I-2 U 26/21 – Anteilsübertragung

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3198

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 13. Januar 2022, I-2 U 26/21

Vorinstanz: 4c O 28/20

  1. I. Die Berufung gegen das am 29.07.2021 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
  2. II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  3. III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund der Urteile erster und zweiter Instanz vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
  4. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
  5. V. Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
  6. Gründe
  7. I.
  8. Die Klägerin ist Mitinhaberin des europäischen Patents EP 2 627 XXA (Anlage MD 6b; nachfolgend: EP‘XXA), welches den Titel „Schienentransportsystem für die Beladung und Entladung der Kombüse eines Flugzeugs“ trägt. Erfinder und ehemaliger alleiniger Inhaber des EP‘XXA ist B, der mit Übertragungsvertrag vom 17.08.2015 (Anlage B 5) einen Anteil von 35 % an dem EP‘XXA sowie weiteren auf derselben Erfindung beruhenden angemeldeten und künftigen Schutzrechten an die Klägerin übertragen hatte.
  9. Da die Klägerin über keine eigene Produktionsstätte verfügte, entschloss sie sich im Jahr 2016, die Firma C GmbH (nachfolgend: „C“), deren Geschäftsführer der Beklagte sowie D waren, mit der Produktion entsprechender Schienentransportsysteme zu beauftragen. „C“ beschäftigt sich mit der Optimierung von Abläufen in der Airline-Catering-Branche, insbesondere unter Rückgriff auf Automatisierungsfunktionen.
  10. Unter dem 08./09.02.2016 schlossen die Klägerin („Auftraggeber“) und „C“ („Auftragnehmer“), letztere vertreten durch die beiden Geschäftsführer, einen Produktions-Rahmenvertrag (Anlage MD 1; nachfolgend: erster Produktions-Rahmenvertrag). Gegenstand dieses Vertrages ist die Herstellung einer noch zu bestimmenden Anzahl von näher bestimmten Schienentransportsystemen sowie eines Prototyps durch „C“ (§ 1). Für die Herstellung der in § 1 beschriebenen Werke soll „C“ nach dem Vertrag eine einmalige Vergütung, basierend auf den Herstellungskosten und einer Pauschale von 1.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer erhalten (§ 3 Abs. 1). § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages lautet:
  11. 㤠4 Rechte
  12. Der Auftragnehmer erwirbt an den Ergebnissen des in § 1 beschriebenen Werkes kein Eigentum oder sonstige Rechte. Alle Nutzungs- und Verwertungsrechte sowie Rechte an Weiterentwicklungen an dem erstellten Werk stehen dem Auftraggeber zu.“
  13. Mit E-Mails vom 29.07.2016 und 23.08.2016 (Anlagenkonvolut MD 2) übersandte Herr D Lichtbilder eines teilmotorisierten Testfeldes an die Klägerin. Das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild ist der E-Mail vom 23.08.2016 entnommen:
  14. Am 24.10.2016 meldeten Herr D und der Beklagte beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Bezeichnung „Schienenmodul mit Schienenabschnitten und mit einem Linearantrieb, Wagen für ein Schienenmodul und Schienentransportsystem“ im eigenen Namen eine Erfindung zum Patent an, welches schließlich unter der Nummer DE 10 2016 120 XXB (vorgelegt als Teil des Anlagenkonvoluts MD 4; nachfolgend: DE‘„XXB“) erteilt wurde. Die Patenterteilung wurde am 21.12.2017 veröffentlicht. Als Erfinder des DE‘„XXB“ sind in der Patentschrift Herr D und E benannt.
  15. Ebenfalls am 24.10.2016 meldeten Herr D und der Beklagte unter der Bezeichnung „Laufschienensystem“ eine weitere Erfindung im eigenen Namen zum Patent an, welches bislang nicht erteilt wurde. Die Offenlegungsschrift trägt das Aktenzeichen DE 10 2016 120 XXC (Anlage MD 5 = MD 9; nachfolgend: DE‘XXC). Die Erfinder sollen ausweislich der DE‘XXC später genannt werden.
  16. Mit E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage MD 3) übersandte Herr D verschiedene Konstruktionszeichnungen mit der Bitte um Prüfung an die Klägerin. In der E-Mail heißt es:
  17. „Sehr geehrter Herr Dr. F,
  18. Sie finden in der Anlage die gewünschten Zeichnungen zur Ansicht. Ich würde Sie bitten Diese zeitnah zu prüfen. Wie mit Ihnen in unserem Gespräch vom 09.11.2016 vereinbart, sind diese Konstruktionszeichnungen das geistige Eigentum der C- GmbH und werden Ihnen zum Zwecke der Qualitätskontrolle zur Verfügung gestellt. Eine darüberhinausgehende Verwendung bedarf unserer Genehmigung. […]“
  19. Unter dem 28.08./06.09.2017 schlossen die Klägerin („Auftraggeber“ oder „G“) und „C“ („Auftragnehmer“) einen weiteren Produktions-Rahmenvertrag (Anlage B 6; nachfolgend: zweiter Produktions-Rahmenvertrag), der unter anderem folgende Regelungen enthält:
  20. 㤠1 Ersetzung des bisherigen Vertrages
  21. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dieser Vertrag den ursprünglich mit dem bisherigen Auftragnehmer durch Unterschriften vom 08.02.2016 und 09.02.2016, mit Ausnahme der Regelungen betreffend den Prototyp in §§ 1, 2 Abs. vollständig ersetzen soll. Der bisherige Vertrag verliert mit Ausnahme der vorstehenden Regelung mit Unterschrift derjenigen Partei seine Gültigkeit, die den Vertrag zuletzt unterschreibt.
  22. § 2 Vertragsgegenstand
  23. […]
  24. (3) Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber jede technische Verbesserung oder Weiterentwicklung (im Folgenden nur „Entwicklung“) des Produktionsdesigns
    oder des Produktionsvorgangs unverzüglich schriftlich anzeigen. Der Auftraggeber verpflichtet sich dazu, Schutzrechte für Erfindungen im eigenen Namen in Übereinstimmung mit „C“ anzumelden, behält sich jedoch vor, die voraussichtlichen Schutzrechte zu kommentieren. „C“ verpflichtet sich, G bei der Schutzrechtsanmeldung durch die Zurverfügungstellung der entsprechenden Informationen zu unterstützen.“
  25. Ebenfalls unter dem 28.08./06.09.2017 schlossen die Klägerin („G“) und „C“ eine mit „Übertragung von Schutzrechten“ betitelte Vereinbarung (Anlage B 7; nachfolgend: Übertragungsvereinbarung), die auszugsweise wie folgt lautet:
  26. „Präambel
  27. Die G ist zu 35 % Mitinhaber an den Schutzrechten des Schienentransport-Systems (nachfolgend: „STS“), welches unter anderem unter der Nummer EP 2627XXA als Patent geschützt ist. Eine Liste der Schutzrechte ist dieser Vereinbarung als Anlage G1 beigefügt. Basierend darauf haben die Parteien einen Produktions-Rahmenvertrag und einen Verkaufs-Rahmenvertrag bzgl. der Herstellung und dem Vertrieb des STS abgeschlossen.
    Die Parteien sind übereingekommen, dass alle Neu- und Weiterentwicklungen, die über die oben genannten Patente hinausgehen, der „C“ gehören sollen. Sie haben sich daher darauf geeinigt, dass die Erfindungen/Schutzrechte zunächst von G im eigenen Namen angemeldet werden sollen, danach aber vollständig an die „C“ übergehen.
  28. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
  29. § 1 Übertragungsangebot
  30. Die G verpflichtet sich, sämtliche Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen, die auf die Entwicklungen der „C“ bzw. Entwicklungsmeldungen gem. § 4 Produktionsrahmenvertrag v. 08.02.2016 & 09.02.2016 sowie gem. § 2 Abs. 3 S. 1 des Produktionsrahmenvertrags vom 28.08./06.09.2017 zurückgehen, spätestens drei Monate nach Eingang der jeweiligen Mitteilung des Aktenzeichens durch das jeweilige Patent- und Markenamt, Zug um Zug gegen Ausgleich der Anmeldekosten vollständig auf die „C“ zu übertragen. Die G behält an diesen Schutzrechten/-anmeldungen keine eigenen Rechte.“
  31. Unter Inanspruchnahme der Priorität der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Anmeldung vom 24.10.2016 und des internationalen Anmeldedatums 24.10.2017 nahmen Herr D und der Beklagte die folgenden weiteren Anmeldungen im eigenen Namen vor:
  32.  Die US-amerikanische Patentanmeldung US 2019/0337XXD (in englischer Sprache vorgelegt als Teil des Anlagenkonvoluts MD 4; nachfolgend: US‘XXD),
  33.  die chinesische Patentanmeldung CN 110191XXE (in chinesischer Sprache vorgelegt als Teil des Anlagenkonvoluts MD 4; nachfolgend: CN‘XXE),
  34.  die internationale Patentanmeldung WO 2018/077XXF (in deutscher Sprache vorgelegt als Teil des Anlagenkonvoluts MD 4; nachfolgend: WO‘XXF), als EuroPCT-Anmeldung veröffentlicht unter der Nummer EP 3504XXG (Hinweis des DPMA zu einer EuroPCT-Anmeldung vorgelegt als Teil des Anlagenkonvoluts MD 4; nachfolgend: EP‘XXG).
  35. Hinsichtlich einer weiteren US-amerikanischen Patentanmeldung, als deren Inhaberin „C“ im Register eingetragen ist, hat die Klägerin die Klage in erster Instanz zurückgenommen.
