Absatz [0005]).
  67. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagegebrauchsmuster einen Auslauftrichter mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 vor, der nachstehend in seiner aufgrund der Selbstbeschränkung der Klägerin maßgeblichen Fassung in gegliederter Form wiedergegeben wird:
  68. Anspruch 1:
  69. 1. Auslauftrichter für ein Silo eines Silofahrzeugs,
    2. mit filterartigen Segmenten (5), die lösbar auf der Innenseite des Auslauftrichters (1) angebracht sind,
    3. mit einer Druckluftzuführung, mit der Druckluft zwischen die filterartigen Segmente (5) und die Innenseite des Auslauftrichters einblasbar (1) ist,
    4. der Auslauftrichter (1) weist leistenförmige Halter (9) auf, die sich entlang eines Randes der Segmente (5) erstrecken, an denen die Halter (9) die Segmente (5) auf einer dem Auslauftrichter (1) abgewandten Innenseite übergreifen,
    5. die Halter (9) spannen die Segmente (5) lösbar gegen die Innenseite des Auslauftrichters (1),
    6. die Halter (9) übergreifen und halten einen in ein Austrittsloch (2) des Auslauftrichters (1) eingesetzten Auslaufstutzen (12).
  70. II.
    Eine Verletzung des Klageanspruchs 1 durch die angegriffenen Ausführungsform steht zwischen den Parteien zu Recht nicht mehr in Streit, so dass es insoweit weiterer Ausführungen nicht Bedarf.
  71. III.
    Aufgrund der Verletzung des Klagegebrauchsmusters durch die angegriffene Ausführungsform steht der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft und auf Rechnungslegung zu.
  72. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der auf der ersten Stufe erstrebte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu. Insbesondere die Angaben im Rahmen der Rechnungslegung versetzen die Klägerin in die Lage, einen etwaigen Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet.
  73. Der Anspruch ist jedoch – mit Ausnahme der tenorierten Angaben – durch Erfüllung erloschen.
  74. Ihrem gesetzlichen Zweck entsprechend muss die Rechnungslegung alle Angaben enthalten, die der Verletzte benötigt, um sich für eine der ihm offenstehenden Schadensberechnungen (nach der Methode der Lizenzanalogie, des entgangenen Gewinns oder des Verletzergewinns) zu entscheiden, die Schadenshöhe, insbesondere den Umfang des mit den patentverletzenden Erzeugnissen erzielten und im Wege des Schadenersatzes gegebenenfalls herauszugebenden Verletzergewinns konkret berechnen und die Richtigkeit der Rechnungslegung nachprüfen zu können. Der Berechtigte braucht sich insoweit nicht auf lediglich pauschale Angaben verweisen zu lassen. Erfüllt ist der Anspruch auf Rechnungslegung über den bei einer Schutzrechtsverletzung erzielten Gewinn vielmehr erst dann, wenn der Schuldner in der gelegten Rechnung seine Gestehungs- und Vertriebskosten sowie den mit den patentverletzenden Gegenständen erwirtschafteten Umsatz so vollständig offengelegt hat, wie er dazu in der Lage ist (BGH GRUR 1982, 723, 725 – Dampffrisierstab I). Fehlen zu einzelnen Kosten exakte Unterlagen, kann der Berechtigte eine Schätzung unter Angabe derjenigen feststellbaren Tatsachen verlangen, die der Schätzung zugrunde gelegt sind (BGHZ 92, 62, 68 ff. – Dampffrisierstab II).
  75. Die Beweislast für die Erfüllung der Auskunft- und Rechnungslegungspflicht trägt der Beklagte. Trägt dieser zur Erfüllung substantiiert vor, ist es Sache der Klägerin im Wege des qualifizierten Bestreitens Umstände vorzutragen, die einen Ergänzungsbedarf begründen. Ist solches geschehen, muss der Schuldner diese Umstände ausräumen (vgl. Kühnen, Hdb der Patentverletzung, 13. Auflage 2021, Abschn. H Rdn. 256).
    Vorliegend hat die Beklagte substantiiert unter Bezugnahme auf das Parallelverfahren zur Erfüllung vorgetragen. Dies wird gestützt durch die seitens der Beklagten vorgelegten Auskünfte und Rechnungslegung (Anlage TW 19) sowie die seitens der Klägerin vorgelegten Unterlagen der Beklagten aus dem Parallelverfahren (Anlagen 4, welche die Anlagen TW 1 bis TW4 des Parallelverfahrens umschließt). Der Inhalt von Rechnungslegung und Auskunftsverpflichtung aus dem parallelen Patentverletzungsverfahren deckt den im hiesigen Verfahren geltend gemachten Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht mit ab, so dass die hiesigen Ausführungen geeignet sind die Erfüllung im vorliegenden Verfahren darzulegen. So macht die Klägerin aufgrund der Selbstbeschränkung das Klagebrauchsmuster in einem Umfang geltend, welcher nicht über die Patentansprüche des EP 20 42 XXX B1 hinaus geht (Anlagen TW 17 und TW 18).
