4 O 320/01 – Patent-Vindikationslage

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 61

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. März 2002, Az. 4 O 320/01

I. Die Beklagte wird verurteilt, auf den Kläger das deutsche Patent DE 59502611.7 zu übertragen und in die Umschreibung des deutschen Patents DE 59502611.7 in der Patentrolle einzuwilligen, Zug um Zug gegen Zahlung von 32.357,00 DM durch den Kläger an die Beklagte.

II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich eines Kostenbetrages von 800 EURO darf der Kläger die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Streitwert: 532.357,00 DM (wobei auf das Anerkenntnis ein Betrag von 500.000,– DM entfällt).

Tatbestand:

Nach Anerkenntnis des Vindikationsanspruches begehrt die Beklagte eine Zug-um-Zug-Verurteilung in Höhe von 32.357,05 DM.

Der Ehemann der Beklagten, Herr G1xxxxx S3xxx, war Inhaber des deutschen Patentes 4431178 C 1, welches ein Erfrischungsgetränk betraf. Denselben Gegenstand meldete der Ehemann der Beklagten international zum Patentschutz an (PCT Anmeldung gemäß Anlage K 1). Dies wünschte – jedenfalls nach dem Vortrag der Beklagten – auch der Kläger.

Aus der Grundlage dieser internationalen Anmeldung ist das europäische Patent EP 0778 737 hervorgegangen. Am 14.05.1998 übertrug der Ehemann der Beklagten das europäische Patent EP 0778 737. Nach Erteilung des europäischen Patentes entschieden die Parteien, nur den deutschen Anteil des europäischen Patentes weiter zu verfolgen. Die Beklagte und ihr Ehemann boten dem Kläger die Übernahme sämtlicher Patente gegen Kostenerstattung an. Der deutsche Anteil des europäischen Patents, dem Streitgegenstand des Vindikationsanspruchs, wird unter dem Aktenzeichen 595 02 611.7/08 beim Deutschen Patent- und Markenamt geführt. Die weiterhin im europäischen Patent benannten Staaten wurden nicht weiter verfolgt.

Mit Schreiben vom 02.01.2001 boten die Beklagten und ihr Ehemann die Übertragung des europäischen Patents nochmals gegen Übertragung der Kosten, welche für die Erlangung des europäischen Patentes notwendig waren, an (Anlage L 5). Für die PCT-Anmeldung und das europäische Patent sind der Beklagten Kosten in Höhe der geforderten Zug-um-Zug-Verurteilung, also in Höhe von 32.357,05 DM, entstanden. Dieser Betrag setzt sich aus elf patentanwaltlichen Kostenrechnungen zusammen, wobei drei Rechnungen auf die PCT-Anmeldung und die restlichen acht auf der Anmeldung des europäischen Patentes beruhen (Anlage L 7). Auf die PCT-Anmeldung entfielen die ersten drei Rechnungen aus der Auflistung der Anlage L 7, nämlich diejenigen vom 04.09.1995, vom 26.03.1996 und vom 13.06.1996, insgesamt ein Betrag in Höhe von 13.401,80 DM. Die restlichen Rechnungen, die einen Betrag von 18.954,35 DM ergeben, entfielen auf das europäische Patent, welches für 16 Staaten angemeldet worden war. Der Ehemann der Beklagten trat sämtliche Ansprüche hinsichtlich der Aufwendungen, die ihm bezogen auf die PCT-Anmeldung und die Anmeldung des europäischen Patentes entstanden, an die Beklagte ab.

Der Kläger ist hinsichtlich des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts der Ansicht, die Beklagte könne nur einen kleinen Teil der Kosten verlangen. Zwischen der PCT-Anmeldung und der Anmeldung des europäischen Patentes sei zu unterscheiden:

Hinsichtlich der PCT-Anmeldung könne die Beklagte nur den Teil der Kosten verlangen, der auf Deutschland entfalle. Da in der Anmeldung neben Europa (mit 16 Staaten) noch Canada, China und Japan genannt worden seien, könne nur ein Betrag von insgesamt 209,40 DM verlangt werden.

