4b O 6/10 – Fugenband III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1379

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. März 2010, Az. 4b O 6/10

Rechtsmittelinstanz: 2 U 36/10

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 792 XXX B2 (Verfügungspatent; Anlage K 1), dessen Anmeldung am 3. September 1997 und dessen Erteilung am 30. Dezember 1998 veröffentlicht wurde. Das Verfügungspatent, welches ein kalt verlegbares Fugenband betrifft, steht in Kraft. Es war Gegenstand eines Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt (EPA), in dessen Rahmen das EPA den Hauptanspruch mit geringfügigen Änderungen aufrechterhalten hat. Darüber hinaus war gegen den deutschen Teil des Verfügungspatents von dritter Seite Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht (Az. 4 Ni XXX/05 (EU)) erhoben worden, über die infolge eines Vergleichs nicht entschieden worden ist.

Der Patentanspruch 1 des Verfügungspatents hat nach der Einspruchsentscheidung folgenden Wortlaut:

„Kaltverlegbares Fugenband zur Verwendung im Straßenbau, bestehend aus polymervergütetem Straßenbaubitumen, das auf wenigstens einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden ist.“

Hinsichtlich der Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Verfügungspatentschrift verwiesen.

Die Verfügungsbeklagte bezog auf der Grundlage einer Vereinbarung aus dem Jahre 1997 (Anlage K 12) von der Verfügungsklägerin ein selbstklebendes Fugenband, welches sie vereinbarungsgemäß unter der Produktbezeichnung A vertrieb. Im Frühjahr 2008 informierte sie die Verfügungsklägerin unter Übersendung eines Musters von ihrer Absicht, zukünftig nicht mehr das Produkt der Verfügungsklägerin zu vermarkten, sondern selbst ein selbstklebendes Fugenband zu produzieren und in Deutschland zu vertreiben. Die Verfügungsklägerin nahm die Verfügungsbeklagte daraufhin wegen Verletzung des Verfügungspatents in Anspruch (4b O XXX/09). Mit einstweiliger Verfügung vom 12. Februar 2009, bestätigt durch das Urteil der Kammer vom 14. Juli 2009 (Anlage K 2), untersagte die Kammer der Verfügungsbeklagten die Herstellung und den Vertrieb eines Fugenbandes entsprechend dem damals übersandten Muster.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 (Anlage K 3) übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin ein Muster eines selbstklebenden Fugenbandes aus ihrer laufenden Produktion (Probe Nr. 10 gemäß Anlage K 3, im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) und kündigte an, hiermit nun an den Markt zu gehen. Diese Ankündigung setzte die Verfügungsbeklagte zwischenzeitlich um.
Die angegriffene Ausführungsform ist ein selbstklebendes, kalt verlegbares Fugenband, das im Koextrusionsverfahren hergestellt wird. Beide Extrusionsstränge enthalten Bitumen. Einem der beiden Extrusionsstränge ist Kalziumcarbonat und Fasermaterial beigefügt, und zwar in einem Umfang, der zur Reduzierung der grundsätzlich bestehenden Klebrigkeit von Bitumen führt. Keiner der beiden Extrusionsstränge beinhaltet einen Bestandteil, der die Klebrigkeit von Bitumen erhöht.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache widerrechtlich von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform weise zwei Schichten auf, deren Zusammensetzung sich insbesondere aus der Anlage K 15 ergebe. In der weniger klebrigen Schicht befinde sich danach polymervergütetes Bitumen, 33 % mineralische Füllstoffe und 22 % Carbonate. Die klebrigere Schicht bestehe demgegenüber aus polymervergütetem Bitumen und 13 % mineralischer Füllstoffe. Ihren Anspruch auf Unterlassung könne sie wegen der besonderen Dringlichkeit auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend machen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,
der Verfügungsbeklagten unter Androhung der – im Einzelnen genannten – gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, kaltverlegbare Fugenbänder zur Verwendung im Straßenbau, bestehend aus polymervergütetem Straßenbaubitumen, die auf wenigstens einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden sind, herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder zu besitzen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22. Januar 2010 zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte stellt den Vorwurf der Patentverletzung in Abrede. Die angegriffene Ausführungsform weise keine „gesonderte Kleberschicht“ auf. Sie verfüge allein über eine klebende Seite, die zudem – insoweit unstreitig – nur infolge der grundsätzlichen Klebrigkeit von Bitumen für die erforderliche Haftung und Dichtigkeit des Fugenbandes sorge. In dieser klebenden Seite befinde sich ausschließlich klebriger Bitumen. Der weniger klebrigen Seite seien zwar Kalziumcarbonat und Fasermaterial beigemischt; letzteres sei jedoch nicht mineralisch. Die Untersuchungen der Verfügungsklägerin gemäß Anlage K 15 seien nicht aussagekräftig. Eine exakte Trennlinie zwischen der klebenden Seite und der weniger klebrigen Seite sei nach der Koextrusion nicht auszumachen. Eine Trennung in zwei Schichten verbunden mit der Bestimmung der vermeintlichen Bestandteile sei unmöglich und erfolge allenfalls willkürlich. Soweit in der Anlage K 15 eine „Zweistufigkeit“ zu erkennen sei, sei diese allein auf Zersetzungsvorgänge zurückzuführen. Angesichts der Musterübersendung im Frühjahr 2008 fehle es überdies an einem Verfügungsgrund. Eine zeitliche Dringlichkeit sei nicht zu erkennen. Zudem berufe sie sich auf Verwirkung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war mangels Verfügungsanspruchs zurückzuweisen. Mit der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform macht die Verfügungsbeklagte keinen Gebrauch von der technischen Lehre des Verfügungspatents.