  36. Die Klägerin („Zedentin“) schloss mit der „H“ („Zessionarin“; nachfolgend auch: „H“), beide Parteien vertreten durch Dr. F als vertretungsberechtigtes Organ, am 21.04.2021 mit Ergänzung vom 25.08.2021 – insoweit nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils – einen notariell beurkundeten Abtretungsvertrag (Anlage MD 11), in dem es auszugsweise heißt:
  37. „1. Die Zedentin hat Forderungen gegenüber der C GmbH, […]. Hintergrund der Forderungen sind die zwischen der Zedentin und der C GmbH geschlossenen Produktions- und Verkaufsrahmenverträge vom 25. August 2017. Die Verträge werden als Kopie beigefügt in Anlage MD1.
  38. Gegenstand der Abtretung sind bereits bestehende Forderungen sowie zukünftig mögliche Zahlungsansprüche, Schadensersatzansprüche und patentrechtliche Vindikationsansprüche der Zedentin gegenüber der C GmbH sowie aller Vertragsunterzeichner persönlich. Die Ansprüche ergeben sich unmittelbar aus den in Anlage MD1 beigefügten Verträgen.
  39. 2. Die Zessionarin ist zur Geltendmachung der Forderungen im eigenen Namen befugt.
  40. 3. […]
  41. 4. Die Zedentin tritt diese Forderungen hiermit an die Zessionarin ab.
  42. 5. Die Zessionarin nimmt die Abtretung hiermit an.“
  43. In der Ergänzungsurkunde vom 25.08.2021 heißt es unter anderem:
  44. „Die Ziff. 2 des Abtretungsvertrages lautet […] nunmehr:
  45. 2. Die Zessionarin ist zur Geltendmachung der Forderungen im eigenen Namen befugt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Zedentin die Forderungen weiterhin – insbesondere gerichtlich – geltend machen kann.“
  46. Ebenfalls am 25.08.2021 schlossen die Klägerin und „H“ zwei weitere notariell beurkundete Abtretungsverträge (Anlagen MD 10, MD 12), in denen als Hintergrund der abgetretenen Forderungen der zwischen der Klägerin und „C“ geschlossene „Produktions-Rahmenvertrag vom 8./9./11. August 2016“ bzw. der „Vertrag über die Übertragung von Schutzrechten vom 9. Juni/28. August/6. September 2017“ bezeichnet wird und die im Übrigen im Wesentlichen der ergänzten Fassung der Anlage MD 11 entsprechen.
  47. Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, ihr stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Übertragung bzw. Abtretung und Zustimmung zur Umschreibung seiner Anteile an dem DE‘„XXB“ und an den DE‘XXC, US‘XXD, CN‘XXE, WO’XXF und EP‘XXG zu. Jedenfalls stehe ihr, was sie hilfsweise verlangt hat, ein Anspruch auf Einräumung einer Mitberechtigung an dem Anteil des Beklagten an dem DE‘„XXB“ bzw. auf Teilung der Anmeldungen und Übertragung der Teilanmeldungen zu. Zudem könne sie infolge der unberechtigten Anmeldungen Schadenersatz dem Grunde nach verlangen.
  48. Der Beklagte, der um Klageabweisung gebeten hat, hat erstinstanzlich die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf mit dem Argument gerügt, aufgrund der im ersten Produktions-Rahmenvertrag enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung sei das Landgericht Frankfurt am Main örtlich ausschließlich zuständig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil er weder zur Vindikation noch zum Schadenersatz verpflichtet sei.
  49. Durch Urteil vom 29.07.2021 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
  50. Die Klage sei zulässig, insbesondere sei das angerufene Gericht örtlich zuständig. Dem stünden die in den beiden Produktions-Rahmenverträgen enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarungen nicht entgegen, weil sich die Klage gegen den Beklagten als Privatperson richte.
  51. Allerdings sei die Klage unbegründet, da der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein durchsetzbarer Anspruch auf (anteilige) Übertragung bzw. Abtretung und Umschreibung der streitgegenständlichen Patentanmeldungen bzw. Patente zustehe.
  52. Wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstelle, dass es sich jedenfalls bei der der DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Erfindung um eine Weiterentwicklung der von ihr eingebrachten technischen Lehre des EP‘XXA handele, sei die Klägerin allerdings Berechtigte im Sinne des § 8 PatG. Es bestünden dann keine hinreichenden Zweifel daran, dass sich die Klägerin mit § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages – der für Sachverhalte vor Abschluss des zweiten Produktions-Rahmenvertrages seine Gültigkeit nicht verloren habe – auch die Rechte an dieser Weiterentwicklung vorbehalten habe.
  53. Der Beklagte könne den Ansprüchen der Klägerin jedoch den Einwand unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegenhalten, weil diese eine Leistung fordere, die sie alsbald zurückgewähren müsste. Aus der Übertragungsvereinbarung ergebe sich, dass auch solche Weiterentwicklungen ausschließlich „C“ zustünden, die bereits während der Gültigkeit des ersten Produktions-Rahmenvertrages entstanden seien. In der Folge hätte die Klägerin die Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen – wenn es sich bei den diesen zugrunde liegenden Erfindungen sämtlich um Weiterentwicklungen im Sinne der Rahmenverträge handeln sollte – unverzüglich wieder an „C“ zu übertragen. Dem Einwand aus § 242 BGB stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin die Schutzrechte nicht an den Beklagten, sondern an „C“ zu übertragen hätte. Denn aus der Sicht der Klägerin und des Beklagten spiele es keine Rolle, ob die Schutzrechte an den Beklagten oder an seine Firma abzugeben seien.
  54. Ob es sich bei den streitgegenständlichen Patenten bzw. Patentanmeldungen um wesensgleiche Erfindungen handele, bedürfe angesichts des durchgreifenden Treuwidrigkeitseinwandes keiner Entscheidung mehr.
  55. Hiergegen richtet sich die am 26.08.2021 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt und zu dessen Rechtfertigung sie im Wesentlichen geltend macht:
  56. Das Landgericht habe zu Unrecht einen Fall unzulässiger Rechtsausübung angenommen. Die widerrechtliche Entnahme sei schließlich bereits im Jahr 2016 erfolgt und damit vor Abschluss der Übertragungsvereinbarung, die das Landgericht im Rahmen des § 242 BGB zugrunde lege. Zudem müsse man, wenn man die Übertragungsvereinbarung heranziehe, auch die Rechtsfolgen der widerrechtlichen Entnahme durch den Beklagten in die rechtliche Würdigung einstellen. Diese habe schuldrechtlich dazu geführt, dass es ihr, der Klägerin, von Anfang an unmöglich gewesen sei, eine Rechtsübertragung an „C“ vorzunehmen. Insofern sei es für die Wertung im Rahmen des § 242 BGB von besonderer Relevanz, dass diese Unmöglichkeit von dem Beklagten zu vertreten sei, der die widerrechtliche Entnahme zu verantworten habe. Vor diesem Hintergrund widerspreche es gerade Treu und Glauben, ihr, der Klägerin, eine Einrede aus § 242 BGB entgegenzuhalten.
  57. Zu der vom Landgericht offen gelassenen Wesensgleichheit habe sie bereits in erster Instanz ausführlich vorgetragen. So habe sie eine differenzierte Merkmalsanalyse zu dem streitgegenständlichen Schienentransportsystem als Anlage MD 8 vorgelegt, aus der sich eine vollständige Übereinstimmung beim Hauptanspruch ergebe, wobei das letzte Merkmal dem Stand der Technik entnommen sei. Dies indiziere deutlich die widerrechtliche Entnahme. Hinsichtlich des Laufschienensystems habe sie darauf verwiesen, dass eine deutliche Übereinstimmung zwischen Auftragsarbeit und Konstruktionszeichnungen bestehe. Im Übrigen habe sie mittels einer weiteren vorgelegten Merkmalsanalyse gemäß Anlage MD 6a gezeigt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Anmeldungen um Weiterentwicklungen im Sinne von § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages handele.
  58. Die Klägerin beantragt,
  59. I. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf zum Az. 4c O 28/20 vom 29.07.2021 den Beklagten zu verurteilen, die nachstehenden Schutzrechte auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, zu übertragen bzw. die Rechte daran abzutreten sowie einer Umschreibung in Höhe seines Anteils an
  60. 1. dem deutschen Patent mit der Bezeichnung „Schienenmodul mit Schienenabschnitten und mit Linearantrieb, Wagen für ein Schienenmodul und Schienentransportsystem“, angemeldet am 24. Oktober 2016, amtliches Aktenzeichen DE 10 2016 XXB,
  61. 2. der US-amerikanischen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen US 2019/0337XXD,
  62. 3. der chinesischen Patentanmeldung mit amtlichem Aktenzeichen CN 110191XXE, angemeldet am 24. Oktober 2017,
  63. 4. der europäischen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen EP 3 504 XXG,
  64. 5. der internationalen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen WO 2018/077XXF,
  65. 6. der deutschen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Laufschienensystem“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen DE 10 2016 120 XXC,
  66. in dem jeweiligen Patentregister auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, zuzustimmen und die zur Umschreibung notwendigen Erklärungen gegenüber den jeweiligen Patentämtern abzugeben;
  67. II. hilfsweise zu dem Klageantrag zu I., den Beklagten jeweils bezüglich seines Anteils in Höhe von 50 % zu verurteilen,
  68. 1. ihr, der Klägerin, hilfsweise der „H“, eine Mitberechtigung an dem deutschen Patent mit der Bezeichnung „Schienenmodul mit Schienenabschnitten und mit Linearantrieb, Wagen für ein Schienenmodul und Schienentransportsystem“, angemeldet am 24. Oktober 2016, amtliches Aktenzeichen DE 10 2016 120 XXB, einzuräumen,
  69. 2. der Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, der US-amerikanischen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen US 2019/0337XXD, zuzustimmen,
  70. 3. der Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, der chinesischen Patentanmeldung mit amtlichem Aktenzeichen CN 110191XXE, angemeldet am 24. Oktober 2017, zuzustimmen,
  71. 4. der Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, der europäischen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen EP 3 504 XXG , zuzustimmen,
  72. 5. der Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, der internationalen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rail module having rail portions and having linear drive, carriage for a rail module and rail transport system“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen WO 2018/077XXF, zuzustimmen,
  73. 6. der Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, der deutschen Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Laufschienensystem“, angemeldet am 24. Oktober 2017, amtliches Aktenzeichen DE 10 2016 120 XXC, zuzustimmen,
  74. sowie der anteiligen Umschreibung in dem jeweiligen Patentregister auf sie, die Klägerin, hilfsweise auf die „H“, zuzustimmen und die zur Umschreibung notwendigen Erklärungen gegenüber den jeweiligen Patentämtern abzugeben;
  75. III. […]
  76. IV. festzustellen, dass der Beklagte ihr, der Klägerin, hilfsweise der „H“, zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet ist, der der Klägerin durch die unberechtigte Anmeldung der unter Ziff. I. bzw. II. genannten Patentanmeldungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird.