Bezogen auf die Anmeldung des europäischen Patentes könne die Beklagte nur Kosten in Höhe 1/16-Anteiles verlangen, da nur diese Kosten auf den deutschen Teil entfallen sind; dies sei ein Betrag von insgesamt 1.184,65 DM. Beide Beträge könne die Beklagte als Aufwendungsersatz im Wege des Zurückbehaltungsrechtes höchstens geltend machen. Weil die Beklagte ein Vielfaches des ihr tatsächlich zustehenden Betrages im Gegenzug des Anerkenntnisses verlange, sei Klage geboten gewesen, und deshalb trage die Beklagte die Kosten des Verfahrens.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger das deutsche Patent DE 595 02 611.7 zu übertragen;

2. die Beklagte wird verurteilt, die Einwilligung in die Umschreibung des deutschen Patents DE 595 02 611.7 in der Patentrolle zu erteilen.

Die Beklagte hat,

die Klageanträge mit der Maßgabe anerkannt, dass die Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung von 32.357,05 DM durch den Kläger an die Beklagte erfolgt.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie könne die Begleichung sämtlicher Rechnungen in Höhe von 32.357,05 DM fordern. Daher stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des geltend gemachten Betrages zu. Zudem müsse der Kläger die Kosten des Rechtsstreits tragen, da die Beklagte und ihr Ehemann stets zur Übertragung des Schutzrechts unter Erstattung der benannten Aufwendungen bereit gewesen sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

Hinsichtlich der Vindikationsklage hat die Beklagte die Klageforderung anerkannt.

II.

Die Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB in Höhe eines Betrages von 32.357,05 DM.

Die Beklagte kann vom Kläger aus abgetretenem Recht einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 32.357,05 DM verlangen. Grundlage dieses Anspruchs ist die entsprechende Anwendung der Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nach §§ 994, 1000 BGB. Danach kann ein Anspruchsgegner einer Patent-Vindikationsklage die Zahlung der Kosten verlangen, die dieser zum Zwecke der Erwirkung und Aufrechterhaltung des Patents aufgewendet hat und die auch dem Berechtigten hinsichtlich des Patents zugute kommen (vgl. BGH GRUR 1982, 95). Nach § 994 BGB liegt eine notwendige Verwendung vor, wenn sie zur Erhaltung oder zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nach objektiven Maßstäben zum Zeitpunkt der Vornahme erforderlich ist (vgl. z. B. Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 994 Rn. 5 mit Hinweisen auf BGH NJW 1996, 921).

So liegt der Fall auch hier. Bei den von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich um notwendige Verwendungen. Die Verwendung, die in den unstreitig aufgewendeten Kosten für die Erlangung und Aufrechterhaltung des Patents bestanden, waren zum Zeitpunkt der Vornahme erforderlich. Unwidersprochen hat die Beklagte vorgetragen, die PCT-Anmeldung und die Anmeldung des europäischen Patents sowie die Durchführung der nationalen Phase bezüglich des deutschen Anteils, der den Streitgegenstand der Vindikation darstellt, seien einverständlich vom Zedenten und dem Kläger gewünscht worden. Beide hätten die Vornahme der Anmeldung mit der Maßgabe gewollt, dass die genannten Länder benannt worden sind, wobei sie damals noch nicht abschätzen konnten, in welchen Ländern sie die nationalen Phasen einleiten wollten.

Der entgegenstehende Vortrag des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2002, nach welchem der Kläger dem Zeugen G1xxxxx S3xxx keinen Auftrag zur streitgegenständlichen internationalen Anmeldung erteilt haben will und dies nicht seinem Willen entsprochen habe, findet wegen Verspätung des Vorbringens nach § 296 Abs. 1 ZPO keine Berücksichtigung. Diesen Vortrag hat der Kläger entgegen der ihm gesetzten Replikfrist erst in mündlicher Verhandlung vom 07.03.2002 vorgebracht, wohingegen er den gesamten Prozessverlauf zuvor den gegensätzlichen Vortrag der Beklagten nicht bestritten hat.

