2 U 58/13 – Zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung und Schablone

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2193

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juni 2014, Az. 2 U 58/13

Vorinstanz: 4b O 13/12

I. Die Berufung gegen das am 4. Juli 2013 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

GRÜNDE:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 143 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach sowie die Beklagte zu 1) zusätzlich auf Rückruf und Vernichtung in Anspruch.

Das Klagepatent wurde am 29. November 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität dreier US-Patentschriften vom 30. November 1998, vom 4. Dezember 1998 sowie vom 16. Februar 1999 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 10. August 2011 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents, der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 699 43 6XX.Y geführt wird, ist in Kraft. Über den durch die Beklagte zu 1) mit einem patentanwaltlichen Schriftsatz vom 9. Mai 2012 gegen die Erteilung des Klagepatents eingelegten Einspruch hat das Europäische Patentamt noch nicht entschieden.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „B“ („B“). Sein durch die Klägerin allein geltend gemachter Patentanspruch 1 ist wie folgt formuliert:

„In combination:

a dental repositioning appliance (105) comprising an elastic polymeric shell having tooth receiving cavities removably placeable over at least one dental feature wherein the appliance is configured to engage an attachment device (100) mountable on the dental feature when the appliance is positioned over the dental feature to enable the repositioning appliance (105) to apply force to reposition the teeth from their current configuration; and,

a template fabricated from a mould of a patient’s actual tooth configuration, for forming on a target tooth an attachment device (100) to anchor said dental repositioning appliance (105) in place on a patient’s teeth to enable the repositioning appliance to apply force to reposition the teeth from their current configuration, the template having a cavity (401) conforming to a portion of the surface of the target tooth and a receptacle (302) to receive polymerisable material (400) to form the attachment device, wherein the template is of a design which is unsuitable for said repositioning appliance or is of a configuration which differs from the tooth configuration of said repositioning appliance.”

Nach der durch die Klägerin als Anlage K 5a vorgelegten Übersetzung weist Patentanspruch 1 folgende Fassung auf:

„In Kombination:

eine zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung (105), die eine elastische Schale aus Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne umfasst, die wieder entfernbar auf mindestens einer Zahnanordnung aufbringbar ist, wobei die Vorrichtung konfiguriert ist, um ein Befestigungsmittel (100), das an der Zahnanordnung befestigbar ist, aufzunehmen, wenn die Vorrichtung über der Zahnanordnung positioniert wird, damit die Repositionierungsvorrichtung (105) eine Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu repositionieren; und

eine Schablone, die ausgehend von einem Abdruck der tatsächlichen Zahnkonfiguration eines Patienten hergestellt wurde, um an einem Ziel-Zahn ein Befestigungsmittel (100) anzuformen, um die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung an einem Ort am Zahn des Patienten zu verankern, damit die Repositionierungsvorrichtung Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu positionieren, wobei die Schablone eine Kavität (401), die mit einem Teil der Oberfläche des Ziel-Zahns übereinstimmt und eine Aufnahme (302) zum Aufnehmen polymerisierbaren Materials (400) zur Ausbildung des Befestigungsmittels aufweist, und die Schablone eine Form aufweist, die entweder als die Repositionierungsvorrichtung ungeeignet ist, oder eine Konfiguration hat, die sich von der Zahnkonfiguration der Repositionierungsvorrichtung unterscheidet.“

Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen Figuren 1, 7 und 16 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 1 stellt nach der Klagepatentbeschreibung einen Zahn eines Patienten dar, an dem ein erfindungsgemäßes Befestigungsmittel angeklebt ist.

In Figur 7 ist ein beispielhaftes keilförmiges Befestigungsmittel der vorliegenden Erfindung in Kombination mit einer zahnärztlichen Positioniervorrichtung gezeigt, in dem Kavitäten bzw. Hohlräume zum wieder entfernbaren Aufnehmen des Befestigungsmittels ausgebildet sind.

Schließlich zeigt Figur 16 eine Schablone für mehrere Zähne mit einem Griff zum Einsatz bei einer Insitu-Ausbildung von Befestigungsmitteln.

Wie aus der vorstehend eingeblendeten Abbildung zu ersehen ist, weist die Schablone Aufnahmekavitäten (401) für Zähne sowie Aufnahmen (302) zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials (400) zur Ausbildung des Befestigungsmittels (100) auf.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) sind, stellt her, bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „C“ durchsichtige Zahnkappen bzw. Zahnschienen und Schablonen (zusammen nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Bei den Zahnschienen handelt es sich um Repositionierungsvorrichtungen mit einer elastischen Schale aus einem Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne, die wieder entfernbar auf einer Zahnanordnung aufbringbar sind. Während die Zahnschienen ein Befestigungsmittel aufnehmen können, stellen die Schablonen einen Negativabdruck der tatsächlichen Zahnanordnung eines jeweiligen Patienten dar. Mit Hilfe der Schablonen soll der Zahnarzt ein oder mehrere Befestigungsmittel an vorbestimmte Zähne kleben.

Die Ausgestaltung der angegriffenen Zahnschiene verdeutlichen die nachfolgend verkleinert eingeblendeten, der Klageschrift entnommenen Fotografien:

Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.

Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht.

Die Beklagten, die um Klageabweisung, hilfsweise um die Gewährung von Vollstreckungsschutz sowie um eine Aussetzung des Rechtstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den durch die Beklagte zu 1) gegen die Erteilung des Klagepatents erhobenen Einspruch gebeten haben, haben geltend gemacht: Das Klagepatent werde sich sowohl unter den Gesichtspunkten der mangelnden Neuheit und des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit, als auch in Bezug auf das Vorliegen einer unzulässigen Erweiterung sowie einer unzureichenden Offenbarung im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Anspruch eine Reihe nicht schutzbereichsbestimmender Merkmale aufweise, die folglich auch nicht zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik herangezogen werden könnten.

