4c O 9/21 – Unterbauleiste

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3178

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 13. Januar 2022, Az. 4c O 9/21

  1. I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
  2. Unterbauleisten für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegen und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt werden,
  3. herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
  4. wobei die Unterbauleisten als zweiteiliges Profil ausgebildet sind, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil, wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des U-Profils mehrere Millimeter hinaussteht, die untere offene Seite des U-Profils zum Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt und das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird.
  5. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für alle Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 all denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird.
  6. III. Die Beklagten werden weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und unter Vorlage eines geordneten – soweit vorhanden – elektronischen Verzeichnisses Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 und zwar über
  7. a) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Auftraggeber,
    c) Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    d) die Herstellungsmengen und -zeiten,
    e) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    f) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    g) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    h) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn,
  8. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger nicht der Klägerin mitzuteilen, sondern einem gegenüber der Klägerin zur Verschwiegenheit verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn beauftragen und ermächtigen, auf konkrete Fragen der Klägerin dieser Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auskunft enthalten ist,
  9. und wobei die Beklagten der Klägerin zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer III. c) und e) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) und zu Ziffer III. f) die Angebote in gut lesbaren Kopien vorzulegen haben.
  10. IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten.
  11. V. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 23.04.2020 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen und aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Patentes erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
  12. VI. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von 6.079,00,- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2021 zu zahlen.
  13. VII. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
  14. VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziff. I., IV. und V. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,- Euro, hinsichtlich Ziff. III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  15. Tatbestand
  16. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem Deutschen Patent DE 10 2007 009 XXX B4 (Anlage K4; im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf, Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und außerdem zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
  17. Eingetragener und alleinverfügungsberechtigter Inhaber des Klagepatents ist seit dem 01.08.2019 Herr A, Geschäftsführer der Klägerin. Er hat der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent eingeräumt und sie zudem ermächtigt, sämtliche ihm zustehende Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen, wie auch aus der als Anlage K 13 zur Akte gereichten Bestätigung hervorgeht.
  18. Das Klagepatent wurde am 28.02.2007 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 23.05.2006 (20 2006 008 189.5) angemeldet. Der Hinweis auf die Anmeldung wurde am 06.12.2007 offengelegt und derjenige auf die Erteilung am 31.10.2012. Das Klagepatent steht auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Über die seitens der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 19.05.2021 erhobene Nichtigkeitsklage (vgl. Anlage B4) ist bislang nicht entschieden worden. Das Klagepatent betrifft eine Unterbauleiste für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen.
  19. Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:
  20. „Unterbauleiste für den Außenbereich, z. B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegt und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterbauleiste als zweiteiliges Profil (8, 8a) ausgebildet ist, dessen einer Teil ein U-Profil (1, 1a) und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil (2) ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils (1, 1a) über das Vierkantprofil (2), wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil (2) über die zwei Schenkel (9, 9a) des U-Profils (1, 1a) mehrere Millimeter hinaussteht (3), die untere offene Seite (10 ) des U-Profils (1, 1a) zum Boden weist und der geschlossene obere Teil (11, 11a) des U-Profils (1, 1a) zur Trittfläche zeigt und das Profil (1, 1a) Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil (1, 1a) aus Aluminium und das Vierkantprofil (2) aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil (1, 1a) innen an den beiden Schenkeln (9, 9a) Zacken (5, 5a) aufweist, so dass das Vierkantprofil (2) im U-Profil (1, 1a) geklemmt wird.“
  21. Nachstehend eingeblendete Figuren sind der Klagepatentschrift entnommen und veranschaulichen die erfindungsgemäße Lehre. Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung des Profils bzw. der Unterbauleiste im Querschnitt; Figur 2 betrachtet diese von oben und die Figur 3 zeigt schließlich eine weitere schematische Darstellung des Profils bzw. Unterbauleiste im Querschnitt.
  22. Das Unternehmen der Klägerin gehört zu den Marktführern im Bereich des Vertriebs von Terrassenzubehör, Terrassenplatten und Terrassendielen. Die Klägerin stellt her und vertreibt u.a. Terrassenbausysteme und Zubehör und entsprechende Unterkonstruktionen von Terrassen einschließlich der Erleichterung der Plattenverlegung und Dielenbefestigung.
  23. Die Beklagte zu 1) ist seit dem 23.04.2020 im Handelsregister eingetragen und wird durch die im Rubrum angegebene Komplementärin vertreten. Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) ist Wettbewerberin der Klägerin und ist ebenfalls im Bereich der Terrassen-Montagesysteme und Terrassenzubehör tätig. Zu ihrem Produktportfolio zählen auch Unterbauleisten für Terrassen. Insbesondere bietet die Beklagte zu 1) an und vertreibt eine Unterbauleiste unter der Bezeichnung „B“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Diese ist im Außenbereich einsetzbar und soll auf dem Boden aufliegen. Eine Trittfläche soll sodann auf sie aufgelegt werden. Die angegriffene Ausführungsform weist eine zweiteilige, zusammensteckbare Konstruktion auf, deren einer Teil ein Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat ist, welches der andere Teil zumindest in einem oberen Bereich teilweise in sich aufnehmen kann bzw. der auf das Vierkantprofil aufgestülpt werden kann.