Der Rechtsstreit wird unter Zugrundelegung des absoluten Verzögerungsbegriffes verzögert. Hätte der Kläger seinen Vortrag innerhalb der ihm gesetzten Frist vorgetragen, so wäre es der Kammer aufgrund der Terminslage an diesem Tag möglich gewesen, den als Zeugen benannten Herrn G1xxxxx S3xxx zu vernehmen; am Terminstage war die vorliegende Sache auf 10.45 Uhr anberaumt; danach standen keine weiteren Termine an. Demnach wäre ein erneuter Termin zur Beweisaufnahme nach dem 07.03.2002 erforderlich geworden, weshalb der Rechtsstreit – unterstellt dieser sei zugelassen worden – durch den verspäteten Vortrag des Klägers verzögert worden wäre.

Überdies spielt es keine Rolle, ob der Kläger die Anmeldungen aus heutiger Sicht nicht für erforderlich hält, denn es ist nach dem zugrunde zu legenden Vortrag darauf abzustellen, welche Maßnahmen zum Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen – hier der PCT-Anmeldung und der Anmeldung des europäischen Patents – notwendig waren.

Ferner kann der Kläger nicht mit dem Argument durchdringen, die damaligen PCT-Anmeldungen und die Anmeldung des europäischen Patents und die dadurch entstehenden Kosten würden ihm zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zugute kommen, weshalb sie von ihm nicht zu bezahlen wären. Es ist nicht erforderlich, dass eine Wertsteigerung, ein fortdauernder Nutzen oder ein Erfolg der Maßnahme gegeben sind (BGH NJW 1996, 921; Palandt a.a.O., § 994 Rn. 5).

Selbst wenn man die vorgenannte Rechtsansicht zugunsten des Klägers nicht berücksichtigt, kann der Kläger die Begleichung der aufgewendeten Kosten auch deshalb nicht verweigern, weil die Beklagte und ihr Ehemann nach der PCT-Anmeldung angeboten haben, die Patente gegen Übernahme einer Kostenerstattung zu übernehmen, und dieses Angebot bereits abgegeben war, bevor das europäische Patent, abgesehen von seinem deutschen Teil, aufgegeben worden ist. Diesen Vortrag der Beklagten in mündlicher Verhandlung vom 07.03.2002 hat der Kläger nicht bestritten. Ein solches Vorgehen, also die Übernahme der Patente zuvor abzulehnen und später die gezahlten Kosten nicht erstatten zu wollen, wäre nach Ansicht der Kammer ein widersprüchliches Verhaltens, welches treuwidrig ist.

Da die Aufwendungen der Höhe nach unstreitig sind, besteht das Zurückbehaltungsrecht in geltend gemachter Höhe. Soweit der Kläger eine unbedingte Verurteilung erstrebt, ist die Klage deshalb abzuweisen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger gemäß § 92 Abs.1 ZPO und § 93 ZPO.

1.

Die Beklagte hat sofort anerkannt. Denn sie hat bereits in ihrer Klageerwiderung das Anerkenntnis verbunden mit dem Zug-um-Zug-Antrag gestellt. Dies genügt um die Voraussetzung eines sofortigen Anerkenntnisses im Sinne des § 93 ZPO zu erfüllen (vgl. z. B. Zöller/Herget, 22. Aufl., § 93 Rn. 6 Stichwort „Einwendungen“).

2.

Die Beklagte hat keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Keine Veranlassung zur Klageerhebung hat gegeben, wenn ein Beklagter auf einen unberechtigten Anspruch auf eine Verurteilung zur Leistung schlechthin nur eine vorhandene Verpflichtung Zug-um-Zug anerkannt hat (vgl. z.B. Baumbach/Albers/Lauterbach/Hartmann, ZPO, § 93 Rn. 84 Stichwort: „Zug-um-Zug-Anspruch“).

Dies ist vorliegend der Fall. Unstreitig haben die Beklagte oder ihr Ehemann – vgl. z. B. das Schreiben vom 02.02.2001 (Anlage L 5) – die Bereitschaft bekundet, das Schutzrecht zu übertragen, wenn ihnen die benannten Aufwendungen bezahlt werden.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 1 und 708 Nr.11 sowie § 711 Satz 1 ZPO.

Dr. K3xxxx Dr. T1xxxxx D1. C1xxxxxxxx