4b O 9/19 – Pulsationsdämpfer

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3224

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 08. Juni 2022, Az. 4b O 9/19

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  3. a) Pulsationsdämpfer, umfassend einen Grundkörper, wobei der Grundkörper eine integral ausgebildete Ausgleichkammer umfasst, wobei die Innenwandung der Ausgleichkammer zumindest teilweise spanlos gefertigt ist, wobei ein Kolben zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer bewegbar ist, wobei der Kolben auf der der Ausgleichkammer abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist, und wobei die Ausgleichkammer als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist, wobei dem Kolben mindestens ein Führungsring zur Anlage an der Innenwandung der Ausgleichkammer und mindestens ein Dichtring zur dichtenden Anlage an der Innenwandung der Ausgleichkammer zugeordnet ist, wobei dem Kolben ein Stützring zugeordnet ist, und wobei der Führungsring und der Dichtring in Nuten angeordnet sind, welche im Kolben ausgebildet sind;
  4. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
  5. b) ein Verfahren zur Herstellung von Pulsationsdämpfern umfassend einen Grundkörper, wobei der Grundkörper eine Ausgleichkammer umfasst, wobei ein Kolben zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer (8) bewegbar ist, wobei der Kolben auf der der Ausgleichkammer abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist, und wobei die Ausgleichkammer als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist, wobei dem Kolben mindestens ein Führungsring zur Anlage an der Innenwandung der Ausgleichkammer und mindestens ein Dichtring zur dichtenden Anlage an der Innenwandung der Ausgleichkammer zugeordnet ist, wobei dem Kolben ein Stützring zugeordnet ist, wobei zumindest die Bauteile des Pulsationsdämpfers, welche zur Herstellung einer abgeschlossenen Ausgleichkammer ohne Zuleitung benötigt werden, in einem Arbeitsraum positioniert werden, wobei die Bauteile zur abschließenden Herstellung der Ausgleichkammer zusammengefügt werden, und wobei der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer herrscht;
  6. in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden oder anzubieten;
  7. c) einen Pulsationsdämpfer mit den Merkmalen wie oben zu a) zur Verwendung von hydraulischen Versorgungssystemen von Kraftfahrzeugen
  8. in der Bundesrepublik Deutschland sinnfällig herzurichten oder solchermaßen hergerichtete Pulsationsdämpfer anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  9. d) Pulsationsdämpfer mit den Merkmalen wie oben zu a), die durch ein Verfahren wie oben zu b) hergestellt sind,
  10. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
  11. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen und darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagten – die zu I. 1. a) und I. 1. d) bezeichneten Handlungen seit dem 14. Juli 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe
  12. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern (insbesondere Transport- und Lagerunternehmen),
  13. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  14. c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden
  15. wobei die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 14. Juli 2010 anzugeben sind und die Auskunftsverpflichtung des Beklagten zu 3) Auskunft nur für Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 umfasst;
  16. 3. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. Juli 2008 begangen haben, und zwar unter Angabe
  17. a) von Ort und Zeit der Verfahrensanwendung hinsichtlich der Handlungen zu Ziffer I.1.b),
  18. b) der Herstellungsmengen und -zeiten,
  19. c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
  20. d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
  21. e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
  22. f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  23. wobei
  24. – es den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmern statt ihr (der Klägerin) einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, ihr (der Klägerin) auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,
  25. – die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. b) und c) Bestellscheine, hilfsweise Lieferscheine, hilfsweise Rechnungen (in Kopie) vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  26. – von den Beklagten zu 2) bis 4) sämtliche Angaben und von den Beklagten zu 1) bis 4) die Angaben zu lit. f nur für die Zeit seit dem 14. August 2010 zu machen sind und der Beklagte zu 3) die Angaben nur für Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 zu machen hat;
  27. 4. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I. 1. a) bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben oder nach ihrer Wahl selbst zu vernichten;
  28. 5. nur die Beklagte zu 1): die vorstehend zu I. 1. a) bezeichneten in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
  29. II. Es wird festgestellt, dass
  30. 1. die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 18. Juli 2008 bis 13. August 2010 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
  31. 2. die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 14. August 2010 begangenen Handlungen bereits entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 3) nur Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 umfasst.
  32. III. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
  33. VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 Euro, wobei für die Vollstreckung der einzelnen titulierten Ansprüche folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
    Ziffer I. 1., I. 4. und I. 5.: 700.000,00 Euro
    Ziffer I. 2. und I. 3.: 200.000,00 Euro
    Ziffer III.: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
  34. Tatbestand
  35. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 XXX 075 (DE 50 2004 XXX 408.3, nachfolgend „Klagepatent“, Anlage HL 4) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Entschädigungspflicht in Anspruch.
  36. Die Klägerin ist Inhaberin des am 8. Dezember 2004 angemeldeten Klagepatents. Veröffentlichungstag und Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung war der 14. Juli 2010. Das Klagepatent durchlief ein Nichtigkeitsverfahren. Mit dem als Anlage HL 26 bzw. Anlage rop 24 vorgelegten Urteil des Bundespatentgerichts vom 8. Oktober 2021 wurde das Klagepatent in der aus dem Urteil ersichtlichen Fassung eingeschränkt aufrechterhalten. Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts ist die Berufung zum Bundesgerichtshof, Az. X ZR 28/22, anhängig. Das Patent steht in Kraft.