I.
Das Verfügungspatent betrifft ein kalt verlegbares Fugenband zur Verwendung im Straßenbau, bestehend aus polymervergütetem Straßenbaubitumen, das auf wenigstens einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden ist.

Der Verfügungspatentschrift zufolge werden Fugenbänder im Straßenbau zur Herstellung von Nähten (Verbindung von Mischgut mit vergleichbaren Eigenschaften) und Anschlüssen (Verbindung von Mischgut mit unterschiedlichen Eigenschaften) verwendet. Aufgrund der Beanspruchungen aus Verkehr und Klima sind die Anforderungen an die Nähte sehr hoch, wobei diese wasserdicht sein sollen und es gelte, mehr Bitumen als bisher an die Flanke zu bringen. Insbesondere bei Anschlüssen müsse es das Ziel sein, eine Höchstmenge an Bitumen zu platzieren. Dieses Problem sei bisher dadurch gelöst worden, dass vor dem Einbringen der neuen Asphaltdeckschicht die Flanke der alten Asphaltdeckschicht mit einer bitumenhaltigen Grundierung gestrichen wurde und anschließend ein vorgefertigtes Bitumenfugenband an die Flanke angelegt wurde, wobei dieses zum Bewirken einer Haftung zuvor mit einer Propanflamme angewärmt und danach angedrückt worden sei.

Die Verfügungspatentschrift weist anschließend auf die deutsche Gebrauchsmusterschrift 93 13 XXX hin und führt dazu aus, das aus ihr bekannte Material zur Herstellung von Fugenbändern sei aus einer offensichtlich nicht klebefähigen Bitumenmasse hergestellt. Sodann findet der in Chemical Abstracts 107:238987 CA enthaltene Hinweis auf ein kleberbeschichtetes Bitumenmaterial Erwähnung, welches für vibrationsdämpfende Verkleidungen im Automobilbau verwendet wird. Dieses Bitumenmaterial dürfe wegen seines Verwendungszweckes jedoch nicht selbstklebend sein. Mit Fugenbändern der hier interessierenden Art sei es mithin nicht vergleichbar.

Ausgehend von dieser Problemstellung stellt die Verfügungspatentschrift als Aufgabe der Erfindung nach dem Verfügungspatent heraus, ein Fugenband und ein Verfahren zu schaffen, das eine kalte Verlegung, d.h. ohne Zuhilfenahme einer Flamme, ermöglicht.