  24. Nachfolgende Einblendungen sind der Klageschrift entnommen, wobei die untere Abbildung einer im Rahmen eines Testkaufs erhaltenen Produktbroschüre der Beklagten (Anlage K2b) entstammt:
  25. Mit Schreiben vom 16.11.2020 (Anlage K7) mahnte die Klägerin die Beklagten ab, worauf diese mit einer Zurückweisung einer Verletzung des Klagepatents reagierten (Anlage K8). In der Folgezeit bemühten sich die Parteien um eine gütliche Einigung, was letztlich ergebnislos blieb.
  26. Die Klägerin meint, das Klagepatent werde durch die angegriffene Ausführungsform unmittelbar, hilfsweise jedenfalls mittelbar verletzt. Weiter hilfsweise liege eine äquivalente Verletzung des Klagepatents vor.
  27. Die angegriffene Ausführungsform weise ein U-Profil auf. Der untere Bereich des Aluminiumprofils sei u-förmig gestaltet und könne ein Vierkantprofil aufnehmen. Dass im oberen Bereich des Aluminiumprofils Hohlkammern sowie ein Schraubkanal vorgesehen seien, ändere an der Merkmalsverwirklichung nichts. Denn für die erfindungsgemäße Lehre sei allein entscheidend, dass jedenfalls im unteren Bereich ein U-Profil vorhanden sei. Auf Aspekte der Fertigung komme es nicht an, da das Klagepatent dahingehende Vorgaben nicht mache. Damit das Profil Schrauben der Trittfläche aufnehme, sei es in der angegriffenen Ausführungsform ausreichend, wenn eine Schraube in den Schraubkanal eingesetzt werde. Insofern könne es keinen Unterschied machen, ob der obere Bereich als Hohlkammern oder Vollmaterial ausgebildet sei. Jedenfalls aber sei die angegriffene Ausführungsform dazu geeignet, Schrauben in der Wandung unterhalb der Hohlkammern sowie in dem Vierkantprofil aufzunehmen. Deshalb sei am Boden des Schraubkanals, was unstreitig ist, das Material dicker ausgeführt worden und weise eine Wandstärke von mindestens 3 mm auf. Zudem biete die Beklagte standardmäßig Schrauben an, die von ihrer Länge her ausreichend seien, um bis in die Wandung hineinzureichen. Dies ergebe sich aus den eigenen Produktunterlagen der Beklagten.
  28. Daraus folge des Weiteren, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform zur Verschraubung mit einer Trittfläche anböten. Sie sei gerade zur Verschraubung mit Brettern einer Trittfläche bestimmt.
  29. Zumindest verwirkliche die angegriffene Ausführungsform die Lehre des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln. Durch den Schraubkanal und die Materialverdickung von 3 mm im Aluminiumprofil liege Gleichwirkung vor; zudem sei es naheliegend eine nur unzureichende Verschraubung durch einen Schraubkanal, gebildet aus Hohlkörpern statt Vollmaterial, zu unterstützen.
  30. Die Klägerin habe ferner Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten. Außergerichtliche Anwaltskosten hätten mit einer 1,5-fachen Gebühr abgerechnet werden dürfen, weil zur Vorbereitung der Abmahnung umfangreiche tatsächliche sowie rechtliche Recherchen erforderlich gewesen seien, was unstreitig ist.
  31. Das Klagepatent werde sich schließlich im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen.
  32. Die Klägerin beantragt, nachdem sie in Ziff. IV. den Zusatz „und der Klägerin die Vernichtung durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen“ gestrichen hat,
  33. I. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
    Unterbauleisten für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegen und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt werden,
    herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    wobei die Unterbauleisten als zweiteiliges Profil ausgebildet sind, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil, wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des U-Profils mehrere Millimeter hinaussteht, die untere offene Seite des U-Profils zum Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt und das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird;
  34. II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für alle Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 all denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird;
  35. III. die Beklagten weiter zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und unter Vorlage eines geordneten elektronischen Verzeichnisses Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 23.04.2020 und zwar über
    a) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Auftraggeber,
    c) Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    d) die Herstellungsmengen und -zeiten,
    e) die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    f) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    g) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    h) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn,
  36. wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger nicht der Klägerin mitzuteilen, sondern einem zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn beauftragen und ermächtigen, auf konkrete Fragen der Klägerin dieser Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auskunft enthalten ist,
  37. und wobei die Beklagten der Klägerin zum Nachweis der Angaben gemäß Ziffer III. c) und e) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) und zu Ziffer III. f) die Angebote in gut lesbaren Kopien vorzulegen haben;
  38. IV. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten;
  39. V. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 23.04.2020 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen und aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Patentes erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;
  40. VI. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von EUR 6.079,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
  41. hilfsweise: die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
  42. für ein System für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, umfassend eine Trittfläche, Schrauben, einen Boden und eine Unterbauleiste,
  43. Unterbauleisten, welche auf den Boden gelegt werden und auf welche die Trittfläche gelegt wird,
  44. Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern, wenn die Unterbauleisten als zweiteiliges Profil ausgebildet sind, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist, welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil, wobei im zusammengesteckten Zustand das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des U-Profils mehrere Millimeter hinaussteht, die untere offene Seite des U-Profils zum Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt und das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt, wobei das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat bestehen, und wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird;
  45. weiter hilfsweise für den Fall, dass kein Schlechthinverbot ergehen würde:
    ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass diese Unterbauleisten nicht ohne Zustimmung der Klägerin zur Verschraubung mit einer Trittfläche verwendet werden dürfen;
    im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,-EUR pro für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Unterbauleisten nicht ohne Zustimmung der Klägerin zur Verschraubung mit einer Trittfläche verwendet werden dürfen.