  76. 1)
    Dem ist die Klägerin insoweit qualifiziert entgegen getreten, als sich diese auf das Angebot der Beklagten vom 31.05.2012 bzgl. der Materialauslaufschüssel DN XXX bezieht und rügt, dass dieses Angebot von der Beklagten nicht in der Auskunft enthalten gewesen sei, obwohl die dort angebotene Ausführungsform ebenfalls von der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch mache und damit die Rechnungslegung unvollständig sei.
    Dies hat die Beklagte indes durch ihren Vortrag ausgeräumt. Hiernach handelt es sich bei der in dem Angebot vom 31.05.2012 gegenständlichen Vorrichtung nicht um eine solche, die von der Lehre des Klagebrauchsmusters Gebrauch macht, sondern um eine abgewandelte Ausführungsform. Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters verlangt einen Auslaufstutzen, der in ein Austrittsloch des Auslauftrichters eingesetzt und von übergreifenden Haltern gehalten wird (Merkmal 7). Die DN XXX verfügt demgegenüber nicht über einen derartigen Auslaufstutzen, sondern verwendet zwei gewalzte Befestigungsbleche, die deutlich oberhalb der Austrittslöcher die Mattensegmente an der ihnen den Austrittslöchern zugewandten Seite befestigen. Mithin fehlt es an übergreifenden Haltern sowie an einem erfindungsgemäßen Auslaufstutzen. Den insoweit substantiierten Ausführungen der Beklagten (Anlage TW 21) ist die Klägerin nicht erheblich entgegen getreten.
    Vielmehr trägt diese lediglich vor, die Ausführungen der Beklagten könnten so nicht zutreffend sein, da es sich gemäß des Wortlautes des Angebots vom 31.05.2012 um eine Materialauslaufschüssel mit „3teiligen VA-Auflockerungsgewebe“ handele und die Beklagte wiederum angab, die DNXXX bestehe aus sechs Filtermattensegmenten. Auch insoweit genügt die Klägerin nicht den Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten, welches erforderlich ist, nachdem die Beklagte dargelegt hat, dass die Filtermattensegmente je Teilkonus angegeben werden und es sich hierbei um einen zweigeteilten Konus handele.
    Soweit die Klägerin darüber hinaus behauptet, die erteilte Auskunftserteilung und Rechnungslegung sei nicht gründlich durchgeführt, genügt sie den Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten nicht. Allein der Umstand, dass die Beklagte hinsichtlich einer seitens der Klägerin behaupteten Verletzungsform keine Angaben gemacht hat, begründet isoliert betrachtet noch nicht die Vermutung, dass sämtliche Angaben, die seitens der Beklagten gemacht wurden, unvollständig sind.
  77. 2)
    Auch der Vortrag der Klägerin dazu, dass die Angaben zum Jahr 2011 unzutreffend seien, da nur die Lieferung einer angegriffenen Ausführungsform in diesem Jahr angegeben worden sei, genügt den Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten nicht. Dass die Beklagte auf Nachfrage der Klägerin nicht weitere Ausführungen gemacht hat, begründet für sich genommen nicht den Anschein der Unvollständigkeit. Hinzu kommt, dass die seitens der Klägerin in Bezug genommene Auskunft ein Datum betrifft, welches nicht vom Klageantrag erfasst wird. So nimmt die Klägerin Bezug auf eine Lieferung vom 15.02.2011, der Klageantrag richtet sich aber auf einen Zeitraum ab dem 09.06.2011. Selbst, wenn man dies grundsätzlich als ein Indiz für die Unvollständigkeit des Folgezeitraums ansehen wollen würde, fehlt es an Vortrag der Klägerin, warum die Angabe nicht vollständig sein sollte. Die pauschale Behauptung, sie verfüge über die schriftliche Aussage von Kunden, wonach die angegriffene Ausführungsform in 2011 dreimal bezogen worden sei, ist insoweit unzureichend. Die Klägerin hat insoweit keinerlei Details vorgetragen oder die entsprechenden Schreiben vorgelegt, die eine Überprüfung bzw. Bewertung dieser Angaben durch die Kammer ermöglichen. Insbesondere hat diese keine konkreten Daten genannt. Es ist somit bereits unklar, ob diese Angaben den beantragten Zeitraum erfassen. Im Übrigen ergibt sich aus den vorgelegten Auflistungen der Beklagten, dass Bestellungen aus der 2. Jahreshälfte des Jahres 2011 erst in 2012 ausgeliefert wurden (vgl. Anlage TW A1). Es ist also nicht unplausibel, wenn nur eine Lieferung in 2011 erfolgt ist. Damit hätte es der Klägerin oblegen, weitere konkrete Indizien vorzutragen, weshalb die Angabe einer Lieferung unvollständig ist. Dem ist sie nicht nachgekommen.