Dies wird durch ein Fugenband mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht, das den Vorteil hat, dass beim Verlegen an der Nahtflanke auf die Anwendung einer Propanflamme verzichtet werden kann, da bereits durch das Andrücken des Fugenbandes an die Nahtflanke die erforderliche Haftung erzielt wird. Anspruch 1 enthält diesbezüglich die nachfolgenden Merkmale:

1. Fugenband zur Verwendung im Straßenbau.

2. Das Fugenband ist kalt verlegbar.

3. Das Fugenband besteht aus polymervergütetem Straßenbaubitumen.

4. Das Fugenband ist auf wenigstens einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden.

II.
Die Verfügungsklägerin hat einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 139 Abs. 1 PatG i. V. m. Art. 64 EPÜ nicht glaubhaft gemacht. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Verfügungspatents keinen Gebrauch.

1)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht zwar, wie zwischen den Parteien zu Recht außer Streit steht, die Merkmale 1 bis 3 des Verfügungspatents. Sie ist ein Fugenband zur Verwendung im Straßenbau, welches kalt verlegbar ist und aus polymervergütetem Straßenbaubitumen besteht.

2)
Die angegriffene Ausführungsform erfüllt jedoch nicht Merkmal 4 des Verfügungspatents, wonach das Fugenband wenigstens auf einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden sein muss.

a)
Das Verfügungspatent stellt (allein) ein Fugenband mit einem mehrschichtigen Aufbau unter Schutz; außer der aus polymervergütetem Straßenbaubitumen bestehenden Schicht muss es mindestens eine separate Kleberschicht aufweisen.
Dies entnimmt der Fachmann zunächst dem Wortlaut des Anspruchs. Bereits die Verwendung des Begriffs „Kleberschicht“ deutet auf eine Eigenständigkeit hin, die mittels der Hervorhebung, dass es sich um eine „gesonderte“ Kleberschicht handeln muss, bestätigt wird. Hinzu tritt, dass ein „verbunden sein“ gefordert wird, woraus zu schließen ist, dass eine separate, gesonderte Schicht mit einer anderen Schicht zusammenzufügen bzw. zu verbinden ist und folglich mehrere Schichten vorhanden sein müssen.
Das Erfordernis eines mehrschichtigen Fugenbandes erschließt sich dem Fachmann ferner bei einer Zusammenschau der Merkmale 3 und 4. Während Merkmal 4 sich mit der einen „gesonderten“ Schicht, der Kleberschicht, befasst, legt Merkmal 3 die Anforderungen für die andere Schicht fest und fordert eigens das Vorhandensein von polymervergüteten Straßenbaubitumen in dem Fugenband. Da Bitumen – unstreitig – selbstklebende Eigenschaften hat, der Anspruch gleichwohl ein eigenständiges Merkmal für eine gesonderte Kleberschicht vorsieht, gelangt der Fachmann zu der Erkenntnis, dass ein – aus dem Stand der Technik bekannter – einschichtiger Aufbau eines Fugenbandes, bei dem allein die Klebrigkeit des Bitumen ausgenutzt wird, nicht erfindungsgemäß ist, sich das Verfügungspatent vielmehr für einen – gleichfalls aus dem Stand der Technik bekannten – mehrschichtigen Aufbau entschieden hat. Dies umso mehr als dass Merkmal 4 nicht nur eine Klebrigkeit der gesonderten Schicht vorgibt, sondern das Vorhandensein einer Kleberschicht fordert.
Gestützt wird dieses Verständnis bei Betrachtung der in der Verfügungspatentschrift in den Absätzen [0008] bis [0016] erläuterten Ausführungsbeispiele, die in die Unteransprüche 2 bis 7 Eingang gefunden haben. Sämtliche Ausführungsbeispiele und/oder Unteransprüche sehen eine separate, von der Schicht gemäß Merkmal 3 zu unterscheidende Kleberschicht vor.