  37. Das Klagepatent betrifft einen Pulsationsdämpfer sowie ein Verfahren zur Herstellung und die Verwendung eines Pulsationsdämpfers. Der Wortlaut der hier geltend gemachten Ansprüche 1, 10 und 12 in der im Nichtigkeitsverfahren eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt (Änderungen markiert):
  38. 1. „Pulsationsdämpfer, umfassend einen Grundkörper (1), wobei der Grundkörper (1) eine integral ausgebildete Ausgleichskammer (8) umfasst, wobei die Innenwandung (15) der Ausgleichskammer (8) zumindest teilweise spanlos gefertigt ist, wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichskammer (8) bewegbar ist, wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichskammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist und wobei die Ausgleichskammer (8) als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass wobei dem Kolben (13) mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichskammer (8) und mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichskammer (8) zugeordnet ist, wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist und wobei der Führungsring (14) und der Dichtring (16) in Nuten angeordnet sind, welche im Kolben (13) ausgebildet sind.“
  39. 10. „Verfahren zur Herstellung von Pulsationsdämpfern umfassend einen Grundkörper (1), wobei der Grundkörper (1) eine Ausgleichskammer (8) umfasst, wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichskammer (8) bewegbar ist, wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichskammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist und wobei die Ausgleichskammer (8) als abgeschlossener Raum nach einem der vorstehenden Ansprüche, ohne Zuleitung ausgebildet ist, wobei dem Kolben (13) mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichskammer (8) und mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichskammer (8) zugeordnet ist, wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist, wobei zumindest die Bauteile des Pulsationsdämpfers, welche zur Herstellung einer abgeschlossenen Ausgleichskammer (8) ohne Zuleitung benötigt werden, in einem Arbeitsraum positioniert werden, wobei die Bauteile zur abschließenden Herstellung der Ausgleichskammer (8) zusammengefügt werden und wobei der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichskammer (8) herrscht.“
  40. 12. „Verwendung eines Pulsationsdämpfers nach einem der Ansprüche 1 bis 14 9 in hydraulischen Versorgungssystemen von Kraftfahrzeugen.“
  41. Hinsichtlich der „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 9 und 11 wird auf die Anlagen HL 26 bzw. rop 24 verwiesen.
  42. Zur Verdeutlichung der geschützten Lehre werden nachfolgende Abbildungen wiedergegeben. Figur 2 zeigt eine Schnittzeichnung eines Pulsationsdämpfers, der als Kolbenspeicher verwendet werden kann:
  43. Figur 3 zeigt einen Pulsationsdämpfer, welcher in Einspritzsystemen von Kraftfahrzeugen Verwendung finden kann:
  44. Die in Deutschland ansässige Beklagte zu 1) stellt her und vertreibt die aus Anlage HL 15 ersichtlichen Kolbenspeicher (nachfolgend „angegriffene Ausführungsform“), die sie Anfang Dezember 2018 auf der Messe „XXX“ in XXX ausgestellt hat und die im Doppelkupplungsgetriebe DLXXX des Herstellers A zum Einsatz kommen. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage HL 15 wiedergegeben (die Beschriftung und Bezifferung stammt von der Klägerin):
  45. Die Beklagte zu 2) ist Komplementärin der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 3) war bis zum 15. Dezember 2021 Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 4) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
  46. Nach Auffassung der Klägerin stellen Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung des Klagepatents auch in der eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung dar.
  47. Die angegriffene Ausführungsform sei für das Getriebe DLXXX von A konzipiert. In diesem Getriebe fungiere der Kolbenspeicher als pneumatischer Hydrospeicher, der hydraulische Energie im Hydrosystem des Getriebes speichere und bei Bedarf wieder an die Getriebemechatronik abgebe. Ein solcher hydropneumatischer Speicher diene ohne weiteres funktional auch zur Pulsationsdämpfung, indem etwaige Druckschwankungen aufgefangen werden. Die angegriffene Ausführungsform sei daher ein Pulsationsdämpfer im Sinne des Klagepatents.
  48. Zudem weise die angegriffene Ausführungsform auch einen Grundkörper auf, der eine integral ausgebildete Ausgleichkammer umfasse. Die integrierte Bauweise habe den Zweck, die Notwendigkeit von Dichtungsmaßnahmen zu reduzieren. Beim Pulsationsdämpfer der Beklagten sei der Grundkörper, der die Ausgleichkammer begrenze, in Integralbauweise hergestellt.
  49. Ferner sei auf den als Anlage HL 15 und HL 16 beigefügten Abbildungen zu erkennen, dass die beiden am Kolben eingesetzten Führungsringe mit der Bezugsziffer 14 der Anlage HL 16 sowie der Dichtungsring mit der Bezugsziffer 16 der Anlage HL 16 in Nuten angeordnet seien, die wiederum im Kolben ausgebildet seien.