  46. Die Beklagten beantragen,
    die Klage abzuweisen;
  47. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die von der Beklagten zu 1) gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
  48. Sie meinen, dass die angegriffene Ausführungsform weder unmittelbaren noch mittelbaren Gebrauch von der Lehre des Klagepatents mache. Bei der angegriffenen Ausführungsform handele es sich nicht um ein U-Profil, sondern um ein Hohlkammerprofil. Dieses könne nicht als ein unteres U-Profil und ein oberer geschlossener Teil betrachtet werden. Insoweit weise der Fachmann diesen Begrifflichkeiten jeweils unterschiedliche Bedeutungen und Konstruktionen zu (vgl. Anlage B6, B7). Zudem erfolge, anders als das Klagepatent verlange, eine von oben kommende Verschraubung der Trittfläche nicht in dem U-Profil. Aufgrund des Gewinde-/Schraubkanals in der angegriffenen Ausführungsform komme es dort nämlich nicht zu einer Durchbohrung des U-Profils. Hinweise auf das Verständnis einer erfindungsgemäßen Verschraubung würden sich ferner aus dem Erteilungsverfahren und den dortigen Ausführungen des klägerischen Patentanwalts ergeben (vgl. Anlage B3). Dieser sei von einer Durchbohrung des U-Profils ausgegangen und darüber hinaus – abhängig von der Schraubenlänge – sogar auch des Vierkantprofils.
  49. Es würden die weiteren Voraussetzungen einer mittelbaren Verletzung fehlen. Die angegriffene Ausführungsform stelle kein Mittel dar, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehe.
  50. Jedenfalls sei der Rechtsstreit mangels Rechtsbeständigkeit des Klagepatents auszusetzen. Die patentgemäße Lehre beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da sie bereits durch die Kombinationen eines Maschinenfußes aus der DE 297 11 XXX U1 (Anlage K2 der Nichtigkeitsklage), der DE 200 23 XXX U1 (Anlage K3 der Nichtigkeitsklage) oder der DE 74 75 XXX (Anlage K4 der Nichtigkeitsklage) mit einem elastomeren Körper mit Metallschienenarmierung nach der DE 21 21 XXX (Anlage K5 der Nichtigkeitsklage) nahegelegen habe.
  51. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
  52. Entscheidungsgründe
  53. A.
    Die zulässige Klage ist begründet.
  54. I.
    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Mit Triplik vom 08.11.2021 hat sie eine Bestätigung ihres Geschäftsführers als dem Patentinhaber zur Akte gereicht, welcher sich entnehmen lässt, dass ihr mündlich eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent eingeräumt worden ist (vgl. Anlage K 13). Diese Bestätigung ist von den Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt worden.
  55. II.
    Das Klagepatent betrifft eine Unterbauleiste für den Außenbereich, z.B. für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden, insbesondere Teerpappe, aufliegt und auf welche eine Trittfläche, insbesondere Bretter, gelegt wird (Abs. [0001]).
  56. In Abs. [0002] führt das Klagepatent aus, dass bereits Unterbauprofile für den Außenbereich bekannt waren, die zweiteilig ausgestaltet waren, und verweist exemplarisch auf die Druckschriften US 3 566 XXX A, US 3 596 XXX A, US 3 786 XXX A sowie die DE 10 2004 009 XXX A1, DE 697 20 XXX T2, US 5 394 XXX A oder die WO 2005/093XXX A1.
  57. Es wurden auf mit Teerpappe abgedichteten Balkonen häufig Holzbretter als Trittfläche aufgelegt, weil Teerpappe als solche dafür nicht geeignet ist. Auf diese Holzleisten wurden die eigentlichen Balkonbretter geschraubt, genagelt oder anderweitig befestigt, wie das Klagepatent in Abs. [0004] erläutert. Derlei Unterbauleisten waren zum Beispiel aus der DE 200 15 XXX U1 vorbekannt.
  58. An solchen vorbekannten Unterbaukonstruktionen kritisiert das Klagepatent, dass Bodenunebenheiten nicht ausreichend automatisch ausgeglichen werden und bei Verwendung von Holzteilen eine Verrottung droht (vgl. Abs. [0003]), mit der Konsequenz, dass der Unterbau großflächig erneuert werden muss.
  59. Das Klagepatent stellt sich daher, wie in Abs. [0006] formuliert, die Aufgabe, eine Unterbauleiste bereitzustellen, die den Nachteil des Verrottens oder Kaputtgehens behebt und zugleich automatisch ohne weitere Hilfsmittel einen relativ großen Bodenausgleich bewirkt. Es soll ein komfortables Trittgefühl entstehen. Ihrer Konstruktion nach soll eine erfindungsgemäße Unterbauleiste den Untergrund nicht beschädigen und nicht wegrutschen. Ein Verschrauben der Trittfläche gegen die Unterbauleiste soll möglich sein.