Durch Urteil vom 4. Juli 2013 hat das Landgericht Düsseldorf in der Hauptsache wie folgt erkannt:

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an dem Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3), zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland ein System zur Repositionierung einer Zahnanordnung herzustellen, anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, das die folgende Kombination aufweist:

eine zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung, die eine elastische Schale aus Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne umfasst, die wieder entfernbar auf mindestens einer Zahnanordnung aufbringbar ist, wobei die Vorrichtung konfiguriert ist, um ein Befestigungsmittel, das an der Zahnanordnung befestigbar ist, aufzunehmen, wenn die Vorrichtung über der Zahnanordnung positioniert wird, damit die Repositionierungsvorrichtung eine Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu repositionieren; und

eine Schablone, die ausgehend von einem Abdruck der tatsächlichen Zahnkonfiguration eines Patienten hergestellt wurde, um an einem Ziel-Zahn ein Befestigungsmittel anzuformen, um die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung an einem Ort am Zahn des Patienten zu verankern, damit die Repositionierungsvorrichtung Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu positionieren, wobei die Schablone die Kavität, die mit einem Teil der Oberfläche des Ziel-Zahns übereinstimmt und eine Aufnahme zum Aufnehmen polymerisierbaren Materials zur Ausbildung des Befestigungsmittels aufweist, und die Schablone eine Form aufweist, die entweder als die Repositionierungsvorrichtung ungeeignet ist, oder eine Konfiguration hat, die sich von der Zahnkonfiguration der Repositionierungsvorrichtung unterscheidet.

2. der Klägerin durch Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1. beschriebenen Handlungen seit dem 10.09.2011 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Angaben zu b) Kopien von Rechnungen, hilfsweise von Lieferscheinen vorzulegen hat und

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstandenen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen, unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten, oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben;

2. die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 10.09.2011 in Verkehr gebrachten Erzeugnissen gegenüber gewerblichen Abnehmer zurückzurufen, in dem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Patents EP 1 143 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse unterbreitet wird und den Abnehmern für den Fall der Rückübertragung eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Übertragungskosten für die Rückübertragung zugesagt wird, sowie die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtend sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 10.09.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Da die angegriffene Ausführungsform unstreitig von sämtlichen Merkmalen des streitgegenständlichen Patentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch mache, stünden der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz, Vernichtung sowie Rückruf aus den Vertriebswegen zu. Für eine Aussetzung des Rechtsstreits bestehe keine Veranlassung. Insbesondere könnten die Beklagten nicht mit Erfolg den Einwand der unzulässigen Erweiterung erheben, da die maßgebliche PCT-Anmeldung nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt worden sei. Aus diesem Grund könne das Landgericht nicht selbstständig prüfen, ob das Vorbringen der Beklagten den Einwand der unzulässigen Erweiterung trage. Darüber hinaus lasse sich eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit des Einspruchs wegen fehlender Neuheit nicht feststellen, wobei die Beklagten die Entgegenhaltung US 5,242,304 (Entgegenhaltung D 2 im Einspruchsverfahren) auch lediglich in englischer Sprache vorgelegt hätten. Schließlich werde die durch Patentanspruch 1 beanspruchte Erfindung in der Klagepatentschrift unter Berücksichtigung der Patentbeschreibung und der Ausführungsbeispiele auch hinreichend offenbart.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Begehren auf Aussetzung des Rechtsstreits weiter.

Sie wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen geltend: Das Landgericht habe verkannt, dass es sich bei dem patentgemäßen Verfahren um ein sogenanntes „Indirect Bonding-Verfahren“ handele, das in der Kieferorthopädie seit Jahrzehnten zum etablierten Stand der Technik gehöre. Zudem habe das Landgericht eine Prüfung der von den Beklagten geltend gemachten unzulässigen Erweiterung unter Verweis auf die lediglich in englischer Sprache vorgelegte maßgebliche PCT-Anmeldung verweigert, obwohl ein Vergleich der Anspruchsmerkmale mit der betreffenden Offenbarung auch gänzlich ohne Kenntnis der englischen Sprache möglich gewesen wäre, da einzelne, in Patentanspruch 1 zu findende Begriffe keinerlei Stütze in der Beschreibung fänden.

Die Beklagten beantragen,

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch gegen das Klagepatent auszusetzen und nach Widerruf des Patents das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz und die Beklagte zu 1) zusätzlich zum Rückruf und zur Vernichtung verurteilt. Der Klägerin stehen entsprechende Ansprüche aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.

1.
Das Klagepatent betrifft verbesserte Systeme und Verfahren zum (wieder entfernbaren) Befestigen einer zahnärztlichen Positionierungsvorrichtung an den Zahnanordnungen eines Patienten bei einer kieferorthopädischer Behandlung.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, dienen kieferorthopädische Behandlungen unter anderem dazu, falsch ausgerichtete Zähne, etwa aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung der Bissformen, zu repositionieren. Die zu diesem Zweck herkömmlicherweise zum Einsatz kommenden Zahnspangen würden beispielsweise sogenannte Brackets, Bänder und Drahtbögen umfassen, wobei die Brackets und Bänder unter Verwendung eines geeigneten Materials an den Zähnen des Patienten angeklebt würden. Ein Drahtbogen verbinde die Brackets miteinander und übe Kräfte auf sie aus, um die Zähne im Verlauf der Zeit zu bewegen.

Derartige Systeme seien zwar wirksam, würden aber nicht nur zahlreiche Termine bei einem Kieferorthopäden erforderlich machen, sondern seien für den Patienten zudem auch unansehnlich und unbequem. Zudem werde die Reinigung der Zähne durch die Drahtbögen erschwert.

Im Stand der Technik, beispielsweise in der US 5,975,893 sowie der WO 98/58596, werde daher der Einsatz elastischer Positioniervorrichtungen zum Ausrichten der Zähne vorgeschlagen. Derartige Vorrichtungen würden eine dünne Hülle aus einem elastischen, sich an die Zähne des Patienten anpassenden Material umfassen. Da das Material zur ursprünglichen Zahnanordnung geringfügig versetzt sei, würden die Zähne bei einer Wiederholung des Vorgangs mit aufeinanderfolgenden, neue Zahnstellungen enthaltenden Vorrichtungen schließlich über eine Reihe von Zwischenstellungen in eine gewünschte abschließende Position bewegt.