  77. Der Beklagte beantragt,
  78. die Berufung zurückzuweisen.
  79. Er rügt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und weist auf die fehlende Anwendbarkeit deutschen Rechts hin, soweit die Klägerin auch die Abtretung ausländischer Patentanmeldungen verlangt. Im Übrigen verteidigt er das Ergebnis des angefochtenen Urteils und tritt den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt entgegen:
  80. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass den Ansprüchen der Klägerin der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegenstehe, weil diese etwas verlange, was sie alsbald wieder herausgeben müsste. Darüber hinaus verstoße die Klägerin auch wegen eines widersprüchlichen Verhaltens gegen § 242 BGB. Denn sie leite ihre Rechte aus § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages ab, obgleich sich aus den zwei Folgevereinbarungen ergebe, dass sie auf die Rechte an Weiterentwicklungen verzichtet habe. Nach dem zweiten Produktions-Rahmenvertrag, der den ersten Produktions-Rahmenvertrag habe ersetzen sollen, sei die Regelung in § 4 S. 2 ersatzlos entfallen. Auch aus der Übertragungsvereinbarung ergebe sich, dass insoweit keine Rechte bei der Klägerin verblieben seien.
  81. Entgegen der Ansicht des Landgerichts fehle es allerdings auch an einer Berechtigung der Klägerin für die geltend gemachten Vindikationsansprüche, weil die Regelung in § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages nicht mehr, auch nicht auf Altfälle, anwendbar sei.
  82. Bei den streitgegenständlichen Anmeldungen handele es sich im Übrigen weder um „Weiterentwicklungen“ im Sinne des ersten Produktions-Rahmenvertrages noch bestehe die für einen Vindikationsanspruch nach § 8 PatG erforderliche Wesensgleichheit. Der Vortrag der Klägerin hierzu erschöpfe sich, wie auch bereits in erster Instanz, in einem Verweis auf Anlagen und Rechtsprechung und bleibe damit unsubstantiiert. Tatsächlich unterschieden sich die beanstandeten Anmeldungen grundlegend von dem Gegenstand der beiden Produktions-Rahmenverträge und hätten allenfalls als allgemeines Konzept die Verwendung eines Transportwagens zum Transport von Catering-Wagen auf Schienen gemein. Demgegenüber sei der Schutzumfang des EP‘XXA deutlich enger.
  83. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihre Rechtsstellung unredlich erlangt habe, indem sich ihr Geschäftsführer, der Patentanwalt Dr. F, unter Verstoß gegen die Patentanwaltsordnung eine Beteiligung an Schutzrechten von dem Erfinder B gesichert habe.
  84. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen verwiesen.
  85. II.
  86. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
  87. A.
  88. Die Zulässigkeit der Klage kann hinsichtlich des Feststellungsbegehrens der Klägerin offen bleiben und steht im Übrigen fest.
  89. 1.
    Die – auch im Berufungsrechtszug zu prüfende (vgl. BGH, NJW 2004, 1456) – internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist auch im Hinblick auf die von der Klägerin verlangte Abtretung nicht deutscher Patentanmeldungen gegeben.
  90. a)
    Diese folgt insoweit aus dem allgemeinen Gerichtsstand des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), weil der Beklagte seinen Wohnsitz in Deutschland hat.
  91. aa)
    Der Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 EuGVVO ist sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher (räumlicher) Hinsicht eröffnet, womit die nationalen Zuständigkeitsvorschriften verdrängt werden (vgl. MüKoZPO-Gottwald, 6. Aufl., Art. 4 Brüssel Ia-VO Rz. 9). Dem steht nicht entgegen, dass beide Parteien ihren (Wohn-) Sitz in Deutschland haben und dass der Sachverhalt – soweit es sich bei den Schutzstaaten der ausländischen Patentanmeldungen um Drittstaaten handelt – keinen Bezug zu einem weiteren Mitgliedstaat aufweist.
  92. Zwar ist für die räumliche Anwendbarkeit der EuGVVO ein Auslandsbezug erforderlich (EuGH, EuZW 2005, 345, 347 – Owusu/Jackson u.a. zur EuGVÜ; NJW 2014, 530 – Armin Maletic u.a./lastminute.com GmbH u.a. zur VO Nr. 44/2001; Geimer/Schütze-Paulus, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 62. EL, Vorb. zu Art. 4 ff. EuGVVO Rz. 15; Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 18. Aufl., Art. 4 EuGVVO Rz. 2). Insoweit ist aber jeder grenzüberschreitende Anknüpfungspunkt ausreichend, es muss sich nicht um den (Wohn-) Sitz einer oder beider Parteien handeln (Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 18. Aufl., Art. 4 EuGVVO Rz. 2). Darüber hinaus ist zu Art. 4 Abs. 1 EuGVVO – wie auch bereits zu dessen Vorgängervorschriften – anerkannt, dass ein Bezug zu einem weiteren Mitgliedstaat nicht erforderlich ist und auch solche Sachverhalte in den räumlichen Anwendungsbereich der Vorschrift fallen, die nur einen einzigen Mitgliedstaat und einen Drittstaat betreffen (EuGH, NJW 2000, 3121, 3123 – Group Josi; EuZW 2005, 345, 347 – Owusu/Jackson u.a., jeweils zu Art. 2 EuGVÜ; NJW 2014, 530 – Armin Maletic u.a./lastminute.com GmbH u.a. zu Art. 2 der VO Nr. 44/2001; Geimer/Schütze-Paulus, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 62. EL, Vorb. zu Art. 4 ff. EuGVVO Rz. 18). Dies gilt auch für die Konstellation, dass sowohl Kläger als auch Beklagter ihren Wohnsitz in demselben Mitgliedstaat haben und das streitige Ereignis in einem Drittstaat stattgefunden hat (EuGH, EuZW 2005, 345, 347 – Owusu/Jackson u.a. zu Art. 2 EuGVÜ; Musielak/Voit-Stadler, 18. Aufl., Art. 4 EuGVVO Rz. 2).
  93. Nach diesen Grundsätzen ist der erforderliche Auslandsbezug ungeachtet der Tatsache begründet, dass beide Parteien in Deutschland ansässig sind. Um einen rein innerdeutschen Sachverhalt handelt es sich mit Blick auf die Schutzstaaten der herausverlangten Patentanmeldungen, die einen grenzüberschreitenden Anhaltspunkt begründen, nicht. Soweit es sich bei dem Schutzland der herausverlangten Anmeldung um einen Drittstaat handelt, es also an einem Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat fehlt, steht auch dies der Anwendbarkeit der EuGVVO nicht entgegen. Auch derartige Konstellationen, in denen beide Parteien in ein- und demselben Mitgliedstaat – hier Deutschland – ansässig sind und das streitige Ereignis – hier der durch das Schutzland der Patentanmeldung bestimmte Sachverhalt – sich auf ein Drittland bezieht, unterfallen nach den dargestellten Maßstäben dem Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1 EuGVVO.
  94. bb)
    Eine gegenüber Art. 4 EuGVVO vorrangige ausschließliche Zuständigkeit ist nicht gegeben. Insbesondere ist Art. 24 Nr. 4 EuGVVO auf Vindikationsstreitigkeiten nicht anwendbar (vgl. EuGH, GRUR Int 1984, 693, 696 – Schienenbefestigung zu Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ; OLG Karlsruhe, GRUR 2018, 1030, 1031 – Rohrleitungsprüfung; BeckOKPatR-Schnekenbühl, 22. Ed., § 8 Rz. 64; siehe auch EuGH, GRUR 2017, 1167 – Hanssen Beleggingen BV/Tanja Prast-Knipping).
  95. cc)
    Ob neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Art. 4 Abs. 1 EuGVVO auch der besondere Gerichtsstand des Art. 7 EuGVVO eröffnet wäre, kann demgegenüber offen bleiben. Es handelt sich dabei nicht um eine ausschließliche Zuständigkeit, womit es der Klägerin jedenfalls frei stand, die Klage am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten zu erheben (vgl. MüKoZPO-Gottwald, 6. Aufl., Art. 5 Brüssel Ia-VO Rz. 1).