  78. 3)
    Zu Unrecht beanstandet die Klägerin, dass ihr keine Rechnungen vorgelegt worden seien und ihr daher keine Schadenersatzberechnung möglich sei. So hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass es keine Einzelrechnungen bzgl. der angegriffenen Ausführungsform gibt, da diese stets als Teil eines Gesamtfahrzeugs angeboten und geliefert würde. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Erforderlich ist, dass die Beklagte Belege zu jeder einzelnen Lieferung bzw. Angebot vorlegt (vgl. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. April 2017 – 2 W 2/17 –, Rn. 9, juris). Dies ist nach dem bisherigen Vortrag der Parteien erfolgt. Die im Antrag genannten Rechnungen stellen letztlich nur Beispiele dar, da es unverhältnismäßig wäre, dem Schuldner Pflichten aufzuerlegen, die er nicht erfüllen kann, etwa weil er bestimmte Belege nicht hat (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Auflage, 2021, Abschn. D Rdn. 738).
    Im Übrigen hat die Beklagte der Klägerin die Einzelkosten aufgeschlüsselt. Dass diese Aufschlüsselung unzutreffend ist, wird seitens der Klägerin nicht behauptet. Insoweit wäre es der Klägerin als Wettbewerberin jedenfalls möglich gewesen, die Zahlen auf Plausibilität durch einen Abgleich mit ihrer eigenen Preisgestaltung zu überprüfen. Dies wurde nicht vorgetragen. Nach den vorgelegten Zahlen seitens der Beklagten ist somit eine Schadensberechnung möglich.
    Die Klägerin hat vor dem Hintergrund, dass sie die Richtigkeit der Einzelkosten nicht angegriffen hat, zurecht keinen Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gestellt, da ein solcher nicht statthaft ist, sofern lediglich – wie vorliegend – allein die Unvollständigkeit der Angaben gerügt wird (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 13. Auflage, Abschnitt H Rdn. 281 f).
  79. 4)
    Zu Unrecht beanstandet die Klägerin weiter, dass die Beklagte nur geschwärzte Lieferscheine vorgelegt hat, aus denen sich weder Zahlen noch Preise ergeben.
    Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten, werden die angegriffenen Ausführungsformen nicht isoliert angeboten und geliefert, sondern nur als Teil eines Fahrzeugs. Die Fahrzeuge unterfallen nicht dem Klagegebrauchsmuster.
    Die Beklagte als Schuldnerin ist dazu berechtigt, in den vorzulegenden Belegen solche Daten zu schwärzen, die sich mit gebrauchsmusterfreien Gegenständen befassen. Dies gilt auch dann, wenn der Klägerantrag keinen entsprechenden Vorbehalt enthält (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. April 2017 – 2 W 2/17 –, Rn. 9, juris). Befassen sich die Belege also mit gebrauchsmusterfreien Gegenständen, so können insoweit nicht nur die gelieferten Stückzahlen und berechneten Preise geschwärzt werden, sondern genauso die Artikelbezeichnung und Artikelnummer (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. April 2017 – 2 W 2/17 –, Rn. 9, juris).
  80. 5)
    Demgegenüber rügt die Klägerin zurecht die Nichtbenennung der gewerblichen Angebotsempfänger. Die Klägerin hat insoweit einen Anspruch auf Kenntniserlangung. Zwar geht die Beklagte richtigerweise davon aus, dass sie dazu berechtigt ist, vom Wirtschaftsprüfervorbehalt Gebrauch zu machen. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin selbst, der ausdrücklich für alle Angebotsempfänger einen solchen Vorbehalt benennt und im Übrigen daraus, dass § 140b Abs. 3 PatG die Angebotsempfänger nicht erwähnt und der Schutzzweck des § 140b PatG nicht durch die Entgegennahme eines Angebots berührt ist (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176-Glasscheiben-Befestiger).
    Jedoch ist vorliegend weder ersichtlich, noch vorgetragen, dass die Beklagte den Wirtschaftsprüfervorbehalt geltend gemacht hat. Allein die Schwärzung der Namen der Angebotsempfänger reicht insoweit nicht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Wirtschaftsprüfer seitens der Klägerin zu benennen ist und aufgrund der Kostentragung durch die Beklagte diese auch ein Interesse haben kann, keinen Wirtschaftsprüfer einzuschalten. Mithin bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung der Beklagten.
  81. IV.
    Da der Hilfsantrag sich nur hinsichtlich der Beschreibung des Auslauftrichters vom Hauptantrag unterscheidet, war auch in Bezug auf diesen Antrag nicht mehr zuzusprechen.
  82. V.
    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

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