Die gleiche Auffassung zur Mehrschichtigkeit liegt der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 8. Juni 2001 (Anlage K 8 in dem Verfahren 4b O XXX/09 zum Entwurf der dort vorgelegten Nichtigkeitsklage AG 7, Seite 3, Ziffer 2.3.) zugrunde, in der ausgeführt wird, dass die Änderungen des Patentanspruchs, welche ein kaltverlegbares Fugenband betreffen, das mit einer „gesonderten“ Kleberschicht verbunden ist, durchgeführt worden sind, um die beanspruchten Fugenbänder von den heißverlegbaren und/oder einschichtigen Fugenbändern des Standes der Technik abzugrenzen. Als sachkundige Äußerung ist dies vom Verletzungsgericht zur Kenntnis zu nehmen und bei der Auslegung zu berücksichtigen (BGH, GRUR 1998, 895 – Regenbecken).

Im Einklang damit stehen auch die Äußerungen der Verfügungsklägerin im Einspruchsverfahren, die allerdings allenfalls indizielle Bedeutung für die Auslegung des Merkmals erlangen können (BGH, NJW 1997, 3377 – Weichvorrichtung II). Die eigenen Ausführungen der Verfügungsklägerin zum Merkmal der gesonderten Kleberschicht im Schriftsatz vom 24. Februar 2000 (Anlage AG 3 im Verfahren 4b O XXX/09) indizieren eine fachmännische Sichtweise dahingehend, dass allein ein mehrschichtiger Aufbau erfindungsgemäß ist.

b)
Auf welchem Wege die gesonderte Kleberschicht mit dem Fugenband verbunden wird, gibt das Verfügungspatent nicht zwingend vor. Auch ein mehrschichtiges Fugenband, das im Koextrusionsverfahren hergestellt wurde, ist deshalb vom Anspruch umfasst. Gegenstand des Verfügungspatents ist ein Sachanspruch. Das Herstellungsverfahren des erfindungsgemäßen selbstklebenden Fugenbandes ist nicht unter Schutz gestellt. Entsprechend der Aufgabenstellung des Verfügungspatents, ein Fugenband und ein Verfahren zu schaffen, das eine kalte Verlegung, d.h. ohne Zuhilfenahme einer Flamme ermöglicht (Anlage K 1, Absatz [0006]), bezweckt die gesonderte Kleberschicht die Anhaftung des Fugenbandes an der Nahtflanke. Um diesem Zweck gerecht zu werden, ist die Klebrigkeit der gesonderten Kleberschicht entscheidend, nicht aber auf welche Herstellungsweise die Kleberschicht mit der polymervergüteten Straßenbitumenschicht verbunden worden ist.

Dem Verfügungspatent ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass es für die Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre auf eine „trennscharfe“, „durchgängige“ oder ähnliche räumliche Abgrenzung des polymervergüteten Straßenbaubitumens von der Kleberschicht ankommt. Anspruch 1 sieht allein mittels des Erfordernisses einer „gesonderten Kleberschicht“ eine separate Schicht vor. Eine deutliche räumliche Absonderung dieser Kleberschicht findet keine Erwähnung, was auch nicht verwundert, da die – bereits beschriebene – technische Funktion der erfindungsgemäßen Kleberschicht solches nicht zwingend erfordert. Für die Frage, ob die gesonderte Kleberschicht eine ausreichende Haftung an einer Nahtflanke einer bestehenden Asphaltschicht bietet, so dass auf die Verwendung einer Propanflamme verzichtet werden kann, kommt es nicht auf eine „trennscharfe“ Abgrenzung zur Straßenbaubitumenschicht des Fugenbandes an.

c)
Eine gesonderte Kleberschicht im Sinne des Merkmals 4 setzt voraus, dass in der Schicht mindestens ein Bestandteil enthalten ist, der für eine Klebrigkeit Sorge trägt, die über die grundsätzliche Klebrigkeit von Bitumen hinaus geht und hiermit die erforderlichen Anforderungen an Haftung und Dichtigkeit des Fugenbandes erfüllt werden. Auch wenn das Vorhandensein von Bitumen in der Kleberschicht unschädlich ist, genügt nach der technischen Lehre des Verfügungspatents nicht das alleinige Ausnutzen der grundsätzlichen Klebrigkeit von Bitumen.