  96. b)
    Darüber hinaus wäre die internationale Zuständigkeit auch infolge einer rügelosen Einlassung des Beklagten in erster Instanz begründet. Dies ergibt sich aus Art. 26 Abs. 1 EuGVVO, der in seinem Anwendungsbereich § 39 ZPO verdrängt (vgl. BGH, NJW, 3501, 3502). Für den die Anwendbarkeit des Art. 26 Abs. 1 EuGVVO eröffnenden Auslandsbezug gelten die Ausführungen zu Art. 4 Abs. 1 EuGVVO entsprechend. Es ist auch insoweit ausreichend, dass der grenzüberschreitende Bezug nur zu einem Drittstaat besteht (vgl. EuGH, NJW 2000, 3121, 3122 – Group Josi zu Art. 18 EuGVÜ; BGH, GRUR 2018, 831, 834 – Ballerinaschuh; Geimer/Schütze-E. Peiffer/M. Peiffer, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 62. EL, Art. 26 EuGVVO Rz. 7 f.).
  97. Der Beklagte hat die internationale Zuständigkeit in erster Instanz weder ausdrücklich noch implizit mit der örtlichen Zuständigkeit gerügt. Allerdings kann im Grundsatz die Rüge der internationalen Zuständigkeit in der Rüge der örtlichen Zuständigkeit enthalten sein; ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (BGH, NJW-RR 2005, 1518, 1519; Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 18. Aufl., Art. 26 EuGVVO Rz. 3; Dörner, EG-Anerkennungs-/Vollstreckungs-ZustVO, 7. Aufl., Art. 26 EuGVVO Rz. 7). Maßgeblich ist, ob der Beklagte mit der Rüge auf die (örtliche) Zuständigkeit eines anderen deutschen Gerichts hinweisen wollte oder ob die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus solchen Gründen in Zweifel gezogen wird, aus denen auch die Jurisdiktionsgewalt der deutschen Gerichte in Frage zu stellen ist (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1518, 1520). Für den vorliegenden Fall ergibt die danach vorzunehmende Auslegung, dass die erstinstanzliche Rüge des Beklagten auf die örtliche Zuständigkeit begrenzt war. Er hat sich darin auf die Gerichtsstandsvereinbarungen in den Produktions-Rahmenverträgen bezogen und ausdrücklich auf die Zuständigkeit eines anderen deutschen Gerichts – des Landgerichts Frankfurt am Main – hingewiesen. Damit hat er die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht aus solchen Gründen in Zweifel gezogen, aus denen auch die Zuständigkeit deutscher Gerichte insgesamt zu verneinen gewesen wäre.
  98. Die Zuständigkeit ist dadurch in erster Instanz nach Art. 26 Abs. 1 EuGVVO begründet worden und entfällt schon nach dem Grundsatz der perpetuatio fori (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) nicht wieder (vgl. BeckOKZPO-Toussaint, 42. Ed., § 39 Rz. 20).
  99. 2.
    Die örtliche Zuständigkeit – auf deren fehlerhafte Annahme die Berufung nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden kann – rügt der Beklagte in zweiter Instanz zu Recht nicht mehr.
  100. 3.
    Die Klägerin ist in gesetzlicher Prozessstandschaft für „H“ prozessführungsbefugt.
  101. Nach § 265 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 ZPO hat die nach Rechtshängigkeit erfolgte Abtretung auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsvorgänger behält seine Prozessführungsbefugnis und darf den Rechtsstreit als Partei im eigenen Namen weiterführen, wobei es sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft handelt (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.1982, Az.: VI ZR 221/80, BeckRS 1982, 30404792; NJW 2004, 2152, 2154; Musielak/Voit-Weth, ZPO, 18. Aufl., § 51 Rz. 20).
  102. Ein solcher Fall ist im Hinblick auf die Abtretung der streitbefangenen Ansprüche an „H“ gegeben. Die Abtretung ist nach Rechtshängigkeit erfolgt. Sie schließt sämtliche Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit dem ersten Produktions-Rahmenvertrag, dem zweiten Produktions-Rahmenvertrag und der Übertragungsvereinbarung ein. Ausdrücklich genannt werden auch Ansprüche gegen die „Vertragsunterzeichner persönlich“, somit unter anderem gegen den Beklagten. Der Wirksamkeit der Abtretung steht auch nicht entgegen, dass für den Anspruch nach § 985 BGB angenommen wird, dass dieser untrennbar mit dem Eigentum verbunden und daher nicht isoliert abtretbar ist (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 719, 722; beck-online.GK-Lieder, Stand: 01.11.2021, § 399 BGB Rz. 44) und dass der patentrechtliche Vindikationsanspruch zu diesem eine Rechtsähnlichkeit aufweist (BGH, GRUR 1982, 95, 97). Im vorliegenden Fall handelt es sich jedenfalls nicht um eine isolierte Abtretung in diesem Sinne. Es ist kein Auseinanderfallen des absoluten Rechts (des Rechts an der Erfindung und des Rechts auf das Patent) und des seiner Durchsetzung dienenden Hilfsanspruchs (Übertragung des Patents bzw. Abtretung der Patentanmeldungen) zu befürchten, weil bei der Klägerin nach der Abtretung keine Rechte zurückbleiben. Sie hat sämtliche ihr im Zusammenhang mit den Verträgen zustehenden Ansprüche an „H“ abgetreten und leitet ihre materielle Berechtigung an der Erfindung zugleich nur aus diesen Verträgen ab.
  103. 4.
    Ob hinsichtlich des Antrages zu IV. das in § 256 Abs. 1 ZPO als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Feststellungsklage genannte Feststellungsinteresse vorliegt, kann offen bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist. Dem steht der Vorrang der Prozessvoraussetzungen ausnahmsweise nicht entgegen, weil es sich bei dem Feststellungsinteresse nur im Fall eines stattgebenden Urteils um eine echte Prozessvoraussetzung handelt (vgl. BGH, NJW 1978, 2031, 2032; NJW 2018, 227, 229; MüKoZPO-Becker-Eberhard, 6. Aufl., § 256 Rz. 38; Musielak/Voit-Foerste, 18. Aufl., § 256 Rz. 7).
    B.
  104. Die Klage ist unbegründet.
  105. Hinsichtlich der Hauptanträge, mit denen die Klägerin Leistung an sich verlangt, folgt dies bereits aus der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin. Soweit die Klägerin hilfsweise Leistung an die „H“ verlangt, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche aus anderen Gründen nicht zu. Die Klägerin kann weder die Übertragung bzw. Abtretung und Zustimmung zur Umschreibung des Anteils des Beklagten an dem Patent bzw. den Patentanmeldungen an „H“ noch die hilfsweise geltend gemachte Einräumung einer Mitberechtigung an dem Anteil des Beklagten und Umschreibung bzw. Teilung und Übertragung von Teilanmeldungen an „H“ verlangen. Auch die Feststellung einer Schadenersatzpflicht dem Grunde nach gegenüber „H“ kann sie nicht verlangen.
  106. 1.
    Soweit die Klägerin Leistung an sich verlangt, fehlt es aufgrund der Abtretung aller streitgegenständlichen Ansprüche an „H“ an der Aktivlegitimation.
  107. Aufgrund der durch die Abtretung veränderten materiellen Rechtslage muss der Kläger grundsätzlich Leistung an den Rechtsnachfolger verlangen (BGH, NJW 2004, 2152, 2154; Musielak/Voit-Weth, ZPO, 18. Aufl., § 51 Rz. 20). Tut er dies nicht, fehlt es an der Aktivlegitimation (BGH, NJW 2004, 2152, 2154). Etwas anderes gilt zwar dann, wenn der Zedent dem Zessionar eine Einziehungsermächtigung erteilt hat (BGH, Urt. v. 28.09.1982, Az.: VI ZR 221/80, BeckRS 1982, 30404792; Musielak/Voit-Foerste, ZPO, 18. Aufl., § 265 Rz. 10). Solches erfolgt üblicherweise bei der Sicherungsabtretung in Form der sogenannten stillen Zession (BGH, Urt. v. 28.09.1982, Az.: VI ZR 221/80, BeckRS 1982, 30404792). In einem solchen Fall bleibt der Zedent weiterhin zur Einziehung der abgetretenen Forderung im eigenen Namen befugt (BGH, Urt. v. 28.09.1982, Az.: VI ZR 221/80, BeckRS 1982, 30404792). Eine derartige Einziehungsermächtigung liegt allerdings nicht vor. Nach der Regelung in Ziff. 2 der Abtretungsvereinbarungen ist die Klägerin als Zedentin zwar weiterhin befugt, die Forderungen geltend zu machen. Dass sie auch Leistung an sich verlangen kann, ergibt sich daraus jedoch nicht. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass es – wie dies regelmäßig etwa bei der Sicherungsabtretung der Fall ist – der Interessenlage entsprochen haben könnte, dass die Zedentin weiterhin Leistung an sich verlangen kann. Gegen eine solche Interessenlage spricht vielmehr, dass auch die Zessionarin nach der Regelung die Forderungen geltend machen kann.
  108. 2.
    Ein Anspruch gegen den Beklagten auf Übertragung und Zustimmung zur Umschreibung seines Anteils (Hauptantrag) oder einer Mitberechtigung hieran (Hilfsantrag) an dem deutschen Patent DE‘„XXB“ an „H“ besteht nicht.