  50. Die Klägerin beantragt zuletzt,
  51. I. die Beklagten zu verurteilen,
  52. 1. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
  53. a) Pulsationsdämpfer,
    umfassend einen Grundkörper (1),
    wobei der Grundkörper (1) eine integral ausgebildete Ausgleichkammer (8) umfasst,
    wobei die Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zumindest teilweise spanlos gefertigt ist,
    wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer (8) bewegbar ist,
    wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichkammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist, und
    wobei die Ausgleichkammer (8) als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist,
    wobei dem Kolben (13) mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) und mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zugeordnet ist,
    wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist, und
    wobei der Führungsring (14) und der Dichtring (16) in Nuten angeordnet sind, welche im Kolben ausgebildet sind;
  54. [Anspruch 1 von DE 50 2004 XXX 408.3]
    insbesondere, wenn
    der Grundkörper (1) aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff gefertigt ist;
    [Anspruch 9 von DE 50 2004 XXX 408.3]
  55. in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
  56. b) ein Verfahren zur Herstellung von Pulsationsdämpfern
    umfassend einen Grundkörper (1),
    wobei der Grundkörper (1) eine Ausgleichkammer (8) umfasst,
    wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer (8) bewegbar ist,
    wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichkammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist, und
    wobei die Ausgleichkammer (8) als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist,
    wobei dem Kolben (13) mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) und mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zugeordnet ist,
    wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist,
    wobei zumindest die Bauteile des Pulsationsdämpfers, welche zur Herstellung einer abgeschlossenen Ausgleichkammer (8) ohne Zuleitung benötigt werden, in einem Arbeitsraum positioniert werden,
    wobei die Bauteile zur abschließenden Herstellung der Ausgleichkammer (8) zusammengefügt werden, und
    wobei der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer (8) herrscht;
  57. [Anspruch 10 von DE 50 2004 XXX 408.3]
  58. insbesondere, wenn
    der Arbeitsraum mit dem gleichen Medium befüllt wird, welches sich in der fertiggestellten Ausgleichkammer (8) befindet;
  59. [Anspruch 11 von DE 50 2004 XXX 408.3]
  60. in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden oder anzubieten;
  61. c) einen Pulsationsdämpfer mit den Merkmalen wie oben zu a) zur Verwendung von hydraulischen Versorgungssystemen von Kraftfahrzeugen
  62. [Anspruch 12 von DE 50 2004 XXX 408.3]
  63. in der Bundesrepublik Deutschland sinnfällig herzurichten oder solchermaßen hergerichtete Pulsationsdämpfer anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  64. d) Pulsationsdämpfer mit den Merkmalen wie oben zu a), die durch ein Verfahren wie oben zu b) hergestellt sind,
  65. in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
  66. 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen und darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagten – die zu I.1.a) und I.1.d) bezeichneten Handlungen seit dem 14. Juli 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe
  67. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern (insbesondere Transport- und Lagerunternehmen),
  68. b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
  69. c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden
  70. wobei die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 14. Juli 2010 anzugeben sind und die Auskunftsverpflichtung des Beklagten zu 3) Auskunft nur für Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 umfasst;
  71. 3. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. Juli 2008 begangen haben, und zwar unter Angabe
  72. a) Ort und Zeit der Verfahrensanwendung hinsichtlich der Handlungen zu Ziffer I.1.b),
    b) der Herstellungsmengen und -zeiten,
    c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
    d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
    e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  73. wobei
  74.  es den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt ihr (der Klägerin) einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, ihr (der Klägerin) auf konkrete Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,
     die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. b) und c) Bestellscheine, hilfsweise Lieferscheine, hilfsweise Rechnungen (in Kopie) vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  75.  von den Beklagten zu 2) bis 4) sämtliche Angaben und von den Beklagten zu 1) bis 4) die Angaben zu lit. f nur für die Zeit seit dem 14. August 2010 zu machen sind und der Beklagte zu 3) die Angaben nur für Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 zu machen hat;
  76. 4. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I.1.a) bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben oder nach ihrer Wahl selbst zu vernichten;
  77. 5. nur die Beklagte zu 1): die vorstehend zu I.1.a) bezeichneten in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
  78. II. festzustellen,
  79. 1. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihr für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 18. Juli 2008 bis 13. August 2010 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
  80. 2. dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der dieser (der Klägerin) durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 14. August 2010 begangenen Handlungen bereits entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 3) nur Handlungen bis zum 15. Dezember 2021 umfasst.
  81. Die Beklagten beantragen,
  82. die Klage abzuweisen
  83. hilfsweise
  84. das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens (Az. BGH X ZR 28/22) auszusetzen.
  85. Die Beklagte ist der Ansicht, eine Verletzung des Klagepatents liege nicht vor.
  86. Die angegriffene Ausführungsform stelle keinen patentgemäßen Pulsationsdämpfer dar. Denn die angegriffene Ausführungsform sei speziell für das genannte Doppelkupplungsgetriebe DLXXX von A entwickelt und nur hierfür einsetzbar. In diesem konkreten hydraulischen System sei die angegriffene Ausführungsform nicht in der Lage, Pulsationen zu dämpfen, und fungiere bestimmungsgemäß nur als Kolbenspeicher.
  87. Auch sei der geltend gemachte Verfahrensanspruch nicht verwirklicht. Denn der Arbeitsraum werde bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mit dem gleichen Druck beaufschlagt, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer herrsche. Tatsächlich sei der Druck in der fertiggestellten Ausgleichkammer nicht derselbe. Der Druckunterschied sei erheblich, denn dieser liege in der fertiggestellten Ausgleichkammer mehr als 10% über dem Druck im Arbeitsraum.
  88. Die Beklagten sind ferner der Ansicht, das Verfahren sei auszusetzen, da das als Anlagen HL 26 bzw. rop 24 vorliegende Urteil des BPatG rechtsfehlerhaft sei, insbesondere auf einer unrichtigen Auslegung des Klagepatents und einem falschen Verständnis des Offenbarungsgehalts des entgegengehaltenen Standes der Technik beruhe. Jedenfalls sei die klagepatentgemäße Lehre durch den B-Kolbenspeicher gemäß den Anlagen rop 7, rop 20 und rop 21 offenkundig vorbenutzt. Denn dieser Kolbenspeicher verfüge über eine integral ausgebildete Ausgleichkammer im Sinne des geänderten Klagepatentanspruchs 1. Eine solche Ausgleichkammer liege vor, wenn der Grundkörper einstückig hergestellt werde und dies ausschließlich durch das Herstellungsverfahren des Tiefziehens erfolge. Dies sei bei dem in Rede stehenden Kolbenspeicher der Fall.
  89. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
  90. Entscheidungsgründe
  91. A.
    Die zulässige Klage ist begründet.