Anspruch 1 enthält zwar keine zwingenden Vorgaben zur chemischen Zusammensetzung der Kleberschicht; der Anspruchswortlaut ist vielmehr offen formuliert. Dem Verfügungspatent ist insbesondere keine Beschränkung nur auf eine bestimmte Zusammensetzung des Klebers oder eine bestimmte Gruppe von Klebern zu entnehmen. Erfasst ist deshalb auch eine Kleberschicht, die Bitumen enthält. Soweit in der Verfügungspatentschrift in der Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen, die sich in den Unteransprüchen 3 bis 6 widerspiegeln, Bitumen nicht (positiv) als Inhaltsstoff der Kleberschicht genannt ist, gebietet dies nicht die Sichtweise, die Verwendung von Bitumen in der Kleberschicht sei damit ausgeschlossen. Es ist weder ersichtlich, dass es für eine erfindungsgemäße Kleberschicht unabdingbar ist, die in den Ausführungsbeispielen genannten Kleber zu verwenden, noch ist zu erkennen, dass die technische Lehre des Verfügungspatents ausschließlich dann verwirklicht werden kann, wenn kein Bitumen in der Kleberschicht vorhanden ist. Entsprechend der bereits erwähnten Aufgabenstellung des Verfügungspatents ist Sinn und Zweck der gesonderten Kleberschicht für die Anhaftung des Fugenbandes an der Nahtflanke bestehender Asphaltschichten zu sorgen. Solange dies gewährleistet ist, führt das Vorhandensein von Bitumen in der Kleberschicht nicht aus dem Schutzbereich des Anspruchs heraus. Hinzu tritt, dass u.a. Kohlenwasserstoffharz im Rahmen der Ausführungsbeispiele als Bestandteil des erfindungsgemäßen Klebers benannt wird (Absatz [0010]). Hierbei handelt es sich um ein „klassisches“ Ersatzprodukt von Bitumen.