Derartige Polymer-Positioniervorrichtungen könnten nicht nur einfach angewendet werden, sondern böten aufgrund ihrer Transparenz zugleich auch ein verbessertes kosmetisches Erscheinungsbild. Darüber hinaus übten sie aufgrund ihrer Steifigkeit erhebliche Kräfte auf die Zähne aus. Die Verankerungs- und Repositionier-Fähigkeiten wieder entfernbarer elastischer Positioniervorrichtungen würden jedoch unter anderem von den physischen Merkmalen und der Anordnung bzw. der Stellung der Zähne des Patienten abhängen. Außerdem sei es bei schalenförmigen elastischen Polymer-Positioniervorrichtungen schwierig, bestimmte Kräfte, etwa zum Herausziehen oder Anheben eines Zahns relativ zum Kiefer, auf einzelne Zähne auszuüben.

Ausgehend von dem in der Klagepatentschrift zitierten Stand der Technik, der sieben weitere US-Patentschriften umfasst, liegt dem Klagepatent die Aufgabe zu Grunde, ein System von Zahnkorrekturvorrichtungen bereitzustellen, mit dem erforderliche Kräfte, insbesondere Auszieh- und Rotationskräfte und andere gerichtete Kräfte in gewünschten Richtungen auf ausgewählte Zähne zu bestimmten Zeiten während der Behandlung ausgeübt werden können. Darüber hinaus sollen die Kosten für kieferorthopädische Behandlungen reduziert werden.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 eine Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Kombination einer zahnärztlichen Repositionierungsvorrichtung (105) und einer Schablone.

2. Die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung (105)

a) umfasst eine elastische Schale aus Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne,

b) ist wieder entfernbar auf mindestens einer Zahnanordnung aufbringbar,

c) ist konfiguriert, um ein Befestigungsmittel (100), das an der Zahnanordnung befestigbar ist, aufzunehmen, wenn die Vorrichtung über der Zahnanordnung positioniert wird, damit die Repositionierungsvorrichtung (105) eine Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu repositionieren.

3. Die Schablone

a) wurde ausgehend von einem Abdruck einer tatsächlichen Zahnkonfiguration eines Patienten hergestellt,

(1) um einem Ziel-Zahn ein Befestigungsmittel (100) anzuformen,

(2) um die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung (105) an einem Ort am Zahn des Patienten zu verankern

(3) und um mit der Repositionierungsvorrichtung (105) eine Kraft zur Repositionierung der Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu erreichen;

b) weist eine Kavität (401) auf, die mit einem Teil der Oberfläche des Ziel-Zahns übereinstimmt;

c) weist eine Aufnahme (302) zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials (400) zur Ausbildung des Befestigungsmittels (100) auf;

d) weist eine Form auf, die entweder als Repositionierungsvorrichtung (105) ungeeignet ist,

oder

hat eine Konfiguration, die sich von der Zahnkonfiguration der Repositionierungsvorrichtung (105) unterscheidet.

Patentanspruch 1 knüpft somit an die Erkenntnis an, dass die eigenen Zahnflächen eines Patienten häufig nicht ausreichen, um eine zufriedenstellende Verankerung einer Positioniervorrichtung zu gewährleisten. Aus diesem Grund sollen an im Voraus ausgewählten Befestigungspunkten an den Zähnen Befestigungsmittel angebracht werden, die nicht nur die Verankerung der Positioniervorrichtungen verbessern, sondern zugleich die Übertragung anderer, ohne diese Befestigungsmittel nicht übertragbarer Kräfte ermöglichen (vgl. Anlage K 5a, S. 4, letzter Absatz = Anlage K 5, Abschnitt [0016]).

Dafür ist es notwendig, dass das am Zahn angeordnete Befestigungsmittel derart mit der Repositionierungsvorrichtung in Eingriff gelangt, dass neben der Verankerung auch eine hinreichende Kraftübertragung möglich ist. Entsprechend sieht Merkmal 2. lit. c) vor, dass die Repositionierungsvorrichtung so konfiguriert („eingerichtet“) sein soll, dass sie in der Lage ist, ein an der Zahnanordnung befestigbares Befestigungsmittel aufzunehmen, damit die Repositionierungsvorrichtung eine die Repositionierung der Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration ermöglichende Kraft ausüben kann. Zwar weisen die Beklagten zu Recht darauf hin, dass es sich bei Letzterem um eine Zweckangabe handelt. Dies bedeutet aber nicht, dass diese keine schutzbereichsbestimmende Funktion hat. Vielmehr beschreibt sie die räumlich-körperliche Ausgestaltung der in Merkmal 2 lit. c) genannten Aufnahmemöglichkeit für das Befestigungsmittel mittelbar (vgl. BGH, GRUR 2009, 837 – Bauschalungsstütze; BGH, GRUR 2006, 923 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; Schulte/Rinken/ Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl., § 14 Rz. 84). Damit das Befestigungsmittel die ihm zugewiesene Aufgabe, die Repositionierungsvorrichtung hinreichend zu verankern und eine Kraftübertragung zu ermöglichen, wahrnehmen kann, reicht es nicht, dass sie in irgendeiner Form in der Repositionierungsvorrichtung aufgenommen wird. Die Aufnahme muss vielmehr konstruktiv so gestaltet sein, dass bei gleichzeitiger Verankerung der Repositionierungsvorrichtung eine die Repositionierung der Zähne ermöglichende Kraft übertragen werden kann.