  92. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB sowie weiterhin gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Rückruf, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungspflicht gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG, Art. II § 1 IntPatÜG hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung der Klagepatentansprüche 1, 10 und 12.
  93. I.
    Das Klagepatent betrifft einen Pulsationsdämpfer, ein Verfahren zur Herstellung und die Verwendung eines Pulsationsdämpfers. Das Klagepatent schildert aus dem vorbekannten Stand der Technik bekannte Pulsationsdämpfer, deren Ausgleichkammern eine Zuleitung aufweisen. Aus der US 3,XXX,242 A sei ein Pulsationsdämpfer bekannt, dessen Kanal jeweils endseitig Gewindegänge aufweise. Aus der GB 1 XXX 473 A und der US 6,XXX,651 A seien gattungsbildende Pulsationsdämpfer mit einem verfahrbaren Kolben bekannt, wobei am Kolben eine flexible Membran anliege. Aus der DE 33 XXX 597 A 1 sei ein Pulsationsdämpfer bekannt, in dessen Ausgleichskammer ein Schaumstoffkörper angeordnet sei. Schließlich sei aus der US 4,XXX,200 A ein Sicherungsring bekannt, der eine zick-zack-förmige Struktur aufweise (Abs. [0002]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift).
  94. Die Klagepatentschrift beanstandet an diesen vorbekannten Vorrichtungen, dass diese im Hinblick auf den praktischen Einsatz Nachteile aufweisen. Insbesondere sei nachteilig, dass deren Ausgleichkammern häufig nur unter Vorkehrung komplexer Einrichtungen mit Druck beaufschlagbar sind. Um einen einwandfreien Einsatz der Pulsationsdämpfer zu gewährleisten, müssten diese einer ständigen Wartung unterzogen werden, bei der zunächst der Druck innerhalb der Ausgleichkammern überprüft und sodann dem Solldruck angepasst werden müsse. Hierzu seien die Ausgleichkammern häufig mit Befüllstutzen zu versehen, die in nur aufwendiger Weise gegen die Atmosphäre zufriedenstellend abdichtbar seien (Abs. [0005]). Zudem wiesen die Ausgleichkammern aufgrund wenig gebrauchstauglicher Abdichtungsmaßnahmen nach einiger Zeit nicht mehr den Druck auf, der für eine einwandfreie Funktion als Pulsationsdämpfer notwendig sei.
  95. Das Ziel des Klagepatents sei es daher, einen Pulsationsdämpfer derart auszugestalten und weiterzubilden, dass eine spielfreie und abgedichtete Bewegung des Kolbens innerhalb der Ausgleichkammer realisiert ist, bei welcher keine Verkippungen auftreten.
  96. Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent einen Pulsationsdämpfer mit den Merkmalen des geänderten Anspruchs 1 vor, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind:
  97. A. Pulsationsdämpfer
    B. umfassend einen Grundkörper (1),
    B‘. wobei der Grundkörper (1) eine integral ausgebildete Ausgleichkammer (8) umfasst,
    B‘‘. wobei die Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zumindest teilweise spanlos gefertigt ist,
    C. wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer (8) bewegbar ist,
    D. wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichkammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist und
    E. wobei die Ausgleichkammer (8) als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist,
    F. wobei dem Kolben (13)
    F.1 mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) und
    F.2 mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zugeordnet ist,
    G. wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist und
    G‘. wobei der Führungsring (14) und der Dichtring (16) in Nuten angeordnet sind, welche im Kolben (13) ausgebildet sind.
  98. Weiterhin schlägt das Klagepatent ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Pulsationsdämpfers mit den Merkmalen des geänderten Anspruchs 10 vor:
  99. A. Verfahren zur Herstellung von Pulsationsdämpfern
    B. umfassend einen Grundkörper (1),
    C. wobei der Grundkörper (1) eine Ausgleichkammer (8) umfasst,
    D. wobei ein Kolben (13) zumindest teilweise innerhalb der Ausgleichkammer (8) bewegbar ist,
    E. wobei der Kolben (13) auf der der Ausgleichkammer (8) abgewandten Seite mit Druck beaufschlagbar ist und
    F. wobei die Ausgleichkammer (8) als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist,
    G. wobei dem Kolben (13)
    G.1 mindestens ein Führungsring (14) zur Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) und
    G.2 mindestens ein Dichtring (16) zur dichtenden Anlage an der Innenwandung (15) der Ausgleichkammer (8) zugeordnet ist,
    H. wobei dem Kolben (13) ein Stützring (17) zugeordnet ist und
    I. wobei zumindest die Bauteile des Pulsationsdämpfers, welche zur Herstellung einer abgeschlossenen Ausgleichkammer (8) ohne Zuleitung benötigt werden, in einem Arbeitsraum positioniert werden,
    J. wobei die Bauteile zur abschließenden Herstellung der Ausgleichkammer (8) zusammengefügt werden und
    K. wobei der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer (8) herrscht.
  100. Das Klagepatent schlägt schließlich eine Verwendung eines Pulsationsdämpfers nach Anspruch 12 vor, wie folgt:
  101. Verwendung eines Pulsationsdämpfers nach einem der Ansprüche 1 bis 9 in hydraulischen Versorgungssystemen von Kraftfahrzeugen.
  102. II.
    Angesichts des Streites der Parteien bedarf der Begriff des Pulsationsdämpfers nach den Klagepatentansprüchen 1 und 12 (Vorrichtungs- und Verwendungsanspruch) der näheren Erörterung. Hinsichtlich des Verfahrensanspruchs 10 ist zudem das Merkmal K im Hinblick auf den mit gleichem Druck beaufschlagbaren Arbeitsraum zu erörtern.