  60. Zur Lösung der erläuterten Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit nachfolgenden Merkmalen vor:
  61. 1. Unterbauleiste für den Außenbereich, zum Beispiel für Balkone oder Terrassen, welche auf einem Boden aufliegt und auf welche eine Trittfläche gelegt wird;
  62. 1.1 die Unterbauleiste ist als zweiteiliges Profil ausgebildet ist,
  63. 1.1.1 dessen einer Teil ein U-Profil aus Aluminium
    1.1.2 und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil aus Gummi oder Gummigranulat ist,
    1.1.3 welche gegeneinander zusammensteckbar sind, in Art eines Aufstülpens des U-Profils über das Vierkantprofil;
  64. 1.2 im zusammengesteckten Zustand steht das Vierkantprofil über die zwei Schenkel des U-Profils mehrere Millimeter hinaus,
  65. 1.3 die untere offene Seite des U-Profils weist zum Boden und der geschlossene obere Teil des U-Profils zeigt zur Trittfläche;
  66. 1.4 das Profil nimmt Schrauben der Trittfläche auf;
  67. 1.5 das U-Profil weist innen an den beiden Schenkeln Zacken auf, so dass das Vierkantprofil im U-Profil geklemmt wird.
  68. III.
    Da die Parteien zu recht nur über die Verwirklichung der Merkmale 1.1.1 sowie 1.4 streiten, sind Ausführungen der Kammer zu den weiteren Merkmalen entbehrlich.
  69. 1.
    In Merkmal 1.1.1 beansprucht das Klagepatent einen Teil der Unterbauleiste, der durch ein U-Profil aus Aluminium gebildet ist.
  70. Merkmal 1.1.1 ist Bestandteil der Merkmalsgruppe 1.1, die nähere Ausführungen zu dem zweiteiligen Profil, als welches die Unterleiste ausgebildet sein soll, enthält. So ist als weiterer Bestandteil einer erfindungsgemäßen Unterbauleiste neben dem Aluminium-U-Profil ein Vierkantprofil aus Gummi/Gummigranulat vorgesehen. Beide Teile sollen gegeneinander zusammengesteckt werden, um auf diese Weise eine einsatzbereite Unterbauleiste zu bilden.
  71. Mit dem U-Profil aus Aluminium macht das Klagepatent konkrete Material- sowie Formvorgaben. Unter einem U-Profil wird danach ein Bauteil erfasst, welches (im Querschnitt betrachtet) drei geschlossene Seiten und eine offene Seite aufweist. Es verfügt über Seitenwände bzw. zwei Schenkel und einen oberen geschlossenen Teil. In den dadurch bereitgestellten Innenraum kann ganz oder zumindest teilweise ein anderer Körper aufgenommen werden. Dieser andere Körper soll von drei Seiten umfasst werden und durch das U-Profil aus Aluminium fest gehalten werden. Zugleich trägt der geschlossene Teil zur Befestigung der Balkonbretter mit der Unterbauleiste bei.
  72. Bereits nach dem allgemeinen Sprachverständnis beschreibt u-förmig einen Gegenstand, der die Form des Buchstaben U aufweist. Herkömmlicherweise handelt es sich um Vorrichtungsbestandteile, die im Querschnitt an drei Seiten geschlossen und an einer geöffnet sind. Die Unterseite kann dabei rund oder waagerecht ausgestaltet sein. Damit bietet das rein-philologische Verständnis keinen Hinweis auf eine einzige denkbare Ausgestaltung eines U-Profils. Ausgehend von diesem allgemeinen Sprachverständnis ist nicht ersichtlich, dass im Bereich des Maschinenbaus/der Terrassenbeläge diesem Begriff eine andere Bedeutung beigemessen wird, wonach bestimmte Anforderungen an die drei Wandungen oder einen „Oberbau“ auf der geschlossenen Seite bestehen. Auch dort ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass im Profil, also im Querschnitt des Werkstoffs, eine U-Form zu erkennen ist. Wie diese aber im Einzelnen ausgestaltet ist, überlässt das Klagepatent dem Belieben des Fachmanns.
  73. Die Kammer kann nicht feststellen, dass der Fachmann das U-Profil als Hinweis auf eine einzige konkrete Ausgestaltung der drei Wandseiten des U begreift. Das Vorbringen der Beklagten zum angeblichen Fachwissen überzeugt nicht. Es repräsentiert zum einen nicht das maßgebliche Fachwissen zum Prioritätszeitpunkt. Die Beklagte hat lediglich auf Website-Auszüge von Wikipedia sowie auf eine Google-Recherche verwiesen, die allenfalls ein Indiz für ein fachmännisches Verständnis sein können, aber aus September 2021 stammen, weshalb sie keinen Rückschluss auf das fachmännische Verständnis im Prioritätszeitpunkt geben. Zum anderen schließen die überreichten Dokumente nicht aus, dass es auch U-förmige Bauteile geben kann, deren Wandstärke variiert.
  74. Ferner spricht gegen das erläuterte Verständnis nicht, dass sowohl ein U-Profil als auch ein Konstruktionsprofil je nach Technikgebiet einem bestimmten technischen Verständnis unterliegen. Denn das Klagepatent gibt keinen Anhaltspunkt, dass das erfindungsgemäße U-Profil einer ganz konkreten Ausgestaltung unterliegen soll.