Damit eine optimale Kraftübertragung gewährleistet wird, muss das Befestigungsmittel an einem ganz bestimmten Befestigungspunkt angebracht werden, denn nur so kann es als Wirkpunkt dienen (vgl. Anlage K 5a, S. 9, zweiter Absatz = Anlage K 5, Abschnitt [0026]), der die gewünschte Kraftübertragung für die Repositionierung der Zähne ermöglicht. Eine solche, möglichst exakte Positionierung der Befestigungsmittel soll durch die den Gegenstand der Merkmalsgruppe 3 bildende und in Kombination mit der Repositionierungsvorrichtung beanspruchte Schablone sichergestellt werden.

Die Schablone wird in Patentanspruch 1 dahingehend näher beschreiben, dass sie (1) von einem Abdruck einer tatsächlichen Zahnkonfiguration eines Patienten hergestellt wurde, (2) eine zum Teil mit der Oberfläche des Ziel-Zahns übereinstimmende Kavität aufweist, (3) über eine Aufnahme zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials zur Ausbildung des Befestigungsmittels verfügt und (4) entweder eine Form aufweist, die sie als Repositionierungsvorrichtung ungeeignet erscheinen lässt oder eine andere Zahnkonfiguration als die Repositionierungsvorrichtung aufweist.

Damit die Schablone die ihr zugewiesene Funktion wahrnehmen kann, muss sie nicht nur ausgehend von einem Abdruck der tatsächlichen Zahnkonfiguration des Patentienten hergestellt worden sein (Merkmal 3 lit. a)), sondern sie muss insbesondere eine Kavität aufweisen, die mit einem Teil der Oberfläche des Ziel-Zahns übereinstimmt (Merkmal 3 lit. b). Nur so wird sichergestellt, dass die Schablone auf den Ziel-Zahn aufgesetzt werden und das Befestigungsmittel mit Hilfe der in Merkmal 3 lit. c) genannten Aufnahme an der exakten Position angebracht werden kann.

Vor dem Hintergrund der der Schablone zugewiesenen Funktion handelt es sich bei der weiteren Vorgabe, die Aufnahme solle zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials zur Ausbildung des Befestigungsmittels dienen, nicht lediglich um eine allgemeine, den Schutzbereich nicht beschränkende Zweckangabe. Vielmehr wird die Aufnahme damit mittelbar räumlich-körperlich dahingehend beschrieben, dass sie sowohl in ihrer Form als auch in ihrem Material derart ausgebildet sein muss, dass sie das polymerisierbare Material zur Ausbildung des Befestigungsmittels aufnehmen kann (vgl. auch Anlage K 5a, S. 12 oben = Anlage K 5, Abschnitt [0029]). Nur so kann die Schablone gewährleisten, dass sich das Befestigungsmittel an seiner optimalen Position befindet (vgl. Anlage K 5a, S. 10 unten = Anlage K 5, Abschnitt [0029]). Durch eine entsprechende Positionierung der Aufnahme befindet sich das polymerisierbare Material in dem Moment, wo die Schablone in den Mundraum eingeführt und dort positioniert wird, an der richtigen Position in Kontakt mit der Zahnoberfläche und kann auf jede beliebige Weise, etwa durch einen Stimulus von außen, polymerisiert werden, wobei das Material durch die Polymerisation ausgehärtet und zugleich an der Zahnoberfläche angeklebt wird. Wird die Schablone sodann entfernt, verbleibt das so ausgebildete Befestigungsmittel an der dafür vorgesehenen Position an der Zahnoberfläche (vgl. Anlage K 5a, S. 10 unten – S .11 oben = Anlage K 5, Abschnitt [0029]; Anlage K 5a, S. 11 unten – S. 12 oben = Anlage K 5, Abschnitt [0031]).

Dass die Schablone und die Repositionierungseinrichtung nicht baugleich sein dürfen, sondern sich in ihrer Form und/oder ihrer Zahnkonfiguration unterscheiden müssen (Merkmal 3 lit. d)), ist letztlich die Folge ihrer unterschiedlichen Funktion. Während die Repositionierungsvorrichtung eine solche Kraft auf die Zähne ausüben muss, dass deren Anordnung in der gewünschten Weise verändert wird, bedarf es einer Gestaltung der Schablone, die eine möglichst optimale Positionierung der Befestigungsmittel sicherstellt. Entsprechend kann die Schablone beispielsweise, ohne dass die Erfindung darauf reduziert werden darf, einen Griff aufweisen, der die optimale Positionierung der Schablone und damit auch der Befestigungsmittel ermöglichst, bei der über eine längere Zeit im Mund des Patienten befindlichen Repositionierungsvorrichtung aber stören würde (vgl. Anlage K 5a, S. 11 oben = Anlage K 5, Abschnitt [0029]).

2.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die unstreitige Schutzrechtsverletzung zur Unterlassung und, weil sie das Klagepatent jeweils schuldhaft verletzt haben, auch zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihrer Schadensersatzansprüche zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil ebenso zutreffend dargelegt wie die Verpflichtung der Beklagten zu 1) zum Rückruf und zur Vernichtung. Da die Beklagten diesen Ausführungen des Landgerichts im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten sind, wird darauf zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen.

III.
Für eine Aussetzung des Rechtsstreits besteht keine Veranlassung, § 148 ZPO.
1.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Aussetzung eines Patentverletzungsrechtsstreits wegen eines gegen das Klagepatent ergriffenen Rechtsbehelfs Zurückhaltung geboten. Eine zu großzügige Aussetzungspraxis hätte zur Folge, dass das ohnehin zeitlich begrenzte Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers praktisch suspendiert und Rechtsbehelfe gegen erteilte Patente geradezu herausgefordert würden. Sie stünde überdies im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Rechtsbehelfen gegen Patente kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt. Deshalb sieht sich der Senat im Allgemeinen nur dann zu einer Aussetzung nach § 148 ZPO veranlasst, wenn die Vernichtung bzw. der Widerruf des Klagepatents nicht nur möglich, sondern überwiegend wahrscheinlich ist. Nach der Entscheidung „Steinknacker“ (Mitt. 1997, 257 – 261) ist die Frage der Aussetzung des Patentverletzungsstreits in zweiter Instanz lediglich unter etwas weniger strengen Gesichtspunkten zu beurteilen, wenn – wie hier – bereits ein erstinstanzliches Urteil zugunsten des Patentinhabers vorliegt, aus dem dieser gegen Sicherheitsleistung vollstrecken kann. So kann in einer solchen Situation der Umstand, dass ein gegen ein erteiltes Patent ergriffener Rechtsbehelf sich nur auf bereits gewürdigten Stand der Technik stützt, nicht von vornherein eine Zurückweisung des Aussetzungsbegehrens rechtfertigen. Aber auch nach dieser Entscheidung ist eine Aussetzung erst dann geboten, wenn mehr für als gegen die Vernichtung oder den Widerruf des Patents spricht.