  103. 1.
    Das Klagepatent hat mit dem Anspruch 1 eine Vorrichtung zum Gegenstand, nämlich einen Pulsationsdämpfer. Pulsationsdämpfer können in hydraulischen Anlagen zum Einsatz kommen. Sie dienen insbesondere dazu, Pulsationen in hydraulischen Leitungen zu glätten oder zu reduzieren (Abs. [0003]). Darüber hinaus finden Pulsationsdämpfer Verwendung als Kolbenspeicher, insbesondere in Fahrwerken von Kraftfahrzeugen (Abs. [0004]). Bereits aus diesen beiden Textstellen ergibt sich, dass es sich bei Pulsationsdämpfern und Kolbenspeichern um grundsätzlich dieselbe Bauform handelt, die aber zu unterschiedlichen Zwecken verwendbar sind. Dementsprechend spricht das Klagepatent im Rahmen eines Ausführungsbeispiels auch von einem Pulsationsdämpfer, der als Kolbenspeicher verwendet werden kann (Abs. [0045]).
  104. Als Vorrichtungsanspruch hat der Klagepatentanspruch 1 jedoch nur die Vorrichtung als solche und nicht einen bestimmten Einsatzzweck zum Gegenstand. Die Vorrichtung muss lediglich objektiv geeignet sein, in einem hydraulischen System als Pulsationsdämpfer zu fungieren – unabhängig davon, ob sie als solcher auch eingesetzt wird. Diese objektive Eignung erfüllt klagepatentgemäß jede Vorrichtung, die die Bauform eines Kolbenspeichers aufweist, nämlich wenigstens einen Grundkörper, eine Ausgleichkammer und einen Kolben umfasst.
  105. Die Bauform eines Pulsationsdämpfers oder Kolbenspeichers beschreibt der Klagepatentanspruch 1 im Wesentlichen mit den Merkmalen B bis E bzw. die Klagepatentschrift in Abschnitt [0045], wobei räumlich-körperlich ein Grundkörper und in diesem eine Ausgleichskammer ausgebildet sein muss mit einem Kolben. Mithin hat das Klagepatent Vorrichtungen vor Augen, die objektiv geeignet sind, bei einem Einsatz in Hydrauliksystemen Pulsationen zu dämpfen. Funktional umfasst sind damit klagepatentgemäß aufgebaute Kolbenspeicher, die auch die Eignung aufweisen, in einem hydraulischen System als Pulsationsdämpfer zu fungieren. Dabei spielt die Angabe des bestimmten Verwendungszwecks – hier als Pulsationsdämpfers – im Anspruch oder in der Patentbeschreibung nur insofern eine Rolle, als die körperliche Gestaltung der Vorrichtung solchermaßen ausgestaltet sein muss, dass sie den aufgezeigten bestimmten Funktionszweck zu erfüllen vermag (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2021, 14825 Rz. 46 m.w.N.). Auf in der Patentschrift genannte Zwecke, Funktionen oder Wirkungen ist der Schutzbereich hingegen nicht beschränkt (BGH, GRUR 1988, 287 (288) – Abschlussblende; BGH, GRUR 1981, 259 (261) – Heuwerbungsmaschine II; BGH, GRUR 1979, 149 (151) – Schießbolzen). Ergibt die Auslegung des Patentanspruchs, dass er eine Vorrichtung als solche betrifft, dann ist es gleichgültig, zu welchem Zweck sie von einem Dritten gebraucht wird; sie ist für jede mögliche Verwendung geschützt (BGH, GRUR 1959, 125 – Textilgarn). So erfasst der Schutz insbesondere auch die Ausnutzung der geschützten Vorrichtung für andere Zwecke, Funktionen oder Wirkungen, als sie die Patentschrift nennt (BGH, GRUR 1979, 149 (151) – Schießbolzen; BGH, GRUR 1956, 77 (78) – Spann- und Haltevorrichtung).
  106. Der Einwand der Beklagten, erfindungsgemäß müsse der Pulsationsdämpfer allein als solcher zum Einsatz kommen, greift vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht durch.
  107. 2.
    Die Ausführungen zur Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 und des Begriffs des Pulsationsdämpfers gelten für die Auslegung des Klagepatentanspruchs 12 in gleicher Weise. Auch wenn es sich bei diesem Anspruch um einen Verwendungsanspruch handelt, hat dieser nicht die Verwendung als Pulsationsdämpfer zum Gegenstand, sondern lediglich die Verwendung des Pulsationsdämpfers in hydraulischen Versorgungssystemen von Kraftfahrzeugen. Insofern kann der im Sinne des Anspruchs 1 nicht auf bestimmte Verwendungen oder Wirkungen beschränkte Pulsationsdämpfer auch mit der Zweckrichtung eines Kolbenspeichers zum Einsatz kommen, wie dies in Absatz [0045] anklingt.
  108. 3.
    Die Herstellung des so verstandenen Pulsationsdämpfers erfolgt nach dem in Anspruch 10 beschriebenen Verfahren. Der Anspruch setzt mit Merkmal K voraus, dass der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer herrscht.