  75. Das Klagepatent macht in der Beschreibung nur generelle Angaben zur Ausgestaltung der drei Seiten des U-Profils, welche sich außerdem nur auf dessen unteren geöffneten Bereich beziehen. So heißt es in Abs. [0008] und [0010] beispielsweise:
  76. Abs. [0008]:
    „[…] wobei vorgesehen ist, dass das U-Profil mit dem Vierkantprofil zusammengesteckt werden, wobei das U-Profil zwei Schenkel aufweist, über die das Vierkantprofil mehrere Millimeter hinaussteht, wobei die untere offene Seite des Vierkantprofils zum Boden weist und der geschlossene obere Teil des U-Profils zur Trittfläche zeigt, wobei das U-Profil innen an den beiden Schenkeln Zacken aufweist.“
  77. Abs. [0010]:
    „Das Vierkantgummiprofil steht mehrere Millimeter höher raus, über die Schenkel des Aluminium-U-Profils.“
  78. Konkrete Vorgaben für den geschlossenen Bereich sind nicht vorhanden.
  79. Es sind daher keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach Hohlkörperprofile vom Schutzbereich des Klagepatents nicht umfasst sein könnten. Denn das Klagepatent gibt in keiner Weise vor, wie die jeweiligen Wände des U-förmigen Aluminiums ausgestaltet sein müssen.
    Abs. [0008] lässt sich demgegenüber einzig der Hinweis entnehmen, dass der obere Bereich des U-Profils zur Trittfläche zeigen soll und mit dieser in Kontakt kommen kann. Dies wird von Abs. [0006], der die Aufgabe der erfindungsgemäßen Lehre darstellt, bereits angedeutet, weil es heißt:
  80. „[…] Auch soll ein Verschrauben der Trittfläche gegen die Unterbauleisten ermöglicht werden.“
  81. Dafür ist in räumlich-körperlicher Hinsicht des U-Profils lediglich erforderlich, dass eine Fläche bereitgestellt wird, die für diese Befestigung geeignet ist. Bestimmte Formanforderungen folgen daraus indes nicht, solange jedenfalls eine Verbindungsmöglichkeit gewährleistet ist.
  82. Dementsprechend lehrt die Beschreibung den Fachmann auch an anderer Stelle, dass das Vorsehen einer strengen U-Form für das Aluminium-Profil nicht erforderlich ist. In Abs. [0010] heißt es auszugsweise:
  83. „[…] Das U-Profil weist innen Ausbuchtungen auf. In diese Ausbuchtungen kann sich das Vierkantgummiprofil beim Bodenausgleich reinziehen. […].“
  84. Hier weicht die erfindungsgemäße Lehre von einer exakten U-Form ab und lässt das Hinzufügen gezielter Ausprägungen, welche gesondert von Unteranspruch 2 unter Schutz gestellt werden, zu.
  85. Die Figuren 1 und 3 der Klagepatentschrift, welche im Tatbestand wiedergegeben sind, bekräftigen das vorstehende Verständnis insoweit, als keine strenge U-Form eingehalten werden muss. Denn dort sind mit den Bezugsziffern 4, 4 a Ausbuchtungen im unmittelbaren Anschluss an das obere Teil markiert. Durch diese Ausbuchtungen verbleibt es bei zwei seitlichen Schenkeln und einem oberen Verbindungsstück zwischen diesen sowie einem Bereich, der ein Vierkantprofil als Gegenstück aufnehmen kann.
  86. Dieses Verständnis wird auch durch eine technisch-funktionale Betrachtungsweise unterstützt. Es kommt der erfindungsgemäßen Lehre darauf an, zwei komplementäre Elemente zur Verfügung zu stellen, von denen das U-förmige auf ein anderes ausgestülpt werden soll. Dafür ist nur erforderlich, dass diese Bestandteile miteinander korrespondierende Bereiche aufweisen. Eine strenge U-Form wird dafür nicht benötigt. Entscheidend ist ein flacher/waagerechter oberer Abschluss, um die Elemente der Trittfläche auf der Unterbauleiste befestigen zu können. Zudem ist dem Fachmann bewusst, dass das U-Profil nicht nur mit dem Vierkantprofil zusammenwirken soll, sondern auch mit den von oben kommenden Bodenplatten. Hierfür ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass das U-Profil eine zu diesen gewandte geschlossene Seite bereitstellt. Ein vollständig mit Material gefüllter Oberbereich wird dafür nicht benötigt.
  87. 2.
    Merkmal 1.4 besagt, dass das Profil Schrauben der Trittfläche aufnimmt.
  88. Das Klagepatent versteht unter dem Profil, das aus Aluminium bestehende U-Profil zusammengesetzt mit dem Vierkantprofil. Diese Vorrichtungsbestandteile sollen geeignet sein, die Schrauben der Trittfläche aufzunehmen. Es soll damit ein körperlicher Kontakt zwischen dem Profil und den (nicht beanspruchten) Schrauben hergestellt werden, sodass es zu einer festen Montage der (ebenfalls nicht beanspruchten) Trittfläche mit der Unterbauleiste kommt. Inwieweit eine Durchbohrung erfolgen soll, gibt das Klagepatent nicht im Detail vor.