  109. a)
    Aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem ersten Produktions-Rahmenvertrag folgt ein solcher Anspruch bereits deshalb nicht, weil der Beklagte nicht Partei dieses Vertrages geworden ist. Zwar hat der Beklagte gemeinsam mit Herrn D den Vertrag auf Auftragnehmerseite unterzeichnet. Er handelte dabei jedoch in seiner Funktion als Geschäftsführer der „C“ und damit als deren gesetzlicher Vertreter, § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 GmbHG. Als solcher ist er Dritter und wird aus den für die GmbH geschlossenen Verträgen nicht persönlich verpflichtet (vgl. BGH, NJW 2019, 2164, 2165). Nach § 13 Abs. 2 GmbHG haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft vielmehr nur das Gesellschaftsvermögen.
  110. b)
    Auch eine Haftung des Beklagten wegen der Verletzung einer (vor-) vertraglichen Nebenpflicht aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB besteht nicht. Zwar kann nach § 311 Abs. 3 S. 1 BGB ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB zu einem Dritten insbesondere dann, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Das allgemeine Interesse des Geschäftsführers am Erfolg der Gesellschaft begründet eine solche Eigenhaftung jedoch in aller Regel schon aufgrund des drohenden Wertungswiderspruchs zu § 13 Abs. 2 GmbHG nicht (BGH, NJW 1994, 2220, 2221; NJW 1995, 1544; BeckOKBGB-Sutschet, 60. Ed., § 311 Rz. 127). Dass hier ausnahmsweise von dem Beklagten ein über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehender besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
  111. c)
    Die Klägerin kann auch nicht aus § 8 PatG die Übertragung und Zustimmung zur Umschreibung des Anteils des Beklagten an dem DE‘„XXB“ an „H“ verlangen.
  112. Nach § 8 PatG kann der Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, oder der durch widerrechtliche Entnahme Verletzte vom Patentsucher verlangen, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des Patents abgetreten wird (S. 1); hat die Anmeldung bereits zum Patent geführt, so kann er vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen (S. 2). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es fehlt bereits an der Aktivlegitimation der Klägerin. Sie ist weder die im Sinne von § 8 PatG (sachlich) Berechtigte, deren Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist (dazu unter aa)) noch ist sie durch eine widerrechtliche Entnahme verletzt (dazu unter bb)).
  113. aa)
    Sachlich Berechtigte im Sinne des § 8 S. 1, 1. Alt. PatG sind – weil ihnen nach § 6 S. 1 PatG das Recht auf das Patent zusteht – der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger (vgl. BGH, GRUR 1982, 95 – Pneumatische Einrichtung). Unstreitig ist die Klägerin nicht Erfinderin der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Erfindung. Sie ist aber auch nicht Rechtsnachfolgerin der Erfinder.
  114. Rechtsnachfolger im Sinne von § 6 PatG ist jeder, der die Erfindung im Wege der Übertragung (Sonderrechtsnachfolge) oder der Erbfolge (Gesamtrechtsnachfolge) erworben hat (Benkard-Melullis, Patentgesetz, 11. Aufl., § 6 Rz. 37; BeckOKPatR-Schnekenbühl, 22. Ed., § 8 Rz. 18) und somit sein Recht an der Erfindung direkt oder indirekt vom Erfinder ableitet (Benkard-Melullis, Patentgesetz, 11. Aufl., § 6 Rz. 37).
  115. Die Klägerin ist nicht in diesem Sinne Rechtsnachfolgerin der Erfinder geworden. Insbesondere hat sie das Recht an der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Erfindung und das daraus folgende Recht auf das Patent nicht nach § 15 Abs. 1 S. 2 PatG i.V.m. §§ 398, 413 BGB im Wege einer – grundsätzlich auch hinsichtlich künftiger Erfindungen möglichen (vgl. BGH, GRUR 1957, 485, 487 – Chenillemaschine; OLG Karlsruhe, GRUR 1983, 67, 69 – Flipchart-Ständer; OLG Braunschweig, Urt. v. 16.11.2016, Az.: 2 U 32/15, BeckRS 2016, 127692 Rz. 83; Benkard-Ullmann/Deichfuß, Patentgesetz, 11. Aufl., § 15 Rz. 13; Mes, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 5. Aufl., § 15 Rz. 30; BeckOKPatR-Fitzner, 22. Ed., § 6 Rz. 24) – Vorausverfügung erworben.
  116. Es ist unabhängig von dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit dem Verweis auf diese ein direkt oder indirekt von den Erfindern abgeleitetes Recht an der Erfindung darlegen kann. Partei dieser Verträge ist neben der Klägerin, wie ausgeführt, ausschließlich „C“ geworden. Zu der Verfügungsberechtigung der „C“ im Hinblick auf das Recht an der Erfindung und das daraus folgende Recht auf das Patent, konkret also zu den Rechtsbeziehungen zwischen den Erfindern und den Anmeldern sowie zwischen den Anmeldern und „C“ – jeweils bezogen auf die dem DE‘„XXB“ zugrunde liegende Erfindung – fehlt es an Vortrag der Klägerin. Letztlich kann diese Frage jedoch dahin stehen. Denn selbst wenn man eine insoweit bestehende Verfügungsberechtigung der „C“ unterstellt, lässt sich nicht feststellen, dass eine Übertragung – oder auch nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung bzw. sonstige Zuweisung – des Rechts an der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Erfindung an die Klägerin stattgefunden hat.
  117. (1)
    Eine solche Zuweisung folgt nicht aus der in § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages enthaltenen Regelung, wonach „Rechte an Weiterentwicklungen an dem erstellten Werk“ dem Auftraggeber zustehen.
  118. Ihrem Wortlaut nach bezieht sich die Regelung auf Rechte an Weiterentwicklungen an dem erstellten Werk. Schutzrechte an zukünftigen Erfindungen werden demgegenüber nicht ausdrücklich genannt. Dafür, dass die Vertragsparteien dieser Unterscheidung Bedeutung beigemessen haben, spricht, dass der Geschäftsführer der Klägerin, der für diese den Vertrag unterzeichnet hat, selbst Patentanwalt ist und somit Kenntnis der Begrifflichkeiten hat. Darüber hinaus zeigt die Präambel, in der die Mitinhaberschaft der Klägerin an Schutzrechten und ihre daraus folgende Berechtigung zur Nutzung der Gesamterfindung erläutert wird, dass sich die Vertragsparteien über die Bedeutung der Begriffe Schutzrecht und Erfindung im Klaren waren.Jedenfalls ergibt eine entsprechend §§ 133, 157 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte vorzunehmende Auslegung, dass von der Zuweisung von Rechten an die Klägerin in § 4 S. 2 Schutzrechte an zukünftigen Erfindungen nicht umfasst sind. Ein solches Verständnis steht im Einklang mit dem Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, NJW 2001, 2535, 2536; GRUR 2002, 280, 281 – Rücktrittsfrist; GRUR 2003, 173, 175 – Filmauswertungspflicht; NJW-RR 2003, 1053, 1054; GRUR 2011, 946 Rz. 18 – KD) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (vgl. BGH, GRUR 2011, 946 Rz. 18 – KD).
  119. Gegenstand des ersten Produktions-Rahmenvertrages ist die Herstellung eines Prototyps sowie einer noch zu bestimmenden Anzahl von Schienentransportsystemen durch „C“ (§ 1, vgl. auch Präambel). Die hierfür zu zahlende einmalige Vergütung basiert auf den Herstellungskosten und einer Pauschale von 1.000,00 € netto (§ 3). Es handelt sich also – zumindest schwerpunktmäßig – um einen Werkvertrag, während die Forschung und Entwicklung durch „C“ nach dem Vertrag weder geschuldet ist noch vergütet wird. Zwar kann grundsätzlich auch der im Rahmen eines Werkvertrages tätig gewordene Hersteller verpflichtet sein, eine im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung gemachte Erfindung auf den Besteller zu übertragen. Eine solche Abrede muss sich jedoch aus der Vereinbarung ergeben, wobei zur Auslegung insbesondere der Aufgaben- und Pflichtenkreis des Herstellers sowie die diesem zugesagte Vergütung heranzuziehen sein können (vgl. BGH, GRUR 1953, 29, 30 – Plattenspieler; Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 6 Rz. 19; BeckOKPatR-Schnekenbühl, 22. Ed., § 8 Rz. 22). Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch „C“ waren nicht nur – wie erwähnt – kein Gegenstand der Vereinbarung. Zu einer Übernahme solcher Tätigkeiten durch „C“ gab es aus der Sicht der Parteien auch überhaupt keinen Anlass, weil die Klägerin, wie in der Präambel deutlich wird, über die notwendigen Schutzrechte bereits verfügte. Es ist auch nicht erkennbar, dass „C“, die sich ihrerseits mit der Optimierung von Abläufen in der Airline-Catering-Branche befasst, bereit gewesen sein könnte, ohne hierfür vereinbarte Vergütung künftige Erfindungen an die Klägerin zu übertragen. Der Interessenlage beider Parteien entsprach es demgegenüber, wie es in § 4 zum Ausdruck gekommen ist, dass „C“ an den erstellten Werken – den Schienentransportsystemen einschließlich des Prototyps –, auch wenn diese über den Gegenstand der Schutzrechte der Klägerin hinausgehend ausgestaltet sind und etwa zusätzliche Elemente aufweisen, keine eigenen Rechte entstehen oder verbleiben.