Der Fachmann gewinnt allerdings die Erkenntnis, dass – wenn Bitumen in der Kleberschicht Verwendung findet – dies erfindungsgemäß nicht der einzige „Kleber“ sein kann.
Merkmal 4 verlangt weder nur die Klebrigkeit einer (Bitumen-)Schicht noch gibt es lediglich vor, dass eine Schicht klebriger als eine andere ist. Gefordert ist vielmehr, dass das Fugenband auf wenigstens einer Seite mit einer gesonderten Kleberschicht verbunden ist. Erforderlich ist demnach neben der aus polymervergütetem (Straßenbau-)Bitumen bestehenden Schicht des Fugenbandes eine gesonderte Schicht. In dieser Schicht muss sich ein Kleber befinden. Bitumen selbst begreift das Verfügungspatent nicht als Kleber, wie sich bereits aus der Verwendung der unterschiedlichen Begrifflichkeiten ergibt. Eine Gleichsetzung von Bitumen und Kleber ist dem Verfügungspatent an keiner Stelle zu entnehmen. Dies vor allem deshalb nicht, weil das Vorhandensein des Bitumens anderes bewirken soll als der Kleber. Während die Kleberschicht für eine (kalte) Anhaftung des Fugenbandes an einer Anschlussflanke bereits vorhandener Nähte und Anschlüsse von Asphaltschichten sorgen muss, ist es demgegenüber Sinn und Zweck des im Fugenband vorhandenen Bitumens, an die Anbindungsflanke die erforderliche (größere) Menge an Bitumen zum Dichten, Bewegen und Haften zu bringen (Anlage K 1, Absatz [0002]). Dem entspricht es, wenn das Verfügungspatent in Merkmal 3 das Material des Fugenbandes vorgibt und in einem weiteren Merkmal 4 die gesonderte Kleberschicht behandelt.
Dies gewinnt vor allem vor dem Hintergrund Bedeutung, dass die grundsätzliche Klebrigkeit von Bitumen – wie zwischen den Parteien unstreitig – hinlänglich bekannt war/ist. Das Verfügungspatent erwähnt die Klebrigkeit bei der Beschreibung des Standes der Technik (Anlage K 1, Absatz [0005]). Ist diese Eigenschaft von Bitumen bekannt, dann wird der Fachmann, wenn das Verfügungspatent in Merkmal 3 das Vorhandensein von polymervergütetem (an sich klebrigem) Bitumen fordert und zudem eine gesonderte Kleberschicht in Merkmal 4 als erfindungsgemäß vorgibt, annehmen, dass die grundsätzlich vorhandene Klebrigkeit von Bitumen nach der technischen Lehre des Verfügungspatents für die kalte Verlegung nicht genügt. Anderenfalls würde sich das Erfordernis einer Kleberschicht erübrigen. Das gilt auch angesichts des Umstandes, dass Merkmal 3 nicht „reines“ Bitumen, sondern polymervergütetes Bitumen verlangt. Daraus ergibt sich zwar, dass das Fugenband neben Straßenbaubitumen im engen Sinne auch weitere Bestandteile, insbesondere (mineralische) Füllstoffe, enthalten kann. Dies ist aber nicht die Vorgabe, einen so großen Anteil an Füllstoffen hinzuzufügen, dass die Klebrigkeit des Bitumens aufgehoben oder so weit reduziert wird, dass es für eine erfindungsgemäße Anhaftung nicht mehr verwendet werden kann. Eine etwaig reduzierte Klebrigkeit der polymervergüteten Straßenbaubitumenschicht thematisiert das Verfügungspatent nicht.

Für das Verständnis, dass es eines Bestandteils bedarf, der für eine Klebrigkeit der Kleberschicht sorgt, die über die grundsätzliche Klebrigkeit von Bitumen hinausgeht, streiten auch die Erläuterungen bevorzugter Ausführungsbeispiele, die sich mit der Zusammensetzung des Klebers befassen (Anlage K 1, Absatz [0009] ff.). Auch wenn daraus keine Einschränkung auf eine bestimmte Zusammensetzung des Klebers erwächst, kann sich der Fachmann nicht der Erkenntnis verschließen, dass Bitumen gerade nicht als Kleber oder als Bestandteil eines Klebers erwähnt wird, sondern lediglich davon zu unterscheidende Stoffe.
Zu welchem Anteil diese, eine gegenüber der Eigenklebrigkeit des Bitumens hinausgehende Klebrigkeit herbeiführenden Bestandteile vorhanden sein müssen, ist in dem Verfügungspatent nur insoweit vorgegeben, als dass eine Klebrigkeit gegeben sein muss, die es erlaubt – ohne Verwendung einer Propanflamme – zu einer Anhaftung des mit der Kleberschicht versehenen Fugenbandes und damit zu einer Kaltverlegung kommen kann. Soweit und solange die erfindungsgemäße Selbstklebrigkeit gewährleistet ist, kommt es auf die genaue Menge bzw. auf das Verhältnis des die Klebrigkeit erhöhenden Bestandteiles zu anderen Bestandteilen der Kleberschicht nicht an.

d)
Dies zugrunde gelegt verfügt die angegriffene Ausführungsform nicht über eine gesonderte Kleberschicht. Unabhängig von den streitigen Fragen der Parteien zur konkreten Ausgestaltung von Schichten und deren Zusammensetzung ist unstreitig, dass eine erfindungsgemäße Anhaftung der angegriffenen Ausführungsform an bestehende Nahtflanken nur mittels der grundsätzlichen Klebrigkeit von Bitumen erfolgt. Es findet sich kein weiterer Bestandteil, der für eine darüber hinaus gehende Klebrigkeit sorgt.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 500.000,00 € festgesetzt.