2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Rechtsstreits, auch unter Berücksichtigung des als Anlage CBH 5 zur Akte gereichten und die Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen Patentanspruchs bejahenden Zwischenbescheides, nicht vor.

a)
Dass der Gegenstand des Klagepatents auf einer unzulässigen Erweiterung im Sinne von § 123 Abs. 2 EPÜ beruht, vermag der Senat anhand des Vorbringens der Beklagten nicht zu erkennen.

(1)
Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet sein, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht als zur Erfindung gehörend erkennen lässt (BGH GRUR 2011, 1109, 1111 – Unzulässige Erweiterung eines Patentgegenstandes; BGH, GRUR 2005, 1023, 1024 – Einkaufswagen II; BGH GRUR 2010, 513 – Hubgliedertor II). Für die Beurteilung der Frage, ob der hier allein streitgegenständliche Patentanspruch 1 auf einer unzulässigen Erweiterung beruht, ist daher der durch diesen Patentanspruch definierte Gegenstand mit dem Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldung zu vergleichen. Der Inhalt der Anmeldung wird dabei nicht durch den Inhalt der ursprünglichen Ansprüche begrenzt (BGH GRUR 1992, 157 – Frachtcontainer; Schulte/Moufang, a. a. O.). Vielmehr dürfen alle Gegenstände, die sich einem Fachmann aus der ursprünglichen Anmeldung ohne Weiteres, das heißt unmittelbar und eindeutig (BGH GRUR 2010, 599, 601 – Formteil; BGH GRUR 2010, 910 – Fälschungssicheres Dokument) erschließen, zum Gegenstand eines Patents gemacht werden und stellen daher keine unzulässige Erweiterung dar (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O).

(2)
Geht man davon aus, hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass sich das Vorliegen einer unzulässigen Erweiterung ohne die Vorlage einer Übersetzung der maßgeblichen PCT-Anmeldung, welche die Beklagten im Übrigen auch nicht in der englischen Fassung zur Akte gereicht haben, nicht feststellen lässt. Da es nicht darauf ankommt, dass sich die entsprechenden Begriffe selbst in der ursprünglichen Anmeldung finden, sondern darauf, ob alle Merkmale des streitgegenständlichen Patentanspruchs eine Stütze in der Beschreibung finden, lässt sich die Frage, ob Patentanspruch 1 auf einer unzulässigen Erweiterung beruht, für den Senat nur beurteilen, wenn die Schrift durch die Beklagten auch vorgelegt wurde, und zwar, da es auf den Gesamtoffenbarungsgehalt der PCT-Anmeldung ankommt, in deutscher Sprache. Der Vorlage einer – auch vom Senat mit seiner verfahrensleitenden Verfügung ausdrücklich angeforderten – Übersetzung bedarf es dabei auch, soweit die Beklagten darauf abstellen, die Klägerin habe einzelne Merkmale lediglich mosaikartig aus der Beschreibung zusammengesucht. Denn auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob die entsprechenden Merkmale sprachlich als eine Einheit offenbart sind, sondern allein darauf, ob sie inhaltlich, das heißt unter Berücksichtigung der gesamten Offenbarung, als zusammengehörig beschrieben werden.

b)
Ebenso wie das Landgericht vermag der Senat die Ansicht der Beklagten, Patentanspruch 1 werde nach Art. 100 lit. b) EPÜ i. V. m. Art. 83 EPÜ wegen mangelnder Ausführbarkeit widerrufen, weil der Fachmann im Unklaren gelassen werde, wie die Bedingungen des Merkmals 3 lit. d) erfüllt werden könnten, nicht zu teilen.

(1)
Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen (BGH GRUR 2010, 916 – Klammernahtgerät; BGH, Urt. v. 25. März 2010, BeckRS 2010, 12084; Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, § 2 Rz. 659; Busse/Keugenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl.,
§ 34 Rz. 273). Dies setzt nicht voraus, dass mindestens eine mögliche Ausführung der Erfindung im Einzelnen so offenbart ist, wie dies für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme (s. dazu BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 – Olanzapin) oder die Übereinstimmung mit der Ursprungsoffenbarung (s. dazu BGH, GRUR 2010, 910 – Fälschungssicheres Dokument) erforderlich wäre. Sowohl bei der Neuheitsprüfung als auch bei der Prüfung, ob die im Patentanspruch enthaltene technische Lehre einer Erfindung ursprungsoffenbart ist, kommt es darauf an, ob der Fachmann diese Lehre dem jeweiligen Vergleichstext unmittelbar und eindeutig entnehmen kann. Dagegen stellt sich bei der Prüfung der Ausführbarkeit die Frage, ob die in der Anmeldung oder dem Patent enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Der Offenbarungsbegriff unterscheidet sich somit je nach Kontext in seiner Funktion. Ebenso wenig wie eine im Verletzungsprozess angegriffene Ausführungsform im Patent offenbart sein muss, um unter seinen Gegenstand oder in seinen Schutzbereich zu fallen, erfordert eine ausführbare Offenbarung notwendig die (vollständige) Offenbarung einer Ausführungsform. Vielmehr reicht es aus, wenn der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Bemühen Unvollständigkeiten ergänzen (vgl. schon RGZ 115, 280, 285) und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann (vgl. BGH GRUR 2010, 916, 918 – Klammernahtgerät ; BGHZ 112, 297 = GRUR 1991, 518 – Polyesterfäden).