  109. Beschrieben wird mit diesem Merkmal ein Vergleich zwischen dem Druck außerhalb und innerhalb der fertiggestellten Ausgleichkammer. Dabei nimmt es das Klagepatent hin, dass durch die Bauweise des Pulsationsdämpfers beim Zusammenbauen – insbesondere durch das Einschieben des Kolbens in die Ausgleichkammer – ein etwas höherer Druck in der fertiggestellten Ausgleichkammer als im Arbeitsraum herrscht. Gleicht der Druck in dem Arbeitsraum im Wesentlichen dem in der fertiggestellten Ausgleichkammer, ist dies im Hinblick auf das Herstellungsverfahren vorteilhaft, denn eine gesonderte Zuleitung zum Befüllen der Ausgleichkammer mit dem entsprechenden Medium ist dann nicht erforderlich. Funktional wird dadurch eine Vereinfachung des Herstellungsverfahrens erreicht, denn eine Zuleitung zur Ausgleichkammer ist dann – anders als dies aus dem Stand der Technik bekannt war – nicht (mehr) erforderlich. Damit verbunden ist der weitere Vorteil, dass Dichtvorkehrungen im Bereich der nach dem Stand der Technik erforderlichen Zuleitung dann nicht notwendig sind.
  110. Die Beschreibung des Klagepatents verhält sich zu dem Erfordernis des gleichen Drucks in Arbeitsraum und Ausgleichkammer nicht unmittelbar. Ein mittelbarer Bezug wird jedoch in Abschnitt [0027] hergestellt, wonach
  111. „in vorteilhafter Weise […] der Arbeitsraum mit dem gleichen Medium befüllt werden [könnte], welches sich in der fertiggestellten Ausgleichkammer befindet.“
  112. Diese konkrete Ausgestaltung erlaubt einen besonders einfachen Fertigungsprozess von Pulsationsdämpfern, da neben den im Arbeitsraum vorhandenen, keine weiteren Medien durch komplexe Einrichtungen in die Ausgleichkammer eingefüllt werden müssen. Demnach geht – gerade weil die Ausgleichkammer des Pulsationsdämpfers keine Zuleitung aufweist – das Klagepatent davon aus, dass eine Fluidverbindung zwischen dem Arbeitsraum und den die Ausgleichkammer bildenden Bauteilen besteht, bis die Ausgleichkammer im Herstellungsprozess hergestellt und durch den Kolben geschlossen wird. Dadurch herrscht in der Ausgleichkammer im Wesentlichen der gleiche Druck wie im Arbeitsraum.
  113. Das Klagepatent nimmt es dabei hin, dass der Druck in der Ausgleichkammer aufgrund des beim Zusammenbau erfolgenden Einschiebens des Kolbens im Ergebnis höher sein kann als der Druck im Arbeitsraum. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn – wie im Ausführungsbeispiel der Figur 2 – die Ausgleichskammer einstückig ausgebildet ist und nur eine Öffnung zur Aufnahme des Kolbens aufweist. Wird der Kolben im Herstellungsprozess nun in die Ausgleichskammer gepresst, bis er zur Anlage am Sprengring 20 gelangt, wird das Medium in der Ausgleichkammer komprimiert und es entsteht ein etwas höherer Druck als er in der Umgebung herrscht. Dem Klagepatent lässt sich nicht entnehmen, dass dieses Ausführungsbeispiel nicht patentgemäß ist. Auch der bereits zitierte Absatz [0027] findet sich in der allgemeinen Beschreibung des Patents und bezieht sich auf alle Ausführungsbeispiele. Für das Ausführungsbeispiel der Figur 2 wird nicht erläutert, wie eine Ausgleichkammer geschaffen werden kann, in der der identische Druck wie im Arbeitsraum herrscht. Auch für das Ausführungsbeispiel der Figur 3 kann ein identischer Druck nur bei einer abgestimmten Montage von Kolben und Deckel 21 der Ausgleichkammer erzielt werden. Für all dies lässt sich der Beschreibung des Klagepatents jedoch nichts entnehmen.
  114. Zieht man zudem die Patentschrift in ihrer erteilten Fassung zur Auslegung heran (siehe dazu Kühnen, Hdb Patentverletzung, 11. Auflage, Kap. A Rn. 101), ist dort das Verfahren gemäß Anspruch 15 auf alle vorangegangenen Ansprüche und mithin auch auf alle Ausführungsformen rückbezogen.
  115. Auch bei der gebotenen funktionalen Betrachtung kommt es nicht darauf an, dass in der fertiggestellten Ausgleichkammer exakt derselbe Druck herrscht wie in der Umgebung des Arbeitsraums. Es geht dem Klagepatent mit dem Merkmal K vielmehr darum, von besonderen Zuleitungen zur Ausgleichkammer absehen zu können, weil der für die Ausgleichkammer gewünschte Druck sich durch den im Arbeitsraum herrschenden Druck automatisch einstellt, wenn die Vorrichtung zusammengesetzt wird. Dann kann aber der Druck in der Ausgleichkammer nach der Herstellung der Vorrichtung geringfügig über dem Druck in der Arbeitskammer liegen, um als „der gleiche Druck“ im Sinne von Merkmal K zu gelten.
  116. III.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Merkmale der geltend gemachten Klagepatentansprüche wortsinngemäß.
  117. 1.
    Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Vorrichtung gemäß den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1, insbesondere um einen Kolbenspeicher, der als Pulsationsdämpfer eingesetzt werden kann gemäß Merkmal A. Dem steht nicht entgegen, dass die angegriffene Ausführungsform nur im Doppelkupplungsgetriebe DLXXX von A und dort als Kolbenspeicher eingesetzt wird. Dies führt aus der Verletzung nicht heraus. Denn insoweit beschränken Zweck- und Funktionsangaben in einem Sachanspruch dessen Gegenstand regelmäßig nicht auf den angegebenen Zweck oder die angegebene Funktion. Sie haben grundsätzlich nur zur Folge, dass der geschützte Gegenstand objektiv geeignet sein muss, den angegebenen Zweck oder die angegebene Funktion zu erfüllen (BGH, GRUR-RS 2021, 30741 Rn. 13 – Rangierkatze). Darüber, dass der angegriffene Kolbenspeicher unabhängig von seiner konkreten Verwendung grundsätzlich auch geeignet ist als Pulsationsdämpfer eingesetzt zu werden, besteht zwischen den Parteien aber kein Streit.