  89. Das Verständnis, wonach das gesamte Profil der Aufnahme der Schrauben dienen soll, folgt bereits aus der Anspruchssystematik. Dort wird in Merkmal 1.1 die Unterbauleiste als zweiteiliges Profil beschrieben, womit das U-Profil aus Aluminium und das Vierkantprofil gemeint sind, die gemeinsam die Unterbauleiste bilden. Demgegenüber spricht das Klagepatent, wenn es die einzelnen Bestandteile der Unterbauleiste in den Blick nimmt, allein von dem U-Profil. Der Ausdruck des Profils wird für diesen Bereich regelmäßig nicht benutzt. Dies zeigt auch das dem Merkmal 1.4 vorhergehende Merkmal 1.3, welches die Ausrichtung des U-Profils beschreibt. Danach ist es der geschlossene obere Teil des U-Profils, der zur Trittfläche zeigt. Der Fachmann versteht es demgegenüber in Merkmal 1.4 als konkrete Vorgabe, wenn das Klagepatent hier das Profil insgesamt in den Blick nimmt und dieses zu Befestigungszwecken der Trittfläche bereitstellen will.
  90. Vorstehende Ausführungen finden Unterstützung in der Klagepatentschrift, weil diese keine Angaben dazu macht, an welchen Stellen in dem Profil die Schrauben aufgenommen werden sollen.
  91. Dabei kann dem Abs. [0006] noch kein konkreter Hinweis zu den an der Verschraubung mitwirkenden Vorrichtungselementen entnommen werden, weil es nur allgemein heißt:
  92. „[…] Auch soll ein Verschrauben der Trittfläche gegen die Unterbauleiste ermöglicht werden[…].“
  93. Abs. [0008] beschreibt demgegenüber,
  94. „[…] dass die Unterbauleiste als zweiteiliges Profil ausgebildet ist, dessen einer Teil ein U-Profil und dessen anderer Teil ein Vierkantprofil ist […].“
  95. Hierin erkennt der Fachmann in Entsprechung zum Anspruchswortlaut, dass das „Profil“ ein Bauteil ist, das sowohl das U-Profil als auch das Vierkantgummiprofil umfasst. Überall dort, wo das Klagepatent sodann dessen einzelne Bestandteile adressiert, nimmt es begriffliche Unterscheidungen vor und spricht nicht mehr von dem Profil.
  96. Diese grundsätzliche Unterscheidung der einzelnen Vorrichtungselemente ergibt sich auch aus anderen Beschreibungsabsätzen wie in [0017]. Dort wird zwischen einem ersten und einem zweiten Profil unterschieden, die jeweils ein U-Profil aufweisen und die durch entsprechende Positionierung des Vierkantprofils als Verbund verlegt werden können.
  97. Abs. [0016] bekräftigt, dass die Unterbauleiste als Ganze die Schrauben aufnehmen soll, wo es heißt:
  98. „Es werden Balkonbretter auf das Profil aufgeschraubt. […].“
  99. Die Figuren der Klagepatentschrift geben für das Verständnis des Aufnehmens von Schrauben zumindest keine gegenteiligen Anhaltpunkte, da die Verschraubung/Schrauben selbst nicht gezeigt werden. Allerdings ist den Figuren jeweils eine Markierungsrille zu entnehmen, die als Orientierung für eine mittige Befestigung der Balkonbretter dienen soll. Mithin soll die Verschraubung von oben kommend in die Unterbauleiste erfolgen. Das ergibt sich zudem aus der Mittellinie, welche ausgehend von der Markierungsrille in der Figur eingezeichnet wurde. Diese verläuft durch die gesamte Unterbauleiste und nicht nur durch einen Vorrichtungsbestandteil.
  100. Technisch-funktionale Erwägungen bekräftigen schließlich das aufgezeigte Verständnis. Die erfindungsgemäße Lehre will eine Unterbauleiste bereitstellen, um Balkonbretter auf sie auflegen und so eine Balkonoberfläche erhalten zu können. Entscheidend ist dazu, dass eine feste Verbindung zwischen diesen Bestandteilen hergestellt wird, wozu die Unterbauleiste, also das Profil, einen maßgeblichen Beitrag liefert.
  101. III.
    Ausgehend von vorstehenden Ausführungen macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents unmittelbaren Gebrauch.
  102. Die angegriffene Ausführungsform ist unstreitig so aufgebaut, dass sie oberhalb des Aluminium-Profilbereichs, der das Vierkantprofil aufnimmt, zwei Hohlkörper aufweist, die durch einen sog. Schraubkanal voneinander getrennt sind.
  103. 1.
    Diese Ausgestaltung verwirklicht Merkmal 1.1.1, weil es sich um ein U-Profil handelt. Dass dessen oberer, zur Trittfläche hin gewandter Teil mit Hohlkörpern versehen ist und dadurch im Vergleich zu den beiden Schenkeln erheblich dicker ausgestaltet ist, ist unschädlich. Dieser gesamte obere Bereich ist zum U-Profil hinzuzurechnen. Insbesondere ist die angegriffene Ausführungsform durch ihre U-Form in der Lage, mit dem Vierkantprofil zusammengesteckt zu werden und auf seiner Oberseite Trittflächen anzuordnen. Es handelt sich um eine nicht verrottende und Unebenheiten im Boden ausgleichende Unterbauleiste.