(2)
Dies vorausgeschickt lässt das Klagepatent den Fachmann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darüber im Unklaren, wie er die in Merkmal 3 lit. d) genannte Bedingung erfüllen soll. Vielmehr werden auf Seite 11 der als Anlage K 5a vorgelegten Übersetzung (= Anlage K 5, Abschnitt [0029]) ausdrücklich Möglichkeiten genannt, wie etwa die Wahl eines bestimmten Materials oder eine bestimmte konstruktive Gestaltung der Schablone sicherstellen, dass diese nicht als Repositionierungsvorrichtung eingesetzt werden kann. Ebenso ist es möglich, die Schablone – anders als die Repositionierungsvorrichtung – an die aktuelle Zahnanordnung anzupassen, wodurch sich die Konfiguration der Schablone von derjenigen der Repositionierungsvorrichtung unterscheidet.

c)
Unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Beklagten lässt sich eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit des Einspruchs auch unter dem Gesichtspunkt fehlender Neuheit im Sinne von Art. 100 lit. a) i. V. m. Art. 54 EPÜ nicht feststellen.

(1)
In der durch die Beklagten erstmalig in der Berufungsinstanz in deutscher Übersetzung vorgelegten US 5,242,304 (Anlage CBH 4 = Entgegenhaltung D 2 im Einspruchsverfahren) wird die technische Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich offenbart.

Anhand des Vortrages der Beklagten ist bereits nicht ersichtlich, wo in der Entgegenhaltung die durch Patentanspruch 1 des Klagepatents beanspruchte Kombination aus Repositionierungsvorrichtung und Schablone offenbart sein soll (Merkmal 1). Insbesondere fehlt es an der Offenbarung einer Schablone im Sinne des Klagepatents.

Weshalb eine solche in der nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figur 5, auf welche die Beklagten im Wesentlichen Bezug nehmen, offenbart sein soll, erschließt sich unter Berücksichtigung des lediglich schlagwortartigen Vortrages der Beklagten nicht. Bei der Figur handelt es sich um eine Explosionsansicht eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der in der Entgegenhaltung beanspruchten Vorrichtung, nachdem sie auf einem Modell des Mundes des Patienten ausgebildet wurde.

Nach der zugehörigen Beschreibung kann die Dentalvorrichtung – also eine Repositionierungsvorrichtung, wie sie auch Gegenstand der Merkmalsgruppe 2 von Patentanspruch 1 des Klagepatents ist – hergestellt werden, indem zunächst mindestens einer der oberflächenmontierten dentalen Unterschnitte, bei denen es sich nach der Terminologie des Klagepatents um Befestigungsabschnitte handeln dürfte, an der Außenfläche eines beliebigen Zahns befestigt wird. Dann wird ein Abdruck des Mundes des Patienten in der Nähe der oberflächenmontierten Unterschnitte genommen. Das formerhaltende Material wird vom Mund des Patienten entfernt und ein Gussmaterial in den Abdruck eingegossen, um ein Modell des Mundes des Patienten und der Unterschnitte herzustellen, anhand dessen dann durch Aufbringen von Schichten die Dentalvorrichtung hergestellt wird. Die Befestigung der Unterabschnitte vor dem Herstellen des Modells gewährleistet, dass die Vertiefungen in der Dentalvorrichtung mit den Unterschnitten korrespondieren (vgl. Anlage CBH 4, S. 4).

Eine Schablone zur Herstellung der Befestigungsabschnitte, wie sie in der Merkmalsgruppe 3 des Klagepatents beschrieben wird, ist daher nach dem in der Entgegenhaltung beschriebenen Verfahren nicht erforderlich. Vielmehr sind die die Befestigungsabschnitte darstellenden Unterschnitte bereits vorhanden, so dass es insbesondere an einer Offenbarung des Merkmals 3 lit. c), wonach die Schablone eine Aufnahme zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials zur Ausbildung des Befestigungsmittels aufweisen soll, fehlt. Zwar begründet die Erkenntnis, dass eine bekannte Vorrichtung in einer neuen Weise verwendet werden kann, keine Neuheit der Sache selbst (Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, § 2 Rz. 510). Dass jedoch das in der Entgegenhaltung beschriebene formerhaltende Material überhaupt dazu geeignet ist, ein polymerisierbares Material aufzunehmen, entnimmt der Fachmann der Entgegenhaltung nicht und wird ihm vor dem Hintergrund, dass nach der Entgegenhaltung die Vertiefungen gerade auf den bereits angebrachten Unterschnitten beruhen, auch weder unmittelbar noch mittelbar offenbart. Insbesondere genügt für eine hinreichende Offenbarung auch nicht die in Spalte 6 im zweiten Absatz der als Anlage CBH 4 vorgelegten Übersetzung wie folgt beschriebene besondere Gestaltung:

„In einigen Fällen kann es allerdings erforderlich sein, ein Modell des Mundes des Patienten vor dem Befestigen der Unterschnitte (12) herzustellen und anschließend die Unterschnitte zum Herstellen der Dentalvorrichtung (38) am Modell zu befestigen. Daraufhin würden weitere Unterschnitte (12) an den Zähnen des Patienten derart befestigt, dass sie mit den Vertiefungen (45) auf der Vorrichtung ausgerichtet sind.“

Ein Hinweis darauf, wie diese Befestigung erfolgen soll, findet sich an dieser Stelle nicht, so dass der Fachmann insoweit auf das in Spalte 4 der Übersetzung in den Absätzen vier bis sechs beschriebene Verfahren, wonach die (bereits fertigen) Unterschnitte angeklebt werden, zurückgreifen wird. Dies gilt umso mehr, da in Spalte 5 im dritten Absatz ausdrücklich auch in Bezug auf Figur 5 auf dieses Verfahren verwiesen wird („indem zunächst mindestens einer der oberflächenmontierten dentalen Unterschnitte (12) unter Verwendung des vorstehend diskutierten Verfahrens […] zum Anbringen eines dentalen Unterschnitts an der Außenfläche eines beliebigen Zahns […] befestigt wird.“).