  118. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht zudem die weiteren Merkmale des Klagepatentanspruchs 1. Dies steht zwischen den Parteien außer Streit.
  119. 2.
    Weiterhin wird die angegriffene Ausführungsform gemäß dem Verfahren mit den Merkmalen nach Klagepatentanspruch 10 hergestellt. Insbesondere verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal K, wonach der Arbeitsraum mit dem gleichen Druck beaufschlagt wird, welcher in der fertiggestellten Ausgleichkammer herrscht. Dass der Druck in der fertiggestellten Ausgleichkammer dabei – nach dem Vortrag der Beklagten – um 10% höher ist als der Druck im Arbeitsraum, führt nach dem hier maßgeblichen Verständnis des Merkmals nicht aus der Verletzung heraus. Denn insoweit nimmt es das Klagepatent hin, wenn durch die Bauweise des Pulsationsdämpfers, insbesondere das Einpressen des Kolbens in den durch den Grundkörper gebildeten Hohlraum in der Ausgleichkammer ein etwas höherer Druck entsteht, als dies im Arbeitsraum der Fall ist.
    Im Ergebnis wird nicht nur das erfindungsgemäße Verfahren angewendet, sondern die angegriffene Ausführungsform stellt auch ein unmittelbares Verfahrensprodukt der Anwendung dieses Verfahren dar.
  120. 3.
    Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht schließlich die Merkmale für die Verwendung eines Pulsationsdämpfers gemäß Klagepatentanspruch 12. Sie ist ausschließlich für das Doppelkupplungsgetriebe DLXXX von A konzipiert und wird für den Einsatz in diesem hydraulischen Versorgungssystem hergestellt und geliefert. Infolgedessen ist sie für die erfindungsgemäße Verwendung sinnfällig hergerichtet und wird als solche auch angeboten und in Verkehr gebracht.
  121. IV.
    Die festgestellte Patentverletzung rechtfertigt die zuerkannten Rechtsfolgen wie folgt:
  122. 1.
    Die Beklagten sind der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da sie weder zur Benutzung der patentgemäßen Vorrichtung noch zur Benutzung des patentgemäßen Verfahrens oder seines unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses berechtigt ist.
  123. 2.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
  124. a)
    Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
  125. b)
    Die Beklagten sind zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist, zumal bereits patentverletzende Erzeugnisse in den Verkehr gebracht wurden.
  126. 3.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu.
  127. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG.
  128. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Dies betrifft auch den tenorierten Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zu den Angeboten der Beklagten einschließlich Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger sowie den Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zur betriebenen Werbung. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
  129. 4.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 und 3 PatG. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anspruch vorliegend unverhältnismäßig ist, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
  130. 5.
    Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Kolbenspeicher gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG. Dieser Anspruch besteht auch im Hinblick auf die angegriffenen Kolbenspeicher, sofern diese für die patentierte Verwendung gemäß Anspruch 12 sinnfällig hergerichtet sind. Aufgrund der technischen Ausgestaltung ist die sinnfällige Herrichtung den angegriffenen Kolbenspeichern vorliegend immanent. Liegt in dem sinnfälligen Herrichten im Inland schon der Beginn des Verwendens im Sinn des vorverlagerten Schutzes eines Verwendungspatents (vgl. BGH GRUR 2016, 257 Rn. 46 (55) – Glasfasern II), bestehen daher auch Vernichtungsansprüche hinsichtlich des Erzeugnisses, das aufgrund dieser begonnenen Verwendung Gegenstand des Patents ist, jedenfalls dann, wenn die sinnfällige Herrichtung im Erzeugnis selbst verkörpert ist (Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 14. Auflage 2022, Kap. A Rn. 428)
  131. Anhaltspunkte dafür, dass der Anspruch auf Vernichtung gemäß § 140a Abs. Abs. 4 PatG unverhältnismäßig ist, bestehen nicht. Da die Beklagte nicht konkret aufgezeigt hat, welche andere (zudem wirtschaftlich sinnvolle) Verwendung als die patentgemäße sie für die angegriffenen Kolbenspeicher hätte, ist eine die Vernichtung ausschließende Unverhältnismäßigkeit nicht anzunehmen. Vielmehr überwiegt das Interesse der Klägerin, ihr Ausschließlichkeitsrecht durch die Vernichtung solcher Kolbenspeicher abzusichern, welche die Beklagte zu 1) unter Missachtung des Unterlassungsgebots in verletzender Weise anbietet.
  132. 6.
    Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) schließlich einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß Art. 2 § 1 S. 1 IntPatÜG, § 33 PatG für den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis zum 14. August 2010. Das Klagepatent ist am 18. Juni 2008 veröffentlicht worden. Am 14. Juli 2010 erfolgte die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung.
  133. B.
    Anlass, den Verletzungsrechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen, besteht nicht.
  134. 1.
    Eine Aussetzung wegen eines gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens kommt nur dann in Betracht, wenn die Vernichtung des Klagepatents nicht nur möglich sondern vielmehr wahrscheinlich ist (Senat, InstGE 7, 139 – Thermocycler).