  120. Die – sogleich noch näher erläuterten – Regelungen in den später abgeschlossenen weiteren Verträgen, nämlich dem zweiten Produktions-Rahmenvertrag und der Übertragungsvereinbarung, erlauben keinen anderen Schluss auf das bei Abschluss des ersten Produktions-Rahmenvertrages Gewollte. Die späteren Vereinbarungen können grundsätzlich zur Auslegung herangezogen werden, soweit sich daraus Rückschlüsse auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ziehen lassen. Denn das nachträgliche Verhalten der Vertragsparteien kann den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, hat aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten (BGH, NJW 1988, 2878, 2879; NJW-RR 1998, 801, 803; Versäumnisurt. v. 06.07.2005, Az.: VIII ZR 136/04, BB 2005, 2097, 2098). Auch aus den späteren Regelungen lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass die Klägerin und „C“ bei Abschluss des ersten Produktions-Rahmenvertrages mit dessen § 4 S. 2 auch Schutzrechte an künftigen Erfindungen auf die Klägerin übertragen oder dieser jedenfalls zuweisen wollten. Zwar werden in § 1 der Übertragungsvereinbarung unter anderem Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen erwähnt, die auf „Entwicklungsmeldungen“ gemäß § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages zurückgehen. Dies ließe es zunächst als denkbar erscheinen, dass sich die Parteien bei Abschluss der Übertragungsvereinbarung auf ein gemeinsames Verständnis zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Produktions-Rahmenvertrages beziehen, wonach Erfindungen von § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages erfasst gewesen sein sollten. Auf der anderen Seite zeigen die getroffenen Regelungen jedoch erneut, dass die Parteien sich über die Verwendung der Begrifflichkeiten im Klaren und die Zuweisung von Erfindungen und Schutzrechten – wenn solches gewollt war – deutlich zu regeln in der Lage waren. So wird bereits in § 2 Abs. 3 des zweiten Produktions-Rahmenvertrages die Anmeldung von Schutzrechten für Erfindungen erwähnt und zwischen diesen und technischen Verbesserungen sowie Weiterentwicklungen des Produktionsdesigns oder des Produktionsvorgangs („Entwicklung“) differenziert. Auch in der Übertragungsvereinbarung ist bereits in der Präambel die Rede von „Neu- und Weiterentwicklungen, die über die oben genannten Patente hinausgehen“ und es werden, auch in den weiteren Regelungen, Erfindungen bzw. Schutzrechte erwähnt. In einer Gesamtbetrachtung lassen damit auch die weiteren Verträge nicht den Schluss zu, die Vertragsparteien hätten schon bei Abschluss des ersten Produktions-Rahmenvertrages Schutzrechte an künftigen Erfindungen der Klägerin zuweisen wollen.
  121. (2)
    Jedenfalls haben die Vertragsparteien mit eben diesen weiteren Verträgen, dem zweiten Produktions-Rahmenvertrag und der Übertragungsvereinbarung, die Zuweisung von Schutzrechten an „C“ auch für den Fall geregelt, dass eine Anmeldung bereits vor Abschluss dieser Verträge durch „C“ erfolgt ist.
  122. Nach § 2 Abs. 3 des zweiten Produktions-Rahmenvertrages, der den ersten Produktions-Rahmenvertrag mit Ausnahme der Regelung über den Prototyp ersetzen soll (§ 1), wird der Auftragnehmer („C“) dem Auftraggeber (der Klägerin) jede technische Verbesserung oder Weiterentwicklung des Produktionsdesigns oder des Produktionsvorgangs unverzüglich schriftlich anzeigen. Die Klägerin verpflichtet sich dazu, Schutzrechte für Erfindungen im eigenen Namen und in Übereinstimmung mit „C“ anzumelden, behält sich jedoch vor, die voraussichtlichen Schutzrechte zu kommentieren. „C“ verpflichtet sich, die Klägerin bei der Schutzrechtsanmeldung durch die Zurverfügungstellung der entsprechenden Informationen zu unterstützen. In der zeitgleich geschlossenen Übertragungsvereinbarung wird zunächst klargestellt, dass die Parteien übereingekommen sind, dass alle Neu- und Weiterentwicklungen, die über die genannten Patente – gemeint sind das EP‘XXA und die weiteren Schutzrechte, an denen die Klägerin zu 35 % beteiligt ist – „C“ gehören sollen. Ferner heißt es dort, dass die Parteien sich darauf geeinigt haben, dass die Erfindungen/Schutzrechte zunächst von der Klägerin im eigenen Namen angemeldet werden sollen, danach aber vollständig an „C“ übergehen (Präambel). Vor diesem Hintergrund ist in § 1 der Übertragungsvereinbarung geregelt, dass die Klägerin verpflichtet ist, sämtliche Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen, die auf die Entwicklungen der „C“ bzw. Entwicklungsmeldungen gemäß § 4 des ersten Produktions-Rahmenvertrages sowie gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 des zweiten Produktions-Rahmenvertrages zurückgehen, spätestens drei Monate nach Eingang der jeweiligen Mitteilung des Aktenzeichens durch das jeweilige Patent- und Markenamt, Zug um Zug gegen Ausgleich der Anmeldekosten vollständig auf „C“ zu übertragen (S. 1). Die Klägerin behält an diesen Schutzrechten/-anmeldungen keine eigenen Rechte (S. 2).
  123. § 1 der Übertragungsvereinbarung knüpft also an den zweiten Produktions-Rahmenvertrag und das dort geregelte Verfahren der Anmeldung an und regelt die Übertragung der in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 3 S. 1 des zweiten Produktions-Rahmenvertrages zunächst von der Klägerin angemeldeten Schutzrechte an „C“. Dagegen verhält sich § 1 der Übertragungsvereinbarung nicht zu solchen Schutzrechten, die zwar auf die Entwicklungen der „C“ zurückgehen, die aber bereits vor Abschluss des zweiten Produktions-Rahmenvertrages angemeldet worden sind, weshalb auch das dort für die Anmeldung geregelte Verfahren keine Anwendung gefunden hat. Insoweit ist die Vereinbarung unbewusst lückenhaft und deswegen entsprechend dem mutmaßlichen Parteiwillen ergänzungsbedürftig.
  124. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt immer dann in Betracht, wenn ein Vertrag innerhalb des durch ihn gesteckten Rahmens oder innerhalb der objektiv gewollten Vereinbarung ergänzungsbedürftig ist, weil eine Vereinbarung in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt (BGH, NJW 1994, 1008, 1011; NJW 2004, 1590, 1591; NJW 2015, 1167, 1168). Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt allerdings nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer solchen kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin, wenn ohne die Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (NJW 2004, 1590, 1591; NJW 2013, 2753 Rz. 14; BeckOKBGB-Wendtland, 43. Ed., § 157 Rz. 35 ff.). Ob und mit welchem Inhalt eine ergänzende Vertragsauslegung zur Verwirklichung des Regelungsplans der Parteien geboten ist, richtet sich nicht allein nach den im Vertrag schon vorhandenen Regelungen und Wertungen (vgl. BGH, NJW 2004, 1590, 1592). Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, welche Regelung die typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als redliche Vertragspartner getroffen hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des geschlossenen Vertrages bewusst gewesen wäre (vgl. NJW-RR 2007, 1697, 1699; NJW-RR 2008, 1371, 1372; NJW 2012, 1865, 1866; NJW 2015, 1167, 1169).
  125. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung hier vor. Diese ergibt, dass für den nicht ausdrücklich geregelten Fall bei Vertragsschluss bereits durch „C“ angemeldeter Schutzrechte von einem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien auszugehen ist, wonach diese bei „C“ verbleiben:
  126. Schon mit der Präambel haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass alle Neu- und Weiterentwicklungen, die über die Patente der Klägerin hinausgehen, „C“ gehören sollen. Damit wird deutlich, dass die Zuweisung an „C“ auch sogenannte Altfälle erfassen soll, nämlich zu diesem Zeitpunkt bereits fertige Erfindungen oder angemeldete Schutzrechte. Dieser beiderseitige Parteiwille wird zudem dadurch bestätigt, dass in § 1 der Übertragungsvereinbarung auch Schutzrechte erwähnt werden, die auf Entwicklungsmeldungen gemäß dem ersten Produktions-Rahmenvertrag zurückgehen, womit ausdrücklich Altfälle angesprochen werden.
  127. Eine Nachholung des vertraglich vorgesehenen Verfahrens für bereits von „C“ angemeldete Schutzrechte kommt naturgemäß nicht in Betracht und stünde zudem nicht mit der Wertung in Einklang, dass spätestens drei Monate nach Eingang des Aktenzeichens des Patentamts die Übertragung an „C“ erfolgen soll. Die vollständige Rückabwicklung und somit endgültige Übertragung an die Klägerin in einem solchen Fall widerspräche demgegenüber dem klar zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien, dass alle Schutzrechte, die über das EP‘XXA hinausgehen, „C“ zustehen sollen.
  128. Zwar kann die Klägerin ein auch für „C“ erkennbares finanzielles Interesse an der Beachtung des vorgesehenen Verfahrens deshalb gehabt haben, weil sie oder eine verbundene Gesellschaft die für die Anmeldung erforderlichen patentanwaltlichen Leistungen erbringen und die Erstattung dafür entstehender Kosten von „C“ verlangen wollte (vgl. § 3 der Übertragungsvereinbarung). Darüber hinaus kann die Klägerin Wert auf die Möglichkeit zur „Kommentierung“ der Schutzrechte gelegt haben (vgl. § 2 Abs. 3 des zweiten Produktions-Rahmenvertrages). Jedenfalls entspricht es auch unter Berücksichtigung derartiger Interessen aber nicht dem mutmaßlichen Parteiwillen, dass als Folge der Nichtbeachtung des vorgesehenen Verfahrens die von „C“ angemeldeten Schutzrechte endgültig der Klägerin zufallen.