(2)
Auch im Hinblick auf die Druckschrift „Peter Schopf: Curriculum Kieferorthopädie (Auszug), Berlin, 1991“ (Entgegenhaltung D 1 im Einspruchsverfahren) lässt sich auf der Grundlage des vorgelegten Auszuges unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten nicht feststellen, dass die technische Lehre des Klagepatents in dieser Entgegenhaltung neuheitsschädlich offenbart wäre.

Das Landgericht hat hierzu ausgeführt:

„Die Beklagten haben bereits nicht dargetan, wo in der Entgegenhaltung D 1 das Merkmal 1 offenbart wird.

Darüber hinaus ist ihrem Vortrag nicht die Offenbarung des Merkmals 2a) zu entnehmen, wonach die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung eine elastische Schale aus Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne umfasst. Die Beklagten verweisen insoweit lediglich auf die Abb. 244 auf Seite 3 der Entgegenhaltung D 1. Dort ist ein „Lipbumper“ (Lippenstoßleiste) gezeigt, der/die als „starrer Boden mit vestibulären Kunststoffpelotten im unteren Frontbereich“ bezeichnet wird. Ohne weitere Erläuterung kann darin weder eine elastische Schale aus Polymermaterial erblickt werden noch irgendwelche Kavitäten für Zähne.

Auch die Offenbarung des Merkmals 2c) ist nicht ausreichend dargetan. Hiernach muss die zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung so konfiguriert sein, um ein Befestigungsmittel, das an der Zahnanordnung befestigbar ist, aufzunehmen, wenn die Vorrichtung über der Zahnanordnung positioniert wird, damit die Repositioniervorrichtung eine Kraft ausüben kann, um die Zähne aus ihrer gegenwärtigen Konfiguration heraus zu repositionieren. Der Hinweis der Beklagten auf die „attachment device“ (Brackets), die im Mund des Patienten platziert werden (S. 4, 3. Abs. der Entgegenhaltung D1), in die später Bögen einligiert werden (S. 6, letzte Zeile Entgegenhaltung D1), verfängt nicht. Selbst wenn die Brackets Befestigungsmittel im Sinne des Anspruchs 1 wären, so ergibt sich aus den zitierten Textstellen nicht, dass die (vermeintliche) Repositionierungsvorrichtung die Brackets aufnehmen kann. Nach den Ausführungen der Beklagten zu Merkmal 2a) ist die Repositioniervorrichtung die Lippenstoßleiste. Diese ist indes nicht so konfiguriert, um ein Befestigungsmittel aufzunehmen. Das sehen die Beklagten selbst so, wenn sie im Rahmen des Merkmals 2c) meinen, die Bögen seien „die eigentlichen“ repositioning appliance. Eine Unterscheidung zwischen „eigentlicher“ und „uneigentlicher“ Repositionierungsvorrichtung sieht Anspruch 1 allerdings nicht vor, auch wenn die erfindungsgemäße Vorrichtung mehrteilig ausgestaltet sein könnte. Die Bögen der Entgegenhaltung D1 umfassen keine elastischen Schalen aus Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für Zähne. Ferner ist nicht offenbart, dass die Lippenstoßleiste oder die Bögen „über“ der Zahnanordnung positioniert werden.

Dem Vorbringen der Beklagten ist gleichfalls nicht zu entnehmen, dass die Entgegenhaltung D 1 eine Schablone offenbart, die die Merkmale 3a) und/oder 3c) des Anspruchs 1 des Klagepatents zeigt. Den von den Beklagten genannten Textstellen (S. 4, letzter Absatz, S. 6, letzter Absatz, S. 5, unteres Drittel) kann zwar eine Kunststoffschablone entnommen werden, die auf den Kieferabdrücken des Patienten beruht, und die einen Beitrag zum Ankleben der Brackets leistet. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass diese Kunststoffschablone dazu dient, ein Befestigungsmittel (Bracket) an einem Zahn anzuformen, und eine Aufnahme zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials zur Ausbildung des Befestigungsmittels aufweist.“

(vgl. Urteil des Landgerichts, Entscheidungsgründe, IV. 6. b))

Diesen Erwägungen, die der Senat vollumfänglich teilt, sind die Beklagten im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

(3)
Schließlich ist eine Aussetzung der Verhandlung unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Neuheit auch nicht im Hinblick auf die WO 90/08512 (Entgegenhaltung D 8 im Einspruchsverfahren, „Lemchen“), die US 5,139,419 (Entgegenhaltung D 9 im Einspruchsverfahren, „Andreiko“) sowie die Schrift „von Bourauel/Drescher/Walter: Können die Kraftsysteme von Positionen durch den zusätzlichen Einsatz von Attachements beeinflusst werden? Eine experimentelle Studie. Kieferorthopädie (1997), 3, 183 – 186“ (Entgegenhaltung D 10 im Einspruchsverfahren) gerechtfertigt.

Gemäß Artikel 54 Abs. 1 EPÜ gilt eine Erfindung nicht als neu, wenn sie als Solche zum Stand der Technik gehört, dass heißt, die konkrete Erfindung muss in einer in sich geschlossenen Entgegenhaltung offenbart sein (vgl. Schulte/Moufang, Patentgesetz, 9. Auflage, § 3 Rz. 136; Haedicke/Timmann/Nägerl, Handbuch des Patentrechts, § 2 Rz. 478 f.). Vor diesem Hintergrund kommt es für die Frage der (fehlenden) Neuheit der durch das Klagepatent beanspruchten Erfindung nicht darauf an, ob, wie die Beklagten meinen, „wesentliche Aspekte der unabhängigen Ansprüche“ vorweggenommen sind. Entscheidend ist vielmehr, ob einer der Schriften alle Merkmale des streitgegenständlichen Patentanspruchs zu entnehmen sind. Dass dies in den Entgegenhaltungen D 8 bis D 10 der Fall ist, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich.