  135. Von besonderer Bedeutung ist insofern der Umstand, dass das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren durch die Entscheidung des BPatG vom 8. Oktober 2021 erstinstanzlich in geänderter Fassung aufrechterhalten wurde. Diese – unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene – Entscheidung hat das Verletzungsgericht aufgrund der gesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich hinzunehmen. Im Rahmen der Aussetzungsentscheidung ist es nicht Sache des Verletzungsgerichts, das Nichtigkeitsverfahren in allen Einzelheiten vorweg zu nehmen. Immer dann, wenn die Argumentation im Rechtsbestandsverfahren möglich und mit guten Gründen vertretbar erscheint, hat es vielmehr bei der getroffenen Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung zu verbleiben, so dass, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände vorliegen, für eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits keine Veranlassung besteht. Sie ist erst dann geboten, wenn die Rechtsbestandsentscheidung auf für das Verletzungsgericht nachweisbar unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht oder wenn mit dem Rechtsmittel gegen die Rechtsbestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der, weil er der Erfindung näher kommt als der bisher gewürdigte Stand der Technik, mit Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juli 2011, AZ. I-2 U 66/10).
  136. 2.
    Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt eine Aussetzung vorliegend nicht in Betracht.
  137. a)
    Die Lehre des Klagepatents ist nicht durch die Vorbenutzung des Druckspeichers Sachs in den Fahrzeugen des Typs XXX, Baureihe XX, unmittelbar und eindeutig offenbart. Denn es fehlt an den Merkmalen B und B‘, wonach der Grundkörper eine integral ausgebildete Ausgleichkammer umfasst.
  138. Nach diesem Merkmal soll der Grundkörper die Ausgleichkammer umfassen. Die Wendung „integral ausgebildet“ bezieht sich dabei nicht unmittelbar auf den Grundkörper, und auch der allgemeinen Beschreibung in Abschnitt [0010] lässt sich kein davon abweichendes Verständnis entnehmen. Nach dem Wortlaut soll nur die Ausgleichkammer als solche integral ausgebildet sein. Funktional betrachtet wird durch diese Ausgestaltung sichergestellt, dass die Ausgleichkammer als abgeschlossener Raum ausgebildet wird und nur in geringem Maße Dichtvorkehrungen erforderlich werden. Eine aufwändige Abdichtung, so beschreibt dies das Klagepatent in Abschnitt [0011] ist dann nicht erforderlich.
  139. Das Bundespatentgericht umschreibt das Merkmal in seinem Urteil (Anlagen HL 26 bzw. rop 24) auf Seite 20 mit dem Begriff der „Integralbauweise“ und bezieht diese Beschreibung auf den Grundkörper. Der die Ausgleichkammer umfassende Grundkörper ist aus einem Stück hergestellt, wobei mit dieser Bauweise bei funktionaler Betrachtung sichergestellt wird, dass zusätzliche Dichtvorkehrungen, beispielsweise einer Zuleitung, nicht erforderlich sind. Mit dieser Integralbauweise verbunden ist das weitere Verständnis, dass – wie Merkmal E vorgibt – die Ausgleichkammer als abgeschlossener Raum ohne Zuleitung ausgebildet ist.
  140. Vor diesem Hintergrund sieht das BPatG eine offenkundige Vorbenutzung der nunmehr geänderten Ansprüche 1, 10 und 12 nicht als gegeben an. Denn der in Rede stehende Kolbenspeicher weist eine Zuleitung zu der Ausgleichskammer auf, so dass Merkmal B‘ des Anspruchs 1 nicht offenbart ist.
  141. Die Kammer hält die Auslegung der Merkmale B und B‘ durch das BPatG für durchaus vertretbar. Auch wenn die Wendung „integral ausgebildet“ nicht auf das Verhältnis von Ausgleichkammer und Grundkörper bezogen ist, sondern allein eine Integralbauweise der Ausgleichkammer verlangt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Diese Auslegung ließe sich sogar mit dem Ausführungsbeispiel von Figur 3 des Klagepatents in Einklang bringen, wenn man zwar das Aufsetzen eines Deckels und das Einschieben des Kolbens noch mit einer Integralbauweise der Ausgleichkammer vereinbar ansähe, aber nicht jede beliebige Mehrteiligkeit oder gar Zuleitungen, die aufwändig abgedichtet werden müssen. Insofern geht es funktional darum, solche Abdichtungsmaßnahmen zu vermeiden. Das BPatG hat ausdrücklich auf das Wechselspiel der beiden Merkmale B‘ und E hingewiesen (S. 21 der Anlage rop 24).
  142. Selbst wenn man jedoch der Auslegung der Beklagten folgt, wonach gemäß Merkmal B‘ die Ausgleichkammer lediglich in dem Grundkörper integriert sein soll und von Merkmal E auch solche Ausgestaltungen umfasst sind, bei denen nach dem einmaligen Befüllen der Ausgleichkammer mittels Zulauf, dieser Zulauf verschlossen wird und keine Zuleitungsmöglichkeit mehr besteht, lässt sich dies dem Modell des vorbenutzten Druckspeichers nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen. Das BPatG sieht die Möglichkeit, den Kolbenspeicher auch nachträglich noch zu befüllen, als durchaus gegeben an.
  143. Diese Beurteilung des fachkundig besetzten Spruchkörpers begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Denn es lässt sich in der Tat allein anhand des Modells des vorbenutzten Kolbenspeichers, das einen Zulauf zur Ausgleichkammer erkennen lässt, nicht ausschließen, dass über diesen Zulauf nicht auch ein nachträgliches Befüllen der Ausgleichkammer möglich ist.
  144. b)
    Die weiteren im Nichtigkeitsverfahren vorgebrachten Nichtigkeitsgründe sind im vorliegenden Verfahren nach der erstinstanzlichen Entscheidung des BPatG nicht weiter aufbereitet und vorgetragen worden.
  145. C
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
  146. Der Streitwert wird gemäß §§ 51 Abs. 1 GKG auf 1.000.000,00 Euro festgesetzt.

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