  104. 2.
    Indem Schrauben der Trittflächen in den Schraubkanal eingebracht werden können, kann das Profil Schrauben im Sinne des Merkmals 1.4 aufnehmen.
  105. Die angegriffene Ausführungsform ist geeignet, von Schrauben durchbohrt zu werden und zwar das Profil insgesamt – sowohl deren U-Profil als auch das sich daran anschließende Vierkantgummiprofil. Ob dies in jedem Fall tatsächlich erfolgt, ist unerheblich, weil durch das Hinzuziehen von Allerweltbestandteilen (Schrauben in diversen Längen) jedenfalls eine erfindungsgemäße Aufnahme von Schrauben durch das Profil herbeigeführt werden kann (vgl. BGH, GRUR 2006, 399 – Rangierkatze).
  106. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin ist bei der angegriffenen Ausführungsform das U-Profil genau an der Stelle, an der die Schrauben durch das Aluminium geschraubt werden müssen, etwas dicker ausgeführt, wie sich aus der nachfolgenden Abbildung ersehen lässt:
  107. Dies hat nach dem Vorbringen der Klägerin seine Ursache darin, dass zur fachmännischen Montage sowohl für die seitliche Verschraubung als auch für die Verschraubung von Trittflächen mit einem Aluminiumprofil eine Wandstärke von wenigstens 3 mm erforderlich ist, die die angegriffene Ausführungsform nur an den Stellen aufweist, in denen eine Verschraubung im Sinne einer Durchdringung des Aluminiums erfolgen kann und soll.
  108. Aus den Erläuterungen in den Produktunterlagen der Beklagten ergibt sich ferner, dass das Aluminium der Unterbauleiste mindestens an der in der vorstehenden Darstellung mit einem roten Kreis markierten Stelle durchbohrt wird.
  109. Dies ergibt sich aus dem Gesamtaufbau eines Terrassensystems unter Verwendung der angegriffenen Ausführungsform. Die Beklagten bieten für die Verschraubung beispielsweise selbstbohrende Schrauben (Speedfixschrauben 5.5 x 45 mm) an. Wie sich aus dem untenstehenden mit von der Klägerin mit grünen Pfeilen versehenen Auszug aus dem Produktkatalog ergibt:
  110. Geht man von einer Diele mit einer Standardhöhe von 25 mm und der empfohlenen, aber nicht notwendigen Verwendung von Abstandhaltern 6 mm aus, und addiert hierzu die Höhe der angegriffenen Unterbauleiste ab der Unterkante der Fläche, an der das quaderförmige Gummiprofil anliegt, von etwa 11 mm, hinzu, kommt man in der Summe auf 42 mm, sodass diese Schraube mit einer Länge von 45 mm das verstärkte Material um ca. 3 bis 4 mm durchdringt und von dem Gummiprofil, das bei der angegriffenen Ausführungsform ca. 6 bis 7 mm dick ist, aufgenommen wird.
  111. Gegenteiliges Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach Schrauben allenfalls in den Schraubkanal eingebracht und deshalb vom Profil nicht aufgenommen würden, vermochte die Kammer nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Denn, selbst wenn mit der in der mündlichen Verhandlung präsentierten Schraube tatsächlich keine Bohrung bis in das Vierkantprofil realisiert werden könnte, sind andere Schrauben am Markt erhältlich, die dazu geeignet sind.
  112. IV.
    Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich die nachfolgenden Rechtsfolgen:
  113. 1.
    Da die Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind sie gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.
  114. 2.
    Die Beklagten trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Denn die Beklagten als Fachunternehmen bzw. deren Geschäftsführer hätten bei Anwendung der von ihnen im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schulden die Beklagten daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, § 139 Abs. 2 PatG.
  115. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagten hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
  116. 3.
    Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen, § 140b PatG sowie §§ 259, 242 BGB.
  117. Sowohl für den Auskunfts- als auch für den Rechnungslegungsanspruch sind der Klägerin nach der mittlerweile etablierten Rechtsprechung der Düsseldorf Kammern (vgl. LG Düsseldorf, Urteil v. 21. September 2017, Az. 4a O 18/16, Rz. 224, zitiert nach juris; Kühnen, a.a.O., Kap. D, Rn. 647) die Angaben auch in elektronisch auswertbarer Form zu übermitteln. Angesichts der weitgehenden Digitalisierung der Geschäftswelt kann ein Anspruch darauf bestehen, die Rechnungslegung neben der schriftlichen Form zusätzlich in elektronischer Form zu verlangen, soweit die entsprechenden Belege bei den Beklagten auch bereits elektronisch vorliegen. Es steht der Klägerin daher nicht auch zu, dass die Beklagte die bei ihr vorhandenen Dokumente in eine elektronisch Form überführt.
  118. 4.
    Die Beklagte zu 1) ist nach § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise auch zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet.
  119. 5.
    Die Beklagten schulden der Klägerin zudem gesamtschuldnerisch Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 677, 670, 683 BGB.