  129. (3)
    Selbst wenn man § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages entgegen den Ausführungen unter (1) jedoch so versteht, dass Rechte an Weiterentwicklungen an dem erstellten Werk auch Schutzrechte hinsichtlich zukünftiger Erfindungen umfassen und es hierauf entgegen den Ausführungen unter (2) unter Berücksichtigung der weiteren Verträge noch ankommt, lässt sich auf der Grundlage des Vortrages der Klägerin jedenfalls nicht feststellen, dass es sich bei der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Erfindung um eine „Weiterentwicklung“ in diesem Sinne handelt.
  130. Es kommt dabei ein Verständnis in Betracht, wonach eine „Weiterentwicklung“ einerseits von der Lehre des älteren Schutzrechts (EP‘XXA) Gebrauch macht, ihrerseits aber eine schutzrechtsfähige Erfindung darstellt. Von einem solchen Verständnis geht möglicherweise die Klägerin aus, die die im Klageantrag bezeichneten Schutzrechte als abhängige Patente bezeichnet. Selbst bei einem weiteren Verständnis des Begriffs muss sich aber jedenfalls feststellen lassen, dass das DE‘„XXB“ auf der Lehre des EP‘XXA in irgendeiner Weise aufbaut. Eine solche Feststellung ist auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin nicht möglich.
  131. Die Klägerin setzt sich weder mit der Lehre des DE‘„XXB“ noch mit derjenigen des EP‘XXA auseinander. Ihr Vortrag besteht im Wesentlichen aus dem auszugsweisen Kopieren einer Anlage und erschöpft sich in der Behauptung, die WO‘XXF – die die Priorität der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Anmeldung in Anspruch nimmt – sei gegenüber dem EP‘XXA neu und erfinderisch und löse die Aufgabe, mehr Flexibilität für den Transport von Transportgut innerhalb einer Transportfläche zu ermöglichen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang als Anlage MD 6a eine „Merkmalsanalyse“ vorlegt, ersetzt dies einen schriftsätzlichen Vortrag nicht. Abgesehen davon sind in der Anlage lediglich in tabellarischer Auflistung Merkmale des Anspruchs der WO‘XXF aufgelistet und es ist jeweils mit „+“ oder „-“ gekennzeichnet, ob diese im EP‘XXA vorhanden sind. Es bleibt indes völlig offen, mit welchem Teil der Offenbarung des EP‘XXA die Klägerin den Patentanspruch 1 der WO‘XXF vergleicht und wie sie jeweils zu der Einschätzung gelangt ist, ein bestimmtes Merkmal sei mit „+“ zu kennzeichnen. Mit der Lehre des DE‘„XXB“ oder der WO‘XXF und im Vergleich hierzu derjenigen des EP‘XXA befasst sich die Klägerin auch in der Anlage nicht.
  132. Schon im Ansatz nicht heranzuziehen ist der von der Klägerin im Rahmen einer weiteren Merkmalsanalyse (Anlage MD 8) vorgelegte und in der Berufungsbegründung auszugsweise in den Schriftsatz kopierte Vergleich zwischen der WO‘XXF und der Patentanmeldung WO 2018/116023 A1 (Anlage MD 7; nachfolgend: WO‘023). Bei der WO‘023 handelt es sich um eine Patentanmeldung der I, in der als Erfinder der Geschäftsführer der Klägerin benannt ist. Der Vortrag der Klägerin deutet darauf hin, dass diese Patentanmeldung auf der Grundlage der von den Geschäftsführern der „C“ übersandten Konstruktionszeichnungen eingereicht wurde. Schlüsse hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem EP‘XXA und dem DE‘„XXB“ lassen sich hieraus nicht ziehen.
  133. Soweit die Klägerin ihre Auffassung, es handele sich um eine Weiterentwicklung, schließlich daraus herleitet, die Geschäftsführer der „C“ hätten durch die Information über die „Auftragsarbeit“ selbst zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei den übersandten Konstruktionszeichnungen um dem § 4 unterfallende Weiterentwicklungen handele, greift dies nicht durch. Denn jedenfalls ist die Übersendung der Konstruktionszeichnungen unter ausdrücklichem Hinweis darauf erfolgt, dass es sich um das geistige Eigentum der „C“ handelt (vgl. Anlage MD 3).
  134. bb)
    Die Klägerin ist auch nicht nach § 8 S. 1, 2. Alt. PatG infolge einer widerrechtlichen Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG) aktivlegitimiert.
  135. (1)
    Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt der Anmeldung des DE‘„XXB“ im Erfindungsbesitz befand, wie dies für den Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme erforderlich ist (vgl. BGH, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger; GRUR 2005, 567 – Schweißbrennerreinigung; OLG Braunschweig, Urt. v. 16.11.2016, Az.: 2 U 32/15, BeckRS 2016, 127692 Rz. 141; BeckOKPatR-Schnekenbühl, 22. Ed., § 8 Rz. 14). Die Klägerin beruft sich insoweit auf den von ihr als Anlagenkonvolut MD 2 und Anlage MD 3 überreichten E-Mail-Verkehr mit den Geschäftsführern der „C“. Nur der als Anlagenkonvolut MD 2 überreichte E-Mail-Verkehr aus dem Juli/August 2016, dem lediglich zwei Fotografien eines Testfelds beigefügt sind, hat jedoch vor der Anmeldung des DE‘„XXB“ stattgefunden. Dass sich allein aus diesen Fotografien ein Erfindungsbesitz ableiten ließe, trägt die Klägerin weder vor noch ist dies sonst erkennbar. Aus den mit E-Mail vom 28.11.2016 übersandten Konstruktionszeichnungen lässt sich demgegenüber schon deshalb kein Erfindungsbesitz im Zeitpunkt der Anmeldung ableiten, weil die Klägerin diese erst nach dem Anmeldetag des DE‘„XXB“, dem 24.10.2016, erhalten hat.
  136. Abgesehen davon setzt sich die Klägerin, wie bereits erwähnt, mit der Lehre des DE‘„XXB“ nicht auseinander, weshalb sich auf der Grundlage ihres Vorbringens ein Erfindungsbesitz selbst dann nicht feststellen ließe, wenn ihr vor der Anmeldung sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestanden hätten. Eine widerrechtliche Entnahme setzt voraus, dass der Gegenstand des Patents mit der in den Unterlagen enthaltenen Erfindung in seinem wesentlichen Inhalt übereinstimmt; eine Ähnlichkeit oder Abhängigkeit genügt nicht (Benkard-Rogge/Kober-Dehm, Patentgesetz, 11. Aufl., § 21 Rz. 24). Eine bloße Gegenüberstellung der übersandten Bilder und Zeichnungen mit den Figuren der Patentbeschreibung, wie sie die Klägerin vornimmt, ist für eine solche Feststellung nicht ausreichend.
  137. (2)
    Zudem hat die Klägerin aus den unter aa) dargestellten Gründen kein sachliches Recht an der Erfindung und deshalb auch kein Recht auf das Patent, was ihr – Erfindungsbesitz unterstellt – im Rahmen des Vindikationsanspruchs entgegengehalten werden kann (BGH, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger). Denn ist der Erfindungsbesitzer nicht zugleich auch sachlich Berechtigter, so wird er durch die widerrechtliche Entnahme, also durch die unberechtigte Anmeldung seines Schutzrechts, nicht verletzt (BGH, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger).
  138. d)
    Die Klägerin kann auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB die Übertragung der Anteile an dem DE‘„XXB“ an „H“ verlangen. Das Recht an der Erfindung und das daraus folgende Recht auf das Patent stellen zwar sonstige Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar (BGH, GRUR 2016, 1“XXB“ Rz. 24 – Beschichtungsverfahren; GRUR 2020, 986 Rz. 17– Penetrometer; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2020, Az.: I-2 U 60/19; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.07.2021, Az.: 6 U 108/10, GRUR-RS 2021, 22620). Aus den unter c) aa) dargestellten Gründen lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Klägerin ein solches Recht zustand.
  139. e)
    Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion) besteht ebenfalls nicht. Der Beklagte ist mit der Registereintragung als einer vorteilhaften Rechtsposition jedenfalls nicht auf Kosten der Klägerin bereichert, da dieser, wie ausgeführt, ein Recht auf das Patent nicht zusteht.
  140. 3.
    Auch betreffend die deutsche Patentanmeldung DE‘XXC kann die Klägerin nicht die Abtretung des Anteils des Beklagten und Zustimmung zur Umschreibung auf „H“ (Hauptantrag) oder Teilung der Anmeldung und Übertragung der Teilanmeldung an „H“ (Hilfsantrag) verlangen.
  141. a)
    Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 8 PatG, weil sich auch insoweit die Aktivlegitimation der Klägerin nicht feststellen lässt.
  142. aa)
    Sie ist auch hinsichtlich der DE‘XXC nicht Rechtsnachfolgerin der Erfinder. Erneut ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ein direkt oder indirekt von dem Erfinder abgeleitetes Recht mit dem Verweis auf die mit „C“ geschlossenen Verträge dargelegt hat. Da sich der Erfinder der Lehre des DE‘XXC nicht aus der Offenlegungsschrift ergibt und die Klägerin hierzu auch nichts vorträgt, lässt sich bereits nicht feststellen, in wessen Person das Recht auf das Patent originär entstanden ist und von dort aus gegebenenfalls weiter übertragen wurde. Jedenfalls ist aber auch insoweit nach den vertraglichen Vereinbarungen das Recht auf das Patent nicht der Klägerin, sondern „C“ zugewiesen.