In Bezug auf die, entgegen der prozessleitenden Verfügungen ohnehin nur in englischer Sprache vorgelegte Entgegenhaltung D 8 beschränkt sich der Vortrag der Beklagten auf den Hinweis, dort sei bereits ein „Indirect bonding-Verfahren“ unter Anwendung einer Schablone zur Herstellung und Positionierung von „attachment devices“ offenbart, wobei die „attachment devices“ ein polymerisierbares, unter Licht aushärtbares Material aufweisen könnten.

Hinsichtlich der Entgegenhaltung D 9 verweisen die Beklagten allein darauf, dort sei ebenfalls ein „Indirect Bonding-Verfahren“ für Einrichtungen zur Korrektur von Fehlstellungen offenbart. Dass diese Entgegenhaltung die technische Lehre des Klagepatents weder neuheitsschädlich, noch naheliegend offenbart, liegt auf der Hand. Denn dort wird bereits keine zahnärztliche Repositionierungsvorrichtung mit einer elastischen Schale aus einem Polymermaterial mit Aufnahmekavitäten für die Zähne (Merkmal 2. lit. a)) offenbart. Vielmehr besteht die in der Entgegenhaltung offenbarte Zahnspange – wie die nachfolgend verkleinert eingeblendete Figur 9 verdeutlicht – aus an den Zähnen befestigten Klammern, die mit einem Bogendraht verbunden sind:

Von einer derartigen Lösung möchte sich das Klagepatent jedoch aufgrund der damit verbundenen Nachteile (vgl. Anlage K 5, Abschnitt [0004] = Anlage K 5a, S. 2 unten – S. 3 oben) gerade abgrenzen.

Schließlich beschränkt sich das Vorbringen der Beklagten in Bezug auf die Entgegenhaltung D 10, in welcher bereits keine Kombination aus Repositionierungsvorrichtung und Schablone offenbart wird (Merkmal 1), im Wesentlichen darauf, dort werde insbesondere offenbart, dass die „attachments“ dem „Positioner“ als Kraftangriffspunkte der zu bewegenden Zähne dienen.

d)
Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist auch unter dem Gesichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit nicht gerechtfertigt (Art. 100 a EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ).

Da eine Aussetzung bereits dann ausscheidet, wenn sich für eine Bejahung der von einer wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängenden Erfindungshöhe zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen, scheidet eine Aussetzung bereits deshalb aus, weil die Beklagten die Entgegenhaltungen D 5 bis D 7 sowie D 11, auf welche sie zur Begründung der mangelnden Erfindungshöhe maßgeblich abstellen, entgegen der prozessleitenden Verfügungen des Landgerichts sowie des Senats nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt haben. Im Übrigen lassen die Ausführungen der Beklagten, auf welche sie im Berufungsverfahren zunächst auch nicht zurückgekommen sind, nicht erkennen, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, die genannten Schriften zu kombinieren, ohne in eine stets unzulässige rückschauende Betrachtung zu verfallen.

Soweit die Beklagten zur Begründung der fehlenden erfinderischen Tätigkeit nunmehr auf die Entgegenhaltungen D 13/D 13a (US 5,055,039 nebst Übersetzung) bzw. D 14 (Wendler: „Zähne: Ein Wegweiser zur Mundgesundheit“) abstellen wollen, rechtfertigen auch diese eine Aussetzung der Verhandlung nicht. Das Europäische Patentamt hat in seinem Zwischenbescheid beide Entgegenhaltungen bereits berücksichtigt; die D 13 war außerdem Gegenstand des Erteilungsverfahrens und ist damit in einer doppelten fachkundigen Prüfung als nicht patenthindernd eingeschätzt worden. Auch für den Senat ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann, ausgehend von der D 13, naheliegend zu der durch Patentanspruch 1 beanspruchten technischen Lehre gelangen sollte. Wie die Beklagte zu 1) im Einspruchsverfahren selbst einräumt, fehlt es in der Entgegenhaltung an der Offenbarung von Merkmal 3 lit. c), wonach die Schablone eine Aufnahme (302) zum Aufnehmen des polymerisierbaren Materials (400) zur Ausbildung des Befestigungsmittels (100) aufweisen soll. Nach der in der Entgegenhaltung offenbarten Lösung werden die Befestigungseinrichtungen vorgefertigt und mit Hilfe einer Übertragungsmatrix angeklebt. Selbst wenn es sich bei dem Leim, worauf die Beklagten nunmehr abstellen wollen, um ein polymerisierbares Material handelt, dient dieser lediglich dem Ankleben der bereits fertigen Befestigungsmittel und wird daher nicht von den Kavitäten der Schablone aufgenommen. Weshalb der Fachmann gleichwohl, ausgehend von dieser in sich abgeschlossenen Lösung naheliegend und ohne in eine stets rückschauende Betrachtung zu verfallen zu der im Klagepatent beanspruchten Lösung, bei welcher die Positioniervorrichtungen erst am Zahn mit Hilfe der Schablone hergestellt werden, gelangen sollte, erschließt sich nicht. Insbesondere vermag der durch die Beklagten herangezogene Abschnitt auf Seite 158 der Entgegenhaltung D 14 allenfalls zu begründen, dass es im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents bekannt war, mit Hilfe eines flüssigen Kunststoffs direkt im Mund des Patienten Zahnprothesen herzustellen, nicht jedoch, weshalb es vor diesem Hintergrund für den Fachmann nahelag, das aus der D 13 bekannte Ankleben fertiger Befestigungsmittel durch deren Anfertigung im Mund des Patienten zu ersetzen.

IV.
Auf ihren, auf § 712 ZPO gestützten Vollstreckungsschutzantrag sind die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht zurückgekommen. Da sie den diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts auch nicht entgegen getreten sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).