  120. Anerkanntermaßen sind für die Erstattung der Abmahnkosten die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwenden (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. C, Rn. 39). Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung berechtigt war, also die geltend gemachten Ansprüche im Zeitpunkt der Abmahnung bestanden. Dies schließt ein, dass dem Abmahnenden das geltend gemachte Recht zustand. Diese Voraussetzungen sind erfüllt; dem Kläger standen die geltend gemachten Ansprüche zu – zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen zur Verletzung des Klagepatents Bezug genommen.
  121. Auch an der Höhe des geltend gemachten Anspruchs bestehen keine Bedenken. Der mit 200.000,- Euro angesetzte Gegenstandswert ist angemessen und unterliegt keiner Kritik der Beklagten. Die mit dem Faktor 1,5 berechnete Geschäftsgebühr ist ebenso wenig zu beanstanden. Regelmäßig ist die abzurechnende Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei dem Anspruchsinhaber ein Toleranzbereich von 20 % zugebilligt wird, ausgehend von der 1,3-fachen Rahmengebühr. Diese Toleranz kommt insbesondere in Patentstreitigkeiten zur Anwendung (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. C, Rn. 58).
  122. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
  123. VI.
    Der Rechtsstreit war nicht auszusetzen.
  124. Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass die im Wege der Nichtigkeitsklage vorgebrachten Einwände gegen den Rechtsbestand des Klagepatents überwiegend wahrscheinlich erfolgreich verlaufen würden. Nach Auffassung der Kammern (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; GRUR 2014, 1237 ff. – Kurznachrichten) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.
  125. Wenn das Klagepatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungs-vollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen An-griff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten).
  126. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass das Klagepatent wegen des Einwands der mangelnden Erfindungshöhe widerrufen wird.
  127. 1.
    Nach § 4 PatG gilt eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; BGH, GRUR 2010, 407 – einteilige Öse). Es bedarf positiver Anregungen im Stand der Technik, in Richtung des Klagepatents weiter zu denken. Der Fachmann muss auf die Problemstellung kommen, die dem Klagepatent zugrunde liegt und er muss Hinweise bekommen, dass man dieses Problem mit Mitteln des Klagepatents löst. Dies ist auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes im vorliegenden Fall nicht feststellbar.
  128. 2.
    Schon aus formalen Gründen kann der Einwand der mangelnden Rechtsbeständigkeit vorliegend keinen Erfolg haben. Die Beklagten stützen sich auf insgesamt drei unterschiedliche Kombinationen von Druckschriften, die Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens sein und die erfindungsgemäße Lehre nahelegen sollen. Allerdings haben die Beklagten nur pauschal auf diese, auch nicht eigens im hiesigen Verfahren als Anlagen zur Akte gereichten Druckschriften Bezug genommen. Der Inhalt dieser Druckschriften wird in keiner Weise wiedergegeben. Dies ist, ausweislich des gerichtlichen Hinweises in der prozessleitenden Verfügung nicht ausreichend. Daran ändern auch die ergänzenden Ausführungen in der Duplik nichts, weil sie weiterhin ohne konkrete Bezugnahme auf eine der vier angeführten Druckschriften erfolgen.
  129. 3.
    Aber auch in der Sache greift der Einwand nicht durch.
  130. Es fehlt zunächst – auch angesichts der Kritik der Klägerin – an hinreichendem Vortrag der Beklagten, wonach es für einen Fachmann naheliegend ist, ausgehend von nur einem Maschinenfuß eine gesamte Unterbauleiste zu entwickeln. Dies dürfte eine erfinderische Tätigkeit beinhalten und mehr als bloß eine (evtl. noch im fachmännischen Können liegende) Formänderung erfordern, zumal die beanspruchte U-Form nicht um ihrer selbst willen entwickelt wurde, sondern gerade mit Blick auf das Vierkantprofil.
  131. Außerdem legen die Beklagten nicht konkret dar, welches Merkmal durch welche Druckschrift offenbart bzw. nahegelegt werden soll. Der bloße Verweis, alle Merkmale seien bereits zum Anmeldetag Stand der Technik gewesen, genügt nicht.
  132. Schließlich fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, weshalb der Fachmann einen Anlass haben sollte, die drei einen Maschinenfuß betreffenden Druckschriften (Anlagen K2 bis K4 der Nichtigkeitsklage) mit einer solchen, die einen elastomeren Körper mit Metallschienenarmierung betrifft (Anlage K5), zu kombinieren. Die zu kombinierende Druckschrift betrifft einen anderen Fachbereich als die hier streitgegenständlichen Unterkonstruktionen für Terrassen; sie bezieht sich nämlich auf Fugendichtung für Brücken und andere Bauwerke. Umso mehr hätte es daher Erläuterungen bedurft, dass der Fachmann auf diese Druckschrift zurückgegriffen hätte, um zur erfindungsgemäßen Lehre zu gelangen.
  133. B.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
  134. Der Streitwert wird auf 200.000,- Euro festgesetzt, wobei er sich auf die einzelnen Ansprüche wie folgt aufteilt:
  135. Unterlassung: 120.000,00 €
    Schadensersatzfeststellung: 20.000,00 €
    Auskunft: 40.000,00 €
  136. Rückruf: 10.000,00 €
    Vernichtung: 10.000,00 €.
  137. Dabei haften die Beklagten hinsichtlich der Schadensersatzfeststellung als Gesamtschuldner.

Schreibe einen Kommentar