  143. bb)
    Auch hinsichtlich der Lehre der DE‘XXC ist ein Erfindungsbesitz der Klägerin im Zeitpunkt der Anmeldung nicht erkennbar, weshalb eine widerrechtliche Entnahme ausscheidet. Die Klägerin beruft sich insoweit allein auf eine Gegenüberstellung eines Teils einer Konstruktionszeichnung mit der Fig. 1 der DE‘XXC. Diese ist jedoch erst mit E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage MD 3) übersandt worden und somit nach dem Anmeldetag der DE‘XXC (24.10.2016). Im Übrigen fehlt es auch insoweit an einem sachlichen Recht der Klägerin auf das Patent.
  144. b)
    Andere Anspruchsgrundlage scheiden aus den unter 1. dargelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird, ebenfalls aus.
  145. 4.
    Es besteht auch kein Anspruch auf Abtretung und Zustimmung zur Umschreibung des Anteils des Beklagten (Hauptantrag) oder auf Teilung und Teilanmeldung (Hilfsantrag) an den Anmeldungen US‘XXD, CN‘XXE, WO‘XXF und EP‘XXG an „H“.
  146. Auch die Voraussetzungen eines nach Art. II § 5 Abs. 1 S. 1 IntPatÜG zu beurteilenden Vindikationsanspruchs liegen nicht vor. Ob eine andere Anspruchsgrundlage heranzuziehen ist, soweit nicht die Erteilung eines europäischen Patents in Rede steht, kann offen bleiben. Jedenfalls die Auslegung der hier maßgeblichen Verträge hat nach deutschem Recht zu erfolgen (dazu unter a)). Diese Auslegung ergibt auch insoweit, dass die Anmeldungen nicht der Klägerin zustehen (dazu unter b)). Damit fehlt es unabhängig von der Frage des anwendbaren Rechts an einem Anknüpfungspunkt für einen Anspruch der Klägerin (dazu unter c)).
  147. a)
    Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Auslegung der in Rede stehenden Verträge zwischen der Klägerin und „C“ folgt aus Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO).
  148. aa)
    Der Anwendungsbereich der Rom-I-VO ist nach ihrem Abs. 1 S. 1 eröffnet, weil ein vertragliches Schuldverhältnis in Zivil- und Handelssachen vorliegt, das eine Verbindung zum Recht mehrerer Staaten aufweist.
  149. (1)
    Ein vertragliches Schuldverhältnis im Sinne der Rom-I-VO liegt vor. Der Begriff des Vertrages ist verordnungsautonom zu bestimmen und weit auszulegen (MüKoBGB-Martiny, 4. Aufl., Art. 4 Rom-I-VO Rz. 5, 7). Bei nicht in das Vertragsverhältnis einbezogenen – somit vertragsfremden – Dritten stellen sich Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Frage einer vertraglichen (Rom-I-VO) oder außervertraglichen (Rom-II-VO) Qualifikation (vgl. MüKoBGB-Martiny, 4. Aufl., Art. 1 Rom-I-VO Rz. 16). Allerdings bestimmt sich bereits die Frage, wer Gläubiger und wer Schuldner ist, nach dem Vertragsstatut (MüKoBGB-Spellenberg, 8. Aufl., Art. 12 Rom-I-VO Rz. 62). Das Vertragsstatut entscheidet damit auch, ob der Vertrag zu Gunsten Dritter zulässig und gegebenenfalls wirksam ist, selbst wenn der Dritte am Vertragsschluss nicht mitgewirkt hat, und umgekehrt, ob eine Vertragspartei Rechte Dritter geltend machen kann (MüKoBGB-Spellenberg, 8. Aufl., Art. 12 Rom-I-VO Rz. 63). Mit allen vorliegend in Rede stehenden Vereinbarungen – erster Produktions-Rahmenvertrag, zweiter Produktions-Rahmenvertrag, Übertragungsvereinbarung – liegen vertragliche Schuldverhältnisse in diesem Sinne vor. Der Anwendungsbereich der Verordnung ist ungeachtet der Tatsache eröffnet, dass der Beklagte an den Verträgen nicht als Vertragspartei beteiligt war. Denn auch die Frage, ob ihm im Zusammenhang mit diesen Verträgen gleichwohl Ansprüche zustehen können, ist nach den dargestellten Grundsätzen nach dem Vertragsstatut zu beantworten.
  150. (2)
    Auch der nach Art. 1 Rom-I-VO erforderliche Auslandsbezug ist gegeben, soweit die Klägerin die Abtretung ausländischer Patentanmeldungen verlangt. Für die Internationalität des Vertragsverhältnisses in diesem Sinne reicht es, wenn aufgrund des Sachverhalts überhaupt in Frage steht, welche Rechtsordnung anzuwenden ist (vgl. MüKoBGB-Martiny, 4. Aufl., Art. 1 Rom-I-VO Rz. 24). Dass insoweit Drittenstaatensachverhalte in Rede stehen, steht der Anwendung der Rom-I-VO nicht entgegen (vgl. Art. 2 Rom-I-VO; MüKoBGB-Martiny, 4. Aufl., Art. 2 Rom-I-VO Rz. 3).
  151. bb)
    Nach dem mangels einer spezielleren Regelung einschlägigen Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist hier, da beide Vertragsparteien ihren Sitz in Deutschland haben, deutsches Recht.
  152. Art. 12 Abs. 1 a) Rom-I-VO bestimmt, dass das nach der Verordnung anzuwendende Recht insbesondere für die Auslegung des Vertrages maßgebend ist. Darüber hinaus bringt Art. 12 Rom-I-VO mit seiner beispielhaften Auflistung zum Ausdruck, dass grundsätzlich alle vertragsrechtlichen Folgen der Parteivereinbarung dem Vertragsstatut als Wirkungsstatut unterstehen (MüKoBGB-Spellenberg, 8. Aufl., Art. 12 Rom-I-VO Rz. 3). Vor diesem Hintergrund ist – unabhängig von der im Einzelfall zur Anwendung gelangenden Anspruchsgrundlage – das Verständnis der in Rede stehenden Verträge nach deutschem Recht zu ermitteln.
  153. b)
    Eine somit entsprechend §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung der Verträge ergibt auch im Fall der am 24.10.2017 angemeldeten Schutzrechte, dass diese nicht der Klägerin zustehen.
  154. Eine Zuweisung an die Klägerin folgt aus den unter 1. c) aa) (1) dargestellten Gründen bereits nicht aus § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages. Jedenfalls ergibt aber auch insoweit die Auslegung des zweiten Produktions-Rahmenvertrages und der Übertragungsvereinbarung, dass die am 24.10.2017 erfolgten Anmeldungen „C“ zustehen. Zwar sind die Patentanmeldungen im Unterschied zu der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Anmeldung und der DE‘XXC erst nach Abschluss der genannten Vereinbarungen erfolgt, weshalb in rein zeitlicher Hinsicht die Beachtung des in den Vereinbarungen vorgesehenen Verfahrens – Anmeldung durch die Klägerin und anschließende Übertragung auf „C“ – möglich gewesen wäre. Ob die Beachtung dieses Verfahrens auch praktisch umsetzbar gewesen wäre, wenn man bedenkt, dass alle Schutzrechte die Priorität der dem DE‘„XXB“ zugrunde liegenden Anmeldung in Anspruch nehmen, ist zweifelhaft, kann aber im Ergebnis offen bleiben. Denn jedenfalls hätte es auch in diesem Fall nicht dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprochen, dass als Folge einer Verletzung des vorgesehenen Verfahrens die Schutzrechte der Klägerin zufallen.
  155. c)
    Vor diesem Hintergrund besteht unabhängig von der Frage des anwendbaren Rechts kein Anspruch auf Übertragung der am 24.10.2017 erfolgten Anmeldungen. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass ihr das Recht an der auch diesen Anmeldungen zugrunde liegenden Erfindung auf einer anderen Grundlage übertragen oder zugewiesen sein könnte als nach § 4 S. 2 des ersten Produktions-Rahmenvertrages. Nachdem diese Regelung – für sich genommen, jedenfalls aber unter Berücksichtigung der weiteren Verträge – nach dem auf ihre Auslegung anwendbaren deutschen Recht eine solche Zuweisung nicht vorsieht, scheiden Ansprüche auch insoweit aus.
  156. 5.
    Schließlich kann die Klägerin nicht die Feststellung einer Schadenersatzpflicht gegenüber „H“ dem Grunde nach verlangen. Es liegen, wie ausgeführt, weder die Voraussetzungen eines vertraglichen noch eines deliktischen Schadenersatzanspruchs gegen den Beklagten vor, weshalb auch ein etwaiger infolge der Anmeldungen entstandener Schaden nicht zu ersetzen ist.
  157. III.
  158. Der Klägerin war keine Schriftsatzfrist einzuräumen, um zum Erfindungsbesitz und dessen Erlangung Stellung zu nehmen. Dass eine Auseinandersetzung mit der technischen Lehre eines Patents erforderlich ist, um patentrechtliche Ansprüche, so auch den Vindikationsanspruch nach § 8 PatG, zu begründen, muss jedem auf diesem Gebiet tätigen Rechtsanwalt bekannt sein. Hierzu bedarf es keines gesonderten Hinweises und damit auch nicht der Einräumung einer Schriftsatzfrist nach § 139 Abs. 5 ZPO. Spätestens nachdem der Beklagte sowohl in erster als auch in zweiter Instanz wiederholt darauf hingewiesen hat, dass der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert ist, wäre dies von ihr ernst zu nehmen gewesen.
  159. IV.Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  160. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
  161. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Schreibe einen Kommentar